Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2006 - XII ZR 84/04

bei uns veröffentlicht am20.12.2006
vorgehend
Amtsgericht Erlangen, 1 F 408/03, 24.06.2003
Oberlandesgericht Nürnberg, 11 UF 2470/03, 21.04.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 84/04 Verkündet am:
20. Dezember 2006
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Leistungen der Grundsicherung sind unter den Voraussetzungen des § 43
Abs. 2 Satz 1 SGB XII (bis 31. Dezember 2004: § 2 Abs. 1 Satz 3 GSiG) auf
den Unterhaltsbedarf eines Leistungsempfängers anzurechnen. Unterhaltsleistungen
mindern - anders als bloße Unterhaltsansprüche - allerdings den Anspruch
auf Grundsicherungsleistungen.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2006 - XII ZR 84/04 - OLG Nürnberg
AG Erlangen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke, die Richter Prof. Dr. Wagenitz und Fuchs und die Richterin
Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 21. April 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. Mai 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage für die Zeit ab 3. November 2003 abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Abänderung eines Urteils, nach dem er der Beklagten , seiner Tochter, monatlichen Unterhalt von 579,29 € zu zahlen hat.
2
Die am 7. September 1966 geborene Beklagte leidet an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Aufgrund ihrer Erwerbsunfähigkeit bezieht sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich bis 30. Juni 2003 auf monatlich 186,90 € belief und zum 1. Juli 2003 auf monatlich 188,85 € erhöht wurde.
3
Grundlage für die Verurteilung des Klägers zur Zahlung des laufenden Unterhalts war ein Mindestbedarf der Beklagten in Höhe des notwendigen Selbstbehalts von 1.425 DM (728,59 €) sowie ein Medikamentenmehraufwand von monatlich 60 DM (30,68 €). Nach Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten von (damals) 352 DM (179,97 €) errechnete sich ein vom Kläger zu zahlender Betrag von 1.133 DM (579,29 €).
4
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte habe einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen. Mit Schreiben vom 22. Februar 2003 forderte er sie deshalb auf, solche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Der daraufhin von der Beklagten gestellte Antrag wurde durch Bescheid vom 10. März 2002 zurückgewiesen. Der von ihr eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg. Über die erhobene Klage war zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht entschieden.
5
Der Kläger hat mit dem Vorbringen, der notwendige Bedarf der Beklagten werde durch die Grundsicherung in vollem Umfang gedeckt, so dass ihr kein Unterhaltsanspruch mehr zustehe, Abänderungsklage erhoben. Er macht den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung für die Zeit ab 1. März 2003 geltend.
6
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Mit der - vom Oberlandesgericht zugelassenen - Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter. Während des Revisionsverfahrens ist über die vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage der Beklagten entschieden worden. Nach dem (rechtskräftigen) Urteil des Verwaltungsgerichts ist die Verwaltungsbehörde verpflichtet, der Beklagten ab 3. November 2003 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz unter Zugrundelegung des von ihr tatsächlich erhaltenen Unterhalts zu gewähren.

Entscheidungsgründe:

7
Das Rechtsmittel ist teilweise begründet. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit die Klage für die Zeit ab 3. November 2003 abgewiesen worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
8
1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2004, 1807 ff. veröffentlicht ist, hat die Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO für zulässig gehalten, weil der Kläger mit der Behauptung, die Beklagte habe seit dem 1. Januar 2003 einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen, eine nach der letzten mündlichen Verhandlung im vorausgegangenen Verfahren (12. Dezember 2001) eingetretene neue Tatsache geltend gemacht habe. Zwar sei das Gesetz über die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bereits am 29. Juni 2001 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Da das Gesetz jedoch erst am 1. Januar 2003 in Kraft getreten sei, habe die Beklagte frühestens von da an einen entsprechenden Anspruch gehabt. Dass sich dieser Anspruch bereits am 12. Dezember 2001 habe voraussehen lassen, sei unerheblich. Maßgeblich sei vielmehr, wann die wesentliche Veränderung tatsächlich eingetreten sei.
9
Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, sondern entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 80, 389, 397, vom 27. Januar 1988 - IVb ZR 14/87 - FamRZ 1988, 493, 494 und vom 9. Oktober 1991 - XII ZR 170/90 - FamRZ 1992, 162, 163).

II.

