vorgehend
Landgericht Berlin, 23 O 77/03, 30.07.2003
Kammergericht, 25 U 132/03, 15.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 425/04 Verkündet am:
28. März 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
Altforderungsregelungsgesetz (AFRG) § 1; BGB § 222 Abs. 2 a.F.

a) § 1 AFRG ist auf Darlehensforderungen, die mangels Belegenheit im
Machtbereich der die Enteignung aussprechenden Behörde nicht wirksam
enteignet werden konnten, analog anzuwenden.

b) Für die Anwendung des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. kommt es nicht
darauf an, ob die Verjährung im Zeitpunkt der Leistung rechtlich zweifelhaft
war.

c) Zur Anwendbarkeit des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. zugunsten der
Bundesrepublik Deutschland als Gläubigerin.
BGH, Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04 - Kammergericht Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. März 2006 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden
, den Richter Dr. Müller, die Richterin Mayen sowie die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 15. Oktober 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Kläger Der verlangt von der beklagten Bundesrepublik Deutschland die Erstattung von Zahlungen auf von der Beklagten aus übergegangenem Recht geltend gemachte Darlehensforderungen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Von 1926 bis 1941 gewährten die M. L. in Berlin, die Bank für I. (ab 1938: Deutsche I. bank) und das Deutsche Reich dem Großvater und später dem Vater des Klägers verschiedene Darlehen. Diese wurden an dem in Brandenburg gelegenen landwirtschaftlichen Anwesen der Darlehensnehmer grundpfandrechtlich gesichert und waren Gegenstand landwirtschaftli- cher Entschuldungsverfahren nach dem Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse vom 1. Juni 1933 (RGBl. I S. 331).
3
Durch Verordnung vom 10. Mai 1949 (VOBl. Groß-Berlin I S. 112) wurden die kreditgebende M. L. und die I. bank mit ihrem gesamten Vermögen von dem für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet und ihr Vermögen unter Überführung in Volkseigentum verstaatlicht. 1955 wurden auch die grundpfandrechtlich belasteten Grundstücke des landwirtschaftlichen Anwesens der Darlehensnehmer Gegenstand einer Enteignung durch die Deutsche Demokratische Republik, nachdem der Vater des Klägers die DDR 1953 verlassen hatte. Die Grundpfandrechte wurden gelöscht.
4
Im Jahr 1996 übertrug das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg das Eigentum an den enteigneten Grundstücken nach § 6 Abs. 6 a VermG auf den Kläger, der seinen Vater 1968 beerbt hatte. Zwei Jahre später kündigte die Beklagte sämtliche Darlehen zum 30. März 1999 und forderte den Kläger zur Zahlung der noch valutierenden Darlehensbeträge nebst Zinsen (ab der Restitution der Grundstücke) auf. Der Kläger kam der Zahlungsaufforderung im März 1999 nach.
5
Mit der Klage begehrt er die Rückzahlung des von ihm geleisteten Betrages von 17.066,70 € nebst Zinsen. Er macht geltend, die Beklagte sei ungerechtfertigt bereichert. Durch die Enteignung der Grundstücke seines Vaters sei die Geschäftsgrundlage für die Darlehen weggefallen. Außerdem seien die Darlehensforderungen im Zeitpunkt der Zahlung so- wohl verwirkt als auch verjährt gewesen. Als Hoheitsträgerin könne sich die Beklagte nicht auf § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. berufen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist nicht begründet.

I.


8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Dem Kläger stehe kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Rechtsgrund für seine Zahlung seien die zunächst in Volkseigentum der Deutschen Demokratischen Republik und sodann in das Vermögen der Beklagten übergegangenen Forderungen aus Altdarlehen gewesen. Diese Forderungen seien nicht wegen der Enteignung der Grundstücke nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage erloschen. Die Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes der Rechtsvorgänger des Klägers sei nicht Geschäftsgrundlage der Dar- lehensgewährung gewesen. Die Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehen seien auch nicht verwirkt gewesen, da der Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger keine Vertrauensinvestitionen getätigt hätten und daher das notwendige Umstandsmoment fehle. Nach der Restitution der Grundstücke habe die Geltendmachung der Darlehensforderungen nicht gegen § 242 BGB verstoßen. Schließlich stünden dem Rückzahlungsbegehren §§ 222 Abs. 2, 813 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. entgegen. Die Beklagte habe den Kläger nicht auf eine mögliche Verjährung der Darlehensforderungen hinweisen müssen. Die Behauptung, sie habe ihn aktiv und in täuschender Weise von der Prüfung der Verjährungseinrede abgehalten , sei nicht durch Tatsachen belegt. Dass die Beklagte nach der Klärung der Verjährungsfrage durch den Bundesgerichtshof (BGHZ 148, 90) Forderungen aus Altdarlehen nicht mehr geltend mache, stelle keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers dar.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten abgelehnt.
11
Ohne 1. Erfolg erhebt die Revision Bedenken gegen den Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die Beklagte sei Inhaberin der ursprünglich der M. L. und der Bank für I. zustehenden Darlehensrückzahlungsansprüche geworden. Ein Bereicherungsanspruch ist nicht schon wegen der fehlenden Gläubigerstellung der Beklagten gegeben.

12
a) Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Revision meint - die Ansprüche auf Rückzahlung der von den beiden Kreditinstituten gewährten Darlehen nicht nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889; im Folgenden: Einigungsvertrag - EV) auf die Beklagte übergegangen sind, weil diese Ansprüche möglicherweise nicht von der Enteignung der ursprünglichen Gläubigerinnen durch die Verordnung vom 10. Mai 1949 erfasst wurden. Hierfür könnte - wie die Revision zu Recht geltend macht - sprechen, dass die Wirkung der Enteignung vom 10. Mai 1949 durch das Territorialitätsprinzip begrenzt war und daher nur Forderungen erfasste, die damals im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats belegen waren (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2002 - XI ZR 301/01, WM 2002, 1447, 1448 m.w.Nachw.; BVerwG, ZIP 1997, 254, 255). Dies ist bei den hier in Rede stehenden Darlehensrückzahlungsansprüchen , die sich auf ein in Brandenburg und damit in einem Land der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) gelegenes Anwesen bezogen, zweifelhaft (vgl. BVerwG aaO S. 255 f. mit ausführlicher Begründung ; auch BVerwGE 101, 201, 203 f.).
13
b) Diese erstmals im Revisionsverfahren aufgeworfene Frage kann aber offen bleiben. Selbst wenn die streitgegenständlichen Forderungen, die in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet galten, ursprünglich nicht wirksam enteignet worden sein sollten, sind sie jetzt so zu behandeln , als ob sie zum Finanzvermögen im Sinne des Art. 22 Einigungsvertrag gehören. § 1 des Gesetzes zur Regelung bestimmter Altforderungen vom 10. Juni 2005 (BGBl. I S. 1589; im Folgenden: Altforderungsrege- lungsgesetz – AFRG), der hier zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen entsprechend anzuwenden ist, schließt in diesen Fällen einen Bereicherungsanspruch wegen fehlender Gläubigerstellung der Beklagten aus.
14
aa) Das AFRG ist vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, da es am 17. Juni 2005 und damit vor der Entscheidung über die Revision in Kraft getreten ist und das streitige Rechtsverhältnis nach seinem zeitlichen Geltungsbereich erfasst (vgl. BGHZ 9, 101; 36, 348, 350).
15
bb) § 1 AFRG regelt die Zuordnung vor dem 8. Mai 1945 begründeter Darlehensforderungen von Kreditinstituten, die im Beitrittsgebiet (Art. 3 EV) auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet wurden (Begr. RegE AFRG BT-Drucks. 15/4640 S. 10). Soweit eine solche Forderung mangels Belegenheit in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet nicht wirksam enteignet werden konnte, steht diese Forderung nunmehr unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AFRG dem Bund (Entschädigungsfonds) zu. Soweit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Kreditanstalt für Wiederaufbau Darlehensforderungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AFRG bereits für das vom Bund treuhänderisch verwaltete Finanzvermögen nach Art. 22 Abs. 1 EV eingezogen hat, verbleibt es gemäß § 1 Abs. 3 AFRG dabei. War Gläubiger der Forderung ein Kreditinstitut, das seinen ausschließlichen Sitz in dem Beitrittsgebiet nach Art. 3 EV hatte und deshalb in Folge besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangen ist, steht die Forderung dem Finanzvermögen gemäß Art. 22 Abs. 1 EV zu (§ 1 Abs. 2 AFRG).
16
cc) Nach seinem Wortlaut gilt § 1 AFRG nur für solche Forderungen , die - anders als hier - nicht in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet belegen waren. Allerdings ist das Gesetz analog anzuwenden auf Forderungen , die - wie hier - zwar im Beitrittsgebiet gemäß Art. 3 EV, aber nicht in dem Machtbereich der die Enteignung anordnenden Behörde belegen waren und deshalb aufgrund des Territorialitätsprinzips ebenfalls nicht wirksam enteignet werden konnten. Sowohl die notwendige planwidrige Regelungslücke als auch eine vergleichbare Interessenlage sind gegeben.
17
Nach (1) der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber eine klare Zuordnung der Altforderungen schaffen (Begr. RegE AFRG BTDrucks. 15/4640 S. 10), nachdem der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 4. Juni 2002 (XI ZR 301/01, WM 2002, 1447, 1448) klargestellt hatte , dass Enteignungsmaßnahmen eines Staates nur Vermögenswerte erfassen können, die in seinem Staatsgebiet belegen sind. Dies hatte zur Folge, dass die besatzungsrechtlichen und besatzungshoheitlichen Enteignungsmaßnahmen nicht alle Forderungen erfasst haben, die in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet galten und für die die betroffenen Kreditinstitute, die sich ebenfalls regelmäßig als enteignet ansahen, soweit sie ihren Sitz in den westlichen Besatzungszonen hatten oder ihn dorthin verlegt haben, im Rahmen der Währungsreform (West) Ausgleichsforderungen zugeteilt bekamen, weil die Forderungen nach der Teilung Deutschlands nicht mehr realisierbar waren. Diese Forderungen stehen nach § 1 Abs. 1 AFRG dem Bund zu. Soweit in der Vergangenheit Forderungen entgegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofes für das Finanzvermögen nach Art. 22 Abs. 1 EV vereinnahmt worden sind, bleibt es dabei. Grund hierfür war, dass eine nachträgliche Aufteilung einen unnötigen Verwaltungsaufwand erzeugen würde, weil in einer Vielzahl von abgeschlossenen Einzelfällen zeit- und arbeitsintensive Recherchen durchgeführt werden müssten, die in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag stünden, der wegen der Tilgung der Ausgleichsforderungen ohnehin an den Bund abzuführen wäre (BT-Drucks. 15/4640 S. 8, 10).
18
(2) Diese Gründe treffen nicht nur auf Forderungen zu, die - wie in dem Senatsurteil vom 4. Juni 2002 (XI ZR 301/01, WM 2002, 1447, 1448) - außerhalb des in Art. 3 EV genannten Gebietes belegen waren, sondern gelten erst recht für solche Forderungen, die - wie hier - in diesem Gebiet, aber nicht im Machtbereich der die Enteignung vornehmenden Verwaltung belegen waren. Abweichend von dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 AFRG, der nur die erste Gruppe erfasst, ergeben sich aus der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte dafür, dass eine unterschiedliche Behandlung der beiden Arten von Forderungen beabsichtigt war. Der Umstand, dass die Gesetzesbegründung ausschließlich auf das Senatsurteil vom 4. Juni 2002 (XI ZR 301/01, WM 2002, 1447, 1448) Bezug nimmt und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 1996 (ZIP 1997, 254) nicht erwähnt, spricht dafür, dass die in letzterem Urteil und auch im vorliegenden Fall in Rede stehende Konstellation einer nach der Rechtswirklichkeit der DDR bestehenden, in Wahrheit aber mit Rücksicht auf das Territorialitätsprinzip nicht wirksamen Enteignung nicht gesehen wurde, eine Differenzierung zwischen den Fallgruppen jedoch nicht gewollt war.
19
Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, die wegen der vergleichbaren Interessenlage durch eine analoge Anwendung des § 1 AFRG geschlossen werden kann.
20
dd) Die Ansprüche auf Rückzahlung der von der Bank für I. gewährten Kredite sind damit analog § 1 Abs. 3 AFRG endgültig der Beklagten zugeordnet, auch wenn sie von der Enteignung vom 10. Mai 1949 nicht rechtswirksam erfasst worden sein sollten. Es handelt sich dabei um Forderungen, die vor dem 8. Mai 1945 begründet wurden und zwar zugunsten eines Kreditinstituts, das durch besatzungshoheitliche Maßnahmen - die Verordnung zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Volkseigentum vom 10. Mai 1949 (VOBl. Groß-Berlin I S. 112) - enteignet wurde. Selbst wenn diese Enteignung die in Rede stehenden Forderungen nicht wirksam erfasst haben sollte, galten sie doch in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet und wurden 1999 und damit vor Inkrafttreten des AFRG von der Beklagten durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau nach Art. 22 Abs. 1 EV eingezogen.
21
ee) Da die M. L. in Folge besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangen ist (vgl. Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, 2. Aufl., "Landschaften", vor I.), stehen deren Ansprüche aus den von ihr gewährten Darlehen in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 2 AFRG dem Finanzvermögen gemäß Art. 22 Abs. 1 EV und damit ebenfalls der Beklagten zu.
22
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Zahlung des Klägers an die Beklagte auch nicht deshalb ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die schuldrechtlichen Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehen infolge der Enteignung der Grundstücke erloschen gewesen wären. Mit der Überführung der Grundstücke in Volkseigentum gingen zwar die darauf lastenden Grundpfandrechte unter, die durch die eingetragenen dinglichen Rechte gesicherten persönlichen Forderungen blieben hingegen bestehen (vgl. Begr. RegE AFRG BT-Drucks. 15/4640 S. 10; vgl. LG Leipzig RÜ BARoV 1999 Nr. 5 S. 17, 18; Kiethe, in: RVI, B 100 Vorb. §§ 18, 18 a, 18 b VermG Rdn. 7; Niebur, in: Fieberg/Reichenbach/ Messerschmidt/Verstegen, VermG, § 27 Rdn. 20; Kuhlmey OVspezial 2000, 265, 266). Dies gilt auch für die Forderungen, die im Zeitpunkt der Grundstücksenteignung der Deutschen Demokratischen Republik zustanden , obwohl damit der Gläubiger der persönlichen Forderung zugleich Eigentümer der zur Sicherung dieser Forderung mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücke wurde.
23
Anders als die Revision meint, sind die Forderungen auch nicht mit der Enteignung des landwirtschaftlichen Betriebs analog § 1181 BGB erloschen. Diese Norm regelt nur das Erlöschen der Hypothek, aber nicht die Wirkung der Befriedigung aus dem Grundstück auf die persönliche Forderung (vgl. MünchKommBGB/Eickmann, 4. Aufl. § 1181 Rdn. 12; Staudinger /Wolfsteiner, BGB Neubearb. 2002 § 1181 Rdn. 18).
24
Abgesehen davon ist hier entgegen der Auffassung der Revision mit der Enteignung nicht die (zwangsweise) Befriedigung der Forderung verbunden gewesen. Der Eigentumsübergang stand vielmehr in keinem Zusammenhang mit der Befriedigung der Darlehensforderungen. Diese hätte wegen der grundpfandrechtlichen Absicherung der Darlehen zwar auch aus den Grundstücken erfolgen können. Dazu wäre aber die Ein- haltung des Vollstreckungsverfahrens, also der gerichtliche Verkauf des Grundstücks und die Verteilung des Erlöses notwendig gewesen (so z.B. später § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude vom 18. Dezember 1975, GBl. DDR 1976 I S. 1). Darum geht es hier nicht. Der Eigentumsübergang beruhte allein auf der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GBl. DDR 1952 S. 615), weil der Vater des Klägers die Deutsche Demokratische Republik verlassen hatte, ohne die polizeilichen Meldevorschriften zu beachten.
25
3. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, durch die entschädigungslose Enteignung der Grundstücke des landwirtschaftlichen Anwesens sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Geschäftsgrundlage der Darlehensverträge weggefallen und daher der jeweilige Gläubiger nach § 242 BGB gehindert gewesen, den Schuldner auf Rückzahlung der Darlehen in Anspruch zu nehmen.
26
Die a) Begründung, mit der das Berufungsgericht verneint hat, dass der Fortbestand des früheren landwirtschaftlichen Betriebes Geschäftsgrundlage der in Rede stehenden Darlehensverträge gewesen sei, lässt keine Rechtsfehler erkennen.
27
aa) Fehlerfrei ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass Geschäftsgrundlage nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und nicht beanstandeten Vorstellungen des anderen Vertragsteils von dem Vor- handensein oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut, sind (Senatsurteile vom 4. November 1997 - XI ZR 261/96, WM 1998, 23, 24 und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt, jeweils m.w.Nachw.). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für den Fortbestand des früheren landwirtschaftlichen Betriebes nicht als gegeben erachtet, ohne dass ihm insoweit Rechtsfehler unterlaufen wären.
28
bb) Grundsätzlich trägt allein der Darlehensnehmer das Risiko, ob und aus welchen Mitteln ihm die Rückzahlung des Darlehens möglich ist. Dass hier bei Abschluss der Darlehensverträge etwas anderes galt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision macht das nicht geltend.
29
cc) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, ist der Fortbestand des landwirtschaftlichen Betriebes auch nicht dadurch zur Geschäftsgrundlage der Darlehensverträge geworden, dass letztere Gegenstand von Entschuldungsverfahren nach dem Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse vom 1. Juni 1933 (RGBl. I S. 331) waren. Die Entschuldungsverfahren dienten lediglich dem Zweck, die Verschuldung eines landwirtschaftlichen Betriebes allmählich bis auf die Grenze der Mündelsicherheit zurückzuführen (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes ). Das Gesetz enthält jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass hierdurch Einfluss auf die Geschäftsgrundlage der betroffenen Darlehensverträge genommen werden und die Rückführung der Darlehen nur noch aus den Erträgen des landwirtschaftlichen Betriebes erfolgen sollte.
30
Im b) Übrigen lägen die Voraussetzungen für einen Wegfall der Rückzahlungsverpflichtung im Wege der Vertragsanpassung nach § 242 BGB selbst dann nicht vor, wenn der Fortbestand des landwirtschaftlichen Betriebes Geschäftsgrundlage der Darlehensverträge geworden wäre. Denn nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigt eine Vertragsanpassung. Weitere Voraussetzung ist vielmehr, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung zu einem untragbaren Ergebnis führen würde und der betroffenen Partei daher nicht zumutbar ist (BGHZ 121, 378, 393; 127, 212, 218; 128, 230, 238). Die danach erforderliche umfassende Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände (Senat BGHZ 127, 212, 218) lässt hier nicht erkennen, dass die Rückzahlung der Darlehensvaluta für den Kläger unzumutbar gewesen wäre. Zwischen der Gewährung der Kredite und der Enteignung der Grundstücke lag ein Zeitraum von 14 bis 29 Jahren, in denen die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb zur Rückführung der Darlehen genutzt werden konnten. Zudem hat der Kläger die Grundstücke 1996 zurückerhalten, so dass er sie seitdem wieder wirtschaftlich nutzen kann. Der in der Zwischenzeit fehlenden Nutzungsmöglichkeit hat die Beklagte bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie Zinsen erst für die Zeit nach der Restitution der Grundstücke verlangt hat.
31
4. Angesichts der Rückübertragung der Grundstücke auf den Kläger hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision auch zu Recht angenommen, dass die Beklagte trotz der ursprünglichen Enteignung nicht wegen grob pflichtwidrigen Verhaltens nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) an der Geltendmachung ihrer Darlehensrückzahlungsansprüche gehindert war.

