Landgericht Dortmund Urteil, 04. Juli 2014 - 3 O 344/13
Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.686,52 € (i.W.: neunzehntausendsechshundertsechsundachtzig 52/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Rechte an der Beteiligung an der E. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Rückzahlung ihrer Einlage nebst Agio und Ersatz entgangener Anlagezinsen.
3Unter dem 23.03.2007 beteiligte sich die Klägerin an der E – einem Schiffsfonds, dessen Zweck in Erwerb und Betrieb des Tankschiffs M bestand. Die Beteiligungssumme der Klägerin belief sich auf 25.000,00 US-$ zuzüglich eines Agios in Höhe von 5 % (insgesamt 19.686,52 €), die die Klägerin bezahlte. Grundlage des Fondsbeitritts der Klägerin waren der Emissionsprospekt zum Fonds Nr. 120 (Anl. B1) sowie die Beitrittserklärung der Klägerin vom 23.03.2007 (Anl. K4). Der Zeichnung waren am 08.03.2007 ein Gespräch mit der Zeugin X und die Prospektübergabe am gleichen Tag vorangegangen. An weiteren geschlossenen Fonds hatte sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Zeichnung nicht beteiligt.
4Die Beklagte vertrieb Beteiligungen an dem streitgegenständlichen Fonds. Für die Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligung erhielt die Beklagte Rückvergütungen aus den Vertriebskosten des Fonds, worauf die Klägerin von der Zeugin X nicht hingewiesen wurde.
5Eine von der Klägerin mit Schreiben vom 04.02.2013 angeregte außergerichtliche Einigung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 15.02.2013 ab.
6Die Klägerin behauptet, die Beteiligung sei auf Empfehlung der Zeugin X erfolgt. Die Zeugin X habe sie falsch beraten. Gegenüber der Klägerin, die nach einer Anlage zur Altersvorsorge gefragt habe, habe die Zeugin die Sicherheit und steuerliche Attraktivität der Anlage betont. Dabei habe sie über verschiedene Risiken des Fonds nicht aufgeklärt, so über den Darlehenscharakter von Ausschüttungen, das Totalverlustrisiko und die von der Beklagten erhaltenen Rückvergütungen. Bei richtiger Aufklärung wäre die Klägerin dem Fonds nicht beigetreten und hätte stattdessen die Beteiligungssumme auf einem Tagesgeldkonto mit 2 % p.a. angelegt. Steuervorteile habe die Klägerin durch die Beteiligung nicht erzielt. Von den den Schadensersatzanspruch begründenden Umständen habe sie erst im Jahr 2013 erfahren.
7Die Klägerin ist der Ansicht, die aufklärungspflichtige Beklagte sei ihrer Informationspflicht hinsichtlich der erhaltenen Rückvergütungen nicht nachgekommen.
8Die Klägerin beantragt,
91. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 19.686,52 € nebst Zinsen in Höhe von 2 % p.a. vom 02.04.2007 bis 10.09.2013 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Rechte an der Beteiligung an der E;
102. festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme der Abtretung in Verzug ist.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe sich mit Email vom 03.01.2007 an die Zeugin gewandt. Sie habe um die Übersendung von Unterlagen bezüglich verschiedener geschlossener Fonds gebeten, die sie erhalten habe; an einer Beratung durch die Zeugin X sei die Klägerin nicht interessiert gewesen. Die Zeugin habe der Klägerin eine andere Beteiligung, eine Beteiligung an dem C, empfohlen. Die Klägerin habe sich nach einer Bedenkzeit von 14 Tagen hingegen ausdrücklich und auf eigenen Wunsch für eine Beteiligung an dem streitgegenständlichen Fonds entschieden. Außerdem habe die Klägerin im Oktober 2007 eine sog. MIFID-Aufklärung von der Beklagten in Form der Broschüre „Kundeninformationen zum Wertpapiergeschäft“ erhalten, mit der sie über die Zahlung von Vermittlungsvergütungen informiert worden sei (Anl. B2).
14Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin die Ausschüttungen ganz oder teilweise zurückgezahlt habe.
15Die Beklagte ist der Ansicht, es habe keine Pflicht zur Aufklärung bezüglich Rückvergütungen der Bank bestanden. Außerdem sei die unterbliebene Aufklärung für die Anlegerentscheidung der Klägerin nicht kausal gewesen und habe zudem auf einem unvermeidbaren Rechtsirrtum der Beklagten beruht. Zudem seien Steuervorteile der Klägerin schadensmindernd in Abzug zu bringen.
16Die Beklagte beruft sich im Zusammenhang mit der MIFID-Mitteilung „Kundeninformationen zum Wertpapiergeschäft“ auf die Einrede der Verjährung.
17Die Klage ist am 11.09.2013 zugestellt worden. Die Klägerin hat die Klage mit Schreiben vom 06.09.2013 (Bl. 22 d.A.) in Höhe von 224,68 € zurückgenommen. Die Klägerin hat die ursprüngliche Summe in Höhe von 19.911,20 € um die Höhe der Gewerbesteuerbeträge auf insgesamt 19.686,52 € reduziert, da die Klägerin diesen Betrag nicht an das Finanzamt abführen musste.
18Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T und X sowie der Klägerin als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 04.04.2014 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang und damit weit überwiegend begründet. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Höhe der geleisteten Einlage nebst Agio Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an dem streitgegenständlichen Fonds zu. Die Beklagte ist ihrer Aufklärungspflicht bezüglich erhaltener Rückvergütungen nicht nachgekommen. Ein Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen besteht nicht.
21Der Schadensersatzanspruch der Klägerin folgt aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. Anlageberatungsvertrag, auf Grundlage der Vorschriften des BGB, in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung. Es steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag geschlossen wurde. Für das Zustandekommen ist regelmäßig ausreichend, dass die Parteien wegen einer Geldanlage in Verhandlung getreten sind (BGH NJW 1977, 2259). Ein Vertrag kommt auch ohne ausdrückliche Abrede der Parteien zustande, wenn ein Anlageinteressent bei einer bestimmten Anlageentscheidung Rat bei einem Anlageinstitut sucht und dieses ihn berät (BGH, Urt. v. 15.06.2000 – III ZR 305/98 Rn. 6; BGH, Urt. v. 07.10.2008 – XI ZR 89/07 Rn. 11; BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 19; BGH, Urt. v. 19.03.2013 – XI ZR 431/11 Rn. 17; Palandt, § 280 Rn. 47; a.A. Krüger, NJW 2013, 1845, 1849; verneint bei gezielter Auftragserteilung BGH, Urt. v. 19.05.1998 – XI ZR 216/97; BGH, Urt. v. 19.03.2013 – XI ZR 431/11 Rn. 17; OLG Hamm, Urt. v. 28.11.2011 – 31 U 74/11; I-31 U 74/11; OLG Düsseldorf ZIP 2004, 409). Ausreichend für einen stillschweigenden Abschluss ist, dass die Beratung erkennbar Grundlage für die Anlageentscheidung des Interessenten werden soll.
22Die Zeugin X hat erklärt, dass die Klägerin mit der Bitte um Informationen bezüglich geschlossener Fonds an sie herangetreten sei. Sie habe daraufhin im Gespräch mit der Klägerin zwei – u.a. den streitgegenständlichen – Fonds vorgestellt. Die Zeugin beschreibt ihre Tätigkeit als Anlageberaterin, die mit den Kunden über Anlageziele und -wünsche spricht und das auch so bei der Klägerin und ihrem Bruder getan habe. Das Gericht folgt dieser Aussage. Es ist überzeugt, dass die Aussage glaubhaft und die Zeugin persönlich glaubwürdig ist. Die Zeugin hat nachvollziehbar und detailliert dargelegt, wie sich ihre Tätigkeit als Anlageberaterin im Gespräch mit Kunden gestaltet. Sie hat dabei widerspruchsfrei auf das Gespräch mit der Klägerin und ihrem Bruder Bezug genommen und erklärt, wie sie die beiden Fondsangebote den Geschwistern vorgestellt hat. Die Darstellung ist plausibel und entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung in Hinblick auf Gespräche mit Bankkunden in Anlagefragen. Ferner ist die Zeugin auch glaubwürdig, da sie an der Darstellung kein ersichtliches Eigeninteresse hat. Die Zeugin ist Mitarbeiterin der Beklagten. Von Letzterer wird die von der Zeugin dargestellte Beratungssituation vielmehr bestritten. Dieser Widerspruch von Interessen der Beklagten und Aussage der Zeugin belegt ihre unvoreingenommene Glaubwürdigkeit. Die glaubhafte Zeugenaussage des Zeugen T bestätigt diese Darstellung. Er stellt widerspruchsfrei und in Einklang mit der Zeugin X den Einfluss der Beklagten auf die Anlageentscheidung der Klägerin dar. Auch als Bruder und den damit denkbaren verwandtschaftlichen und emotionalen Bindungen ist er mangels einseitiger Belastungstendenzen glaubwürdig.
23Der Berater schuldet dem Anlageinteressenten im Rahmen eines Beratungsvertrags dann eine anleger- und objektgerechte Beratung (BGH, Urt. v. 06.07.1993 – XI ZR 12/93 Rn. 14 ff.; BGH, Urt. v. 22.03.2011 – XI ZR 33/10 Rn. 22 ff.). Im Rahmen einer objektgerechten Beratung ist der Berater verpflichtet, den Interessierten richtig und vollständig zu informieren, ihn bezüglich aller Umstände und Risiken aufzuklären, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sein können (BGH, Urt. v. 22.03.2011 – XI ZR 33/10 Rn. 20; BGH, Urt. v. 01.12.2011 – III ZR 56/11 Rn. 9 f.; Palandt, § 280 Rn. 48 ff., 54).
24Die objektgerechte Beratung erfasst auch die ungefragte Aufklärung über Rückvergütungen durch die Bank. Rückvergütungen sind regelmäßig aufklärungspflichtige Positionen. Bei aufklärungspflichtigen Rückvergütungen handelt es sich um regelmäßig umsatzabhängige Provisionen, die im Unterschied zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen gezahlt werden. Damit entsteht bei dem Anlageinteressenten zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage. Wenn der Rückfluss an die Bank allerdings nicht dem Interessenten mitgeteilt wird, kann der Anleger nicht das besondere Interesse der Bank an der Empfehlung einer bestimmten Anlage erkennen (BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 22 ff.; Beschl. v. 24.08.2011 – XI ZR 158/01 Rn. 4).
25Eine Information ist erforderlich, um dem Anlagekunden den Interessenkonflikt der Bank vor Augen zu führen. Die Bank hat ungefragt – im Gegensatz zu einem freien Anlageberater – sowohl hinsichtlich des Ob als auch der konkreten Höhe der Rückvergütung zu informieren (BGH, Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05 Rn. 22; BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – XI ZR 191/10; BGH, Urt. v. 16.03.2011 – 19 U 126/10, BeckRS 2011, 10187; BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 498/11). Die Bank kann ihren Pflichten – als eines von mehreren Mitteln (BGH, Urt. v. 11.05.2006 – III ZR 205/05 Rn. 9) –, durch die rechtzeitige Übergabe eines richtigen und vollständigen Prospekts nachkommen (OLG Köln, Urt. v. 04.09.2012 – 24 U 65/11 Rn. 25; Palandt, § 311 Rn. 70).
26Der Emissionsprospekt war der Klägerin unstreitig vor Zeichnung übergeben worden. Allerdings genügt der dortige Hinweis auf Vertriebskosten nicht für eine ausreichende Aufklärung. Es ist regelmäßig erforderlich, dass der Betreffende auch namentlich als Empfänger der Vergütungen benannt wird. In dem Prospekt heißt es allerdings lediglich auf S. 31 unter dem Stichwort „Vertrieb und Einwerbung des Beteiligungskapitals“: „Für Marketing und Einwerbung des Beteiligungskapitals erhält die Q eine vertraglich vereinbarte Gebühr in Höhe von TUS-$ 10.020 zuzüglich Umsatzsteuer berücksichtigt.“ Die Beklagte geht also nicht aus dem Emissionsprospekt als Empfängerin namentlich hervor. Das wäre allerdings für eine ausreichende Aufklärung erforderlich (BGH, NJW 2011, 3227; BGH, NJW 2012, 2427; BGH, NJW 2013, 1801). In dem Beratungsgespräch mit der Zeugin X wurde die Klägerin unstreitig nicht über die Rückvergütungen informiert.
27Zudem ist die fehlende Aufklärung bezüglich der Rückvergütungen für die Anlageentscheidung der Klägerin auch kausal geworden. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch in Bezug auf mangelnde Aufklärung bezüglich Rückvergütungen uneingeschränkt (BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 498/11; vgl. ferner BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 240/10 Rn. 29; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10 Rn. 34 ff.). Aus dieser Vermutung wird eine Beweislastumkehr bezüglich des kausalen Schadens gefolgert (BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 20; BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 240/10 Rn. 20). Die Beklagte müsste darlegen und beweisen, dass die Klägerin auch im Fall ordnungsgemäßer Aufklärung die Anlage erworben hätte, da sie einen zutreffenden Rat ohnehin nicht befolgt hätte (BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 240/10 Rn. 19). Die Beklagte hat den Beweis nicht führen können.