10
1. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage allerdings für unbegründet gehalten, da eine wesentliche Veränderung der für die Verurteilung zur Unterhaltszahlung maßgeblichen Verhältnisse nicht eingetreten sei. Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die geringfügige Erhöhung der Erwerbsunfähigkeitsrente und der zwischenzeitliche Wohngeldbezug der Beklagten in Höhe von 13 € monatlich stellten keine wesentliche Veränderung dar. Andere den Grund oder die Höhe des Unterhaltsanspruchs beeinflussende Verhältnisse, die eine von der Ausgangsentscheidung abweichende Entscheidung gebieten würden , lägen nicht vor. Insbesondere sei die Bedürftigkeit der Beklagten nicht wegen des Bezugs von Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz vermindert worden oder entfallen, da sie derartige Leistungen nicht erhalte. Solche Leistungen könnten ihr auch nicht fiktiv zugerechnet werden. Zwar müsse sich der Unterhaltsberechtigte von einem privilegierten Unterhaltspflichtigen (Verwandter in gerader Linie) grundsätzlich auf die Inanspruchnahme der Grundsicherung verweisen lassen, da die Grundsicherung im Gegensatz zur Sozialhilfe nicht nachrangig sei. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte sei aber nur dann gerechtfertigt , wenn dem Unterhaltsberechtigten wegen Nichtinanspruchnahme der Grundsicherung ein Obliegenheitsverstoß anzulasten sei. Eine solche Obliegenheitsverletzung sei der Beklagten indessen nicht vorzuwerfen. Sie erhalte trotz Antragstellung und der gegen den ablehnenden Bescheid eingelegten Rechtsbehelfe keine Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz. Der Unter- haltsanspruch könne auch nicht für die Zukunft um Grundsicherungsleistungen gekürzt werden. Denn die Gewährung solcher Leistungen sei kein zu einem bestimmten Zeitpunkt sicher zu erwartender Umstand. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte Grundsicherungsleistungen erhalten werde, sei ungewiss. Der Unterhalt, den sie aufgrund des Urteils vom 23. Januar 2002 erhalte , sei höher als ihr Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach § 3 Abs. 1 GSiG. Die aufgrund des Urteils erbrachten Unterhaltsleistungen seien aber als zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 3 Abs. 2 GSiG in Verbindung mit §§ 76 ff. BSHG auf den Anspruch auf Grundsicherungsleistung anzurechnen. Die bedarfsorientierte Grundsicherung würde für die Beklagte 587,75 € ausmachen. Hierauf müsse sie sich ihre Erwerbsunfähigkeitsrente sowie das Wohngeld anrechnen lassen, so dass der Anspruch sich auf 385,90 € beliefe. Der titulierte Unterhalt der Beklagten sei demgegenüber mit 579,29 € höher, weshalb ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nicht bestehe. Deshalb könne die Beklagte solche Leistungen nur erhalten, wenn sie auf ihre Rechte aus dem Urteil vom 23. Januar 2002 verzichten würde. Das könne ihr indessen nicht zugemutet werden, da der titulierte Unterhaltsanspruch über denjenigen nach dem Grundsicherungsgesetz hinausgehe. Auch ein Teilverzicht in Höhe der Leistungen des Grundsicherungsgesetzes sei unzumutbar. Denn wenn der Kläger den restlichen Unterhaltsanspruch erfülle, vermindere sich gemäß § 3 Abs. 2 GSiG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 BSHG in dieser Höhe wiederum der Anspruch der Beklagten auf Grundsicherung. Ein Teilverzicht könne von der Beklagten aber auch deshalb nicht verlangt werden, da sie dadurch ihren Grundsicherungsanspruch verlieren könne und dann weder Unterhalt noch Grundsicherungsleistungen beziehen würde.
11
Dagegen wendet sich die Revision im Hinblick auf die inzwischen ergangene rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 7. Juni 2004 insoweit mit Erfolg, als die Klage für die Zeit ab 3. November 2003 abgewiesen worden ist.
12
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass eine Abänderung allein im Hinblick auf die geringfügig gestiegene Erwerbsunfähigkeitsrente und den Wohngeldbezug der Beklagten mangels Wesentlichkeit der dadurch bedingten Veränderungen nicht in Betracht kommt. Soweit die Revision geltend macht, eine weitere Veränderung sei eingetreten, weil im Rahmen der Gesundheitsreform zum 1. Januar 2004 die Zuzahlung zu Medikamenten bei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen auf 1 % der Jahresbruttoeinkünfte gesenkt worden sei, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Dass die Beklagte tatsächlich teilweise von den Zuzahlungen befreit worden ist, also nicht mehr den in der Ausgangsentscheidung zugrunde gelegten Mehrbedarf für Medikamente begleichen muss, hat der Kläger in den Vorinstanzen nicht dargelegt.
13
3. a) Eine Veränderung der Verhältnisse ist allerdings dadurch eingetreten , dass der Beklagten durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. Juni 2004 für die Zeit ab 3. November 2003 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz zuerkannt worden sind. Diese Leistungen sind unter Zugrundelegung des von ihr tatsächlich bezogenen Unterhalts zu gewähren. Dieser nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz eingetretene Umstand ist aus Gründen der Prozessökonomie im Revisionsverfahren zu berücksichtigen, da schützenswerte Belange der Parteien nicht entgegenstehen und sie den Ausgang des Verwaltungsrechtsstreits für und gegen sich gelten lassen müssen (vgl. Musielak/Ball ZPO 4. Aufl. § 559 Rdn. 10).
14
b) Nach § 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsberechtigt nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkom- men zählen grundsätzlich sämtliche Einkünfte, wenn sie geeignet sind, den gegenwärtigen Lebensbedarf des Einkommensbeziehers sicherzustellen. Dazu können auch dem Unterhaltsgläubiger zu gewährende Grundsicherungsleistungen gehören, wenn sie - anders als etwa Sozialhilfe- und Unterhaltsvorschussleistungen - nicht subsidiär sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, der der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden, inhaltlich übereinstimmenden Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 GSiG entspricht, bleiben Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches unter einem Betrag von 100.000 € liegt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, erfolgen die Grundsicherungsleistungen nicht nachrangig. Sie sind mithin als Einkommen anzusehen und reduzieren den unterhaltsrechtlichen Bedarf des Leistungsempfängers , ohne dass es darauf ankommt, ob sie zu Recht oder zu Unrecht bewilligt worden sind (Klinkhammer FamRZ 2002, 997, 1001; Günther FF 2003, 10, 14; OLG Hamm FamRZ 2004, 1061; vgl. auch Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1701).
15
