Bundesgerichtshof Urteil, 30. Mai 2017 - VI ZR 501/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:300517UVIZR501.16.0
bei uns veröffentlicht am30.05.2017
vorgehend
Amtsgericht Tettnang, 92 C 1194/14, 13.03.2015
Landgericht Ravensburg, 1 S 72/15, 18.02.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 501/16
Verkündet am:
30. Mai 2017
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) § 108 SGB VII räumt den Stellen, die für die Beurteilung sozialrechtlicher
Fragen originär zuständig sind, hinsichtlich der Beurteilung bestimmter unfallversicherungsrechtlicher
Vorfragen den Vorrang vor den Zivilgerichten ein.
Diesen Vorrang haben die Zivilgerichte von Amts wegen zu berücksichtigen;
er setzt der eigenen Sachprüfung - auch des Revisionsgerichts - Grenzen.

b) Dies gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen einer sozialversicherungsrechtlichen
Haftungsprivilegierung in der Person des in Anspruch genommenen
Schädigers aus der uneingeschränkten Prüfungskompetenz der Zivilgerichte
unterliegenden Gründen zwar nicht erfüllt sind, sich aber die Frage
stellt, ob seine Haftung in Hinblick auf die Privilegierung eines weiteren
Schädigers nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses
beschränkt ist.
BGH, Urteil vom 30. Mai 2017 - VI ZR 501/16 - LG Ravensburg
AG Tettnang
ECLI:DE:BGH:2017:300517UVIZR501.16.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler und den Richter Dr. Klein
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 18. Februar 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus gemäß § 6 Abs. 1 EFZG übergegangenem Recht ihres Arbeitnehmers auf Ersatz des diesem infolge eines Unfalls entstandenen Erwerbsschadens in Anspruch.
2
Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen. Sie wurde von der Beklagten , die ein Bedachungsunternehmen betreibt, damit beauftragt, Kies für die Befüllung zweier nebeneinander liegender Garagendächer auf einer Baustelle anzuliefern. Zu diesem Zweck fuhr der bei der Klägerin angestellte Kraftfahrer W. am 17. September 2013 mit einem Betonmischer mit Förderband zu der Baustelle. Die beiden Garagen stehen in ca. 1 bis 1,5 m Abstand zueinander. Zwischen den Garagendächern hatten die Mitarbeiter der Beklagten eine Bockleiter aufgestellt. Zwei Mitarbeiter der Beklagten waren bereits auf das erste Dach gestiegen. Um den Kies auf die Garagendächer aufzubringen, musste auch der Arbeitnehmer der Klägerin, Herr W., auf das Garagendach steigen. Im Rahmen der Befüllung der Flachdächer war er dafür zuständig, den Kies mittels Fernbedienung auf die Dächer zu befördern; die Mitarbeiter der Beklagten sollten den Kies dann auf den Dächern verteilen. Nachdem das erste Garagendach befüllt war, stieg ein Mitarbeiter der Beklagten die Leiter hinunter, stellte diese an der nächsten Garage auf und stieg auf das andere Dach. Danach stieß er die Leiter zu den auf dem ersten Garagendach verbliebenen Arbeitern. Bei dem Versuch, von dem ersten Dach hinunterzusteigen, kam Herr W. an der zweiten Stufe von oben zu Fall und brach sich den linken Arm. Die Klägerin zahlte das Herrn W. zustehende Arbeitsentgelt gemäß § 3 EFZG fort.
3
Die Klägerin macht geltend, die Leiter sei zusammengeklappt, als Herr W. herabgestiegen sei. Sie ist der Auffassung, es sei Sache der Mitarbeiter der Beklagten gewesen, für die Sicherheit bei der Nutzung der verwendeten Leiter zu sorgen.
4
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 4.619,98 € gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne offen bleiben, ob dem Arbeitnehmer der Klägerin infolge des Unfalls im Grundsatz ein vertraglicher Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 278 BGB oder ein deliktischer Schadensersatzanspruch aus § 831 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte erwachsen sei. Denn zugunsten der Mitarbeiter der Beklagten greife die Haftungsprivilegierung des § 106 Abs. 3 Alt. 3, § 105 Abs. 1 SGB VII. Der Unfall habe sich bei einer vorübergehenden betrieblichen Tätigkeit von Mitarbeitern der Klägerin und der Beklagten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte ereignet. Diese Haftungsprivilegierung komme der - nicht durch ein selbst auf der Betriebsstätte tätiges Organ handelnden - Beklagten über die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs zugute. Dies gelte nicht nur für den deliktischen Anspruch, sondern auch für einen möglichen vertraglichen Anspruch des Herrn W. gegen die Beklagte. Der Rechtsgedanke des § 840 Abs. 2 BGB sei auf die vertragliche Haftung zu erstrecken. Hafte der Vertragspartner lediglich aufgrund des ihm nach § 278 BGB zugerechneten Verschuldens seines Erfüllungsgehilfen und könne ihm kein eigenes Verschulden (Organisationsfehler etc.) vorgeworfen werden, so hafte der Erfüllungsgehilfe im Innenverhältnis allein. Eine Haftung der Beklagten wäre nur dann zu bejahen, wenn diese eine eigene Verantwortlichkeit zur Schadensverhütung getroffen und im Zusammenhang damit stehende Pflichten verletzt habe. Dies habe die Klägerin aber nicht behauptet. Zur Klärung der Frage, ob der Rechtsgedanke des § 840 Abs. 2 BGB auch bei einer vertraglichen Haftung des Geschäftsherrn zur Anwendung kommt, hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.

II.

6
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Senat an einer Sachentscheidung allerdings nicht bereits deshalb gehindert, weil das Berufungsgericht die Berufungsanträge nicht wiedergegeben hat. Ohne die Wiedergabe der Anträge leidet das Berufungsurteil zwar regelmäßig an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2016 - VI ZR 403/14, VersR 2016, 1194 Rn. 7; vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16, juris Rn. 10, jeweils mwN). Die ausdrückliche Wiedergabe der Anträge ist jedoch entbehrlich, wenn sich dem Gesamtzusammenhang der Gründe das Begehren des Berufungsführers noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - II ZR 21/12, WM 2014, 217 Rn. 18 mwN).
8
Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts ausgeführt , dass die Klägerin die Erstattung der von ihr geleisteten Lohnfortzahlung begehre, das Amtsgericht die Klage abgewiesen habe und die Berufung sich hiergegen richte. Diesen Ausführungen ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Klägerin mit der Berufung ihr erstinstanzliches Klagebegehren uneingeschränkt weiterverfolgt. Dass das Berufungsgericht den als Nebenforderung geltend gemachten Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht gesondert erwähnt hat, ist dabei unschädlich. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Nebenforderung hätte es nur dann bedurft, wenn die Klägerin sie fallengelassen oder ihren Antrag in sonstiger Weise geändert hätte.
9
2. Das angefochtene Urteil unterliegt aber deshalb der Aufhebung, weil das Berufungsgericht die Bestimmung des § 108 SGB VII nicht beachtet hat. Es hat die Tatbestandsvoraussetzungen der in § 106 Abs. 3 Alt. 3 i.V.m. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII geregelten Haftungsprivilegierung für gegeben erachtet, ohne den den Unfallversicherungsträgern bzw. Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zukommenden Vorrang hinsichtlich der Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Vorfragen zu beachten.
10
a) Gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII sind Gerichte außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit bei Entscheidungen über die in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Ansprüche unter anderem hinsichtlich der Frage, ob ein Versicherungsfall vorliegt, an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte gebunden. Nach § 108 Abs. 2 SGB VII hat das Gericht sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt es dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.
11
Die Vorschrift verfolgt das Ziel, divergierende Beurteilungen zu vermeiden und eine einheitliche Bewertung der unfallversicherungsrechtlichen Kriterien zu gewährleisten. Für den Geschädigten untragbare Ergebnisse, die sich ergeben könnten, wenn zwischen den Zivilgerichten und den Unfallversicherungsträgern bzw. Sozialgerichten unterschiedliche Auffassungen über das Vorliegen eines Versicherungsfalles bestehen und dem Geschädigten deshalb weder Schadensersatz noch eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zuerkannt wird, sollen verhindert werden (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06, VersR 2008, 255 Rn. 9; Senatsbeschluss vom 20. September 2005 - VI ZB 78/04, BGHZ 164, 117 Rn. 10). Aus diesem Grund räumt § 108 SGB VII den Stellen, die für die Beurteilung sozialrechtlicher Fragen originär zuständig sind, hinsichtlich der Beurteilung bestimmter unfallversicherungsrechtlicher Vorfragen den Vorrang vor den Zivilgerichten ein (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 12; vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03, BGHZ 158, 394, 396 f.; BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R, NZS 2012, 826 Rn. 23; Hollo in: Schlegel/Voelzke, jurisPK -SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 108 SGB VII Rn. 3, 5; BeckOK-SozR/Stelljes, SGB VII § 108 Rn. 2 [Stand: 31. Juli 2016]; vgl. zur Vorgängerbestimmung in § 638 RVO: Senatsurteile vom 19. Oktober 1993 - VI ZR 158/93, VersR 1993, 1540, 1541; vom 24. Juni 1980 - VI ZR 106/79, VersR 1980, 822). Diesen Vorrang haben die Zivilgerichte von Amts wegen zu berücksichtigen; er setzt der eigenen Sachprüfung - auch des Revisionsgerichts - Grenzen (vgl. Senatsurteile vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03, BGHZ 158, 394, 397; vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 9, 12; vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06, VersR 2008, 255 Rn. 9, 13; vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06, VersR 2007, 1131 Rn. 17 ff.; Wussow/Schneider, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 79 Rn. 11; vgl. zur Vorgängerbestimmung in § 638 RVO: Senatsurteil vom 24. Juni 1980 - VI ZR 106/79, VersR 1980, 822).
12
b) Der den Unfallversicherungsträgern bzw. Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in § 108 SGB VII eingeräumte Vorrang bezieht sich nicht nur auf die Entscheidung, ob ein Unfall - wie in § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII vorausgesetzt - als Versicherungsfall zu qualifizieren ist, sondern erstreckt sich auch auf die Beurteilung der Frage, ob der Geschädigte - wie in § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII gefordert - im Unfallzeitpunkt Versicherter der gesetzlichen Unfallversicherung war (vgl. Senatsurteile vom 17. Juni 2008 - VI ZR 257/06, BGHZ 177, 97 Rn. 9; vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 12; vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06, VersR 2007, 1131 Rn. 16; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, VersR 2006, 416 Rn. 21, jeweils mwN; BSGE 17, 153, 155; BeckOK-Sozialrecht/Stelljes, § 108 Rn. 9, 11 [Stand: 31. Juli 2016]). Denn die Versicherteneigenschaft ist eine notwendige Voraussetzung für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) und damit als Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Eine eigenständige Beurteilung dieser Fragen ist den Zivilgerichten dementsprechend grundsätzlich verwehrt. Da sie die vorrangige Entscheidungszuständigkeit der Unfallversicherungsträger bzw. der Sozialgerichte von Amts wegen zu berücksichtigen haben, sind Feststellungen dazu, in welchem Umfang die Bindungswirkung gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII eingetreten ist, zwingend erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03, BGHZ 158, 394, 397; vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 9; vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06, VersR 2008, 255 Rn. 9).
13
c) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Voraussetzungen einer sozialversicherungsrechtlichen Haftungsprivilegierung in der Person des in Anspruch genommenen Schädigers aus der uneingeschränkten Prüfungskompetenz der Zivilgerichte unterliegenden (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. Juni 2008 - VI ZR 257/06, BGHZ 177, 97 Rn. 10 ff.; KassKomm/Ricke, SGB VII § 108 Rn. 8 [Stand: Dezember 2016]) Gründen zwar nicht erfüllt sind, sich aber die Frage stellt, ob seine Haftung in Hinblick auf die Privilegierung eines weiteren Schädigers nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses beschränkt ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 47/13, BGHZ 203, 224 Rn. 18 ff.).
14
Denn die Anwendbarkeit des § 108 SGB VII hängt nicht davon ab, dass eine Haftungsbefreiung des in Anspruch genommenen Schädigers unmittelbar aufgrund der §§ 104 bis 106 SGB VII in Betracht kommt. Maßgeblich ist ausweislich des klaren Wortlauts der Bestimmung allein, dass ein Gericht außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit über "Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Art" zu entscheiden hat. "Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Art" sind aber jegliche Ansprüche vertraglicher oder deliktischer Natur, die auf Ersatz des Personenschadens gerichtet sind und auf ein Geschehen gestützt werden, das einen Versicherungsfall darstellen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 20. September 2005 - VI ZB 78/04, BGHZ 164, 117 Rn. 11; BSG, Urteile vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R, NZS 2012, 826 Rn. 13 ff.; vom 1. Juli 1997 - 2 RU 26/96, BSGE 80, 279 Rn. 20 ff.; Hollo in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 108 SGB VII, Rn. 8; Nehls in Hauck/Noftz, SGB, § 104 SGB VII, Rn. 9 [Stand: August 2012]; ders. in Hauck/Noftz, SGB, § 108 SGB VII, Rn. 4 [Stand: Dezember 2009]; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., § 108 Rn. 3). Hierzu gehören auch die mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche des bei der Verbringung des gelieferten Kieses auf die Flachdächer verunglückten Mitarbeiters der Klägerin gegen die nicht durch ein selbst auf der Betriebsstätte tätiges Organ handelnde Beklagte aus §§ 280 Abs. 1, § 278, § 831 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB auf Ersatz seines Erwerbsschadens. Eine andere Beurteilung liefe der Intention des Gesetzgebers zuwider, divergierende Beurteilungen zu vermeiden und eine einheitliche Bewertung der unfallversicherungsrechtlichen Kriterien zu gewährleisten.
15
d) Mit diesen Grundsätzen steht das angefochtene Urteil nicht in Einklang. Die getroffenen Feststellungen lassen nicht erkennen, ob und in welchem Umfang eine Bindungswirkung gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII eingetreten ist. Ihnen ist weder zu entnehmen, ob im Streitfall überhaupt eine Entscheidung eines Unfallversicherungsträgers oder Sozialgerichts über das Vorliegen eines Versicherungsfalls ergangen ist, noch lassen sie Rückschlüsse darauf zu, ob eine solche Entscheidung für die Parteien unanfechtbar geworden ist und damit Bindungswirkung entfaltet. Die Unanfechtbarkeit setzt voraus, dass der Bescheid des Unfallversicherungsträgers gemäß § 77 SGG bestandskräftig oder das Sozialgerichtsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Die Bestandskraft kann gegenüber den Parteien aber nur dann eingetreten sein, wenn sie in der gebotenen Weise am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren beteiligt worden sind. Denn ihre Rechte dürfen durch die Bindungswirkung nach § 108 SGB VII nicht verkürzt werden. Um das rechtliche Gehör von Personen, für die der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung hat, zu gewährleisten, bestimmt § 12 Abs. 2 SGB X, dass sie zu dem Verfahren hinzuzuziehen sind. Für die Anwendung dieser Vorschrift reicht es aus, dass der Bescheid ihre Rechtsstellung nachteilig berührt oder berühren kann (vgl. Senatsurteile vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03, BGHZ 158, 394 397; vom 17. Juni 2008 - VI ZR 257/06, BGHZ 177, 97 Rn. 9; vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 10; vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06, VersR 2008, 255 Rn. 10 ff.; vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06, VersR 2007, 1131 Rn. 25 ff., 30; BSGE 55, 160, 162; BVerwGE 18, 124, 129; KassKomm/Ricke, SGB VII § 108 Rn. 2a ff. [Stand: März 2017]).

III.

16
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den Einwänden der Parteien in den Rechtsmittelschriften zu befassen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
17
1. Fehlt es an einer für beide Parteien unanfechtbaren Entscheidung des Unfallversicherungsträgers oder eines Sozialgerichts über das Vorliegen eines Versicherungsfalls, so ist der Rechtsstreit nur dann gemäß § 108 Abs. 2 SGB VII auszusetzen, wenn die - vom Berufungsgericht bislang lediglich unterstellte - vertragliche oder deliktische Haftung der Beklagten im Grundsatz zu bejahen ist. Sind dagegen schon die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Normen nicht erfüllt, so ist die Frage, ob der Beklagten eine Haftungsprivilegierung ihrer Mitarbeiter gemäß § 106 Abs. 3 Alt. 3, § 105 Abs. 1 SGB VII nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses zu Gute kommt, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich (vgl. Senatsurteil vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03, BGHZ 158, 394 Ls.; Stöhr, VersR 2004, 809 unter III.).
18
2. Ist der Unfall des Arbeitnehmers der Klägerin in einem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren als Arbeitsunfall anerkannt worden und entfaltet diese Entscheidung für beide Parteien Bindungswirkung, so kann die (unterstellte ) Haftung der Beklagten in Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Privilegierung ihrer Mitarbeiter gemäß § 106 Abs. 3 Alt. 3, § 105 Abs. 1 SGB VII nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses beschränkt oder ausgeschlossen sein.
19
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats können in den Fällen , in denen zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis besteht , Ansprüche des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger ) auf den Betrag beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers gestört wäre. Die Beschränkung der Haftung des Zweitschädigers beruht dabei auf dem Gedanken, dass einerseits die haftungsrechtliche Privilegierung nicht durch eine Heranziehung im Gesamtschuldnerausgleich unterlaufen werden soll, es aber andererseits bei Mitberücksichtigung des Grundes der Haftungsprivilegierung, nämlich der anderweitigen Absicherung des Geschädigten durch eine gesetzliche Unfallversi- cherung, nicht gerechtfertigt wäre, den Zweitschädiger den Schaden alleine tragen zu lassen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Zweitschädiger "in Höhe des Verantwortungsteils" freizustellen, der auf den Erstschädiger im Innenverhältnis entfiele, wenn man seine Haftungsprivilegierung hinwegdenkt. Dabei ist unter "Verantwortungsteil" die Zuständigkeit für die Schadensverhütung und damit der Eigenanteil des betreffenden Schädigers an der Schadensentstehung zu verstehen (Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 47/13, BGHZ 203, 224, Rn. 19 mwN).
20
b) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Beklagte nicht (oder nicht nur) deliktisch, sondern wegen der Verletzung vertraglicher Schutzpflichten (auch) vertraglich zum Ersatz des dem Arbeitnehmer der Klägerin entstandenen Personenschadens verpflichtet wäre (§ 280 Abs. 1, § 278 BGB in Verbindung mit einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte). Denn auch in diesem Fall bestände zwischen der Beklagten und ihren (unterstellt) deliktisch haftenden Mitarbeitern - lässt man die sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung außer Betracht - ein Gesamtschuldverhältnis. Die Beklagte wäre verpflichtet , dasselbe Gläubigerinteresse zu befriedigen wie ihre wegen der Verletzung deliktischer Verkehrssicherungspflichten haftenden Mitarbeiter. Die für die Annahme einer Gesamtschuld erforderliche Gleichstufigkeit der Verpflichtungen folgte daraus, dass weder die Beklagte noch ihre Mitarbeiter nur subsidiär oder vorläufig für die Verpflichtung des jeweils anderen einstehen müssten (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 47/13, BGHZ 203, 224, Rn. 21 mwN).
21
Der hypothetische Innenausgleich zwischen den Gesamtschuldnern bestimmte sich ebenfalls nach den eben aufgezeigten Grundsätzen. Selbst wenn die Beklagte auch oder nur vertraglich haftete, käme es für die Beurteilung der Frage, was auf sie als "außenstehende" Zweitschädigerin im Innenverhältnis zu ihren Mitarbeitern (privilegierte Erstschädiger) entfiele, wenn die Schadensverteilung nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung gestört wäre, maßgeblich auf die Zuständigkeit für die Schadensverhütung und damit auf das Gewicht ihres Beitrags an der Schadensentstehung an (vgl. Senatsurteile vom 23. Januar 1990 - VI ZR 209/89, BGHZ 110, 114, 119 ff.; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86, NJW 1987, 2669, 2670; vom 12. Juni 1973 - VI ZR 163/71, BGHZ 61, 51 Ls. und Rn. 12, 15: "Der Konflikt entsteht letztlich durch ein Zusammentreffen der beiden grundsätzlich unterschiedlichen Unfallhaftungssysteme der Sozialversicherung und des deliktischen (oder anderen) Haftpflichtrechts. Es erscheint sinngemäß und angemessen, wenn der Geschädigte daher die Möglichkeiten beider Regelungsbereiche lediglich nach den in ihnen entstandenen Verantwortungsteilen in Anspruch nehmen kann"). Hierfür bedarf es nicht der Heranziehung des § 840 Abs. 2 BGB. Dieses Ergebnis folgt vielmehr bereits aus der Bestimmung des § 254 BGB, nach der sich die Verteilung des Schadens im Innenverhältnis mehrerer Ersatzpflichtiger richtet (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1973 - VI ZR 163/71, BGHZ 61, 51 Ls. und Rn. 12; BGH, Urteil vom 18. November 2014 - KZR 15/12, BGHZ 203, 193 Rn. 41; vom 10. Juli 2014 - III ZR 441/13, NJW 2014, 2730 Rn. 21; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 426 Rn. 14), ebenso wie aus dem allgemeinen Grundsatz, wonach derjenige, der eine Pflicht verletzt hat, sich im Innenausgleich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, in der Erfüllung eben dieser Pflicht nicht genügend überwacht worden zu sein (Senatsurteile vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03, BGHZ 157, 9, 17; vom 10. Mai 2005 - VI ZR 366/03, VersR 2005, 1087, 1088; Palandt/Grüneberg, aaO).
22
c) Träfe die Beklagte dementsprechend kein "Eigenanteil" an der Schadensentstehung in Form einer eigenen Organisation- oder Verkehrssicherungspflichtverletzung und beruhte ihre Haftung lediglich auf einer Zurechnung fremden Verschuldens (§ 278 BGB), wäre sie nicht zum Ersatz des dem geschädigten Arbeitnehmer der Klägerin entstandenen Personenschadens verpflichtet.
Galke Wellner von Pentz
Oehler Klein

