vorgehend
Landgericht Berlin, 21 O 12/09, 11.05.2009
Kammergericht, 26 U 127/09, 26.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 240/10
Verkündet am:
26. Februar 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren, in
dem Schriftsätze bis zum 18. Januar 2013 eingereicht werden konnten, durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers sowie die Richter Dr. Ellenberger, Maihold,
Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Mai 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V. 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden : V 4) in Anspruch.
2
Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch die Mitarbeiterin L. der Beklagten am 1. Dezember 2004 eine Beteiligung an V 4 im Nennwert von 25.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.250 €, die er in Höhe von 11.375 € durch ein Darlehen der B. AG finanzierte.
3
Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung, Platzierungsgarantie und Finanzierungsvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,45% bis 8,72% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde.
4
Der Kläger verlangt mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs - und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Abgabe des Angebots auf Übertragung der Beteiligung und Abtretung aller Rechte aus der Beteiligung, Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 14.875 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4% p.a. von der Zeichnung der Anlage bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie Prozesszinsen. Des Weiteren verlangt der Kläger die Freistellung von allen Verbindlichkeiten aus dem Finanzierungsdarlehen. Schließlich begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen Nachteilen im Zusammenhang mit der Beteiligung an V 4 freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt, jedoch unter der Einschränkung, dass der Kläger neben den Rechten aus der Beteiligung auch die Abtretung seiner Rechte gegen die Rechtsnachfolgerin der B. AG Zug um Zug anzubieten habe. Hinsichtlich der geltend gemachten vorprozessualen Zinsen blieb die Berufung ohne Erfolg.
5
Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht , soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
8
Aufgrund des zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrags habe die Beklagte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass sie für die Vermittlung der Beteiligung des Klägers eine Rückvergütung in Höhe von 8,45% bis 8,72% erhalte. Hierbei handele es sich um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung, auf die der Kläger durch die Beraterin nicht hingewiesen worden sei. Die Beklagte sei auch im Prospekt weder als Empfängerin von Vertriebskosten benannt noch habe sich daraus die Höhe der an die Beklagte fließenden Provision ergeben.
9
Es sei ferner davon auszugehen, dass die Pflichtverletzung der Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers kausal gewesen sei. Stehe eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streite für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, weshalb der Aufklärungspflichtige beweisen müsse, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hät- te. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens setze nicht voraus, dass es nur eine bestimmte Möglichkeit "aufklärungsrichtigen" Verhaltens gebe, weil durch eine unzutreffende oder unvollständige Information in das Recht des Anlegers eingegriffen werde, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider über die Investition zu befinden. Das Ansprechen bestimmter Anlageziele im Beratungsgespräch lasse keine Rückschlüsse darüber zu, ob der Anleger die Kapitalanlage auch bei einem Hinweis auf die Rückvergütung erworben hätte. Den entsprechenden Beweisangeboten der Beklagten sei deshalb nicht nachzugehen gewesen, da sie auf eine Ausforschung innerer Haltungen des Klägers in einer hypothetischen Entscheidungssituation hinausliefen. Für die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens spreche überdies, dass die Rückvergütung im Prospekt verheimlicht worden sei, weshalb ein Anleger weitere Verheimlichungen zu befürchten habe.
10
Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Insbesondere habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 19. Dezember 2000 (XI ZR 349/99) klargestellt, dass eine Bank Rückvergütungen, die sie dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewähre, wegen des damit verbundenen Interessenkonflikts offen legen müsse. Die Beklagte habe deshalb im Zeitpunkt der Beratung damit rechnen müssen, dass sie auch zur Offenbarung eigener Rückvergütungen verpflichtet sei. Ein Mitverschulden sei dem Kläger nicht anzulasten.
11
Der Kläger könne Ersatz des für die Beteiligung aufgewendeten Eigenkapitals und Freistellung von der zur Finanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeit verlangen. Ferner könne er, entsprechend seinem Feststellungsantrag , Freistellung von steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus der streitgegenständlichen Beteiligung verlangen. Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns in Form von Zinsen für die Zeit von der Anlageentscheidung bis zur Rechtshängigkeit der Klage habe der Kläger dagegen nicht.