32
Der Einwand, dass die Ausübung eines Rechts gegen § 242 BGB verstößt, führt nicht zwingend zum endgültigen Erlöschen dieses Rechtes. Maßgeblich für die Beurteilung der Treuwidrigkeit ist vielmehr der Zeitpunkt der Geltendmachung des Rechts. Sofern die Situation in tatsächlicher Hinsicht noch reversibel ist, kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs nachträglich entfallen (BGHZ 52, 365, 368; BGH, Urteil vom 1. Februar 1952 - V ZR 16/51, NJW 1952, 420, 421).
33
Das ist hier der Fall. Auch wenn die Enteignung von der Deutschen Demokratischen Republik als endgültig angesehen wurde, konnte der Eigentumsverlust doch rückgängig gemacht werden. Dies hat die Beklagte mit der Restitution der Grundstücke nach § 6 Abs. 6 a VermG getan, bevor sie - zwei Jahre später - die Rückzahlung der Darlehen verlangt hat. Damit konnte der Kläger die Grundstücke im Zeitpunkt der Geltendmachung der Darlehensforderungen wieder wirtschaftlich nutzen. Die Zahlungsaufforderung der Beklagten, die Zinsen erst für die Zeit nach der Rückgabe der Grundstücke verlangt hat, stellt deshalb keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar (im Ergebnis ebenso Peters JZ 2002, 101, 102).
34
5. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Zahlung des Klägers an die Beklagte auch nicht deshalb rechtsgrundlos erfolgt, weil die von der Beklagten geltend gemachten Darlehensrückzahlungsansprüche infolge Zeitablaufs verwirkt gewesen wären.
35
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere , auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten , die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st.Rspr., vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2004 – XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 m.w.Nachw.).
36
b) Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Unabhängig von der Frage, aus welchen Gründen die Darlehensrückzahlungsansprüche bis 1998 nicht geltend gemacht wurden und ob deshalb ein Vertrauenstatbestand gesetzt worden ist, fehlt es jedenfalls an den erforderlichen Anhaltspunkten dafür, dass sich der Kläger oder sein Rechtsvorgänger wegen der Untätigkeit der Deutschen Demokratischen Republik und der Beklagten tatsächlich darauf eingerichtet haben, nicht mehr auf Rückzahlung in Anspruch genommen zu werden (vgl. zu dieser Voraussetzung BGHZ 25, 47, 52; Senat BGHZ 137, 69, 76; BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, WM 2003, 1425, 1426). Vielmehr hat der Kläger die Forderung nach schriftlicher Aufforderung durch die Beklagte vorbehaltlos beglichen. Auch die Revision legt nicht dar, dass das Berufungsgericht für die Beurteilung dieser Frage wesentlichen Sachvortrag übersehen habe. Da es in diesem Zusammenhang nur darauf ankommt, ob der Kläger tatsächlich Vertrauensinvestitionen getätigt hat, ist unerheblich, ob er eventuell bestehende Zweifel an der Berechtigung der Forderung erkennen konnte.
37
Schließlich 6. steht dem Kläger auch kein Bereichungsanspruch aus § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil er auf eine verjährte Forderung gezahlt hat. Waren die Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten im März 1999 bereits verjährt (vgl. Senat BGHZ 148, 90, 93 ff.), ist die Rückforderung der zur Befriedigung dieser Ansprüche geleisteten Beträge nach § 813 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB (gemäß Art. 229 §§ 5, 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) ausgeschlossen.
38
Der a) Anwendung des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. steht - anders als die Revision meint - nicht entgegen, dass die Verjährung derartiger Forderungen im Zeitpunkt der Leistung höchstrichterlich noch nicht geklärt war. Da diese Vorschrift unabhängig davon gilt, ob der Leistende Kenntnis von der Verjährung hatte, kommt es gleichfalls nicht darauf an, ob die Verjährung klar ersichtlich oder möglicherweise rechtlich zweifelhaft war. Der Regelungszweck der Norm, Rechtsfrieden zu schaffen (Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, 2. Aufl. S. 52; Medicus, Schuldrecht II 12. Aufl. Rdn. 643), greift gerade auch in letzterem Fall ein.
39
Ohne b) Erfolg beruft sich die Revision weiter darauf, dass die Leistung des Klägers nicht freiwillig erfolgt und deshalb die Ausnahmeregelung des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. nicht anwendbar sei. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine unfreiwillige Leistung nur dann gegeben, wenn der Gläubiger die Vollstreckung betrieben oder der Schuldner geleistet hat, um die Durchführung der Zwangsvollstreckung zu vermeiden (Senatsurteil vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 180/92, WM 1993, 2041, 2043 f. m.w.Nachw.). Dies ist hier nicht der Fall, da die Beklagte nur die Kündigung der Darlehen erklärt und Zahlung verlangt hat, ohne mit der zwangsweisen Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche zu drohen. Einen Vollstreckungstitel hatte sie nicht erwirkt.
40
Auch c) der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung schließt die Anwendung von § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. zugunsten der Beklagten nicht aus. Entgegen der Auffassung der Revision bestand keine Verpflichtung der Beklagten, gegenüber dem Kläger die damals bestehende Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Verjährung zu offenbaren.
41
aa) Die Beklagte war als Hoheitsträgerin nicht gehalten, die Verjährung von Amts wegen zu berücksichtigen und die privatrechtlichen Darlehensrückzahlungsansprüche allein deshalb nicht mehr geltend zu machen. Sogar im öffentlichen Recht begründet die Verjährung eines Anspruchs entsprechend § 222 Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 214 Abs. 1 BGB n.F. nur eine Einrede, soweit keine abweichende Sonderregelung, wie z.B. im Abgabenrecht, existiert (de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 487; Knack/Henneke, VwVfG 8. Aufl. Vor § 53 Rdn. 2; Kopp/Ramsauer, VwVfG 9. Aufl. § 53 Rdn. 2, 4; Lange, Die verwaltungsrechtliche Verjährung S. 67 ff., 76; MünchKommBGB /Grothe, 4. Aufl. § 222 Rdn. 1, 2; Staudinger/F. Peters, BGB Neubearb. 2004 § 214 Rdn. 42; Stelkens/Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG 6. Aufl. § 53 Rdn. 3 a, b; Dörr DÖV 1984, 12, 17; a.A. Haenicke NVwZ 1995, 348, 349).
42
bb) Die Beklagte musste den Kläger auch nicht auf die Einrede der Verjährung bzw. auf die bestehende Rechtsunsicherheit hinweisen.
43
Zwar wird in der Literatur vertreten, nach §§ 24 f. VwVfG sei eine Behörde unter Umständen verpflichtet, den Bürger auf die Möglichkeit der Verjährungseinrede hinzuweisen (so de Wall aaO; Staudinger/ F. Peters aaO; Dörr aaO für den Fall der Geltendmachung einer verjährten Forderung mittels Leistungsbescheides; Stelkens/Sachs aaO Rdn. 3 b: Hinweispflicht bei wenig geschäftskundigen Personen). Habe die Behörde diesen Hinweis pflichtwidrig unterlassen, könne sie sich nicht auf § 222 Abs. 2 BGB a.F., § 214 Abs. 2 BGB n.F. berufen (Staudinger/F. Peters aaO Rdn. 43).
44
Diese Hinweispflicht gilt aber nicht für zivilrechtliche Forderungen, die von einem Hoheitsträger aus übergegangenem Recht geltend gemacht werden. Gemäß § 1 Abs. 1, 2 VwVfG gelten die Vorschriften dieses Gesetzes - wie etwa §§ 24 f. VwVfG, aus denen die Hinweispflicht abgeleitet wird - nur für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der im einzelnen genannten Behörden, nicht aber für rein fiskalisches Handeln im engeren Sinne wie z.B. den Abschluss von Verträgen im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Erhaltung des Finanz- und Verwaltungsvermögens (Knack/Meyer, VwVfG 8. Aufl. § 1 Rdn. 72 f.; Kopp/ Ramsauer, VwVfG 9. Aufl. § 1 Rdn. 16). Mangels vergleichbarer Interessenlage kommt im Fall der Geltendmachung einer zivilrechtlichen Forderung aus übergegangenem Recht auch eine analoge Anwendung der Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht in Betracht (vgl. Knack/Meyer aaO allgemein zum fiskalischen Handeln). Der betroffene Bürger ist hier nicht in gleicher Weise schutzbedürftig, weil die Behörde einen rein zivilrechtlichen Anspruch nicht durch Leistungsbescheid festsetzen und sich so selbst einen Vollstreckungstitel verschaffen kann. Sie muss vielmehr ihrerseits Zahlungsklage erheben, wenn der Bürger sich weigert zu zahlen.
45
Gegen eine Hinweispflicht spricht hier ferner, dass auf der einen Seite für den Kläger angesichts des langen Zeitraums zwischen der Gewährung der Darlehen und dem Rückzahlungsverlangen der Beklagten die immerhin bestehende Möglichkeit des zwischenzeitlichen Eintritts der Verjährung auch ohne besondere Rechtskenntnisse erkennbar war. Auf der anderen Seite musste die Beklagte trotz des Zeitablaufs nicht zwingend davon ausgehen, dass die in Rede stehenden Forderungen tatsächlich verjährt waren. Dies hatte etwa das Oberlandesgericht Braunschweig in einem Urteil vom 11. September 2000 (OVspezial 2000, 328 (LS), Vorinstanz zu BGHZ 148, 90) für Ansprüche auf Rückzahlung von vor 1934 gewährten Darlehen abgelehnt. Dass die Beklagte von der Verjährung der Forderungen ausgegangen ist, diese aber bewusst verschwiegen hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Verfahrensfehler macht die Revision insoweit nicht geltend.
46
Das d) Berufungsgericht hat schließlich zu Recht angenommen, dass die Beklagte nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, wenn sie sich gegenüber dem Kläger auf § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. beruft, obwohl sie nach der Entscheidung des Senats vom 12. Juni 2001 (BGHZ 148, 90) von anderen Schuldnern nicht mehr die Rückzahlung vergleichbarer Darlehen verlangt hat.
47
Es kann insoweit dahinstehen, ob die Beklagte bei der Geltendmachung von zu ihrem Finanzvermögen gehörenden privatrechtlichen Forderungen nach Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden ist (vgl.
Dreier, Grundgesetz 2. Aufl. Art. 1 III Rdn. 65 ff.; Jarass/Pieroth, Grundgesetz 7. Aufl. Art. 1 Rdn. 28 f.). Denn die unterschiedliche Behandlung des Klägers im Vergleich zu denjenigen Darlehensschuldnern, die nach dem Senatsurteil BGHZ 148, 90 nicht mehr in Anspruch genommen wurden , ist jedenfalls gerechtfertigt (dazu Dreier/Heun aaO Art. 3 Rdn. 25 ff.; Jarass/Pieroth aaO Art. 3 Rdn. 14 ff.). Die höchstrichterliche Entscheidung über die Verjährung derartiger Darlehensrückzahlungsansprüche stellt in Verbindung mit der Regelung des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung der Schuldner dar. Die Beklagte ist als Hoheitsträgerin nicht nur berechtigt, sondern haushaltsrechtlich grundsätzlich sogar gehalten, ihr zustehende Forderungen einzuziehen (vgl. §§ 34 Abs. 1, 58, 59 BHO), unabhängig davon, ob deren Bestehen bzw. Einredefreiheit eindeutig ist. Dies galt bis zu der genannten Senatsentscheidung auch für Darlehensrückzahlungsansprüche der hier in Rede stehenden Art. Die betroffenen Schuldner, auch der Kläger, hatten wie gegenüber einem privaten Gläubiger die Möglichkeit, die Erfüllung abzulehnen und die Beklagte zu veranlassen, Zahlungsklage zu erheben und die Berechtigung der Forderungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes, dass derartige Forderungen regelmäßig bereits verjährt seien, kam deren weitere Geltendmachung nicht mehr in Betracht, weil eine Zahlungsklage danach offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

III.


48
Die Revision des Klägers war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Joeres Müller Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.07.2003 - 23 O 77/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.10.2004 - 25 U 132/03 -

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 214 Wirkung der Verjährung


(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern. (2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden i

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden 1. des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,2. der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sons

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 813 Erfüllung trotz Einrede


(1) Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des § 21

Gesetz zur Regelung bestimmter Altforderungen


Altforderungsregelungsgesetz - AFRG

Einigungsvertrag - EinigVtr | Art 22 Finanzvermögen


(1) Öffentliches Vermögen von Rechtsträgern in dem in Artikel 3 genannten Gebiet einschließlich des Grundvermögens und des Vermögens in der Land- und Forstwirtschaft, das nicht unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient (Finanzvermögen), ausgen

Bundeshaushaltsordnung - BHO | § 34 Erhebung der Einnahmen, Bewirtschaftung der Ausgaben


(1) Einnahmen sind rechtzeitig und vollständig zu erheben. (2) Ausgaben dürfen nur soweit und nicht eher geleistet werden, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind. Die Ausgabemittel sind so zu bewirtschaften, daß sie

Altforderungsregelungsgesetz - AltFRG | § 1 Forderungsberechtigung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1181 Erlöschen durch Befriedigung aus dem Grundstück


(1) Wird der Gläubiger aus dem Grundstück befriedigt, so erlischt die Hypothek. (2) Erfolgt die Befriedigung des Gläubigers aus einem der mit einer Gesamthypothek belasteten Grundstücke, so werden auch die übrigen Grundstücke frei. (3) Der Be

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(1) Eine vor dem 8. Mai 1945 zu Gunsten von in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet durch besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Maßnahmen enteigneten Kreditinstitut, Bausparkasse oder Versicherungsunternehmen (Kreditinstitut) begründete Darlehensforderung steht dem Bund (Entschädigungsfonds) zu, soweit diese Forderung mangels Belegenheit in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet nicht wirksam enteignet werden konnte und dieses Kreditinstitut Ausgleichsforderungen nach dem Umstellungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-0, veröffentlichten bereinigten Fassung, dem Umstellungsergänzungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-1, veröffentlichten bereinigten Fassung oder den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen erhalten hat. Die Gewährung der Ausgleichsforderungen wird für die Schuldner der Altforderungen unwiderleglich vermutet. Die Verpflichtung des Bundes, das nach Absatz 1 Satz 1 Erlangte an ein Kreditinstitut herauszugeben, das den Nachweis erbringt, eine Ausgleichsforderung nicht erhalten zu haben, bleibt unberührt. Ein darüber hinausgehender Ausgleichsanspruch besteht nicht.