Vorinstanzen:
AG Tettnang, Entscheidung vom 13.03.2015 - 92 C 1194/14 -
LG Ravensburg, Entscheidung vom 18.02.2016 - 1 S 72/15 -

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(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner. (2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Sch

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 104 Beschränkung der Haftung der Unternehmer


(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 7 Begriff


(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. (2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 105 Beschränkung der Haftung anderer im Betrieb tätiger Personen


(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschaden

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 12 Beteiligte


(1) Beteiligte sind 1. Antragsteller und Antragsgegner,2. diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,3. diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 108 Bindung der Gerichte


(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicher

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 106 Beschränkung der Haftung anderer Personen


(1) In den in § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 8 genannten Unternehmen gelten die §§ 104 und 105 entsprechend für die Ersatzpflicht 1. der in § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 8 genannten Versicherten untereinander,2. der in § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 8 genannten Versiche

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Bundesgerichtshof Urteil, 30. Mai 2017 - VI ZR 501/16 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2003 - VI ZR 13/03

bei uns veröffentlicht am 11.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 13/03 Verkündet am: 11. November 2003 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2005 - VI ZR 366/03

bei uns veröffentlicht am 10.05.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 366/03 Verkündet am: 10. Mai 2005 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2005 - VI ZR 225/04

bei uns veröffentlicht am 20.12.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 225/04 Verkündet am: 20. Dezember 2005 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2004 - VI ZR 189/03

bei uns veröffentlicht am 20.04.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 189/03 Verkündet am: 20. April 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: j

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2013 - II ZR 21/12

bei uns veröffentlicht am 17.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil II ZR 21/12 Verkündet am: 17. Dezember 2013 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GmbHG

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2008 - VI ZR 257/06

bei uns veröffentlicht am 17.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 257/06 Verkündet am: 17. Juni 2008 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2017 - VI ZR 22/16

bei uns veröffentlicht am 21.02.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 22/16 Verkündet am: 21. Februar 2017 Olovcic Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juni 2016 - VI ZR 403/14

bei uns veröffentlicht am 21.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 403/14 Verkündet am: 21. Juni 2016 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 823 Ac; BinSchG

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2014 - KZR 15/12

bei uns veröffentlicht am 18.11.2014

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Februar 2012 aufgehoben.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2014 - VI ZR 47/13

bei uns veröffentlicht am 18.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR47/13 Verkündet am: 18. November 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: j

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2014 - III ZR 441/13

bei uns veröffentlicht am 10.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 441/13 Verkündet am: 10. Juli 2014 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 426; NBran

Bundessozialgericht Urteil, 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R

bei uns veröffentlicht am 27.03.2012

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Januar 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialger
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 30. Mai 2017 - VI ZR 501/16.

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Okt. 2019 - VI ZR 105/18

bei uns veröffentlicht am 15.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 105/18 Verkündet am: 15. Oktober 2019 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2017 - VIII ZR 3/17

bei uns veröffentlicht am 19.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 3/17 Verkündet am: 19. Juli 2017 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Referenzen

(1) In den in § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 8 genannten Unternehmen gelten die §§ 104 und 105 entsprechend für die Ersatzpflicht

1.
der in § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 8 genannten Versicherten untereinander,
2.
der in § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 8 genannten Versicherten gegenüber den Betriebsangehörigen desselben Unternehmens,
3.
der Betriebsangehörigen desselben Unternehmens gegenüber den in § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 8 genannten Versicherten.

(2) Im Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 17 gelten die §§ 104 und 105 entsprechend für die Ersatzpflicht

1.
der Pflegebedürftigen gegenüber den Pflegepersonen,
2.
der Pflegepersonen gegenüber den Pflegebedürftigen,
3.
der Pflegepersonen desselben Pflegebedürftigen untereinander.

(3) Wirken Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder Unternehmen des Zivilschutzes zusammen oder verrichten Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte, gelten die §§ 104 und 105 für die Ersatzpflicht der für die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander.

(4) Die §§ 104 und 105 gelten ferner für die Ersatzpflicht von Betriebsangehörigen gegenüber den nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Versicherten.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

7
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Senat an einer Sachentscheidung nicht bereits deshalb gehindert, weil das Berufungsgericht die Berufungsanträge nicht wiedergegeben hat. Ohne die Wiedergabe der Anträge leidet das Berufungsurteil zwar regelmäßig an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führt (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13, VersR 2014, 970 Rn. 9; BGH, Urteile vom 6. Februar 2013 - I ZR 13/12, GRUR 2013, 1069 Rn. 15 - Basis3; vom 1. Juli 2015 - VIII ZR 278/13, Grundeigentum 2015, 1525 Rn. 13; jeweils mwN). Die ausdrückliche Wiedergabe der Anträge ist jedoch entbehrlich, wenn sich dem Gesamtzusammenhang der Gründe das Begehren des Berufungsführers noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - II ZR 21/12, WM 2014, 217 Rn. 18 mwN).
10
Von der Aufhebung und Zurückverweisung bei Fehlen eines Tatbestandes und der in § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO genannten Darstellung kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zwar ausnahmsweise abgesehen werden, wenn sich die notwendigen tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung hinreichend deutlich aus den Gründen des Berufungsurteils ergeben (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569 Rn. 6). Ein solcher Ausnahmefall liegt im Streitfall aber nicht vor. Aus den Gründen des Berufungsurteils lässt sich kein ausreichendes Bild vom Sach- und Streitstand gewinnen. So fehlen Ausführungen dazu, was die Parteien zum Haftungsgrund vorgetragen haben; dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, ob die volle Einstandspflicht des Beklagten auch in der Berufungsinstanz unstreitig war. Zudem wird das Rechtsschutzbegehren der Klägerin nur unvollständig wiederge- geben. So mag sich den Gründen des angefochtenen Urteils noch hinreichend deutlich entnehmen lassen, dass die Klägerin in der Hauptsache Zahlung von 3.740,29 € verlangt. Was sich hinter den im Berufungsurteil erwähnten "geltend gemachten Nebenforderungen" verbirgt, ergibt sich aus dem Berufungsurteil aber nicht. Schließlich bleibt auch unklar, ob das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass sich die Klägerin im Zeitpunkt des Nachweises der alternativen Verwertungsmöglichkeit durch den Beklagten hinsichtlich der Verwertung bereits anderweitig gebunden hatte oder nicht. Denn einerseits stellt es fest, die Klägerin habe das Fahrzeug am 29. August 2014 für 4.000 € veräußert, ande- rerseits führt es aus, die Klägerin habe durch den "Kauf eines neuen Fahrzeugs und die Inzahlungnahme des Unfallfahrzeugs" einen Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis abgeschlossen, weshalb es ihr unbenommen gewesen sei, den Unfallwagen anderweitig zu veräußern und die fehlenden 4.000 € als Geldver- bindlichkeit zu erfüllen.
18
II. Das Berufungsurteil muss aufgehoben werden, weil die Berufungsanträge nicht mitgeteilt sind und es damit den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht genügt. Die Berufungsanträge müssen im Berufungsurteil zumindest sinngemäß wiedergegeben werden. Die Wiedergabe ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich dem Gesamtzusammenhang der Gründe das Begehren des Berufungsführers noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt (BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 13/12, GRUR 2013, 1069 Rn. 15 - Basis3; Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569 Rn. 6; Urteil vom 25. Mai 2011 - IV ZR 59/09, NJW 2011, 2054 Rn. 9; Urteil vom 4. Mai 2011 - XII ZR 142/08, GuT 2011, 61 Rn. 6; Urteil vom 14. Januar 2005 - V ZR 99/04 - NJW-RR 2005, 716, 717; Urteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, BGHZ 156, 216, 218; Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99, 101). Dass auch das tatsächliche Vorbringen der Parteien im Sitzungsprotokoll der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO) unterliegt, betrifft nur das tatsächliche Vorbringen und nicht die Anträge (BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 13/12, juris Rn. 15 - Basis3; Urteil vom 14. Januar 2005 - V ZR 99/04, NJW-RR 2005, 716, 717).

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/03 Verkündet am:
20. April 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein Zivilrechtsstreit ist nach § 108 Abs. 2 SGB VII von Amts wegen auszusetzen,
wenn entscheidungserheblich ist, ob der Geschädigte zu den nach § 2 SGB VII
versicherten Personen gehört.

b) Zur Beteiligung am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nach § 12 Abs. 2
BGH, Urteil vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03 - OLG München
LG Traunstein
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. April 2003 aufgehoben. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz für ihren immateriellen und materiellen Schaden aus einem Reitunfall vom 11. Juni 2001. Sie hatte auf Bitten der Beklagten eines von deren Pferden im Gelände geritten und ist hierbei gestürzt, wobei sie eine Luxationsfraktur des 3. und 4. Halswirbelkörpers erlitt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist durch das angefochtene Urteil vom 30. April 2003 zurückgewiesen worden, weil eine Haftung der Beklagten nach § 104 SGB VII ausgeschlossen sei. Mit Bescheid vom 23. September 2003 wies auch die Bayerische Landesunfallkasse Ansprüche der Klägerin zurück, weil kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Bayerischen Landesunfallkasse vom 1. Dezember 2003 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht erhoben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Tierhalterhaftung nach §§ 833, 847 a.F. BGB aufgrund der Haftungsbefreiung nach § 104 SGB VII aus. Die Klägerin sei für die Beklagte wie eine Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig gewesen, da sie eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt habe. Die Handlungstendenz der Klägerin sei in erster Linie dahin gegangen , den Zwecken der Beklagten zu dienen. Bei der von ihr für die Beklagte am Unfalltag übernommenen Tätigkeit handele es sich um eine typische von der Halterin des Pferdes zu erfüllende Aufgabe. Eine solche werde auf dem Arbeitsmarkt auch von Reitbetrieben bzw. durch von Pferdehaltern beschäftigte Pferdepfleger mit entsprechendem Aufgabenbereich und Bereitern im Interesse der Halter der Tiere ausgeübt. Das Ausreiten könne deshalb nach den Umständen am Unfalltag nicht lediglich einer reitsportlichen Betätigung im Rahmen ei-
ner gegenseitigen reitsportlichen Gefälligkeit zugeordnet werden. Maßgebend sei das Interesse der Beklagten als Halterin eines Pferdes gewesen, diesem die notwendige Bewegung zu verschaffen.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 SGB VII nicht beachtet hat. Nach dieser Vorschrift sind Gerichte außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit bei Entscheidungen über die in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Ansprüche u.a. hinsichtlich der Frage, ob ein Versicherungsfall vorliegt, an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte gebunden. Nach § 108 Abs. 2 SGB VII hat das Gericht sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt es dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, durch eine Bindung von Gerichten außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit an Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte divergierende Beurteilungen zu vermeiden und damit eine einheitliche Bewertung der unfallversicherungsrechtlichen Kriterien zu gewährleisten (vgl. Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, 4. Aufl., Stand: Oktober 2003, § 108 Rdn. 1; Seewald, SGb 1998, 281). Deshalb steht die Aussetzung nicht im Ermessen des Gerichts.
Bereits zu der früheren Gesetzeslage, die insoweit keine ausdrückliche Anordnung enthielt, hatte der erkennende Senat im Hinblick auf den Zweck und die Gesetzesgeschichte der §§ 637 ff. RVO ein gebundenes Ermessen angenommen , das dem Richter die Aussetzung nach § 148 ZPO bis zum Vorliegen einer endgültigen Entscheidung der Sozialbehörden oder -gerichte zur Pflicht machte (vgl. BGHZ 129, 195, 202 f.). Darüber hinaus sind nach der Rechtsprechung des Senats bindende Entscheidungen über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Verfahren der gesetzlichen Unfallversicherung oder der Sozialgerichtsbarkeit auch zu berücksichtigen, wenn sie – wie hier - erst nach Einlegung der Revision ergehen. Eine solche Entscheidung bindet die Zivilgerichte, um in dieser Frage den Vorrang jener fremden Verfahrenszuständigkeiten vor der Zivilgerichtsbarkeit sicherzustellen; damit betrifft sie die Grenzen der Sachprüfung auch für das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 1993 - VI ZR 158/93 - VersR 1993, 1540, 1541 und vom 24. Juni 1980 - VI ZR 106/79 - VersR 1980, 822). Diesen Erfordernissen trägt nunmehr § 108 SGB VII ausdrücklich Rechnung. Wird diese Vorschrift nicht beachtet, kann dies zu Ergebnissen führen, die das Vertrauen in die Rechtsprechung erschüttern, wenn – wie hier – zwischen dem Zivilgericht und den Unfallversicherungsträgern unterschiedliche Auffassungen über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls bestehen und der Geschädigte deshalb weder Schadensersatz noch eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zugesprochen erhält. Um dies zu vermeiden, ist in einem solchen Fall eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung der Sozialversicherungsträger oder der Sozialgerichte erforderlich. Das Berufungsurteil ist daher schon deswegen aufzuheben, weil das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 SGB VII nicht beachtet hat.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren auch zu prüfen haben, ob die Beklagte am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren beteiligt wurde. Nach § 12 Abs. 2 SGB X ist nämlich ein Dritter auf Antrag als Beteiligter zu diesem Verfahren hinzuzuziehen, wenn dessen Ausgang für ihn rechtsgestaltende Wirkung hat; soweit er der Behörde bekannt ist, hat sie ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Wurde die Beklagte an dem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nicht in der gebotenen Weise beteiligt, wäre dieses mit einem Fehler behaftet, der dazu führen kann, daß die Entscheidungen im sozialversicherungsrechtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren ihr gegenüber nicht bindend wären. Gemäß § 108 SGB VII kann daher eine Entscheidung des Berufungsgerichts grundsätzlich erst ergehen, wenn auch gegenüber der Beklagten , die sich auf einen Haftungsausschluß beruft, ein bestandskräftiger Bescheid des Unfallversicherungsträgers vorliegt (vgl. BGHZ 129, 195, 200 ff.; BSGE 55, 160, 162 f.; vgl. auch Frahm, VersR 1995, 1002). Das Berufungsgericht wird dies gegebenenfalls klären müssen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Januar 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unfall des beigeladenen Verletzten vom 20.8.2004 ein Arbeitsunfall war.

2

Der damals 14 Jahre alte Beigeladene arbeitete am 20.8.2004 im Wald bei B. (Nieder-sachsen) zusammen mit seinem Vater, seinem Bruder und seinem Onkel an der Gewinnung von Brennholz mit. Seine Aufgabe war es ua Holzteile unter einen Holzspalter zu stellen, der von seinem Onkel bedient wurde. Der Holzspalter war an einen Traktor angeschlossen und wurde von dessen Maschine angetrieben. Halter des Traktors war ein Dritter (D), die Klägerin ist dessen Kfz-Haftpflichtversicherung. Die vier Personen hatten am Vormittag mit der Arbeit begonnen. Gegen 17.20 Uhr geriet die rechte Hand des Beigeladenen in den herunterschnellenden Holzspalter. Sie wurde so erheblich verletzt, dass mehrere Finger der rechten Hand teilweise amputiert wurden. Nach Abschluss der Behandlung blieben daneben Funktionsbeeinträchtigungen der Hand zurück.

3

Der Beigeladene half bei der Brennholzgewinnung regelmäßig an fast jedem Wochenende seit seinem 6. Lebensjahr. Zum Unfallzeitpunkt lebte er im Haushalt seiner Eltern. Das Holz diente "im Wesentlichen" zum Eigengebrauch in den Haushalten seiner Eltern sowie seines Onkels. Insgesamt wurden für einen Winter ca 40 Raummeter Holz zubereitet. Der Onkel des Beigeladenen erhielt davon 10 Raummeter, die anderen Beteiligten (Vater, Bruder und Beigeladener) je 10 Raummeter. Der Beigeladene hatte ein Taschengeld von 20 Euro monatlich, gelegentlich erhielt er bei guter Arbeit 5 Euro extra.

4

Im Februar 2007 erhob der Beigeladene gegen den Halter des Traktors D, gegen seinen Onkel sowie gegen die Klägerin Klagen auf Schadenersatz wegen der erlittenen Verletzungen beim Landgericht Hildesheim (LG). Das LG setzte den Rechtsstreit unter Berufung auf § 108 Abs 2 SGB VII bis zur Entscheidung der Sozialgerichtsbarkeit aus.

5

Die Beklagte lehnte gegenüber dem Verletzten die Feststellung von Rechten auf Leistungen der GUV ab. Es habe sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt (Bescheid vom 9.11.2007). Nach erfolglosem Widerspruch der Klägerin (Widerspruchsbescheid vom 13.5.2008) hat diese beim SG Wiesbaden geklagt. Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 30.4.2010 abgewiesen. Die Tätigkeit des Beigeladenen zum Unfallzeitpunkt sei nicht versichert gewesen, da sie durch die familiäre Bindung im Rahmen eines engen verwandtschaftlichen Verhältnisses geprägt gewesen sei.

6

Das LSG hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 31.1.2011 zurückgewiesen. Zwar sei die Klägerin in analoger Anwendung des § 109 SGB VII als haftender Kfz-Haftpflichtversicherer für Schäden, die durch den Betrieb eines bei ihr versicherten Kraftfahrzeugs entstehen, klagebefugt(unter Hinweis auf BSG vom 1.7.1997 - 2 RU 26/96 - BSGE 80, 279). Die Berufung sei aber unbegründet, da der Beigeladene keinen Arbeitsunfall erlitten habe. Er sei weder als Arbeitnehmer noch als Wie-Beschäftigter tätig geworden. Die geleistete Tätigkeit habe nicht außerhalb des Umfangs gelegen, der aufgrund familiärer Gemeinschaft zwischen dem Beigeladenen und seinem Vater zu erwarten sei (§ 1618a BGB).

7

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung der §§ 8 Abs 1, 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII. Der Beigeladene sei nicht im Rahmen einer verwandtschaftlichen Gefälligkeit tätig geworden. Dagegen spreche der Umfang der Holzgewinnung, durch den sowohl der Haushalt der Familie des Beigeladenen als auch der Haushalt der Familie des Onkels für den kompletten Winter mit Holz versorgt werden konnten. Durch die Tätigkeit hätten die beteiligten Personen einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Eine Pflicht von Kindern, leichte Haushaltstätigkeiten zu übernehmen, bestehe in einem Umfang von ca einer Stunde täglich oder sieben Stunden wöchentlich (unter Hinweis auf OLG Oldenburg NZVN 2010, 156; OLG Stuttgart VersR 1993, 536; OLG Hamburg VersR 1993, 1538). Die vom Beigeladenen geleistete Arbeit habe das übliche Maß an Mithilfe innerhalb der Familie bei Weitem überstiegen. Die Entscheidung des LSG berücksichtige nicht den Wandel der gesellschaftlichen Anschauung zum Umfang familiärer Unterstützungspflicht. Auch sei das Familienverhältnis nicht das alleinige Kriterium, um eine Tätigkeit nach § 2 Abs 2 SGB VII zu beurteilen.