In Höhe der ihr ab 3. November 2003 gewährten Grundsicherungsleistungen ist die Beklagte mithin nicht mehr unterhaltsbedürftig. Dass die Leistungen zum 31. Dezember 2004 tatsächlich eingestellt worden sind, wie die Revision unter Bezugnahme auf einen Bescheid vom 18. November 2004 darlegt, kann im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Nach dem vorgenannten Bescheid beruht die Einstellung der Leistungen darauf, dass die Beklagte ab 15. Dezember 2004 mit ihrem Lebensgefährten zusammenleben und dieser über Arbeitslosengeld verfügen werde. Ob diese Voraussetzungen tatsächlich und dauerhaft eingetreten sind, insbesondere wie sich die finanziellen Verhältnisse des Lebensgefährten längerfristig darstellen, und ob die Grundsicherungsleistungen weggefallen sind, wird im weiteren Verfahren zu prüfen sein.
16
4. Eine über den Umfang ihrer tatsächlichen Gewährung hinausgehende Anrechnung von Grundsicherungsleistungen kommt allerdings nicht in Betracht. Deshalb liegt für die Zeit vor dem 3. November 2003 keine zur Abänderung des Unterhaltstitels führende Veränderung der Verhältnisse vor.
17
a) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wären die Leistungen der Grundsicherung geringer gewesen als der vom Kläger zu zahlende Unterhalt. Grundsicherung ist aber nur zu gewähren , soweit Leistungsberechtigte ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können (§ 41 Abs. 2 SGB XII). Nach § 82 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit gewährt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Der Begriff des Einkommens wird näher definiert in § 1 der Verordnung zu § 82 SGB XII. Hiernach sind bei der Berechnung der Einkünfte in Geld oder Geldeswert alle Einnahmen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft und Rechtsnatur sowie ohne Rücksicht darauf, ob sie zu den Einkunftsarten im Sinne des Einkommensteuergesetzes gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen, zugrunde zu legen.
18
Als solche Einkünfte sind auch Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 GSiG, die dem § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII entspricht, kein anderes Ergebnis. Die Vorschriften stehen nur der Anrechnung von Unterhaltsansprüchen , nicht jedoch der Berücksichtigung von tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen entgegen. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Regelung , der ausdrücklich nur Unterhaltsansprüche erfasst, als auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift. In dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung wird hierzu ausgeführt, der Zweck des Gesetzes bestehe darin, für alte Menschen bzw. in Fällen voller Erwerbsminderung eine eigenständige soziale Leistung vorzusehen, die den grundlegenden Bedarf für den Lebensunterhalt sicherstelle; durch diese Leistung solle im Regelfall die Notwendigkeit der Gewährung von Sozialhilfe vermieden werden; außerdem habe vor allem ältere Menschen die Furcht vor dem Unterhaltsrückgriff auf ihre Kinder oftmals von dem Gang zum Sozialamt abgehalten; eine dem sozialen Gedanken verpflichtete Lösung müsse hier einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz wählen, der eine würdige und unabhängige Existenz sichere (BT-Drucks. 14/5150 S. 48). Eine Privilegierung der Unterhaltsverpflichteten ist dagegen nicht bezweckt worden. Zum Einkommen des Grundsicherungsberechtigten gehören deshalb tatsächlich an ihn erbrachte Unterhaltszahlungen, selbst wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten die Einkommensgrenze des § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII unterschreitet (Günther aaO S. 11; Klinkhammer aaO S. 999 f.; Münder NJW 2002, 3661, 3663; Schoch ZfF 2003, 1, 9; Veldtrup/Schwabe ZfF 2003, 265, 267 f.; Grube/Warendorf SGB XII § 43 Rdn. 9; Schellhorn/Schellhorn/ Hohm SGB XII § 43 Rdn. 17; Fichtner/Wenzel BSHG 2. Aufl. § 2 GSiG Rdn. 7; BayVGH München FEVS 55, 557, 562; VGH Baden-Württemberg NDV-RD 2006, 21 f.; LSG Nordrhein-Westfalen FamRZ 2006, 1566 f.; VG Karlsruhe Urteil vom 15. März 2005 - 5 K 4713/03 - Juris; VG Ansbach Urteil vom 20. Januar 2005 - AN 14 K 04.02456 - Juris; VG Aachen Beschluss vom 30. November 2004 - 2 L 1039/04 - ZFSH/SGB 2005, 169, 170 f.; VG Arnsberg ZFSH/SGB 2004, 492, 483 f.).
19
b) Der Auffassung der Revision, die Regelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung letztlich davon abhänge, ob der Unterhaltspflichtige oder der Träger der Grundsicherung zuerst zahle, ist nicht zu folgen. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit zwar nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen , dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (st.Rspr. BVerfGE 112, 368, 401).
20
Der Ungleichbehandlung, die darin zu sehen ist, dass Unterhaltsansprüche nicht berücksichtigt, Unterhaltsleistungen dagegen als Einkommen behandelt werden, liegt ein die Differenzierung rechtfertigender Umstand zugrunde. Durch die Einführung der Grundsicherungsleistungen soll, wie schon ausgeführt wurde, die verschämte Armut im Alter und in Fällen voller Erwerbsminderung verhindert werden. Einer solchen Hilfeleistung bedarf es nicht, wenn und soweit der Lebensbedarf durch Unterhaltsleistungen sichergestellt wird. Dem Gesetzgeber war es deshalb jedenfalls von Verfassungs wegen nicht verwehrt, diesen Personenkreis von der Leistungsgewährung ganz oder teilweise auszunehmen und nur diejenigen zu unterstützen, die der Hilfeleistung bedürfen. Dass dadurch zugleich derjenige Unterhaltspflichtige begünstigt wird, der keine Unterhaltszahlungen erbringt mit der Folge, dass der Berechtigte insoweit nicht über anzurechnendes Einkommen verfügt, mag man zwar im Ergebnis für eine befremdliche Konsequenz halten. Dies begründet für den zahlungswilligen Unterhaltspflichtigen aber noch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Dem Gesetzgeber obliegt es nicht, jedwede Missbrauchsmöglichkeit zu vermeiden. Der zahlungswillige Unterhaltspflichtige kann deshalb nicht etwa verlangen, dass auch dem zahlungsunwilligen Schuldner die Möglichkeit entzogen wird, den Unterhaltsberechtigten auf Grundsicherungsleistungen zu verweisen.
21
5. Danach ist die Revision zurückzuweisen, soweit sie die Zeit vor dem 3. November 2003 betrifft. Für die Zeit nach dem 3. November 2003 kann das angefochtene Urteil dagegen keinen Bestand haben. Die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das festzustellen haben wird, in welchem Umfang der Beklagten Grundsicherungsleistungen gewährt worden sind.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Fuchs Bundesrichterin Dr. Vézina ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Erlangen, Entscheidung vom 24.06.2003 - 1 F 408/03 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 21.04.2004 - 11 UF 2470/03 -