(2) Forderungen der wegen ihres ausschließlichen Sitzes in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet infolge besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangenen Kreditinstitute stehen dem Finanzvermögen gemäß Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages zu.

(3) Soweit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Kreditanstalt für Wiederaufbau Darlehensforderungen im Sinne von Absatz 1 bereits für das vom Bund treuhänderisch verwaltete Finanzvermögen nach Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages eingezogen hat, verbleibt es abweichend von Absatz 1 Satz 1 dabei.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 301/01 Verkündet am:
4. Juni 2002
Weber
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
EGBGB Art. 7 ff. (Enteignung);
BGB §§ 607 a.F., 1113

a) Zu den Grenzen, die das Territorialitätsprinzip den Auswirkungen einer Vermögensenteignung
auf eine hypothekarisch gesicherte Darlehensforderung setzt.

b) An der Beschränkung der Wirkungen von Enteignungen, die in der früheren
sowjetischen Besatzungszone von 1945 bis 1949 auf besatzungsrechtlicher
oder besatzungshoheitlicher Grundlage durchgeführt wurden,
durch das Territorialitätsprinzip hat sich nichts dadurch geändert, daß die
Bundesrepublik Deutschland sich im Zusammenhang mit der deutschen
Wiedervereinigung verpflichtet hat, diese Enteignungen nicht rückgängig
zu machen.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2002 - XI ZR 301/01 - Kammergericht
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 4. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Müller und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. Februar 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin macht eine Darlehensforderung aus übergegangenem Recht geltend.
Im Jahr 1901 gewährte die in Frankfurt am Main ansässige F. H.bank dem Tapetenfabrikanten E. L. ein Darlehen von 265.000 Mark, das durch eine Hypothek auf dessen später im sowjetischen Sektor befindlichen Grundstück in Berlin-Mitte gesichert wurde. E. L. und seine Söhne gründeten im Jahr 1920 die beklagte Kommanditgesellschaft mit Sitz im späteren Westteil Berlins, die die Darlehensschuld und das als Sicherheit dienende Grundstück übernahm. In den Jahren 1939/1940 wurde die Beklagte zwangsweise liquidiert, weil sie als jüdischer Betrieb galt. Das mit der Hypothek belastete Grundstück wurde vom Zwangsli-
quidator veräußert. In dem notariellen Kaufvertrag wurden die Übernahme der Darlehensschuld von 66.000 Reichsmark durch die beiden Erwerberinnen unter Anrechnung auf den Kaufpreis und eine Mitteilung gemäß § 416 Abs. 2 BGB vereinbart. Die Erwerberinnen wurden 1940 als Eigentümerinnen im Grundbuch eingetragen. Die Abwicklung der Beklagten wurde noch im Jahr 1940 als beendet im Handelsregister eingetragen.
Die F. H.bank wurde durch Verordnung vom 10. Mai 1949 mit ihrem gesamten Vermögen von dem für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet und dieses unter Überführung in Volkseigentum verstaatlicht.
Das hypothekarisch belastete Grundstück wurde 1979 Gegenstand einer Enteignung durch die Deutsche Demokratische Republik. Dadurch ging die Hypothek unter. Die Darlehensforderung war bei Ende des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik in deren Staatshaushalt verzeichnet.
Das ehemals als Sicherheit für die Darlehensforderung dienende Grundstück wurde nach der Wiedervereinigung aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids an einen Investor veräußert. Durch Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 18. November 1997 wurde festgestellt, daß die Beklagte Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes hinsichtlich des Grundstücks ist. Das Land Berlin wurde verpflichtet, den aus der Veräußerung des Grundstücks erzielten Erlös oder, wenn dieser den Verkehrswert unterschritte, den Verkehrswert an die Beklagte zu zahlen.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 34.266,37 DM nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Sie habe die Forderung nicht erworben. Diese sei nicht in das Staatsvermögen der DDR gelangt, das der Klägerin durch die deutsche Wiedervereinigung zugefallen sei. Die Enteignung der F. H.bank durch den Ost-Berliner Magistrat habe die Darlehensrückzahlungsforderung nicht mit umfaût. Nach dem Territorialitätsprinzip entfalte eine Enteignung Wirkungen nur innerhalb des Hoheitsgebiets und nur in bezug auf Vermögen, das der Gebietshoheit des enteignenden Hoheitsträgers unterliege. Darunter falle die Darlehensrückzahlungsforderung nicht. Sie habe für sich gesehen keine territoriale Berührung mit dem Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats gehabt.
Allein die zu ihrer Sicherung eingetragene Hypothek auf einem im Hoheitsgebiet des Ostmagistrats gelegenen Grundstück habe nicht genügt. Wenn überhaupt von der Enteignung Wirkungen ausgegangen seien, könnten sie allenfalls dahin gehen, daû der H.bank das als Sicherheit dienende Grundpfandrecht entzogen worden sei. Als sein das Schicksal der Enteignung teilender Annex sei die Darlehensrückzahlungsforderung nicht zu sehen.
Davon abgesehen, müsse die Klage auch an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten scheitern, weil von einer befreienden Schuldübernahme durch die nachfolgenden Eigentümerinnen des mit der Hypothek belasteten Grundstücks auszugehen sei.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand, weil der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889; im folgenden: Einigungsvertrag - EV) auf die Klägerin übergegangen ist. Es kann daher offenbleiben, ob die Hilfserwägung des Berufungsgerichts zutrifft, es fehle auch an der Passivlegitimation der Beklagten.
Die Forderung konnte nicht auf die Klägerin übergehen, weil sie nicht zum Finanzvermögen von Rechtsträgern auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik im Sinne von Art. 22 Abs. 1 EV gehörte.
Das war nicht der Fall, weil die Enteignung der ursprünglichen Gläubigerin vom 10. Mai 1949 die Forderung weder damals noch später im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands erfaût hat.
1. Die Enteignung durch die Verordnung zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Volkseigentum vom 10. Mai 1949 (VOBl. Groû-Berlin S. 112) wirkte nicht für die streitgegenständliche Forderung.

a) Die Wirkung einer Enteignung ist nach der verfassungsgemäûen (BVerfGE 84, 90, 123 f.) ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 5, 27, 34 f.; 5, 35, 36 ff.; 9, 34, 38; 12, 79, 83 f.; 13, 106, 108; 17, 209, 212; 23, 333, 336; 25, 127, 129; 25, 134, 140; 32, 97, 99; 39, 220, 227; 104, 240, 244) durch das Territorialitätsprinzip begrenzt. Danach unterliegen dem Zugriff staatlicher Hoheitsakte nur diejenigen Vermögensbestandteile, die sich im Machtbereich des Staates befinden, der den Hoheitsakt erlassen hat. Entscheidend ist, wo der enteignete Vermögenswert im Zeitpunkt der Enteignung belegen war (BGHZ 23, 333, 336). Dieser Maûstab galt auch im innerdeutschen Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGHZ 12, 79, 83 f.; 23, 333, 336; 31, 367, 371).

b) Die Enteignung vom 10. Mai 1949 konnte die streitgegenständliche Darlehensforderung daher nur dann erfassen, wenn diese Forderung damals im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats belegen war.
Das ist unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu verneinen.
aa) Grundsätzlich ist die Belegenheit einer Forderung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 23 Satz 2 ZPO nach dem Wohnsitz (bei natürlichen Personen) oder dem Sitz (bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit) des Schuldners zu bestimmen (BGHZ 5, 35, 37 f.; 25, 134, 139; 32, 97, 99; BGH, Urteile vom 28. Januar 1965 - Ia ZR 273/63, WM 1965, 267, 270 und vom 5. Mai 1977 - III ZR 2/75, WM 1977, 730, 732; jeweils m.w.Nachw.).
Im vorliegenden Fall ist zwar umstritten, ob die Beklagte am 10. Mai 1949 noch Schuldnerin der streitgegenständlichen Darlehensforderung war. Für die Frage der Schlüssigkeit der Klage kommt es jedoch zunächst allein auf den Vortrag der Klägerin an (vgl. BGHZ 82, 13, 20). Diese hat bestritten, daû die 1939/1940 beabsichtigte Schuldübernahme durch die Erwerberinnen des hypothekarisch belasteten Grundstücks wirksam geworden sei, und sich den gegenteiligen Vortrag der Beklagten auch nicht hilfsweise zu eigen gemacht. Im vorliegenden Zusammenhang ist daher davon auszugehen, daû die Beklagte am 10. Mai 1949 nach wie vor Schuldnerin der Darlehensforderung war.
Der Sitz der beklagten Kommanditgesellschaft befand sich zum Zeitpunkt der Enteignung am 10. Mai 1949 nicht im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats. Sie hatte bis zur Zwangsliquidierung 1939/1940 ihren Sitz im westlichen Teil Berlins. Eine Sitzverlegung nach Ost-Berlin ist danach nicht zustande gekommen. Auch wenn man mit der Revision
davon ausginge, daû das letzte verbliebene Vermögen der Beklagten ein auf das Grundstück im östlichen Teil Berlins bezogener Restitutionsanspruch gewesen sei, folgt daraus nicht ohne weiteres eine Verlagerung des Gesellschaftssitzes. Eine Sitzverlegung erfordert vielmehr einen besonderen konstitutiven Akt der Gesellschaft (BGHZ 29, 320, 327; 33, 195, 204; BGH, Urteil vom 25. September 1989 - II ZR 53/89, WM 1989, 1682, 1684). Daran fehlt es hier.
bb) Bei einer hypothekarisch gesicherten Forderung kann es allerdings geboten sein, für die Frage, wo sie belegen ist, nicht auf den Wohnsitz des Schuldners, sondern auf die Belegenheit des belasteten Grundstücks abzustellen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1952 - V ZR 16/51, NJW 1952, 420; vom 15. Januar 1954 - V ZR 165/52, MDR 1954, 286, 287; vom 14. Januar 1959 - V ZR 38/58, WM 1959, 199, 200 ff.; vom 26. September 1969 - V ZR 122/65, WM 1969, 1348, 1349). Die Frage, von welchen Voraussetzungen dies im einzelnen abhängt, kann hier dahinstehen. Der Grundsatz, daû die Wirkung von Enteignungen auf das Hoheitsgebiet des in das Eigentum eingreifenden Hoheitsträgers zu beschränken ist, verbietet es jedenfalls, die Wirkungen einer Enteignung deshalb auf eine Forderung gegen einen auûerhalb dieses Hoheitsgebiets ansässigen Schuldner auszudehnen, weil eine zur Sicherung der Forderung dienende Hypothek auf einem Grundstück innerhalb dieses Hoheitsgebiets lastet (BGH, Urteile vom 1. Februar 1952 aaO S. 421 und vom 6. November 1958 - II ZR 102/57, WM 1959, 202, 203 m.w.Nachw.). Es gibt insbesondere im Falle der Personenverschiedenheit zwischen persönlichem Schuldner und Eigentümer des belasteten Grundstücks keinen plausiblen Grund, dem nach dem Rechtsverständnis in der Bun-
desrepublik Deutschland bei der Enteignung der Hypothek rechtswidrig handelnden Magistrat für Ost-Berlin und später der Deutschen Demokratischen Republik auch noch den Zugriff auf die persönliche Forderung gegen einen nicht in der DDR ansässigen Schuldner zu ermöglichen und so die Enteignungsmaûnahme zu Lasten der Gläubigerin mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu perfektionieren. Im vorliegenden Fall begründet die Tatsache, daû die streitgegenständliche Darlehensforderung im Mai 1949 noch durch eine Hypothek auf einem im Ostsektor Berlins gelegenen Grundstück gesichert war, daher keine Belegenheit der Forderung im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats, die eine Ausdehnung der Wirkungen der Enteignung vom 10. Mai 1949 auf diese Forderungen rechtfertigen könnte.
cc) Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirkungen einer Enteignung in der früheren Sowjetischen Besatzungszone ausgesprochen, daû eine Forderung gegen einen dort ansässigen Schuldner dann nicht mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland von der Enteignung erfaût wird, wenn es um den Zugriff auf solche Teile des Schuldnervermögens geht, die auûerhalb des enteignenden Staates liegen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1972 - III ZR 47/67, WM 1972, 394, 396). Teile des Schrifttums stellen darüber hinaus ganz allgemein bei der Frage der Belegenheit einer Forderung darauf ab, wo ein Zugriff auf das Schuldnervermögen möglich ist, und befürworten für den Fall, daû der Schuldner in mehr als einem Staat Vermögen hat, eine Forderungsaufspaltung, die zu einer Verdoppelung oder Vervielfachung der Forderung führt (vgl. Soergel/v. Hoffmann, BGB 12. Aufl. Anh. III Art. 38 EGBGB Rdn. 40 ff. m.w.Nachw., auch zur Gegenmeinung). Ob
dieser Spaltungstheorie zu folgen ist (offengelassen von BGH, Urteil vom 5. Mai 1977 - III ZR 2/75, WM 1977, 730, 733), bedarf keiner Entscheidung , da dem Ost-Berliner Magistrat und später der Deutschen Demokratischen Republik eine persönliche Forderung gegen die Beklagte auch dann nicht zugestanden hätte. Im Zeitpunkt der Enteignung vom 10. Mai 1949 hatte die Beklagte kein im Ostteil Berlins belegenes Vermögen. Auch ein auf das hypothekarisch belastete Grundstück in Ost-Berlin bezogener Restitutionsanspruch der Beklagten, der einem Zugriff des OstBerliner Magistrats zugänglich gewesen wäre und die Annahme eines durch Aufspaltung entstandenen Ost-Berliner Teils der Darlehensforderung gegen die Beklagte hätte rechtfertigen können, bestand damals nicht.
2. Die Wirkung der Enteignung vom 10. Mai 1949 wurde entgegen der Ansicht der Revision auch durch Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Ziffer 1 der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 (BGBl. 1990 II S. 1237; im folgenden: Gemeinsame Erklärung) nicht auf die streitgegenständliche Darlehensforderung ausgedehnt.
Ziffer 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung bestimmt, daû Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) nicht mehr rückgängig zu machen sind. Diese Bestimmung richtet sich gegen eine mögliche Beseitigung der bereits eingetretenen Wirkungen der in ihr genannten Enteignungen, enthält aber keine Ausdehnung dieser Wirkungen über das bereits eingetretene
Ausmaû hinaus und erweitert insbesondere nicht die Grenzen, die der Wirkung dieser Enteignungen von Anfang an durch das Territorialitätsprinzip gesetzt waren. An der Unwirksamkeit der Enteignung vom 10. Mai 1949 für die streitgegenständliche Darlehensforderung hat sich daher durch Ziffer 1 der Gemeinsamen Erklärung nichts geändert. Für das von der Revision befürwortete Erstarken eines von der Enteignung erfaûten "Ostteils" der Darlehensforderung zu einem jetzt in ganz Deutschland anzuerkennenden Recht ist schon deshalb kein Raum, weil ein solcher abgespaltener Forderungsteil, wie oben dargelegt wurde, nicht existiert hat.
3. Auch aus der Entschädigungsleistung für das 1939/1940 enteignete Grundstück, die die Beklagte nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes erhalten hat, kann entgegen der Ansicht der Revision die Aktivlegitimation der Klägerin für die streitgegenständliche Darlehensforderung nicht hergeleitet werden. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob Restitutionsmaûnahmen nach dem Vermögensgesetz überhaupt geeignet sein können, untergegangene Forderungen der hier interessierenden Art neu zu begründen. Im vorliegenden Fall geht es nämlich nicht um eine Wiederherstellung der Darlehensforderung, sondern nur darum, wem die fortbestehende Forderung zusteht. An der Rechtsinhaberschaft hinsichtlich dieser Forderung kann das Vermögensgesetz aber schon deshalb nichts geändert haben, weil darin eine entschädigungslose Enteignung der bisherigen Rechtsinhaberin läge, wie sie in keiner der Vorschriften dieses Gesetzes vorgesehen ist.