8

           

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Januar 2011 und des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30. April 2010 sowie die ablehnende Entscheidung im Bescheid des Beklagten vom 9. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Mai 2008 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 20. August 2004 ein Arbeitsunfall des Beigeladenen ist.

9

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Der Umfang der vom Beigeladenen geleisteten Tätigkeiten sei nicht geeignet, das enge Verwandtschaftsverhältnis zu verneinen.

11

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des Urteils des Hessischen LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses zur erneuten Verhandlung und Entscheidung der Sache begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob der Beigeladene eine versicherte Tätigkeit verrichtet hat, als er Holzteile unter den mechanischen Holzstapler stellte, wodurch er sich verletzte.

13

1. Die Klägerin darf als Kfz-Haftpflichtversicherer in analoger Anwendung des § 109 Satz 1 SGB VII die Rechte des Beigeladenen gegen den beklagten Unfallversicherungsträger, die jener nicht selbst verfolgt hat, im eigenen Namen geltend machen(vgl hierzu BSG vom 1.7.1997 - 2 RU 26/96 - BSGE 80, 279 = SozR 3-2200 § 639 Nr 1; zur rechtlichen Qualifizierung der Befugnis aus § 109 SGB VII vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 27/10 R - und vom 31.1.2012 - B 2 U 12/11 R - jeweils zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

14

Nach § 109 Satz 1 SGB VII können Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist und gegen die Versicherte, ihre Angehörigen und Hinterbliebene Schadenersatzforderungen erheben, statt der Berechtigten die Feststellungen nach § 108 SGB VII beantragen oder das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz betreiben.

15

Der Beigeladene, der durch seine Verrichtung möglicherweise nach § 2 SGB VII versichert war, hat ua gegen die Klägerin als Kfz-Haftpflichtversicherer des Halters des Fahrzeugs, das den Holzspalter antrieb, durch den er verletzt wurde, vor dem LG Schadenersatzforderungen erhoben. Das LG hat die Verfahren bis zur Entscheidung der Beklagten und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach § 108 Abs 2 SGB VII ausgesetzt.

16

Allerdings ist die Klägerin als eine Kfz-Haftpflichtversicherung betreibende Aktiengesellschaft kein Rechtssubjekt, dessen Haftung nach §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt sein kann, wie dies jedoch in § 109 Satz 1 SGB VII vorausgesetzt wird. Das BSG hat aber bereits entschieden, dass auch ein unmittelbar aus der Kfz-Haftpflichtversicherung auf Schadenersatz in Anspruch genommener Kfz-Haftpflichtversicherer in "analoger" Anwendung des § 109 Satz 1 SGB VII berechtigt ist, die Rechte des verletzten Versicherten im eigenen Namen geltend zu machen(BSG vom 1.7.1997 - 2 RU 26/96 - BSGE 80, 279 = SozR 3-2200 § 639 Nr 1).

17

Dies wurde damit begründet, dass der Verletzte berechtigt sei, seine Schadenersatzansprüche aus einem im Straßenverkehr erlittenen Unfall unmittelbar gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer geltend zu machen (Hinweis auf § 3 Nr 1 Pflichtversicherungs-Gesetz aF). Das Versicherungsunternehmen und der möglicherweise ersatzpflichtige Schädiger (zugleich Versicherungsnehmer) hafteten als Gesamtschuldner (Hinweis auf § 3 Nr 2 PflVG aF). Der Kfz-Haftpflichtversicherer sei aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung in gleicher Weise wie der (möglicherweise) haftungsprivilegierte Schädiger berechtigt, gegen die Schadenersatzforderung die Haftungsfreistellung aus §§ 104 bis 107 SGB VII einzuwenden(BSG vom 1.7.1997 - 2 RU 26/96 - BSGE 80, 279 = SozR 3-2200 § 639 Nr 1).

18

Das BSG hat auch entschieden (BSG vom 13.8.2002 - B 2 U 33/01 R - veröffentlicht in Juris), dass eine Privat-Haftpflichtversicherung - anders als eine auf gesetzlicher Versicherungspflicht beruhende und dem Geschädigten direkt haftende Kfz-Haftpflichtversicherung - nicht berechtigt ist, die einer Person, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, nach § 109 Satz 1 SGB VII zustehenden Befugnisse auszuüben. Anders als gegenüber einem Kfz-Haftpflichtversicherer entstehe zwischen dem Geschädigten und der Privat-Haftpflichtversicherung des Schädigers im Schadensfall kein gesetzliches Rechtsverhältnis, aus dem die Privat-Haftpflichtversicherung gegenüber dem Geschädigten hafte (BSG aaO, RdNr 19).

19

           

An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

§ 109 Satz 1 SGB VII verschafft zwar nach seinem Wortlaut nur den Personen, deren Haftung (möglicherweise) nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, die Befugnis, anstatt des Versicherten dessen Rechte im eigenen Namen geltend zu machen, wenn sie auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden(Verfahrens- und Prozessstandschaft; dazu BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 27/10 R - und vom 31.1.2012 - B 2 U 12/11 R - jeweils zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Allerdings sind Kfz-Haftpflichtversicherungen, die den Schädiger im Rahmen der gesetzlichen Pflichtversicherung gegen Schadenersatzforderungen des Verletzten absichern, nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht unmittelbar Begünstigte des § 109 SGB VII.

20

Die Regelung ist aber auf Kfz-Haftpflichtversicherungen analog anzuwenden. Eine im Wege der Analogie zu schließende Gesetzeslücke wird allgemein als "planwidrige Unvollständigkeit" des Gesetzes definiert. Ob eine solche vorliegt, ist nach dem Konzept des Gesetzes selbst vor allem im Wege der systematischen, historischen und der daraus gewonnenen teleologischen Auslegung zu beurteilen (vgl BSG vom 27.5.2008 - B 2 U 11/07 R - BSGE 100, 243 = SozR 4-2700 § 150 Nr 3, RdNr 25 mwN).

21

Aus der Entstehungsgeschichte der Norm (BT-Drucks 13/2204, S 101 zu § 109) ergibt sich, dass den nach §§ 104 bis 107 SGB VII haftungsbeschränkten Personen, gegen die Ersatzansprüche geltend gemacht werden, die "Antragsrechte" entsprechend dem zuvor geltenden Recht(§ 639 RVO) zustehen sollen. Das so formulierte Regelungsziel impliziert nicht, dass der Gesetzgeber den Kfz-Haftpflichtversicherern die Befugnisse nach dieser Regelung einräumen wollte, lässt aber auch nicht erkennen, dass er sie bewusst ausschließen wollte. Die Vorschrift verhält sich zu den Befugnissen der Kfz-Haftpflichtversicherer nicht, obwohl diese bei einem durch Kraftfahrzeuge verursachten Unfall dem Verletzten gegenüber kraft Gesetzes unmittelbar und in gleichem Umfang haften wie die Personen, deren Haftung nach §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt sein kann. Der Gesetzgeber hat die Situation, dass die Kfz-Haftpflichtversicherer früher nach § 3 Nr 1 und 2 PflVG aF, heute gemäß §§ 115, 117 VVG, rechtlich unmittelbar und neben einem Schädiger haften und im Innenverhältnis die wirtschaftlichen Folgen der Haftung uU sogar allein tragen, nicht bedacht. Die Regelung ist deshalb lückenhaft.

22

Dagegen, dass diese Lücke des Gesetzes "planwidrig" ist, spricht zwar, dass das Konzept für den Anwendungsbereich des § 109 SGB VII nicht offen zu Tage liegt. Sicher sind von der Regelung Personen begünstigt, die sich auf §§ 104 f SGB VII berufen können. Andererseits muss noch geklärt werden (BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 12/11 R - Juris RdNr 34 - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), ob nicht auch die von einem Unfallversicherungsträger nach §§ 110 f SGB VII auf Aufwendungsersatz in Anspruch genommenen Personen, die gemäß § 112 SGB VII berechtigt sind, eine unanfechtbare Entscheidung des Trägers oder der Gerichte nach § 108 SGB VII herbeizuführen, auch berechtigt sein müssen, die Befugnisse nach § 109 Satz 1 SGB VII auszuüben.

23

Die Vorschrift befugt die (möglicherweise) haftungsprivilegierten Personen, an Stelle des Berechtigten dessen (möglicherweise bestehenden) Rechte im eigenen Namen im Verwaltungs- und Klageverfahren wegen der in § 108 Abs 1 SGB VII bezeichneten Regelungsgegenstände geltend zu machen. Dadurch sollen diese unfallversicherungsrechtlichen Vorfragen für einen zivilrechtlichen Rechtsstreit um Schadenersatz vor den Arbeits- oder Zivilgerichten, für den sie vorgreiflich sind, durch die sachnähere Verwaltung oder Gerichtsbarkeit unanfechtbar geklärt werden.

24

Eine solche vorgreifliche Klärung entspricht auch den Interessen des Geschädigten und des ihm (möglicherweise) unmittelbar kraft Gesetzes haftenden Kfz-Haftpflichtversicherers. Sie trägt ferner dem rechtlichen Regelungszweck der §§ 115, 117 VVG (früher § 3 PflVG aF) Rechnung, die durch den Direktanspruch dem Schutz von Unfallopfern dienen, die den Risiken des Kraftfahrzeugverkehrs ausgesetzt sind(vgl BGH vom 1.7.2008 - VI ZR 188/07 - Juris RdNr 11), indem er ihnen einen in aller Regel zahlungsfähigen Schuldner verschafft.

25

2. Die Klägerin kann von dem beklagten Unfallversicherungsträger nach §§ 102, 109 Satz 1 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalles - hier eines Arbeitsunfalles des Beigeladenen - beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten(näher BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f)und die Beklagte der für die Feststellung des Versicherungsfalls (verbands-)zuständige Träger ist.

26

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz (ua nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2 aaO).

27

Nach den Feststellungen des LSG hat der Beigeladene zwar einen "Unfall" iS von § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII erlitten, als er mit seiner Hand unter den Holzspalter geriet (Unfallereignis) und dadurch an ihr verletzt wurde (Gesundheitserstschaden).

28

Noch nicht entscheidungsreif ist aber, ob dieser Unfall ein "Arbeitsunfall" iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII war.

29

Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Beigeladene vor dem Unfallereignis ("zur Zeit des Unfalls") durch das Einlegen des Holzes unter den Holzspalter (Verrichtung) den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hätte.

30

Gegebenenfalls wäre allerdings rechtlich nicht fraglich, ob diese Verrichtung einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, die auch rechtlich wesentliche Ursache von Unfallereignis und Gesundheitserstschaden war (zu diesen Voraussetzungen siehe schon BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr 17, RdNr 10; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30, RdNr 10 mwN).

31

a) Der Senat kann schon nicht entscheiden, ob der Beigeladene zum Zeitpunkt des Unfall-ereignisses vom 20.8.2004 eine versicherte Tätigkeit verrichtet hat.

32

Er hat in der genannten Weise Holz gespaltet. Diese Verrichtung könnte den Tatbestand des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt haben, so dass er dabei kraft Gesetzes unfallversichert gewesen wäre. Dann müsste er durch sie eine Beschäftigung ausgeübt haben. Das wäre der Fall gewesen, wenn er durch seine Beteiligung am Holzspalten (gemäß § 123 Abs 1 SGB VII ein Unternehmen) in funktionaler Eingliederung in ein anderes Unternehmen (vgl § 7 Abs 1 SGB IV)so in diesem mitgewirkt hätte, dass der Erfolg seiner Verrichtung unmittelbar jenem anderen Unternehmen und damit dessen Unternehmer zum Vor- oder Nachteil gereicht hätte (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII).

33

Insoweit hat das LSG zwar bindend festgestellt, dass der Beigeladene zum Zeitpunkt des Unfalls nicht in einem Arbeitsverhältnis zu seinem Vater oder Onkel gestanden hat. Da der Begriff der Beschäftigung aber weiter ist als der Begriff des Arbeitsverhältnisses (vgl nur § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV), kann der Senat aus der Feststellung des Nichtbestehens eines Arbeitsverhältnisses nicht rechtslogisch fehlerfrei den Schluss ziehen, dass eine Beschäftigung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses nicht vorgelegen hat. Das LSG hat zum Vorliegen der Ausübung einer (uU unentgeltlichen) Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII keine Feststellungen getroffen. Zudem ist offen, in wessen Unternehmen (uU eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen Vater und Onkel oder auch Bruder) der Beigeladene eingegliedert gearbeitet hat und wessen Weisungen er ggf unterlag oder ob er selbst Mitunternehmer war und deshalb keine Beschäftigung ausgeübt hat.

34

Das Urteil des LSG ist schon deshalb aufzuheben und zur Klärung der Frage, ob zum Unfallzeitpunkt durch die Verrichtung des Holzspaltens der Versicherungstatbestand der Beschäftigung erfüllt war, zurückzuverweisen.

35

Falls sich ergibt, dass der Beigeladene als Beschäftigter tätig geworden ist, wird das LSG auch zu prüfen haben, ob die Beklagte der für die Feststellung des Versicherungsfalls nach §§ 121 f SGB VII zuständige Träger der Unfallversicherung ist. Die Beklagte ist als Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich zuständig, falls der Beigeladene eine Beschäftigung für einen Haushalt ausgeübt haben sollte (§§ 129 Abs 1 Nr 2, 133 SGB VII). Falls er aber in einem forstwirtschaftlichen Unternehmen beschäftigt gewesen sein sollte, wäre die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft der zuständige Träger (§§ 123 Abs 1 Nr 1 oder 3, 133 SGB VII).

36

Das LSG wird deshalb zu erwägen haben, ob die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zu dem durch Zurückverweisung wieder eröffneten Berufungsverfahren beizuladen ist (§ 75 Abs 2 Alt 2, Abs 5 SGG). Denn die Zurückverweisung kann ua auch dazu erfolgen, Verfahrenshindernisse, die einer Entscheidung über den erhobenen Anspruch entgegenstehen, zu beseitigen (zur Zurückverweisung bei fehlender Passivlegitimation des beklagten Trägers: BSG vom 5.9.2006 - B 2 U 8/05 R - BSGE 97, 47 = SozR 4-2700 § 34 Nr 1, RdNr 9 bis 11; auch BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R - BSGE 102, 1 f = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, RdNr 29 hat zurückverwiesen, um Grund und Höhe des Anspruchs, aber auch die Frage des "richtigen Beklagten" zu klären).

37

b) Das Holzspalten des Beigeladenen könnte, was mangels Tatsachenfeststellungen ebenfalls nicht entschieden werden kann, stattdessen Ausübung einer versicherten Tätigkeit als landwirtschaftlicher (Mit-)Unternehmer (§ 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB VII) oder als in einem landwirtschaftlichen Unternehmen mitarbeitender Familienangehöriger (§ 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII)gewesen sein.

38

Nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB VII sind kraft Gesetzes Personen unfallversichert, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner. Nach Buchst b aaO sind Personen versichert, die im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige (vgl § 2 Abs 4 SGB VII)sind.

39

Landwirtschaftliche Unternehmen sind insbesondere auch solche der Forstwirtschaft (§ 123 Abs 1 Nr 1 Alt 2 SGB VII). Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs 1 Nr 1 SGB VII; zur Tätigkeit für einen Haushalt, der dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich dient, § 124 Nr 1 SGB VII, unter c>). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz.

40

Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen läge wohl vor, wenn die handelnden Personen das gewonnene Brennholz teilweise verkauft hätten. Insoweit hat das LSG aber nur festgestellt, dass das Brennholz "im Wesentlichen" zum privaten Verbrauch gewonnen wurde. In welchem Ausmaß und mit welchem wirtschaftlichen Wert ein Verkauf stattfand, ist damit nicht festgestellt.

41

Dennoch lässt sich nicht ausschließen, dass der Beigeladene in einem forstwirtschaftlichen Unternehmen tätig geworden ist. Zwar wird angenommen, dass die Brennholzaufbereitung, also bloße Tätigkeiten wie das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz für den privaten Gebrauch, keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen ist und deshalb bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a oder Nr 5 Buchst b SGB VII besteht(BSG vom 31.1.1989 - 2 BU 131/88 - HV-INFO 1989, 885; BSG vom 12.6.1989 - 2 RU 13/88 - HV-INFO 1989, 1923; so auch Rundschreiben UV 10/81 des Bundesverbands der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften vom 23.11.1981 - VII 1 a; Rundschreiben Nr 5/96 des Bundesverbands der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften vom 12.1.1996 - VII 1 a; Langheineken, Die Sozialversicherung 1983, 194, 195; maßgebend ist allerdings nicht die räumliche Abgrenzung vgl BSG vom 12.6.1989 - 2 RU 13/88).

42

Nach dieser Auffassung wird keine forstwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, wenn das Holz nicht im Wald geschlagen, sondern nur auf einem Waldweg für den Eigenverbrauch zerkleinert, verarbeitet oder gespalten wird. Es ist hier (noch) nicht zu entscheiden, ob dieser Rechtsansicht zu folgen ist.

43

Jedenfalls dann aber, wenn das Fällen der Bäume (Ernte des Holzes) einen Teil der Arbeiten bildet, liegt eine forstwirtschaftliche Tätigkeit vor. Wird eine solche ausgeübt, kann auch das Zerkleinern des Holzes mit der forstwirtschaftlichen Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang stehen. Die der Holzernte folgenden Verrichtungen sind ebenfalls versicherte Tätigkeiten, die bei der Ausübung der forstwirtschaftlichen Unternehmung anfallen. Dies gilt sogar dann, wenn das geerntete Holz zum Hof oder Haushalt des forstwirtschaftlichen Unternehmers gebracht und dort zu Brennholz für den privaten Haushalt verarbeitet wird (BSG vom 31.1.1989 - 2 BU 131/88 - HV-INFO 1989, 885; BSG vom 12.6.1989 - 2 RU 13/88 - HV-INFO 1989, 1923).

44

Nach diesen Maßstäben hätte der Beigeladene durch das Holzspalten eine forstwirtschaftliche Tätigkeit verrichtet, wenn er zusammen mit seinen Verwandten das Holz (falls es ihnen noch nicht gehörte, auf dem Stamm erworben) abgeerntet, zugesägt und gespalten hätte. Wäre die Holzgewinnung auf diese Weise erfolgt, könnte die Tätigkeit nicht in eine (versicherte) Holzernte und eine (nicht versicherte) Holzaufarbeitung zerlegt werden, sondern wäre einheitlich als forstwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen.

45

Dazu, wie die Verhältnisse im Falle des Beigeladenen waren, fehlt es an Feststellungen des LSG. Daher kann nicht entschieden werden, ob der Beigeladene bei einer Tätigkeit als forstwirtschaftlicher Unternehmer oder als mitarbeitender Familienangehöriger in einem forstwirtschaftlichen Unternehmen des Vaters oder Onkels verunglückt ist.

46

Auch bei Prüfung dieses Versicherungstatbestands wird zu bedenken sein, dass die Beklagte als Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich für einen solchen Versicherungsfall nicht verbandszuständig wäre. Für Versicherungsfälle, die in land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen eintreten, ist die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft der zuständige Träger (§§ 123 Abs 1 Nr 1 oder 3, 133 SGB VII). Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft könnte zu dem wieder eröffneten Berufungsverfahren beizuladen sein (siehe oben 2. a).

47

c) Der Beigeladene ist nach den Feststellungen des LSG allerdings nicht deshalb versichert, weil er für den "Haushalt eines landwirtschaftlichen Unternehmens" tätig geworden wäre (§ 8 Abs 1, § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b, § 123 Abs 1, § 124 Nr 1 SGB VII).

48

Nach § 124 Nr 1 SGB VII gilt der Haushalt als Teil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er dem Unternehmen wesentlich dient. Trotz der Verwendung des Begriffs "Haushalt" im Wortlaut des § 124 Nr 1 SGB VII wird in Rechtsprechung und Literatur oft auf den früheren Begriff "Haushaltung"(vgl § 657 Abs 1 Nr 3 RVO aF, § 777 Nr 1 RVO aF, vgl auch § 4 Abs 4 SGB VII, dazu Bayerisches LSG vom 17.11.1999 - L 2 U 26/98; Diel in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 124 RdNr 5)zurückgegriffen. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG vom 30.7.1997 - L 2 U 150/95 - Leitsatz 1). So ist es hier.