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(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.

(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:


für den Geburtsjahrgangerfolgt eine Anhebung um Monateauf Vollendung eines Lebensalters von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.

(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.

(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.

(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.

(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:


für den Geburtsjahrgangerfolgt eine Anhebung um Monateauf Vollendung eines Lebensalters von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.

(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes,
6.
Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden; dies gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben,
7.
ein Betrag von insgesamt 520 Euro monatlich bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die
a)
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
b)
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen oder
c)
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen während der Schulzeit erwerbstätig sind,
8.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten und
9.
Erbschaften.
Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und
4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 250 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft.

(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.

(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus

1.
einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und
3.
einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.
Werden bis zu zwölf Monatsleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, insbesondere gemäß einer Vereinbarung nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, zusammengefasst, so ist das Einkommen gleichmäßig auf den Zeitraum aufzuteilen, für den die Auszahlung erfolgte.

(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.

(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.

(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheids vom 13.11.2003 verpflichtet, dem Kläger ab 01.01.2003 bis 30.06.2003 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz.
Der am 26.01.1970 geborene Kläger ist infolge eines Verkehrsunfalles seit 1988 querschnittsgelähmt. Er ist nach den Feststellungen der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg aus medizinischen Gründen dauerhaft erwerbsunfähig und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Der Kläger war seit 01.10.1993 mit der türkischen Staatsangehörigen ... ... verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des Landgerichts Izmir vom 14.12.2002 geschieden. Was Unterhaltsansprüche angeht, enthält das Urteil lediglich den Hinweis, dass die Ehefrau, die „Klägerin“, keinen Antrag auf Schadensersatz und Unterhalt gestellt hat und es deshalb keiner Entscheidung dafür bedarf.
Der Kläger beantragte am 23.12.2002 bei der Beklagten Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz. Als Einkommen gab er die Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 201,29 EUR monatlich und Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR an. Außerdem bezieht der Kläger ab 01.01.2003 Wohngeld in Höhe von monatlich 177 EUR. Mit Bescheid der Beklagten vom 20.02.2003 wurde der Antrag des Klägers abgelehnt, weil er nicht dem Personenkreis der Antragsberechtigten nach § 1 GSiG angehöre. Dieser Entscheidung lag der Rentenbescheid der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 24.07.2001 zugrunde, wonach für die Anerkennung des Rentenanspruchs des Klägers die Verhältnisse des Arbeitsmarktes ausschlaggebend gewesen seien. Am 19.03.2003 legte der Kläger Widerspruch ein und belegte, dass er aus medizinischen Gründen auf Dauer erwerbsunfähig sei. Mit Schreiben vom 21.08.2003 verlangte die Beklagte Unterlagen und Auskünfte zu eventuellen Unterhaltsansprüchen gegen seine geschiedene Ehefrau. Der Kläger ließ mitteilen, dass seine geschiedene Ehefrau keine Berufsausbildung habe und deshalb nicht zur Leistung von Unterhalt in der Lage sein dürfte. Sie solle wieder verheiratet sein. Es sei auch nicht anzunehmen, dass sie ein Einkommen beziehe, das über der Pfändungsfreigrenze liege. Eine frühere Rechtsanwältin des Klägers sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs gegen die geschiedene Ehefrau aussichtslos sei. Die geschiedene Ehefrau verheimliche auch ihre Anschrift.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2003, an den Kläger am 21.11.2003 zur Post aufgegeben, wurde der Bescheid vom 20.02.2003 aufgehoben. Der Widerspruch wurde jedoch mit neuer Begründung zurückgewiesen. Die Bedürftigkeit des Klägers sei nicht nachgewiesen. Zum „Beschaffen können“ von Einkommen und Vermögen im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.1 GSiG gehöre auch die Realisierung von Ansprüchen, insbesondere von Unterhaltsansprüchen gegen geschiedene Ehegatten. Die Ehefrau des Klägers sei wieder verheiratet und lebe in der Bundesrepublik Deutschland. Es könne nicht festgestellt werden, dass ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht bestehe. Im Jahr 2001 sei die geschiedene Ehefrau auch leistungsfähig gewesen. Ein solcher Unterhaltsanspruch sei durchaus realisierbar.
Am 12.12.2003 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Er trägt vor, seit dem maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung am 01.01.2003 sei ein eventueller Unterhaltsanspruch gegen seine frühere Ehefrau nicht durchsetzbar. Die frühere Ehefrau verheimliche ihre Anschrift. Postsendungen unter der von ihr genannten Anschrift seien mit dem postalischen Vermerk zurückgekommen, dass der Empfänger unter der angegeben Anschrift nicht ermittelt werden könne. Die jetzige Anschrift der Ehefrau sei nicht zu ermitteln. Sie sei mangels Berufsausbildung nach der Lebenserfahrung auch nicht in der Lage, ein Einkommen in einer Höhe zu erzielen, das über der Pfändungsfreigrenze liege. Sollten wider der Lebenserfahrung Unterhaltsansprüche gegen seine frühere Ehefrau bestehen, könnten sie mangels Kenntnis der Anschrift der Ehefrau nicht durchgesetzt werden. Die Beklagte habe eine Auskunft zu einer neueren Anschrift der Ehefrau aus Gründen des Sozialdatenschutzes abgelehnt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheids vom 13.11.2003 zu verpflichten, dem Kläger ab 01.01.2003 bis 30.06.2003 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie trägt unter Verweis auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales vor, es bestehe weder ein titulierter noch ein zumindest unstreitig festgestellter und realisierbarer Unterhaltsanspruch gegenüber der geschiedenen Ehefrau. Nicht einmal die Höhe des Anspruchs stehe fest. Der Kläger sei vollständig auf den Sozialhilfeträger zu verweisen. Dieser könne im Wege der ihm zur Verfügung stehenden Überleitungsmöglichkeiten nach §§ 90, 91 BSHG die Forderungen gegen Dritte geltend machen. Insoweit werde sich die Höhe des Anspruchs und seine Realisierbarkeit ergeben. Aufgrund der ungeklärten Unterhaltsansprüche des Klägers gegen seine geschiedene Ehefrau seien keine Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz zu gewähren. Bis zum Zeitpunkt der Klärung sei der Kläger auf Leistungen nach dem BSHG zu verweisen. Er habe jedoch auch keinen Leistungsanspruch nach dem Bundessozialhilfegesetz, da er ein seinen Bedarf übersteigendes Einkommen habe. Das der Mutter der Klägers gezahlte Kindergeld sei auf den Bedarf des Klägers anzurechnen (Sozialhilferichtlinien Baden-Württemberg, Rd.Nr.76.47). Eine Vorleistung von Grundsicherungsleistungen sei mangels gesetzlicher Ermächtigung der Überleitung von Ansprüchen auf den Grundsicherungsträger nicht möglich.