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Siol Bungeroth
Müller Wassermann

(1) Öffentliches Vermögen von Rechtsträgern in dem in Artikel 3 genannten Gebiet einschließlich des Grundvermögens und des Vermögens in der Land- und Forstwirtschaft, das nicht unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient (Finanzvermögen), ausgenommen Vermögen der Sozialversicherung, unterliegt, soweit es nicht der Treuhandanstalt übertragen ist, oder durch Gesetz gemäß § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 des Treuhandgesetzes Gemeinden, Städten oder Landkreisen übertragen wird, mit Wirksamwerden des Beitritts der Treuhandverwaltung des Bundes. Soweit Finanzvermögen überwiegend für Aufgaben des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/des Amtes für Nationale Sicherheit genutzt wurde, steht es der Treuhandanstalt zu, es sei denn, daß es nach dem 1. Oktober 1989 bereits neuen sozialen oder öffentlichen Zwecken zugeführt worden ist. Durch Bundesgesetz ist das Finanzvermögen auf den Bund und die in Artikel 1 genannten Länder so aufzuteilen, daß der Bund und die in Artikel 1 genannten Länder je die Hälfte des Vermögensgesamtwerts erhalten. An dem Länderanteil sind die Gemeinden (Gemeindeverbände) angemessen zu beteiligen. Vermögenswerte, die hiernach der Bund erhält, sind zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in dem in Artikel 3 genannten Gebiet zu verwenden. Die Verteilung des Länderanteils auf die einzelnen Länder soll grundsätzlich so erfolgen, daß das Verhältnis der Gesamtwerte der den einzelnen Ländern übertragenen Vermögensteile dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen dieser Länder mit Wirksamwerden des Beitritts ohne Berücksichtigung der Einwohnerzahl von Berlin (West) entspricht. Artikel 21 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Bis zu einer gesetzlichen Regelung wird das Finanzvermögen von den bisher zuständigen Behörden verwaltet, soweit nicht der Bundesminister der Finanzen die Übernahme der Verwaltung durch Behörden der Bundesvermögensverwaltung anordnet.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Gebietskörperschaften gewähren sich untereinander auf Verlangen Auskunft über und Einsicht in Grundbücher, Grundakten und sonstige Vorgänge, die Hinweise zu Vermögenswerten enthalten, deren rechtliche und tatsächliche Zuordnung zwischen den Gebietskörperschaften ungeklärt oder streitig ist.

(4) Absatz 1 gilt nicht für das zur Wohnungsversorgung genutzte volkseigene Vermögen, das sich in Rechtsträgerschaft der volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft befindet. Gleiches gilt für volkseigenes Vermögen, für das bereits konkrete Ausführungsplanungen für Objekte der Wohnungsversorgung vorliegen. Dieses Vermögen geht mit Wirksamwerden des Beitritts mit gleichzeitiger Übernahme der anteiligen Schulden in das Eigentum der Kommunen über. Die Kommunen überführen ihren Wohnungsbestand unter Berücksichtigung sozialer Belange schrittweise in eine marktwirtschaftliche Wohnungswirtschaft. Dabei soll die Privatisierung auch zur Förderung der Bildung individuellen Wohneigentums beschleunigt durchgeführt werden. Hinsichtlich des volkseigenen Wohnungsbestandes staatlicher Einrichtungen, soweit dieser nicht bereits unter Artikel 21 fällt, bleibt Absatz 1 unberührt.

(1) Eine vor dem 8. Mai 1945 zu Gunsten von in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet durch besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Maßnahmen enteigneten Kreditinstitut, Bausparkasse oder Versicherungsunternehmen (Kreditinstitut) begründete Darlehensforderung steht dem Bund (Entschädigungsfonds) zu, soweit diese Forderung mangels Belegenheit in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet nicht wirksam enteignet werden konnte und dieses Kreditinstitut Ausgleichsforderungen nach dem Umstellungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-0, veröffentlichten bereinigten Fassung, dem Umstellungsergänzungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-1, veröffentlichten bereinigten Fassung oder den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen erhalten hat. Die Gewährung der Ausgleichsforderungen wird für die Schuldner der Altforderungen unwiderleglich vermutet. Die Verpflichtung des Bundes, das nach Absatz 1 Satz 1 Erlangte an ein Kreditinstitut herauszugeben, das den Nachweis erbringt, eine Ausgleichsforderung nicht erhalten zu haben, bleibt unberührt. Ein darüber hinausgehender Ausgleichsanspruch besteht nicht.

(2) Forderungen der wegen ihres ausschließlichen Sitzes in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet infolge besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangenen Kreditinstitute stehen dem Finanzvermögen gemäß Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages zu.

(3) Soweit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Kreditanstalt für Wiederaufbau Darlehensforderungen im Sinne von Absatz 1 bereits für das vom Bund treuhänderisch verwaltete Finanzvermögen nach Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages eingezogen hat, verbleibt es abweichend von Absatz 1 Satz 1 dabei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 301/01 Verkündet am:
4. Juni 2002
Weber
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
EGBGB Art. 7 ff. (Enteignung);
BGB §§ 607 a.F., 1113

a) Zu den Grenzen, die das Territorialitätsprinzip den Auswirkungen einer Vermögensenteignung
auf eine hypothekarisch gesicherte Darlehensforderung setzt.

b) An der Beschränkung der Wirkungen von Enteignungen, die in der früheren
sowjetischen Besatzungszone von 1945 bis 1949 auf besatzungsrechtlicher
oder besatzungshoheitlicher Grundlage durchgeführt wurden,
durch das Territorialitätsprinzip hat sich nichts dadurch geändert, daß die
Bundesrepublik Deutschland sich im Zusammenhang mit der deutschen
Wiedervereinigung verpflichtet hat, diese Enteignungen nicht rückgängig
zu machen.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2002 - XI ZR 301/01 - Kammergericht
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 4. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Müller und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. Februar 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin macht eine Darlehensforderung aus übergegangenem Recht geltend.
Im Jahr 1901 gewährte die in Frankfurt am Main ansässige F. H.bank dem Tapetenfabrikanten E. L. ein Darlehen von 265.000 Mark, das durch eine Hypothek auf dessen später im sowjetischen Sektor befindlichen Grundstück in Berlin-Mitte gesichert wurde. E. L. und seine Söhne gründeten im Jahr 1920 die beklagte Kommanditgesellschaft mit Sitz im späteren Westteil Berlins, die die Darlehensschuld und das als Sicherheit dienende Grundstück übernahm. In den Jahren 1939/1940 wurde die Beklagte zwangsweise liquidiert, weil sie als jüdischer Betrieb galt. Das mit der Hypothek belastete Grundstück wurde vom Zwangsli-
quidator veräußert. In dem notariellen Kaufvertrag wurden die Übernahme der Darlehensschuld von 66.000 Reichsmark durch die beiden Erwerberinnen unter Anrechnung auf den Kaufpreis und eine Mitteilung gemäß § 416 Abs. 2 BGB vereinbart. Die Erwerberinnen wurden 1940 als Eigentümerinnen im Grundbuch eingetragen. Die Abwicklung der Beklagten wurde noch im Jahr 1940 als beendet im Handelsregister eingetragen.
Die F. H.bank wurde durch Verordnung vom 10. Mai 1949 mit ihrem gesamten Vermögen von dem für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet und dieses unter Überführung in Volkseigentum verstaatlicht.
Das hypothekarisch belastete Grundstück wurde 1979 Gegenstand einer Enteignung durch die Deutsche Demokratische Republik. Dadurch ging die Hypothek unter. Die Darlehensforderung war bei Ende des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik in deren Staatshaushalt verzeichnet.
Das ehemals als Sicherheit für die Darlehensforderung dienende Grundstück wurde nach der Wiedervereinigung aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids an einen Investor veräußert. Durch Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 18. November 1997 wurde festgestellt, daß die Beklagte Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes hinsichtlich des Grundstücks ist. Das Land Berlin wurde verpflichtet, den aus der Veräußerung des Grundstücks erzielten Erlös oder, wenn dieser den Verkehrswert unterschritte, den Verkehrswert an die Beklagte zu zahlen.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 34.266,37 DM nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Sie habe die Forderung nicht erworben. Diese sei nicht in das Staatsvermögen der DDR gelangt, das der Klägerin durch die deutsche Wiedervereinigung zugefallen sei. Die Enteignung der F. H.bank durch den Ost-Berliner Magistrat habe die Darlehensrückzahlungsforderung nicht mit umfaût. Nach dem Territorialitätsprinzip entfalte eine Enteignung Wirkungen nur innerhalb des Hoheitsgebiets und nur in bezug auf Vermögen, das der Gebietshoheit des enteignenden Hoheitsträgers unterliege. Darunter falle die Darlehensrückzahlungsforderung nicht. Sie habe für sich gesehen keine territoriale Berührung mit dem Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats gehabt.
Allein die zu ihrer Sicherung eingetragene Hypothek auf einem im Hoheitsgebiet des Ostmagistrats gelegenen Grundstück habe nicht genügt. Wenn überhaupt von der Enteignung Wirkungen ausgegangen seien, könnten sie allenfalls dahin gehen, daû der H.bank das als Sicherheit dienende Grundpfandrecht entzogen worden sei. Als sein das Schicksal der Enteignung teilender Annex sei die Darlehensrückzahlungsforderung nicht zu sehen.
Davon abgesehen, müsse die Klage auch an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten scheitern, weil von einer befreienden Schuldübernahme durch die nachfolgenden Eigentümerinnen des mit der Hypothek belasteten Grundstücks auszugehen sei.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand, weil der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889; im folgenden: Einigungsvertrag - EV) auf die Klägerin übergegangen ist. Es kann daher offenbleiben, ob die Hilfserwägung des Berufungsgerichts zutrifft, es fehle auch an der Passivlegitimation der Beklagten.
Die Forderung konnte nicht auf die Klägerin übergehen, weil sie nicht zum Finanzvermögen von Rechtsträgern auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik im Sinne von Art. 22 Abs. 1 EV gehörte.
Das war nicht der Fall, weil die Enteignung der ursprünglichen Gläubigerin vom 10. Mai 1949 die Forderung weder damals noch später im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands erfaût hat.
1. Die Enteignung durch die Verordnung zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Volkseigentum vom 10. Mai 1949 (VOBl. Groû-Berlin S. 112) wirkte nicht für die streitgegenständliche Forderung.

a) Die Wirkung einer Enteignung ist nach der verfassungsgemäûen (BVerfGE 84, 90, 123 f.) ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 5, 27, 34 f.; 5, 35, 36 ff.; 9, 34, 38; 12, 79, 83 f.; 13, 106, 108; 17, 209, 212; 23, 333, 336; 25, 127, 129; 25, 134, 140; 32, 97, 99; 39, 220, 227; 104, 240, 244) durch das Territorialitätsprinzip begrenzt. Danach unterliegen dem Zugriff staatlicher Hoheitsakte nur diejenigen Vermögensbestandteile, die sich im Machtbereich des Staates befinden, der den Hoheitsakt erlassen hat. Entscheidend ist, wo der enteignete Vermögenswert im Zeitpunkt der Enteignung belegen war (BGHZ 23, 333, 336). Dieser Maûstab galt auch im innerdeutschen Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGHZ 12, 79, 83 f.; 23, 333, 336; 31, 367, 371).

b) Die Enteignung vom 10. Mai 1949 konnte die streitgegenständliche Darlehensforderung daher nur dann erfassen, wenn diese Forderung damals im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats belegen war.
Das ist unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu verneinen.
aa) Grundsätzlich ist die Belegenheit einer Forderung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 23 Satz 2 ZPO nach dem Wohnsitz (bei natürlichen Personen) oder dem Sitz (bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit) des Schuldners zu bestimmen (BGHZ 5, 35, 37 f.; 25, 134, 139; 32, 97, 99; BGH, Urteile vom 28. Januar 1965 - Ia ZR 273/63, WM 1965, 267, 270 und vom 5. Mai 1977 - III ZR 2/75, WM 1977, 730, 732; jeweils m.w.Nachw.).
Im vorliegenden Fall ist zwar umstritten, ob die Beklagte am 10. Mai 1949 noch Schuldnerin der streitgegenständlichen Darlehensforderung war. Für die Frage der Schlüssigkeit der Klage kommt es jedoch zunächst allein auf den Vortrag der Klägerin an (vgl. BGHZ 82, 13, 20). Diese hat bestritten, daû die 1939/1940 beabsichtigte Schuldübernahme durch die Erwerberinnen des hypothekarisch belasteten Grundstücks wirksam geworden sei, und sich den gegenteiligen Vortrag der Beklagten auch nicht hilfsweise zu eigen gemacht. Im vorliegenden Zusammenhang ist daher davon auszugehen, daû die Beklagte am 10. Mai 1949 nach wie vor Schuldnerin der Darlehensforderung war.
Der Sitz der beklagten Kommanditgesellschaft befand sich zum Zeitpunkt der Enteignung am 10. Mai 1949 nicht im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats. Sie hatte bis zur Zwangsliquidierung 1939/1940 ihren Sitz im westlichen Teil Berlins. Eine Sitzverlegung nach Ost-Berlin ist danach nicht zustande gekommen. Auch wenn man mit der Revision
davon ausginge, daû das letzte verbliebene Vermögen der Beklagten ein auf das Grundstück im östlichen Teil Berlins bezogener Restitutionsanspruch gewesen sei, folgt daraus nicht ohne weiteres eine Verlagerung des Gesellschaftssitzes. Eine Sitzverlegung erfordert vielmehr einen besonderen konstitutiven Akt der Gesellschaft (BGHZ 29, 320, 327; 33, 195, 204; BGH, Urteil vom 25. September 1989 - II ZR 53/89, WM 1989, 1682, 1684). Daran fehlt es hier.
bb) Bei einer hypothekarisch gesicherten Forderung kann es allerdings geboten sein, für die Frage, wo sie belegen ist, nicht auf den Wohnsitz des Schuldners, sondern auf die Belegenheit des belasteten Grundstücks abzustellen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1952 - V ZR 16/51, NJW 1952, 420; vom 15. Januar 1954 - V ZR 165/52, MDR 1954, 286, 287; vom 14. Januar 1959 - V ZR 38/58, WM 1959, 199, 200 ff.; vom 26. September 1969 - V ZR 122/65, WM 1969, 1348, 1349). Die Frage, von welchen Voraussetzungen dies im einzelnen abhängt, kann hier dahinstehen. Der Grundsatz, daû die Wirkung von Enteignungen auf das Hoheitsgebiet des in das Eigentum eingreifenden Hoheitsträgers zu beschränken ist, verbietet es jedenfalls, die Wirkungen einer Enteignung deshalb auf eine Forderung gegen einen auûerhalb dieses Hoheitsgebiets ansässigen Schuldner auszudehnen, weil eine zur Sicherung der Forderung dienende Hypothek auf einem Grundstück innerhalb dieses Hoheitsgebiets lastet (BGH, Urteile vom 1. Februar 1952 aaO S. 421 und vom 6. November 1958 - II ZR 102/57, WM 1959, 202, 203 m.w.Nachw.). Es gibt insbesondere im Falle der Personenverschiedenheit zwischen persönlichem Schuldner und Eigentümer des belasteten Grundstücks keinen plausiblen Grund, dem nach dem Rechtsverständnis in der Bun-
desrepublik Deutschland bei der Enteignung der Hypothek rechtswidrig handelnden Magistrat für Ost-Berlin und später der Deutschen Demokratischen Republik auch noch den Zugriff auf die persönliche Forderung gegen einen nicht in der DDR ansässigen Schuldner zu ermöglichen und so die Enteignungsmaûnahme zu Lasten der Gläubigerin mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu perfektionieren. Im vorliegenden Fall begründet die Tatsache, daû die streitgegenständliche Darlehensforderung im Mai 1949 noch durch eine Hypothek auf einem im Ostsektor Berlins gelegenen Grundstück gesichert war, daher keine Belegenheit der Forderung im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats, die eine Ausdehnung der Wirkungen der Enteignung vom 10. Mai 1949 auf diese Forderungen rechtfertigen könnte.
cc) Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirkungen einer Enteignung in der früheren Sowjetischen Besatzungszone ausgesprochen, daû eine Forderung gegen einen dort ansässigen Schuldner dann nicht mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland von der Enteignung erfaût wird, wenn es um den Zugriff auf solche Teile des Schuldnervermögens geht, die auûerhalb des enteignenden Staates liegen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1972 - III ZR 47/67, WM 1972, 394, 396). Teile des Schrifttums stellen darüber hinaus ganz allgemein bei der Frage der Belegenheit einer Forderung darauf ab, wo ein Zugriff auf das Schuldnervermögen möglich ist, und befürworten für den Fall, daû der Schuldner in mehr als einem Staat Vermögen hat, eine Forderungsaufspaltung, die zu einer Verdoppelung oder Vervielfachung der Forderung führt (vgl. Soergel/v. Hoffmann, BGB 12. Aufl. Anh. III Art. 38 EGBGB Rdn. 40 ff. m.w.Nachw., auch zur Gegenmeinung). Ob
dieser Spaltungstheorie zu folgen ist (offengelassen von BGH, Urteil vom 5. Mai 1977 - III ZR 2/75, WM 1977, 730, 733), bedarf keiner Entscheidung , da dem Ost-Berliner Magistrat und später der Deutschen Demokratischen Republik eine persönliche Forderung gegen die Beklagte auch dann nicht zugestanden hätte. Im Zeitpunkt der Enteignung vom 10. Mai 1949 hatte die Beklagte kein im Ostteil Berlins belegenes Vermögen. Auch ein auf das hypothekarisch belastete Grundstück in Ost-Berlin bezogener Restitutionsanspruch der Beklagten, der einem Zugriff des OstBerliner Magistrats zugänglich gewesen wäre und die Annahme eines durch Aufspaltung entstandenen Ost-Berliner Teils der Darlehensforderung gegen die Beklagte hätte rechtfertigen können, bestand damals nicht.
2. Die Wirkung der Enteignung vom 10. Mai 1949 wurde entgegen der Ansicht der Revision auch durch Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Ziffer 1 der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 (BGBl. 1990 II S. 1237; im folgenden: Gemeinsame Erklärung) nicht auf die streitgegenständliche Darlehensforderung ausgedehnt.
Ziffer 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung bestimmt, daû Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) nicht mehr rückgängig zu machen sind. Diese Bestimmung richtet sich gegen eine mögliche Beseitigung der bereits eingetretenen Wirkungen der in ihr genannten Enteignungen, enthält aber keine Ausdehnung dieser Wirkungen über das bereits eingetretene
Ausmaû hinaus und erweitert insbesondere nicht die Grenzen, die der Wirkung dieser Enteignungen von Anfang an durch das Territorialitätsprinzip gesetzt waren. An der Unwirksamkeit der Enteignung vom 10. Mai 1949 für die streitgegenständliche Darlehensforderung hat sich daher durch Ziffer 1 der Gemeinsamen Erklärung nichts geändert. Für das von der Revision befürwortete Erstarken eines von der Enteignung erfaûten "Ostteils" der Darlehensforderung zu einem jetzt in ganz Deutschland anzuerkennenden Recht ist schon deshalb kein Raum, weil ein solcher abgespaltener Forderungsteil, wie oben dargelegt wurde, nicht existiert hat.
3. Auch aus der Entschädigungsleistung für das 1939/1940 enteignete Grundstück, die die Beklagte nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes erhalten hat, kann entgegen der Ansicht der Revision die Aktivlegitimation der Klägerin für die streitgegenständliche Darlehensforderung nicht hergeleitet werden. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob Restitutionsmaûnahmen nach dem Vermögensgesetz überhaupt geeignet sein können, untergegangene Forderungen der hier interessierenden Art neu zu begründen. Im vorliegenden Fall geht es nämlich nicht um eine Wiederherstellung der Darlehensforderung, sondern nur darum, wem die fortbestehende Forderung zusteht. An der Rechtsinhaberschaft hinsichtlich dieser Forderung kann das Vermögensgesetz aber schon deshalb nichts geändert haben, weil darin eine entschädigungslose Enteignung der bisherigen Rechtsinhaberin läge, wie sie in keiner der Vorschriften dieses Gesetzes vorgesehen ist.