49

Die Verarbeitung zu Brennholz ist keine Tätigkeit, die wesentlich dem Haushalt eines Unternehmens der Forstwirtschaft dienen kann. Bei den Betriebsverhältnissen eines Selbstwerbers, der lediglich in der Freizeit möglicherweise Holz erntet und dieses zu Brennholz für den privaten Gebrauch weiter verarbeitet, hat ein Haushalt nicht die Bedeutung, dass er dem forstwirtschaftlichen Unternehmen dient (LSG für das Saarland vom 17.5.2006 - L 2 U 38/05). Vielmehr liegt der Fall so, dass die Tätigkeit der Holzgewinnung dem Haushalt dient.

50

Die Tätigkeit des Beigeladenen war daher nicht als solche für den Haushalt eines forstwirtschaftlichen Unternehmens versichert.

51

3. Der Senat kann nach dem oben zu 2. Gesagten auch nicht entscheiden, ob der Beigeladene beim Holzspalten "wie ein Beschäftigter" iS des § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII tätig und deshalb versichert war.

52

Es steht schon nicht fest, ob der Beigeladene nach dem vorrangigen (§ 135 Abs 1 Nr 7 SGB VII)Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert war oder nicht(vgl oben II 2. a). Nur wenn dies nach den noch zu treffenden Feststellungen des LSG zu verneinen ist und auch eine Versicherung kraft Gesetzes nach § 2 Abs 1 Nr 5 SGB VII nicht bestand, ist zu prüfen, ob er bei der zum Unfall führenden Tätigkeit gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII als "Wie-Beschäftigter" versichert war.

53

Für eine mögliche Prüfung dieses Versicherungstatbestands weist der Senat das LSG beiläufig auf Folgendes hin: Der Beigeladene dürfte nach den (bisherigen) Feststellungen nicht nach § 4 Abs 4 SGB VII versicherungsfrei sein (a). Fraglich erscheint auch, ob er im Rahmen einer Gefälligkeit unter Verwandten handelte (b). Auch hier stellt sich die Frage, welcher Träger ggf für den Unfall verbandszuständig ist (c).

54

a) Gemäß § 4 Abs 4 SGB VII ist von der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII kraft Gesetzes frei, dh aus dem Kreis der Versicherten nach dem SGB VII ausgenommen(vgl Ziegler in LPK-SGB VII, § 4 RdNr 1),wer in einem Haushalt als Verwandter oder Verschwägerter … unentgeltlich tätig ist, es sei denn, er ist in einem der in § 124 Nr 1 SGB VII genannten Haushalte tätig. Der Beigeladene war nicht in einem Haushalt tätig. Er unterstützte zwar die Herstellung von Brennholz, das für den privaten Haushalt der Eltern, in dem er lebte, und für den Haushalt des mitarbeitenden Onkels bestimmt war. Die Gewinnung von Brennholz im Wald zum späteren Verbrauch ist keine Tätigkeit "in einem Haushalt" iS des § 4 Abs 4 SGB VII. In einem Haushalt ist tätig, wer die Mahlzeiten beschafft und zubereitet, die Kleidung pflegt, die Betreuung und Pflege der zur häuslichen Gemeinschaft gehörenden Personen übernimmt sowie die Wohnräume in Stand hält (Riebel in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 4 RdNr 54). Die Aufarbeitung von Brennholz im Wald dient zwar dem späteren Verbrauch des Holzes im Haushalt, sie ist aber keine solche "in" einem Haushalt. Sie ist auch nicht mit den Tätigkeiten vergleichbar, die - wie die Genannten - typischerweise im Haushalt anfallen und die innerhalb des Hauses erledigt werden.

55

b) Zweifelhaft erscheint, ob die Versicherung gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII ausgeschlossen ist, weil er nicht wie ein Beschäftigter, sondern im Rahmen der verwandtschaftlichen Beziehungen zu seinem Vater und seinem Onkel tätig geworden ist.

56

Nach § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB VII ist jede Verrichtung versichert, die einer Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist(BSG vom 15.6.2010 - B 2 U 12/09 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 15, RdNr 22). § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII erfasst tatbestandlich Tätigkeiten, die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln. Es muss ebenfalls eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet werden, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte und regelmäßig verrichtet wird, die in einem fremden Unternehmen dafür eingestellt sind (vgl BSG vom 31.5.2005 - B 2 U 35/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 5; BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6; BSG vom 13.9.2005 - B 2 U 6/05 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 7 RdNr 14 mwN).

57

Eine der Ausübung einer Beschäftigung ähnliche Tätigkeit kann uU zu verneinen sein, wenn die Verrichtung wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt. Eine "Sonderbeziehung" liegt vor bei Verwandtschaft oder bei einer Gefälligkeit für Bekannte bzw Freunde. Jedoch sind auch dann, wenn eine solche "Sonderbeziehung" besteht, alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Dabei kann sich ergeben, dass die konkrete Verrichtung außerhalb dessen liegt, was für enge Verwandte, Freunde oder Bekannte getan wird, oder nicht wegen der Sonderbeziehung vorgenommen wird. Dann kann sie den Tatbestand der "Wie-Beschäftigung" erfüllen.

58

Die rechtliche Qualifikation der Verrichtung des Beigeladenen als solche "wie ein Beschäftigter" dürfte hier nicht allein daran scheitern, dass sie für Verwandte verrichtet wurde. Jedenfalls schuldete der Beigeladene Verrichtungen in dem hier fraglichen Umfang weder als Beistand und Unterstützung nach § 1618a BGB(aktive Unterstützung zB im Alltag, bei Krankheit oder Not; vgl Schwer in jurisPK-BGB § 1618a RdNr 5) noch als Dienstleistung im Hauswesen der Eltern nach § 1619 BGB(räumlich abgrenzbarer Bereich, in dem das Familienleben stattfindet, insbesondere Haus und Garten; vgl Schwer aaO § 1619 RdNr 11). Die hier zu beurteilende Verrichtung könnte auch über den Umfang dessen hinausgehen, was aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen üblicherweise erwartet und geleistet wird (vgl auch BSG vom 30.4.1991 - 2 RU 78/90; BSG vom 21.8.1991 - 2 RU 2/91).

59

c) Auch in diesem Zusammenhang wird zu beachten sein, dass die Beklagte (und das Gericht ihr gegenüber) einen Versicherungsfall im Rahmen ihrer Zuständigkeit nur feststellen kann, wenn der Beigeladene wie ein Beschäftigter "in einem Haushalt" tätig war (§§ 129 Abs 1 Nr 2, 133 Abs 1 SGB VII). Denn verbandszuständig für die Entschädigung von Unfällen nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII ist der Versicherungsträger, dessen Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit gedient hat(§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Wenn der Beigeladene den Unfall bei einer Tätigkeit wie ein im Haushalt Beschäftigter erlitten hätte, wäre die Beklagte zuständig. Wenn der Beigeladene wie ein Beschäftigter in der Land- oder Forstwirtschaft tätig geworden sein sollte, wäre die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft der verbandszuständige Träger (s o).

60

Da die für eine abschließende Entscheidung dieser Fragen notwendigen Feststellungen fehlen, war das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

61

Das LSG hat mit der zu treffenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/03 Verkündet am:
20. April 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein Zivilrechtsstreit ist nach § 108 Abs. 2 SGB VII von Amts wegen auszusetzen,
wenn entscheidungserheblich ist, ob der Geschädigte zu den nach § 2 SGB VII
versicherten Personen gehört.

b) Zur Beteiligung am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nach § 12 Abs. 2
BGH, Urteil vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03 - OLG München
LG Traunstein
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. April 2003 aufgehoben. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz für ihren immateriellen und materiellen Schaden aus einem Reitunfall vom 11. Juni 2001. Sie hatte auf Bitten der Beklagten eines von deren Pferden im Gelände geritten und ist hierbei gestürzt, wobei sie eine Luxationsfraktur des 3. und 4. Halswirbelkörpers erlitt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist durch das angefochtene Urteil vom 30. April 2003 zurückgewiesen worden, weil eine Haftung der Beklagten nach § 104 SGB VII ausgeschlossen sei. Mit Bescheid vom 23. September 2003 wies auch die Bayerische Landesunfallkasse Ansprüche der Klägerin zurück, weil kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Bayerischen Landesunfallkasse vom 1. Dezember 2003 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht erhoben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Tierhalterhaftung nach §§ 833, 847 a.F. BGB aufgrund der Haftungsbefreiung nach § 104 SGB VII aus. Die Klägerin sei für die Beklagte wie eine Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig gewesen, da sie eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt habe. Die Handlungstendenz der Klägerin sei in erster Linie dahin gegangen , den Zwecken der Beklagten zu dienen. Bei der von ihr für die Beklagte am Unfalltag übernommenen Tätigkeit handele es sich um eine typische von der Halterin des Pferdes zu erfüllende Aufgabe. Eine solche werde auf dem Arbeitsmarkt auch von Reitbetrieben bzw. durch von Pferdehaltern beschäftigte Pferdepfleger mit entsprechendem Aufgabenbereich und Bereitern im Interesse der Halter der Tiere ausgeübt. Das Ausreiten könne deshalb nach den Umständen am Unfalltag nicht lediglich einer reitsportlichen Betätigung im Rahmen ei-
ner gegenseitigen reitsportlichen Gefälligkeit zugeordnet werden. Maßgebend sei das Interesse der Beklagten als Halterin eines Pferdes gewesen, diesem die notwendige Bewegung zu verschaffen.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 SGB VII nicht beachtet hat. Nach dieser Vorschrift sind Gerichte außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit bei Entscheidungen über die in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Ansprüche u.a. hinsichtlich der Frage, ob ein Versicherungsfall vorliegt, an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte gebunden. Nach § 108 Abs. 2 SGB VII hat das Gericht sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt es dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, durch eine Bindung von Gerichten außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit an Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte divergierende Beurteilungen zu vermeiden und damit eine einheitliche Bewertung der unfallversicherungsrechtlichen Kriterien zu gewährleisten (vgl. Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, 4. Aufl., Stand: Oktober 2003, § 108 Rdn. 1; Seewald, SGb 1998, 281). Deshalb steht die Aussetzung nicht im Ermessen des Gerichts.
Bereits zu der früheren Gesetzeslage, die insoweit keine ausdrückliche Anordnung enthielt, hatte der erkennende Senat im Hinblick auf den Zweck und die Gesetzesgeschichte der §§ 637 ff. RVO ein gebundenes Ermessen angenommen , das dem Richter die Aussetzung nach § 148 ZPO bis zum Vorliegen einer endgültigen Entscheidung der Sozialbehörden oder -gerichte zur Pflicht machte (vgl. BGHZ 129, 195, 202 f.). Darüber hinaus sind nach der Rechtsprechung des Senats bindende Entscheidungen über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Verfahren der gesetzlichen Unfallversicherung oder der Sozialgerichtsbarkeit auch zu berücksichtigen, wenn sie – wie hier - erst nach Einlegung der Revision ergehen. Eine solche Entscheidung bindet die Zivilgerichte, um in dieser Frage den Vorrang jener fremden Verfahrenszuständigkeiten vor der Zivilgerichtsbarkeit sicherzustellen; damit betrifft sie die Grenzen der Sachprüfung auch für das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 1993 - VI ZR 158/93 - VersR 1993, 1540, 1541 und vom 24. Juni 1980 - VI ZR 106/79 - VersR 1980, 822). Diesen Erfordernissen trägt nunmehr § 108 SGB VII ausdrücklich Rechnung. Wird diese Vorschrift nicht beachtet, kann dies zu Ergebnissen führen, die das Vertrauen in die Rechtsprechung erschüttern, wenn – wie hier – zwischen dem Zivilgericht und den Unfallversicherungsträgern unterschiedliche Auffassungen über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls bestehen und der Geschädigte deshalb weder Schadensersatz noch eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zugesprochen erhält. Um dies zu vermeiden, ist in einem solchen Fall eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung der Sozialversicherungsträger oder der Sozialgerichte erforderlich. Das Berufungsurteil ist daher schon deswegen aufzuheben, weil das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 SGB VII nicht beachtet hat.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren auch zu prüfen haben, ob die Beklagte am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren beteiligt wurde. Nach § 12 Abs. 2 SGB X ist nämlich ein Dritter auf Antrag als Beteiligter zu diesem Verfahren hinzuzuziehen, wenn dessen Ausgang für ihn rechtsgestaltende Wirkung hat; soweit er der Behörde bekannt ist, hat sie ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Wurde die Beklagte an dem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nicht in der gebotenen Weise beteiligt, wäre dieses mit einem Fehler behaftet, der dazu führen kann, daß die Entscheidungen im sozialversicherungsrechtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren ihr gegenüber nicht bindend wären. Gemäß § 108 SGB VII kann daher eine Entscheidung des Berufungsgerichts grundsätzlich erst ergehen, wenn auch gegenüber der Beklagten , die sich auf einen Haftungsausschluß beruft, ein bestandskräftiger Bescheid des Unfallversicherungsträgers vorliegt (vgl. BGHZ 129, 195, 200 ff.; BSGE 55, 160, 162 f.; vgl. auch Frahm, VersR 1995, 1002). Das Berufungsgericht wird dies gegebenenfalls klären müssen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.

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a) Der Kläger war im Unfallzeitpunkt Versicherter der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies steht mit Bindungswirkung nach § 108 Abs. 1 SGB VII aufgrund des Bescheids vom 13. April 2004 fest, mit dem die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anerkannt hat. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Mit der Einordnung als Arbeitsunfall und damit als Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1 SGB VII) in einem unanfechtbaren Bescheid der Unfallversicherungsträger ist deshalb für das Zivilverfahren auch bindend entschieden, dass der Geschädigte "Versicherter" der gesetzlichen Unfallversicherung war (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 195, 198; 166, 42, 44; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - VersR 2006, 416, 418; vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06 - VersR 2007, 1131, 1132 und vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07 - z.V.b.; Henssler /Willemsen/Kalb-Giesen, Arbeitsrecht Kommentar, 2. Aufl., § 108 SGB VII, Rn. 4; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Rolfs, 8. Aufl., § 108 SGB VII, Rn. 2; Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung, 4. Aufl., Stand: 2007, § 108 SGB VII, Rn. 7; Wannagat/Waltermann, Sozialgesetzbuch, Stand: 15. Erg. Lieferg. 2007, § 108 SGB VII, Rn. 4; Schmitt, SGB VII, 3. Aufl., § 108, Rn. 6; Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, 2005, § 38 II 7 [S. 627]; BereiterHahn /Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl., Stand: 2007, § 108 SGB VII, Rn. 6; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 165. Lieferg. 2007, § 108 SGB VII, Rn. 10; Krasney, NZS 2004, 68, 72). Die Anerkennung als Arbeitsunfall im Bescheid vom 13. April 2004 wurde unabhängig von der Notwendigkeit, die Beklagten nach § 12 Abs. 2 SGB X zu dem Verfahren hinzuzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06 - VersR 2008, 255, 256), auch diesen gegenüber unanfechtbar, da sie in ihrer Rechtsstellung dadurch nicht nachteilig betroffen wurden (vgl. OLG Hamm, VersR 2000, 602; OLG Zweibrücken, SP 2002, 127). Eigene Feststellungen zur Versicherteneigenschaft des Klägers im Unfallzeitpunkt hatte das Berufungsgericht folglich entgegen der Auffassung der Revision angesichts der vom Zivilgericht von Amts wegen zu beachtenden (vgl. Senatsurteile vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06 - aaO und vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06 - aaO) Bindungswirkung nach § 108 Abs. 1 SGB VII nicht zu treffen.
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4. Die Klage scheitert entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht an einer Haftungsbefreiung des Beklagten nach § 104 Abs. 1 SGB VII, da kein versicherter Arbeitsunfall gemäß den §§ 8, 2 Abs. 2 SGB VII vorliegt. Eine Haftungsprivilegierung käme dem Beklagten nur dann zugute, wenn die Beteiligten im Zeitpunkt der Schädigung selbst Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung gewesen wären (vgl. Senatsurteile BGHZ 148, 209, 212; vom 23. März 2004 - VI ZR 160/03 - VersR 2004, 1045 ff. und vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, 1261; BGH, BGHZ 151, 198, 201 f.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/03 Verkündet am:
20. April 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein Zivilrechtsstreit ist nach § 108 Abs. 2 SGB VII von Amts wegen auszusetzen,
wenn entscheidungserheblich ist, ob der Geschädigte zu den nach § 2 SGB VII
versicherten Personen gehört.