28Nach der überzeugenden Aussage der Klägerin im Rahmen der Parteivernehmung steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin den Fonds nicht gezeichnet hätte, wenn sie über den Erhalt von Rückvergütungen durch die Beklagte aufgeklärt worden wäre (zur Parteivernehmung im Rahmen der Kausalität BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 240/10 Rn. 23 ff.; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10 Rn. 38 ff.). Die Klägerin hat erklärt, dass sie die streitgegenständliche Beteiligung dann nicht gewählt hätte. Sie hätte erkannt, dass sie nicht im Mittelpunkt des Interesses der Beklagten gestanden hätte und diese es allein darauf angelegt hätte, sich zu bereichern. Den Prospekt habe die Klägerin nicht gelesen und auch zuvor keine Fondsbeteiligung gezeichnet. Die Aussage der Klägerin ist glaubhaft. Sie hat widerspruchsfrei bekundet, dass sie den Fonds nicht gezeichnet hätte, wenn ihr die Rückvergütungen bekannt gewesen wären. Denn – so betonte die Klägerin – für ihre Entscheidung war das Vertrauensverhältnis zu der Zeugin X und damit der Beklagten maßgebend. Hätte die Klägerin von den Rückvergütungen gewusst, so hätte sie das erhebliche Eigen- und nur beschränkte Interesse der Beklagten an der Person der Klägerin erkannt. Ohne die genannte Vertrauensbeziehung hätte sie nicht gezeichnet. Diese Erklärung ist plausibel und ohne weiteres nachvollziehbar. Wenn auch ein beachtliches Eigeninteresse der Klägerin an einer derartigen Darstellung nicht von der Hand zu weisen ist, so ist sie zugleich persönlich glaubwürdig. Auch nach mehrfachen Nachfragen hat sie unbeeindruckt und klar an ihrer Aussage festgehalten. Sie ließ sich in der Vernehmung von hypothetischen Fragen und Alternativvorschlägen zu ihrem Anlegerverhalten nicht von ihrer Auffassung abbringen. Sie beharrte mit authentisch übermittelten Emotionen auf ihrer Position.
29Ferner kann dahinstehen, ob die MIFID-Mitteilung im Oktober 2007 der Klägerin zugegangen ist. Denn sie genügt jedenfalls nicht den inhaltlichen Anforderungen, um die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens zu widerlegen.
30In dem Kapitel „Allgemeine Information für Kunden über Zuwendungen“, S. 10 ff. wird allgemein über den Erhalt von Vertriebs-, Verwaltungs- und Vertriebserfolgsvergütungen im Bereich von Investmentfonds der Beklagten informiert. Diese Informationen sind schon nicht ausreichend, da die Bank regelmäßig über die konkrete Höhe der erhaltenen Rückvergütungen aufklären muss. Zudem handelt es sich um eine „Kundeninformation zum Wertpapiergeschäft“ und nicht um Hinweise für die durch die Beklagte vermittelte Schiffsbeteiligung (vgl. BGH, Beschl. v. 19.07.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 9; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10 Rn. 48). Damit liegt eine eher allgemein gehaltene Information vor, so auch betitelt als Kundeninformation zum Wertpapiergeschäft (Anl. B2). Eher fernliegend erscheinen Rückschlüsse von einem Einverständnis mit Rückvergütungen im Fall von Wertpapieren auf den hier vorliegenden Schiffsfonds (vgl. BGH, Beschl. v. 19.07.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 9; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10 Rn. 48). Konkretere Informationen werden in der Broschüre nicht mitgeteilt, sondern allein in dem Kapitel „Allgemeine Informationen für Kunden über Zuwendungen“, S. 11, in Aussicht gestellt: „Ob und in welcher Höhe wir Rückvergütungen zur Deckung des Vertriebsaufwands bezüglich anderer Finanzinstrumente erhalten, werden wir Ihnen im Einzelfall gesondert mitteilen.“
31Schließlich hatte die Klägerin unstreitig zum Zeitpunkt der Zeichnung keine Anlegererfahrung mit geschlossenen Fonds. Sie ist keine Anlegerin, die allgemein Kenntnis von Rückzahlungen an die Beklagte hatte (vgl. BGH, Beschl. v. 15.01.2013 – XI ZR 8/12; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10; BGH, Urt. v. 28.05.2013 – XI ZR 184/11).
32Die Beklagte hat die Pflichtverletzung auch zu vertreten, ihr Verschulden wird nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sie die mangelnde Aufklärung hinsichtlich der Rückvergütungen nicht zu vertreten hat. Hinsichtlich des vorgetragenen unvermeidbaren Rechtsirrtums ist auf die hohen Anforderungen der Rechtsprechung zur Bejahung eines unvermeidbaren Rechtsirrtums zu verweisen. So hat der Betroffene regelmäßig die Rechtslage gewissenhaft zu prüfen. Soweit es ihm erforderlich erscheint, muss er Rechtsrat einholen (BGH, Beschl. v. 29.06.2010 – XI ZR 308/09; BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 498/11). Der Beklagten ist ein Fahrlässigkeitsvorwurf zur Zeit der Zeichnung im Jahr 2007 zu machen. Nach Rechtsprechung des BGH müssen Banken spätestens seit 1990 über ihre Aufklärungspflichten in Bezug auf Rückvergütungen informiert sein (BGH, Beschl. v. 29.06.2010 – XI ZR 308/09; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10), nachdem in den Jahren 1989 und 1990 Grundsatzentscheidungen des BGH in Bezug auf heimliche und damit unzulässige Kick-Back-Vereinbarungen ergangen sind (BGH, Urt. v. 28.02.1989 – XI ZR 70/88; BGH, Urt. v. 06.02.1990 – XI ZR 184/88).
33Der Klägerin ist der Schaden im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB im Wege der Naturalrestitution zu ersetzen, sie ist so zu stellen, als ob sie den Zeichnungsschein nicht gezeichnet hätte. Der Anspruch ist gerichtet auf Rückzahlung der Einlage nebst Agio ohne Ersatz entgangener Anlagezinsen, Zug um Zug gegen Übertragung der Anlage (vgl. Palandt, § 280 Rn. 50). Einen Anspruch auf entgangenen Gewinn gemäß § 252 BGB in Höhe von 2 % Zinsen bei einer Anlage auf dem Tagesgeldkonto hat die Klägerin bislang nicht schlüssig dargelegt und unter Beweis gestellt. Zwar sind entgangene Anlagezinsen Teil des entgangenen Gewinns nach § 252 BGB. Bezüglich der abstrakten Berechnung der Anleger kann in der Regel auf die allgemeine Lebenserfahrung, § 252 S. 2 BGB, abgestellt werden, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt ruht, sondern angelegt wird (BGH, 08.05.2012 - XI ZR 262/10; Palandt, § 252 Rn. 7; OLG Stuttgart Urt. v. 30.11.2010 – 6 U 2/10). Allerdings wurde durch die Rechtsprechung des BGH die Möglichkeit einer abstrakten Berechnung des entgangenen Gewinns insoweit begrenzt, als dass es nicht der allgemeinen Erfahrung entspreche, dass eine Geldanlage überhaupt einen Gewinn ergebe und eine bestimmte Gewinnhöhe erst recht nicht festzustellen sei (BGH Urt. v. 24.04.2012 – XI ZR 360/11). Es obliegt dem Anleger, den entgangenen Gewinn konkret zu berechnen. Der Anleger ist für die Tatsache und die Höhe des entgangenen Gewinns unter Berücksichtigung von § 287 ZPO, § 252 S. 2 BGB darlegungs- und beweisbelastet. Es ist seine Aufgabe, konkrete Alternativanlagen darzulegen und einen entsprechenden Beweis anzutreten (BGH Urt. v. 24.04.2012 – XI ZR 360/11; OLG Hamm Urt. v. 11.06.2012 – 31 U 89/11).
34Die Klägerin trägt lediglich vor, sie hätte anderenfalls den Zeichnungsbetrag auf einem Tagesgeldkonto zu den genannten Zinskonditionen angelegt. Dieser Vortrag ist für ein Zusprechen eines entgangenen Gewinns nicht hinreichend substantiiert. Denn die Klägerin legt nicht dar, dass sie tatsächlich alternativ einer derart konservativen Anlegeroption den Vorzug gegeben hätte.
35Vorliegend hat die Klägerin keine Ausschüttungen behalten, die schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Die Beklagte bestreitet die Rückzahlungen der Ausschüttungen durch die Klägerin gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen. Das Bestreiten mit Nichtwissen ist zulässig, da die Rückzahlungen nicht an die Beklagte, sondern an die selbstständige Fondsgesellschaft zu zahlen waren. Das Gericht sieht es gleichwohl als erwiesen an, dass die Ausschüttungen vollumfänglich von der Klägerin zurückgeführt wurden. Es wurden ein Bestätigungsschreiben über den Erhalt der Einzahlung in Höhe von 1.556,56 € vom 26.09.2012 (K10) sowie die Aufforderungsschreiben der Fondsverwaltung vom 06.08.2012 (K11) und 12.10.2012 (K12) vorgelegt. Die Echtheit der Urkunden wurde nicht in Frage gestellt.
36Dem Zahlungsanspruch der Klägerin steht auch keine Anrechnung von etwaigen Steuervorteilen im Wege des Vorteilsausgleichs entgegen. Eine Anrechnungspflicht besteht, wenn nicht die Ersatzleistung selbst oder eine Zug um Zug Übertragung der Beteiligung seitens der Klägerin an die Beklagte ihrerseits etwa als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern ist (BGH, Urt. v. 07.12.2009 – II ZR 205/08 Rn. 30; Urt. v. 15.07.2010 – III ZR 336/08 Rn. 36; BGH, Urt. v. 15.07.2010 – III ZR 336/08 Rn. 36, 50; OLG München, Urt. v. 17.01.2012 – 5 U 2167/11 Rn. 58; LG Bielefeld, Urt. v. 31.05.2012 – 6 O 625/11 Rn. 110; LG Dortmund, Urt. v. 22.11.2013, 3 O 35/13). Auch bei Versteuerung sind Steuervorteile anzurechnen, wenn der Anleger außergewöhnlich hohe Steuervorteile erzielt hat. Die Klägerin hat ihre Ersatzleistung zu versteuern. Für besonders hohe Steuervorteile ist seitens der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nichts dargetan.
37Letztlich ist der Anspruch der Klägerin auch nicht gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 BGB verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt mit Entstehen des Anspruchs und der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners. Der Anspruch entsteht im Falle einer mangelnden Aufklärung und Beratung durch Eingehung der vertraglichen Verpflichtung, also mit Vertragsschluss vom 23.08.2005 (BGH, Urt. v. 08.07.2010 – III ZR 249/09 Rn. 24; Palandt, § 199 Rn. 15). Kenntnis ist zu bejahen, wenn die bekannten Tatsachen genügen, um die Folgerung auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners nahezulegen (BGH, Urt. v. 03.06.2008 – XI ZR 319/06, Rn. 29 ff.). Für das Vorliegen der Voraussetzungen ist die Anspruchsgegnerin, die Beklagte, beweispflichtig (BGH, Urt. v. 23.01.2007 – XI ZR 44/06, Rn. 19). Sie verweist auf die Kundeninformation im Oktober 2007, die allerdings wie oben dargestellt nicht hinreichend konkret über die erhaltenen Rückvergütungen der Klägerin informiert. Ihr Zugang kann dahinstehen, da sie ohnehin wie bereits dargelegt nicht kenntnisbegründend wirkt.
38Der Antrag bezüglich der Zinsen ab Rechtshängigkeit folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
39Der Feststellungsantrag ist zulässig, das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus §§ 756, 765 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 31.05.2000 – XII ZR 41/98; Thomas/Putzo, § 256 Rn. 10). Das den Gläubigerverzug nach §§ 293 ff. BGB begründende Angebot auf Anteilsübertragung ist zudem jedenfalls in der Klageschrift erfolgt (vgl. Palandt, § 280 Rn. 50).
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 u. 2 ZPO.
41Der Streitwert wird auf 19.911,20 € bis zum 06.09.2013 und ab dem 07.09.2013 auf 19.686,52 € festgesetzt.
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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte, die der H. Unternehmensgruppe angehört, war Initiatorin, Projektplanerin und nach ihren eigenen Angaben Prospektherausgeberin für das Modernisierungsobjekt J. in M., das zum Ziel hatte, ein unter Denkmalschutz stehendes ehemaliges Mädchenwohnheim so umzubauen und zu modernisieren , daß 92 Eigentumswohnungen entstehen sollten. Bauträger und Verkäufer für die vorgesehenen Eigentumswohnungen war die K. GmbH. In den Erwerb war unter anderem die H. GmbH eingeschaltet, die auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungsverträgen mit Erwerbsinteressenten in deren Namen Verträge über den Erwerb von Wohnungseigentum und die Finanzierung abschloß. Nach Kenntnisnahme einer von der H. Unternehmensgruppe ausgearbeiteten und den Klägern von dem als "Wirtschaftlichkeitsberater" auftretenden N. präsentierten Berechnung vom 10. Januar 1994, die auf ihre persönlichen Verhältnisse zugeschnitten war und die Auswirkungen der Werbungskosten , Abschreibungen und Finanzierungsaufwendungen bis zum Jahr 1997 darstellte, entschlossen sich die Kläger zum Kauf einer Eigentumswohnung zum Preis von 124.992 DM; zur Finanzierung aller mit dem Erwerb zusammenhängenden Kosten nahmen sie zwei Kredite von insgesamt 165.600 DM auf.