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Siol Bungeroth
Müller Wassermann

(1) Eine vor dem 8. Mai 1945 zu Gunsten von in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet durch besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Maßnahmen enteigneten Kreditinstitut, Bausparkasse oder Versicherungsunternehmen (Kreditinstitut) begründete Darlehensforderung steht dem Bund (Entschädigungsfonds) zu, soweit diese Forderung mangels Belegenheit in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet nicht wirksam enteignet werden konnte und dieses Kreditinstitut Ausgleichsforderungen nach dem Umstellungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-0, veröffentlichten bereinigten Fassung, dem Umstellungsergänzungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-1, veröffentlichten bereinigten Fassung oder den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen erhalten hat. Die Gewährung der Ausgleichsforderungen wird für die Schuldner der Altforderungen unwiderleglich vermutet. Die Verpflichtung des Bundes, das nach Absatz 1 Satz 1 Erlangte an ein Kreditinstitut herauszugeben, das den Nachweis erbringt, eine Ausgleichsforderung nicht erhalten zu haben, bleibt unberührt. Ein darüber hinausgehender Ausgleichsanspruch besteht nicht.

(2) Forderungen der wegen ihres ausschließlichen Sitzes in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet infolge besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangenen Kreditinstitute stehen dem Finanzvermögen gemäß Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages zu.

(3) Soweit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Kreditanstalt für Wiederaufbau Darlehensforderungen im Sinne von Absatz 1 bereits für das vom Bund treuhänderisch verwaltete Finanzvermögen nach Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages eingezogen hat, verbleibt es abweichend von Absatz 1 Satz 1 dabei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 301/01 Verkündet am:
4. Juni 2002
Weber
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
EGBGB Art. 7 ff. (Enteignung);
BGB §§ 607 a.F., 1113

a) Zu den Grenzen, die das Territorialitätsprinzip den Auswirkungen einer Vermögensenteignung
auf eine hypothekarisch gesicherte Darlehensforderung setzt.

b) An der Beschränkung der Wirkungen von Enteignungen, die in der früheren
sowjetischen Besatzungszone von 1945 bis 1949 auf besatzungsrechtlicher
oder besatzungshoheitlicher Grundlage durchgeführt wurden,
durch das Territorialitätsprinzip hat sich nichts dadurch geändert, daß die
Bundesrepublik Deutschland sich im Zusammenhang mit der deutschen
Wiedervereinigung verpflichtet hat, diese Enteignungen nicht rückgängig
zu machen.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2002 - XI ZR 301/01 - Kammergericht
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 4. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Müller und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. Februar 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin macht eine Darlehensforderung aus übergegangenem Recht geltend.
Im Jahr 1901 gewährte die in Frankfurt am Main ansässige F. H.bank dem Tapetenfabrikanten E. L. ein Darlehen von 265.000 Mark, das durch eine Hypothek auf dessen später im sowjetischen Sektor befindlichen Grundstück in Berlin-Mitte gesichert wurde. E. L. und seine Söhne gründeten im Jahr 1920 die beklagte Kommanditgesellschaft mit Sitz im späteren Westteil Berlins, die die Darlehensschuld und das als Sicherheit dienende Grundstück übernahm. In den Jahren 1939/1940 wurde die Beklagte zwangsweise liquidiert, weil sie als jüdischer Betrieb galt. Das mit der Hypothek belastete Grundstück wurde vom Zwangsli-
quidator veräußert. In dem notariellen Kaufvertrag wurden die Übernahme der Darlehensschuld von 66.000 Reichsmark durch die beiden Erwerberinnen unter Anrechnung auf den Kaufpreis und eine Mitteilung gemäß § 416 Abs. 2 BGB vereinbart. Die Erwerberinnen wurden 1940 als Eigentümerinnen im Grundbuch eingetragen. Die Abwicklung der Beklagten wurde noch im Jahr 1940 als beendet im Handelsregister eingetragen.
Die F. H.bank wurde durch Verordnung vom 10. Mai 1949 mit ihrem gesamten Vermögen von dem für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet und dieses unter Überführung in Volkseigentum verstaatlicht.
Das hypothekarisch belastete Grundstück wurde 1979 Gegenstand einer Enteignung durch die Deutsche Demokratische Republik. Dadurch ging die Hypothek unter. Die Darlehensforderung war bei Ende des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik in deren Staatshaushalt verzeichnet.
Das ehemals als Sicherheit für die Darlehensforderung dienende Grundstück wurde nach der Wiedervereinigung aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids an einen Investor veräußert. Durch Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 18. November 1997 wurde festgestellt, daß die Beklagte Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes hinsichtlich des Grundstücks ist. Das Land Berlin wurde verpflichtet, den aus der Veräußerung des Grundstücks erzielten Erlös oder, wenn dieser den Verkehrswert unterschritte, den Verkehrswert an die Beklagte zu zahlen.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 34.266,37 DM nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Sie habe die Forderung nicht erworben. Diese sei nicht in das Staatsvermögen der DDR gelangt, das der Klägerin durch die deutsche Wiedervereinigung zugefallen sei. Die Enteignung der F. H.bank durch den Ost-Berliner Magistrat habe die Darlehensrückzahlungsforderung nicht mit umfaût. Nach dem Territorialitätsprinzip entfalte eine Enteignung Wirkungen nur innerhalb des Hoheitsgebiets und nur in bezug auf Vermögen, das der Gebietshoheit des enteignenden Hoheitsträgers unterliege. Darunter falle die Darlehensrückzahlungsforderung nicht. Sie habe für sich gesehen keine territoriale Berührung mit dem Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats gehabt.
Allein die zu ihrer Sicherung eingetragene Hypothek auf einem im Hoheitsgebiet des Ostmagistrats gelegenen Grundstück habe nicht genügt. Wenn überhaupt von der Enteignung Wirkungen ausgegangen seien, könnten sie allenfalls dahin gehen, daû der H.bank das als Sicherheit dienende Grundpfandrecht entzogen worden sei. Als sein das Schicksal der Enteignung teilender Annex sei die Darlehensrückzahlungsforderung nicht zu sehen.
Davon abgesehen, müsse die Klage auch an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten scheitern, weil von einer befreienden Schuldübernahme durch die nachfolgenden Eigentümerinnen des mit der Hypothek belasteten Grundstücks auszugehen sei.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand, weil der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889; im folgenden: Einigungsvertrag - EV) auf die Klägerin übergegangen ist. Es kann daher offenbleiben, ob die Hilfserwägung des Berufungsgerichts zutrifft, es fehle auch an der Passivlegitimation der Beklagten.
Die Forderung konnte nicht auf die Klägerin übergehen, weil sie nicht zum Finanzvermögen von Rechtsträgern auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik im Sinne von Art. 22 Abs. 1 EV gehörte.
Das war nicht der Fall, weil die Enteignung der ursprünglichen Gläubigerin vom 10. Mai 1949 die Forderung weder damals noch später im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands erfaût hat.
1. Die Enteignung durch die Verordnung zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Volkseigentum vom 10. Mai 1949 (VOBl. Groû-Berlin S. 112) wirkte nicht für die streitgegenständliche Forderung.

a) Die Wirkung einer Enteignung ist nach der verfassungsgemäûen (BVerfGE 84, 90, 123 f.) ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 5, 27, 34 f.; 5, 35, 36 ff.; 9, 34, 38; 12, 79, 83 f.; 13, 106, 108; 17, 209, 212; 23, 333, 336; 25, 127, 129; 25, 134, 140; 32, 97, 99; 39, 220, 227; 104, 240, 244) durch das Territorialitätsprinzip begrenzt. Danach unterliegen dem Zugriff staatlicher Hoheitsakte nur diejenigen Vermögensbestandteile, die sich im Machtbereich des Staates befinden, der den Hoheitsakt erlassen hat. Entscheidend ist, wo der enteignete Vermögenswert im Zeitpunkt der Enteignung belegen war (BGHZ 23, 333, 336). Dieser Maûstab galt auch im innerdeutschen Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGHZ 12, 79, 83 f.; 23, 333, 336; 31, 367, 371).

b) Die Enteignung vom 10. Mai 1949 konnte die streitgegenständliche Darlehensforderung daher nur dann erfassen, wenn diese Forderung damals im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats belegen war.
Das ist unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu verneinen.
aa) Grundsätzlich ist die Belegenheit einer Forderung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 23 Satz 2 ZPO nach dem Wohnsitz (bei natürlichen Personen) oder dem Sitz (bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit) des Schuldners zu bestimmen (BGHZ 5, 35, 37 f.; 25, 134, 139; 32, 97, 99; BGH, Urteile vom 28. Januar 1965 - Ia ZR 273/63, WM 1965, 267, 270 und vom 5. Mai 1977 - III ZR 2/75, WM 1977, 730, 732; jeweils m.w.Nachw.).
Im vorliegenden Fall ist zwar umstritten, ob die Beklagte am 10. Mai 1949 noch Schuldnerin der streitgegenständlichen Darlehensforderung war. Für die Frage der Schlüssigkeit der Klage kommt es jedoch zunächst allein auf den Vortrag der Klägerin an (vgl. BGHZ 82, 13, 20). Diese hat bestritten, daû die 1939/1940 beabsichtigte Schuldübernahme durch die Erwerberinnen des hypothekarisch belasteten Grundstücks wirksam geworden sei, und sich den gegenteiligen Vortrag der Beklagten auch nicht hilfsweise zu eigen gemacht. Im vorliegenden Zusammenhang ist daher davon auszugehen, daû die Beklagte am 10. Mai 1949 nach wie vor Schuldnerin der Darlehensforderung war.
Der Sitz der beklagten Kommanditgesellschaft befand sich zum Zeitpunkt der Enteignung am 10. Mai 1949 nicht im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats. Sie hatte bis zur Zwangsliquidierung 1939/1940 ihren Sitz im westlichen Teil Berlins. Eine Sitzverlegung nach Ost-Berlin ist danach nicht zustande gekommen. Auch wenn man mit der Revision
davon ausginge, daû das letzte verbliebene Vermögen der Beklagten ein auf das Grundstück im östlichen Teil Berlins bezogener Restitutionsanspruch gewesen sei, folgt daraus nicht ohne weiteres eine Verlagerung des Gesellschaftssitzes. Eine Sitzverlegung erfordert vielmehr einen besonderen konstitutiven Akt der Gesellschaft (BGHZ 29, 320, 327; 33, 195, 204; BGH, Urteil vom 25. September 1989 - II ZR 53/89, WM 1989, 1682, 1684). Daran fehlt es hier.
bb) Bei einer hypothekarisch gesicherten Forderung kann es allerdings geboten sein, für die Frage, wo sie belegen ist, nicht auf den Wohnsitz des Schuldners, sondern auf die Belegenheit des belasteten Grundstücks abzustellen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1952 - V ZR 16/51, NJW 1952, 420; vom 15. Januar 1954 - V ZR 165/52, MDR 1954, 286, 287; vom 14. Januar 1959 - V ZR 38/58, WM 1959, 199, 200 ff.; vom 26. September 1969 - V ZR 122/65, WM 1969, 1348, 1349). Die Frage, von welchen Voraussetzungen dies im einzelnen abhängt, kann hier dahinstehen. Der Grundsatz, daû die Wirkung von Enteignungen auf das Hoheitsgebiet des in das Eigentum eingreifenden Hoheitsträgers zu beschränken ist, verbietet es jedenfalls, die Wirkungen einer Enteignung deshalb auf eine Forderung gegen einen auûerhalb dieses Hoheitsgebiets ansässigen Schuldner auszudehnen, weil eine zur Sicherung der Forderung dienende Hypothek auf einem Grundstück innerhalb dieses Hoheitsgebiets lastet (BGH, Urteile vom 1. Februar 1952 aaO S. 421 und vom 6. November 1958 - II ZR 102/57, WM 1959, 202, 203 m.w.Nachw.). Es gibt insbesondere im Falle der Personenverschiedenheit zwischen persönlichem Schuldner und Eigentümer des belasteten Grundstücks keinen plausiblen Grund, dem nach dem Rechtsverständnis in der Bun-
desrepublik Deutschland bei der Enteignung der Hypothek rechtswidrig handelnden Magistrat für Ost-Berlin und später der Deutschen Demokratischen Republik auch noch den Zugriff auf die persönliche Forderung gegen einen nicht in der DDR ansässigen Schuldner zu ermöglichen und so die Enteignungsmaûnahme zu Lasten der Gläubigerin mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu perfektionieren. Im vorliegenden Fall begründet die Tatsache, daû die streitgegenständliche Darlehensforderung im Mai 1949 noch durch eine Hypothek auf einem im Ostsektor Berlins gelegenen Grundstück gesichert war, daher keine Belegenheit der Forderung im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats, die eine Ausdehnung der Wirkungen der Enteignung vom 10. Mai 1949 auf diese Forderungen rechtfertigen könnte.
cc) Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirkungen einer Enteignung in der früheren Sowjetischen Besatzungszone ausgesprochen, daû eine Forderung gegen einen dort ansässigen Schuldner dann nicht mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland von der Enteignung erfaût wird, wenn es um den Zugriff auf solche Teile des Schuldnervermögens geht, die auûerhalb des enteignenden Staates liegen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1972 - III ZR 47/67, WM 1972, 394, 396). Teile des Schrifttums stellen darüber hinaus ganz allgemein bei der Frage der Belegenheit einer Forderung darauf ab, wo ein Zugriff auf das Schuldnervermögen möglich ist, und befürworten für den Fall, daû der Schuldner in mehr als einem Staat Vermögen hat, eine Forderungsaufspaltung, die zu einer Verdoppelung oder Vervielfachung der Forderung führt (vgl. Soergel/v. Hoffmann, BGB 12. Aufl. Anh. III Art. 38 EGBGB Rdn. 40 ff. m.w.Nachw., auch zur Gegenmeinung). Ob
dieser Spaltungstheorie zu folgen ist (offengelassen von BGH, Urteil vom 5. Mai 1977 - III ZR 2/75, WM 1977, 730, 733), bedarf keiner Entscheidung , da dem Ost-Berliner Magistrat und später der Deutschen Demokratischen Republik eine persönliche Forderung gegen die Beklagte auch dann nicht zugestanden hätte. Im Zeitpunkt der Enteignung vom 10. Mai 1949 hatte die Beklagte kein im Ostteil Berlins belegenes Vermögen. Auch ein auf das hypothekarisch belastete Grundstück in Ost-Berlin bezogener Restitutionsanspruch der Beklagten, der einem Zugriff des OstBerliner Magistrats zugänglich gewesen wäre und die Annahme eines durch Aufspaltung entstandenen Ost-Berliner Teils der Darlehensforderung gegen die Beklagte hätte rechtfertigen können, bestand damals nicht.
2. Die Wirkung der Enteignung vom 10. Mai 1949 wurde entgegen der Ansicht der Revision auch durch Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Ziffer 1 der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 (BGBl. 1990 II S. 1237; im folgenden: Gemeinsame Erklärung) nicht auf die streitgegenständliche Darlehensforderung ausgedehnt.
Ziffer 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung bestimmt, daû Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) nicht mehr rückgängig zu machen sind. Diese Bestimmung richtet sich gegen eine mögliche Beseitigung der bereits eingetretenen Wirkungen der in ihr genannten Enteignungen, enthält aber keine Ausdehnung dieser Wirkungen über das bereits eingetretene
Ausmaû hinaus und erweitert insbesondere nicht die Grenzen, die der Wirkung dieser Enteignungen von Anfang an durch das Territorialitätsprinzip gesetzt waren. An der Unwirksamkeit der Enteignung vom 10. Mai 1949 für die streitgegenständliche Darlehensforderung hat sich daher durch Ziffer 1 der Gemeinsamen Erklärung nichts geändert. Für das von der Revision befürwortete Erstarken eines von der Enteignung erfaûten "Ostteils" der Darlehensforderung zu einem jetzt in ganz Deutschland anzuerkennenden Recht ist schon deshalb kein Raum, weil ein solcher abgespaltener Forderungsteil, wie oben dargelegt wurde, nicht existiert hat.
3. Auch aus der Entschädigungsleistung für das 1939/1940 enteignete Grundstück, die die Beklagte nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes erhalten hat, kann entgegen der Ansicht der Revision die Aktivlegitimation der Klägerin für die streitgegenständliche Darlehensforderung nicht hergeleitet werden. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob Restitutionsmaûnahmen nach dem Vermögensgesetz überhaupt geeignet sein können, untergegangene Forderungen der hier interessierenden Art neu zu begründen. Im vorliegenden Fall geht es nämlich nicht um eine Wiederherstellung der Darlehensforderung, sondern nur darum, wem die fortbestehende Forderung zusteht. An der Rechtsinhaberschaft hinsichtlich dieser Forderung kann das Vermögensgesetz aber schon deshalb nichts geändert haben, weil darin eine entschädigungslose Enteignung der bisherigen Rechtsinhaberin läge, wie sie in keiner der Vorschriften dieses Gesetzes vorgesehen ist.