b) Zur Beteiligung am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nach § 12 Abs. 2
BGH, Urteil vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03 - OLG München
LG Traunstein
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. April 2003 aufgehoben. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz für ihren immateriellen und materiellen Schaden aus einem Reitunfall vom 11. Juni 2001. Sie hatte auf Bitten der Beklagten eines von deren Pferden im Gelände geritten und ist hierbei gestürzt, wobei sie eine Luxationsfraktur des 3. und 4. Halswirbelkörpers erlitt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist durch das angefochtene Urteil vom 30. April 2003 zurückgewiesen worden, weil eine Haftung der Beklagten nach § 104 SGB VII ausgeschlossen sei. Mit Bescheid vom 23. September 2003 wies auch die Bayerische Landesunfallkasse Ansprüche der Klägerin zurück, weil kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Bayerischen Landesunfallkasse vom 1. Dezember 2003 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht erhoben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Tierhalterhaftung nach §§ 833, 847 a.F. BGB aufgrund der Haftungsbefreiung nach § 104 SGB VII aus. Die Klägerin sei für die Beklagte wie eine Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig gewesen, da sie eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt habe. Die Handlungstendenz der Klägerin sei in erster Linie dahin gegangen , den Zwecken der Beklagten zu dienen. Bei der von ihr für die Beklagte am Unfalltag übernommenen Tätigkeit handele es sich um eine typische von der Halterin des Pferdes zu erfüllende Aufgabe. Eine solche werde auf dem Arbeitsmarkt auch von Reitbetrieben bzw. durch von Pferdehaltern beschäftigte Pferdepfleger mit entsprechendem Aufgabenbereich und Bereitern im Interesse der Halter der Tiere ausgeübt. Das Ausreiten könne deshalb nach den Umständen am Unfalltag nicht lediglich einer reitsportlichen Betätigung im Rahmen ei-
ner gegenseitigen reitsportlichen Gefälligkeit zugeordnet werden. Maßgebend sei das Interesse der Beklagten als Halterin eines Pferdes gewesen, diesem die notwendige Bewegung zu verschaffen.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 SGB VII nicht beachtet hat. Nach dieser Vorschrift sind Gerichte außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit bei Entscheidungen über die in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Ansprüche u.a. hinsichtlich der Frage, ob ein Versicherungsfall vorliegt, an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte gebunden. Nach § 108 Abs. 2 SGB VII hat das Gericht sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt es dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, durch eine Bindung von Gerichten außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit an Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte divergierende Beurteilungen zu vermeiden und damit eine einheitliche Bewertung der unfallversicherungsrechtlichen Kriterien zu gewährleisten (vgl. Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, 4. Aufl., Stand: Oktober 2003, § 108 Rdn. 1; Seewald, SGb 1998, 281). Deshalb steht die Aussetzung nicht im Ermessen des Gerichts.
Bereits zu der früheren Gesetzeslage, die insoweit keine ausdrückliche Anordnung enthielt, hatte der erkennende Senat im Hinblick auf den Zweck und die Gesetzesgeschichte der §§ 637 ff. RVO ein gebundenes Ermessen angenommen , das dem Richter die Aussetzung nach § 148 ZPO bis zum Vorliegen einer endgültigen Entscheidung der Sozialbehörden oder -gerichte zur Pflicht machte (vgl. BGHZ 129, 195, 202 f.). Darüber hinaus sind nach der Rechtsprechung des Senats bindende Entscheidungen über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Verfahren der gesetzlichen Unfallversicherung oder der Sozialgerichtsbarkeit auch zu berücksichtigen, wenn sie – wie hier - erst nach Einlegung der Revision ergehen. Eine solche Entscheidung bindet die Zivilgerichte, um in dieser Frage den Vorrang jener fremden Verfahrenszuständigkeiten vor der Zivilgerichtsbarkeit sicherzustellen; damit betrifft sie die Grenzen der Sachprüfung auch für das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 1993 - VI ZR 158/93 - VersR 1993, 1540, 1541 und vom 24. Juni 1980 - VI ZR 106/79 - VersR 1980, 822). Diesen Erfordernissen trägt nunmehr § 108 SGB VII ausdrücklich Rechnung. Wird diese Vorschrift nicht beachtet, kann dies zu Ergebnissen führen, die das Vertrauen in die Rechtsprechung erschüttern, wenn – wie hier – zwischen dem Zivilgericht und den Unfallversicherungsträgern unterschiedliche Auffassungen über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls bestehen und der Geschädigte deshalb weder Schadensersatz noch eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zugesprochen erhält. Um dies zu vermeiden, ist in einem solchen Fall eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung der Sozialversicherungsträger oder der Sozialgerichte erforderlich. Das Berufungsurteil ist daher schon deswegen aufzuheben, weil das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 SGB VII nicht beachtet hat.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren auch zu prüfen haben, ob die Beklagte am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren beteiligt wurde. Nach § 12 Abs. 2 SGB X ist nämlich ein Dritter auf Antrag als Beteiligter zu diesem Verfahren hinzuzuziehen, wenn dessen Ausgang für ihn rechtsgestaltende Wirkung hat; soweit er der Behörde bekannt ist, hat sie ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Wurde die Beklagte an dem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nicht in der gebotenen Weise beteiligt, wäre dieses mit einem Fehler behaftet, der dazu führen kann, daß die Entscheidungen im sozialversicherungsrechtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren ihr gegenüber nicht bindend wären. Gemäß § 108 SGB VII kann daher eine Entscheidung des Berufungsgerichts grundsätzlich erst ergehen, wenn auch gegenüber der Beklagten , die sich auf einen Haftungsausschluß beruft, ein bestandskräftiger Bescheid des Unfallversicherungsträgers vorliegt (vgl. BGHZ 129, 195, 200 ff.; BSGE 55, 160, 162 f.; vgl. auch Frahm, VersR 1995, 1002). Das Berufungsgericht wird dies gegebenenfalls klären müssen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
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a) Der Kläger war im Unfallzeitpunkt Versicherter der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies steht mit Bindungswirkung nach § 108 Abs. 1 SGB VII aufgrund des Bescheids vom 13. April 2004 fest, mit dem die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anerkannt hat. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Mit der Einordnung als Arbeitsunfall und damit als Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1 SGB VII) in einem unanfechtbaren Bescheid der Unfallversicherungsträger ist deshalb für das Zivilverfahren auch bindend entschieden, dass der Geschädigte "Versicherter" der gesetzlichen Unfallversicherung war (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 195, 198; 166, 42, 44; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - VersR 2006, 416, 418; vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06 - VersR 2007, 1131, 1132 und vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07 - z.V.b.; Henssler /Willemsen/Kalb-Giesen, Arbeitsrecht Kommentar, 2. Aufl., § 108 SGB VII, Rn. 4; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Rolfs, 8. Aufl., § 108 SGB VII, Rn. 2; Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung, 4. Aufl., Stand: 2007, § 108 SGB VII, Rn. 7; Wannagat/Waltermann, Sozialgesetzbuch, Stand: 15. Erg. Lieferg. 2007, § 108 SGB VII, Rn. 4; Schmitt, SGB VII, 3. Aufl., § 108, Rn. 6; Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, 2005, § 38 II 7 [S. 627]; BereiterHahn /Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl., Stand: 2007, § 108 SGB VII, Rn. 6; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 165. Lieferg. 2007, § 108 SGB VII, Rn. 10; Krasney, NZS 2004, 68, 72). Die Anerkennung als Arbeitsunfall im Bescheid vom 13. April 2004 wurde unabhängig von der Notwendigkeit, die Beklagten nach § 12 Abs. 2 SGB X zu dem Verfahren hinzuzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06 - VersR 2008, 255, 256), auch diesen gegenüber unanfechtbar, da sie in ihrer Rechtsstellung dadurch nicht nachteilig betroffen wurden (vgl. OLG Hamm, VersR 2000, 602; OLG Zweibrücken, SP 2002, 127). Eigene Feststellungen zur Versicherteneigenschaft des Klägers im Unfallzeitpunkt hatte das Berufungsgericht folglich entgegen der Auffassung der Revision angesichts der vom Zivilgericht von Amts wegen zu beachtenden (vgl. Senatsurteile vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06 - aaO und vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06 - aaO) Bindungswirkung nach § 108 Abs. 1 SGB VII nicht zu treffen.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

18
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , eine Haftungsbeschränkung der Beklagten nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses komme vorliegend nicht in Betracht.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Januar 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unfall des beigeladenen Verletzten vom 20.8.2004 ein Arbeitsunfall war.

2

Der damals 14 Jahre alte Beigeladene arbeitete am 20.8.2004 im Wald bei B. (Nieder-sachsen) zusammen mit seinem Vater, seinem Bruder und seinem Onkel an der Gewinnung von Brennholz mit. Seine Aufgabe war es ua Holzteile unter einen Holzspalter zu stellen, der von seinem Onkel bedient wurde. Der Holzspalter war an einen Traktor angeschlossen und wurde von dessen Maschine angetrieben. Halter des Traktors war ein Dritter (D), die Klägerin ist dessen Kfz-Haftpflichtversicherung. Die vier Personen hatten am Vormittag mit der Arbeit begonnen. Gegen 17.20 Uhr geriet die rechte Hand des Beigeladenen in den herunterschnellenden Holzspalter. Sie wurde so erheblich verletzt, dass mehrere Finger der rechten Hand teilweise amputiert wurden. Nach Abschluss der Behandlung blieben daneben Funktionsbeeinträchtigungen der Hand zurück.

3

Der Beigeladene half bei der Brennholzgewinnung regelmäßig an fast jedem Wochenende seit seinem 6. Lebensjahr. Zum Unfallzeitpunkt lebte er im Haushalt seiner Eltern. Das Holz diente "im Wesentlichen" zum Eigengebrauch in den Haushalten seiner Eltern sowie seines Onkels. Insgesamt wurden für einen Winter ca 40 Raummeter Holz zubereitet. Der Onkel des Beigeladenen erhielt davon 10 Raummeter, die anderen Beteiligten (Vater, Bruder und Beigeladener) je 10 Raummeter. Der Beigeladene hatte ein Taschengeld von 20 Euro monatlich, gelegentlich erhielt er bei guter Arbeit 5 Euro extra.

4

Im Februar 2007 erhob der Beigeladene gegen den Halter des Traktors D, gegen seinen Onkel sowie gegen die Klägerin Klagen auf Schadenersatz wegen der erlittenen Verletzungen beim Landgericht Hildesheim (LG). Das LG setzte den Rechtsstreit unter Berufung auf § 108 Abs 2 SGB VII bis zur Entscheidung der Sozialgerichtsbarkeit aus.

5

Die Beklagte lehnte gegenüber dem Verletzten die Feststellung von Rechten auf Leistungen der GUV ab. Es habe sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt (Bescheid vom 9.11.2007). Nach erfolglosem Widerspruch der Klägerin (Widerspruchsbescheid vom 13.5.2008) hat diese beim SG Wiesbaden geklagt. Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 30.4.2010 abgewiesen. Die Tätigkeit des Beigeladenen zum Unfallzeitpunkt sei nicht versichert gewesen, da sie durch die familiäre Bindung im Rahmen eines engen verwandtschaftlichen Verhältnisses geprägt gewesen sei.

6

Das LSG hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 31.1.2011 zurückgewiesen. Zwar sei die Klägerin in analoger Anwendung des § 109 SGB VII als haftender Kfz-Haftpflichtversicherer für Schäden, die durch den Betrieb eines bei ihr versicherten Kraftfahrzeugs entstehen, klagebefugt(unter Hinweis auf BSG vom 1.7.1997 - 2 RU 26/96 - BSGE 80, 279). Die Berufung sei aber unbegründet, da der Beigeladene keinen Arbeitsunfall erlitten habe. Er sei weder als Arbeitnehmer noch als Wie-Beschäftigter tätig geworden. Die geleistete Tätigkeit habe nicht außerhalb des Umfangs gelegen, der aufgrund familiärer Gemeinschaft zwischen dem Beigeladenen und seinem Vater zu erwarten sei (§ 1618a BGB).

7

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung der §§ 8 Abs 1, 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII. Der Beigeladene sei nicht im Rahmen einer verwandtschaftlichen Gefälligkeit tätig geworden. Dagegen spreche der Umfang der Holzgewinnung, durch den sowohl der Haushalt der Familie des Beigeladenen als auch der Haushalt der Familie des Onkels für den kompletten Winter mit Holz versorgt werden konnten. Durch die Tätigkeit hätten die beteiligten Personen einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Eine Pflicht von Kindern, leichte Haushaltstätigkeiten zu übernehmen, bestehe in einem Umfang von ca einer Stunde täglich oder sieben Stunden wöchentlich (unter Hinweis auf OLG Oldenburg NZVN 2010, 156; OLG Stuttgart VersR 1993, 536; OLG Hamburg VersR 1993, 1538). Die vom Beigeladenen geleistete Arbeit habe das übliche Maß an Mithilfe innerhalb der Familie bei Weitem überstiegen. Die Entscheidung des LSG berücksichtige nicht den Wandel der gesellschaftlichen Anschauung zum Umfang familiärer Unterstützungspflicht. Auch sei das Familienverhältnis nicht das alleinige Kriterium, um eine Tätigkeit nach § 2 Abs 2 SGB VII zu beurteilen.

8

           

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Januar 2011 und des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30. April 2010 sowie die ablehnende Entscheidung im Bescheid des Beklagten vom 9. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Mai 2008 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 20. August 2004 ein Arbeitsunfall des Beigeladenen ist.

9

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Der Umfang der vom Beigeladenen geleisteten Tätigkeiten sei nicht geeignet, das enge Verwandtschaftsverhältnis zu verneinen.

11

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des Urteils des Hessischen LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses zur erneuten Verhandlung und Entscheidung der Sache begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob der Beigeladene eine versicherte Tätigkeit verrichtet hat, als er Holzteile unter den mechanischen Holzstapler stellte, wodurch er sich verletzte.

13

1. Die Klägerin darf als Kfz-Haftpflichtversicherer in analoger Anwendung des § 109 Satz 1 SGB VII die Rechte des Beigeladenen gegen den beklagten Unfallversicherungsträger, die jener nicht selbst verfolgt hat, im eigenen Namen geltend machen(vgl hierzu BSG vom 1.7.1997 - 2 RU 26/96 - BSGE 80, 279 = SozR 3-2200 § 639 Nr 1; zur rechtlichen Qualifizierung der Befugnis aus § 109 SGB VII vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 27/10 R - und vom 31.1.2012 - B 2 U 12/11 R - jeweils zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

14

Nach § 109 Satz 1 SGB VII können Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist und gegen die Versicherte, ihre Angehörigen und Hinterbliebene Schadenersatzforderungen erheben, statt der Berechtigten die Feststellungen nach § 108 SGB VII beantragen oder das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz betreiben.

15

Der Beigeladene, der durch seine Verrichtung möglicherweise nach § 2 SGB VII versichert war, hat ua gegen die Klägerin als Kfz-Haftpflichtversicherer des Halters des Fahrzeugs, das den Holzspalter antrieb, durch den er verletzt wurde, vor dem LG Schadenersatzforderungen erhoben. Das LG hat die Verfahren bis zur Entscheidung der Beklagten und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach § 108 Abs 2 SGB VII ausgesetzt.

16

Allerdings ist die Klägerin als eine Kfz-Haftpflichtversicherung betreibende Aktiengesellschaft kein Rechtssubjekt, dessen Haftung nach §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt sein kann, wie dies jedoch in § 109 Satz 1 SGB VII vorausgesetzt wird. Das BSG hat aber bereits entschieden, dass auch ein unmittelbar aus der Kfz-Haftpflichtversicherung auf Schadenersatz in Anspruch genommener Kfz-Haftpflichtversicherer in "analoger" Anwendung des § 109 Satz 1 SGB VII berechtigt ist, die Rechte des verletzten Versicherten im eigenen Namen geltend zu machen(BSG vom 1.7.1997 - 2 RU 26/96 - BSGE 80, 279 = SozR 3-2200 § 639 Nr 1).

17

Dies wurde damit begründet, dass der Verletzte berechtigt sei, seine Schadenersatzansprüche aus einem im Straßenverkehr erlittenen Unfall unmittelbar gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer geltend zu machen (Hinweis auf § 3 Nr 1 Pflichtversicherungs-Gesetz aF). Das Versicherungsunternehmen und der möglicherweise ersatzpflichtige Schädiger (zugleich Versicherungsnehmer) hafteten als Gesamtschuldner (Hinweis auf § 3 Nr 2 PflVG aF). Der Kfz-Haftpflichtversicherer sei aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung in gleicher Weise wie der (möglicherweise) haftungsprivilegierte Schädiger berechtigt, gegen die Schadenersatzforderung die Haftungsfreistellung aus §§ 104 bis 107 SGB VII einzuwenden(BSG vom 1.7.1997 - 2 RU 26/96 - BSGE 80, 279 = SozR 3-2200 § 639 Nr 1).

18

Das BSG hat auch entschieden (BSG vom 13.8.2002 - B 2 U 33/01 R - veröffentlicht in Juris), dass eine Privat-Haftpflichtversicherung - anders als eine auf gesetzlicher Versicherungspflicht beruhende und dem Geschädigten direkt haftende Kfz-Haftpflichtversicherung - nicht berechtigt ist, die einer Person, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, nach § 109 Satz 1 SGB VII zustehenden Befugnisse auszuüben. Anders als gegenüber einem Kfz-Haftpflichtversicherer entstehe zwischen dem Geschädigten und der Privat-Haftpflichtversicherung des Schädigers im Schadensfall kein gesetzliches Rechtsverhältnis, aus dem die Privat-Haftpflichtversicherung gegenüber dem Geschädigten hafte (BSG aaO, RdNr 19).

19

           

An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

§ 109 Satz 1 SGB VII verschafft zwar nach seinem Wortlaut nur den Personen, deren Haftung (möglicherweise) nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, die Befugnis, anstatt des Versicherten dessen Rechte im eigenen Namen geltend zu machen, wenn sie auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden(Verfahrens- und Prozessstandschaft; dazu BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 27/10 R - und vom 31.1.2012 - B 2 U 12/11 R - jeweils zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Allerdings sind Kfz-Haftpflichtversicherungen, die den Schädiger im Rahmen der gesetzlichen Pflichtversicherung gegen Schadenersatzforderungen des Verletzten absichern, nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht unmittelbar Begünstigte des § 109 SGB VII.

20

Die Regelung ist aber auf Kfz-Haftpflichtversicherungen analog anzuwenden. Eine im Wege der Analogie zu schließende Gesetzeslücke wird allgemein als "planwidrige Unvollständigkeit" des Gesetzes definiert. Ob eine solche vorliegt, ist nach dem Konzept des Gesetzes selbst vor allem im Wege der systematischen, historischen und der daraus gewonnenen teleologischen Auslegung zu beurteilen (vgl BSG vom 27.5.2008 - B 2 U 11/07 R - BSGE 100, 243 = SozR 4-2700 § 150 Nr 3, RdNr 25 mwN).

21

Aus der Entstehungsgeschichte der Norm (BT-Drucks 13/2204, S 101 zu § 109) ergibt sich, dass den nach §§ 104 bis 107 SGB VII haftungsbeschränkten Personen, gegen die Ersatzansprüche geltend gemacht werden, die "Antragsrechte" entsprechend dem zuvor geltenden Recht(§ 639 RVO) zustehen sollen. Das so formulierte Regelungsziel impliziert nicht, dass der Gesetzgeber den Kfz-Haftpflichtversicherern die Befugnisse nach dieser Regelung einräumen wollte, lässt aber auch nicht erkennen, dass er sie bewusst ausschließen wollte. Die Vorschrift verhält sich zu den Befugnissen der Kfz-Haftpflichtversicherer nicht, obwohl diese bei einem durch Kraftfahrzeuge verursachten Unfall dem Verletzten gegenüber kraft Gesetzes unmittelbar und in gleichem Umfang haften wie die Personen, deren Haftung nach §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt sein kann. Der Gesetzgeber hat die Situation, dass die Kfz-Haftpflichtversicherer früher nach § 3 Nr 1 und 2 PflVG aF, heute gemäß §§ 115, 117 VVG, rechtlich unmittelbar und neben einem Schädiger haften und im Innenverhältnis die wirtschaftlichen Folgen der Haftung uU sogar allein tragen, nicht bedacht. Die Regelung ist deshalb lückenhaft.

22

Dagegen, dass diese Lücke des Gesetzes "planwidrig" ist, spricht zwar, dass das Konzept für den Anwendungsbereich des § 109 SGB VII nicht offen zu Tage liegt. Sicher sind von der Regelung Personen begünstigt, die sich auf §§ 104 f SGB VII berufen können. Andererseits muss noch geklärt werden (BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 12/11 R - Juris RdNr 34 - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), ob nicht auch die von einem Unfallversicherungsträger nach §§ 110 f SGB VII auf Aufwendungsersatz in Anspruch genommenen Personen, die gemäß § 112 SGB VII berechtigt sind, eine unanfechtbare Entscheidung des Trägers oder der Gerichte nach § 108 SGB VII herbeizuführen, auch berechtigt sein müssen, die Befugnisse nach § 109 Satz 1 SGB VII auszuüben.

23

Die Vorschrift befugt die (möglicherweise) haftungsprivilegierten Personen, an Stelle des Berechtigten dessen (möglicherweise bestehenden) Rechte im eigenen Namen im Verwaltungs- und Klageverfahren wegen der in § 108 Abs 1 SGB VII bezeichneten Regelungsgegenstände geltend zu machen. Dadurch sollen diese unfallversicherungsrechtlichen Vorfragen für einen zivilrechtlichen Rechtsstreit um Schadenersatz vor den Arbeits- oder Zivilgerichten, für den sie vorgreiflich sind, durch die sachnähere Verwaltung oder Gerichtsbarkeit unanfechtbar geklärt werden.

24

Eine solche vorgreifliche Klärung entspricht auch den Interessen des Geschädigten und des ihm (möglicherweise) unmittelbar kraft Gesetzes haftenden Kfz-Haftpflichtversicherers. Sie trägt ferner dem rechtlichen Regelungszweck der §§ 115, 117 VVG (früher § 3 PflVG aF) Rechnung, die durch den Direktanspruch dem Schutz von Unfallopfern dienen, die den Risiken des Kraftfahrzeugverkehrs ausgesetzt sind(vgl BGH vom 1.7.2008 - VI ZR 188/07 - Juris RdNr 11), indem er ihnen einen in aller Regel zahlungsfähigen Schuldner verschafft.

25

2. Die Klägerin kann von dem beklagten Unfallversicherungsträger nach §§ 102, 109 Satz 1 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalles - hier eines Arbeitsunfalles des Beigeladenen - beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten(näher BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f)und die Beklagte der für die Feststellung des Versicherungsfalls (verbands-)zuständige Träger ist.

26

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz (ua nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2 aaO).

27

Nach den Feststellungen des LSG hat der Beigeladene zwar einen "Unfall" iS von § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII erlitten, als er mit seiner Hand unter den Holzspalter geriet (Unfallereignis) und dadurch an ihr verletzt wurde (Gesundheitserstschaden).

28

Noch nicht entscheidungsreif ist aber, ob dieser Unfall ein "Arbeitsunfall" iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII war.

29

Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Beigeladene vor dem Unfallereignis ("zur Zeit des Unfalls") durch das Einlegen des Holzes unter den Holzspalter (Verrichtung) den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hätte.

30

Gegebenenfalls wäre allerdings rechtlich nicht fraglich, ob diese Verrichtung einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, die auch rechtlich wesentliche Ursache von Unfallereignis und Gesundheitserstschaden war (zu diesen Voraussetzungen siehe schon BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr 17, RdNr 10; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30, RdNr 10 mwN).

31

a) Der Senat kann schon nicht entscheiden, ob der Beigeladene zum Zeitpunkt des Unfall-ereignisses vom 20.8.2004 eine versicherte Tätigkeit verrichtet hat.