Da sich in der Folgezeit die finanziellen Prognosen nicht verwirklichten, insbesondere auch Zahlungen aus einer Mietgarantie ausblieben, verlangen die Kläger unter dem Gesichtspunkt fehlerhafter Beratung und Aufklärung mit ihrer Klage von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 165.600 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abgabe einer notariellen Erklärung, mit der der Be-
klagten Eigentum an der Wohnung eingeräumt werden soll. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dies ist, da die Revisionsbeklagte im Verhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil auszusprechen, das inhaltlich auf einer Sachprüfung beruht (BGHZ 37, 79,
81).
I.
Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten als Initiatorin des Modernisierungsobjekts. Die Grundsätze über die Prospekthaftung führten hier zu keiner Haftung der Beklagten, da sie tatsächlich weder einen Prospekt noch eine sonstige schriftliche Verkaufsinformation herausgegeben habe. Eine Haftung werde auch nicht durch das Unterlassen einer Prospektherausgabe begründet, weil es insoweit an einer gesetzlich normierten Pflicht fehle und den Initiator eine generelle Informationspflicht für mögliche Anleger nicht treffe. Die Beklagte hafte ferner nicht für mögliche Fehler in der Berechnung vom 10. Januar 1994. Denn die Kläger hätten nicht bewiesen, daß die den Absen-
der "H. Unternehmensgruppe" ausweisende Berechnung von der Beklagten stamme oder die Kläger das angenommen hätten. Im übrigen weise die Berechnung keine Unrichtigkeiten auf. Soweit der Vermittler N. eingeschaltet gewesen sei, hätten die Kläger nicht bewiesen, daß er für die Beklagte aufgetreten sei oder sie fehlerhaft beraten habe.
II.
Diese Beurteilung hält den Rügen der Revision in maßgebenden Punkten nicht stand.
1. Eine Haftung der Beklagten kommt aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung eines Beratungsvertrages in Betracht. Mit der Berechnung vom 10. Januar 1994 sollte auf der Grundlage der Einkommenssituation der Kläger dargestellt werden, wie sich der beabsichtigte Erwerb der zur Vermietung vorgesehenen Immobilie bei einer Vollfinanzierung des Kaufpreises und der mit dem Erwerb verbundenen Nebenkosten in der Zeit von 1994 bis 1997 in der Liquidität der Kaufinteressenten auswirkte. Die Berechnung weist als Erwerber die Kläger und als Berater die H. Unternehmensgruppe aus. Sie sollte, wie in dem Schriftstück formuliert wird, Entscheidungshilfe für die Kaufinteressenten sein, war also erkennbar Grundlage für eine weittragende Entscheidung der Kläger, die über kein Eigenkapital verfügten und angesichts des ihnen angebotenen Engagements auf eine zuverlässige Information angewiesen waren (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. März 1992 - III ZR 170/90 - NJW-
RR 1992, 1011). Es ist daher vom stillschweigenden Abschluß eines Beratungsvertrages der Kläger mit der H. Unternehmensgruppe auszugehen.
Dieser Würdigung steht nicht der Hinweis in der Berechnung entgegen, der Erwerber solle unbedingt seinen persönlichen Berater auf die in ihr angegebenen ca.-Werte ansprechen. Denn hierdurch wird nicht in Frage gestellt, daß die von der H. Unternehmensgruppe herrührende Berechnung Grundlage der Beratung sein sollte und gewesen ist.
2. Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die Berechnung der H. Unternehmensgruppe nicht der Beklagten zugerechnet hat.
a) Gibt eine Unternehmensgruppe, die für sich betrachtet kein Rechtssubjekt ist, sondern sich nach dem naheliegenden Sinn dieser Bezeichnung aus einer Mehrheit von Personen im Rechtssinne zusammensetzt, eine Erklärung ab, mit der entsprechend den vorstehenden Ausführungen eine vertragsmäßige Beratung übernommen wird, dann entstehen grundsätzlich zu jedem Mitglied einer solchen Personenmehrheit, das mit dem in Frage stehenden Projekt befaßt und auch nach seiner Firmenbezeichnung der Unternehmensgruppe zuzuordnen ist, entsprechende rechtsgeschäftliche Beziehungen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Unternehmensgruppe - wie hier - nicht deutlich macht, daß die von ihr abgegebene Erklärung nur ein bestimmtes Mitglied treffen soll. Daß der Vertragspartner bei Begründung des geschäftlichen Kontaktes Kenntnis davon hat, wer der Unternehmensgruppe im einzelnen angehört , ist nicht notwendige Voraussetzung dafür, daß überhaupt vertragliche Beziehungen zu den - im Streitfall gesamtschuldnerisch haftenden - Mitgliedern der Gruppe begründet werden. Der Umstand, daß die Kläger im Zeitpunkt ihrer
Beratung aufgrund der Berechnung vom 10. Januar 1994 noch keine Kenntnis von der Beklagten und den von ihr wahrgenommenen Aufgaben im Zusammenhang mit dem Modernisierungsobjekt hatten, schließt daher eine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien nicht aus. Die vertragliche Einbindung der Beklagten beruht insoweit auf ihrer Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe und auf ihrer - hier als Initiatorin sogar maßgeblichen - Befassung mit dem Projekt. Stellt sie nicht von sich aus in Frage, daß der oder die für die H. Unternehmensgruppe Handelnden befugt gewesen seien, in ihrem Namen Erklärungen abzugeben, besteht kein Vertretungsproblem. Es kommt dann auch nicht darauf an, ob bei Fehlen einer entsprechenden Vertretungsberechtigung eine Rechtsscheinhaftung begründet sein könnte, was das Berufungsgericht offenbar verneinen möchte. Ebensowenig ist es unter diesen Umständen, die dadurch gekennzeichnet sind, daß die Urheberschaft hinsichtlich der Berechnung in einer den Kunden benachteiligenden Weise verschleiert wird, entscheidend , welches der der Unternehmensgruppe angehörenden Unternehmen die Berechnung gefertigt hat.
b) Zudem ist nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht einmal auszuschließen , daß die Berechnung von der Beklagten selbst stammt. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat sich auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht dazu erklären können, welches Unternehmen der H. Unternehmensgruppe die Berechnung vom 10. Januar 1994 erstellt hat. Soweit im Tatbestand des angefochtenen Urteils hierzu wiedergegeben wird, die Beklagte habe in erster Instanz behauptet, die Berechnung stamme von der H.-F.-K.-GmbH - diese Angaben greift das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen erkennbar mit dem Bemerken auf, sie seien nicht widerlegt -, rügt die Revision mit Recht, daß den erstinstanzlichen Schriftsätzen
der Beklagten eine entsprechende Behauptung nicht zu entnehmen ist. Auch das landgerichtliche Urteil weist eine solche Behauptung der Beklagten nicht aus, sondern stellt im Gegenteil fest, N. habe den Klägern im Zuge der Beratungsgespräche eine Ankaufsberechnung der Beklagten mit der Aufschrift "H. Unternehmensgruppe" überreicht. Da der Tatbestand des Berufungsurteils gemäß § 314 ZPO Beweis nur für das mündliche Vorbringen vor dem erkennenden Gericht und nicht für das Parteivorbringen im ersten Rechtszug erbringt (vgl. BGH, Urt. v. 10. November 1995 - V ZR 179/94 - WM 1996, 89, 90), fehlt es hinsichtlich der Urheberschaft der Berechnung an einer das Revisionsgericht bindenden Feststellung.
3. Geht man davon aus, daß sich die Beklagte als ein Mitglied der H. Unternehmensgruppe die Berechnung vom 10. Januar 1994 zurechnen lassen muß, dann läßt sich - wie die Revision mit Recht rügt - auch nicht verneinen, daß der Vermittler N. in ihrem Pflichtenkreis tätig geworden ist. Daß N. nicht wußte, welchem Unternehmen der H. Unternehmensgruppe der von ihm in seiner Zeugenaussage genannte Ansprechpartner T. angehörte, ist nicht entscheidend. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Firma G. und Partner, für die N. seinerzeit tätig war, einen Vertriebsvertrag mit einem bestimmten anderen Unternehmen der H. Unternehmensgruppe als der Beklagten hatte. Für den hier in Rede stehenden Beratungsvertrag ist entscheidend, daß den Klägern die für den Vertrieb zuständige Gesellschaft weder in der Ankaufsberechnung noch durch den Vermittler offengelegt wurde. Dem an den Vermittler gerichteten Anschreiben ist zu entnehmen, daß er - wenn er nicht gar der in der Berechnung genannte persönliche Berater sein sollte - von der H. Unternehmensgruppe eingeschaltet wurde, um die Berechnung mit den Kaufinteressenten zu besprechen, sie auf dieser Grundlage zu beraten und ihre Ent-
schließung zu fördern. Die H. Unternehmensgruppe und die für sie haftende Beklagte können sich der Verantwortung für die Vertragsverhandlungen, die der Sache nach mit dem Angebot der Kläger auf Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit der H. GmbH abgeschlossen waren, nicht durch Einschaltung eines selbständigen Vermittlers entziehen (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1998 - III ZR 158/97 - NJW 1998, 2898, 2899). Die Beklagte hat daher nach § 278 BGB für ein etwaiges Fehlverhalten des Vermittlers einzustehen.
4. Was die Richtigkeit der Immobilienberechnung angeht, beanstandet die Revision den Vortrag und Beweisantritt der Kläger als übergangen, in M. werde für Mietwohnungen in vergleichbarer Wohnanlage ein maximaler Mietzins von 10 DM pro Quadratmeter gezahlt und sei als ortsüblich anzusehen, während die Immobilienberechnung einen Quadratmeterpreis von 22 DM zugrunde lege. Ein solcher Preis sei nach dem Vorbringen der Kläger als absolute Ausnahme nur in reinen Spitzenlagen und für die erworbene Wohneinheit in einem Altbau unter keinen Umständen erzielbar. Das Berufungsgericht, das sich im Hinblick auf seine Rechtsauffassung nur knapp mit der Richtigkeit der Immobilienberechnung beschäftigt hat, geht auf das insoweit streitige Vorbringen nicht näher ein. Die Klärung dieser Frage ist nicht deshalb entbehrlich, weil den Klägern für die ersten fünf Jahre eine Mietgarantie in Höhe der veranschlagten Miete gegeben worden ist. Denn im Rahmen der hier in Rede stehenden Immobilienberechnung kam es nicht allein darauf an, ob die zugrunde gelegten Zahlen für den Zeitraum von 1994 bis 1997 zutrafen; daß sich die Verhältnisse für den anschließenden Zeitraum grundlegend ändern konnten, mußte ebenfalls offengelegt werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn - wie hier - das gesamte Vorhaben fremdfinanziert wird und die Diskrepanz so erheblich ist, wie sie von den Klägern behauptet wird.
Soweit in der Immobilienberechnung ausgeführt wird, für die Richtigkeit könne keine Haftung übernommen werden, liegt hierin eine nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG unzulässige Einschränkung der Haftung für die Erfüllung einer sogenannten Kardinalpflicht (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - WM 2000, 426, 429). Denn es war gerade Gegenstand des Beratungsvertrages , die Kläger richtig und umfassend für die von ihnen zu treffende Anlageentscheidung zu informieren.
III.
Danach kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben. Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf folgendes hin:
1. Sollte die Beklagte erstmals in Frage stellen, die für die Unternehmensgruppe Handelnden seien nicht befugt gewesen, für sie verbindliche Erklärungen abzugeben, kommt ihre Haftung aus Rechtsscheingesichtspunkten in Betracht. Da sie Projektplanerin, Initiatorin des Bauvorhabens und nach ihren Angaben Prospektherausgeberin war, wird sie sich schwerlich darauf berufen können, ihr sei das Tätigwerden der H. Unternehmensgruppe unbekannt gewesen. Vielmehr liegt der Verdacht einer Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse nahe. Einer Rechtsscheinhaftung stünde daher auch nicht entgegen, daß die Kläger von der genauen Firmenbezeichnung der Beklagten und ihren Aufgaben in der Unternehmensgruppe erst mit Abgabe des Angebots auf Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrages Kenntnis erlangt haben.
2. Im weiteren Verfahren besteht auch Gelegenheit, auf die Rüge der Revision näher einzugehen, die auf die Liquidität abstellende Berechnung hebe nicht genügend hervor, daß die durch Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages sicherzustellende Tilgung unberücksichtigt geblieben sei und den in steuer- und immobilienrechtlichen Dingen unerfahrenen Klägern nicht vor Augen gestanden habe. Es besteht auch Anlaß zur näheren Prüfung, inwieweit die Beklagte verpflichtet war, auf Risiken hinzuweisen, die sich aus der der Berechnung zugrunde gelegten höheren Abschreibung nach § 7 i EStG ergeben konnten und sich hier nach dem Vorbringen der Kläger verwirklicht haben.
Rinne Wurm Streck
Schlick Dörr
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Der Beklagte begehrt von der Drittwiderbeklagten wegen fehlerhafter An1 lageberatung Schadensersatz, den er Zug um Zug gegen Abtretung der Kommanditanteile an einer Fondsgesellschaft mit beziffertem Zahlungsantrag, unbeziffertem Antrag auf Freistellung von Verbindlichkeiten sowie Feststellungsanträgen auf künftigen Schadensersatz und Verzug der Drittwiderbeklagten mitAnnahme der Fondsbeteiligung geltend macht. Die Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung der Restschuld aus dem zur Finanzierung der Kapitalanlage aufgenommenen Darlehen an die frühere Klägerin ist nach teilweiser Rücknahme der Berufung rechtskräftig geworden.