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Siol Bungeroth
Müller Wassermann

(1) Eine vor dem 8. Mai 1945 zu Gunsten von in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet durch besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Maßnahmen enteigneten Kreditinstitut, Bausparkasse oder Versicherungsunternehmen (Kreditinstitut) begründete Darlehensforderung steht dem Bund (Entschädigungsfonds) zu, soweit diese Forderung mangels Belegenheit in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet nicht wirksam enteignet werden konnte und dieses Kreditinstitut Ausgleichsforderungen nach dem Umstellungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-0, veröffentlichten bereinigten Fassung, dem Umstellungsergänzungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-1, veröffentlichten bereinigten Fassung oder den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen erhalten hat. Die Gewährung der Ausgleichsforderungen wird für die Schuldner der Altforderungen unwiderleglich vermutet. Die Verpflichtung des Bundes, das nach Absatz 1 Satz 1 Erlangte an ein Kreditinstitut herauszugeben, das den Nachweis erbringt, eine Ausgleichsforderung nicht erhalten zu haben, bleibt unberührt. Ein darüber hinausgehender Ausgleichsanspruch besteht nicht.

(2) Forderungen der wegen ihres ausschließlichen Sitzes in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet infolge besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangenen Kreditinstitute stehen dem Finanzvermögen gemäß Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages zu.

(3) Soweit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Kreditanstalt für Wiederaufbau Darlehensforderungen im Sinne von Absatz 1 bereits für das vom Bund treuhänderisch verwaltete Finanzvermögen nach Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages eingezogen hat, verbleibt es abweichend von Absatz 1 Satz 1 dabei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 301/01 Verkündet am:
4. Juni 2002
Weber
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
EGBGB Art. 7 ff. (Enteignung);
BGB §§ 607 a.F., 1113

a) Zu den Grenzen, die das Territorialitätsprinzip den Auswirkungen einer Vermögensenteignung
auf eine hypothekarisch gesicherte Darlehensforderung setzt.

b) An der Beschränkung der Wirkungen von Enteignungen, die in der früheren
sowjetischen Besatzungszone von 1945 bis 1949 auf besatzungsrechtlicher
oder besatzungshoheitlicher Grundlage durchgeführt wurden,
durch das Territorialitätsprinzip hat sich nichts dadurch geändert, daß die
Bundesrepublik Deutschland sich im Zusammenhang mit der deutschen
Wiedervereinigung verpflichtet hat, diese Enteignungen nicht rückgängig
zu machen.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2002 - XI ZR 301/01 - Kammergericht
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 4. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Müller und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. Februar 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin macht eine Darlehensforderung aus übergegangenem Recht geltend.
Im Jahr 1901 gewährte die in Frankfurt am Main ansässige F. H.bank dem Tapetenfabrikanten E. L. ein Darlehen von 265.000 Mark, das durch eine Hypothek auf dessen später im sowjetischen Sektor befindlichen Grundstück in Berlin-Mitte gesichert wurde. E. L. und seine Söhne gründeten im Jahr 1920 die beklagte Kommanditgesellschaft mit Sitz im späteren Westteil Berlins, die die Darlehensschuld und das als Sicherheit dienende Grundstück übernahm. In den Jahren 1939/1940 wurde die Beklagte zwangsweise liquidiert, weil sie als jüdischer Betrieb galt. Das mit der Hypothek belastete Grundstück wurde vom Zwangsli-
quidator veräußert. In dem notariellen Kaufvertrag wurden die Übernahme der Darlehensschuld von 66.000 Reichsmark durch die beiden Erwerberinnen unter Anrechnung auf den Kaufpreis und eine Mitteilung gemäß § 416 Abs. 2 BGB vereinbart. Die Erwerberinnen wurden 1940 als Eigentümerinnen im Grundbuch eingetragen. Die Abwicklung der Beklagten wurde noch im Jahr 1940 als beendet im Handelsregister eingetragen.
Die F. H.bank wurde durch Verordnung vom 10. Mai 1949 mit ihrem gesamten Vermögen von dem für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet und dieses unter Überführung in Volkseigentum verstaatlicht.
Das hypothekarisch belastete Grundstück wurde 1979 Gegenstand einer Enteignung durch die Deutsche Demokratische Republik. Dadurch ging die Hypothek unter. Die Darlehensforderung war bei Ende des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik in deren Staatshaushalt verzeichnet.
Das ehemals als Sicherheit für die Darlehensforderung dienende Grundstück wurde nach der Wiedervereinigung aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids an einen Investor veräußert. Durch Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 18. November 1997 wurde festgestellt, daß die Beklagte Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes hinsichtlich des Grundstücks ist. Das Land Berlin wurde verpflichtet, den aus der Veräußerung des Grundstücks erzielten Erlös oder, wenn dieser den Verkehrswert unterschritte, den Verkehrswert an die Beklagte zu zahlen.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 34.266,37 DM nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Sie habe die Forderung nicht erworben. Diese sei nicht in das Staatsvermögen der DDR gelangt, das der Klägerin durch die deutsche Wiedervereinigung zugefallen sei. Die Enteignung der F. H.bank durch den Ost-Berliner Magistrat habe die Darlehensrückzahlungsforderung nicht mit umfaût. Nach dem Territorialitätsprinzip entfalte eine Enteignung Wirkungen nur innerhalb des Hoheitsgebiets und nur in bezug auf Vermögen, das der Gebietshoheit des enteignenden Hoheitsträgers unterliege. Darunter falle die Darlehensrückzahlungsforderung nicht. Sie habe für sich gesehen keine territoriale Berührung mit dem Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats gehabt.
Allein die zu ihrer Sicherung eingetragene Hypothek auf einem im Hoheitsgebiet des Ostmagistrats gelegenen Grundstück habe nicht genügt. Wenn überhaupt von der Enteignung Wirkungen ausgegangen seien, könnten sie allenfalls dahin gehen, daû der H.bank das als Sicherheit dienende Grundpfandrecht entzogen worden sei. Als sein das Schicksal der Enteignung teilender Annex sei die Darlehensrückzahlungsforderung nicht zu sehen.
Davon abgesehen, müsse die Klage auch an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten scheitern, weil von einer befreienden Schuldübernahme durch die nachfolgenden Eigentümerinnen des mit der Hypothek belasteten Grundstücks auszugehen sei.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand, weil der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889; im folgenden: Einigungsvertrag - EV) auf die Klägerin übergegangen ist. Es kann daher offenbleiben, ob die Hilfserwägung des Berufungsgerichts zutrifft, es fehle auch an der Passivlegitimation der Beklagten.
Die Forderung konnte nicht auf die Klägerin übergehen, weil sie nicht zum Finanzvermögen von Rechtsträgern auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik im Sinne von Art. 22 Abs. 1 EV gehörte.
Das war nicht der Fall, weil die Enteignung der ursprünglichen Gläubigerin vom 10. Mai 1949 die Forderung weder damals noch später im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands erfaût hat.
1. Die Enteignung durch die Verordnung zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Volkseigentum vom 10. Mai 1949 (VOBl. Groû-Berlin S. 112) wirkte nicht für die streitgegenständliche Forderung.

a) Die Wirkung einer Enteignung ist nach der verfassungsgemäûen (BVerfGE 84, 90, 123 f.) ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 5, 27, 34 f.; 5, 35, 36 ff.; 9, 34, 38; 12, 79, 83 f.; 13, 106, 108; 17, 209, 212; 23, 333, 336; 25, 127, 129; 25, 134, 140; 32, 97, 99; 39, 220, 227; 104, 240, 244) durch das Territorialitätsprinzip begrenzt. Danach unterliegen dem Zugriff staatlicher Hoheitsakte nur diejenigen Vermögensbestandteile, die sich im Machtbereich des Staates befinden, der den Hoheitsakt erlassen hat. Entscheidend ist, wo der enteignete Vermögenswert im Zeitpunkt der Enteignung belegen war (BGHZ 23, 333, 336). Dieser Maûstab galt auch im innerdeutschen Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGHZ 12, 79, 83 f.; 23, 333, 336; 31, 367, 371).