32

Er hat in der genannten Weise Holz gespaltet. Diese Verrichtung könnte den Tatbestand des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt haben, so dass er dabei kraft Gesetzes unfallversichert gewesen wäre. Dann müsste er durch sie eine Beschäftigung ausgeübt haben. Das wäre der Fall gewesen, wenn er durch seine Beteiligung am Holzspalten (gemäß § 123 Abs 1 SGB VII ein Unternehmen) in funktionaler Eingliederung in ein anderes Unternehmen (vgl § 7 Abs 1 SGB IV)so in diesem mitgewirkt hätte, dass der Erfolg seiner Verrichtung unmittelbar jenem anderen Unternehmen und damit dessen Unternehmer zum Vor- oder Nachteil gereicht hätte (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII).

33

Insoweit hat das LSG zwar bindend festgestellt, dass der Beigeladene zum Zeitpunkt des Unfalls nicht in einem Arbeitsverhältnis zu seinem Vater oder Onkel gestanden hat. Da der Begriff der Beschäftigung aber weiter ist als der Begriff des Arbeitsverhältnisses (vgl nur § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV), kann der Senat aus der Feststellung des Nichtbestehens eines Arbeitsverhältnisses nicht rechtslogisch fehlerfrei den Schluss ziehen, dass eine Beschäftigung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses nicht vorgelegen hat. Das LSG hat zum Vorliegen der Ausübung einer (uU unentgeltlichen) Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII keine Feststellungen getroffen. Zudem ist offen, in wessen Unternehmen (uU eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen Vater und Onkel oder auch Bruder) der Beigeladene eingegliedert gearbeitet hat und wessen Weisungen er ggf unterlag oder ob er selbst Mitunternehmer war und deshalb keine Beschäftigung ausgeübt hat.

34

Das Urteil des LSG ist schon deshalb aufzuheben und zur Klärung der Frage, ob zum Unfallzeitpunkt durch die Verrichtung des Holzspaltens der Versicherungstatbestand der Beschäftigung erfüllt war, zurückzuverweisen.

35

Falls sich ergibt, dass der Beigeladene als Beschäftigter tätig geworden ist, wird das LSG auch zu prüfen haben, ob die Beklagte der für die Feststellung des Versicherungsfalls nach §§ 121 f SGB VII zuständige Träger der Unfallversicherung ist. Die Beklagte ist als Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich zuständig, falls der Beigeladene eine Beschäftigung für einen Haushalt ausgeübt haben sollte (§§ 129 Abs 1 Nr 2, 133 SGB VII). Falls er aber in einem forstwirtschaftlichen Unternehmen beschäftigt gewesen sein sollte, wäre die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft der zuständige Träger (§§ 123 Abs 1 Nr 1 oder 3, 133 SGB VII).

36

Das LSG wird deshalb zu erwägen haben, ob die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zu dem durch Zurückverweisung wieder eröffneten Berufungsverfahren beizuladen ist (§ 75 Abs 2 Alt 2, Abs 5 SGG). Denn die Zurückverweisung kann ua auch dazu erfolgen, Verfahrenshindernisse, die einer Entscheidung über den erhobenen Anspruch entgegenstehen, zu beseitigen (zur Zurückverweisung bei fehlender Passivlegitimation des beklagten Trägers: BSG vom 5.9.2006 - B 2 U 8/05 R - BSGE 97, 47 = SozR 4-2700 § 34 Nr 1, RdNr 9 bis 11; auch BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R - BSGE 102, 1 f = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, RdNr 29 hat zurückverwiesen, um Grund und Höhe des Anspruchs, aber auch die Frage des "richtigen Beklagten" zu klären).

37

b) Das Holzspalten des Beigeladenen könnte, was mangels Tatsachenfeststellungen ebenfalls nicht entschieden werden kann, stattdessen Ausübung einer versicherten Tätigkeit als landwirtschaftlicher (Mit-)Unternehmer (§ 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB VII) oder als in einem landwirtschaftlichen Unternehmen mitarbeitender Familienangehöriger (§ 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII)gewesen sein.

38

Nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB VII sind kraft Gesetzes Personen unfallversichert, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner. Nach Buchst b aaO sind Personen versichert, die im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige (vgl § 2 Abs 4 SGB VII)sind.

39

Landwirtschaftliche Unternehmen sind insbesondere auch solche der Forstwirtschaft (§ 123 Abs 1 Nr 1 Alt 2 SGB VII). Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs 1 Nr 1 SGB VII; zur Tätigkeit für einen Haushalt, der dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich dient, § 124 Nr 1 SGB VII, unter c>). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz.

40

Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen läge wohl vor, wenn die handelnden Personen das gewonnene Brennholz teilweise verkauft hätten. Insoweit hat das LSG aber nur festgestellt, dass das Brennholz "im Wesentlichen" zum privaten Verbrauch gewonnen wurde. In welchem Ausmaß und mit welchem wirtschaftlichen Wert ein Verkauf stattfand, ist damit nicht festgestellt.

41

Dennoch lässt sich nicht ausschließen, dass der Beigeladene in einem forstwirtschaftlichen Unternehmen tätig geworden ist. Zwar wird angenommen, dass die Brennholzaufbereitung, also bloße Tätigkeiten wie das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz für den privaten Gebrauch, keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen ist und deshalb bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a oder Nr 5 Buchst b SGB VII besteht(BSG vom 31.1.1989 - 2 BU 131/88 - HV-INFO 1989, 885; BSG vom 12.6.1989 - 2 RU 13/88 - HV-INFO 1989, 1923; so auch Rundschreiben UV 10/81 des Bundesverbands der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften vom 23.11.1981 - VII 1 a; Rundschreiben Nr 5/96 des Bundesverbands der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften vom 12.1.1996 - VII 1 a; Langheineken, Die Sozialversicherung 1983, 194, 195; maßgebend ist allerdings nicht die räumliche Abgrenzung vgl BSG vom 12.6.1989 - 2 RU 13/88).

42

Nach dieser Auffassung wird keine forstwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, wenn das Holz nicht im Wald geschlagen, sondern nur auf einem Waldweg für den Eigenverbrauch zerkleinert, verarbeitet oder gespalten wird. Es ist hier (noch) nicht zu entscheiden, ob dieser Rechtsansicht zu folgen ist.

43

Jedenfalls dann aber, wenn das Fällen der Bäume (Ernte des Holzes) einen Teil der Arbeiten bildet, liegt eine forstwirtschaftliche Tätigkeit vor. Wird eine solche ausgeübt, kann auch das Zerkleinern des Holzes mit der forstwirtschaftlichen Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang stehen. Die der Holzernte folgenden Verrichtungen sind ebenfalls versicherte Tätigkeiten, die bei der Ausübung der forstwirtschaftlichen Unternehmung anfallen. Dies gilt sogar dann, wenn das geerntete Holz zum Hof oder Haushalt des forstwirtschaftlichen Unternehmers gebracht und dort zu Brennholz für den privaten Haushalt verarbeitet wird (BSG vom 31.1.1989 - 2 BU 131/88 - HV-INFO 1989, 885; BSG vom 12.6.1989 - 2 RU 13/88 - HV-INFO 1989, 1923).

44

Nach diesen Maßstäben hätte der Beigeladene durch das Holzspalten eine forstwirtschaftliche Tätigkeit verrichtet, wenn er zusammen mit seinen Verwandten das Holz (falls es ihnen noch nicht gehörte, auf dem Stamm erworben) abgeerntet, zugesägt und gespalten hätte. Wäre die Holzgewinnung auf diese Weise erfolgt, könnte die Tätigkeit nicht in eine (versicherte) Holzernte und eine (nicht versicherte) Holzaufarbeitung zerlegt werden, sondern wäre einheitlich als forstwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen.

45

Dazu, wie die Verhältnisse im Falle des Beigeladenen waren, fehlt es an Feststellungen des LSG. Daher kann nicht entschieden werden, ob der Beigeladene bei einer Tätigkeit als forstwirtschaftlicher Unternehmer oder als mitarbeitender Familienangehöriger in einem forstwirtschaftlichen Unternehmen des Vaters oder Onkels verunglückt ist.

46

Auch bei Prüfung dieses Versicherungstatbestands wird zu bedenken sein, dass die Beklagte als Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich für einen solchen Versicherungsfall nicht verbandszuständig wäre. Für Versicherungsfälle, die in land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen eintreten, ist die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft der zuständige Träger (§§ 123 Abs 1 Nr 1 oder 3, 133 SGB VII). Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft könnte zu dem wieder eröffneten Berufungsverfahren beizuladen sein (siehe oben 2. a).

47

c) Der Beigeladene ist nach den Feststellungen des LSG allerdings nicht deshalb versichert, weil er für den "Haushalt eines landwirtschaftlichen Unternehmens" tätig geworden wäre (§ 8 Abs 1, § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b, § 123 Abs 1, § 124 Nr 1 SGB VII).

48

Nach § 124 Nr 1 SGB VII gilt der Haushalt als Teil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er dem Unternehmen wesentlich dient. Trotz der Verwendung des Begriffs "Haushalt" im Wortlaut des § 124 Nr 1 SGB VII wird in Rechtsprechung und Literatur oft auf den früheren Begriff "Haushaltung"(vgl § 657 Abs 1 Nr 3 RVO aF, § 777 Nr 1 RVO aF, vgl auch § 4 Abs 4 SGB VII, dazu Bayerisches LSG vom 17.11.1999 - L 2 U 26/98; Diel in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 124 RdNr 5)zurückgegriffen. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG vom 30.7.1997 - L 2 U 150/95 - Leitsatz 1). So ist es hier.

49

Die Verarbeitung zu Brennholz ist keine Tätigkeit, die wesentlich dem Haushalt eines Unternehmens der Forstwirtschaft dienen kann. Bei den Betriebsverhältnissen eines Selbstwerbers, der lediglich in der Freizeit möglicherweise Holz erntet und dieses zu Brennholz für den privaten Gebrauch weiter verarbeitet, hat ein Haushalt nicht die Bedeutung, dass er dem forstwirtschaftlichen Unternehmen dient (LSG für das Saarland vom 17.5.2006 - L 2 U 38/05). Vielmehr liegt der Fall so, dass die Tätigkeit der Holzgewinnung dem Haushalt dient.

50

Die Tätigkeit des Beigeladenen war daher nicht als solche für den Haushalt eines forstwirtschaftlichen Unternehmens versichert.

51

3. Der Senat kann nach dem oben zu 2. Gesagten auch nicht entscheiden, ob der Beigeladene beim Holzspalten "wie ein Beschäftigter" iS des § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII tätig und deshalb versichert war.

52

Es steht schon nicht fest, ob der Beigeladene nach dem vorrangigen (§ 135 Abs 1 Nr 7 SGB VII)Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert war oder nicht(vgl oben II 2. a). Nur wenn dies nach den noch zu treffenden Feststellungen des LSG zu verneinen ist und auch eine Versicherung kraft Gesetzes nach § 2 Abs 1 Nr 5 SGB VII nicht bestand, ist zu prüfen, ob er bei der zum Unfall führenden Tätigkeit gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII als "Wie-Beschäftigter" versichert war.

53

Für eine mögliche Prüfung dieses Versicherungstatbestands weist der Senat das LSG beiläufig auf Folgendes hin: Der Beigeladene dürfte nach den (bisherigen) Feststellungen nicht nach § 4 Abs 4 SGB VII versicherungsfrei sein (a). Fraglich erscheint auch, ob er im Rahmen einer Gefälligkeit unter Verwandten handelte (b). Auch hier stellt sich die Frage, welcher Träger ggf für den Unfall verbandszuständig ist (c).

54

a) Gemäß § 4 Abs 4 SGB VII ist von der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII kraft Gesetzes frei, dh aus dem Kreis der Versicherten nach dem SGB VII ausgenommen(vgl Ziegler in LPK-SGB VII, § 4 RdNr 1),wer in einem Haushalt als Verwandter oder Verschwägerter … unentgeltlich tätig ist, es sei denn, er ist in einem der in § 124 Nr 1 SGB VII genannten Haushalte tätig. Der Beigeladene war nicht in einem Haushalt tätig. Er unterstützte zwar die Herstellung von Brennholz, das für den privaten Haushalt der Eltern, in dem er lebte, und für den Haushalt des mitarbeitenden Onkels bestimmt war. Die Gewinnung von Brennholz im Wald zum späteren Verbrauch ist keine Tätigkeit "in einem Haushalt" iS des § 4 Abs 4 SGB VII. In einem Haushalt ist tätig, wer die Mahlzeiten beschafft und zubereitet, die Kleidung pflegt, die Betreuung und Pflege der zur häuslichen Gemeinschaft gehörenden Personen übernimmt sowie die Wohnräume in Stand hält (Riebel in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 4 RdNr 54). Die Aufarbeitung von Brennholz im Wald dient zwar dem späteren Verbrauch des Holzes im Haushalt, sie ist aber keine solche "in" einem Haushalt. Sie ist auch nicht mit den Tätigkeiten vergleichbar, die - wie die Genannten - typischerweise im Haushalt anfallen und die innerhalb des Hauses erledigt werden.

55

b) Zweifelhaft erscheint, ob die Versicherung gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII ausgeschlossen ist, weil er nicht wie ein Beschäftigter, sondern im Rahmen der verwandtschaftlichen Beziehungen zu seinem Vater und seinem Onkel tätig geworden ist.

56

Nach § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB VII ist jede Verrichtung versichert, die einer Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist(BSG vom 15.6.2010 - B 2 U 12/09 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 15, RdNr 22). § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII erfasst tatbestandlich Tätigkeiten, die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln. Es muss ebenfalls eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet werden, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte und regelmäßig verrichtet wird, die in einem fremden Unternehmen dafür eingestellt sind (vgl BSG vom 31.5.2005 - B 2 U 35/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 5; BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6; BSG vom 13.9.2005 - B 2 U 6/05 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 7 RdNr 14 mwN).

57

Eine der Ausübung einer Beschäftigung ähnliche Tätigkeit kann uU zu verneinen sein, wenn die Verrichtung wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt. Eine "Sonderbeziehung" liegt vor bei Verwandtschaft oder bei einer Gefälligkeit für Bekannte bzw Freunde. Jedoch sind auch dann, wenn eine solche "Sonderbeziehung" besteht, alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Dabei kann sich ergeben, dass die konkrete Verrichtung außerhalb dessen liegt, was für enge Verwandte, Freunde oder Bekannte getan wird, oder nicht wegen der Sonderbeziehung vorgenommen wird. Dann kann sie den Tatbestand der "Wie-Beschäftigung" erfüllen.

58

Die rechtliche Qualifikation der Verrichtung des Beigeladenen als solche "wie ein Beschäftigter" dürfte hier nicht allein daran scheitern, dass sie für Verwandte verrichtet wurde. Jedenfalls schuldete der Beigeladene Verrichtungen in dem hier fraglichen Umfang weder als Beistand und Unterstützung nach § 1618a BGB(aktive Unterstützung zB im Alltag, bei Krankheit oder Not; vgl Schwer in jurisPK-BGB § 1618a RdNr 5) noch als Dienstleistung im Hauswesen der Eltern nach § 1619 BGB(räumlich abgrenzbarer Bereich, in dem das Familienleben stattfindet, insbesondere Haus und Garten; vgl Schwer aaO § 1619 RdNr 11). Die hier zu beurteilende Verrichtung könnte auch über den Umfang dessen hinausgehen, was aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen üblicherweise erwartet und geleistet wird (vgl auch BSG vom 30.4.1991 - 2 RU 78/90; BSG vom 21.8.1991 - 2 RU 2/91).

59

c) Auch in diesem Zusammenhang wird zu beachten sein, dass die Beklagte (und das Gericht ihr gegenüber) einen Versicherungsfall im Rahmen ihrer Zuständigkeit nur feststellen kann, wenn der Beigeladene wie ein Beschäftigter "in einem Haushalt" tätig war (§§ 129 Abs 1 Nr 2, 133 Abs 1 SGB VII). Denn verbandszuständig für die Entschädigung von Unfällen nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII ist der Versicherungsträger, dessen Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit gedient hat(§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Wenn der Beigeladene den Unfall bei einer Tätigkeit wie ein im Haushalt Beschäftigter erlitten hätte, wäre die Beklagte zuständig. Wenn der Beigeladene wie ein Beschäftigter in der Land- oder Forstwirtschaft tätig geworden sein sollte, wäre die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft der verbandszuständige Träger (s o).

60

Da die für eine abschließende Entscheidung dieser Fragen notwendigen Feststellungen fehlen, war das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

61

Das LSG hat mit der zu treffenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,
4.
diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.

(2) Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.

(3) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/03 Verkündet am:
20. April 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein Zivilrechtsstreit ist nach § 108 Abs. 2 SGB VII von Amts wegen auszusetzen,
wenn entscheidungserheblich ist, ob der Geschädigte zu den nach § 2 SGB VII
versicherten Personen gehört.