II.

12
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
13
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem Beratungsvertrag folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,45% bis 8,72% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
14
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17, für BGHZ bestimmt).
15
a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) zustande gekommen.
16
b) Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich des Weiteren, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26; Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 22 mwN).
17
c) Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 25, jeweils mwN).
18
2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.
19
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
20
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 28 ff. mwN).
21
Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen , dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
22
b) Die Revision rügt allerdings - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils zu einem Parallelfall und entgegen seiner ursprünglichen Einschätzung im Schreiben vom 20. September 2011 entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 37 ff.) - zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, ihr Provisionsinteresse habe keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung des Klägers gehabt, insgesamt als unbeachtlich angesehen und angebotene Beweise nicht erhoben hat.
23
aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Klägers als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) für ihre Behauptung , dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei, unberücksichtigt gelassen.
24
Dem Vortrag der Beklagten lässt sich noch ein hinreichender Bezug zur Person des Klägers entnehmen. Dem Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, der Kläger hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben. Damit wird die entscheidungserhebliche Tatsache - Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden - unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung ohne weiteres fest. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags daher grundsätzlich nicht erforderlich. Das gilt nicht nur für den Zeugenbeweis, sondern auch - wie vorliegend - für die Parteivernehmung nach § 445 ZPO. Für diese unmittelbare Beweisführung steht der Beklagten auch kein weiteres Beweismittel zur Verfügung , so dass der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung nicht entgegensteht. Die Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO setzt keinen vorherigen sonstigen Beweis und auch nicht die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung voraus (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 39 mwN).
25
Da bei der Parteivernehmung ein Missbrauch zur Ausforschung besonders naheliegt, ist zu prüfen, ob ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag vorliegt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hin- ein" aufstellt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 40 mwN). Eine Ausforschung in diesem Sinne ist vorliegend zu verneinen. Die Beklagte hat Anhaltspunkte vorgetragen, die nach ihrer Auffassung zumindest in der Gesamtschau dafür sprechen, dass der Kläger auch in Kenntnis der Rückvergütungen V 4 gezeichnet hätte. Hierzu gehört das behauptete Anlageziel des Klägers, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept der Schuldübernahme ankam (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 41).
26
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff. mwN).
27
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings der Tatsache, dass sich der Kläger vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung in einem sogenannten Vermögensanlage-Bogen mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften an die Beklagte einverstanden erklärt hat, keine Bedeutung beigemessen (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 48 mwN).
28
Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht aber dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv des Klägers, sich an V 4 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept ), nicht nachgegangen.
29
Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 53 mwN).
30
Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet , dem Kläger sei es vordringlich um die bei V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung der Beraterin L. als Zeugin unbeachtet gelassen. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht auch nicht gewürdigt , dass der Kläger erst auf Empfehlung seines Steuerberaters die Beklagte zum Zwecke der Anlageberatung aufsuchte (vgl. zu diesem Aspekt im Kontext mit dem Zustandekommen eines Beratungsvertrages auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft , 4. Aufl. Rn. 1038).
31
c) Schließlich hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft zuungunsten der Beklagten angeführt, dass die Rückvergütungen im Prospekt verheimlicht gewesen seien, weshalb Anleger weitere Verheimlichungen zu befürchten gehabt hätten. Das ist bereits deswegen rechtsfehlerhaft, weil der Prospekt nach den Grundsätzen der zivilrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne in Bezug auf Vertriebsprovisionen nicht fehlerhaft ist. Die Vertriebsprovisionen sind im Prospekt offen ausgewiesen und der Höhe nach korrekt angegeben. Dass von der als Empfängerin der Provisionen im Prospekt aufgeführten V. AG ein Teil dieser Vertriebsprovisionen an die Beklagte rückvergütet wurde, musste im Prospekt nach den zivilrechtlichen Prospekthaftungsgrundsätzen nicht ausgewiesen werden. Zu einer solchen Aufklärung war allein die Beklagte als anlageberatende Bank verpflichtet. Diese Pflicht, über erhaltene Rückvergütungen auf- zuklären, kann die beratende Bank zwar durch rechtzeitige Übergabe eines Prospektes, in dem sie als Empfängerin der korrekt ausgewiesenen Provisionen ausdrücklich genannt ist, erfüllen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1061 mwN). Enthält der Prospekt diese Angabe jedoch nicht, muss die beratende Bank die Aufklärung mündlich oder durch eine anderweitige schriftliche Information leisten. Von einer "Verheimlichung" der Rückvergütungen im Prospekt kann daher keine Rede sein.