- 2
- Der Beklagte, Kaufmann im Ruhestand, erwarb in den 90er Jahren Immobilien in den neuen Bundesländern und Beteiligungen an mehreren geschlossenen Immobilienfonds. Dabei wurde er ganz überwiegend von dem Zeugen P. , einem Mitarbeiter der Drittwiderbeklagten, beraten.
- 3
- Im Jahre 1998 beteiligte sich der Beklagte als Kommanditist mit 100.000 DM an der L. KG, , einem geschlossenen Immobilienfonds (im Folgenden: Immobilienfonds ), der am S. ein Verwaltungsgebäude errichtete und später vermietete. Vermittelt wurde diese Beteiligung von der Drittwiderbeklagten , die dafür von dem Immobilienfonds über die im Prospekt als Empfänger der Kosten für die Eigenkapitalvermittlung ausgewiesene d. GmbH 6,5 % Provision erhielt. Die Einlage erbrachte der Beklagte in Höhe von 73.100 DM aus Eigenmitteln. Im Übrigen nahm er bei der früheren Klägerin, der B. , ein Darlehen auf.
- 4
- Die Fondsimmobilie wurde für zehn Jahre an den Be. vermietet. Innerhalb dieses Zeitraums entwickelte sich der Fonds erwartungsgemäß. Der Beklagte erhielt Ausschüttungen und konnte steuerliche Vorteile erzielen. Nach Ablauf des Mietverhältnisses ließ sich das Objekt nicht zu vergleichbaren Bedingungen weitervermieten. Der Fonds wurde aufgelöst, die Immobilie veräußert.
- 5
- Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die frühere Klägerin 13.954,28 € nebst Zinsen zur Tilgung des Darlehens zu zahlen. Es hat weiter festgestellt, dass dem Beklagten gegen diesen Darlehensrückzahlungsanspruch keinerlei Einwendungen, Einreden, Ansprüche und/oder sonstige Rechte zustehen. Die gegen die Klägerin und die Drittwiderbeklagte gerichtete Widerklage hat das Landgericht abgewiesen.
- 6
- Der Beklagte hat die gegen die Klägerin gerichtete Berufung zurückgenommen. Auf seine gegen die Drittwiderbeklagte gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht in einem "Grundurteil" das landgerichtliche Urteil zur Drittwiderklage abgeändert und diese dem Grunde nach als gerechtfertigt angesehen.
- 7
- Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 8
- Zwischen dem Beklagten und der Drittwiderbeklagten sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, den diese schuldhaft verletzt habe, da sie den Beklagten nicht über die Provision, die sie von der d. GmbH erhalten habe, aufgeklärt habe. Aus dem Prospekt gehe nicht hervor , dass und in welcher Höhe diese Provision an die Drittwiderbeklagte fließen sollte. Die Beklagte habe deshalb eine aufklärungspflichtige verdeckte Rückvergütung erhalten. Aus der Aussage des vom Landgericht dazu vernommenen Zeugen P. sei nicht zu entnehmen, dass eine Aufklärung des Beklagten ausnahmsweise deshalb entbehrlich gewesen wäre, weil dieser entsprechende Kenntnis besessen hätte. Die Pflichtverletzung habe die Drittwiderbeklagte zu vertreten. Die Kausalität der fehlenden Aufklärung über die empfangene Provision sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermuten. Diese Vermutung habe die Drittwiderbeklagte nicht widerlegt. Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt, da nicht ersichtlich sei, dass der Beklagte vor dem vorliegenden Rechtsstreit Kenntnis von der Zahlung einer Provision an die Drittwiderbeklagte gehabt habe. Hinsichtlich der Höhe des gel- tend gemachten Schadens bedürfe es weiterer Aufklärung unter anderem über erfolgte Ausschüttungen.
- 9
- Die Revision ist von dem Berufungsgericht nicht zugelassen worden. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Drittwiderbeklagten.
II.
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung- 10
- einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil das angegriffene Urteil den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, BGHZ 159, 135, 139 f., vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516 und vom 29. November 2011 - XI ZR 50/11, juris Rn. 10). Aus demselben Grund sind das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
- 11
- 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass eine Bank verpflichtet ist, einen Anleger über an sie fließende Rückvergütungen aus einer offen ausgewiesenen Vertriebsprovision oder einem Agio aufzuklären , wenn zwischen beiden - konkludent - ein Beratungsvertrag geschlossen worden ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20). Um aufklärungspflichtige Rückvergütungen handelt es sich auch dann, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwaltungsgebühren , sondern - wie hier - aus sonstigen offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließen (vgl. Senatsurteil vom 11. September 2012 - XI ZR 363/10, juris Rn. 16 mwN).
- 12
- 2. Das Berufungsgericht hat jedoch den Anspruch der Drittwiderbeklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil es zur Beantwortung der Frage, ob der Beklagte Kenntnis von der Zahlung der Provision an die Drittwiderbeklagte hatte, den dazu erstinstanzlich vernommenen Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen hat, obwohl es dessen Aussage anders gewürdigt hat als das Landgericht.
- 13
- a) Das Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des Gerichts des ersten Rechtszuges gebunden. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil, ist in aller Regel eine erneute Beweisaufnahme geboten (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; BVerfG, NJW 2011, 49 Rn. 14; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJWRR 2009, 1291 Rn. 5, vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516 und vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 6). Das Berufungsgericht ist in einem solchen Fall nach § 398 ZPO verpflichtet, in erster Instanz vernommene Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es deren protokollierte Aussagen anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will (BVerfG, NJW 2011, 49 Rn. 14; BGH, Beschlüsse vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10, WM 2011, 1533 Rn. 7, vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09, NJW 2011, 1364 Rn. 6, vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f. und Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00, NJW-RR 2002, 1500). Unterlässt es dies und wendet damit § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fehlerhaft an, ist die dadurch benachteiligte Partei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör nach § 103 Abs. 1 GG verletzt (BVerfG, NJW 2005, 1487; BGH, Beschlüsse vom 5. April 2006 - IV ZR 253/05, VersR 2006, 949 Rn. 1, vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 4, vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516, vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 6 und vom 11. September 2012 - XI ZR 476/11, juris Rn. 11).
- 14
- Die erneute Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben , wenn sich das Rechtsmittelgericht lediglich auf Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BGH, Urteile vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, WM 1991, 1896, 1897 f. und vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 sowie Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516, vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 7 und vom 11. September 2012 - XI ZR 476/11, juris Rn. 12).
- 15
- b) Danach verletzt das Berufungsurteil Art. 103 Abs. 1 GG.
- 16
- aa) Das Landgericht hat aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, ein Beratungsfehler liege nicht vor, selbst wenn der Zeuge P. den Beklagten nicht ausdrücklich auf die Zahlung der Provision hingewiesen haben sollte. Der vernommene Zeuge habe "auf ausdrückliches Befragen durch das Gericht glaubhaft bekundet, der Beklagte habe sehr wohl in allen Fällen gewusst, dass auch Provisionen gezahlt würden". Diese Tatsache sei sogar Gegenstand von Verhandlungen gewesen, in deren Rahmen der Beklagte - bei anderer Gelegenheit - günstigere Konditionen erhalten habe. An der Richtigkeit dieser Aussage habe das Landgericht keinerlei Zweifel.
- 17
- bb) Von dieser Beweiswürdigung durfte das Berufungsgericht nicht abweichen , ohne eine eigene Zeugenvernehmung durchzuführen.
- 18
- Das Berufungsgericht gelangt statt dessen ohne erneute Beweisaufnahme zu der abweichenden Beweiswürdigung, der Aussage des Zeugen sei "nur zu entnehmen, dass bei einem ausgewiesenen Agio der Kunde davon ausging, dass dieses der Bank zugutekam". Da vorliegend ein zusätzliches Agio nicht vereinbart worden sei, hat nach Auffassung des Berufungsgerichts die Drittwiderbeklagte nicht nachgewiesen, dass der Beklagte Kenntnis von einem Zufluss der Provision an die Drittwiderbeklagte besessen habe.
- 19
- cc) Diese abweichende Würdigung der Zeugenaussagen durch das Berufungsgericht war nicht ausnahmsweise ohne erneute Vernehmung zulässig, weil weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit von dessen Aussage von Bedeutung waren. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Zeuge habe Kenntnis des Beklagten von Provisionszahlungen nur für solche Fälle bestätigt, in denen ein zusätzliches Agio vereinbart worden sei, findet bereits in dem protokollierten Inhalt der Beweisaufnahme keine Stütze. Die Niederschrift gibt dazu lediglich die Aussage des Zeugen wider, er habe dem Versuch des Beklagten, über die Kosten zu handeln, beim Agio nicht nachgeben können. Statt dessen habe der Beklagte bei anderer Gelegenheit bessere Konditionen erhalten. Eine Einschränkung der allgemeinen Angabe des Zeugen, der Beklagte habe sehr wohl in allen Fällen gewusst, dass Provisionen gezahlt würden, enthält dies nicht.
- 20
- 3. Das angefochtene Urteil beruht auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es den Zeugen erneut vernommen hätte.
- 21
- a) Allerdings muss nach der Rechtsprechung des Senats eine beratende Bank nicht nur das Ob, sondern auch die Höhe einer Rückvergütung ungefragt offen legen (Senatsbeschlüsse vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 sowie Senatsurteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24 und vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 22). Ob der Beklagte auch die Höhe der an die Drittwiderbeklagte geflossenen Rückvergütung kannte, ist jedoch ungeklärt geblieben, da dazu der Zeuge ausweislich seiner protokollierten Aussage nicht konkret befragt worden ist. Insoweit bedarf es einer ergänzenden Zeugenvernehmung, bevor aus diesem Grund die Feststellung einer Pflichtverletzung der Drittwiderbeklagten in Betracht kommt.
- 22
- b) Unabhängig davon kann, was das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus konsequent nicht untersucht hat, die Kenntnis eines Anlegers von der Zahlung einer Rückvergütung für die Beurteilung der Kausalität bedeutsam sein. Die vom Landgericht festgestellte Tatsache, der Beklagte habe allgemein Kenntnis von Provisionen gehabt, die die Drittwiderbeklagte von dem jeweiligen Fonds erhielt, und sogar über einen Anteil daran - teilweise mit Erfolg - verhandelt, liefert ein vom Tatsachengericht zu würdigendes Indiz für die Behauptung der Drittwiderbeklagten, der Beklagte hätte auch bei korrekter Aufklärung die vorliegende Fondsbeteiligung gezeichnet (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 50).
- 23
- c) Schließlich kann der Kläger - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - bereits dann die für den Beginn der Verjährungsfrist ausreichende Kenntnis sämtlicher anspruchsbegründender Umstände im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehabt haben, wenn er zwar die Tatsache der Zahlung von Rückvergütungen kannte, von der Drittwiderbeklagten aber nicht über deren Höhe unterrichtet worden ist (vgl. auch OLG Karlsruhe, WM 2012, 2245, 2246 f., rechtskräftig durch Senatsbeschluss vom 3. April 2012 - XI ZR 383/11 und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 6 U 30/10, juris Rn. 34 f., rechtskräftig durch BGH, Beschluss vom 26. Januar 2012 - III ZR 8/11; U. Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 21 Rn. 60 aE). Damit wären die subjektiven Voraussetzungen der von der Drittwiderbeklagten erhobenen Verjährungseinrede dargetan.
- 24
- 4. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht zu beachten haben , dass ein Grundurteil zum Zahlungsantrag nicht ohne gleichzeitige Entscheidung über den Feststellungsantrag ergehen darf.
- 25
- Wenn sowohl Zahlungs- als auch Feststellungsklage rechtshängig sind, muss zusammen mit dem Grundurteil über den Feststellungsantrag zum Zahlungsanspruch entschieden werden, da andernfalls die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht (vgl. BGH, Urteile vom 28. Januar 2000 - V ZR 402/98, WM 2000, 873, 874, vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, WM 2001, 106, 107 und vom 22. Februar 2000 - V ZR 296/00, NJW 2002, 1806 jeweils mwN). Erlässt das Berufungsgericht - wie hier - ein isoliertes Grundurteil, kann dieses zu der späteren Entscheidung über die Feststellungsklage in Widerspruch geraten, wenn im Zeitpunkt des Schlussurteils die Voraussetzungen einer Haftung dem Grunde nach nicht mehr bestehen sollten.
Wiechers Grüneberg Maihold
Pamp Menges
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 30.06.2010 - 5 O 3053/08 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 15.12.2011 - 8 U 125/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V. 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) in Anspruch.
- 2
- Der Ehemann der Klägerin D. W. (im Folgenden: Zedent) zeichnete nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter S. der Beklagten am 30. Juni 2004 eine Beteiligung an V 4 im Nennwert von 30.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.500 €, die er in Höhe von 13.650 € durch ein Darlehen der B. AG finanzierte.
- 3
- Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung, Platzierungsgarantie und Finanzierungsvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,45% bis 8,72% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Zedenten im Beratungsgespräch offengelegt wurde.
- 4
- Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs - und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung, Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 17.850 € zuzüglich entgangenen Gewinns in Höhe von 8% p.a. ab 30. Juni 2004 und, jeweils nebst Prozesszinsen, die Erstattung weiterer Schäden in Höhe von 1.491,11 € sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.457,83 €. Des Weiteren begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin bis zur Fälligkeit am 30. November 2014 den Betrag zu zahlen, der der Höhe nach der Schuld des Zedenten aus dem Finanzierungsdarlehen entspricht. Schließlich begehrt die Klägerin die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich weiterer Schäden sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben , entgangenen Gewinn jedoch nur in Höhe von 4% und anschließend Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuerkannt. Des Weiteren hat es den Feststellungsantrag hinsichtlich der Ersatzpflicht für weitere Schäden abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Antrag auf Ersatz entgangenen Gewinns abgewiesen, jedoch Verzugszinsen ab 8. November 2008 zuerkannt. Auf die Anschlussberufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Ersatzpflicht der Beklagten für weitere Schäden, gerichtet auf das negative Interesse, festgestellt. Im Übrigen sind beide Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben.