b) Zur Beteiligung am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nach § 12 Abs. 2
BGH, Urteil vom 20. April 2004 - VI ZR 189/03 - OLG München
LG Traunstein
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. April 2003 aufgehoben. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz für ihren immateriellen und materiellen Schaden aus einem Reitunfall vom 11. Juni 2001. Sie hatte auf Bitten der Beklagten eines von deren Pferden im Gelände geritten und ist hierbei gestürzt, wobei sie eine Luxationsfraktur des 3. und 4. Halswirbelkörpers erlitt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist durch das angefochtene Urteil vom 30. April 2003 zurückgewiesen worden, weil eine Haftung der Beklagten nach § 104 SGB VII ausgeschlossen sei. Mit Bescheid vom 23. September 2003 wies auch die Bayerische Landesunfallkasse Ansprüche der Klägerin zurück, weil kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Bayerischen Landesunfallkasse vom 1. Dezember 2003 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht erhoben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Tierhalterhaftung nach §§ 833, 847 a.F. BGB aufgrund der Haftungsbefreiung nach § 104 SGB VII aus. Die Klägerin sei für die Beklagte wie eine Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig gewesen, da sie eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt habe. Die Handlungstendenz der Klägerin sei in erster Linie dahin gegangen , den Zwecken der Beklagten zu dienen. Bei der von ihr für die Beklagte am Unfalltag übernommenen Tätigkeit handele es sich um eine typische von der Halterin des Pferdes zu erfüllende Aufgabe. Eine solche werde auf dem Arbeitsmarkt auch von Reitbetrieben bzw. durch von Pferdehaltern beschäftigte Pferdepfleger mit entsprechendem Aufgabenbereich und Bereitern im Interesse der Halter der Tiere ausgeübt. Das Ausreiten könne deshalb nach den Umständen am Unfalltag nicht lediglich einer reitsportlichen Betätigung im Rahmen ei-
ner gegenseitigen reitsportlichen Gefälligkeit zugeordnet werden. Maßgebend sei das Interesse der Beklagten als Halterin eines Pferdes gewesen, diesem die notwendige Bewegung zu verschaffen.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 SGB VII nicht beachtet hat. Nach dieser Vorschrift sind Gerichte außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit bei Entscheidungen über die in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Ansprüche u.a. hinsichtlich der Frage, ob ein Versicherungsfall vorliegt, an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte gebunden. Nach § 108 Abs. 2 SGB VII hat das Gericht sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt es dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, durch eine Bindung von Gerichten außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit an Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte divergierende Beurteilungen zu vermeiden und damit eine einheitliche Bewertung der unfallversicherungsrechtlichen Kriterien zu gewährleisten (vgl. Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, 4. Aufl., Stand: Oktober 2003, § 108 Rdn. 1; Seewald, SGb 1998, 281). Deshalb steht die Aussetzung nicht im Ermessen des Gerichts.
Bereits zu der früheren Gesetzeslage, die insoweit keine ausdrückliche Anordnung enthielt, hatte der erkennende Senat im Hinblick auf den Zweck und die Gesetzesgeschichte der §§ 637 ff. RVO ein gebundenes Ermessen angenommen , das dem Richter die Aussetzung nach § 148 ZPO bis zum Vorliegen einer endgültigen Entscheidung der Sozialbehörden oder -gerichte zur Pflicht machte (vgl. BGHZ 129, 195, 202 f.). Darüber hinaus sind nach der Rechtsprechung des Senats bindende Entscheidungen über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Verfahren der gesetzlichen Unfallversicherung oder der Sozialgerichtsbarkeit auch zu berücksichtigen, wenn sie – wie hier - erst nach Einlegung der Revision ergehen. Eine solche Entscheidung bindet die Zivilgerichte, um in dieser Frage den Vorrang jener fremden Verfahrenszuständigkeiten vor der Zivilgerichtsbarkeit sicherzustellen; damit betrifft sie die Grenzen der Sachprüfung auch für das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 1993 - VI ZR 158/93 - VersR 1993, 1540, 1541 und vom 24. Juni 1980 - VI ZR 106/79 - VersR 1980, 822). Diesen Erfordernissen trägt nunmehr § 108 SGB VII ausdrücklich Rechnung. Wird diese Vorschrift nicht beachtet, kann dies zu Ergebnissen führen, die das Vertrauen in die Rechtsprechung erschüttern, wenn – wie hier – zwischen dem Zivilgericht und den Unfallversicherungsträgern unterschiedliche Auffassungen über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls bestehen und der Geschädigte deshalb weder Schadensersatz noch eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zugesprochen erhält. Um dies zu vermeiden, ist in einem solchen Fall eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung der Sozialversicherungsträger oder der Sozialgerichte erforderlich. Das Berufungsurteil ist daher schon deswegen aufzuheben, weil das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 SGB VII nicht beachtet hat.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren auch zu prüfen haben, ob die Beklagte am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren beteiligt wurde. Nach § 12 Abs. 2 SGB X ist nämlich ein Dritter auf Antrag als Beteiligter zu diesem Verfahren hinzuzuziehen, wenn dessen Ausgang für ihn rechtsgestaltende Wirkung hat; soweit er der Behörde bekannt ist, hat sie ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Wurde die Beklagte an dem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nicht in der gebotenen Weise beteiligt, wäre dieses mit einem Fehler behaftet, der dazu führen kann, daß die Entscheidungen im sozialversicherungsrechtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren ihr gegenüber nicht bindend wären. Gemäß § 108 SGB VII kann daher eine Entscheidung des Berufungsgerichts grundsätzlich erst ergehen, wenn auch gegenüber der Beklagten , die sich auf einen Haftungsausschluß beruft, ein bestandskräftiger Bescheid des Unfallversicherungsträgers vorliegt (vgl. BGHZ 129, 195, 200 ff.; BSGE 55, 160, 162 f.; vgl. auch Frahm, VersR 1995, 1002). Das Berufungsgericht wird dies gegebenenfalls klären müssen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
9
a) Der Kläger war im Unfallzeitpunkt Versicherter der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies steht mit Bindungswirkung nach § 108 Abs. 1 SGB VII aufgrund des Bescheids vom 13. April 2004 fest, mit dem die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anerkannt hat. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Mit der Einordnung als Arbeitsunfall und damit als Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1 SGB VII) in einem unanfechtbaren Bescheid der Unfallversicherungsträger ist deshalb für das Zivilverfahren auch bindend entschieden, dass der Geschädigte "Versicherter" der gesetzlichen Unfallversicherung war (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 195, 198; 166, 42, 44; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - VersR 2006, 416, 418; vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06 - VersR 2007, 1131, 1132 und vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07 - z.V.b.; Henssler /Willemsen/Kalb-Giesen, Arbeitsrecht Kommentar, 2. Aufl., § 108 SGB VII, Rn. 4; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Rolfs, 8. Aufl., § 108 SGB VII, Rn. 2; Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung, 4. Aufl., Stand: 2007, § 108 SGB VII, Rn. 7; Wannagat/Waltermann, Sozialgesetzbuch, Stand: 15. Erg. Lieferg. 2007, § 108 SGB VII, Rn. 4; Schmitt, SGB VII, 3. Aufl., § 108, Rn. 6; Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, 2005, § 38 II 7 [S. 627]; BereiterHahn /Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl., Stand: 2007, § 108 SGB VII, Rn. 6; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 165. Lieferg. 2007, § 108 SGB VII, Rn. 10; Krasney, NZS 2004, 68, 72). Die Anerkennung als Arbeitsunfall im Bescheid vom 13. April 2004 wurde unabhängig von der Notwendigkeit, die Beklagten nach § 12 Abs. 2 SGB X zu dem Verfahren hinzuzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06 - VersR 2008, 255, 256), auch diesen gegenüber unanfechtbar, da sie in ihrer Rechtsstellung dadurch nicht nachteilig betroffen wurden (vgl. OLG Hamm, VersR 2000, 602; OLG Zweibrücken, SP 2002, 127). Eigene Feststellungen zur Versicherteneigenschaft des Klägers im Unfallzeitpunkt hatte das Berufungsgericht folglich entgegen der Auffassung der Revision angesichts der vom Zivilgericht von Amts wegen zu beachtenden (vgl. Senatsurteile vom 12. Juni 2007 - VI ZR 70/06 - aaO und vom 20. November 2007 - VI ZR 244/06 - aaO) Bindungswirkung nach § 108 Abs. 1 SGB VII nicht zu treffen.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

18
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , eine Haftungsbeschränkung der Beklagten nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses komme vorliegend nicht in Betracht.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

18
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , eine Haftungsbeschränkung der Beklagten nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses komme vorliegend nicht in Betracht.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Februar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von den beiden Beklagten die Erstattung von Zahlungen auf eine Geldbuße, die die Europäische Kommission gegen alle drei Parteien als Gesamtschuldner verhängt hat.

2

Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 2, die damals unter Arques Beteiligungsgesellschaft mbH firmierte. Mit Vertrag vom 30. August 2004 erwarb die Beklagte zu 2 sämtliche Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1, die damals unter SKW Stahl-Technik Verwaltungs-GmbH firmierte, sowie sämtliche Kommanditanteile an der SKW Stahl-Technik GmbH & Co. KG (nachfolgend: Kommanditgesellschaft), deren alleinige Komplementärin die Beklagte zu 1 war. Zum 31. Dezember 2004 trat die Beklagte zu 2 aus der Kommanditgesellschaft aus. Deren Vermögen ging dadurch ohne Liquidation auf die Beklagte zu 1 über.

3

Zum 25. Mai 2006 wurde die Beklagte zu 2 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Klägerin veräußerte in der Folgezeit ihre Anteile. Am 30. November 2006 hielt sie noch eine Beteiligung von 57%, zum 22. Juli 2007 schied sie vollständig aus.

4

Seit dem 22. April 2004 nahmen Beschäftigte der Beklagten zu 1 und der Kommanditgesellschaft an Kartellabsprachen zum Vertrieb von Calciumcarbid und seit dem 14. Juli 2005 an Absprachen zum Vertrieb von Magnesiumgranulat teil.

5

Mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 verhängte die Europäische Kommission (COMP/39.396, K(2009) 5791 endg - Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien) gegen die Klägerin und die Beklagten als Gesamtschuldner eine Geldbuße in Höhe von 13,3 Millionen Euro wegen einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens. Als Tatzeitraum stellte sie für die Beklagte zu 1 die Zeit von 22. April 2004 bis 16. Januar 2007 und für die Klägerin sowie die Beklagte zu 2 die Zeit von 30. August 2004 bis 16. Januar 2007 fest. Die Klägerin und die Beklagten erhoben gegen diese Entscheidungen jeweils Nichtigkeitsklage beim Gericht der Europäischen Union.

6

Die Klägerin zahlte - entsprechend dem Verlangen der Kommission - auf die Geldbuße und angefallene Zinsen insgesamt 6.798.012,49 Euro. Die Beklagten stellten der Kommission Bankgarantien in Höhe von insgesamt 6,7 Millionen Euro.

7

Die Klägerin begehrt - soweit noch von Bedeutung - von den Beklagten die vollständige Erstattung des von ihr gezahlten Betrags nebst Verzugszinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner weiter. Hilfsweise beantragt sie, die Beklagten jeweils zur Zahlung eines Drittels der Klagesumme zu verurteilen.

8

Während des Revisionsverfahrens hat das Gericht der Europäischen Union mit Urteilen vom 23. Januar 2014 (T-395/09, NZKart 2014, 106 - Gigaset, und T-384/09, NZKart 2014, 99 - SKW) auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin die gegen diese festgesetzte Geldbuße auf 12,3 Millionen Euro reduziert und die Nichtigkeitsklagen der Parteien im Übrigen abgewiesen. Die Beklagten haben dagegen Rechtsmittel zum Gerichtshof der Europäischen Union (C-154/14 P) eingelegt.

9

Mit Beschluss vom 9. Juli 2013 hat der Senat (KZR 15/12, WuW/E DE-R 3935 = NZKart 2013, 425 - Calciumcarbid-Kartell) dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zur internen Aufteilung einer gegen mehrere natürliche oder juristische Personen als Gesamtschuldner verhängten Geldbuße zur Vorabentscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 3. Juni 2014 hat der Senat das Ersuchen im Hinblick auf in der Zwischenzeit ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

11

A. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

12

Der Innenausgleich der Geldbuße unterliege - aufgrund konkludenter Rechtswahl und im Übrigen wegen Erwägungsgrund 30 zur Verordnung (EG) Nr. 1/2003 - deutschem Recht. Danach sei die Klage unabhängig vom Ausgang der Nichtigkeitsklagen unbegründet, weil die Klägerin verpflichtet sei, die Geldbuße im Innenverhältnis allein zu tragen. Die Grundregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet seien, komme in der hier zu beurteilenden Konstellation nicht zum Tragen. Es entspreche vielmehr der Billigkeit, denjenigen Gesamtschuldner zu belasten, dem die wirtschaftlichen Erfolge aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten zugeflossen seien. Dies sei hier die Klägerin. Etwaige Erlöse aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten seien entweder an sie ausgeschüttet worden oder hätten den Wert ihrer Geschäftsanteile beeinflusst. Ob das Kartell tatsächlich eine Rendite erzielt habe, sei unerheblich. Auf Verursachungs- oder Verschuldensbeiträge komme es nicht an. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden nicht, weil die Belastung mit der Geldbuße kein vom Schutzbereich der kartellrechtlichen Anspruchsgrundlagen erfasster Schaden sei und dem Vorbringen der Klägerin auch keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu entnehmen sei.

13

B. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

14

I. Allerdings war das Berufungsgericht nicht gehindert, darüber zu entscheiden, wie die Geldbuße im Verhältnis zwischen den Parteien aufzuteilen ist.

15

1. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) mittlerweile entschieden hat, ist die Kommission entgegen der Auffassung des Gerichts der Europäischen Union (im Folgenden: Gericht) weder verpflichtet noch befugt, die Anteile der Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu bestimmen (Urteile vom 10. April 2014 - C-231/11 P u.a., WuW/E EU-R 2970 = NZKart 2014, 177 Rn. 58 - Siemens Österreich; C-247/11 P u.a., WuW/E EU-R 2996 = NZKart 2014, 181 Rn. 151 - Areva). Vielmehr sind dazu erforderlichenfalls die nationalen Gerichte berufen (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 62, 67 - Siemens Österreich; WuW/E EU-R 2996 Rn. 152, 157 - Areva).

16

2. Der Gerichtshof hat hierbei abweichend von den Schlussanträgen des Generalanwalts (Schlussanträge vom 19. September 2013 - C-231/11 u.a., Rn. 54 f., 85 ff. - Siemens Österreich) nicht danach differenziert, ob alle Rechtsträger, gegen die die Geldbuße festgesetzt worden ist, weiterhin der wirtschaftlichen Einheit angehören, die die Zuwiderhandlung begangen hat, oder ob - wie im Streitfall - einer oder mehrere von ihnen ausgeschieden sind. Er hat vielmehr entschieden, dass der unionsrechtliche Grundsatz der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung nur für das Unternehmen gilt, dessen Zuwiderhandlung geahndet wird, nicht aber für die ihm angehörenden natürlichen oder juristischen Personen.

17

3. Einen Wechsel in der personellen Zusammensetzung des Unternehmens hat der Gerichtshof nur für den Fall als relevant angesehen, dass eine Gesellschaft während des Tatzeitraums nacheinander mehreren Unternehmen angehört und die gegen diese Unternehmen festgesetzten Geldbußen zusammengefasst werden. In solchen Fällen muss die Kommission für jedes Unternehmen individuell festlegen, in welcher Höhe sich die festgesetzte Geldbuße auf Zuwiderhandlungen bezieht, die diesem Unternehmen angelastet werden (EuGH, WuW/E EU-R 2996 Rn. 129 ff. - Areva).

18

Diesem Gesichtspunkt hat das Gericht dadurch Rechnung getragen, dass es die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße auf entsprechende Rüge hin um eine Million auf 12,3 Millionen Euro reduziert hat, weil die Klägerin die Beteiligung erst nach Beginn der Zuwiderhandlungen erworben hat (Urteil vom 23. Januar 2014 - T-395/09, NZKart 2014, 106 Rn. 152-192 - Gigaset). Die verbleibende Geldbuße bezieht sich ausschließlich auf Zuwiderhandlungen, die demselben Unternehmen angelastet werden.

19

4. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach juristische Personen, die im Zeitpunkt des Erlasses einer Geldbuße kein einheitliches Unternehmen mehr bilden, jeweils Anspruch auf individuelle Anwendung der Obergrenze von 10% des Umsatzes nach Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003 haben (dazu EuGH, Urteil vom 26. November 2013 - C-50/12 P, WuW/E EU-R 2886 = NZKart 2014, 138 Rn. 57 - Kendrion; EuG, Urteil vom 15. Juni 2005 - T-71/03 u.a. Rn. 390 - Tokai Carbon), führt im Streitfall ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

20

Diese Rechtsprechung betrifft das Außenverhältnis der Gesamtschuldner zur Kommission, nicht aber die hier zu beurteilenden Ansprüche auf internen Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern.

21

II. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für den Gesamtschuldnerausgleich das deutsche Recht maßgeblich ist.

22

1. Allerdings könnte die vom Berufungsgericht als ausschlaggebend angesehene Rechtswahl nicht zur Anwendung einzelstaatlichen Rechts anstelle von Unionsrecht führen.

23

Mit einer Rechtswahl können die Beteiligten lediglich die Anwendung ausländischen Rechts ausschließen, nicht aber die Anwendung des Unionsrechts, das in allen Mitgliedstaaten unmittelbar wirksam ist (BGH, WuW/E DE-R 3935 Rn. 22 - Calciumcarbid-Kartell; vgl. Nettesheim in Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU-Recht, Stand Aug. 2012, AEUV Art. 288 Rn. 101).

24

2. Die Anwendbarkeit einzelstaatlichen Rechts ergibt sich jedoch daraus, dass das Unionsrecht das Rechtsverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern einer durch die Kommission verhängten Geldbuße nicht regelt.

25

Wie der Gerichtshof entschieden hat, enthalten weder die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 noch das Unionsrecht im Allgemeinen Regeln zur Lösung eines Streitfalls, der die interne Aufteilung der Gesamtschuld betrifft. Insbesondere besteht keine unionsrechtliche Auffangregel, wonach die Gesamtschuldner einander im Zweifel zu gleichen Anteilen verpflichtet wären (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 61, 70 - Siemens Österreich). Vielmehr sind die Anteile der Gesamtschuldner einer Geldbuße unter Beachtung des Unionsrechts nach dem auf den Rechtsstreit anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 62, 67, 70 - Siemens Österreich; WuW/E EU-R 2996 Rn. 152 - Areva).

26

3. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht das deutsche Recht als maßgeblich angesehen.

27

Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Parteien hätten ihren Willen, das streitige Rechtsverhältnis der deutschen Rechtsordnung zu unterwerfen, hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, indem sie sich im Rechtsstreit auf deutsches Recht berufen hätten.

28

Diese Beurteilung wird von den Parteien nicht angegriffen. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

29

III. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin habe als frühere Obergesellschaft die Geldbuße im Innenverhältnis alleine zu tragen.

30

1. Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat, richtet sich der Ausgleich zwischen den Parteien nach § 426 Abs. 1 BGB.

31

Diese Vorschrift ist im Verhältnis zwischen Rechtsträgern des Privatrechts auch dann anwendbar, wenn die Verpflichtung im Außenverhältnis auf öffentlich-rechtlichen oder strafrechtlichen Grundlagen beruht (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Rn. 26; Urteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 250/04, NJW 2007, 2554 Rn. 14; Urteil vom 6. Dezember 1978 - IV ZR 82/77, BGHZ 73, 29, 37; Urteil vom 10. Juli 2014 - III ZR 441/13, NJW 2014, 2730 Rn. 20; Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, ZIP 2013, 409 Rn. 10; Urteil vom 1. Dezember 2003 - II ZR 202/01, WM 2004, 228, 229 mwN; Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 55 f.; BFHE 226, 391, 398; BVerwG, NJW 1993, 1667, 1668; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 426 Rn. 3; Staudinger/Looschelders, BGB, Neubearbeitung 2012, § 426 Rn. 275 f.). Dies gilt auch für den Fall der gesamtschuldnerischen Haftung für eine von der Europäischen Kommission festgesetzte Geldbuße.

32

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist für die Höhe der von den einzelnen Gesamtschuldnern zu tragenden Anteile nicht allein die Stellung der Klägerin als Obergesellschaft von Bedeutung. Die Ausgleichsansprüche sind vielmehr anhand der Umstände des Einzelfalls zu bemessen, insbesondere anhand der individuellen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Beteiligten sowie anhand der für die Bemessung der Geldbuße maßgeblichen Tatsachen.

33

a) Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne kann sich aus einer (auch stillschweigenden) Vereinbarung der Beteiligten (BGH, Urteil vom 21. Juli 2010 - XII ZR 104/08, NJW-RR 2010, 1513 Rn. 14 ff.; Urteil vom 14. Juli 1983 - IX ZR 40/82, BGHZ 88, 185, 190), aus sonstigen zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehungen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2010 - XII ZR 53/08, NJW 2010, 868 Rn. 10), aus besonderen gesetzlichen Regeln (MünchKommBGB/Bydlinski, 6. Auflage, § 426 Rn. 21 mwN) oder aus der Natur der Sache und den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben (BGH, NJW 2010, 868 Rn. 9, 11; Urteil vom 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, NJW 1992, 2286, 2287;siehe dazu insgesamt Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 426 Rn. 9 ff.).

34

b) Im Streitfall ergibt sich die Höhe der Ausgleichspflicht nicht aus Vereinbarungen zwischen den Parteien.

35

aa) Nach den vom Bundesgerichtshof zu § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelten Grundsätzen können Ausgleichsansprüche einer Obergesellschaft ausgeschlossen sein, wenn mit der anderen Gesellschaft ein Gewinnabführungsvertrag besteht, aufgrund dessen die Belastung im Ergebnis stets bei der Obergesellschaft verbleibt - sei es aufgrund einer Pflicht zum Ausgleich eines Fehlbetrags (§ 302 AktG), sei es, weil eine Ausgleichszahlung den abzuführenden Gewinn mindert (BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, ZIP 2013, 409 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2003 - II ZR 202/01, WM 2004, 228, 229; vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 55 f.; siehe auch Klahold/Kremer, ZGR 2010, 113, 122).

36

bb) Diese Grundsätze sind in der hier zu beurteilenden Konstellation anwendbar.

37

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht der Sanktionszweck einer wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV festgesetzten Geldbuße einer privatautonomen Regelung der Haftung der Gesamtschuldner im Innenverhältnis nicht entgegen (vgl. EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 62 - Siemens Österreich; WuW/E EU-R 2996 Rn. 152, 157 - Areva). Demgemäß steht es den betroffenen Gesamtschuldnern frei, vor oder nach Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses Vereinbarungen über die Ausgleichspflicht zu schließen.

38

cc) Ob eine Ausgleichspflicht nach diesen Grundsätzen auch dann ausgeschlossen ist, wenn ein bestehender Gewinnabführungsvertrag vor der Festsetzung des Bußgelds beendet worden ist (vgl. dazu Lüdeke/Skala, BB 2004, 1436, 1337 f.; Paschos in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2. Auflage, AktG § 302 Rn. 7, 10), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

39

Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nicht, dass die Klägerin mit einer der Beklagten einen Gewinnabführungsvertrag oder eine sonstige Vereinbarung geschlossen hat, die Auswirkungen auf den Gesamtschuldnerausgleich haben könnte.

40

c) Mangels einer vertraglichen Vereinbarung sind die Ausgleichsansprüche anhand der Umstände des Einzelfalls zu bemessen, insbesondere anhand der individuellen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Beteiligten sowie anhand der für die Bemessung der Geldbuße maßgeblichen Tatsachen.