III.

32
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Kläger als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) zu der Behauptung der Beklagten, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung war, zu vernehmen haben. Gegebenenfalls wird es die Behauptung der Beklagten zu würdigen haben, dem Kläger sei es allein um die bei V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Gegebenenfalls wird es dazu die Zeugin L. und - soweit § 445 Abs. 2 ZPO nicht entgegensteht - gegebenenfalls den Kläger als Partei zu vernehmen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff.) und zu würdigen haben, dass der Kläger die Beklagte erst auf Empfehlung seines Steuerberaters aufsuchte.
33
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen , wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Henning, WM 2012, 153 ff. mwN; auch Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.). Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
34
Bezüglich des Feststellungsantrags hinsichtlich der wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile aus der Beteiligung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der Antrag dahingehend ausgelegt werden kann und auszulegen ist, dass die Freistellungs- bzw. Ersatzpflicht der Beklagten nicht jene steuerlichen Nachteile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistung resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) im Rahmen der Bemessung der Ersatzleistung aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40).
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.05.2009 - 21 O 12/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.05.2010 - 26 U 127/09 -

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
24. August 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur erfolglosen Gehörsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011.
BGH, Beschluss vom 24. August 2011 - XI ZR 191/10 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 24. August 2011

beschlossen:
Die Gehörsrüge der Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Er hat das Vorbringen der Beklagten umfassend geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
2
Insbesondere hat sich der Senat sowohl im Beschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 Rn. 32 ff.) als auch im Beschluss vom 19. Juli 2011 (WM 2011, 1506 Rn. 7 ff.) eingehend mit der Frage der Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen auseinandergesetzt. Die Beklagte verkennt in diesem Zusammenhang, dass gemäß den Ausführungen im Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 35) die anlageberatende Bank die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts hat, der zum Nichteingreifen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens führen würde. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens tritt bereits dann ein, wenn eine fehlerhafte Beratung feststeht. Nur dann, wenn bei einer zutreffenden Beratung ein Entscheidungskonflikt beim Anleger vorliegt, greift die Vermutung nicht ein. Diese der Bank günstige Ausnahme von der Regel muss die Bank, die sich darauf beruft, auch darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dem entspricht entgegen der Ansicht der Revision auch die bisherige Handhabung durch den Senat.

II.

