vorgehend
Bundespatentgericht, 2 Ni 21/07, 14.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 1 1 9 / 0 9 Verkündet am:
25. November 2014
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schleifprodukt
PatG § 21 Abs. 1 Nr. 3; EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbkG Art. II § 6
Abs. 1 Nr. 3

a) Dienen Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die zusammen, aber auch je
für sich den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung
der unter Schutz gestellten Erfindung, so ist es grundsätzlich zulässig
, das Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser
Merkmale in den Patentanspruch zu beschränken. Die beanspruchte Kombination
muss jedoch in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die
der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung
der Erfindung entnehmen kann.

b) Kann der Fachmann der Darstellung eines insoweit nicht näher erläuterten
Ausführungsbeispiels entnehmen, dass eine von der Erfindung angestrebte
Wirkung (hier: eine offene und flexible Struktur eines gewirkten Tuchs) durch
eine bestimmte Verbindung zweier technischer Maßnahmen (hier: die Kombination
von Trikot- und Satinmaschen in bestimmter Anordnung) erreicht
wird, ist damit nicht notwendigerweise offenbart, dass dasselbe auch für jede
andere Kombination dieser beiden Maßnahmen gilt.
BGH, Urteil vom 25. November 2014 - X ZR 119/09 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Richterin
Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. Mai 2009 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
Das europäische Patent 779 851 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit sein Gegenstand über folgende Fassung seines - nunmehr einzigen - Patentanspruchs hinausgeht: Schleifprodukt mit: einem Tuch aus gewirkten Fäden (1); Fadenteilen , wie Schlaufen (3), die sich auf einer Oberfläche des Tuchs befinden und aus dem Tuch hervortreten; und einem Schleifmittel (4), das als separate Agglomerate zumindest auf die andere, im Wesentlichen ebene Oberfläche des Tuchs aufgebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Tuch eine für den beim Schleifen gebildeten Staub durchlässige Struktur aufweist, die hervortretenden Fadenteile Schlaufen (3) aus Fäden (1), die in dem Tuch enthalten sind, oder Schlaufen aus Fasern (2) solcher Fäden aufweisen, und die hervortretenden Fadenteile einen derartigen Spalt zwischen dem Tuch und einer Trägerfläche bilden, auf welcher das Tuch mittels der hervortretenden Fadenteile befestigt werden kann, dass der beim Schleifen gebildete Staub entlang dieses Spalts abtransportiert werden kann.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 779 851 (Streitpatents), das am 5. September 1995 unter Inanspruchnahme der Priorität von zwei finnischen Anmeldungen vom 6. September 1994 und 28. Oktober 1994 angemeldet wurde und ein Schleifprodukt sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung betrifft. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache: A grinding product comprising: a cloth of woven or knitted threads (1); thread parts, such as loops (3) or thread ends (5), situated on one surface of the cloth and projecting from the cloth; and a grinding agent applied as separate agglomerates (4) to that surface of the grinding product which comprises projecting thread parts (3, 5), at least to the projecting thread parts (3, 5), characterized in that the projecting thread parts comprise loops (3) or ends (5) of threads (1) of the cloth.
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in erster Instanz mit einem Hauptantrag und sechs Hilfsanträgen in geänderter Fassung verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Mit ihrer Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent mit einem Hauptantrag und fünf Hilfsanträgen in abermals geänderter Fassung. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
4
Im Auftrag des Senats hat Dr.-Ing. H.
ein schriftliches Gutachten erstattet, das er im ersten Verhandlungstermin erläutert und ergänzt hat. Im Anschluss an diesen Termin hat Frau E. im Auftrag des Senats eine deutsche Übersetzung der beiden Prioritätsdokumente angefertigt und schriftliche Erläuterungen zur Bedeutung einiger darin verwendeter Begriffe gegeben. Prof. Dr.-Ing. Ü. hat im Auftrag des Senats ein schriftliches Gutachten zu einigen Fragen aus dem Gebiet der Textiltechnik erstattet und dieses im zweiten Verhandlungstermin erläutert und ergänzt.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Berufung ist nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstands begründet.
6
I. Das Streitpatent betrifft ein Schleifprodukt.
7
1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift wird die Schleifwirkung solcher Produkte hauptsächlich dadurch vermindert, dass der Schleifstaub das Produkt zusetzt. Um dem entgegenzuwirken seien im Stand der Technik verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen worden, zum Beispiel eine Variierung der Körnungsdichte, unterschiedliche Arten von Bindemitteln, eine staubabweisende Oberfläche oder die Anbringung von Lochungen, um den Staub an bestimmten Punkten absaugen zu können. Diese Maßnahmen hätten sich aber als unzureichend erwiesen.
8
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Schleifprodukt zur Verfügung zu stellen, das eine deutlich längere Betriebsdauer als bekannte Produkte ermöglicht.
9
2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der in zweiter Instanz mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung der Patentansprüche zwei Schleifprodukte vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
10
a) Nach Patentanspruch 1 umfasst das Schleifprodukt: 1. ein Tuch 1.1 aus gewirkten Fäden (1), 1.2 das ein Kettengewirk mit einer kombinierten Bindung ist, 1.2.1 worin in allen Maschenstäbchen des Kettengewirks Maschen abwechselnd eine Fadenverbindung zu einer Masche des benachbarten Maschenstäbchens auf der einen Seite und zu einer Masche des benachbarten Maschenstäbchens auf der anderen Seite aufweisen, 1.3 das eine offene Struktur aufweist, die für den beim Schleifen gebildeten Staub durchlässig ist; 2. Fadenabschnitte (-teile) wie Schlaufen (3), die 2.1 sich auf einer Oberfläche des Tuchs befinden, 2.2 aus dem Tuch hervorstehen und 2.3 aus Schlaufen (3) der Fäden (1) des Tuchs bestehen; 3. ein Schleifmittel, das als separate Agglomerate (4) auf die Oberfläche des Schleifprodukts mit hervorstehenden Fadenteilen (3, 5) 3.1 zumindest auf die hervorstehenden Fadenteile aufgebracht wird; 4. eine flüssigkeitsabsorbierende Schaumstoffschicht (11), 4.1 die an der Oberfläche des Tuchs befestigt ist, die frei von Schleifmitteln ist.
11
b) Nach Patentanspruch 3 umfasst das Schleifprodukt: 1. ein Tuch 1.1 aus gewirkten Fäden (1), 1.2 das eine für den beim Schleifen gebildeten Staub durchlässige Struktur aufweist; 2. Fadenabschnitte (-teile) wie Schlaufen (3), die 2.1 sich auf einer Oberfläche des Tuchs befinden und 2.2 aus dem Tuch hervorstehen, 2.2.1 wobei die hervorstehenden Fadenabschnitte Schlaufen (3) aus Fäden (1), die in dem Tuch enthalten sind, oder Schlaufen aus Fasern (2) solcher Fäden aufweisen (comprise), und 2.2.2 einen derartigen Zwischenraum (gap) zwischen dem Tuch und einer Trägerfläche, auf welcher das Tuch mittels der hervorstehenden Fadenteile befestigt werden kann, bilden, dass der beim Schleifen gebildete Staub entlang dieses Zwischenraums (Spalts) abtransportiert werden kann; 3. ein Schleifmittel, das als separate Agglomerate (4) zumindest auf die andere, im Wesentlichen ebene Oberfläche des Tuchs aufgebracht wird.
12
c) Die nach den beiden Patentansprüchen geschützten Produkte unterscheiden sich insbesondere dadurch voneinander, dass das Schleifmittel bei dem ersten Produkt auf derjenigen Seite angebracht ist, die hervorstehende Fadenteile aufweist, beim zweiten Produkt hingegen auf derjenigen Seite, die im Wesentlichen eben ist. Der erste Patentanspruch enthält ferner nähere Festlegungen zur Struktur des Gewirks und sieht vor, dass auf der dem Schleifmittel gegenüber liegenden Seite des Tuchs eine flüssigkeitsabsorbierende Schaumstoffschicht angebracht ist.
13
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
14
Der Gegenstand des Streitpatents in der mit dem erstinstanzlichen Hauptantrag und den erstinstanzlichen Hilfsanträgen 1 und 3 verteidigten Fassungen sei dem Fachmann, einem Diplomingenieur mit Fachhochschulabschluss der Fachrichtung Maschinenbau mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Schleifprodukten, durch den Stand der Technik nahegelegt. Aus der US-Patentschrift 2 996 368 (NK9) sei ein Schleifprodukt mit allen Merkmalen des Oberbegriffs von Patentanspruch 1 bekannt gewesen. Dieses Produkt weise eine offene Struktur und hervortretende Fadenteile auf, weil diese Merkmale mehr oder weniger für alle gewebten, gestrickten oder gewirkten Textilien zuträfen. Der Kerngedanke des Streitpatents, das Schleifprodukt mit einer weitgehend offenen Struktur für eine verbesserte Abführung von Schleifstaub zu versehen, sei zudem durch den weiteren Stand der Technik angeregt. So gingen aus der US-Patentschrift 2 984 052 (NK6) Schleifprodukte hervor, die eine offenmaschige textile Grundschicht und eine Mehrzahl von Ausstülpungen oder Knoten aufwiesen. Der Fachmann entnehme daraus unschwer die Lehre, dass bei textilbasierten Schleifstoffen der Widerstand gegen die Zusetzwirkung des Schleifstaubes verbessert werden könne, wenn man die Basis eines Tuchstoffs selbst möglichst offenmaschig gestalte.
15
Die nach dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 4 vorgesehene Ausgestaltung , bei der die Agglomerate auf die im Wesentlichen ebene Oberfläche aufgebracht würden, ermögliche es, die hervortretenden Fadenteile auf der anderen Seite als eine Art Klettverbindung zu nutzen. Dieses Prinzip sei bereits von technologisch verwandten Schleifprodukten her bekannt gewesen, was durch die deutsche Offenlegungsschrift 1 577 588 (NK4) belegt werde. Die nach dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 6 vorgesehene Verwendung eines solchen Schleifprodukts zum Schleifen unter Absaugen des Staubs entlang eines Spalts zwischen Schleifprodukt und Trägerfläche weise keinen weitergehenden technischen Überschuss auf.
16
Der Gegenstand des Streitpatents in den mit den erstinstanzlichen Hilfsanträgen 2 und 5 verteidigten Fassungen gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. Das in diesen Fassungen vorgesehene Merkmal, dass das Tuch aus einem Kettengewirk mit einer kombinierten Bindung aus Satinmaschen und Trikotmaschen besteht, lasse sich allenfalls aus Figur 2 der Anmeldungsunterlagen entnehmen. In der Beschreibung sei es weder ausdrücklich erwähnt noch implizit als zur Erfindung gehörend offenbart.
17
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren nur hinsichtlich der in zweiter Instanz mit dem Hauptantrag und mit Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung des Streitpatents stand, nicht aber hinsichtlich der mit Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung.
18
1. Die Verteidigung des Streitpatents in der nach dem zweitinstanzlichen Hauptantrag vorgesehenen Fassung ist unzulässig. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 geht in dieser Fassung über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. Die darin vorgesehenen Merkmale 1.2 und 1.2.1, wonach das Tuch aus einem Kettengewirk mit kombinierter Bindung mit Fadenverbindung zu jeweils benachbarten Maschen besteht, sind in der Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörend offenbart.
19
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig als zu der zum Patent angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann auf Grund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann. Eine unzulässige Erweiterung liegt vor, wenn der Gegenstand des Patents sich für den Fachmann erst auf Grund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen ergibt, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 9. April 2013 - X ZR 130/11, GRUR 2013, 809 Rn. 11 - Verschlüsselungsverfahren). Verallgemeinerungen sind in der Regel unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BGHZ 200, 63 = GRUR 2014, 542 Rn. 24 - Kommunikationskanal).
20
b) Der Anmeldung des Streitpatents lässt sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, dass ein Kettengewirk mit einer kombinierten Bindung der in Merkmal 1.2.1 festgelegten Art zum Gegenstand der Erfindung gehört.
21
Eine kombinierte Bindung ist in der Anmeldung nicht ausdrücklich offenbart. In der Beschreibung wird lediglich dargelegt, das Schleifprodukt umfasse ein Tuch aus gewebten, gestrickten oder gewirkten Fäden (woven or knitted threads, z.B. S. 1 Z. 4, S. 3 Z. 19; S. 4 Z. 10). Ergänzend wird ausgeführt, der Begriff "knitted cloth" umfasse auch ein gehäkeltes Tuch (crocheted cloth) oder dergleichen (S. 14 Z. 7 f.). Nähere Angaben zur Struktur des Gewirks finden sich demgegenüber nicht. Ein Kettengewirk mit einer Kombination aus Satinund Trikotbindung ist allenfalls in den Figuren 2 und 9 zu erkennen. Selbst wenn diesen Figuren zu entnehmen wäre, dass die dort dargestellte konkrete Ausgestaltung als zur Erfindung gehörend beansprucht wird, ergäbe sich daraus indes nicht hinreichend deutlich, dass dies auch für andere Arten einer kombinierten Bindung, insbesondere unter Einbeziehung anderer Maschenarten (z. B. Samt-, Atlas- oder Ripsmaschen) gelten soll, sofern diese nur die in Merkmal 1.2.1 vorgesehenen Fadenverbindungen aufweist. Für den Fachmann, der anhand der Figuren eine Kombination aus Satin- und Trikotbindung erkennt, mag zwar offensichtlich sein, dass dies eine kombinierte Bindung im Sinne der Merkmale 1.2 und 1.2.1 ist. Mangels entsprechender Hinweise ergibt sich für ihn aus der Anmeldung jedoch nicht, dass es für die erfindungsgemäße Ausgestaltung eines Tuchs gerade darauf ankommt, mehrere Maschenarten in dieser Weise zu kombinieren, während die konkrete Maschenart unerheblich ist.
22
2. Ebenfalls unzulässig ist die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung nach dem zweitinstanzlichen Hilfsantrag 1.
23
a) Nach diesem Hilfsantrag soll Merkmal 1.2.1 in Patentanspruch 1 dahin ergänzt werden, dass die kombinierte Bindung aus Satinmaschen und Trikotmaschen aufgebaut ist.
24
b) Auch mit dieser Konkretisierung ist der beanspruchte Gegenstand in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend offenbart.
25
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob in den Figuren 2 und 9 der Anmeldung ein Kettengewirk mit einer gleichlegigen Satin-/Trikot-Bindung unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend offenbart ist. Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, gälte dies allenfalls für die genannte Bindungsart, bei der die Satinmaschen auf der vorderen und die Trikotmaschen auf der hinteren Seite angeordnet sind. Merkmal 1.2.1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 ist aber, wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, nicht auf diese Bindungsart beschränkt. Es umfasst vielmehr jede Kombination aus Trikot- und Satinmaschen und damit auch die Trikot-/Satin-Bindung, bei der die Trikotmaschen auf der vorderen und die Satinmaschen auf der hinteren Seite angeordnet sind. Zumindest mit dieser Verallgemeinerung ist Merkmal 1.2.1 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart.
26
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist es allerdings nicht generell unzulässig, von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels nur einzelne in den Patentanspruch aufzunehmen (vgl. nur BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BGHZ 200, 63 = GRUR 2014, 542 Rn. 24 - Kommunikationskanal