- 5
- Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Anschlussrevision den Antrag auf Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von 4% p.a. bis zum Verzugseintritt weiter.
Entscheidungsgründe:
A. Revision der Beklagten
- 6
- Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Aufgrund des zwischen dem Zedenten und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrags sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Ze- denten ungefragt darauf hinzuweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen erhalte. Der Beklagten sei unstreitig eine umsatzabhängige Provision von mindestens 8,45% zugeflossen. Die gebotene Aufklärung des Zedenten sei nicht erfolgt. Aus dem Fondsprospekt könne nicht abgeleitet werden, dass und in welcher Höhe die Beklagte Provisionen erhalte. Die Beklagte habe zumindest fahrlässig gehandelt.
- 9
- Dass der Zedent den Medienfonds bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht gezeichnet hätte, ergebe sich aus der von der Beklagten nicht widerlegten Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Die Beklagte habe nicht substantiiert Anhaltspunkte dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der Zedent den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Unerheblich sei die Behauptung , dass für die Anlageentscheidung des Zedenten allenfalls die Höhe des Agios, die Möglichkeit einer Steuerersparnis und Renditeerzielung sowie die Absicherung der Anlage relevant gewesen seien. Dass der Zedent dies dem Anlageberater mitgeteilt habe, heiße nicht, dass er bei Kenntnis der Provisionshöhe nicht insgesamt von dieser Anlageform abgesehen hätte. Im Übrigen sei der Beweisantritt durch Vernehmung des Beraters S. untauglich, soweit damit eine Kenntnis innerer Tatsachen behauptet werden solle, ohne darzulegen , woher der Zeuge diese Kenntnis habe.
- 10
- Soweit die Beklagte behaupte, der mangelnde Einfluss der Provision auf die Anlageentscheidung des Zedenten ergebe sich auch aus der früheren Beteiligung des Zedenten an den Fonds "C… " und "V. 2", sei das Vorbringen unzureichend. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass der Zedent in diesem Zusammenhang auf die Zahlung von Provisionen an die Beklagte hingewiesen worden sei. Aus den entsprechenden Fondsprospekten ergebe sich dazu auch nichts.
- 11
- Soweit sich die Beklagte mit der Berufungsbegründung erstmals auf das Zeugnis des Zedenten stütze, sei dieser Beweisantritt verspätet und deshalb nach § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich, nachdem die Klägerin den zugrundeliegenden Sachvortrag ausreichend bestritten habe.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 13
- 1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem - nicht mehr im Streit stehenden - Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, den Zedenten über die ihr zufließende Provision in Höhe von mindestens 8,45% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
- 14
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen , er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17).
- 15
- Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22 mwN).
- 16
- Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 4 ff. und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 25, jeweils mwN).
- 17
- 2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit es die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Zedenten bejaht hat.
- 18
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Zedent hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
- 19
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff. mwN).
- 20
- Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen , dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
- 21
- b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Zedenten als Zeugen für ihre Behauptung, der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, sei für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Soweit die Revision insofern Verfahrensfehler geltend macht, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
- 22
- c) Zu Recht rügt die Revision jedoch, dass das Berufungsgericht in Bezug auf eine von der Beklagten vorgetragene Hilfstatsache (Indiz) erheblichen Beweis nicht erhoben hat (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff. mwN).
- 23
- aa) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings den früheren Beteiligungen des Zedenten an anderen geschlossenen Fonds keine gegen die Kausalität der Pflichtverletzung sprechende Indizwirkung beigemessen.
- 24
- Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich zwar sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte. Sollte ein Anleger in Bezug auf eine vergleichbare Kapitalanlage, die er vor oder nach der streitgegenständlichen erworben hat, erst nach dem Erwerb der jeweiligen Beteiligung Kenntnis von Rückvergütungen erhalten, so kann sich ein Indiz für die fehlende Kausalität der unterlassenen Mitteilung über Rückvergütungen auch daraus ergeben, dass der Anleger an den vergleichbaren - möglicherweise gewinnbringenden - Kapitalanlagen festhält und nicht unverzüglich Rückabwicklung wegen eines Beratungsfehlers begehrt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 50). Vorliegend hat das Berufungsgericht jedoch - unangegriffen - festgestellt, dass die Beklagte nicht vorgetragen hat, der Zedent sei im Zusammenhang mit den früheren Anlagegeschäf- ten über die dort angefallenen Provisionen an die Beklagte ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Auch zu einer etwaigen nachträglich erlangten Kenntnis des Zedenten von Rückvergütungen hat die Beklagte nichts vorgetragen.
- 25
- bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber den Zeugen S. zu dem Vortrag der Beklagten zum Motiv des Zedenten, sich an V 4 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept ), nicht vernommen.
- 26
- Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 53 mwN).
- 27
- Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet , dem Zedenten sei es vordringlich um die bei V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung des Beraters S. als Zeugen unbeachtet gelassen.
- 28
- Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Es lässt sich nicht ausschließen , dass das Berufungsgericht nach der gebotenen Vernehmung des Zeugen S. zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
III.
- 29
- Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 30
- 1. Das Berufungsgericht wird den Zeugen S. zu den vom Zedenten im Beratungsgespräch geäußerten Anlagemotiven zu vernehmen und dessen Aussage in einer Gesamtschau mit dem übrigen Prozessstoff zu würdigen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff.).
- 31
- Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen , wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff. sowie Henning, WM 2012, 153 ff. mwN). Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Zedenten sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
- 32
- 2. Bezüglich der nur vorsorglichen Revisionsangriffe gegen die vom Berufungsgericht zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weist der Senat auf Folgendes hin:
- 33
- Die Revision hat keinen Erfolg mit ihrem Einwand, es bestehe allenfalls Anspruch auf Ersatz einer Gebühr gemäß Nr. 2302 VV RVG, weil es sich bei dem vorgerichtlichen Schreiben des Klägervertreters vom 24. Oktober 2008 um ein vorformuliertes Massenschreiben gehandelt habe. Bei dem Anspruchsschreiben handelt es sich offensichtlich nicht um ein solches "einfacher Art" (vgl. Jungbauer in Bischof, RVG, 5. Aufl., VV 2302 Rn. 6; Hartmann, Kostengesetze , 42. Aufl., VV 2302 Rn. 3 mwN). Im Übrigen kommt es nicht nur auf die tatsächlich entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts, sondern maßgeblich auf Art und Umfang des erteilten Mandats an (BGH, Urteil vom 23. Juni 1983 - III ZR 157/82, NJW 1983, 2451, 2452 zu § 120 Abs. 1 BRAGO).
- 34
- Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass das Anspruchsschreiben auch auf einem Mandat zur gerichtlichen Forderungsdurchsetzung beruhen könnte und in diesem Fall durch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG abgegolten wäre (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 RVG; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., VV 2300, 2301 Rn. 6; Onderka/Wahlen in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 6. Aufl., VV Vorbem. 2.3 Rn. 12 f. mwN). Ob auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entstanden ist, hängt wiederum von Art und Umfang des vom Zedenten erteilten Mandats ab, wozu die Klägerin bislang noch nicht ausreichend vorgetragen hat. Ein nur bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG, entgegen der Auffassung der Revision, allerdings nicht entgegen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1968 - VI ZR 159/67, NJW 1968, 2334, 2335; OLG Celle, JurBüro 2008, 319; OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242; Jungbauer in Bischof, RVG, 5. Aufl., Vorbem. 2.3 VV Rn. 27; Schons in Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., 2300 VV Rn. 18; aA OLG München, WM 2010, 1622, 1623; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., VV 2300 Rn. 3).
- 35
- Der Revision ist des Weiteren zuzugeben, dass ein Schädiger nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur jene durch das Schadensereignis verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen hat, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteile vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065 Rn. 5 und vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446, jeweils mwN). Ist der Schuldner bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig (vgl. OLG Celle, JurBüro 2008, 319; OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242, 243; OLG München, WM 2010, 1622, 1623). Insoweit kommt es allerdings auf die (Gesamt-)Umstände des Einzelfalls an, deren Würdigung dem Tatrichter obliegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 70).
- 36
- 3. Bezüglich des Feststellungsantrags hinsichtlich der weiteren Schäden aus der Beteiligung weist der Senat schließlich darauf hin, dass der Antrag dahingehend ausgelegt werden kann und auszulegen ist, dass die Ersatzpflicht der Beklagten nicht jene steuerlichen Nachteile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistung resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) im Rahmen der Bemessung der Ersatzleistung aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40).
- 37
- Das Rechtsmittel der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
- 38
- Das Berufungsgericht hat - soweit für die Anschlussrevision von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
- 39
- Die Klägerin habe die Voraussetzungen des Anspruchs auf entgangenen Gewinn nicht substantiiert dargetan. Die Klägerin habe nicht ausreichend vorgetragen , dass und gegebenenfalls wie der Zedent den in den Medienfonds investierten Betrag anderweitig angelegt hätte, wenn es zu der streitgegenständlichen Anlage nicht gekommen wäre. Das pauschale Vorbringen, der Zedent hätte den Betrag "anderweitig gewinnbringend angelegt" und dabei eine Rendite von "wenigstens 8%" erzielt, rechtfertige keine Schätzung des entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB, § 287 ZPO. Es sei kein ausreichender Anhaltspunkt dafür gegeben, welche Art von Anlageform der Zedent alternativ gewählt hätte. Dass es sich hierbei, wie vom Landgericht angenommen, um Festgeld und nicht um eine andere, risikoreichere und im Ergebnis weniger gewinnbringende Anlage gehandelt hätte, lasse sich in Anbetracht des der Beteiligung vorausgehenden Anlageverhaltens des Zedenten, der nach dem nicht hinreichend widersprochenen Vorbringen der Beklagten bereits zuvor in Medienfonds investiert habe, nicht sicher feststellen. Das gelte auch für den zweitinstanzlichen Vortrag, soweit dieser überhaupt gemäß § 531 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähig wäre, der Zedent hätte eine "der sich bekanntlich bietenden, sicheren al- ternativen Anlageformen…, als da sind u.a. längerfristige Bundesanleihen, Festgeld oder Geldmarktfonds", gewählt.
II.
- 40
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen in Höhe von 4% p.a. von der Zeichnung der Beteiligung bis zum Verzugseintritt zu Recht verneint.
- 41
- 1. Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages umfasst nach § 252 Satz 1 BGB allerdings auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Der Anleger kann sich hierbei gemäß § 252 Satz 2 BGB auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (Senatsurteile vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 11 und vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64, jeweils mwN).
- 42
- 2. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision hat das Berufungsgericht jedoch den Ersatz von Anlagezinsen vorliegend rechtsfehlerfrei abgelehnt.
- 43
- a) Der Geschädigte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, ob und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein Gewinn entgangen ist. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Darlegungs- und Beweiserleichterung. Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsent- scheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 13). Die dem Tatrichter obliegende Würdigung des Prozessstoffs gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO dahingehend, ob die behaupteten Anknüpfungstatsachen für wahr oder für nicht wahr zu erachten sind, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar.
- 44
- b) Das Berufungsgericht hat sich von der Behauptung der Klägerin, dass der Zedent das Kapital bei ordnungsgemäßer Aufklärung in eine "sichere alternative Anlageform" investiert hätte, aufgrund der vorgetragenen Umstände nicht mit ausreichender Sicherheit überzeugen können. Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin überhaupt ausreichende Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung vorgetragen hat, ist jedenfalls diese tatrichterliche Würdigung nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei das vorangegangene - unstreitige - Anlageverhalten des Zedenten berücksichtigt und angenommen , dass eine erneute Investition des Zedenten in eine andere steuerwirksame , unternehmerische Beteiligung nicht ausgeschlossen werden könne. Zu Recht hat das Berufungsgericht daher eine Beweislastentscheidung zulasten der Klägerin getroffen. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision hat das Berufungsgericht seine Entscheidung insoweit nicht auf § 531 Abs. 2 ZPO gestützt.
- 45
- c) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils außerdem klargestellt hat, hat der Geschädigte auch keinen Anspruch auf einen (gesetzlichen) Mindestschaden analog § 246 BGB unabhängig vom Parteivortrag (Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 18).
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 26.11.2009 - 15 O 627/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.03.2011 - 13 U 5/10 -
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
- 2
- 1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verschuldensfrage eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die beklagte Sparkasse den Kläger anlässlich der Beratungsgespräche im Dezember 1997 und 1998 über eine Zeichnung des Renditefonds schuldhaft nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat.
- 3
- a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGHZ 170, 226, Tz. 25 m.w.N.), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGHZ 131, 346, 353 f. m.w.N.).
- 4
- b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht.