b) Die Enteignung vom 10. Mai 1949 konnte die streitgegenständliche Darlehensforderung daher nur dann erfassen, wenn diese Forderung damals im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats belegen war.
Das ist unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu verneinen.
aa) Grundsätzlich ist die Belegenheit einer Forderung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 23 Satz 2 ZPO nach dem Wohnsitz (bei natürlichen Personen) oder dem Sitz (bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit) des Schuldners zu bestimmen (BGHZ 5, 35, 37 f.; 25, 134, 139; 32, 97, 99; BGH, Urteile vom 28. Januar 1965 - Ia ZR 273/63, WM 1965, 267, 270 und vom 5. Mai 1977 - III ZR 2/75, WM 1977, 730, 732; jeweils m.w.Nachw.).
Im vorliegenden Fall ist zwar umstritten, ob die Beklagte am 10. Mai 1949 noch Schuldnerin der streitgegenständlichen Darlehensforderung war. Für die Frage der Schlüssigkeit der Klage kommt es jedoch zunächst allein auf den Vortrag der Klägerin an (vgl. BGHZ 82, 13, 20). Diese hat bestritten, daû die 1939/1940 beabsichtigte Schuldübernahme durch die Erwerberinnen des hypothekarisch belasteten Grundstücks wirksam geworden sei, und sich den gegenteiligen Vortrag der Beklagten auch nicht hilfsweise zu eigen gemacht. Im vorliegenden Zusammenhang ist daher davon auszugehen, daû die Beklagte am 10. Mai 1949 nach wie vor Schuldnerin der Darlehensforderung war.
Der Sitz der beklagten Kommanditgesellschaft befand sich zum Zeitpunkt der Enteignung am 10. Mai 1949 nicht im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats. Sie hatte bis zur Zwangsliquidierung 1939/1940 ihren Sitz im westlichen Teil Berlins. Eine Sitzverlegung nach Ost-Berlin ist danach nicht zustande gekommen. Auch wenn man mit der Revision
davon ausginge, daû das letzte verbliebene Vermögen der Beklagten ein auf das Grundstück im östlichen Teil Berlins bezogener Restitutionsanspruch gewesen sei, folgt daraus nicht ohne weiteres eine Verlagerung des Gesellschaftssitzes. Eine Sitzverlegung erfordert vielmehr einen besonderen konstitutiven Akt der Gesellschaft (BGHZ 29, 320, 327; 33, 195, 204; BGH, Urteil vom 25. September 1989 - II ZR 53/89, WM 1989, 1682, 1684). Daran fehlt es hier.
bb) Bei einer hypothekarisch gesicherten Forderung kann es allerdings geboten sein, für die Frage, wo sie belegen ist, nicht auf den Wohnsitz des Schuldners, sondern auf die Belegenheit des belasteten Grundstücks abzustellen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1952 - V ZR 16/51, NJW 1952, 420; vom 15. Januar 1954 - V ZR 165/52, MDR 1954, 286, 287; vom 14. Januar 1959 - V ZR 38/58, WM 1959, 199, 200 ff.; vom 26. September 1969 - V ZR 122/65, WM 1969, 1348, 1349). Die Frage, von welchen Voraussetzungen dies im einzelnen abhängt, kann hier dahinstehen. Der Grundsatz, daû die Wirkung von Enteignungen auf das Hoheitsgebiet des in das Eigentum eingreifenden Hoheitsträgers zu beschränken ist, verbietet es jedenfalls, die Wirkungen einer Enteignung deshalb auf eine Forderung gegen einen auûerhalb dieses Hoheitsgebiets ansässigen Schuldner auszudehnen, weil eine zur Sicherung der Forderung dienende Hypothek auf einem Grundstück innerhalb dieses Hoheitsgebiets lastet (BGH, Urteile vom 1. Februar 1952 aaO S. 421 und vom 6. November 1958 - II ZR 102/57, WM 1959, 202, 203 m.w.Nachw.). Es gibt insbesondere im Falle der Personenverschiedenheit zwischen persönlichem Schuldner und Eigentümer des belasteten Grundstücks keinen plausiblen Grund, dem nach dem Rechtsverständnis in der Bun-
desrepublik Deutschland bei der Enteignung der Hypothek rechtswidrig handelnden Magistrat für Ost-Berlin und später der Deutschen Demokratischen Republik auch noch den Zugriff auf die persönliche Forderung gegen einen nicht in der DDR ansässigen Schuldner zu ermöglichen und so die Enteignungsmaûnahme zu Lasten der Gläubigerin mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu perfektionieren. Im vorliegenden Fall begründet die Tatsache, daû die streitgegenständliche Darlehensforderung im Mai 1949 noch durch eine Hypothek auf einem im Ostsektor Berlins gelegenen Grundstück gesichert war, daher keine Belegenheit der Forderung im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats, die eine Ausdehnung der Wirkungen der Enteignung vom 10. Mai 1949 auf diese Forderungen rechtfertigen könnte.
cc) Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirkungen einer Enteignung in der früheren Sowjetischen Besatzungszone ausgesprochen, daû eine Forderung gegen einen dort ansässigen Schuldner dann nicht mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland von der Enteignung erfaût wird, wenn es um den Zugriff auf solche Teile des Schuldnervermögens geht, die auûerhalb des enteignenden Staates liegen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1972 - III ZR 47/67, WM 1972, 394, 396). Teile des Schrifttums stellen darüber hinaus ganz allgemein bei der Frage der Belegenheit einer Forderung darauf ab, wo ein Zugriff auf das Schuldnervermögen möglich ist, und befürworten für den Fall, daû der Schuldner in mehr als einem Staat Vermögen hat, eine Forderungsaufspaltung, die zu einer Verdoppelung oder Vervielfachung der Forderung führt (vgl. Soergel/v. Hoffmann, BGB 12. Aufl. Anh. III Art. 38 EGBGB Rdn. 40 ff. m.w.Nachw., auch zur Gegenmeinung). Ob
dieser Spaltungstheorie zu folgen ist (offengelassen von BGH, Urteil vom 5. Mai 1977 - III ZR 2/75, WM 1977, 730, 733), bedarf keiner Entscheidung , da dem Ost-Berliner Magistrat und später der Deutschen Demokratischen Republik eine persönliche Forderung gegen die Beklagte auch dann nicht zugestanden hätte. Im Zeitpunkt der Enteignung vom 10. Mai 1949 hatte die Beklagte kein im Ostteil Berlins belegenes Vermögen. Auch ein auf das hypothekarisch belastete Grundstück in Ost-Berlin bezogener Restitutionsanspruch der Beklagten, der einem Zugriff des OstBerliner Magistrats zugänglich gewesen wäre und die Annahme eines durch Aufspaltung entstandenen Ost-Berliner Teils der Darlehensforderung gegen die Beklagte hätte rechtfertigen können, bestand damals nicht.
2. Die Wirkung der Enteignung vom 10. Mai 1949 wurde entgegen der Ansicht der Revision auch durch Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Ziffer 1 der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 (BGBl. 1990 II S. 1237; im folgenden: Gemeinsame Erklärung) nicht auf die streitgegenständliche Darlehensforderung ausgedehnt.
Ziffer 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung bestimmt, daû Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) nicht mehr rückgängig zu machen sind. Diese Bestimmung richtet sich gegen eine mögliche Beseitigung der bereits eingetretenen Wirkungen der in ihr genannten Enteignungen, enthält aber keine Ausdehnung dieser Wirkungen über das bereits eingetretene
Ausmaû hinaus und erweitert insbesondere nicht die Grenzen, die der Wirkung dieser Enteignungen von Anfang an durch das Territorialitätsprinzip gesetzt waren. An der Unwirksamkeit der Enteignung vom 10. Mai 1949 für die streitgegenständliche Darlehensforderung hat sich daher durch Ziffer 1 der Gemeinsamen Erklärung nichts geändert. Für das von der Revision befürwortete Erstarken eines von der Enteignung erfaûten "Ostteils" der Darlehensforderung zu einem jetzt in ganz Deutschland anzuerkennenden Recht ist schon deshalb kein Raum, weil ein solcher abgespaltener Forderungsteil, wie oben dargelegt wurde, nicht existiert hat.
3. Auch aus der Entschädigungsleistung für das 1939/1940 enteignete Grundstück, die die Beklagte nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes erhalten hat, kann entgegen der Ansicht der Revision die Aktivlegitimation der Klägerin für die streitgegenständliche Darlehensforderung nicht hergeleitet werden. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob Restitutionsmaûnahmen nach dem Vermögensgesetz überhaupt geeignet sein können, untergegangene Forderungen der hier interessierenden Art neu zu begründen. Im vorliegenden Fall geht es nämlich nicht um eine Wiederherstellung der Darlehensforderung, sondern nur darum, wem die fortbestehende Forderung zusteht. An der Rechtsinhaberschaft hinsichtlich dieser Forderung kann das Vermögensgesetz aber schon deshalb nichts geändert haben, weil darin eine entschädigungslose Enteignung der bisherigen Rechtsinhaberin läge, wie sie in keiner der Vorschriften dieses Gesetzes vorgesehen ist.

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Siol Bungeroth
Müller Wassermann

(1) Eine vor dem 8. Mai 1945 zu Gunsten von in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet durch besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Maßnahmen enteigneten Kreditinstitut, Bausparkasse oder Versicherungsunternehmen (Kreditinstitut) begründete Darlehensforderung steht dem Bund (Entschädigungsfonds) zu, soweit diese Forderung mangels Belegenheit in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet nicht wirksam enteignet werden konnte und dieses Kreditinstitut Ausgleichsforderungen nach dem Umstellungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-0, veröffentlichten bereinigten Fassung, dem Umstellungsergänzungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7601-1, veröffentlichten bereinigten Fassung oder den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen erhalten hat. Die Gewährung der Ausgleichsforderungen wird für die Schuldner der Altforderungen unwiderleglich vermutet. Die Verpflichtung des Bundes, das nach Absatz 1 Satz 1 Erlangte an ein Kreditinstitut herauszugeben, das den Nachweis erbringt, eine Ausgleichsforderung nicht erhalten zu haben, bleibt unberührt. Ein darüber hinausgehender Ausgleichsanspruch besteht nicht.

(2) Forderungen der wegen ihres ausschließlichen Sitzes in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet infolge besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangenen Kreditinstitute stehen dem Finanzvermögen gemäß Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages zu.

(3) Soweit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Kreditanstalt für Wiederaufbau Darlehensforderungen im Sinne von Absatz 1 bereits für das vom Bund treuhänderisch verwaltete Finanzvermögen nach Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages eingezogen hat, verbleibt es abweichend von Absatz 1 Satz 1 dabei.

(1) Wird der Gläubiger aus dem Grundstück befriedigt, so erlischt die Hypothek.

(2) Erfolgt die Befriedigung des Gläubigers aus einem der mit einer Gesamthypothek belasteten Grundstücke, so werden auch die übrigen Grundstücke frei.

(3) Der Befriedigung aus dem Grundstück steht die Befriedigung aus den Gegenständen gleich, auf die sich die Hypothek erstreckt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 345/01 Verkündet am:
24. September 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
BGB §§ 607 a.F., 675 a.F.

a) Aus einer längeren Geschäftsverbindung zwischen einer Bank und einem Kunden
im Zusammenhang mit einem Giro- oder einem Darlehensvertrag ergibt
sich noch nicht das Bestehen eines eigenständigen allgemeinen Bankvertrages
als Rahmenvertrag.

b) An einem allgemeinen Bankvertrag fehlt es auch dann, wenn mit dem
ersten Giro- oder Darlehensvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen
vereinbart werden, die nicht nur das Giro- oder Darlehensverhältnis regeln
, da sie ungeachtet ihrer Bedeutung für spätere andere Geschäfte
nur Bestandteil des Giro- oder Darlehensvertrages sind.

c) Die Annahme eines neben einem Giro- oder Darlehensvertrag mit Einbeziehung
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossenen separaten
allgemeinen Bankvertrages wird dem allgemeinen Vertragsbegriff
nicht gerecht, da es an einer eigenständigen bindenden Rechtsfolge eines
solchen Bankvertrages fehlt, die durch die von den Parteien abgegebenen
Willenserklärungen in Kraft gesetzt wird.

d) Es spricht grundsätzlich nichts für einen Vertragswillen der Bank, sich schon bei
Aufnahme der Geschäftsbeziehung unter Aufgabe ihrer gesetzlich eingeräumten
Vertragsfreiheit einem privatrechtlichen Kontrahierungszwang hinsichtlich
vom Kunden gewünschter risikoneutraler Geschäftsbesorgungen zu unterwerfen.
BGH, Urteil vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 24. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die
Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. Juli 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 27. Juli 2000 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen eines Diplomingenieurs (im folgenden: Gemeinschuldner), und die beklagte Bank streiten noch über entgangene Anlagezinsen.

Die Beklagte durch ihre Filiale in L. und der Gemeinschuldner schlossen am 20. Juni 1994 einen Darlehensvertrag über 2.409.230 DM. Das mit 6,5% zu verzinsende Darlehen war am 30. Juni 1995 zurückzuzahlen. Als Sicherheit verpfändete der Gemeinschuldner unter anderem sein Guthaben von 1.117.144 US-Dollar, das er damals bei der Filiale der Beklagten in H. unterhielt. Dieses - im Darlehensvertrag als Festgeld -Konto bezeichnete - Währungsguthaben war bei täglicher Verfügbarkeit von der Beklagten mit 0,5% zu verzinsen.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 1994, 5. Januar 1995 und 10. Juli 1995 machte der Gemeinschuldner geltend, ihm sei seitens der Beklagten am 20. Juni 1994 für sein Guthaben auf dem Währungskonto eine Verzinsung in Höhe von 5,5% ausdrücklich zugesagt worden. Nach Prolongation des Darlehens wurde für das Währungskonto eine Festgeldabrede mit einer entsprechend höheren Verzinsung ab dem 18. August 1995 getroffen.
Mit der Klage verlangt der Kläger unter Berufung auf eine getroffene Vereinbarung höherer Zinsen sowie eine schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten der Beklagten eine Verzinsung des Währungsguthabens mit 5,5%. Die in der Zeit vom 1. Juli 1994 bis 18. August 1995 entgangenen Zinsen hat er zuletzt mit 94.502,01 DM beziffert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr in Höhe von 83.364,61 DM stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Gemeinschuldner zwar mit der Beklagten keine besseren Zinskonditionen vereinbart. Dem Kläger stehe jedoch ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu. Zwischen der Beklagten und dem Gemeinschuldner habe für die gesamte und langjährige Geschäftsbeziehung ein Rahmenvertrag bestanden, der die Grundlage für alle einzelnen Bankgeschäfte gebildet habe. Aus diesem Rahmenvertrag und den abgeschlossenen Einzelverträgen habe sich für die Beklagte die Pflicht ergeben, den Gemeinschuldner ordnungsgemäß zu beraten und zu betreuen. Diese Pflicht habe die Beklagte dadurch verletzt, daß sie das US-DollarFestgeld zu Tagesgeldkonditionen auf dem Konto belassen habe, obwohl dieses mit einem Sperrvermerk versehen war. Während der Laufzeit des Darlehens von einem Jahr habe der Gemeinschuldner deshalb nicht über das verpfändete Guthaben verfügen können, so daß die vereinbarten Tagesgeldkonditionen nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen hätten. Die Beklagte sei daher nicht nur verpflichtet gewesen, dem Gemeinschuldner auf dessen Verlangen unverzüglich angemessene
Bedingungen einzuräumen. Sie habe ihn darüber hinaus auf die unzureichende Verzinsung hinweisen müssen. Der Gemeinschuldner habe das Guthaben in diesem Fall zu marktüblichen Bedingungen für einjähriges Festgeld anlegen können. Bei einem marktüblichen Zinssatz von 5,35% bzw. 5,45% seien ihm in dem Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis zum 18. August 1995 Zinsen von 83.364,61 DM entgangen.

II.


Diese Ausführungen sind mit Rechtsfehlern behaftet. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nicht zu. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe gegen eine Pflicht zu ordnungsgemäßer Beratung und Betreuung des Gemeinschuldners verstoßen, ist unzutreffend.
1. Soweit das Berufungsgericht eine solche Pflicht auf einen als Rahmenvertrag geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag zu stützen versucht, verkennt es bereits, daß ein solcher Vertrag nicht zustandegekommen ist.

a) Zum Abschluß eines besonderen Rahmenvertrages fehlt ausreichender Vortrag des Klägers. Dieser hat in den Vorinstanzen in erster Linie die ausdrückliche Vereinbarung einer Verzinsung des verpfändeten Guthabens mit 5,5% jährlich behauptet und sich hilfsweise auf eine schuldhafte Verletzung einer aus einem "Geschäftsführungsvertrag" abgeleiteten vertraglichen Nebenpflicht berufen. Das Berufungsgericht legt denn auch nicht dar, wann sich der Gemeinschuldner und die Beklagte
auf einen eigenständigen Rahmenvertrag mit welchem Inhalt geeinigt haben sollen. Es beschränkt sich insoweit vielmehr auf die Rechtsbehauptung , der Rahmenvertrag habe die Grundlage für alle einzelnen Bankgeschäfte zwischen dem Gemeinschuldner und der beklagten Bank gebildet.