).


27
Dienen Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die zusammen, aber auch je für sich den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, so ist es grundsätzlich zulässig , das Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale in den Patentanspruch zu beschränken (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer; BGH, Urteil vom. 30. August 2011 - X ZR 12/10, Rn. 30). Auch in diesem Zusammenhang muss die beanspruchte Kombination jedoch in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen , die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 - Drehmomentübertragungseinrichtung).
28
bb) Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor.
29
Wie der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr.-Ing. Ü. erläutert hat, ergibt sich für einen mit Fragen der Textilkunde vertrauten Fachmann aus Figur 2 der Anmeldung, dass das dort wiedergegebene Schleifprodukt aus einem Gewirk in Satin-/Trikot-Bindung besteht. Diese Ausgestaltung bietet zwar keine sichere Gewähr dafür, dass das Tuch die nach der Beschreibung wünschenswerten Eigenschaften, insbesondere eine offene und flexible Struktur aufweist. Immerhin führt die Anbringung von Satinmaschen auf der Vorderseite einer aus Trikotmaschen bestehenden Grundstruktur aber zur Ausbildung relativ großer Schlaufen, die das Eintreten dieser Wirkungen tendenziell begünstigen. Damit mag einem mit Fragen der Textilkunde vertrauten Fachmann offenbart sein, dass die dargestellte Satin-/Trikot-Bindung der Herbeiführung des mit der Erfindung angestrebten Erfolgs dient. Hieraus ergibt sich aber nicht, dass dasselbe für jede andere Kombination aus Trikot- und Satinmaschen, insbesondere für eine Trikot-/Satin-Bindung gilt.
30
Wie der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr.-Ing. Ü. erläutert hat, kommen für die Verwirklichung des vom Streitpatent angestrebten Erfolgs auch zahlreiche andere Maschenkombinationen in Betracht. Ob sie zur Herbeiführung dieses Erfolgs tatsächlich geeignet sind, lässt sich mit abstrakten Überlegungen nicht hinreichend sicher beurteilen. Für den Fachmann, der anhand der in den Figuren 2 und 9 dargestellten Beispiele nach Wegen zur Ausführung der Erfindung suchte, ergab sich deshalb aus dem Umstand, dass eine Satin-/ Trikot-Bindung als geeignet dargestellt wurde, nicht unmittelbar und eindeutig, dass dasselbe auch für alle anderen Kombinationen aus Trikot- und Satinmaschen gilt. Im Hinblick auf eine Trikot-/Satin-Bindung hätten hierbei ausgehend von den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. Ü. schon deshalb Bedenken bestanden, weil die Anordnung der Schlaufen auf der Hinterseite des Gewirks zur Erreichung der mit der Erfindung angestrebten Wirkungen tendenziell eher weniger geeignet ist. Daraus ergibt sich zwar nicht, dass eine solche Maschenkombination generell ungeeignet wäre. Der Anmeldung lässt sich vor diesem Hintergrund aber nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass es für die erfindungsgemäße Ausgestaltung eines Tuchs bereits ausreicht, Trikot- und Satinmaschen miteinander zu kombinieren, während die konkrete Anordnung der beiden Maschenarten unerheblich ist.
31
3. Ob eine auf ein Gewirk mit Satin-/Trikot-Bindung beschränkte Fassung von Patentanspruch 1 zulässig wäre, bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt, dass sie eine solche Fassung nicht verteidigt.
32
4. Der Gegenstand des mit Hilfsantrag 2 verteidigten (einzigen) Patentanspruchs - dessen Wortlaut identisch ist mit dem Wortlaut von Patentanspruch 3 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung - ist patentfähig.
33
a) Das am 27. Juli 1995 veröffentlichte deutsche Gebrauchsmuster 295 05 847.1 (NK42) gehört nicht zum Stand der Technik. Das Streitpatent nimmt nämlich zu Recht die Priorität der am 6. September 1994 (in schwedischer Sprache) eingereichten finnischen Anmeldung 944 090 in Anspruch.
34
aa) Wie die vom Senat beauftragte Übersetzerin E. aufgezeigt hat, umfasst der Begriff "sticka" sowohl den Begriff "stricken" als auch den Begriff "wirken". Die schwedische Terminologie entspricht damit der englischen, die, wie der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr.-Ing. Ü. erläutert hat, für beide Herstellungsarten den Ausdruck "knitting" verwendet und - mit im Detail abweichender Abgrenzung - zwischen "weft knitting" und "warp knitting" unterscheidet.
35
bb) Vor diesem Hintergrund kann zwar der Beschreibung der beiden Prioritätsdokumente , in der nicht näher zwischen einzelnen Unterarten differenziert wird, die Ausgestaltung des Tuchs als Kettengewirk aus näher bestimmten Kombinationen von Trikot- und Satinmaschen nicht unmittelbar und eindeutig entnommen werden. Das Prioritätsdokument 944 090 enthält jedoch bereits die im Streitpatent und dessen Anmeldung wiedergegebenen Figuren 2 und 9, in denen ein gewirktes Tuch dargestellt ist.
36
In der Beschreibung des Prioritätsdokuments wird zwar - ebenso wie in der Beschreibung des Streitpatents und der Anmeldung - nicht näher zwischen Stricken, Wirken oder Weben unterschieden. Vielmehr werden alle diese Herstellungsarten als grundsätzlich geeignet darstellt. Daraus ergab sich für den Fachmann aber hinreichend deutlich, dass jedenfalls alle aus den Ausführungsbeispielen erkennbaren Herstellungsarten - unabhängig von der konkreten Ausbildung der Maschen oder sonstiger Details - als zur Erfindung gehörend beansprucht werden. Deshalb stand es der Beklagten frei, den Gegenstand der Erfindung auf eine dieser drei Herstellungsarten zu beschränken.
37
cc) Wie der Senat bereits in seinem Beweisbeschluss vom 18. Juni 2013 dargelegt hat, hatte der Fachmann, ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Schleifprodukten, Veranlassung , zur Ausgestaltung des in der Erfindung beanspruchten Tuchs einen mit Fragen der Textilkunde vertrauten Fachmann hinzuzuziehen. Dies gilt entsprechend für den Gegenstand des Prioritätsdokuments.
38
Dem steht abweichend von der Auffassung der Klägerin nicht entgegen, dass in der Beschreibung der genannten Dokumente nicht auf Einzelheiten der Herstellungsart eingegangen wird. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass den Eigenschaften des Tuchs nach der beanspruchten Erfindung zentrale Bedeutung zukommt. Ein Fachmann, der die beanspruchte Erfindung ausführen will, ist deshalb gehalten, nach hierfür geeigneten Textilien zu suchen. Wenn er auf- grund seiner Ausbildung auf dem Gebiet des Maschinenbaus nicht über genügend Kenntnisse verfügt, um dem Prioritätsdokument nähere Angaben zu entnehmen , hat er Anlass, zur Beurteilung dieser Fragen einen Textilfachmann einzuschalten.
39
b) Wie der Senat bereits in seinem Beweisbeschluss vom 18. Juni 2013 näher dargelegt hat, ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung durch die übrigen Entgegenhaltungen, insbesondere durch die US-Patentschrift 2 984 052 (NK6) und die deutsche Offenlegungsschrift 1 577 588 (NK4) weder offenbart noch nahegelegt. Hierzu haben sich in der zweiten mündlichen Verhandlung keine neuen Erkenntnisse ergeben.
40
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 92 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 14.05.2009 - 2 Ni 21/07 (EU) -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2014 - X ZR 119/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2014 - X ZR 119/09

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt

Film-, Medien- und Urheberrecht


Die Kanzlei "Streifler & Kollegen" vertritt Sie auch in Angelegenheiten des Film-, Medien- und Urheberrechts.
EnglischFranzösisch 1 mehr anzeigen

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2014 - X ZR 119/09 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 21


(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß 1. der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,3. der w

Gesetz über internationale Patentübereinkommen - IntPatÜbkG | § 6 Das Deutsche Patent- und Markenamt als ausgewähltes Amt


(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2014 - X ZR 119/09 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2014 - X ZR 119/09 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2013 - X ZR 130/11

bei uns veröffentlicht am 09.04.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 130/11 Verkündet am: 9. April 2013 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Aug. 2011 - X ZR 12/10

bei uns veröffentlicht am 30.08.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 12/10 Verkündet am: 30. August 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichts

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2014 - X ZR 107/12

bei uns veröffentlicht am 11.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 107/12 Verkündet am: 11. Februar 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2001 - X ZB 18/00

bei uns veröffentlicht am 11.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 18/00 vom 11. September 2001 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das deutsche Patent 34 47 925 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Drehmomentenübertragungseinrichtung PatG 1981 §§ 21 Abs. 1 Nr. 4, 38 Werden i
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2014 - X ZR 119/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2019 - X ZR 46/17

bei uns veröffentlicht am 07.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 46/17 Verkündet am: 7. Mai 2019 Zöller Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2019:070519UXZR46.17.0 De

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2018 - X ZR 72/16

bei uns veröffentlicht am 28.08.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 72/16 Verkündet am: 28. August 2018 Zöller Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2018:280818UXZR72.16.0

Referenzen

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 130/11 Verkündet am:
9. April 2013
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verschlüsselungsverfahren
EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c

a) Allein aus dem Umstand, dass aus technischer Sicht der Anwendung eines in der
Patentanmeldung offenbarten Verfahrens (hier: Verschlüsselungsverfahrens) zeitlich
nachgeordnet ein weiteres Verfahren (hier: Entschlüsselungsverfahren) folgen
muss, um insgesamt ein technisch und wirtschaftlich sinnvolles Ergebnis zu erreichen
, kann in der Regel nicht gefolgert werden, dass das weitere Verfahren auch
ohne erwähnt zu werden als zu der zum Patent angemeldeten Erfindung gehörend
offenbart ist.