- 5
- aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
- 6
- Eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen - als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen - wurde auch im einschlägigen Schrifttum angenommen (vgl. Roth in Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 1990, § 12 Rn. 49 f.; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 1. Aufl. 1993, S. 23 f.; zu § 384 HGB bereits Koller, BB 1978, 1733, 1738 f.; ebenso in der Folgezeit: Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995 und 2. Aufl. 1999, jeweils § 31 Rn. 74; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 8.194 f. und 16.440; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 2. Aufl. 1995, S. 28; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1. Aufl. 1997, § 11 Rn. 84 ff.; Schäfer in Schäfer/Müller, Haftung für fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen, 1999, S. 62; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz , Börsengesetz, Verkaufsprospektgesetz, 1999, § 31 WpHG Rn. 82; offengelassen von Hopt in Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute - der moderne Schuldturm?, Bankrechtstag 1992, S. 1, 19; allgemein auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. deren Offenbarung hinweisend: Claussen, Bank- und Börsenrecht, 1. Aufl. 1996 und 2. Aufl. 2000, jeweils § 6 Rn. 39 ff.). Lediglich in der älteren Literatur wurde eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bzw. Bonifikationen im Grundsatz verneint (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 441 ff., 447 m.w.N.) und nur ausnahmsweise für den Fall bejaht, dass die Höhe der Rückvergütung ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstelle (vgl. Canaris, aaO). Die Problematik der Interessenkollision wurde dagegen zu Unrecht ausgeblendet, weshalb diese Literaturmeinung jedenfalls nach 1989 nicht mehr maßgeblich sein konnte.
- 7
- bb) An seiner Rechtsprechung aus den Jahren 1989 und 1990 über die Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen hat der Senat seitdem konsequent festgehalten. Mit Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 (BGHZ 146, 235 ff.) wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen; über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluß aufzuklären (BGHZ 146, 235, 239). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen. Darauf wurde auch in mehreren - teils zustimmenden, teils kritischen - Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (vgl. Balzer, ZIP 2001, 232, 233; Meder, WuB I G 9.-1.01 unter 3.; Tilp, EWiR 2001, 255, 256) und hervorgehoben, dass der Senat seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei der Schaffung von Gefährdungstatbeständen durch eine Bank, speziell zu Rückvergütungen und Kick-back-Vereinbarungen bei Termingeschäften, fortführe (vgl. Tilp, aaO: "Offenbar lässt der XI. Zivilsenat bei kickback … nicht mit sich spaßen.").
- 8
- Vor diesem Hintergrund ist auch die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586) zu sehen, in deren Ziff. 2.2 Abs. 2 eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 15), die ihre Grundlage unter anderem in den Senatsurteilen aus den Jahren 1989 und 1990 findet.
- 9
- cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Senatsurteilen vom 2. Dezember 2003 (XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419) und 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523 f.). Dort wurde entschieden, dass die Bank ihren Kunden nicht darüber aufklären muss, wenn sie ohne dessen Wissen an einen Finanzierungsvermittler, der den Kontakt zwischen Kunde und Bank hergestellt hat, eine Vermittlungsprovision zahlt. Eine mit der Zahlung von Rückvergütungen vergleichbare Gefährdung der Interessen des Bankkunden ist hiermit offensichtlich nicht verbunden.
- 10
- dd) Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (ebenso OLG Celle, WM 2009, 1794, 1796; OLG Frankfurt am Main, NZG 2010, 510; OLG Karlsruhe, NZG 2009, 1155, 1157; OLG München, WM 2010, 836, 837 f.; OLG Naumburg, BKR 2010, 215, 217 f.; OLG Stuttgart, WM 2009, 2312, 2316 ff. und WM 2010, 844, 846; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 276 Rn. 22; Nobbe, WuB I G 1.-5.10 m.w.N.; Theewen, EWiR 2009, 701, 702; a.A. OLG Dresden, WM 2009, 1689, 1691 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 - XI ZR 258/09; OLG Oldenburg, BB 2009, 2390, 2391 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 23. Februar 2010 - XI ZR 286/09; Edelmann, BB 2010, 1163, 1170; Grys/Geist, BKR 2009, 127, 128 f.; Harnos, BKR 2009, 316, 319 f.; Herresthal, ZBB 2009, 348, 354 ff., die allerdings alle fälschlich auf die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht über Innenprovisionen abstellen; Casper, ZIP 2009, 2409, 2413; Veil, WM 2009, 2193, 2195 ff.; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2249; Mülbert, WuB I G 1.-10.09 unter 2.; die von Casper, ZIP 2009, 2409, 2414 Fn. 50 zur Stütze seiner Ansicht zitierten Aufsätze von Wagner, WM 1998, 694, 697 f. und Loritz, WM 2000, 1831, 1835 sind nicht einschlägig, weil sie nur die Aufklärungspflicht über Innenprovisionen behandeln).
- 11
- c) Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde und Stimmen im Schrifttum (Herdegen, WM 2009, 2202 ff.; Pieroth/Hartmann, ZIP 2010, 753 ff.) meinen , führt die Annahme eines Verschuldens auch nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bedenklich sein könnte. Eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor. Wie oben unter 1 b dargelegt worden ist, stellt das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen (BGHZ 170, 226 ff.) keine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine richterliche Rechtsfortbildung dar, sondern beinhaltet lediglich eine bloße Fortführung und weitere Ausformung der Senatsrechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Verkehrskreise bei der gebotenen Sorgfalt bereits ab den Jahren 1989/90 absehbar war.
- 12
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich im Hinblick auf die Verschuldensfrage auch nicht auf einen anderen Zulassungsgrund berufen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) ist nicht hinreichend dargelegt; insbesondere fehlen jegliche spezifische Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die hier entscheidungserhebliche Frage zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten umstritten ist (vgl. BGHZ 159, 135, 138; BVerfG NJW-RR 2008, 26, 29). Einer Rechtsfortbildung im Hinblick auf die Voraussetzungen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums bedarf es ebenfalls nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO); der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGHZ 151, 221, 225; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945). Schließlich liegt auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde nur unter Hinweis auf das Urteil des OLG Dresden (WM 2009, 1689, 1691 f.) dargelegte Divergenz nicht (mehr) vor, nachdem dieses Urteil durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 (XI ZR 258/09) aufgehoben worden ist.
- 13
- 3. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 05.02.2009 - 1 O 295/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.09.2009 - I-31 U 31/09 -
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 27.11.2009 in Ziff.1 wie folgt teilweise abgeändert :
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.825,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29.1.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 39.750,00 EUR
Wert der einzelnen Anträge:
- Ziff.1: 20.825,00 EUR;
- Ziff.2: 15.925,00 EUR;
- Ziff.3: 3.000,00 EUR;
- Ziff.4 und 5: jeweils ohne eigenen Wert
Gründe
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse als Prospektverantwortliche und Anlageberaterin im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Die Klägerin, eine langjährige Kundin der Beklagten, hatte bis zum Jahre 2000 wiederholt Geld in Sparbüchern, Festgeldanlagen und Sparkassenbriefen angelegt. Als ein solcher Sparkassenbrief in Höhe von 105.000 DM fällig wurde, führte sie am 8. November 2000 ein Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten. Dieser empfahl ihr eine Beteiligung an dem Immobilienfonds "I. KG" (im Folgenden: Fonds), der ein Fachmarktzentrum in L. sowie ein Bürogebäude in W. bewirtschaftet. Die Klägerin beteiligte sich daraufhin am selben Tage in Höhe von 100.000 DM zzgl. 5% Agio an diesem Fonds, den die Beklagte als Gründungskommanditistin im Jahre 1999 initiiert hatte.
- 3
- Die Klägerin hat ihre Klage unter anderem darauf gestützt, dass das Alter des Fachmarktzentrums in L. im Anlageprospekt unzutreffend dargestellt worden sei. Sie hat deshalb erstinstanzlich die Rückzahlung ihres Anlagekapitals sowie des Agios abzüglich erhaltener Ausschüttungen, insgesamt 39.145,53 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen die Übertragung der Fondsbeteiligung , die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und darüber hinaus insbesondere die Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von 24.177,49 € für die Zeit zwischen Fondsbeitritt und Rechtshängigkeit gefordert.
- 4
- Das Berufungsgericht hat der Klage im Umfang des erstinstanzlichen Klagebegehrens stattgegeben, die in zweiter Instanz geltend gemachten, weitergehenden Ansprüche jedoch abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr zweitinstanzliches Begehren hinsichtlich der entgangenen Anlagezinsen weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in BeckRS 2011, 29481 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Die Beklagte hafte der Klägerin als Prospektverantwortliche und wegen einer Verletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrages auf Schadensersatz, denn sowohl der Emissionsprospekt als auch die Beratung der Beklagten seien hinsichtlich des Alters des Fondsobjekts in L. und damit in einem für die Anlageentscheidung der Klägerin wesentlichen Punkt unrichtig gewesen. Die Klägerin könne jedoch Zug um Zug gegen die Abtretung ihrer Beteiligungsrechte nur die Rückerstattung ihrer Einlage sowie des Agios in Höhe von insgesamt 53.658,65 € abzüglich erhaltener Ausschüttungen in Höhe von 14.540,12 €, mithin nur 39.145,53 € beanspruchen. Die von ihr in zweiter Instanz darüber hinaus begehrte Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von 24.177,49 € stehe der Klägerin nicht zu, denn sie habe weder nachgewiesen, dass sie bei richtiger Aufklärung alternativ einen Sparbrief oder ein Bundeswertpapier mit einer sicheren durchschnittlichen Rendite von 5,8% bzw. 5,16% gezeichnet hätte, noch, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ein solcher Gewinn oder aber ein Gewinn von mindestens 4% p.a. zu erwarten gewesen sei.
- 8
- Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es der Klägerin bei der Wiederanlage ihres Kapitals auf die Beibehaltung des Zinsniveaus des abgelaufenen Sparbriefes und die Übertragbarkeit der Anlage unter erbschafts- und schenkungssteuerrechtlichen Gesichtspunkten angekommen. Da ein ähnlicher Zinssatz mit Sparbriefen zum damaligen Zeitpunkt nicht erzielbar gewesen sei, habe sie nach anderen Anlagemöglichkeiten mit höherer Rendite/Verzinsung gefragt, woraufhin ihr der Fonds empfohlen worden sei. Angesichts dessen könne nicht angenommen werden, dass sich die Klägerin bei gebotener Aufklärung erneut für einen Sparbrief oder ein Bundeswertpapier entschieden hätte. Es sei vielmehr naheliegend, dass die Klägerin eine Anlage gewählt hätte, die abstrakt die gleichen Vorteile wie der streitgegenständliche Fonds geboten hätte. Mangels ausreichender Anhaltspunkte dafür, um welche Art von Anlage es sich gehandelt und welchen Gewinn bzw. Verlust die Klägerin dabei erzielt hätte , komme eine Schätzung des entgangenen Gewinns nach § 252 BGB, § 287 ZPO nicht in Betracht.
- 9
- Die Klägerin könne entgangene Anlagezinsen auch nicht in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a. beanspruchen. Zwar sei davon auszugehen , dass die Klägerin ihr Kapital nicht ungenutzt gelassen, sondern anderweitig angelegt hätte. Dass eine andere Anlageform nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit gewinnbringend gewesen und mindestens den gesetzlichen Zinssatz erbracht hätte, könne jedoch nicht angenommen werden, da eine Alternativanlage stets von Anlageziel und -verhalten des einzelnen Anlegers abhänge, der zur Erzielung höherer Renditen auch bereit sein könne, gewisse Risiken in Kauf zu nehmen. Zudem ergäben auch die Statistiken der Deutschen Bundesbank für Umlaufrenditen von Anleihen der öffentlichen Hand und festverzinslichen Wertpapieren inländischer Bankschuldverschreibungen bei Laufzeiten von 15 bis 30 Jahren nur einen Zinsgewinn in Höhe von 2 bis 3% p.a., so dass ein wahrscheinlicher Mindestgewinn der Klägerin nicht angenommen werden könne.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin in zweiter Instanz erstmals geltend gemachten Anspruch auf Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von insgesamt 24.177,49 € zu Recht verneint.
- 11
- 1. Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages und fehlerhafter Prospektangaben, den das Berufungsgericht der Klägerin dem Grunde nach rechtskräftig zugesprochen hat, umfasst nach § 252 Satz 1 BGB allerdings auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist einem Kapitalanleger, der durch unrichtige Angaben dazu bewogen worden ist, einer Publikumsgesellschaft beizutreten, nicht nur seine Einlage in diese Gesellschaft, sondern auch der Schaden zu ersetzen, der sich typischerweise daraus ergibt, dass das Eigenkapital des Anlegers in dieser Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (BGH, Urteil vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143, 144 mwN).
- 12
- 2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht jedoch die Erstattung von Wiederanlagezinsen in Höhe der für Sparbriefe oder Bundeswertpapiere durchschnittlich erzielbaren Zinssätze ebenso rechtsfehlerfrei abgelehnt wie die von der Klägerin hilfsweise begehrte Erstattung eines Mindestschadens in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a.
- 13
- a) Dafür, dass und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist, ist der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung (Senatsurteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, WM 2004, 422, 425; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 252 Rn. 4). Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift (BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 - XII ZR 186/94, WM 1996, 1270, 1272 mwN). Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (vgl. Braun/Lang/Loy in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl., Rn. 508).