3
Entgegen der Annahme der Beklagten, die sich auf eine Anmerkung von Nobbe (BKR 2011, 302 ff.) zu dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 ff.) bezieht, enthält der angegriffene Beschluss keine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innen- oder Vertriebsprovisionen, sondern wendet die bereits bisher geltenden Grundsätze an.
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1. Wie bereits in dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 dargestellt, sind Innenprovisionen nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Positionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, sodass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, sodass dieser das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
5
Danach handelt es sich in dem zugrunde liegenden Fall um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, weil in den Anlageprospekten zwar verschiedene Provisionen offen ausgewiesen sind, jedoch nicht angegeben wird, dass und in welcher Höhe die Beklagte als beratende Bank diese Provisionen - teilweise - bezieht.
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2. Die Auffassung, hierin liege eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen, lässt sich nicht auf das Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (XI ZR 338/08, ZIP 2009, 2380 ff.) stützen. Aus diesem Urteil folgt keineswegs , dass "im Anlageprospekt offen ausgewiesene Innenprovisionen, d.h. im Anlagebetrag enthaltene Vertriebsprovisionen … expressis verbis keine auf- klärungspflichtigen Rückvergütungen" sind. Diese - auch terminologisch verfehlte (der Begriff "offen ausgewiesene Innenprovision" ist ein Widerspruch in sich) - Annahme beruht - ebenso wie die Darstellung von Nobbe (aaO S. 302) - auf einer falschen Wiedergabe des Sachverhalts dieses Senatsurteils. Damals hatte die beratende Bank gerade keine versteckte "Innenprovision kassiert". Das lässt sich sowohl dem Senatsurteil als auch dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt sowie dessen Urteil im Parallelverfahren entnehmen. Der Senat hat an diesem Tag zwei Urteile zu im Wesentlichen gleich gelagerten Parallelfällen erlassen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 ff. vollständig abgedruckt; Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, aaO vollständig abgedruckt, in WM 2009, 2306 f. in Auszügen abgedruckt). In diesen Fällen waren die Provisionen der Höhe nach korrekt im rechtzeitig übergebenen Prospekt angegeben. Die beratende Bank war ausdrücklich als Empfängerin dieser Provisionen genannt. Damit lagen diesen Fällen weder verheimlichte Rückvergütungen noch versteckte Innenprovisionen zugrunde.
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Dies hat der Senat mit der Formulierung "dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen" zum Ausdruck gebracht (vgl. Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 aaO Rn. 31). Das ergab sich auch schon aus den beiden vorangegangenen Berufungsurteilen. In dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 voranging, heißt es ausdrücklich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 17/06, juris Rn. 52): "Der Beklagten zu 1. kann auch nicht vorgeworfen werden, dass ihre Rechtsvorgängerin Rückvergütungen verschwiegen habe (vgl. BGHZ 170, 226ff. = BB 2007, 627ff.), da sie sich aus S. 36f. des Prospekts in Verbindung mit § 7 des Gesellschaftsvertrages, der als Anlage zum Prospekt genommen wurde, exakt ergeben." In dem Urteil, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 337/08 voranging , heißt es wörtlich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 348/05, juris Rn. 7): "Die C. werden bereits auf dem Titelblatt als die Bank genannt, die die Eigen- und Fremdkapitalvermittlung durchführt; Interessenten werden in dem Prospekt aufgefordert, sich an sie zu wenden."
8
Deswegen waren die Anleger in diesen Fällen nicht nur über sämtliche Provisionen, sondern auch über die beratende Bank als Empfängerin aufgeklärt. Es lagen damit weder versteckte Innenprovisionen noch versteckte oder verheimlichte Rückvergütungen vor, sodass eine Aufklärungspflicht der beratenden Bank nicht bestand. Das ist auch in der sorgfältig und unvoreingenommen analysierenden Literatur so verstanden worden (vgl. u.a. Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 310 f.; Koch, BKR 2010, 177, 184; siehe auch Ellenberger in Anle- gerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 46 und 47 f. und in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 944 und aus der Rechtsprechung KG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 26 U 104/09 Umdruck S. 8 f. und OLG München, Urteil vom 21. Juni 2010 - 17 U 5374/09, Umdruck S. 9).
9
3. Ebenso geht der Hinweis auf das im Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 in der Sache XI ZR 338/08 (aaO) zitierte Senatsurteil vom 25. September 2007 (XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 15, 16) fehl. In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte die Anlegerin gerade nicht das Verschweigen von an den Anlageberater fließende Rückvergütungen gerügt, sondern nur, dass der Anteil der "weichen Kosten" am Gesamtaufwand unverhältnismäßig hoch sei (Senatsurteil aaO Rn. 3). Damit ging es in jenem Fall nicht um die Frage der verheimlichten Interessenkollision. Das Urteil befasst sich zudem in den Entscheidungsgründen lediglich allgemein mit den Grundsätzen zur Aufklärung über nicht im Prospekt ausgewiesene (versteckte) Innenprovisionen, nicht jedoch mit Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen an den Anlageberater (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart, ZIP 2010, 824, 827; LG München, Urteil vom 25. Februar 2010 - 22 O 1797/09, juris, Rn. 64; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 312 f.).
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4. Entbehrt mithin die Annahme, aus den Senatsurteilen vom 27. Oktober 2009 und 25. September 2007 ergebe sich, dass aufklärungspflichtige Rückvergütungen bereits dann nicht vorlägen, wenn die betreffenden Provisionen als solche im Anlageprospekt ausgewiesen seien, jeder Grundlage, kann auch keine Rede davon sein, der Senatsbeschluss vom 9. März 2011 enthalte eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen. Vielmehr entspricht er insoweit, als der Anleger danach darüber aufzuklären ist, dass und in welcher Höhe die beratende Bank die offen ausgewiesenen Provisionen bezieht, dem Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (aaO Rn. 31). Zugleich verbleibt es dabei, dass die Nennung von Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen als Quelle der Rückvergütungen nicht abschließend, sondern nur beispielhaft zu verstehen ist.