b) Dies gilt auch dann, wenn dem Fachmann mit der Beschreibung des ersten Verfahrens
alle Informationen an die Hand gegeben werden, die er benötigt, um mit
Hilfe seines Fachwissens auch das weitere Verfahren auszuführen.
BGH, Urteil vom 9. April 2013 - X ZR 130/11 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck,
die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher, Hoffmann und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 12. Mai 2011 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik
1
Deutschland erteilten europäischen Patents 1 033 703 (Streitpatents), das am 29. November 1994 angemeldet wurde und auf die europäische Stammanmeldung 0 655 739 (veröffentlicht als EP 0 655 739 A2, Anlage K3) zurückgeht. Das Streitpatent nimmt eine japanische Priorität vom 30. November 1993 in Anspruch. Es betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Aufzeichnung von Informationssignalen und umfasst zehn Ansprüche, die bis auf die Ansprüche 3 und 8 einander nebengeordnet sind. Die Patentansprüche 1 bis 3 und 6 bis 8 betreffen das Verfahren, die Patentansprüche 4 und 5, 9 und 10 betreffen Vorrichtungen. Die Patentansprüche 1 und 10 lauten in der Verfahrenssprache: "1. A method of recording and reproducing information signals of binary digital signal train using an information signal record- ing medium formed with circular information signal tracks divided into a plurality of sectors each having a sector address by scrambling and de-scrambling the information signals with scrambling signals having cyclic codes, the method comprising the steps of: generating a plurality of initial values according to the sector addresses; generating a scrambling signal based on each generated initial value; and scrambling the information signals, and, in the case of reproduction , de-scrambling scrambled information signals read from said recording medium, in each sector with one of said generated scrambling signals, each said scrambling signal being used for a predetermined plurality of sequential sectors , wherein a starting point in said cyclic codes of the scrambling signal used for the signals in each said predetermined plurality of sequential sectors is offset by a predetermined offset value from the starting point of the scrambling signal used for the signals in the immediately preceding predetermined plurality of sequential sectors, sectors in adjacent portions of said signal tracks being scrambled using different scrambling signals. 10. Apparatus for reproducing original information signals by descrambling scrambled information signals of binary digital signal train read from an information signal recording medium formed with circular information signal tracks divided into a plurality of sectors having sector addresses, the apparatus comprising: means for generating a first initial value based on the sector address, the first initial value being used over first sequential sectors of a predetermined number of sectors; means for generating a second initial value based on the sector address, the second initial value being used over second sequential sectors of a predetermined number of sectors ; means for generating a first scrambling signal based on the first initial value; means for generating a second scrambling signal based on the second initial value; means for de-scrambling the information signals per sector with repeated use of the first scrambling signal that starts at the first initial value with respect to each sector of the first sequential sectors and with repeated use of the second scrambling signal that starts at the second initial value with respect to each sector of the second sequential sectors; wherein a starting point of the second scrambling signal corresponding to the second initial value is offset by a predetermined offset value from another starting point of the first scrambling signal corresponding to the first initial value." Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents ge2 he über den Inhalt der Stammanmeldung hinaus. Darüber hinaus beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 10 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie weiterhin die Klageabweisung erstrebt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Auf3 nahme und zur Wiedergabe von Informationssignalen. 1. Nach der Patentbeschreibung werden digitale Signale durch die Bil4 dung von konkaven und konvexen Stellen, also von Vertiefungen und Erhöhungen , entlang kreisförmiger Spuren auf eine optische Datenträgerscheibe, wie eine Compact Disc (CD), als Aufzeichnungsträger aufgenommen. Das Auslesen der Informationssignale erfolgt mittels eines Lasers, indem die Intensität dieses Lichtstrahls, der von den Vertiefungen und Erhöhungen reflektiert wird, analysiert wird. Dabei ist die Rotationsgeschwindigkeit der CD als Aufzeich-
nungsträger so geregelt, dass entweder die lineare Abtastgeschwindigkeit (CLV = Constant Linear Velocity) oder die Winkelgeschwindigkeit (CAV = Constant Angular Velocity) konstant ist. Im Fall konstanter Winkelgeschwindigkeit enthalten außen- und innenliegende Spuren die gleiche Anzahl Sektoren, deren Anfänge auch auf gleichen radialen Linien liegen. Ist hingegen die lineare Abtastgeschwindigkeit konstant, passen auf außenliegende Spuren mehr Sektoren als auf innenliegende Spuren, so dass auch die Sektoranfänge in der Regel auf unterschiedlichen radialen Linien liegen. Dabei kann es vorkommen, dass die Sektoranfänge benachbarter Spuren auf der gleichen radialen Linie liegen, was Lesefehler verursachen kann. Um dies zu verhindern, werden die Daten vor der Aufnahme mittels mathematischer Algorithmen verschlüsselt. Mit zunehmender Speicherkapazität der Aufzeichnungsträger erhöht sich jedoch auch die Wahrscheinlichkeit dafür, dass benachbarte Sektoranfänge nicht nur auf der gleichen radialen Linie liegen, sondern auch die gleiche Information beinhalten. Werden die aufzunehmenden Informationssignale in einem solchen Fall mit üblichen Methoden verschlüsselt, führt dies zu einer Verschlechterung des Signal-/ Rauschverhältnisses (Patentbeschreibung Abs. 2 bis 16). 2. Dem Streitpatent liegt demnach das technische Problem zugrunde,
5
die Spursteuerung stabil zu halten (Abs. 16). 3. Dieses Problem soll durch die nebengeordneten Verfahrensansprü6 che 1, 2, 6 und 7 sowie die nebengeordneten Vorrichtungsansprüche 4, 5, 9 und 10 gelöst werden. Patentanspruch 1, der ein Verfahren zur Aufnahme (re- cording) und zur Wiedergabe (reproducing) von Informationssignalen einer binären digitalen Signalstrecke zum Gegenstand hat, lässt sich in folgende Merkmale gliedern (Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern ): 1. Bei dem Verfahren [1.2] 1.1 wird ein Informationssignalaufnahmemedium verwendet, das 1.1.1 aus kreisförmigen Informationssignalspuren aufgebaut und 1.1.2 in eine Vielzahl von Sektoren mit je einer Sektoradresse eingeteilt ist; 1.2 findet eine Verschlüsselung und Entschlüsselung der Informationssignale mit Verschlüsselungssignalen, die periodische Codes haben, statt.
2. Das Verfahren umfasst folgende Schritte: 2.1 Erzeugung einer Vielzahl von Anfangswerten entsprechend den Sektoradressen [1.3]; 2.2 Erzeugung eines Verschlüsselungssignals, basierend auf jedem der erzeugten Anfangswerte [1.4]; 2.3 Verschlüsselung der Informationssignale in jedem Sektor mit einem der erzeugten genannten Verschlüsselungssignale , wobei jedes Verschlüsselungssignal für eine vorbestimmte Vielzahl aufeinanderfolgender Sektoren verwendet wird [1.5 teilweise]; 2.4 bei der Wiedergabe Entschlüsselung der verschlüsselten Informationssignale, die von dem Aufnahmemedium gelesen werden [1.5 teilweise]; 2.5 in den periodischen Codes des für die vorbestimmte Zahl aufeinanderfolgender Sektoren verwendeten Verschlüsselungssignals wird ein Startpunkt durch einen vorbestimmten Offset-Wert vom Startpunkt desjenigen Ver-
schlüsselungssignals verschoben, das für die Signale in der unmittelbar vorhergehenden vorbestimmten Zahl aufeinanderfolgender Sektoren verwendet wird [1.6 teilweise ]; 2.6 für Sektoren in benachbarten Teilen der zu verschlüsselnden Signalspuren werden unterschiedliche Verschlüsselungssignale verwendet [1.6 teilweise].
II. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand sämtlicher An7 sprüche des Streitpatents in der erteilten und in den erstinstanzlich hilfsweise beanspruchten Fassungen gehe über den Inhalt der Stammanmeldung hinaus. Die Unterlagen der Stammanmeldung offenbarten aus der Sicht des Fachmanns , eines mit der Aufzeichnung von Informationssignalen auf Datenträgern betrauten Diplomphysikers oder Diplomingenieurs der Fachrichtung Elektrotechnik mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der digitalen Signalverarbeitung, an keiner Stelle unmittelbar und eindeutig , dass Gegenstand der Erfindung auch ein Verfahren oder eine Vorrichtung zur Wiedergabe und Entschlüsselung von Informationssignalen sein solle. Sämtliche nebengeordneten Ansprüche der erteilten Fassung und auch der Hilfsanträge enthielten Merkmale bezüglich der Wiedergabe und der Entschlüsselung von Informationssignalen. Die Stammanmeldung zum Streitpatent offenbare ausschließlich die Verschlüsselung von Informationssignalen und deren Aufnahme auf einen Datenträger. Sämtliche nebengeordneten Ansprüche der erteilten Fassung und auch der Hilfsanträge enthielten indessen die Entschlüsselung und Wiedergabe von Informationssignalen betreffende Merkmale. Die Argumentation der Beklagten, der Fachmann entnehme der Stamm8 anmeldung, dass die mit der Erfindung bereitgestellte Lösung bei der Wieder-
gabe der aufgezeichneten Informationssignale hervortrete, führe zu keinem anderen Ergebnis. Eine Wiedergabe von Informationssignalen, die verschlüsselt aufgenommen worden seien, erfordere zwangsläufig deren Entschlüsselung. Dies komme in den Ansprüchen des Streitpatents dadurch zum Ausdruck, dass gleichzeitig mit der Wiedergabe auch die Entschlüsselung beansprucht werde. Die Stammanmeldung offenbare jedoch an keiner Stelle ein Verfahren zur Entschlüsselung von Informationssignalen, sondern lediglich ein Verfahren zum Verschlüsseln. Auch die Sichtweise der Beklagten, dass sich für den Fachmann aus der
9
Offenbarung des Verschlüsselungsalgorithmus zwangsläufig die symmetrische Entschlüsselung und Wiedergabe gleichsam als Schattenbild der Verschlüsselung und Aufnahme ergebe, könne nicht überzeugen. Das "Mitlesen" des Fachmanns umfasse weder die Einbeziehung von Austauschmitteln noch die Berücksichtigung von Abwandlungen und Weiterentwicklungen der ursprünglich offenbarten Verschlüsselung und Aufnahme.
III. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben ohne Erfolg.
10
Das Patentgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Inhalt des Streitpatents in jeder der beanspruchten Fassungen über die Offenbarung der Stammanmeldung (K3) hinausgeht (Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ), indem (auch) die Entschlüsselung erfindungsgemäß verschlüsselter Signale geschützt wird. 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Of11 fenbarungsgehalt einer Patentanmeldung nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig als zu der zum Patent angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann. Eine unzulässige Erweiterung liegt vor, wenn der Gegenstand des Patents sich für den Fachmann erst aufgrund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen ergibt, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hat (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 27/06, GRUR 2010, 509 - Hubgliedertor I Rn. 39; Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910 - Fälschungssicheres Dokument Rn. 62; Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 - Olanzapin, zur Offenbarung bei der Neuheitsprüfung ). Zu einer unzulässigen Erweiterung führen auch solche Änderungen , durch die der Gegenstand der Anmeldung über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hinaus zu einem Aliud abgewandelt wird. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn die Hinzufügung einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen in seiner konkreten Ausgestaltung oder wenigstens in abstrakter Form nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40 - Winkelmesseinrichtung Rn. 22, zum Einspruchsverfahren ; Urteil vom 21. Juni 2011 - X ZR 43/09, GRUR 2011, 1003 - Integrationselement Rn. 29). 2. Das Patentgericht hat zutreffend angenommen, dass den Ur12 sprungsunterlagen ein Verfahren oder eine Vorrichtung, mit der erfindungsgemäß verschlüsselte Signale zum Zwecke der Wiedergabe der Information entschlüsselt werden können, nicht unmittelbar und eindeutig als Bestandteil der zum Patent angemeldeten Erfindung zu entnehmen sind.