11 
Der Kammer liegen die Grundsicherungsakte und die Verfahrensakten 5 K 4713/03 vor. Auf diese sowie den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Verpflichtungsklage ist zulässig und mit dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung konkretisierten Klagantrag, der den Leistungszeitraum vom 01.01.2003 bis 30.06.2003 umfasst, auch begründet. Die Ablehnung der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung durch den angegriffenen Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.11.2003 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.5 S.1 VwGO). Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung in gesetzlicher Höhe für den beantragten Leistungszeitraum.
13 
Nach § 6 Satz 1 GSiG in der für den hier betroffenen Leistungszeitraum maßgeblichen Fassung des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26.06.2001 (BGBl. I S. 1310) wird die Grundsicherungsleistung in der Regel für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des folgenden Jahres bewilligt. Eine Ausnahme von dieser Regel enthält § 6 Satz 2 GSiG, allerdings nur für den Beginn der Leistung. Nach dieser Vorschrift beginnt der Bewilligungszeitraum bei der Erstbewilligung oder bei einer Änderung der Leistung am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist oder die Voraussetzungen für die Änderungen eingetreten und mitgeteilt worden sind. Folglich und weil das Gesetz erst am 01.01.2003 in Kraft trat, ist im vorliegenden Fall für den Beginn der Leistung der 1. Januar 2003 maßgeblich. Für das Ende des Bewilligungsabschnittes verbleibt es jedoch bei dem in § 6 Satz 1 GSiG genannten Zeitpunkt. Weil der Kläger seinen Antrag vor dem 1. Juli gestellt hat, war nach dieser Vorschrift nur die Verpflichtung der Beklagten für die Monate Januar bis Juni 2003 auszusprechen. Eine Bewilligung nach § 6 Satz 1 GSiG bis zum 30. Juni des Folgejahres kommt begrifflich nur dann in Betracht, wenn der Antrag nach dem 1. Juli des vorangegangenen Jahres gestellt wird. Bei Anträgen, die vor dem 1. Juli gestellt werden, kann sich zum 1. Juli des Jahres z.B. durch die Rentenanpassung und die Neufestsetzung der Regelsätze nach dem BSHG eine Änderung ergeben, so dass die Leistung bei diesen Anträgen nur bis zum 30. Juni desselben Jahres zu bewilligen ist (BayVGH, Urteil vom 05.02.2004 - 12 BV 03.3282 -; Renn in LPK-GSiG, 2003, § 6 Rnrn 6,7,13).
14 
Das bloße Vorhandensein eines geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten, gegen den Unterhaltsansprüche bestehen können, schließt den Kläger nicht von den Leistungen der Grundsicherung aus. Es kommt vielmehr auf die Realisierbarkeit des Unterhaltsanspruchs an.
15 
Nach dem Grundsicherungsgesetz sind Unterhaltsleistungen, die tatsächlich erbracht werden, grundsicherungsrechtlich zu berücksichtigende Einkünfte i.S.d. § 3 Abs.2 GSiG i.V.m. §§ 76ff BSHG (BayVGH aaO; Schoch in LPK-GSiG, § 2 Rnrn 27ff.) Hier geht es jedoch um die Behandlung von Unterhaltsansprüchen, deren Bestehen, Höhe und Realisierbarkeit zweifelhaft ist. Nach § 2 Abs. 1 S. 3 GSiG bleiben lediglich Unterhaltsansprüche von Antragsberechtigten gegenüber Eltern und Kindern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen i.S.d. § 16 SGB IV unter einem Betrag von 100000 Euro liegt. Es wird nach § 2 Abs. 2 S. 1 GSiG vermutet, dass diese Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Wird die gesetzliche Vermutung widerlegt, besteht kein Anspruch auf Grundsicherung, § 2 Abs. 3 Satz 1 GSiG. Ein Unterhaltsrückgriff gegen diesen Personenkreis scheidet nach Maßgabe dieser Regelung aus.
16 
Das Grundsicherungsgesetz schweigt jedoch zu der Frage, ob sonstige Unterhaltsansprüche des Antragsberechtigten darüber hinaus an dieser Privilegierung teilnehmen. Das Grundsicherungsgesetz verzichtet auch vollständig auf den Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Träger der Grundsicherung bei dem in § 1 GSiG angeführten Personenkreis. Es existieren insoweit keine den §§ 90, 91 BSHG vergleichbaren Überleitungsvorschriften. Der Gesetzgeber verfolgte damit die Absicht, den Hauptgrund für so genannte verschämte Altersarmut zu beseitigen, nämlich die Furcht insbesondere alter Menschen vor dem Unterhaltsrückgriff auf Kinder. Deshalb sah der Gesetzgeber die Freistellung von Eltern und Kindern vom Unterhaltsrückgriff vor. Ziel ist es nicht, die heute Unterhaltspflichtigen zu entlasten, sondern die Situation der Hilfeempfänger zu verbessern, indem es diesem erleichtert wird, die Existenz sichernden Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen.
17 
Unterhaltsansprüche nach §§ 1361, 1569 BGB sind nur dann anspruchshindernd zu berücksichtigen, wenn sie alsbald realisierbar sind. Zum „Beschaffen können“ von Einkommen i.S.d. § 2 Abs.1 S. 1 GSiG zählen nur durchsetzbare Unterhaltsansprüche, die als so genannte bereite Mittel zur Verfügung stehen. Es überzeugt weder die Meinung, die sämtliche Unterhaltsansprüche gegen Dritte wie diejenigen gegenüber Kindern und Eltern nach § 2 Abs.1 Satz 3 GSiG privilegieren will, noch die Auffassung, die mittels einer strikten Auslegung bei den hier in Rede stehenden Unterhaltsansprüchen gegen Dritte unabhängig von ihrer alsbaldigen Durchsetzbarkeit zum Ausschluss von den Leistungen der Grundsicherung gelangt. Vielmehr gilt das Nachrangprinzip auch für die Anwendung des Grundsicherungsgesetzes, wie sich insbesondere aus § 3 Abs.2 GSiG ergibt, der für den Einsatz von Einkommen und Vermögen auf §§ 76 bis 88 BSHG verweist. Nach der dem Gesetzgeber der Verweisungsnorm des § 3 Abs. 2 GSiG bekannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 76 BSHG sind nur bereite Mittel Einkommen und schließen die Hilfebedürftigkeit aus.
18 