III.

11
Zu Unrecht ist die Beklagte unter Berufung auf Nobbe (aaO) weiter der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Revision gemäß § 552a ZPO lägen nicht vor, weil in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitig sei, ob eine Pflicht der beratenden Bank bestehe, Kunden über Innenprovisionen aufzuklären; angesichts der divergierenden obergerichtlichen Urteile lägen vielmehr die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) auf der Hand. Dies verkennt bereits im Ansatz, dass sich die Frage, ob die beratende Bank über von ihr bezogene Innenprovisionen , also im Anlagebetrag versteckte Provisionen, aufklären muss, im zu entscheidenden Fall nicht stellt. Hier geht es allein darum, ob die Beklagte als beratende Bank darüber aufklären muss, dass und in welcher Höhe sie Empfängerin der im Anlageprospekt offen ausgewiesenen Leistungen ist, damit der Anleger ihr besonderes Interesse an der Empfehlung gerade dieser Anlage erkennen kann.
12
Unverständlich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Beklagten auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2011 (WM 2011, 1117), durch den der eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisende Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (XI ZR 155/06, juris) betreffend einen Ausgleichsanspruch des Ausfall- gegen den Regelbürgen aufgehoben worden ist. Dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Revision auch wegen einer Frage zuzulassen ist, die sich in dem betreffenden Rechtsstreit nicht stellt.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -
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bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).
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aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
10
d) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend das Verschulden der Beklagten festgestellt.

(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu vernehmen.

(2) Der Antrag ist nicht zu berücksichtigen, wenn er Tatsachen betrifft, deren Gegenteil das Gericht für erwiesen erachtet.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu vernehmen.

(2) Der Antrag ist nicht zu berücksichtigen, wenn er Tatsachen betrifft, deren Gegenteil das Gericht für erwiesen erachtet.

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d) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend das Verschulden der Beklagten festgestellt.
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a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Anrechnung von Steuervorteilen grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114; Urteile vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175, vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 11, vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rn. 28, vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 7, vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rn. 25 sowie vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rn. 35 ff. und vom 20. Juli 2010 - XI ZR 465/07, WM 2010, 1555 Rn. 22, beide zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Da das Gericht über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu entscheiden hat (§ 287 Abs. 1 ZPO) und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleistung auswirkt (vgl. BGH, Urteile vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175, vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rn. 28, vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350, Rn. 13, vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 13 und vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rn. 36 f.).
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a) Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrags rechtsfehlerfrei verneint, soweit dieser vom Schaden des Klägers abzuziehende Positionen (Ausschüttungen bzw. eventuelle Steuervorteile) zum Gegenstand hat, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen (Tatsachen -)Verhandlung angefallen sind. Insoweit handelt es sich um einzelne Voraussetzungen/Elemente des einheitlich zu behandelnden Schadensersatzanspruchs des Klägers, über deren Bestehen oder Nichtbestehen bereits mit der Klage entschieden worden ist.