a) Die Stammanmeldung offenbart ein Verfahren zur Aufnahme von In13 formationssignalen auf ein Aufzeichnungsmedium, das aus einer Vielzahl von kreisförmigen Spuren gebildet wird, insbesondere ein Verfahren zur Aufnahme von mit Verschlüsselungssignalen verschlüsselten Informationssignalen (me- thod of recording information signals on an information signal recording medium formed with a plurality of circular tracks, and more specifically to a method of recording information signals scrambled with scrambling signals, vgl. Stammanmeldung K3, S. 2, Z. 5 bis 7). Ein Verfahren zur Wiedergabe undzur Entschlüsselung der aufgenommenen Informationssignale, die vor der Wiedergabe zu erfolgen hätte, ist, wie auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, weder der zitierten Einleitung der Beschreibung, noch der Beschreibung der Erfindung und der Ausführungsbeispiele, noch den Patentansprüchen der Stammanmeldung zu entnehmen. Weder ist eine konkrete Ausgestaltung eines derartigen Verfahrens beschrieben, noch ist es in abstrakter Form erwähnt.
b) Auch bei der gebotenen Berücksichtigung des Verständnisses des
14
Fachmanns, eines - wie das Patentgericht unangegriffen festgestellt hat - mit der Aufzeichnung von Informationssignalen auf Datenträger betrauten Diplomphysikers oder Diplomingenieurs der Fachrichtung Elektrotechnik mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der digitalen Signalverarbeitung, der die Stammanmeldung zur Kenntnis nimmt und ihren Gesamtinhalt mit Hilfe seines Fachwissens erfasst, kann das Wiedergabe- und Entschlüsselungsverfahren nicht als zur Erfindung gehörend "mitgelesen" werden. Dem Fachmann ist aufgrund seines Fachwissens bekannt, dass der Ver15 schlüsselung der Signale bei der Wiedergabe der Information eine Entschlüsselung folgen muss. Zu Recht weist die Berufung darauf hin, dass die Stammanmeldung die Wiedergabe ausdrücklich anspricht (Therefore, the recorded data can be reproduced by binarizing the reproduced signals modulated on the basis of the light intensity change along the pit and the land portions, and further demodulated into digital signals [K3 S.2 Z. 25 bis 27]). Richtig ist auch, dass die erfindungsgemäßen Maßnahmen gerade der fehlerfreien Auslegung und Wiedergabe der Information dienen sollen. Es mag schließlich auch zutreffen , dass, wie in dem von der Beklagten vorgelegten Parteigutachten ausgeführt wird, dem Fachmann bekannt ist, dass zur Rekonstruktion der Informationsfolge nach einer Verschlüsselung mittels einer Exklusiv-Oder-Verknüpfung eine Entschlüsselung mittels derselben Methode gegenüberstehen muss, dass also die in den Blockdiagrammen der Figuren 1 und 4 der Stammanmeldung dargestellten Verschlüsselungsmittel ebenso als Entschlüsselungsmittel verwendet werden können oder gar müssen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch nach dem Verständnis des
16
Fachmanns Verschlüsselung und Entschlüsselung unterschiedliche Vorgänge sind und unterschiedliche Funktionen haben. Wenn ihm daher die erfindungsgemäße Verschlüsselung im Allgemeinen und in den Ausführungsbeispielen beschrieben wird, mag dem Fachmann deren Bedeutung für die Entschlüsselung und Wiedergabe stets bewusst sein. Dessen ungeachtet beschreibt die Stammanmeldung gerade aus fachlicher Sicht ausschließlich diejenigen Maßnahmen , die bei der Aufzeichnung der Daten zu treffen sind, um die angestrebte stabile Spursteuerung zu erzielen; die Stammanmeldung gibt an, was zu tun ist, um die Signale so zu verschlüsseln, dass der erfindungsgemäße Erfolg erzielt wird. Dies ist technisch konsequent, denn die Verschlüsselung bildet die Grundlage des erfindungsgemäßen Erfolges; Art und Weise und Verfahren der Entschlüsselung sind nur die Konsequenz der Befolgung der technischen Anweisungen , die die Stammanmeldung zur Verschlüsselung gibt. Allein der Umstand , dass aus technischer Sicht auf ein bestimmtes Verfahren zeitlich nachgeordnet ein weiteres Verfahren folgen muss, um insgesamt ein technisch (und wirtschaftlich) sinnvolles Ergebnis zu erreichen, besagt jedoch nicht, dass das zweite Verfahren stets - auch ohne erwähnt zu werden - unmittelbar als zum ersten Verfahren gehörend offenbart ist. Der Anmelder hat es vielmehr in der Hand, worauf er sein Patentbegehren richtet. Er kann Ver- und Entschlüsselung gemeinsam oder auch nebeneinander beanspruchen. Er kann aber auch nur ein Verfahren zur Aufnahme von Daten zum Gegenstand der Anmeldung machen. Sonach sind - auch wenn man die Verschlüsselungsschritte zur Entschlüsselung verwenden kann - mit dem im Streitpatent beanspruchten Verfahren zur Wiedergabe und Entschlüsselung von Daten nicht lediglich weitere Merkmale zu dem ursprünglich offenbarten Verfahren zur Aufnahme und Verschlüsselung hinzugefügt worden. Vielmehr wird mit dem Verfahren zur Wiedergabe und Entschlüsselung ein anderes Verfahren, ein Aliud, beansprucht, das von dem ursprünglich offenbarten Erfindungsgegenstand nicht umfasst wird.
c) Bei einem engen technischen Zusammenhang, wie er hier zwischen
17
der erfindungsgemäßen Verschlüsselung und der ihr folgenden Entschlüsselung besteht, kann gegebenenfalls zwar auch ein kurzer Hinweis in der Beschreibung ausreichen, um dem fachmännischen Leser der Anmeldung deutlich zu machen, dass auch der nicht im Einzelnen beschriebene Bereich zu der angemeldeten Erfindung gehören soll. Im Streitfall bietet die Beschreibung für die Einbeziehung der Entschlüsselung in den Gegenstand der angemeldeten Erfindung aber keinerlei Anhalt. Die unter b erwähnte Darstellung der Informationswiedergabe in der Stammanmeldung beschreibt das Auslesen der Daten mittels Laserstrahls im Stand der Technik und damit den Hintergrund der Erfindung. Eine Aussage über den Gegenstand der Erfindung ist ihr nicht zu entnehmen.
d) Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbaren auch die Figu18 ren 1 und 4A der Stammanmeldung kein Verfahren zur Wiedergabe von Informationssignalen. Die Beklagte meint, den Figuren 1 und 4A seien als technische Informa19 tion sowohl eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Aufzeichnung als auch eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Wiedergabe von Informationssignalen zu entnehmen; diese Information verkörpere die Lösung der in der Beschreibungseinleitung angesprochenen Probleme. Dies trifft nicht zu. Bei den Figuren 1 und 4A handelt es sich um Blockdiagramme, die - wie
20
es ausdrücklich heißt - die Verschlüsselungsmittel (scrambling means) eines ersten und eines zweiten Informationssignalaufnahmeverfahrens gemäß der Erfindung zeigen (K3 S. 3, Z. 34/35, 41/42). Die Beschreibung spricht bei der Erläuterung der Zeichnungen von digitalen Bild- oder Toninformationssignalen, die verschlüsselt und dann auf einem Datenträger aufgenommen werden. Bei beiden Zeichnungen ist nur von "scrambled signals", also verschlüsselten Signalen , die Rede, die von einer "scrambled signal generating section" verschlüsselt und dann auf einer CD aufgezeichnet werden (Fig. 1: S. 3 Z. 56 bis 58; Fig. 4A: S. 5 Z. 6 bis 15). Die Annahme der Beklagten, in der Beschreibung von Figur 4A werde eine Trennung der Informationssignale von den Adressensignalen für erforderlich gehalten, ein solcher Vorgang sei nur bei der Signalwiedergabe erforderlich und in dem betreffenden Beschreibungsteil sei eine Signalwiedergabe erläutert, findet im Beschreibungstext keine Grundlage. Dort wird lediglich erwähnt, dass die Sektoradresssignale durch die Informationssignale (voneinander) getrennt seien (As shown in Fig. 4A, the address of a scrambled signal generating section 50 is designated on the basis of sector address signals S1 separated by the information signals S3). Auch die Privatgutachter nehmen erkennbar nicht an, dass die Figuren 1 und 4A eine Signalwiedergabe erläutern. Sie führen zu diesem Punkt aus: "Für den durchschnittlichen Fachmann ist daher der Beschreibung eindeutig und unmittelbar entnehmbar, dass die dargestellte Einheit in Figur 1 bzw. Figur 4 genauso im Wiedergabegerät verwendet werden muss, wobei das 'information Signal S3' das vom Datenträger reproduzierte Signal darstellt und das 'signal to be recorded' dann das entwürfelte Signal" (Gutachten S. 11). Die Privatgutachter nehmen danach an, dass bei der Signalwiedergabe eine Einheit, wie sie in den Figuren 1 und 4A der Stammanmeldung gezeigt ist, verwendet werden muss, nicht aber, dass dort eine Wiedergabeeinheit an sich offenbart ist. Auch hier handelt es sich um eine Überlegung, die der Fachmann aufgrund seines Fachwissens treffen mag, die aber nicht die Annahme rechtfertigen kann, in der Beschreibung werde ein Entschlüsselungsverfahren unmittelbar als zur Erfindung gehörend offenbart. 3. Die Berufung kann schließlich das Streitpatent auch im Umfang des
21
Patentanspruchs 10 nicht mit Erfolg mit der Erwägung verteidigen, dieser Anspruch sei auf eine in der Stammanmeldung offenbarte Schaltung gerichtet, die lediglich mit der Zweckangabe versehen sei, dass die mit der beanspruchten Vorrichtung erzeugbaren Signale im Rahmen einer Wiedergabe benutzt werden könnten. Die Berufung leitet dabei nicht die in Patentanspruch 10 bezeichnete
22
Vorrichtung aus der Stammanmeldung ab, sondern meint lediglich, sie sei ebenso offenbart wie die Aufzeichnungsvorrichtung nach Patentanspruch 10 des auf die Stammanmeldung erteilten europäischen Patents 655 739. Diese Argumentation führt nicht zum Erfolg. Patentanspruch 10 ist auf ein Gerät (ap- paratus) gerichtet, das zur Wiedergabe von entschlüsselten Informationssignalen geeignet ist, die von einem Aufzeichnungsmedium wie einer CD gelesen werden (for reproducing original information signals by de-scrambling scrambled information signals of binary digital signal train read from an information signal recording medium formed with circular information signal tracks divided into a plurality of sectors having sector addresses). Auch wenn Patentanspruch 10 keine Bezugnahme auf Wandlereinrichtungen enthält, mit denen die reproduzierten ursprünglichen digitalen Signale in wahrnehmbare analoge Signale umgewandelt werden, und solche daher nicht erfordern mag, so muss das Gerät doch jedenfalls die verschlüsselten Informationssignale von der CD lesen und wiedergeben können. Die Annahme, dass der Anspruch insoweit lediglich einen Verarbeitungsvorgang für Signale beschreibe, die mit einer gegebenenfalls externen und nicht zum Anspruchsgegenstand gehörenden Leseeinrichtung erzeugt würden, verkürzt den Sinngehalt des Patentanspruchs und geht daran vorbei, dass das Auslesen der Information das Gegenstück zu der im Streitpatent beanspruchten Aufzeichnung darstellt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 10 ist sonach nicht als bloße Schaltung zu verstehen. Das beanspruchte Gerät ist vielmehr durch seine Befähigung definiert, Daten, die in irgendeiner Weise eingelesen worden sind, verschlüsselt aufzunehmen und entschlüsselt wiederzugeben. Weder ein Verfahren und erst recht nicht ein Gerät zum Auslesen erfindungsgemäß verschlüsselter Informationen oder zu deren Verarbeitung durch Entschlüsselung sind aber in der Stammanmeldung als zur Erfindung gehörend offenbart.
23
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO. Meier-Beck Grabinski Bacher Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 12.05.2011 - 2 Ni 32/09 (EU) -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 107/12 Verkündet am:
11. Februar 2014
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Kommunikationskanal
EPÜ Art. 88
Die Priorität einer Voranmeldung kann in Anspruch genommen werden, wenn sich
die dort anhand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen
technischen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der in der Nachanmeldung
umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellen und diese Lehre
in der in der Nachanmeldung offenbarten Allgemeinheit bereits der Voranmeldung
als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist.
BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die
Richter Dr. Grabinski, Hoffmann und Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. KoberDehm