b) Allein aus der Existenz einer langjährigen Geschäftsverbindung in Form verschiedener Verträge über Bankkonten und Darlehen läßt sich ohne besondere Anhaltspunkte der Abschluß eines eigenständigen allgemeinen Bankvertrages als Rahmenvertrag zwischen dem Gemeinschuldner und der beklagten Bank nicht herleiten.
aa) Von Teilen der Literatur wird allerdings die Ansicht vertreten, zwischen der Bank und ihrem Kunden komme, wenn nicht nur ein einzelnes Geschäft abgewickelt, sondern wie in der Regel eine längere Geschäftsbeziehung begründet werde, ein eigenständiger allgemeiner Bankvertrag als Grund- oder Rahmenvertrag zustande. Das werde insbesondere aus der üblichen Vereinbarung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken oder der Sparkassen deutlich, die nicht nur Regelungen für einzelne Bankgeschäfte enthielten, sondern die gesamte Geschäftsverbindung grundlegend behandelten. Der allgemeine Bankvertrag regele als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter das Dauerschuldverhältnis zwischen der Bank und ihrem Kunden und bilde die Grundlage bzw. den Rahmen für die einzelnen rechtlich verschiedenen Bankgeschäfte. Aus ihm ergäben sich zwar keine durchsetzbaren primären Leistungspflichten, wohl aber sekundäre Schutz- und Verhaltenspflichten (vgl. Baumbach/Hopt, HGB 30. Aufl. (7) BankGesch A/6; Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 1
Rdn. 18 ff.; Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 2 Rdn. 2; Lwowski/Roth, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 2/2 ff.; Staudinger /Martinek, BGB 13. Aufl. § 675 Rdn. B 4; Palandt/Sprau, BGB 61. Aufl. § 675 Rdn. 9; Claussen, Bank- und Börsenrecht 2. Aufl. § 4 Rdn. 10 d und e; Ulmer, Der Vertragshändler S. 317 f.).
Der Bundesgerichtshof hat zur Existenz eines eigenständigen allgemeinen Bankvertrags, der neben geschlossenen besonderen Verträgen besteht, noch nicht Stellung genommen. In den Entscheidungen BGHZ 23, 222, 226 und 63, 87, 90 f., auf die sich Palandt/Sprau aaO berufen , hat er lediglich einen Giro- und Kontokorrentvertrag als Bankvertrag bezeichnet.
bb) Der erkennende Senat folgt der vorgenannten Ansicht nicht, sondern schließt sich der von einem anderen Teil der Literatur (MünchKomm /Hadding/Häuser, HGB ZahlungsV Rdn. A 151 f.; MünchKomm/ Westermann 3. Aufl. Rdn. 15 f. vor § 607 BGB; Schlegelberger/Hefermehl , HGB 5. Aufl. Anh. nach § 365 Rdn. 13; Heymann/Horn, HGB, Anh. zu § 372 Rdn. 6; Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 4 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rdn. 2.765 ff.; Schwark ZHR 151 (1987), 325, 329 f.; Werner ZBB 1990, 236, 238) vertretenen Gegenmeinung an.
(1) Aus einer längeren Geschäftsverbindung zwischen einer Bank und einem Kunden im Zusammenhang mit einem Giro- oder einem Darlehensvertrag ergibt sich noch nicht das Bestehen eines eigenständigen allgemeinen Bankvertrages als Rahmenvertrag. Eine längere Geschäftsverbindung als solche ist nichts weiter als eine Beziehung, die auf einem
Dauerschuldverhältnis oder einer mehr oder weniger großen Zahl von Einzelverträgen beruht.
(2) An einem allgemeinen Bankvertrag fehlt es auch dann, wenn mit dem ersten Giro- oder Darlehensvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden, die nicht nur das Giro- oder Darlehensverhältnis regeln. Giro- und Darlehensverträge sind regelmäßig von vornherein auf längere Zeit angelegt. Sie bilden als Dauerschuldverhältnisse die Grundlage der Geschäftsbeziehung. Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen, die aus Anlaß eines Giro- oder Darlehensvertrages vereinbart werden, sind, auch soweit sie nicht nur das Giro - oder das Darlehensverhältnis regeln, Teil des Giro- oder Darlehensvertrages. Daß sie auch für spätere andere Geschäfte von Bedeutung sind, ändert nichts. Eines allgemeinen Bankvertrages bedarf es dafür mit Rücksicht auf § 2 Abs. 2 AGBG nicht (Werner ZBB 1990, 236, 238).
(3) Die Annahme eines neben einem Giro- oder Darlehensvertrag mit Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossenen separaten allgemeinen Bankvertrages wird außerdem dem allgemeinen Vertragsbegriff nicht gerecht. Es fehlt an einer eigenständigen bindenden Rechtsfolge eines solchen Bankvertrages, die durch die von den Parteien abgegebenen Willenserklärungen in Kraft gesetzt wird. Auch nach Ansicht seiner Anhänger löst der allgemeine Bankvertrag keine primären Leistungspflichten, sondern sekundäre Schutz- und Verhaltenspflichten aus. Solche Pflichten bestehen indes unabhängig vom Willen der Parteien (Canaris aaO Rdn. 5).
(4) Demgegenüber kann nicht mit einem Teil der Literatur (vgl. Hopt, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 1 Rdn. 27 ff.; Claussen, Bank- und Börsenrecht 2. Aufl. § 4 Rdn. 10 g; a.A. insoweit Lwowski/Roth, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 2/5) darauf verwiesen werden, aus dem allgemeinen Bankvertrag ergebe sich auch die Pflicht der Bank zur Vornahme einzelner vom Kunden gewünschter risikoneutraler Geschäftsbesorgungen. Nichts spricht für die Bereitschaft der Bank, geschweige denn einen dem Kunden gegenüber ausdrücklich erklärten Vertragswillen, sich schon bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung unter Aufgabe ihrer gesetzlich eingeräumten Vertragsfreiheit einem beschränkten privatrechtlichen Kontrahierungszwang zu unterwerfen. Die Annahme eines solchen Rechtsbindungswillens, der mit dem Interesse der Bank erkennbar nicht im Einklang steht, ist genau so fiktiv wie der des Kunden, er wolle sich verpflichten, künftig alle Bankgeschäfte nur mit dieser Bank, nicht aber mit einer anderen abzuwickeln (Canaris aaO Rdn. 6 f.).
(5) Der allgemeine Bankvertrag als übergreifender, die gesamte Geschäftsbeziehung regelnder Rahmenvertrag erweist sich danach als überflüssig. Das wird insbesondere dadurch deutlich, daß Schutz- und Verhaltenspflichten, die aus dem allgemeinen Bankvertrag folgen sollen, auch von Anhängern der Lehre vom allgemeinen Bankvertrag aus einem aufgrund der Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunden bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten abgeleitet werden, wenn der allgemeine Bankvertrag nichtig ist (vgl. Baumbach /Hopt, HGB 30. Aufl. (7) BankBesch Rdn. A/7).
cc) Aus einem die gesamte Geschäftsbeziehung als Rahmenvertrag überlagernden allgemeinen Bankvertrag ergibt sich eine Beratungsund Betreuungspflicht der Beklagten danach nicht. Erst recht geht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht an, die Beklagte für verpflichtet zu halten, sich auf Verlangen des Klägers unverzüglich mit der Umwandlung der tagesfälligen Dollareinlage in ein Jahresfestgeld und dessen Verzinsung entsprechend dem marktüblichen Zins ohne Rücksicht darauf einverstanden zu erklären, ob sie für eine Festgeldeinlage in US-Dollar Bedarf hatte und ob sie die künftige Zinsentwicklung bei Dollaranlagen möglicherweise wesentlich anders einschätzte als dies im aktuellen Marktzins zum Ausdruck kam.
2. Auch aufgrund der zwischen der Beklagten und dem Gemeinschuldner geschlossenen einzelnen Verträge, insbesondere des Darlehensvertrags , der Verpfändung der tagesfälligen Einlage von rund einer Million US-Dollar und des Vertrags über diese Einlage war die Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht verpflichtet, den Gemeinschuldner zu betreuen und ihm zu einer zinsgünstigeren Anlage des Dollarguthabens zu raten.

a) Aufgrund des geschlossenen Darlehensvertrages sowie des Vertrages über die Dollaranlage schuldete die Beklagte dem Gemeinschuldner weder Beratung noch Betreuung noch gar die bestmögliche Anlageverwaltung. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts entbehrt jeder Grundlage.
Bei einer Geldanlage setzt auch eine Beratungspflicht grundsätzlich den Abschluß eines besonderen Vertrages voraus. Ein Beratungs-
vertrag kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konkludent zustande, wenn - gleichgültig ob auf Initiative des Kunden oder aber der Bank - im Zusammenhang mit einer Geldanlage tatsächlich Beratung stattfindet (BGHZ 74, 103, 106; 100, 117, 118; 123, 126, 128; Senatsurteil vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662, 663).
Das war hier nicht der Fall. Der Gemeinschuldner hat die Beklagte weder um eine Beratung über eine zinsgünstigere Anlage des Dollarguthabens gebeten noch ist die Beklagte in eine Beratung mit dem Ziel einer sachgerechten Empfehlung eingetreten. Der Gemeinschuldner hat sich vielmehr auf die nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts unrichtige Behauptung beschränkt, die Beklagte habe mit ihm eine Verzinsung der Dollareinlage mit 5,5% jährlich verbindlich vereinbart.

b) Auch aufgrund der getroffenen Sicherungsabrede und der Verpfändung der Einlage war die Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts weder verpflichtet, den Gemeinschuldner zu beraten, noch auch nur auf die für ihn ungünstigen Konditionen einer tagesfälligen Dollareinlage hinzuweisen.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs prüft eine kreditgebende Bank ihr angebotene Sicherheiten und die Folgen einer Sicherheitenbestellung grundsätzlich nicht im Kunden-, sondern nur im eigenen Interesse (BGH, Urteil vom 8. März 1982 - II ZR 60/81, WM 1982, 480, 481; Senat, Urteile vom 7. April 1992 - XI ZR 200/91, WM 1992, 977 und vom 21. Oktober 1997 - XI ZR 25/97, WM 1997, 2301, 2302). Die Beklagte war danach weder bei Abschluß des Verpfän-
dungsvertrages noch später verpflichtet, zur Wahrung der Interessen des Gemeinschuldners zu überprüfen, ob die für die Dollareinlage vereinbarte Verzinsung im Hinblick auf die mit der Verpfändung einhergehende Verfügungssperre noch angemessen war, und dem Gemeinschuldner zu einer zinsgünstigeren Anlage zu raten. Es war vielmehr, wie die Revision zu Recht geltend macht, Sache des Gemeinschuldners, vor der Verpfändung seines Dollarguthabens für das Darlehen mit einjähriger Laufzeit mit der Beklagten oder aber mit einer anderen Bank günstigere Zinskonditionen auszuhandeln und das Guthaben erst dann zu verpfänden.
bb) Eine Verpflichtung der Beklagten, den Gemeinschuldner auf die ungünstige Verzinsung seiner Dollareinlage hinzuweisen, bestand entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schon deshalb nicht, weil der Gemeinschuldner insoweit nicht aufklärungsbedürftig war. Ihm war unstreitig bekannt, daß die Beklagte seine Einlage mit nur 0,5% jährlich verzinste. Das ergibt sich auch aus seinem Schreiben vom 18. Oktober 1994, mit dem er unter - unrichtiger - Behauptung einer Vereinbarung von ca. 5,5% Jahreszinsen die ihm übersandten Kontoauszüge beanstandet hat. Von der Verletzung einer Pflicht der Beklagten, den Gemeinschuldner vor der Gefahr einer niedrigen Verzinsung seiner Dollareinlage zu warnen, kann daher entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung keine Rede sein.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist dem Um- stand, daß das Währungskonto in der Besicherungsabrede des Darlehensvertrages unzutreffend als "Festgeld-Konto" bezeichnet worden ist, keine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung marktüblicher oder zumindest hausüblicher Festgeldzinsen zu entnehmen. Es handelt sich um eine schlichte Falschbezeichnung, der ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswille im Hinblick auf die Verzinsung des Währungskontos nicht zu entnehmen ist. Das folgt hier auch daraus, daß nach der - allerdings unrichtigen - Behauptung des Klägers über die Verzinsung des Währungskontos eine gesonderte Vereinbarung mündlich geschlossen worden sein soll.
2. Zu Unrecht meint die Revisionserwiderung auch, der zuerkannte Anspruch lasse sich auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage stützen.

a) Der Darlehensvertrag ist für die Zeit bis zum 18. August 1995 nicht dahin anzupassen, daß sich die vom Gemeinschuldner geschuldeten Darlehenszinsen im Umfang entgangener Anlagezinsen verringern. Zwar können Vertragsparteien nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zur Anpassung eines bestehenden Vertrages an die veränderten Verhältnisse verpflichtet sein. Die Gewährung einer marktüblichen oder jedenfalls hausüblichen Verzinsung für das an die Beklagte verpfändete Dollarguthaben ist aber nicht Geschäftsgrundlage des Darlehensvertrages geworden.
Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen,
bei Vertragsschluß aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und nicht beanstandeten Vorstellungen des anderen Vertragsteils von dem Vorhandensein oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut (BGHZ 128, 230, 236; 135, 333, 338; Senat, Urteil vom 4. November 1997 - XI ZR 261/96, WM 1998, 23, 24 jeweils m.w.Nachw.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Gemeinschuldner hat zwar bei Abschluß des Darlehensvertrages in L. die Erhöhung der Verzinsung des Währungskontos verlangt. Die Mitarbeiter der Beklagten sind dem jedoch entgegengetreten und haben ihn an die Filiale der Beklagten in H. verwiesen, bei der das Währungskonto geführt wurde. Die künftige Verzinsung dieses Kontos sollte daher zunächst offenbleiben und allenfalls Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung sein.

b) Schließlich kann der Kläger eine höhere Verzinsung des Guthabens auf dem Währungskonto auch nicht mit der Begründung verlangen, daß mit dessen Verpfändung die tägliche Verfügbarkeit und damit zugleich die Geschäftsgrundlage des diesbezüglichen Vertrages weggefallen seien. Erwartungen und Umstände, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich nur des einen Vertragsteils fallen, ermöglichen es diesem grundsätzlich nicht, sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (BGHZ 120, 10, 24; 121, 378, 392; BGH, Urteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97, WM 2000, 1012, 1015). Dasselbe gilt, wenn der nachteilig Betroffene die entscheidende Änderung der Verhältnisse selbst bewirkt hat (BGHZ 129, 297, 310) oder wenn die Änderung für ihn vorhersehbar war (BGH, Urteil vom 27. März 1981 - V ZR 19/80, WM 1981, 583).

So liegt es hier. Daß eine Verzinsung des verpfändeten Guthabens in Höhe von lediglich 0,5% angesichts der für ein Jahr eintretenden Verfügungssperre wirtschaftlich nicht mehr angemessen sein würde, war für den Gemeinschuldner bei Vornahme der Verpfändung ohne weiteres vorhersehbar und fiel darüber hinaus erkennbar auch in seine Risikosphäre. Es wäre daher, wie dargelegt, seine Sache gewesen, mit Abschluß des Darlehensvertrages mit der Beklagten eine Erhöhung der Zinsen für die verpfändete Dollareinlage zu vereinbaren.

IV.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Berufung des Klägers insgesamt zurückweisen.
Nobbe Müller Joeres Wassermann Mayen

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 23/02 Verkündet am:
14. November 2002
Fahrner,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Verwirkung setzt auch voraus, daß zum Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten
des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten
rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend
machen.
BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. November 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin in Höhe von 203.796,36 DM zuzüglich Zinsen zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Revisionsverfahren noch Werklohn für nicht erbrachte Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 203.796,36 DM. Sie wurde im Jahre 1994 von der Beklagten mit den Trockenbauarbeiten eines Bauvorhabens beauftragt. Nach fristloser Kündigung der Beklagten, deren Berechtigung im Streit ist, erstellte die Klägerin am 23. Mai 1995 Schluß-
rechnung über 124.698,62 DM, worauf die Beklagte insgesamt 92.218,50 DM zahlte. Die Schlußrechnung enthält nur die Abrechnung der erbrachten, streitigen Leistungen. Streitig ist auch, ob die Parteien sich später geeinigt haben, diese Schlußrechnung als "Abschlagsrechnung" zu behandeln. Am 8. Dezember 1997 erstellte die Klägerin erneut Schlußrechnung über einen Betrag von 193.393,95 DM. Sie wies darauf hin, daß nicht ausgeführte Leistungen noch separat berechnet würden. Auf diese Schlußrechnung zahlte die Beklagte noch weitere kleinere Beträge. Bei den sich anschließenden Verhandlungen forderte die Beklagte weitere Leistungsnachweise hinsichtlich der erbrachten Leistungen. Die Klägerin reagierte nicht, sondern erstellte am 18. August 2000 erneut Schlußrechnung, in der sie erstmals die Vergütung für nicht erbrachte Leistungen zu einem Bruttopreis von 203.796,36 DM verlangte. Das Landgericht hat die Klage insoweit wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihr Begehren weiter. Der Senat hat die Anschlußrevision der Beklagten nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das für das Schuldverhältnis maßgebende Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die "verjährungsrechtliche Lösung" des Landgerichts sei nicht frei von Bedenken. Jedenfalls könne die Klägerin die Forderung wegen Verwirkung nicht mehr geltend machen, weil sie diesen Anspruch erst rund fünfeinhalb Jahre nach dem Ende ihrer Tätigkeit für die Beklagte erhoben habe. Zu diesem Zeitpunkt habe diese darauf vertrauen dürfen, daß ein derartiger Anspruch seitens der Klägerin nicht mehr verfolgt würde. Die Verhandlungen hätten sich nur auf die erbrachten Leistungen bezogen. Die Klägerin sei erstmals in der Rechnung vom 18. August 2000 auf die Forderung nach Vergütung der kündigungsbedingt "ausgefallenen" Leistungsteile umgeschwenkt. Vorher habe sie nur einen pauschalen Hinweis in der Schlußrechnung vom 8. Dezember 1997 erteilt.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Berufungsgerichts belegen nicht die Annahme, die Beklagte könne sich auf Verwirkung berufen. 1. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so daß die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 26. Mai 1992 - VI ZR 230/91, ZIP 1992, 1402 = NJW-RR 1992, 1240). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch
nicht mehr geltend machen (BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99, NJW 2001, 1649 = BauR 2001, 784 = ZfBR 2001, 313 jeweils m.w.N.). 2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Unabhängig von der Frage, ob die verstrichene Zeit für die Annahme einer Verwirkung überhaupt ausreichend sein könnte, fehlt es jedenfalls an den erforderlichen Anhaltspunkten dafür, daß sich die Beklagte darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, die Klägerin werde auf eine Werklohnforderung für nicht erbrachte Leistungen nicht mehr zurückkommen. Gegen einen derartigen Vertrauenstatbestand, der nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden kann, spricht entscheidend der Hinweis der Klägerin in der Schlußrechnung vom 8. Dezember 1997. Auch aus dem Umstand, daß die Klägerin zunächst restlichen Werklohn für erbrachte Leistungen gefordert hatte und erst im Jahre 2000 dazu übergegangen ist, eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen geltend zu machen, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts Entscheidendes für die Annahme einer Verwirkung hergeleitet werden. Im übrigen fehlt es an Feststellungen dazu , daß sich die Beklagte, sollte doch von einem seitens der Klägerin gesetzten Vertrauenstatbestand auszugehen sein, hierauf auch tatsächlich eingerichtet hat.
3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Die Verjährungsfrage kann vom Senat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Dressler Haß Hausmann Kuffer Kniffka

(1) Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des § 214 Abs. 2 bleibt unberührt.

(2) Wird eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden.

(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.

(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Einnahmen sind rechtzeitig und vollständig zu erheben.

(2) Ausgaben dürfen nur soweit und nicht eher geleistet werden, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind. Die Ausgabemittel sind so zu bewirtschaften, daß sie zur Deckung aller Ausgaben ausreichen, die unter die einzelne Zweckbestimmung fallen.

(3) Absatz 2 gilt für die Inanspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen entsprechend.