- 14
- b) Hier hat die Klägerin zwar vorgetragen, dass sie sich bei einer ordnungsgemäßen Beratung bzw. Prospektinformation nicht für einen Immobilienfonds , sondern - wie zuvor - für eine Geldanlage in Form eines festverzinslichen Sparbriefes bzw. eines Bundeswertpapiers entschieden hätte. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht jedoch nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme als nicht bewiesen angesehen. Vielmehr hat es das Berufungsgericht aufgrund der Angaben des Zeugen M. , des Beraters der Beklagten , zu den Anlagezielen der Klägerin als naheliegend angesehen, dass die Klägerin eine andere Anlage gewählt hätte, die die gleichen Vorteile wie die Fondsbeteiligung geboten hätte, nämlich eine höhere Rendite und eine steuerrechtlich günstigere Übertragbarkeit. Gegen diese tatrichterliche Beweiswürdigung erhebt die Revision, wie sie in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt hat, keine Einwendungen und bestehen auch sonst keine Bedenken.
- 15
- c) Das gilt auch für die weitere Annahme des Berufungsgerichts, es ließen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür feststellen, welche Art von Anlage die Klägerin gegebenenfalls gewählt hätte und welche Gewinne oder Verluste sie dabei erzielt hätte. Soweit das Berufungsgericht daraus den Schluss gezogen hat, dass eine Schätzung des der Klägerin entgangenen Gewinns mangels Schätzgrundlage nicht in Betracht komme, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 16
- d) Ohne Erfolg beruft sich die Revision demgegenüber auf § 252 Satz 2 Fall 1 BGB, wonach als entgangen der Gewinn gilt, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
- 17
- aa) Entgegen der Ansicht der Revision folgt daraus nicht die - von der Beklagten unwiderlegte - Vermutung, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Beratung bzw. Prospektinformation - wie zuvor - für eine Geldanlage in Form eines festverzinslichen Sparbriefes bzw. eines Bundeswertpapiers entschieden hätte. Dem steht entgegen, dass das Berufungsgericht, wie oben ausgeführt , in unangegriffener und rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Beweiswürdigung festgestellt hat, dass die Klägerin eine andere Anlage gewählt hätte, die die gleichen Vorteile wie die Fondsbeteiligung geboten hätte, nämlich eine höhere Rendite und eine steuerrechtlich günstigere Übertragbarkeit.
- 18
- bb) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch nicht der Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts Jena (ZIP 2008, 1887, 1889) gefolgt, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge könne mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass sich ein zur Verfügung stehender Geldbetrag zumindest in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a. (§ 246 BGB) verzinse. Wie der Senat aus zahlreichen Verfahren weiß, entspricht es schon nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass eine Geldanlage überhaupt Gewinn abwirft. Erst recht gilt das für eine Verzinsung von 4% p.a.. In Übereinstimmung damit hat das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Statistiken der Deutschen Bundesbank über Umlaufrenditen von Anleihen der öffentlichen Hand und verzinslichen Wertpapieren inländischer Bankschuldverschreibungen für die vorausgegangenen Monate selbst bei Laufzeiten von 15 bis 30 Jahren fast ausschließlich Werte von nur 2 bis 3% p.a. ausweisen und danach selbst oder gerade bei solchen verlustsicheren Anlagen ein genereller und pauschaler wahrscheinlicher Mindestgewinn tatsächlich nicht angenommen werden kann.
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 30.03.2010 - 3 O 354/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.07.2011 - 13 U 89/10 -
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse als Prospektverantwortliche und Anlageberaterin im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Die Klägerin, eine langjährige Kundin der Beklagten, hatte bis zum Jahre 2000 wiederholt Geld in Sparbüchern, Festgeldanlagen und Sparkassenbriefen angelegt. Als ein solcher Sparkassenbrief in Höhe von 105.000 DM fällig wurde, führte sie am 8. November 2000 ein Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten. Dieser empfahl ihr eine Beteiligung an dem Immobilienfonds "I. KG" (im Folgenden: Fonds), der ein Fachmarktzentrum in L. sowie ein Bürogebäude in W. bewirtschaftet. Die Klägerin beteiligte sich daraufhin am selben Tage in Höhe von 100.000 DM zzgl. 5% Agio an diesem Fonds, den die Beklagte als Gründungskommanditistin im Jahre 1999 initiiert hatte.
- 3
- Die Klägerin hat ihre Klage unter anderem darauf gestützt, dass das Alter des Fachmarktzentrums in L. im Anlageprospekt unzutreffend dargestellt worden sei. Sie hat deshalb erstinstanzlich die Rückzahlung ihres Anlagekapitals sowie des Agios abzüglich erhaltener Ausschüttungen, insgesamt 39.145,53 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen die Übertragung der Fondsbeteiligung , die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und darüber hinaus insbesondere die Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von 24.177,49 € für die Zeit zwischen Fondsbeitritt und Rechtshängigkeit gefordert.
- 4
- Das Berufungsgericht hat der Klage im Umfang des erstinstanzlichen Klagebegehrens stattgegeben, die in zweiter Instanz geltend gemachten, weitergehenden Ansprüche jedoch abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr zweitinstanzliches Begehren hinsichtlich der entgangenen Anlagezinsen weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in BeckRS 2011, 29481 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Die Beklagte hafte der Klägerin als Prospektverantwortliche und wegen einer Verletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrages auf Schadensersatz, denn sowohl der Emissionsprospekt als auch die Beratung der Beklagten seien hinsichtlich des Alters des Fondsobjekts in L. und damit in einem für die Anlageentscheidung der Klägerin wesentlichen Punkt unrichtig gewesen. Die Klägerin könne jedoch Zug um Zug gegen die Abtretung ihrer Beteiligungsrechte nur die Rückerstattung ihrer Einlage sowie des Agios in Höhe von insgesamt 53.658,65 € abzüglich erhaltener Ausschüttungen in Höhe von 14.540,12 €, mithin nur 39.145,53 € beanspruchen. Die von ihr in zweiter Instanz darüber hinaus begehrte Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von 24.177,49 € stehe der Klägerin nicht zu, denn sie habe weder nachgewiesen, dass sie bei richtiger Aufklärung alternativ einen Sparbrief oder ein Bundeswertpapier mit einer sicheren durchschnittlichen Rendite von 5,8% bzw. 5,16% gezeichnet hätte, noch, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ein solcher Gewinn oder aber ein Gewinn von mindestens 4% p.a. zu erwarten gewesen sei.
- 8
- Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es der Klägerin bei der Wiederanlage ihres Kapitals auf die Beibehaltung des Zinsniveaus des abgelaufenen Sparbriefes und die Übertragbarkeit der Anlage unter erbschafts- und schenkungssteuerrechtlichen Gesichtspunkten angekommen. Da ein ähnlicher Zinssatz mit Sparbriefen zum damaligen Zeitpunkt nicht erzielbar gewesen sei, habe sie nach anderen Anlagemöglichkeiten mit höherer Rendite/Verzinsung gefragt, woraufhin ihr der Fonds empfohlen worden sei. Angesichts dessen könne nicht angenommen werden, dass sich die Klägerin bei gebotener Aufklärung erneut für einen Sparbrief oder ein Bundeswertpapier entschieden hätte. Es sei vielmehr naheliegend, dass die Klägerin eine Anlage gewählt hätte, die abstrakt die gleichen Vorteile wie der streitgegenständliche Fonds geboten hätte. Mangels ausreichender Anhaltspunkte dafür, um welche Art von Anlage es sich gehandelt und welchen Gewinn bzw. Verlust die Klägerin dabei erzielt hätte , komme eine Schätzung des entgangenen Gewinns nach § 252 BGB, § 287 ZPO nicht in Betracht.
- 9
- Die Klägerin könne entgangene Anlagezinsen auch nicht in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a. beanspruchen. Zwar sei davon auszugehen , dass die Klägerin ihr Kapital nicht ungenutzt gelassen, sondern anderweitig angelegt hätte. Dass eine andere Anlageform nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit gewinnbringend gewesen und mindestens den gesetzlichen Zinssatz erbracht hätte, könne jedoch nicht angenommen werden, da eine Alternativanlage stets von Anlageziel und -verhalten des einzelnen Anlegers abhänge, der zur Erzielung höherer Renditen auch bereit sein könne, gewisse Risiken in Kauf zu nehmen. Zudem ergäben auch die Statistiken der Deutschen Bundesbank für Umlaufrenditen von Anleihen der öffentlichen Hand und festverzinslichen Wertpapieren inländischer Bankschuldverschreibungen bei Laufzeiten von 15 bis 30 Jahren nur einen Zinsgewinn in Höhe von 2 bis 3% p.a., so dass ein wahrscheinlicher Mindestgewinn der Klägerin nicht angenommen werden könne.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin in zweiter Instanz erstmals geltend gemachten Anspruch auf Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von insgesamt 24.177,49 € zu Recht verneint.
- 11
- 1. Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages und fehlerhafter Prospektangaben, den das Berufungsgericht der Klägerin dem Grunde nach rechtskräftig zugesprochen hat, umfasst nach § 252 Satz 1 BGB allerdings auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist einem Kapitalanleger, der durch unrichtige Angaben dazu bewogen worden ist, einer Publikumsgesellschaft beizutreten, nicht nur seine Einlage in diese Gesellschaft, sondern auch der Schaden zu ersetzen, der sich typischerweise daraus ergibt, dass das Eigenkapital des Anlegers in dieser Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (BGH, Urteil vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143, 144 mwN).
- 12
- 2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht jedoch die Erstattung von Wiederanlagezinsen in Höhe der für Sparbriefe oder Bundeswertpapiere durchschnittlich erzielbaren Zinssätze ebenso rechtsfehlerfrei abgelehnt wie die von der Klägerin hilfsweise begehrte Erstattung eines Mindestschadens in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a.
- 13
- a) Dafür, dass und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist, ist der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung (Senatsurteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, WM 2004, 422, 425; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 252 Rn. 4). Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift (BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 - XII ZR 186/94, WM 1996, 1270, 1272 mwN). Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (vgl. Braun/Lang/Loy in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl., Rn. 508).
- 14
- b) Hier hat die Klägerin zwar vorgetragen, dass sie sich bei einer ordnungsgemäßen Beratung bzw. Prospektinformation nicht für einen Immobilienfonds , sondern - wie zuvor - für eine Geldanlage in Form eines festverzinslichen Sparbriefes bzw. eines Bundeswertpapiers entschieden hätte. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht jedoch nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme als nicht bewiesen angesehen. Vielmehr hat es das Berufungsgericht aufgrund der Angaben des Zeugen M. , des Beraters der Beklagten , zu den Anlagezielen der Klägerin als naheliegend angesehen, dass die Klägerin eine andere Anlage gewählt hätte, die die gleichen Vorteile wie die Fondsbeteiligung geboten hätte, nämlich eine höhere Rendite und eine steuerrechtlich günstigere Übertragbarkeit. Gegen diese tatrichterliche Beweiswürdigung erhebt die Revision, wie sie in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt hat, keine Einwendungen und bestehen auch sonst keine Bedenken.
- 15
- c) Das gilt auch für die weitere Annahme des Berufungsgerichts, es ließen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür feststellen, welche Art von Anlage die Klägerin gegebenenfalls gewählt hätte und welche Gewinne oder Verluste sie dabei erzielt hätte. Soweit das Berufungsgericht daraus den Schluss gezogen hat, dass eine Schätzung des der Klägerin entgangenen Gewinns mangels Schätzgrundlage nicht in Betracht komme, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 16
- d) Ohne Erfolg beruft sich die Revision demgegenüber auf § 252 Satz 2 Fall 1 BGB, wonach als entgangen der Gewinn gilt, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
- 17
- aa) Entgegen der Ansicht der Revision folgt daraus nicht die - von der Beklagten unwiderlegte - Vermutung, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Beratung bzw. Prospektinformation - wie zuvor - für eine Geldanlage in Form eines festverzinslichen Sparbriefes bzw. eines Bundeswertpapiers entschieden hätte. Dem steht entgegen, dass das Berufungsgericht, wie oben ausgeführt , in unangegriffener und rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Beweiswürdigung festgestellt hat, dass die Klägerin eine andere Anlage gewählt hätte, die die gleichen Vorteile wie die Fondsbeteiligung geboten hätte, nämlich eine höhere Rendite und eine steuerrechtlich günstigere Übertragbarkeit.
- 18
- bb) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch nicht der Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts Jena (ZIP 2008, 1887, 1889) gefolgt, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge könne mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass sich ein zur Verfügung stehender Geldbetrag zumindest in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a. (§ 246 BGB) verzinse. Wie der Senat aus zahlreichen Verfahren weiß, entspricht es schon nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass eine Geldanlage überhaupt Gewinn abwirft. Erst recht gilt das für eine Verzinsung von 4% p.a.. In Übereinstimmung damit hat das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Statistiken der Deutschen Bundesbank über Umlaufrenditen von Anleihen der öffentlichen Hand und verzinslichen Wertpapieren inländischer Bankschuldverschreibungen für die vorausgegangenen Monate selbst bei Laufzeiten von 15 bis 30 Jahren fast ausschließlich Werte von nur 2 bis 3% p.a. ausweisen und danach selbst oder gerade bei solchen verlustsicheren Anlagen ein genereller und pauschaler wahrscheinlicher Mindestgewinn tatsächlich nicht angenommen werden kann.
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 30.03.2010 - 3 O 354/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.07.2011 - 13 U 89/10 -
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind
- 1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind; - 2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind; - 3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.
(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.
(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit
- 1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind; - 2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.
(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.
Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn
- 1.
der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist; der Zustellung bedarf es nicht, wenn bereits der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 756 Abs. 1 begonnen hatte und der Beweis durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers geführt wird; oder - 2.
der Gerichtsvollzieher eine Vollstreckungsmaßnahme nach § 756 Abs. 2 durchgeführt hat und diese durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers nachgewiesen ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin hat von der Beklagten - der Generalmieterin - in einem damals noch nicht fertiggestellten Einkaufszentrum Räume zum Betrieb einerGaststätte gemietet. Die Laufzeit des Vertrages sollte 15 Jahre betragen. Die Einzelheiten der vertraglichen Regelungen sind in mehreren Urkunden enthalten , zuletzt in einem "Nachtrag Nr. 1 zum Mietvertrag", den die Klägerin am 8. Februar 1982 und die Beklagte am 16. Februar 1982 unterschrieben hat. Das Lokal wurde am 8. April 1983 an die Klägerin übergeben und von ihr in der Folgezeit als Speisegaststätte untervermietet. Aufgrund eines Prüfungsberichts des TÜV-Rheinland vom 18. August 1983 kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten über die Funktionstauglichkeit der eingebauten Be- und Entlüftungsanlage. Die Klägerin zog aus den Beanstandungen aber keine Konsequenzen. Erst wieder mit Schreiben vom 6. Oktober 1989 rügte sie, daß im Bereich der Küche "völlig unzumutbare Zustände" herrschten. Ende April 1993 erklärte der damalige Untermieter der Klägerin die fristlose Kündigung des Untermietvertrages mit der Begründung, die Be- und Entlüftung der Gaststätte sei unzureichend. In einem zwischen ihm und der Klägerin daraufhin geführten Rechtsstreit kam ein von dem Gericht beauftragter Sachverständiger in einem Gutachten vom 11. Juli 1994 zu dem Ergebnis, die von ihm gemessenen Zu- und Abluftmengen seien für den Bedarf des Küchenbetriebs viel zu gering. Mit Anwaltsschreiben vom 18. August 1994 forderte die Klägerin die Beklagte auf, bis zum 30. September 1994 für eine einwandfreie Funktion der Be- und Entlüftungsanlage zu sorgen. Mit Schreiben vom 27. Oktober 1994 erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses , weil die von ihr zur Mängelbeseitigung gesetzte Frist fruchtlos verstrichen sei. Die Beklagte wies die Kündigung zurück und forderte die Klägerin auf, den Mietvertrag zu erfüllen.
Die Klägerin hat Klage erhoben mit dem Antrag, festzustellen, daß die von ihr unter dem 27. Oktober 1994 ausgesprochene fristlose Kündigung wirksam sei und daß die Beklagte sich wegen der Rücknahme des Gaststättenobjektes in Annahmeverzug befinde. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin beantragt, festzustellen, daß das Mietverhältnis der Parteien durch die von ihr unter dem 27. Oktober 1994 ausgesprochene fristlose Kündigung beendet worden sei, hilfsweise, daß es am 31. März 1995 geendet habe. Außerdem hat sie ihren Feststellungsantrag, die Beklagte befinde sich mit der Rücknahme der Gaststättenräume in Annahmeverzug , weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung dem von der Klägerin mit ihren Hauptanträgen verfolgten Feststellungsbegehren stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des die Klage abweisenden erstinstanzlichen Urteils erreichen will.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme der Gaststättenräume in Annahmeverzug befinde, zur Abweisung der Klage als unzulässig, im übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht führt aus, die Vereinbarungen der Parteien seien dahin auszulegen, daß die Beklagte verpflichtet gewesen sei, der Klägerin eine voll funktionierende Küche zum Betrieb einer Speisegaststätte zur Verfügung zu stellen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, daß die klima- und lüftungstechnische Ausrüstung des Gaststättenobjektes für den Küchenbetrieb einer Speisegaststätte nicht ausreiche. Die von der Beklagten durchgeführten Nachbesserungsarbeiten hätten nicht zu einer nachhaltigen Besserung geführt. Die der Klägerin überlassenen Gaststättenräume seien deshalb im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch erheblich einschränke. Da die Beklagte nicht innerhalb einer von der Klägerin gesetzten Frist für Abhilfe gesorgt habe, sei die Klägerin nach § 542 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen. Die Klägerin habe dieses Recht, den Mietvertrag wegen eines Fehlers der Mietsache fristlos zu kündigen, auch nicht in entsprechender Anwendung des § 539 BGB dadurch verloren, daß sie jahrelang vorbehaltlos den vollen Mietzins gezahlt habe, auch nachdem sie zuletzt mit ihrem Schreiben vom 6. Oktober 1989 die unzureichende Leistung der lüftungstechnischen Einrichtungen der Gaststätte gerügt habe. Nach § 536 BGB sei der Vermieter verpflichtet , die Mietsache während der Mietzeit in einem zu dem vertragsgemä-ßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Auf diesen Erfüllungsanspruch finde § 539 BGB keine Anwendung. Daraus ergebe sich, daß er auch nicht anzuwenden sei auf "eine auf die fehlende Erfüllung dieser Verpflichtung gestützte fristlose Kündigung des Mieters gemäß § 542 BGB". Da die von der Klägerin erklärte fristlose Kündigung zur Beendigung des Mietvertrages geführt habe, könne dahinstehen, ob der Mietvertrag mangels Einhaltung der Schriftform des § 566 BGB durch ordentliche Kündigung habe beendet werden können. Da die Beklagte sich geweigert habe, die von der Klägerin zur Rückgabe angebotene Mietsache zurückzunehmen, weil sie die von der Klägerin erklärte Kündigung für unbegründet angesehen habe, sei sie in Annahmeverzug geraten. Auch der diesbezügliche Feststellungsantrag der Klägerin sei deshalb begründet. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten einer rechtlichen Überprüfung stand. 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, eine für eine Speisegaststätte geeignete, voll funktionstüchtige Küche zur Verfügung zu stellen. Zu dieser Annahme ist das Berufungsgericht durch eine Auslegung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages gelangt. Diese Auslegung ist als tatrichterliche Würdigung in der Revisionsinstanz nur beschränkt nachprüfbar , und zwar darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer
acht gelassen worden ist (st.Rspr. des Bundesgerichtshofs, vgl. z.B. BGH, Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90 - NJW 1992, 1967, 1968 m.w.N.). Solche revisionsrechtlich relevante Auslegungsfehler rügt die Revision zu Unrecht. Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die zur Verfügung gestellte Küche zum Betrieb einer Speisegaststätte nicht geeignet war. Daraus hat das Berufungsgericht zu Recht gefolgert, daß die Gaststättenräume mangelhaft waren und daß die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 542 BGB an sich vorlagen, nachdem die Beklagte trotz einer von der Klägerin erklärten Fristsetzung nicht für Abhilfe gesorgt hatte. 3. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht dagegen, § 539 BGB sei auf ein Recht zur fristlosen Kündigung nach § 542 Abs. 1 BGB nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar. Nach § 539 BGB kann der Mieter die ihm in den §§ 537, 538 BGB eingeräumten Gewährleistungsrechte regelmäßig nicht geltend machen, wenn er den Mangel der Mietsache beim Abschluß des Vertrages gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat oder wenn er eine mangelhafte Sache vorbehaltlos entgegengenommen hat, obwohl er den Mangel kannte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann es in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift ebenfalls zum Ausschluß von Gewährleistungsrechten führen, wenn der Mieter nach Vertragsschluß Kenntnis von einem Mangel erlangt und dennoch den ungeminderten Mietzins über eine gewisse Zeit vorbehaltlos weiterzahlt (Senatsurteil vom 18. Juni 1997 - XII ZR 63/95 - NJW 1997, 2674 m.N.). § 543 Satz 1 BGB bestimmt ausdrücklich, daß auf das dem Mieter nach § 542 BGB zustehende Kündigungsrecht die Vorschriften der §§ 539 bis 541 entsprechende Anwendung finden.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß die Verweisung des § 543 Satz 1 BGB auf § 539 BGB auch dann greift, wenn § 539 BGB in analoger Anwendung nur deshalb anzuwenden ist, weil der Mieter trotz eines während der Mietzeit aufgetretenen Mangels den Mietzins über eine gewisse Zeit vorbehaltlos weitergezahlt hat (BGH, Urteil vom 15. Februar 1967 - VIII ZR 222/64 - WM 1967, 515, 517). Die analoge Anwendung des § 539 BGB auch in solchen Fällen ist auch deshalb gerechtfertigt, weil das Recht zur fristlosen Kündigung nach § 542 BGB ohnehin innerhalb einer angemessenen Frist ausgeübt werden muß, nachdem der Berechtigte den Kündigungsgrund erfahren hat (vgl. Gerber/Eckert, Gewerbliches Miet- und Pachtrecht, 3. Aufl. Rdn. 113 m.N.). 4. Das Berufungsurteil kann deshalb mit der gegebenen Begründung nicht bestehenbleiben. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, daß das Mietverhältnis durch die von ihr erklärte fristlose Kündigung beendet worden ist, ist der Senat nicht in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen des § 539 BGB erfüllt sind oder nicht. Zwar hat das Berufungsgericht festgestellt, daß es schon im August 1983 zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien über die Funktionstauglichkeit der Be- und Entlüftungsanlage für die Gaststätte gekommen ist, daß die Klägerin im Oktober 1989 nochmal "unzumutbare Zustände" im Bereich der Küche gerügt und daß sie dennoch anschließend fast fünf Jahre lang den Mietzins vorbehaltlos weitergezahlt hat. Dies spricht für eine Anwendbarkeit des § 539 BGB. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß der Untermieter der Klägerin die mangelhafte Belüftung bis zum Jahre 1993 hingenommen hat, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen, daß er erst im Jahre 1993 wegen dieser Mängel die fristlose Kündigung des Untermietvertrages erklärt
hat, was darauf hindeuten könnte, daß sich der Mangel im Laufe der Zeit verschlimmert haben könnte, und daß in dem anschließend zwischen der Klägerin und ihrem Untermieter anhängigen Rechtsstreit am 11. Juli 1994 der Mangel von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen mit exakten Meßergebnissen bestätigt worden ist. Es bedarf weiterer tatrichterlicher Aufklärung, ob dadurch für die Klägerin eine neue, sie zur fristlosen Kündigung berechtigende Situation entstanden ist. Selbst wenn man unterstellt, das Recht der Klägerin zur fristlosen Kündigung sei entsprechend § 539 BGB ausgeschlossen, könnte zu diesem Feststellungsantrag aber keine abschließende Entscheidung ergehen. Die Klägerin hat nämlich hilfsweise die Feststellung beantragt, das Mietverhältnis der Parteien sei durch ordentliche Kündigung zum 31. März 1995 beendet worden. Dieser Hilfsantrag enthält als ein Weniger den Antrag festzustellen, das Mietverhältnis sei zum 30. Juni 1995 beendet worden (§ 565 Abs. 1 a BGB in der seit dem 1. Januar 1994 gültigen Fassung). Ob dieser Hilfsantrag begründet ist, hängt davon ab, ob der an sich auf 15 Jahre fest abgeschlossene Mietvertrag mangels Einhaltung der Schriftform ordentlich kündbar war. Diese Frage hat das Berufungsgericht dahingestellt sein lassen. Sollte es auf den Hilfsantrag ankommen, sind auch diesbezüglich weitere Feststellungen erforderlich. Insofern muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. 5. Der Senat kann dagegen abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO) über den Antrag festzustellen, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme der Gaststättenräume in Annahmeverzug befinde. Dieser Feststellungsantrag ist nämlich in jedem Fall als unzulässig abzuweisen, auch dann, wenn das Mietverhältnis durch die von der Klägerin erklärte Kündigung beendet worden
sein sollte. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage - abgesehen von der hier nicht in Betracht kommenden Feststellung der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde - nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses sein. Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (BGHZ 22, 43, 47; Zöller/ Greger, ZPO 21. Aufl. § 256 Rdn. 3). Der Annahmeverzug ist aber - wie auch der Schuldnerverzug (vgl. Senatsurteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97 - zur Veröffentlichung vorgesehen) - lediglich eine gesetzlich definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen, also lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Er ist selbst kein Rechtsverhältnis, das nach § 256 ZPO festgestellt werden könnte. Richtig ist allerdings, daß in Fällen, in denen der Kläger eine Verurteilung des Beklagten zu einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung begehrt, der weitere Antrag des Klägers, den Annahmeverzug des Schuldners hinsichtlich der ihm gebührenden Leistung festzustellen, im Anschluß an eine Entscheidung des Reichsgerichts (RG, JW 1909, 463 Nr. 23) für zulässig angesehen wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1987 - VIII ZR 206/86 - WM 1987, 1496, 1498; MünchKomm-ZPO/Lüke, § 256 Rdn. 24 m.N.). Der Senat hat bereits ausgeführt, daß es sich bei dieser Rechtssprechung um eine Ausnahme handelt, die allein aus Gründen der Zweckmäßigkeit und mit dem schutzwürdigen Interesse des Klägers zu rechtfertigen ist, den für die Vollstreckung nach den §§ 756, 765 ZPO erforderlichen Nachweis des Annahmeverzugs bereits im Erkenntnisverfahren erbringen zu können. Daraus kann nicht hergeleitet werden, daß der Annahmeverzug ein zulässiger Gegenstand einer isolierten, nicht mit einem Antrag auf Verurteilung zu einer
Zug-um-Zug-Leistung verbundenen Feststellungsklage sein kann (Senatsurteil vom 19. April 2000 aaO). Eine Zug um Zug zu erbringende Leistung wird im vorliegenden Fall von der Klägerin nicht begehrt. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Weber-Monecke
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.