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Mai 2012 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutsch1 land erteilten europäischen Patents 1 062 743 (Streitpatents). Das Streitpatent, das am 24. Dezember 1999 angemeldet worden ist, nimmt die Priorität von vier britischen Patentanmeldungen in Anspruch und umfasst sechs Ansprüche. Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 4, auf die die weiteren Ansprüche zurückbezogen sind, lauten in der Verfahrenssprache wie folgt: 1. A radio station for use in a radio communication system having a communication channel between the radio station and a further station, the channel comprising an uplink and a downlink control channel for transmission of control information, and a data channel for the transmission of data, wherein closed loop power control means are provided for adjusting the power of the control and data channels, characterized by means for delaying the initial transmission of the data channel until after the initial transmission of the control channels during which delay the closed loop power control means is operable to adjust the control channel power. 4. A method of operating a radio station in a radio communication system having a communication channel between the radio station and a further station, the channel comprising an uplink and a downlink control channel for transmission of control information, and a data channel for the transmission of data, the method comprising adjusting the power of the control and data channels by means of closes loop power control and characterized by delaying the initial transmission of the data channel until after the initial transmission of the control channels during which delay the closed loop power control is operable to adjust the control channel power. Die Klägerin hat das Streitpatent insgesamt angegriffen und geltend gemacht,
2
der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung sowie mit siebzehn Hilfsanträgen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
3
4
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Streitpatent wie in erster Instanz verteidigt, wobei sie die Hilfsanträge I bis IV in geänderter Fassung und nur weiter hilfsweise in der erstinstanzlichen Fassung weiter verfolgt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Streitpatent betrifft ein Funkkommunikationssystem mit primären und
5
sekundären Stationen sowie eine Methode zum Betrieb eines solchen Systems. 1. In der Beschreibung wird eingangs ausgeführt, dass es zwei grundlegen6 de Arten von Kommunikation zwischen einer Basisstation und einer Mobilstation in einem Funkkommunikationssystem gibt. Dabei handele es sich einmal um Benutzerverkehr , etwa Sprach- oder Paketdaten, zum anderen um Steuerinformationen, die erforderlich sind, um verschiedene Parameter des Übertragungskanals einzustellen und zu überwachen, wodurch Basisstation und Mobilstation in die Lage versetzt werden , den Benutzerverkehr abzuwickeln. Das Streitpatent geht dabei von Funkkommunikationssystemen aus, in denen eine der Funktionen der Steuerinformation darin besteht, eine Leistungsregelung zu ermöglichen. Eine Regelung der Leistung ist in beide Richtungen erforderlich. Die Regelung der Leistung der Mobilstation soll sicherstellen , dass die Basisstation die Signale verschiedener Mobilstationen auf etwa dem gleichen Leistungspegel empfängt. Die Regelung der Leistung der Basisstation ist erforderlich, damit die Mobilstation die Daten mit geringer Fehlerquote erhält, zugleich aber Interferenzen mit anderen Funkzellen oder Funksystemen gering gehalten werden. Das Streitpatent legt insoweit einen Stand der Technik zugrunde, bei dem in einem Zweiwege-Funkkommunikationssystem die Leistungsregelung in einem geschlossenen Regelkreis erfolgt, bei dem die Mobilstation erforderliche Änderungen der Übertragungsleistung der Basisstation bestimmt und dieser signalisiert und umgekehrt.
7
Ein Nachteil dieser Technik besteht nach den Angaben der Streitpatentschrift darin, dass beim Start der Übertragung oder nach einer Unterbrechung die Leistungsregelung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, während der es zu Störungen der Datenübertragung kommen kann. Ist die Leistung zu niedrig, kommen die Daten beschädigt an, ist sie zu hoch, werden unerwünschte Interferenzen hervorgerufen. Das technische Problem besteht mithin darin, die dargestellten Schwierigkei8 ten zu beheben. 2. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in Anspruch 1 eine
9
Vorrichtung vor, die folgende Merkmale aufweist (Gliederung des Patentgerichts in Klammern) 1. einen Kanal zur Kommunikation zwischen der Funkstation und einer weiteren Station (1a), umfassend 1.1 einen Uplink- und einen Downlink-Steuerkanal zur Übertragung von Steuerinformationen (1b) und 1.2 einen Datenkanal zur Übertragung von Daten (1c); 2. Mittel zur Verzögerung des Beginns der Übertragung im Datenkanal bis nach dem Beginn der Übertragung in den Steuerkanälen (1e) und 3. Mittel zur Leistungsregelung mit einem geschlossenen Regelkreis (closed loop power control means, 1d), die 3.1 die Leistung der Steuer- und Datenkanäle anpassen (1d) und 3.2 während der Verzögerung die Steuerkanalleistung anpassen können (is operable to adjust the control channel power, 1f).
10
3. Zur Bedeutung der Merkmale ist zu bemerken: Die Vorrichtung wird in einem Funkkommunikationssystem verwendet, das ei11 nen Kommunikationskanal zwischen einer Funkstation und einer weiteren Station aufweist. Dieser Kommunikationskanal umfasst zwei Steuerkanäle und (mindestens) einen Datenkanal. Der Steuerkanal dient zur Übertragung von Steuerinformationen. Dabei handelt es sich nach dem Sprachgebrauch des Streitpatents um Signale, die benötigt werden, um die Parameter des Übertragungskanals einzustellen und zu überwachen, die die Datenübermittlung per Funk ermöglichen. Zu diesen Steuerinformationen zählen insbesondere Signale zur Leistungsregelung. Über den Datenkanal wird lediglich gesagt, dass er der Übertragung von Daten dient. Der Beschreibung ist zu entnehmen, dass damit jedenfalls auch Nutzerdaten, etwa Sprach-, Textoder Bilddaten gemeint sind. Nähere Angaben über die Gestaltung der Kanäle enthält das Streitpatent
12
nicht. Unter einem Kanal im Bereich der Funkkommunikation ist aus fachlicher Sicht ein Weg zur Übertragung von Signalen von einer Funkstation an eine andere zu verstehen. Verschiedene Kanäle müssen danach nicht notwendig physikalisch abgegrenzt werden, etwa in der Weise, dass sie verschiedene Frequenzen in Anspruch nehmen. Die Trennung kann auch auf andere Weise erfolgen, etwa durch Zuweisung unterschiedlicher Zeitschlitze auf einer bestimmten Frequenz, durch unterschiedliche Gestaltung der übermittelten Daten mittels spezifischer Angaben in einem Header, durch die Verwendung eines für das jeweilige Teilnehmergerät spezifischen Spreizcodes oder dergleichen mehr, sofern gewährleistet wird, dass der jeweilige Empfänger die übermittelten Daten von anderen, auf einem anderen Übertragungsweg übermittelten Daten unterscheiden kann. Die vorgesehenen Mittel zur Leistungsregelung arbeiten in einem geschlosse13 nen Regelkreis (Merkmal 3), d.h. dass auf der Grundlage des übertragenen Leistungssignals eine Rückkoppelung von der empfangenden Funkstation an die sendende Funkstation erfolgt, die Informationen darüber liefert, ob eine Änderung der Leistung erforderlich ist. Sie dienen der Regelung der Leistung sowohl der Steuerkanäle als auch des Datenkanals (Merkmal 3.1). Dabei ist für den Beginn der Übertragung vorgesehen, dass die Übertragung im Datenkanal verzögert erfolgt, also zunächst nur über die Steuerkanäle Daten (Steuerinformationen) übertragen werden (Merkmal 2). Die durch diese Verzögerung gewonnene Zeitspanne wird genutzt, um die Leistung des Steuerkanals zu regeln (Merkmal 3.2). Der Anspruch trifft unmittelbar keine Aussage darüber, ob und auf welche Weise sich die Regelung der Leistung des Steuerkanals auf die Leistung des Datenkanals auswirkt. Der Umstand, dass das Streitpatent darauf zielt, die Probleme zu lösen, die sich aus einer unzureichenden Regelung hinsichtlich der Qualität der Übertragung von Daten ergeben, spricht jedoch dafür, dass die in Merkmal 3.2 beschriebene Leistungsregelung - auf eine im Streitpatent nicht näher beschriebene Weise - auch für die Übertragungsleistung des Datenkanals genutzt wird. Denn anderenfalls wäre die Übertragung der für den Nutzer im Vordergrund stehenden Daten weiterhin gefährdet. Dem entspricht es, dass in Absatz 18 der Streitpatentschrift ausgeführt wird, der mit der Übermittlung zusätzlicher Steuerinformationen verbundene Aufwand werde dadurch ausgeglichen, dass die Nutzerdaten, die über den Datenkanal an die Basisstation übertragen werden, in besserer Qualität empfangen werden.
14
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
15
Der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung sei nicht patentfähig. Das Streitpatent könne lediglich die Priorität der britischenPatentanmeldung
16
9 922 575 (NK6) vom 24. September 1999 in Anspruch nehmen, nicht jedoch diejenige aus den britischen Patentanmeldungen 9 900 910, 9 911 622 und 9 915 569 (NK3 bis NK5). Diese enthielten für den Fachmann explizite Aussagen dahin, dass es sich bei dem Kommunikationskanal um einen Frequenzteilungs-DuplexKommunikationskanal handele und über die Steuerkanäle Leistungssteuerungs- und Bitrateninformationen übertragen würden. In dem erteilten Patentanspruch 1 werde demgegenüber allgemein ein Kommunikationskanal beansprucht, bei dem nicht näher spezifizierte Steuerinformationen über die Steuerkanäle übertragen werden. Daher handele es sich bei dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht um dieselbe Erfindung wie diejenige, die NK3 bis NK5 zu entnehmen sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien die Beiträge "CPCH Physical
17
Layer Procedures" und "Firm Handover over CPCH" des Unternehmens Golden Bridge Technology (NK15 und NK16) bereits vor dem Prioritätszeitpunkt, im Rahmen einer Konferenz, die von 1. bis 4. Juni 1999 in Südkorea den Mitgliedern der 3GPP- Gremien und damit einem Querschnitt der bedeutendsten Unternehmen auf dem Gebiet der Mobilfunktechnologie ohne Verpflichtung zur Geheimhaltung bekannt geworden. NK15 nehme alle Merkmale des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung vorweg.
18
Das Streitpatent habe auch in der Fassung der Hilfsanträge keinen Bestand. III. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Auf19 fassung des Patentgerichts, die Beklagte könne die Priorität der britischen Anmeldung 9 900 910 (NK3) nicht in Anspruch nehmen, trifft nicht zu. 1. Bei Anmeldung eines europäischen Patents kann das Prioritätsrecht einer
20
vorangegangenen Anmeldung nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ in Anspruch genommen werden, wenn beide dieselbe Erfindung betreffen.
a) Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Senats erfüllt,
21
wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist (BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 388 - Luftverteiler; Urteil vom 30. Januar 2008 - X ZR 107/04, GRUR 2008, 597, 599 - Betonstraßenfertiger). Der Gegenstand der beanspruchten Erfindung muss im Prioritätsdokument identisch offenbart sein; es muss sich um dieselbe Erfindung handeln (EPA GBK, Beschluss vom 31. Mai 2001 - G2/98, GRUR Int. 2002, 80; BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - X ZR 4/00, GRUR 2004, 133, 135 - Elektronische Funktionseinheit ). Dabei ist die Offenbarung des Gegenstands der ersten Anmeldung nicht auf die dort formulierten Ansprüche beschränkt, vielmehr ist dieser aus der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen zu ermitteln.
b) Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der
22
Neuheitsprüfung (BGH, GRUR 2004, 133, 135 - Elektronische Funktionseinheit). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist danach erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen "unmittelbar und eindeutig" (BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 389 - Luftverteiler; Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910, Rn. 62 - Fälschungssicheres Dokument; Urteil vom 14. August 2012 - X ZR 3/10, GRUR 2012, 1133 Rn. 31 - UV-unempfindliche Druckplatte) als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung ; Urteil vom 18. Februar 2010 - Xa ZR 52/08, GRUR 2010, 599 Rn. 22, 24 - Formteil). Zu ermitteln ist mithin, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen allgemeinen Lehre entnimmt (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 Rn. 25 - Olanzapin). Maßgeblich ist dabei das Verständnis des Fachmanns zum Zeitpunkt der Einreichung der prioritätsbeanspruchenden Patentanmeldung (BGH, GRUR 2004, 133, 135 - Elektronische Funktionseinheit).
c) Das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung muss
23
dabei in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet. Insoweit ist zugrunde zu legen, dass das Interesse des Anmelders regelmäßig erkennbar darauf gerichtet ist, möglichst breiten Schutz zu erlangen , also die Erfindung in möglichst allgemeiner Weise vorzustellen und nicht auf aufgezeigte Anwendungsbeispiele zu beschränken. Soweit in der Anmeldung bereits Ansprüche formuliert sind, haben diese vorläufigen Charakter. Erst im Verlauf des sich anschließenden Prüfungsverfahrens ist herauszuarbeiten, was unter Berücksichtigung des Standes der Technik schutzfähig ist und für welche Ansprüche der Anmelder Schutz begehrt. Erst mit der Erteilung des Patents mit bestimmten Ansprüchen erfolgt eine endgültige Festlegung des Schutzgegenstands. aa) Dieser Gesichtspunkt liegt der Rechtsprechung des Senats zugrunde, wo24 nach bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen werden. Danach ist ein "breit" formulierter Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 52 - Polymerschaum). Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen worden, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (ständige Rechtsprechung seit BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer; aus jüngerer Zeit BGHZ 194, 107 Rn. 52 - Polymerschaum; BGH, GRUR 2012, 1133 Rn. 31 f. - UV-unempfindliche Druckplatte). bb) Nach vergleichbaren Maßgaben ist die Prüfung vorzunehmen, ob der Ge25 genstand der Erfindung im Prioritätsdokument identisch offenbart ist. Die Priorität einer Voranmeldung kann in Anspruch genommen werden, wenn sich die dort anhand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der in der Nachanmeldung umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellen und diese Lehre in der in der Nachanmeldung offenbarten Allgemeinheit bereits der Voranmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist.