Im Einzelnen ist dazu auszuführen: Der Auffassung, dass aufgrund der (bewussten) Entscheidung des Gesetzgebers solche Unterhaltsansprüche gegen Dritte nicht zu berücksichtigen seien und der Antragsberechtigte nicht auf sie verwiesen werden kann, steht die Position gegenüber, wonach das Tatbestandsmerkmal „Beschaffen können“ in § 2 Abs.1 Satz 1 GSiG eng auszulegen sei, dass also der Antragsberechtigte vor der Inanspruchnahme der Grundsicherung den Unterhaltsanspruch einzusetzen habe. Falls dies nicht möglich sei, also insbesondere zur Überbrückung gegenwärtiger Notlagen, sei der Träger der Sozialhilfe zuständig. Diese Haltung nimmt die Beklagte ein, indem sie sich darauf beruft, dass aus dem Fehlen von Überleitungsvorschriften die Notwendigkeit einer strikten Auslegung des Gesetzes folge: Die Grundsicherung als eine vorrangige gesetzliche Leistung enthalte deshalb keine gesetzliche Regelung zur nachträglichen Herstellung des Nachrangs der Grundsicherungsleistungen, weil im BSHG als dem untersten Netz sozialer Sicherung die Inanspruchnahme Unterhaltspflichtiger vorgesehen sei. Das Grundsicherungsgesetz schütze dritte Personen, die weder Eltern noch Kinder seien, auch nicht vor dem Unterhaltsrückgriff. Außerdem wolle der Gesetzgeber den Grundsicherungsträgern keine Kostennachteile (gemeint ist im Vergleich zu den Trägern der Sozialhilfe) entstehen lassen (Münder, NJW 2002, 3361ff; SHR Baden-Württemberg A 95 2.1.2; Klinkhammer FamRZ 2002, 997ff.; Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Hinweise NDV 2002, 341ff.).
19 
Die Auffassung, die die dargestellte strikte Auslegung für geboten hält, vermag nicht zu überzeugen. Gegen die angebliche Absicht des Gesetzgebers, die Träger der Grundsicherung nicht schlechter stellen zu wollen als die Träger der Sozialhilfe, spricht schon, dass solche Absichten den Gesetzgebungsmaterialien nicht zu entnehmen sind. Offen bleibt auch, worin eine Schlechterstellung liegen soll, wenn der Grundsicherungsträger gesetzlich vorgesehene Leistungen erbringen muss und diese nicht verweigern kann. Dies erscheint überdies wegen der ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers, die verschämte Altersarmut beseitigen zu wollen, auch fragwürdig. Außerdem erstattet der Bund den Ländern die Mehrausgaben, die u.a. aufgrund der eingeschränkten Unterhaltspflicht entstehen (vgl. Münder, aaO S. 3665). Das systematische Argument, die Sozialhilfe als unterstes soziales Sicherungsnetz müsse alle vorrangig nicht abgedeckten materiellen Risiken auffangen, führt dazu, dass sich in jedes vorrangige Leistungsgesetz Ausschlussgründe im Wege einer strikten Auslegung hineininterpretieren ließen, obwohl der Gesetzgeber eine vorrangige gesetzliche Leistung vorgesehen hat. Eine solche Auslegung überschreitet die zulässigen von der Verfassung gesetzten Grenzen der Auslegung von Gesetzen nach deren Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Zwecksetzung.
20 
Ein gesetzliches Strukturprinzip der Grundsicherung, wonach der Verzicht auf die Inanspruchnahme Dritter im Wege der Überleitung von Unterhaltsansprüchen zum Ausschluss der Leistungen der Grundsicherung führen müsse, ergibt sich nicht aus dem Grundsicherungsgesetz. Der Ausschluss ist ausdrücklich nur in § 2 Abs.3 GSiG für Eltern und Kinder vorgesehen, im Übrigen schweigen Gesetz und Gesetzesmaterialien (vgl. zum Ganzen: Schoch in LPK-GSiG § 2 Rnrn 17ff.).
21 
Eine völlige Privilegierung von Unterhaltsansprüchen gegen Dritte überzeugt allerdings ebenso wenig. Der Erst-Recht-Schluss, der bei Unterhaltsansprüchen gegen Verwandte des 2. und 3. Grades vor dem Hintergrund, dass insoweit auch im Sozialhilferecht ein Übergang derartiger Unterhaltsansprüche nicht vorgesehen ist (§ 91 Abs.1 Satz 3 BSHG), zu einem überzeugenden Ergebnis führen mag (Schoch in LPK-GSiG § 2 Rnr.26; Kunkel ZFSH/SGB 2003, 328f), greift im Bereich der hier fraglichen Unterhaltsansprüche gegen sonstige Dritte deshalb nicht, weil die hier betroffenen Unterhaltsverpflichteten nicht diejenigen sind, die der Antragsberechtigte schonen will und die ihn von einer Antragstellung abhalten würden, so dass der Schutzzweck des GSiG insoweit leer liefe.
22 
Außerdem geht auch das Grundsicherungsgesetz vom Nachrangprinzip aus. Dem Grundsicherungsgesetz fehlt zwar das Mittel zur nachträglichen Herstellung des Nachrangs in Form von Überleitungsvorschriften wie §§ 90,91 BSHG, gleichwohl ergibt sich aber die Geltung des Grundsatzes des Nachrangs aus § 2 Abs. 1 GSiG, wonach ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nur besteht, soweit die Antragsberechtigten ihren Lebensunterhalt nicht beschaffen können. Ferner ergibt sich seine Geltung aus § 3 Abs. 2 GSiG, wonach Einkommen und Vermögen einzusetzen sind, bevor ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen entsteht. § 3 Abs. 2 GSiG verweist für den Einsatz von Einkommen und Vermögen auf §§ 76 bis 88 BSHG. Deshalb ist auch die insoweit maßgebliche Rechtsprechung, die der Gesetzgeber der Verweisungsnorm des § 3 Abs.2 GSiG kannte, anwendbar. Danach sind nur bereite Mittel Einkommen, die die Hilfebedürftigkeit i.S.d. BSHG ausschließen (BVerwGE 55, 148; 67,163). Nur der Bedarfsdeckung zur Verfügung stehende Mittel gehören zum sozialhilferechtlich zu berücksichtigenden Einkommen. Mit dieser Rechtsprechung - angewendet im Bereich des Grundsicherungsgesetz - lässt es sich nicht vereinbaren, bei einem Mangel an bereiten Mitteln von einer Bedarfsdeckung auszugehen oder diese zu unterstellen, indem das Tatbestandsmerkmal des „Beschaffen können“ strikt ausgelegt und deshalb bejaht wird (Schoch in LPK-GSiG, 2003, § 3 Rnrn 79; § 2 Rnr.24).
23 
Im vorliegenden Fall fehlte es jedenfalls in der fraglichen Zeit des hier maßgeblichen Leistungszeitraums im Jahr 2003 an der alsbaldigen Durchsetzbarkeit eines Unterhaltsanspruchs im Sinne des Vorhandenseins bereiter Mittel. Schon das Bestehen von Unterhaltsansprüchen gegen die wieder verheiratete türkische Ehefrau ist aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen fraglich, ebenso deren eventuelle Höhe. Ein Unterhaltstitel existiert überhaupt nicht. Die Realisierbarkeit eventuell bestehender Ansprüche ist nach den gegebenen Umständen ungewiss, was bereits mit der Ermittlung der Anschrift der sich dem Kläger gegenüber verborgen haltenden Ehefrau anfängt und mit der Frage der Vollstreckbarkeit endet. Völlig offen ist etwa, ob die berufslose Ehefrau, die mit 17 Jahren mit dem Kläger verheiratet wurde, überhaupt über eigene Einkünfte verfügt.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 Satz 2 GKG.
25 
Die Berufung war nach § 124 a Abs.1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs.2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage, ob das bloße Vorhandensein eines geschiedenen Ehegatten, gegen den Unterhaltsansprüche bestehen können, den Antragsberechtigten nach § 1 GSiG unabhängig von der Realisierbarkeit des Anspruchs von den Leistungen der Grundsicherung ausschließt, ist grundsätzlich bedeutsam. Sie stellt sich auch jetzt noch nach Maßgabe der §§ 41 Abs.2, 43 SGB XII.