26
2. Danach kann die Beklagte die Priorität der NK3 in Anspruch nehmen.
a) Die Beschreibung des Prioritätsdokuments NK3 erwähnt zunächst ganz
27
allgemein, dass die Erfindung ein Funkkommunikationssystem betreffe und im Folgenden zwar unter Bezugnahme auf das aufkommende UMTS-System beschrieben sei, es sich aber verstehe, dass sie gleichermaßen für andere Mobilfunksysteme geeignet sei. Im folgenden Absatz werden in gleicher Allgemeinheit der Nutzerdatenverkehr (user traffic) und die Übermittlung von Steuerinformationen (control informa- tion) erörtert. Zu dieser erläutert der dritte Absatz, dass eine Funktion der Steuerinformationen bei vielen Kommunikationssystemen darin bestehe, eine Leistungssteuerung (in einem geschlossenen Regelkreis) zu ermöglichen. Sodann wird ausgeführt, welche Bedeutung der Leistungssteuerung in Mobilfunksystemen sowohl für die Basisstation als auch für die Mobilstationen zukommt. Als Beispiel eines kombinierten zeit- und frequenzgesteuerten Mehrfachzu28 griffssystems mit einer Leistungssteuerung ("An example of a combined time and frequency division access system employing power control") nennt die Beschreibung das GSM-System, und fügt unter Verweis auf eine US-Patentschrift an, in ähnlicher Weise sei eine Leistungssteuerung für ein Codemultiplexsystem mit Frequenzspreizung (spread spectrum Code Division Multiple Access [CDMA]) beschrieben. Die Beschreibung des Nachteils der bekannten Lösungen und der hieraus ab29 geleiteten Aufgabe ist - wie im Streitpatent - ganz allgemein dahin formuliert, dass die Regelkreise einige Zeit benötigten, die Leistungsstärke hinreichend präzise einzuregeln.
b) Die erste erfindungsgemäße Lösung soll nach der Anspruch 1 der Anmel30 dung wiedergebenden Beschreibung darin bestehen, dass bei einem Funkkommunikationssystem mit einer Primär- und einer Vielzahl von Sekundärstationen mit einem Frequenzduplexkanal (frequency division duplex communication channel) zwischen Primär- und Sekundärstation, der einen Uplink- und einen Downlink-Steuerkanal zur Übertragung von Leistungssteuerungs- und Bitrateninformationen sowie einen Datenkanal zur Übertragung von Datenpaketen umfasse, und mit Leistungssteuerungsmitteln zur schrittweisen Veränderung der Leistung der Steuer- und Datenkanäle anspruchsgemäß die Größe der Schritte variiert werden könne. Die zweite beanspruchte Lösung soll - in Übereinstimmung mit Anspruch 5 der Anmeldung - darin bestehen, dass bei einem (mit Ausnahme der entfallenen Leistungssteuerungsmittel zur schrittweisen Veränderung der Leistung der Steuer- und Datenkanäle) wortgleich beschriebenen System die Primär- und Sekundärstationen Mittel zur Verzögerung des Beginns der Übertragung auf dem Datenkanal gegenüber der Übertragung auf den Steuerkanälen aufweisen. Unter Bezugnahme auf Figur 1 wird sodann ein Ausführungsbeispiel be31 schrieben, von dem es heißt, es umfasse ein Funkkommunikationssystem, das in einem Frequenzduplexmodus arbeiten könne. Figur 2 zeigt schematisch ein herkömmliches Modell zum Aufbau einer Kommunikationsverbindung, wie es, so die Beschreibung, eine UMTS-Ausführungsform nutze. Anhand dieses Modells wird wiederum das Problem der Verzögerung bei der Leistungsadaption beschrieben, dessen Lösung durch einen verzögerten Beginn der Übertragung auf dem Datenkanal anhand der Figur 3 erläutert wird. Unter Rückgriff auf Figur 4 wird die zweite Lösung einer variablen Schrittgröße bei der Leistungsadaption erklärt. Abschließend heißt es, Ausführungsformen der Erfindung seien unter Verwendung von Frequenzspreizungsverfahren beschrieben worden, wie sie etwa in UMTS-Ausführungsformen eingesetzt würden; es verstehe sich jedoch, dass die Erfindung nicht auf den Einsatz in CDMA-Systemen beschränkt sei.
c) Weder die Problembeschreibung noch die unter Bezugnahme auf die Fi32 guren näher erläuterten Ausführungsbeispiele weisen damit einen konkreten Bezug zu der Ausgestaltung des Kommunikationskanals als Frequenzteilungs-Duplex-Kanal oder zu dem Umstand auf, dass auf dem Steuerkanal auch Bitrateninformationen übertragen werden. Die Bitrateninformation wird überhaupt nur bei der Wiedergabe des Wortlauts der angemeldeten Ansprüche erwähnt. Auf den Frequenzduplex kommt zwar, wie ausgeführt, die Beschreibung der Ausführungsbeispiele zurück; ein Zusammenhang mit den beanspruchten Lösungen des geschilderten technischen Problems, den Schwierigkeiten einer rechtzeitigen Leistungsadaption durch eine Variation der Anpassungsschritte oder durch eine Verzögerung des Beginns der Übertragung auf dem Datenkanal zu begegnen, wird jedoch nicht hergestellt. Weder ist irgendein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass sich das Problem der Leistungssteuerung nur oder doch zumindest in einer besonderen Ausprägung bei einem Funkkommunikationssystem mit einem Frequenzteilungs-Duplex-Kommunikationskanal stelle, noch gibt es Hinweise darauf, dass die Wahl eines solchen Kanals in irgendeiner Weise zur Lösung dieses Problems beiträgt. Entsprechendes gilt für die Ausgestaltung des Steuerkanals in der Weise, dass er auch der Übertragung von Bitrateninformationen dient.
d) Danach ist für den Fachmann, der sich die Frage vorlegt, welche techni33 sche Lehre zur Lösung des geschilderten technischen Problems er dem Prioritätsdokument entnehmen kann, ohne weiteres ersichtlich, dass bereits in der NK3 die allgemeine technische Lehre offenbart wird, bei einem Funkkommunikationssystem mit Uplink- und Downlink-Steuerkanal zur Übertragung von Steuerinformationen die an sich bekannten Mittel zur Leistungsregelung mit einem geschlossenen Regelkreis vorteilhafterweise so zu nutzen, dass Mittel zur Verzögerung des Beginns der Übertragung im Datenkanal bis nach Beginn der Übertragung in den Steuerkanälen vorgesehen werden, damit während dieser Verzögerung die Steuerkanalleistung angepasst werden kann. Zugleich liegt damit für ihn auf der Hand, dass diese allgemeine Lehre lediglich beispielhaft anhand einer üblichen Ausgestaltung eines solchen Funkkommunikationssystems erläutert wird, bei dem der Kommunikationskanal als Frequenzteilungs-Duplex-Kanal ausgebildet ist und der Steuerkanal auch der Übertragung von Bitrateninformationen dient.
e) Dieser Beurteilung stehen die Feststellungen des Patentgerichts nicht
34
entgegen, das lediglich ausführt, das Prioritätsdokument enthalte "explizite Aussagen bezüglich der Ausgestaltung des Kommunikationskanals", und der Fachmann werde den übrigen Inhalt der Beschreibung hierauf beziehen. Aus seinen Feststellungen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Ausgestaltung des Kommunikationskanals als Frequenzteilungs-Duplex-Kanal oder die Wahl eines Steuerkanals, in dem auch Bitrateninformationen übertragen werden können, zu der Lösung des in NK3 behandelten technischen Problems der Leistungssteuerung etwas beitragen, geschweige denn, dass sie hierfür erforderlich wären.
f) Das Streitpatent nimmt deshalb, entgegen der Auffassung des Patentge35 richts, die Priorität der NK3 vom 16. Januar 1999 zu Recht in Anspruch. Danach haben die Entgegenhaltungen NK9, NK11, NK15, NK16, NK19 und NK21, die nach dem Vorbringen der Klägerin erst im Frühjahr 1999 veröffentlicht worden sind, bei der Beurteilung der Patentfähigkeit außer Betracht zu bleiben. Die Entscheidung des Patentgerichts, das der Klage mit der Begründung stattgegeben hat, der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 4 sei durch NK15 und NK16 vorweggenommen, kann mithin keinen Bestand haben. IV. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als
36
im Ergebnis zutreffend. 1. Die amerikanische Patentschrift 5 841 768 (NK7) nimmt den Gegenstand
37
von Patentanspruch 1 weder vorweg noch legt sie ihn nahe. Zwar befasst sich NK7 mit der Regelung der Übertragungsleistung in einem
38
Funkkommunikationssystem beim Aufbau einer Verbindung. In der dort behandelten frühen Phase des Verbindungsaufbaus erfolgt dies jedoch nicht mit Mitteln zur Leistungsregelung in einem geschlossenen Regelkreis. Wie der Beschreibung zu entnehmen ist (Sp. 6, Z. 56 ff.) werden solche Mittel erst zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt, nämlich erst dann, wenn das in NK7 vorgeschlagene Verfahren bereits beendet ist. Die NK7, die die auch vom Streitpatent als bekannt vorausgesetzten und den Ausgangspunkt der erfindungsgemäßen Lösung bildenden Leistungssteuerungsmittel unter Bezugnahme auf die in der Streitpatentschrift ebenfalls erörterte US-Patentschrift 5 056 109 als Mittel der Leistungsadaption erwähnt, aber als wenig geeignet ablehnt (Sp. 2,. Z. 42 bis 62), schlägt statt dessen eine andere Lösung vor. Sie setzt in einem frühen Stadium des Verbindungsaufbaus ein, in dem eine Leistungsregelungsschleife noch nicht eingerichtet worden ist (Sp. 2, Z. 27 bis 30) und ein Kommunikationskanal noch nicht besteht, sondern erst aufgebaut wird (Abstract, Z. 2, Sp. 3, Z. 8, Sp. 4, Z. 56, Sp. 5, Z. 45 bis 48 und Z. 60; Sp. 8, Z. 60 sowie Figur 11B). Demgegenüber befasst sich das Streitpatent mit einem Stadium des (Wieder -)Aufbaus einer Verbindung, in dem bereits ein Kommunikationskanal eingerichtet worden ist. Der Umstand, dass auch schon in dem früheren Stadium des Verbindungsaufbaus , das Gegenstand der NK7 ist, Signale zwischen der Mobilstation und der Basisstation ausgetauscht werden (request und acknowledgment), lässt nicht den Schluss zu, dass schon ein Kommunikationskanal bzw. ein Steuerkanal eingerichtet worden ist. Die entsprechenden Signale werden vielmehr auf einem gemeinsam genutzten Kanal (random access channel - RACH) übertragen. NK7 ist demgemäß nicht zu entnehmen, dass dort Mittel vorgesehen sind, die
39
eine Verzögerung des Beginns der Übertragung im Datenkanal zu einem Zeitpunkt bewirken, in dem bereits Steuerkanäle eingerichtet sind, auf denen die Übertragung schon aufgenommen wird (Merkmal 2). Die Entgegenhaltung befasst sich auch nicht mit Mitteln zur Regelung der Übertragungsleistung gerade in diesem Zeitraum nach Einrichtung der Steuerkanäle, aber vor Beginn der Übertragung im Datenkanal (Merkmal 3.2) und kann hierzu auch keine Anregung geben. 2. Auf die "Specifications of Air-Interface for 3G Mobile System" in der Versi40 on 0.5 (NK13), die im ersten Rechtszug eingeführt worden war, ist die Klägerin nicht mehr zurückgekommen, nachdem die Beklagte vorgetragen hatte, sie sei nicht veröffentlicht worden.
41
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Hoffmann
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 23.05.2012 - 5 Ni 22/10 (EP) -
30
Dem kann nicht beigetreten werden. Dienen in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale, die für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, dann hat es der Patentinhaber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Hand, sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale zu beschränken (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer ). Die Kombination muss lediglich in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 - Drehmomentübertragungseinrichtung ). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Denn aus fachmännischer Sicht ist erkennbar, dass die nähere Ausgestaltung der Tonnenrückwand und der Stütze lediglich ein Ausführungsbeispiel dafür darstellt, wie mit einer fast identischen Form von Stützelement und Tonnenbodenkontur die in der Beschreibung ausdrücklich angesprochene Wirkung der Beibehaltung der Konzentrizität des Stators erzielt werden kann. Würde der Beklagten verwehrt, die zur Erzielung dieser Wirkung erforderlichen Maßnahmen in allgemeiner Form zu beanspruchen, würde sie in unbilliger Weise in der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Anmeldung beschränkt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 18/00
vom
11. September 2001
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das deutsche Patent 34 47 925
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Drehmomentenübertragungseinrichtung
Werden in den Patentanspruch nur einzelne Merkmale eines Ausführungsbeispiels
der Erfindung aufgenommen, geht die sich daraus ergebende Merkmalskombination
dann über den Inhalt der Anmeldung hinaus, wenn sie in ihrer Gesamtheit
eine technische Lehre umschreibt, die der Fachmann den ursprünglichen
Unterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen
kann.
BGH, Beschl. v. 11. September 2001 - X ZB 18/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2001
durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Dr. Melullis, Scharen und Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 13. Juli 2000 verkündeten Beschluß des 6. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 34 47 925 (Streitpatent), das eine Drehmomentübertragungseinrichtung betrifft. Das Streitpatent beruht auf der Anmeldung 34 40 927.0 vom 9. November 1984, zu der die Patentinhaberin mit Eingabe vom 17. Januar 1985 zwei Teilungserklärungen abgegeben hat. Auf eine der beiden Trennanmeldungen ist das Streitpatent am 26. Januar 1995 mit folgenden Ansprüchen 1, 3 und 12 veröffentlicht worden:
"1. Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer Vorkehrung zum Aufnehmen bzw. Ausgleichen von Drehstößen, insbesondere von Drehmomentschwankungen einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei, koaxial angeordneten, entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung zueinander verdrehbaren Schwungmassen, von denen die eine, erste, mit der Brennkraftmaschine und die andere, zweite, über eine Reibungskupplung mit dem Eingangsteil eines Getriebes verbindbar ist, wobei die Reibungskupplung über ein Ausrücksystem betätigbar ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Schwungmassen (3, 4) durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind derart, daß die die Kupplung tragende Schwungmasse in einer Richtung belastet wird, die der beim Ausrücken der Kupplung wirksamen Kraftrichtung entgegengesetzt ist.
3. Drehmomentübertragungseinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t daß die Schwungmassen in Abhängigkeit von der Betätigung der Reibungskupplung (7, 107) zueinander begrenzt axial verlagerbar sind.
12. Drehmomentübertragungseinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 11, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
daû die Schwungmassen (3, 4) über wenigstens zwei Reiboder Gleitflächen miteinander in Reib- oder Gleitverbindung stehen bzw. bringbar sind, wobei in Abhängigkeit der Betätigung der Reibungskupplung (7, 107) die Dämpfungswirkung dieser Verbindung veränderbar ist."
Gegen das Streitpatent ist Einspruch erhoben worden, der damit begründet worden ist, daû der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nicht patentfähig sei. Nach Rücknahme des Einspruchs hat die Patentinhaberin mit Erklärung vom 29. Oktober 1996 eine Teilung des Streitpatents erklärt, die zur Trennanmeldung 34 48 593.7 geführt hat. Nach einem Zwischenbescheid der Patentabteilung hat die Patentinhaberin den Widerruf der Teilungserklärung vom 29. Oktober 1996 erklärt und zugleich eine erneute Teilungserklärung abgegeben. Das Streitpatent hat die Patentinhaberin mit 24 Ansprüchen verteidigt , von denen Anspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 kursiv):
"Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer Vorkehrung zum Aufnehmen bzw. Ausgleichen von Drehstöûen, insbesondere von Drehmomentschwankungen einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei über eine Lagerung koaxial angeordneten, entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbaren Schwungmassen, von denen die eine, erste, mit der Brennkraftmaschine und die andere, zweite, über eine Reibungskupplung mit dem Eingangsteil eines Getriebes verbindbar ist, wobei die Reibungskupplung über ein Ausrücksystem betätigbar ist,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daû die Schwungmassen (3, 4) durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind derart, daû die die Kupplung tragende Schwungmasse in einer Richtung belastet wird, die der beim Ausrücken der Kupplung wirksamen Kraftrichtung entgegengesetzt ist."
Die Patentabteilung hat das Streitpatent widerrufen, weil die Einfügung der Worte "über eine Lagerung" eine unzulässige Erweiterung gegenüber dem Inhalt der Anmeldung darstelle.
Die Patentinhaberin hat gegen den Beschluû der Patentabteilung Beschwerde eingelegt und beantragt,
1. den angefochtenen Beschluû aufzuheben und das Streitpatent mit den verteidigten Patentansprüchen aufrechtzuerhalten.
2. die Rückzahlung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen.
Mit Beschluû vom 13. Juli 2000 hat das Bundespatentgericht die Beschwerde und den Antrag zurückgewiesen, die Rückzahlung der Gebühren für die Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen.
Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin , mit der diese beantragt,
den Beschluû des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft; das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Das Bundespatentgericht hat die Teilungserklärung, die zu der dem Streitpatent zugrundeliegenden Trennanmeldung geführt hat, als wirksam angesehen , da zumindest der Gegenstand, der sich aus den mit der Teilungserklärung eingereichten Ansprüchen 1 und 6 oder 7, 10, 11 und 20 ergebe und den Ausführungen nach den ursprünglichen Figuren 4 und 5 entspreche, zum Zeitpunkt der Teilung Inhalt der Stammanmeldung 34 40 927.0 gewesen sei und in der Stammanmeldung jedenfalls die Ausführung nach der ursprünglichen Figur 1 verblieben sei. Das läût keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Das Bundespatentgericht hat sich für befugt gehalten, den Anspruch, mit dem die Patentinhaberin das Streitpatent verteidigt, umfassend daraufhin zu überprüfen, ob er gegenüber dem Inhalt der Patentanmeldung 34 40 927.0 unzulässig erweitert ist. Zwar sei das Bundespatentgericht nicht befugt, von Amts wegen erstmalig neue Widerrufsgründe in das Verfahren einzuführen, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt gewesen seien. Dies hindere das Bundespatentgericht aber grundsätzlich nicht daran, unter Wahrung des rechtlichen Gehörs innerhalb ein und desselben Widerrufsgrundes neue Tatsachen heranzuziehen und neue rechtliche Überlegungen anzustellen. Ebenso wie es bei der Prüfung der Patentfähigkeit den gesamten ihm bekannten Stand der Technik berücksichtigen könne
und nicht auf das den Beschluû der Patentabteilung tragende Material beschränkt sei, könne es im Einspruchsbeschwerdeverfahren im Rahmen des von der Patentabteilung festgestellten Widerrufsgrundes nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG weitere nicht ausdrücklich gerügte unzulässig erweiterte Merkmale zum Gegenstand seiner Entscheidung machen.
Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber, das Bundespatentgericht habe übersehen, daû die Patentabteilung nicht den gesetzlichen Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG angewendet habe, auch wenn diese Vorschrift unzutreffend als Grundlage der Entscheidung genannt sei. Die Patentabteilung habe gerade nicht festgestellt, daû der Gegenstand des erteilten Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Der Widerruf sei vielmehr darauf gestützt, daû das im Einspruchsverfahren neu eingefügte Merkmal "über eine Lagerung" in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart sei. Damit habe das Patentamt von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, bei einer Verteidigung des Patents in veränderter Fassung die Zulässigkeit der Änderungen zu überprüfen; der von ihm behandelte Widerrufsgrund habe sich daher auf eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents bezogen.
Diese Rüge hat keinen Erfolg.
Allerdings ist das Beschwerdegericht nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 128, 280, 292 f. - Aluminium-Trihydroxid; Beschl. v. 3.2.1998 - X ZB 6/97, GRUR 1998, 901, 902 - Polymermasse) im Einspruchsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht befugt, vom Einsprechenden innerhalb der Frist des § 59 Abs. 1 PatG nicht geltend gemachte und vom Patentamt nicht in
das Verfahren eingeführte Widerrufsgründe von Amts wegen aufzugreifen und den Widerruf des Patents hierauf zu stützen. Das stand der Entscheidung des Bundespatentgerichts jedoch nicht entgegen.
Die Beschränkung des Gegenstandes der gerichtlichen Prüfung auf die vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltend gemachten Widerrufsgründe ergibt sich aus der Funktion des Beschwerdegerichts im Rechtszug und seiner Bindung an den Streitgegenstand. Das Bundespatentgericht ist im Beschwerdeverfahren zur Nachprüfung und Änderung von Entscheidungen nur in dem Umfang befugt, in dem eine Nachprüfung beantragt wird (Sen.Beschl. v. 2.3.1993 - X ZB 14/92, GRUR 1993, 655, 656 - Rohrausformer). Im Streitfall hat die Patentabteilung das Patent widerrufen, da der "geltende Patentanspruch" , als den die Patentabteilung den von der Patentinhaberin verteidigten Anspruch angesehen hat, i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG auf einen über den Inhalt der Anmeldung hinausgehenden Gegenstand gerichtet sei. Die Patentabteilung hat dies damit begründet, daû die Einfügung der Worte "über eine Lagerung" in den erteilten Anspruch über den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Unterlagen hinausgehe, denen der Fachmann nicht allgemein ein Lager, sondern ausschlieûlich ein Wälzlager zwischen den Schwungmassen entnehme. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Entscheidung der Patentabteilung hiernach nicht auf eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents durch den verteidigten Anspruch gestützt. Es kann dahinstehen , ob die Patentabteilung zunächst die Zulässigkeit der Änderung des Anspruchs hätte prüfen und in Anbetracht der - nach ihrem Standpunkt - unzulässigen Änderung die erteilte Fassung zum Gegenstand ihrer weiteren Untersuchung hätte machen müssen (in diesem Sinne Busse, Patentgesetz, 5. Aufl., § 21 Rdn. 107, § 83 Rdn. 42, 45; BPatGE 20, 133, 138; 29, 223, 226 für das
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren; a.A. Hövelmann, GRUR 1997, 109, 110 f., und - für das Nichtigkeitsverfahren - wohl auch Schulte, PatG, 5. Aufl., § 81 Rdn. 62b). Nachdem die Patentabteilung so nicht verfahren ist, sondern den verteidigten Anspruch daraufhin untersucht hat, ob dieser Anspruch auf einen über den Inhalt der Anmeldung hinausgehenden Gegenstand gerichtet ist (der als erteilter Anspruch nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG zum Widerruf des Streitpatents führen müûte und mit dem das Patent daher nicht aufrechterhalten werden kann), hatte das Beschwerdegericht diese Entscheidung nachzuprüfen. Im Rahmen dieser Prüfung war das Bundespatentgericht nicht auf dasjenige Merkmal beschränkt, das die Patentabteilung als unzulässige Erweiterung angesehen hat, denn die Erweiterung bezieht sich stets auf den Anspruch als Ganzen.
3. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Durchschnittsfachmann habe den ursprünglichen Unterlagen die Lehre nach dem geltenden Patentanspruch 1 nicht entnehmen können. Denn in den ursprünglichen Unterlagen sei zum einen das Merkmal im Oberbegriff des Anspruchs 1, wonach die Relativverdrehung der Schwungmassen entgegen der Wirkung einer beliebigen Dämpfungseinrichtung erfolgen solle, sachlich nicht offenbart, zum anderen erlaubten sie nicht das Weglassen von zwingend zum Gegenstand der ursprünglichen Stammanmeldung gehörigen lösungswesentlichen Merkmalen im geltenden und auch schon erteilten Patentanspruch 1. Aus der Anmeldung ergebe sich für den Fachmann eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer bestimmten baulichen Konzeption und einer speziellen Steuerung zur Veränderung bzw. Verringerung der Dämpfung, wenn die Reibungskupplung gelöst werde. Für diese Steuerung sei in den ursprünglichen Unterlagen ein Mechanismus offenbart, der nicht nur die Merkmale des kennzeichnenden Teils
des geltenden Patentanspruchs 1, sondern zugleich auch die axiale Verschiebbarkeit der die Reibungskupplung tragenden Schwungmasse (erteilter Anspruch 3) und die Reib- und Gleitverbindung (etwa erteilter Anspruch 12) in untrennbarer Weise umfasse.
Das beanstandet die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Das Bundespatentgericht hält das Merkmal, wonach die Schwungmassen entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbar sind, für in den ursprünglichen Unterlagen in dieser allgemeinen Weise nicht offenbart. Aus der ursprünglichen Beschreibung in Verbindung mit den Figuren gehe wie auch aus dem ursprünglichen Anspruch 31 hervor, daû die Dämpfungseinrichtung aus in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern bestehe und damit das Nominaldrehmoment übertragen werde. Die im ursprünglichen Anspruch 31 enthaltene Alternative, die statt der in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeicher Reib- oder Gleitmittel vorsehe, bilde nach dem Verständnis des Fachmanns zumindest beim abgetrennten Gegenstand keinen Ersatz für in Umfangsrichtung wirkende Kraftspeicher. Andere Ausführungsmöglichkeiten hinsichtlich der Übertragung des Nominaldrehmoments seien vom Fachmann nicht erkennbar.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Merkmal findet sich - abgesehen von der bereits von der Patentabteilung für unbedenklich angesehenen Einfügung des Wortes "relativ" - bereits in Anspruch 1 der zugrundeliegenden Anmeldung. Das Bundespatentgericht, das das nicht verkennt, meint, der ursprüngliche Patentanspruch 1 weise vorwiegend allgemeine dämpfungstechnische Wirkangaben auf und sei so weit gefaût, daû ein Bezug zu
der sich aus der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen ergebenden konkreten Lehre nicht ersichtlich sei und Anspruch 1 deshalb nicht als prinzipielle Verkörperung des Anmeldungsgegenstands verstanden werde. Dies gelte schon deswegen, weil im ursprünglichen Anspruch 1 die Reibungskupplung und das zugehörige Ausrücksystem nicht erwähnt würden, die aber für den im Streitpatent weiterzubildenden Gegenstand die entscheidende Grundlage bildeten.
Diese Erwägungen begründen die vom Bundespatentgericht angenommene unzulässige Erweiterung nicht. Das Bundespatentgericht zieht nicht in Zweifel, daû in den ursprünglichen Unterlagen eine Dämpfungseinrichtung aus in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern offenbart ist. Es zieht auch nicht in Zweifel, daû der Fachmann, als den das Bundespatentgericht rechtsfehlerfrei einen Hochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Dämpfungsvorrichtungen insbesondere in Verbindung mit Kraftfahrzeugkupplungen ansieht, hierin ein Mittel sieht, kraft dessen die Schwungmassen - in den Worten des verteidigten Anspruchs - entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbar sind. Unter diesen - dem Rechtsbeschwerdeverfahren zugrundezulegenden - Voraussetzungen kann aber das sachlich unverändert aus Anspruch 1 der Anmeldung in Patentanspruch 1 übernommene Merkmal keine unzulässige Erweiterung darstellen, weil es nichts enthält, was nicht bereits Inhalt der Anmeldung gewesen wäre. Der Umstand, daû die Anmeldung nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts nur eine Ausführungsform "einer ganz bestimmten Baukonzeption" mit in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern (ausführbar) offenbart, steht dem nicht entgegen. Denn offenbart ist alles das, was in der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen schriftlich niedergelegt
ist und sich dem Fachmann ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschlieût (Sen., BGHZ 111, 21, 26 - Crackkatalysator I). Ein "breit" formulierter Anspruch ist unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung deshalb jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörig entnehmbar war.

b) Das Bundespatentgericht hat weiter festgestellt, der Fachmann entnehme den ursprünglichen Unterlagen eine Steuerung zur Veränderung bzw. Verringerung der Dämpfung, die nicht nur die Merkmale des kennzeichnenden Teils des geltenden Patentanspruchs 1, sondern zugleich auch die axiale Verschiebbarkeit der die Reibungskupplung tragenden Schwungmasse in untrennbarer Weise umfasse.
aa) Im einzelnen hat das Bundespatentgericht hierzu ausgeführt: In der Anmeldung werde die ferdernde Verspannung der Schwungmassen im Zusammenhang mit der Tellerfeder 34, dem Reibring 22 und der axialen Verlagerbarkeit der Schwungmasse 4 gegenüber der Schwungmasse 3 beschrieben. Im weiteren werde dort zur Funktionsweise ausgeführt, daû das durch den Reibring 22 erzeugte Reibmoment abnehme, wenn mit zunehmender Ausrückkraft die Vorspannung der Tellerfeder 34 allmählich kompensiert werde, und daû bei Überwindung der Vorspannung der Tellerfeder 34 diese verschwenkt und die Schwungmasse 4 um den Betrag X in Richtung der Schwungmasse 3 mit der
Folge verlagert werde, daû der Reibring 22 abhebe und keine Reibungsdämpfung mehr erzeugt werde. Die axial federnde Verspannung der Schwungmassen mit der entgegen der Betätigungskraft der Reibungskupplung wirkenden Vorspannkraft und die axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen sowie die Reib- und Gleitverbindung stellten eine Funktions- und Steuereinheit dar, die das allgemeine Lösungsprinzip verkörpere. In den ursprünglichen Unterlagen werde es bei der als Stand der Technik erörterten Drehmomentübertragungseinrichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift 28 26 274 als nachteilig angesehen, daû der radiale Flansch der Flanschhülse, die die drehbare Lagerung der Schwungmassen zueinander ermögliche, beim Betätigen der Reibungskupplung zwischen den Schwungmassen mit groûer Kraft verspannt werde, wodurch ein hohes Reibmoment zwischen den Schwungmassen auftrete und die Dämpfung beeinträchtige. Mit dem Patentgegenstand solle eine derart hohe Reib- und Dämpfungswirkung vermieden werden, wofür die axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen und die Reib- und Gleitverbindung unverzichtbare Bestandteile der offenbarten Steuerung seien.
bb) Das trägt die angefochtene Entscheidung.
Bis zum Beschluû über die Erteilung des Patents sind nach § 38 PatG Änderungen der in der Anmeldung enthaltenen Angaben zulässig, die den Gegenstand der Anmeldung nicht erweitern. Der Gegenstand der Anmeldung darf bei der Aufstellung des Patentanspruchs anders formuliert werden, und er darf beschränkt werden. Eine solche Änderung darf aber nicht zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung führen, und sie darf nicht dazu führen, daû an die Stelle der angemeldeten Erfindung eine andere gesetzt wird (Sen., BGHZ 66, 17, 29 - Alkylendiamine I; BGHZ 110, 123, 125 - Spleiûkammer). Der
Patentanspruch darf mithin nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, von dem der Durchschnittsfachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daû er von vornherein von dem Schutzbegehren umfaût sein soll (Sen.Urt. v. 21.9.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn; Sen.Beschl. v. 20.6.2000 - X ZB 5/99, GRUR 2000, 1015, 1016 - Verglasungsdichtung; v. 5.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm).
Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daû der Fachmann den in dem verteidigten - wie in dem erteilten - Patentanspruch bezeichneten Gegenstand den ursprünglichen Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörig entnehmen kann.
cc) Die Rechtsbeschwerde verweist allerdings zu Recht darauf, daû der Anmelder oder der Patentinhaber, wenn er nur noch für eine bestimmte Ausführungsform der angemeldeten Erfindung Schutz begehrt, nicht genötigt ist, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Anspruch aufzunehmen. Die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch ist zulässig, wenn dadurch die zunächst weiter gefaûte Lehre auf eine engere Lehre eingeschränkt wird und wenn das weitere Merkmal in der Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen war (Sen., BGHZ 111, 21, 25 - Crackkatalysator I; Beschl. v. 30.10.1990 - X ZB 18/88, GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze; Urt. v. 7.12.1999 - X ZR 40/95, GRUR 2000, 591, 592 - Inkrustierungsinhibitoren). Dienen mehrere in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, die je für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, hat es
der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränkt; in dieser Hinsicht können dem Patentinhaber keine Vorschriften gemacht werden (Sen., BGHZ 110, 123, 126 - Spleiûkammer).
Das bedeutet jedoch nicht, daû der Patentinhaber nach Belieben einzelne Elemente eines Ausführungsbeispiels im Patentanspruch kombinieren dürfte. Die Kombination muû vielmehr in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann; andernfalls wird etwas beansprucht , von dem der Durchschnittsfachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daû es von vornherein von dem Schutzbegehren umfaût sein soll, und das daher gegenüber der angemeldeten Erfindung ein aliud darstellt (Sen.Beschl. v. 23.1.1990 - X ZB 9/89, GRUR 1990, 432, 434 - Spleiûkammer [insoweit nicht in BGHZ]).
dd) Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Bundespatentgerichts umfaût die Angabe im verteidigten Patentanspruch , daû die Schwungmassen durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind, aus der Sicht des Fachmanns nicht notwendigerweise eine axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen als ungeschriebenen Bestandteil der technischen Lehre des Anspruchs. Vom Anspruch umfaût ist daher auch eine Ausführungsform, bei der die Schwungmassen axial federnd verspannt sind, ohne axial verlagerbar zu sein. Nach den weiteren Ausführungen des Beschwerdegerichts konnte der Fachmann der Anmeldung axial federnd verspannte Schwungmassen jedoch nur im Zusammenhang mit einer gleichzeitigen axialen Verschiebbarkeit dieser Schwungmassen entnehmen. Das
Bundespatentgericht hat insoweit auf die dem Fachmann in der Beschreibung erläuterte Funktion der axial federnde Verspannung der Schwungmassen für deren axiale Verlagerung und die Bedeutung dieser Verlagerung für die Lösung des der Anmeldung zugrundeliegenden Problems abgestellt. Diese Ausführungen , die das Bundespatentgericht noch zusätzlich darauf hätte stützen können, daû die axiale Verspannung der Schwungmassen auch im allgemeinen Teil der Beschreibung und in den in der Anmeldung formulierten Ansprüchen nur als Ausführungsform axial verlagerbarer Schwungmassen angesprochen ist, sind als tatrichterliche Feststellungen, gegen die durchgreifende Rechtsbeschwerdegründe nicht erhoben sind, für das Rechtsbeschwerdeverfahren bindend (§ 107 Abs. 2 PatG).
ee) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, diesen Feststellungen lägen unzutreffende Maûstäbe zugrunde.
Zu Unrecht sieht sie solche in der Bemerkung des Bundespatentgerichts , für den Fachmann seien aus der Anmeldung auch keine anderen Ausführungsformen erkennbar, die die Offenbarung der im geltenden Anspruch 1 angegebenen Lösung rechtfertigen könnten. Damit hat das Bundespatentgericht nicht zum Ausdruck gebracht, nur bei einem solchen (weiteren) Ausführungsbeispiel könne die beanspruchte Lösung als offenbart gelten.
Unbegründet ist auch die Rüge, das Bundespatentgericht habe angenommen , Rechte aus dem Streitpatent könnten "(selbstverständlich) nur im Sinne des in der Beschreibung offenbarten Ausführungsbeispiels geltend gemacht werden". An der angegebenen Stelle hat das Bundespatentgericht vielmehr - zutreffend - ausgeführt, Mängel im geltenden Anspruch 1 hinsichtlich
der ursprünglichen Offenbarung könnten nicht, wie von der Patentinhaberin eingeworfen worden sei, dadurch kompensiert werden, daû das Streitpatent (selbstverständlich) nur im Sinne des in der Beschreibung offenbarten Ausführungsbeispiels gegenüber Dritten geltend gemacht werden könne; dafür biete das Patentrecht keine Handhabe.
Nicht unbedenklich sind hingegen zwar die Ausführungen des Beschwerdegerichts , die Abstraktion des konkreten Gegenstandes dürfe nicht zu einer unbestimmten und diffusen Aussage oder Anweisung führen, die eine klare Vorstellung vom Wesen des ursprünglich offenbarten Anmeldungsgegenstandes nicht mehr vermittele und über die ursprüngliche Offenbarung in unzulässiger Weise hinausgehe, was im Streitfall ersichtlich der Fall sei, da wesentliche Elemente der Steuerung nicht im Hauptanspruch angegeben würden und für das Lösungsprinzip die steuernden und zu steuernden Mittel oder Vorrichtungen unverzichtbar seien. Es ist jedoch weder von der Rechtsbeschwerde dargelegt noch sonst erkennbar, inwiefern die Feststellungen zum Verständnis des Fachmanns vom Inhalt der Anmeldung hierdurch beeinfluût sein könnten.
ff) Wenn das Bundespatentgericht aus den zu dd) genannten Feststellungen abgeleitet hat, ein Anspruch, der nur die axial federnde Verspannung der Schwungmassen und den der Ausrückkraft der Reibkupplung entgegenwirkenden Kraftspeicher zur Kennzeichnung der Lösung anführe, sei "aus Offenbarungsgründen nicht statthaft" und führe zu einer sich dem Fachmann aus den ursprünglichen Unterlagen nicht erschlieûenden und deshalb unzulässigen Teil- oder Unterkombination, hat es nach alledem entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht unzulässig Fragen zum Anspruch auf Erteilung des Patents mit solchen aus dem Recht der Patentverletzung vermengt. Es hat
vielmehr zutreffend darauf abgestellt, daû der verteidigte Anspruch auf eine Kombination von Merkmalen gerichtet sei, die dem Fachmann nach seinen Feststellungen in der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörende Kombination offenbart wird.

c) Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, ob das Bundespatentgericht auch rechtsfehlerfrei festgestellt hat, nach der Ursprungsoffenbarung gehöre ebenso die Reib- und Gleitverbindung, wie sie etwa im erteilten Anspruch 12 angegeben sei, zu dem erfindungsgemäûen Steuerungsmechanismus, wogegen sprechen könnte, daû eine solche Verbindung in der Beschreibung (S. 17) lediglich als vorteilhaft bezeichnet ist.
4. Das Bundespatentgericht hat den Antrag zurückgewiesen, die Rückzahlung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen. Insoweit ist die Rechtsbeschwerde ohne Begründung geblieben und deswegen als unzulässig zu verwerfen (§§ 102, 104 PatG).
III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG).
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Meier-Beck

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.