Gründe

 
12 
Die Verpflichtungsklage ist zulässig und mit dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung konkretisierten Klagantrag, der den Leistungszeitraum vom 01.01.2003 bis 30.06.2003 umfasst, auch begründet. Die Ablehnung der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung durch den angegriffenen Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.11.2003 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.5 S.1 VwGO). Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung in gesetzlicher Höhe für den beantragten Leistungszeitraum.
13 
Nach § 6 Satz 1 GSiG in der für den hier betroffenen Leistungszeitraum maßgeblichen Fassung des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26.06.2001 (BGBl. I S. 1310) wird die Grundsicherungsleistung in der Regel für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des folgenden Jahres bewilligt. Eine Ausnahme von dieser Regel enthält § 6 Satz 2 GSiG, allerdings nur für den Beginn der Leistung. Nach dieser Vorschrift beginnt der Bewilligungszeitraum bei der Erstbewilligung oder bei einer Änderung der Leistung am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist oder die Voraussetzungen für die Änderungen eingetreten und mitgeteilt worden sind. Folglich und weil das Gesetz erst am 01.01.2003 in Kraft trat, ist im vorliegenden Fall für den Beginn der Leistung der 1. Januar 2003 maßgeblich. Für das Ende des Bewilligungsabschnittes verbleibt es jedoch bei dem in § 6 Satz 1 GSiG genannten Zeitpunkt. Weil der Kläger seinen Antrag vor dem 1. Juli gestellt hat, war nach dieser Vorschrift nur die Verpflichtung der Beklagten für die Monate Januar bis Juni 2003 auszusprechen. Eine Bewilligung nach § 6 Satz 1 GSiG bis zum 30. Juni des Folgejahres kommt begrifflich nur dann in Betracht, wenn der Antrag nach dem 1. Juli des vorangegangenen Jahres gestellt wird. Bei Anträgen, die vor dem 1. Juli gestellt werden, kann sich zum 1. Juli des Jahres z.B. durch die Rentenanpassung und die Neufestsetzung der Regelsätze nach dem BSHG eine Änderung ergeben, so dass die Leistung bei diesen Anträgen nur bis zum 30. Juni desselben Jahres zu bewilligen ist (BayVGH, Urteil vom 05.02.2004 - 12 BV 03.3282 -; Renn in LPK-GSiG, 2003, § 6 Rnrn 6,7,13).
14 
Das bloße Vorhandensein eines geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten, gegen den Unterhaltsansprüche bestehen können, schließt den Kläger nicht von den Leistungen der Grundsicherung aus. Es kommt vielmehr auf die Realisierbarkeit des Unterhaltsanspruchs an.
15 
Nach dem Grundsicherungsgesetz sind Unterhaltsleistungen, die tatsächlich erbracht werden, grundsicherungsrechtlich zu berücksichtigende Einkünfte i.S.d. § 3 Abs.2 GSiG i.V.m. §§ 76ff BSHG (BayVGH aaO; Schoch in LPK-GSiG, § 2 Rnrn 27ff.) Hier geht es jedoch um die Behandlung von Unterhaltsansprüchen, deren Bestehen, Höhe und Realisierbarkeit zweifelhaft ist. Nach § 2 Abs. 1 S. 3 GSiG bleiben lediglich Unterhaltsansprüche von Antragsberechtigten gegenüber Eltern und Kindern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen i.S.d. § 16 SGB IV unter einem Betrag von 100000 Euro liegt. Es wird nach § 2 Abs. 2 S. 1 GSiG vermutet, dass diese Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Wird die gesetzliche Vermutung widerlegt, besteht kein Anspruch auf Grundsicherung, § 2 Abs. 3 Satz 1 GSiG. Ein Unterhaltsrückgriff gegen diesen Personenkreis scheidet nach Maßgabe dieser Regelung aus.
16 
Das Grundsicherungsgesetz schweigt jedoch zu der Frage, ob sonstige Unterhaltsansprüche des Antragsberechtigten darüber hinaus an dieser Privilegierung teilnehmen. Das Grundsicherungsgesetz verzichtet auch vollständig auf den Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Träger der Grundsicherung bei dem in § 1 GSiG angeführten Personenkreis. Es existieren insoweit keine den §§ 90, 91 BSHG vergleichbaren Überleitungsvorschriften. Der Gesetzgeber verfolgte damit die Absicht, den Hauptgrund für so genannte verschämte Altersarmut zu beseitigen, nämlich die Furcht insbesondere alter Menschen vor dem Unterhaltsrückgriff auf Kinder. Deshalb sah der Gesetzgeber die Freistellung von Eltern und Kindern vom Unterhaltsrückgriff vor. Ziel ist es nicht, die heute Unterhaltspflichtigen zu entlasten, sondern die Situation der Hilfeempfänger zu verbessern, indem es diesem erleichtert wird, die Existenz sichernden Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen.
17 
Unterhaltsansprüche nach §§ 1361, 1569 BGB sind nur dann anspruchshindernd zu berücksichtigen, wenn sie alsbald realisierbar sind. Zum „Beschaffen können“ von Einkommen i.S.d. § 2 Abs.1 S. 1 GSiG zählen nur durchsetzbare Unterhaltsansprüche, die als so genannte bereite Mittel zur Verfügung stehen. Es überzeugt weder die Meinung, die sämtliche Unterhaltsansprüche gegen Dritte wie diejenigen gegenüber Kindern und Eltern nach § 2 Abs.1 Satz 3 GSiG privilegieren will, noch die Auffassung, die mittels einer strikten Auslegung bei den hier in Rede stehenden Unterhaltsansprüchen gegen Dritte unabhängig von ihrer alsbaldigen Durchsetzbarkeit zum Ausschluss von den Leistungen der Grundsicherung gelangt. Vielmehr gilt das Nachrangprinzip auch für die Anwendung des Grundsicherungsgesetzes, wie sich insbesondere aus § 3 Abs.2 GSiG ergibt, der für den Einsatz von Einkommen und Vermögen auf §§ 76 bis 88 BSHG verweist. Nach der dem Gesetzgeber der Verweisungsnorm des § 3 Abs. 2 GSiG bekannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 76 BSHG sind nur bereite Mittel Einkommen und schließen die Hilfebedürftigkeit aus.
18 
Im Einzelnen ist dazu auszuführen: Der Auffassung, dass aufgrund der (bewussten) Entscheidung des Gesetzgebers solche Unterhaltsansprüche gegen Dritte nicht zu berücksichtigen seien und der Antragsberechtigte nicht auf sie verwiesen werden kann, steht die Position gegenüber, wonach das Tatbestandsmerkmal „Beschaffen können“ in § 2 Abs.1 Satz 1 GSiG eng auszulegen sei, dass also der Antragsberechtigte vor der Inanspruchnahme der Grundsicherung den Unterhaltsanspruch einzusetzen habe. Falls dies nicht möglich sei, also insbesondere zur Überbrückung gegenwärtiger Notlagen, sei der Träger der Sozialhilfe zuständig. Diese Haltung nimmt die Beklagte ein, indem sie sich darauf beruft, dass aus dem Fehlen von Überleitungsvorschriften die Notwendigkeit einer strikten Auslegung des Gesetzes folge: Die Grundsicherung als eine vorrangige gesetzliche Leistung enthalte deshalb keine gesetzliche Regelung zur nachträglichen Herstellung des Nachrangs der Grundsicherungsleistungen, weil im BSHG als dem untersten Netz sozialer Sicherung die Inanspruchnahme Unterhaltspflichtiger vorgesehen sei. Das Grundsicherungsgesetz schütze dritte Personen, die weder Eltern noch Kinder seien, auch nicht vor dem Unterhaltsrückgriff. Außerdem wolle der Gesetzgeber den Grundsicherungsträgern keine Kostennachteile (gemeint ist im Vergleich zu den Trägern der Sozialhilfe) entstehen lassen (Münder, NJW 2002, 3361ff; SHR Baden-Württemberg A 95 2.1.2; Klinkhammer FamRZ 2002, 997ff.; Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Hinweise NDV 2002, 341ff.).
19 
Die Auffassung, die die dargestellte strikte Auslegung für geboten hält, vermag nicht zu überzeugen. Gegen die angebliche Absicht des Gesetzgebers, die Träger der Grundsicherung nicht schlechter stellen zu wollen als die Träger der Sozialhilfe, spricht schon, dass solche Absichten den Gesetzgebungsmaterialien nicht zu entnehmen sind. Offen bleibt auch, worin eine Schlechterstellung liegen soll, wenn der Grundsicherungsträger gesetzlich vorgesehene Leistungen erbringen muss und diese nicht verweigern kann. Dies erscheint überdies wegen der ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers, die verschämte Altersarmut beseitigen zu wollen, auch fragwürdig. Außerdem erstattet der Bund den Ländern die Mehrausgaben, die u.a. aufgrund der eingeschränkten Unterhaltspflicht entstehen (vgl. Münder, aaO S. 3665). Das systematische Argument, die Sozialhilfe als unterstes soziales Sicherungsnetz müsse alle vorrangig nicht abgedeckten materiellen Risiken auffangen, führt dazu, dass sich in jedes vorrangige Leistungsgesetz Ausschlussgründe im Wege einer strikten Auslegung hineininterpretieren ließen, obwohl der Gesetzgeber eine vorrangige gesetzliche Leistung vorgesehen hat. Eine solche Auslegung überschreitet die zulässigen von der Verfassung gesetzten Grenzen der Auslegung von Gesetzen nach deren Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Zwecksetzung.
20 
Ein gesetzliches Strukturprinzip der Grundsicherung, wonach der Verzicht auf die Inanspruchnahme Dritter im Wege der Überleitung von Unterhaltsansprüchen zum Ausschluss der Leistungen der Grundsicherung führen müsse, ergibt sich nicht aus dem Grundsicherungsgesetz. Der Ausschluss ist ausdrücklich nur in § 2 Abs.3 GSiG für Eltern und Kinder vorgesehen, im Übrigen schweigen Gesetz und Gesetzesmaterialien (vgl. zum Ganzen: Schoch in LPK-GSiG § 2 Rnrn 17ff.).
21 
Eine völlige Privilegierung von Unterhaltsansprüchen gegen Dritte überzeugt allerdings ebenso wenig. Der Erst-Recht-Schluss, der bei Unterhaltsansprüchen gegen Verwandte des 2. und 3. Grades vor dem Hintergrund, dass insoweit auch im Sozialhilferecht ein Übergang derartiger Unterhaltsansprüche nicht vorgesehen ist (§ 91 Abs.1 Satz 3 BSHG), zu einem überzeugenden Ergebnis führen mag (Schoch in LPK-GSiG § 2 Rnr.26; Kunkel ZFSH/SGB 2003, 328f), greift im Bereich der hier fraglichen Unterhaltsansprüche gegen sonstige Dritte deshalb nicht, weil die hier betroffenen Unterhaltsverpflichteten nicht diejenigen sind, die der Antragsberechtigte schonen will und die ihn von einer Antragstellung abhalten würden, so dass der Schutzzweck des GSiG insoweit leer liefe.
22 
Außerdem geht auch das Grundsicherungsgesetz vom Nachrangprinzip aus. Dem Grundsicherungsgesetz fehlt zwar das Mittel zur nachträglichen Herstellung des Nachrangs in Form von Überleitungsvorschriften wie §§ 90,91 BSHG, gleichwohl ergibt sich aber die Geltung des Grundsatzes des Nachrangs aus § 2 Abs. 1 GSiG, wonach ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nur besteht, soweit die Antragsberechtigten ihren Lebensunterhalt nicht beschaffen können. Ferner ergibt sich seine Geltung aus § 3 Abs. 2 GSiG, wonach Einkommen und Vermögen einzusetzen sind, bevor ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen entsteht. § 3 Abs. 2 GSiG verweist für den Einsatz von Einkommen und Vermögen auf §§ 76 bis 88 BSHG. Deshalb ist auch die insoweit maßgebliche Rechtsprechung, die der Gesetzgeber der Verweisungsnorm des § 3 Abs.2 GSiG kannte, anwendbar. Danach sind nur bereite Mittel Einkommen, die die Hilfebedürftigkeit i.S.d. BSHG ausschließen (BVerwGE 55, 148; 67,163). Nur der Bedarfsdeckung zur Verfügung stehende Mittel gehören zum sozialhilferechtlich zu berücksichtigenden Einkommen. Mit dieser Rechtsprechung - angewendet im Bereich des Grundsicherungsgesetz - lässt es sich nicht vereinbaren, bei einem Mangel an bereiten Mitteln von einer Bedarfsdeckung auszugehen oder diese zu unterstellen, indem das Tatbestandsmerkmal des „Beschaffen können“ strikt ausgelegt und deshalb bejaht wird (Schoch in LPK-GSiG, 2003, § 3 Rnrn 79; § 2 Rnr.24).
23 
Im vorliegenden Fall fehlte es jedenfalls in der fraglichen Zeit des hier maßgeblichen Leistungszeitraums im Jahr 2003 an der alsbaldigen Durchsetzbarkeit eines Unterhaltsanspruchs im Sinne des Vorhandenseins bereiter Mittel. Schon das Bestehen von Unterhaltsansprüchen gegen die wieder verheiratete türkische Ehefrau ist aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen fraglich, ebenso deren eventuelle Höhe. Ein Unterhaltstitel existiert überhaupt nicht. Die Realisierbarkeit eventuell bestehender Ansprüche ist nach den gegebenen Umständen ungewiss, was bereits mit der Ermittlung der Anschrift der sich dem Kläger gegenüber verborgen haltenden Ehefrau anfängt und mit der Frage der Vollstreckbarkeit endet. Völlig offen ist etwa, ob die berufslose Ehefrau, die mit 17 Jahren mit dem Kläger verheiratet wurde, überhaupt über eigene Einkünfte verfügt.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 Satz 2 GKG.
25 
Die Berufung war nach § 124 a Abs.1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs.2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage, ob das bloße Vorhandensein eines geschiedenen Ehegatten, gegen den Unterhaltsansprüche bestehen können, den Antragsberechtigten nach § 1 GSiG unabhängig von der Realisierbarkeit des Anspruchs von den Leistungen der Grundsicherung ausschließt, ist grundsätzlich bedeutsam. Sie stellt sich auch jetzt noch nach Maßgabe der §§ 41 Abs.2, 43 SGB XII.

Sonstige Literatur

 
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RECHTSMITTELBELEHRUNG:
27 
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu. Die Berufung ist beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen.
28 
Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils ist die Berufung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim, oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
29 
Vor dem Verwaltungsgerichtshof muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
30 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
31 
In Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des Sozialhilferechts sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Verbänden im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes und von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind.
32 
In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen.
33 
In Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen und Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.