41

aa) Bei einer Haftung auf Schadensersatz bestimmt sich das Innenverhältnis der Gesamtschuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 1 BGB regelmäßig danach, inwieweit die einzelnen Gesamtschuldner zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maß sie ein Verschulden trifft (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - III ZR 441/13, NJW 2014, 2730 Rn. 21; Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, NJW 2011, 292 Rn. 9; Beschluss vom 9. Juni 2008 - II ZR 268/07, NJW-RR 2009, 49 Rn. 2; Urteil vom 9. März 1965 - VI ZR 218/63, BGHZ 43, 178, 187; MünchKommBGB/Bydlinski, 6. Auflage, § 426 Rn. 21).

42

bb) Diese Gesichtspunkte sind auch in der hier zu beurteilenden Konstellation relevant.

43

(1) Die Haftung eines Unternehmens für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV ist mit einer Schadensersatzhaftung für schuldhaftes Handeln vergleichbar, weil sie gemäß Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003 eine vorsätzliche oder fahrlässige Beteiligung des betreffenden Unternehmens voraussetzt. Schon dies legt es nahe, die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der an dem Verstoß beteiligten Unternehmen auch in diesem Zusammenhang bei der Bemessung der Ausgleichsansprüche zu berücksichtigen.

44

(2) Eine Berücksichtigung dieser Umstände erscheint zudem deshalb folgerichtig, weil insbesondere die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung sowie Umstände, die die Schuld mindern oder erschweren, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (dazu insgesamt EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - C-389/10 P, WuW/E EU-R 2213 Rn. 58 ff., 122 ff. - KME; vgl. auch EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 52 f. - Siemens Österreich; Nowak in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Auflage, VO 1/2003/EG, Art. 23 Rn. 36 mwN) auch für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung sind.

45

Die Heranziehung dieser Umstände im Rahmen des internen Gesamtschuldnerausgleichs stellt sicher, dass die Geldbuße gerade auch für unmittelbar am Geschehen beteiligte Gesellschaften eine wirksame und bleibende Sanktion darstellt (vgl. Aberle, Sanktionsdurchgriff und wirtschaftliche Einheit im deutschen und europäischen Kartellrecht, S. 139). Sie steht deshalb in Einklang mit dem Zweck der festgesetzten Sanktion.

46

(3) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und des Landgerichts kann aus dem unionsrechtlichen Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit in Verbindung mit der gesamtschuldnerischen Haftung einer Obergesellschaft für eine Geldbuße nicht hergeleitet werden, dass diese im Innenverhältnis stets die alleinige Verantwortung für das Handeln aller im Unternehmen beschäftigten Personen treffen muss.

47

Der Gerichtshof hat klargestellt, dass das Unionsrecht der internen Aufteilung einer Geldbuße unter Berücksichtigung der Verantwortung oder relativen Schuld der einzelnen Gesellschaften nicht entgegensteht (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 71 - Siemens Österreich). Der Gerichtshof hat zudem ausgeführt, eine Gesamtschuld lasse sich nicht auf eine Form von Bürgschaft reduzieren, die eine Obergesellschaft leiste, um die Zahlung der gegen eine abhängige Gesellschaft verhängten Geldbuße zu garantieren (EuGH, WuW/E EU-R 2886 Rn. 56 - Kendrion; Urteil vom 19. Juni 2014 - C-243/12 P, NZKart 2014, 321 Rn. 107 - FLS Plast). Vielmehr sei die Muttergesellschaft so anzusehen, als habe sie selbst die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht begangen (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 46 f. - Siemens Österreich). Daraus ist einerseits zu entnehmen, dass eine Obergesellschaft nicht stets und ohne weiteres zum Ausgleich in voller Höhe berechtigt ist. Andererseits kann aber auch eine abhängige Gesellschaft nicht stets und ohne weiteres als lediglich sekundär im Außenverhältnis haftende Schuldnerin angesehen werden, gegen die der Obergesellschaft im Innenverhältnis keine Ausgleichsansprüche zustehen.

48

(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Berücksichtigung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge nicht entgegen, dass die Kommission diese Kriterien bei der Auswahl der einzelnen Gesamtschuldner nicht heranzieht.

49

Die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Gesellschaften hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter anderem zur Folge, dass sich der erforderliche Ermittlungsaufwand für die Kommission verringert. Diese braucht eine persönliche Beteiligung von Vertretern der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung nicht nachzuweisen (EuGH, Urteil vom 10. September 2009 - C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237 = WuW/E EU-R 1639 Rn. 59 f. - Akzo Nobel; Urteil vom 20. Januar 2011 - C-90/09 P, WuW/E EU-R 1899 Rn. 38 f. - General Química) und ist auch nicht verpflichtet, vorrangig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Zurechnung der Zuwiderhandlung zur Muttergesellschaft erfüllt sind (EuGH, Urteil vom 24. September 2009 - C-125/07 P u.a., Slg. 2009, I-8681 = WuW/E EU-R 1633 Rn. 82 - Erste Group Bank).

50

Dieser Aspekt betrifft lediglich die Haftung im Außenverhältnis. Wenn feststeht, dass ein Unternehmen eine Geldbuße in bestimmter Höhe verwirkt hat, ist es im Wesentlichen eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob die Kommission diese Geldbuße nur gegen eine der zum Unternehmen gehörenden Gesellschaften festsetzt oder ob sie weitere Gesellschaften als Gesamtschuldner heranzieht. Sofern der festgesetzte Betrag von den Adressaten der Bußgeldentscheidung beigetrieben werden kann, ist es im Ergebnis bedeutungslos, ob wegen desselben Betrags noch weitere Schuldner zur Verfügung stünden.

51

Auf den internen Ausgleich unter mehreren Gesamtschuldnern lassen sich diese Erwägungen nicht übertragen. Zwar mag es innerhalb eines Konzerns in Einzelfällen ebenfalls nur eine Frage der Zweckmäßigkeit sein, welchen Anteil die einzelnen in Anspruch genommenen Gesellschaften im Ergebnis zu tragen haben. Zumindest in einer Konstellation, wie sie dem Streitfall zugrunde liegt, ist dies indes nicht der Fall. Jedenfalls in solchen Konstellationen muss der Ausgleich anhand von inhaltlichen Kriterien vorgenommen werden.

52

Das Ziel, einen hohen Ermittlungsaufwand für die Kommission zu vermeiden, steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil die Kommission für die Entscheidung über interne Ausgleichsansprüche nicht zuständig ist. Die zur Entscheidung berufenen Gerichte der Mitgliedstaaten sind demgegenüber auch in anderen Fällen des Gesamtschuldnerausgleichs gehalten, die dafür relevanten Tatsachen festzustellen.

53

(5) Entgegen der Auffassung des Bundeskartellamts gebietet der Zweck des Kartellverbots und der Bußgeldfestsetzung nicht, in Abweichung von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB unabhängig von den sonstigen Umständen des jeweiligen Einzelfalls stets eine Aufteilung nach Kopfteilen vorzunehmen.

54

Im Interesse einer effektiven Durchsetzung des Kartellverbots mag es zwar häufig geboten sein, keiner der von einer Bußgeldentscheidung betroffenen natürlichen oder juristischen Personen eine vollständige Abwälzung ihrer finanziellen Belastung auf die übrigen Gesamtschuldner zu ermöglichen. Zur Erreichung dieses Zwecks ist eine starre Aufteilung nach Kopfteilen ohne Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Einzelfalls aber weder geeignet noch erforderlich.

55

Die Frage, ob die interne Verteilung des Bußgelds mit dem Ziel einer effektiven Durchsetzung des Kartellverbots in Einklang steht, kann nicht unabhängig vom Einzelfall beurteilt werden. Ihre Beurteilung kann vielmehr ebenfalls davon abhängen, welche Verursachungs- und Verschuldensbeiträge den einzelnen Gesamtschuldnern zur Last fallen und welche Faktoren für die Bemessung des Bußgeldes von Bedeutung waren. Eine starre Verteilung, die unabhängig von den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles jedem Gesamtschuldner denselben Anteil zuweist, könnte diesen Anforderungen nicht gerecht werden. Die Anwendung des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ermöglicht demgegenüber auch unter diesem Aspekt eine angemessene und den Umständen des jeweiligen Einzelfalles Rechnung tragende Verteilung.

56

cc) Soweit sich der Gesamtschuldnerausgleich nach den Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen bestimmt, kann auch von Bedeutung sein, welcher Art die Tatbeiträge der einzelnen Gesellschaften waren.

57

Nach allgemeinen Grundsätzen tritt die bloße Verletzung einer Aufsichtspflicht in der Abwägung regelmäßig hinter dem unmittelbaren und schuldhaften Verursachungsbeitrag des zu beaufsichtigenden Gesamtschuldners zurück. Wer eigenverantwortlich eine ihm obliegende Pflicht verletzt, kann sich im Innenverhältnis nach Treu und Glauben grundsätzlich nicht darauf berufen, bei der Erfüllung eben dieser Pflicht nicht genügend überwacht worden zu sein (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - VI ZR 366/03, NJW 2005, 2309, 2310; Urteil vom 22. April 1980 - VI ZR 134/78, NJW 1980, 2348, 2349; Urteil vom 16. Februar 1971 - VI ZR 125/69, NJW 1971, 752, 753; MünchKommBGB/Bydlinski, 6. Auflage, § 426 Rn. 22; zu möglichen Ausnahmen vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 1965 - GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 235).

58

Diese Grundsätze sind in der hier zu beurteilenden Konstellation ebenfalls heranzuziehen. Eine Gesellschaft, die in eigener Verantwortung Zuwiderhandlungen gegen Wettbewerbsvorschriften begeht, handelt in der Regel treuwidrig, wenn sie einer mit ihrer Aufsicht betrauten Gesellschaft vorwirft, sie bei der Einhaltung dieser Vorschriften nicht genügend beaufsichtigt zu haben.

59

dd) Zu den nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Umständen gehört ferner der wirtschaftliche Erfolg, den die einzelnen Gesamtschuldner aufgrund der Zuwiderhandlung erzielt haben.

60

(1) Dies gilt insbesondere, soweit die Geldbuße zur Abschöpfung verbotswidrig erwirtschafteter Vorteile dient, was nach Nr. 31 der Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006 C 210/02; dazu Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, VO (EG) 1/2003, Art. 23 Rn. 224 mwN) möglich ist, wovon die Kommission aber nicht in jedem Fall Gebrauch macht (vgl. BFHE 243, 493 Rn. 33 ff.).

61

Derjenige Teil einer Geldbuße, der ausschließlich ein Äquivalent zu dem von einer Gesellschaft aufgrund der Tat erzielten Erlös darstellt, ist entsprechend dem Zweck der Sanktion im Innenverhältnis grundsätzlich von demjenigen Gesamtschuldner zu tragen, dem der Erlös ohne die Sanktionierung verblieben wäre (vgl. OLG Hamm, NJW 2002, 1054; OLG Bamberg, OLGR 2002, 162, 163 f.; siehe auch OLG Stuttgart, NJW-RR 1994, 876, 877).

62

(2) Aber auch insoweit, als die festgesetzte Geldbuße nicht der Abschöpfung dient, kann der aufgrund der Zuwiderhandlung erzielte Erlös beim Gesamtschuldnerausgleich von Bedeutung sein.

63

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat die Festsetzung von Geldbußen den Zweck, unerlaubte Verhaltensweisen zu ahnden und künftigen Zuwiderhandlungen durch Abschreckung vorzubeugen (EuGH, Urteil vom 17. Juni 2010 - C-413/08 P, Slg. 2010, I-5406 Rn. 102 - Lafarge mwN; siehe auch EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 59 - Siemens Österreich; WuW/E EU-R 2996 Rn. 132 - Areva). Die Kommission kann bei einer an der Schwere der Zuwiderhandlung orientierten Bemessung der Geldbuße daher auch den Gewinn, den das Unternehmen aus diesen Vereinbarungen oder Verhaltensweisen ziehen konnte, in ihre Erwägungen einbeziehen, weil dies die abschreckende Wirkung der Geldbuße gewährleistet (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Juni 2005 - C-189/02 P u.a., Slg 2005, I-5488 = WuW/E EU-R 913 Rn. 242, 260, 292 mwN - Dansk Rørindustri, WuW/E EU-R 2970 Rn. 53 - Siemens Österreich).

64

Angesichts dessen ist es folgerichtig, diesem Umstand auch beim Gesamtschuldnerausgleich Bedeutung zuzumessen. Dies gilt auch dann, wenn die Kommission die Höhe der Geldbuße nicht mit entstandenen Gewinnen begründet hat. Die Berücksichtigung der Gewinnzuordnung fördert auch in dieser Konstellation den Abschreckungszweck der Geldbuße (Köhler, WRP 2011, 277, 282, 284). Sie hat insbesondere zur Folge, dass keine der beteiligten Gesellschaften darauf vertrauen kann, Vermögensvorteile, die sie aufgrund von Zuwiderhandlungen einer mit ihr verbundenen Gesellschaft erlangt hat, ungeachtet einer festgesetzten Geldbuße behalten zu können.

65

In dieser Konstellation dürfte es aber allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht kommen, einem einzelnen Gesamtschuldner intern die volle Haftung zuzuweisen. Die erzielten Vermögensvorteile bilden in der Regel nur einen von mehreren Aspekten, die für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung sind. Angesichts dessen ist es in aller Regel verfehlt, diesen einzelnen Gesichtspunkt beim internen Ausgleich als allein ausschlaggebend zu behandeln. Dies gilt umso mehr in Fällen, in denen eine konkrete Zuordnung erlangter Vermögensvorteile nicht möglich ist - etwa deshalb, weil die Vorteile nicht bezifferbar sind oder weil aufgrund der Art und Weise, in der die beteiligten Gesellschaften bei der Zuwiderhandlung zusammengewirkt haben, nicht zu ermitteln ist, welchem der Gesamtschuldner sie in welcher Höhe zugeflossen sind.

66

ee) Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung sind in der Regel ferner die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die tatbefangenen Umsätze der einzelnen Gesellschaften zu berücksichtigen.

67

(1) Dies ist schon deshalb geboten, weil eine Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 5 VO (EG) Nr. 1/2003 einen Betrag von 10% des Gesamtumsatzes in dem der Entscheidung der Kommission vorausgegangenen Geschäftsjahr nicht überschreiten darf.

68

Diese Grenze bezieht sich nach den genannten Vorschriften zwar auf das betroffene Unternehmen bzw. die betroffene Unternehmensvereinigung insgesamt. Beim Gesamtschuldnerausgleich ist sie jedoch nach Sinn und Zweck des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für die zum Unternehmen gehörenden Gesellschaften heranzuziehen.

69

Die umsatzabhängigen Bußgeldobergrenzen des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 sollen gewährleisten, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zur Größe des betroffenen Unternehmens stehen (Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, VO EG 1/2003, Art. 23 Rn. 114). Eine vergleichbare Interessenlage besteht auch beim Innenausgleich zwischen den zum Unternehmen gehörenden und als Gesamtschuldner in Anspruch genommenen Gesellschaften. Ansonsten könnte eine einzelne Gesellschaft, auf die nur ein geringer Anteil der für die Bemessung der Geldbuße im Außenverhältnis maßgeblichen Umsätze entfällt, die aber an der Zuwiderhandlung an führender Stelle beteiligt war, mit einer Ausgleichsforderung konfrontiert werden, die außer Verhältnis zu ihrer Größe steht oder sogar ihre Existenz bedroht.

70

Wenn es bereits vor der Ahndung der Zuwiderhandlung zu einer Aufspaltung des Unternehmens kommt, ist diesem Aspekt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dadurch Rechnung zu tragen, dass die umsatzbezogene Obergrenze bereits im Außenverhältnis gegenüber jeder in Anspruch genommenen juristischen Person individuell zu berechnen ist (EuGH, WuW/E EU-R 2886 Rn. 57 - Kendrion; ebenso bereits EuG, Urteil vom 15. Juni 2005 - T-71/03 u.a. Rn. 390 - Tokai Carbon). Für den Fall, dass die Aufspaltung erst nach der Festsetzung der Geldbuße erfolgt, kann für die Verteilung im Innenverhältnis nichts anderes gelten.

71

(2) Unabhängig davon, ob die Obergrenzen des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 erreicht werden, sind ferner das Verhältnis der Umsätze und die jeweilige wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gesamtschuldner für den Binnenmarkt zu berücksichtigen.

72

Die Größe des Unternehmens, der Wert der betroffenen Waren und die Gefahren, die die Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union begründen, sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 53 mwN - Siemens Österreich) für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung. Die Finanzkraft des Unternehmens ist insbesondere auch dafür maßgeblich, welche Höhe die Geldbuße annehmen muss, um für das Unternehmen abschreckend zu wirken (Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, VO (EG) 1/2003, Art. 23 Rn. 117 f. mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - KRB 20/12, BGHSt 58, 158 = WuW/E DE-R 3861 Rn. 70 - Grauzementkartell; siehe auch Kommission, Leitlinien, aaO Nr. 4, 30).

73

Blieben diese Aspekte beim internen Ausgleich unberücksichtigt, so könnte die festgesetzte Sanktion zumindest für einzelne Gesamtschuldner ihren Zweck verfehlen. Dies stünde in Widerspruch zu den Zielen der Geldbuße.

74

(3) Ebenfalls von Bedeutung sind die Beiträge der einzelnen Gesamtschuldner zum Umfang der relevanten Marktbeteiligung des Unternehmens.

75

Dies gilt namentlich in Fällen, in denen gemäß den Leitlinien der Kommission (aaO Nr. 5 f., 12 f.) die Größenordnung der Geldbuße durch einen Grundbetrag bestimmt wird, in den der Wert der auf dem räumlich relevanten Markt verkauften Waren oder Dienstleistungen einfließt, mit denen der Verstoß in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang steht. In solchen Fällen wäre es verfehlt, einer Gesellschaft, die zu den danach relevanten Umsätzen wenig oder nichts beigetragen hat, einen übermäßig hohen Anteil der Geldbuße zuzuweisen. Soweit sich dieser Aspekt auf die Bemessung der Geldbuße ausgewirkt hat, ist diese vielmehr zu entsprechenden Anteilen auf die Gesamtschuldner umzulegen.

76

Dies entspricht den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof zum Innenausgleich zwischen einer Organgesellschaft und einem Organträger entwickelt hat, die als Gemeinschuldner für die Umsatzsteuer haften. In solchen Fällen ist - dem Verursachungsprinzip folgend - für den Gesamtschuldnerausgleich daran anzuknüpfen, ob und in welchem Umfang die Steuerschuld aus dem Gewerbebetrieb der Organgesellschaft oder aus demjenigen des Organträgers herrührt (BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, ZIP 2013, 409 Rn. 11, 20; Urteil vom 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221 Rn. 28, 36; Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 59; BFHE 226, 391, 398). In der hier zu beurteilenden Konstellation ist in entsprechender Weise daran anzuknüpfen, ob und in welchem Umfang die Umsätze der einzelnen Gesellschaften in die Bemessung der Geldbuße eingeflossen sind.

77

ff) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist es mit dem Zweck der Geldbuße nicht schlechthin unvereinbar, dass eine Obergesellschaft einen Teil der Haftung im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs auf eine abhängige Gesellschaft abwälzt.

78

Die insoweit auch vom Landgericht geäußerte Befürchtung, kartellanfällige Geschäfte könnten zur Vermeidung von Haftungsrisiken auf kapitalschwache Gesellschaften ausgelagert werden, ist schon deshalb unbegründet, weil sich das ausschlaggebende Haftungsrisiko aus dem Außenverhältnis ergibt. Soweit eine zum Unternehmen gehörende Gesellschaft finanziell nicht in der Lage ist, die Geldbuße zu bezahlen, verbleibt die Zahlungspflicht im wirtschaftlichen Ergebnis bei der als Gesamtschuldnerin mithaftenden Obergesellschaft. Unabhängig davon wirkt schon die entsprechende Anwendung der in Art 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003 normierten Obergrenzen einer die finanziellen Möglichkeiten übersteigenden Inanspruchnahme einzelner Gesellschaften entgegen.

79

Die vom Landgericht und vom Bundeskartellamt geäußerte Befürchtung, eine Obergesellschaft könnte sich der Haftung für Geldbußen im Ergebnis entziehen, indem sie ihre Anteile an einer abhängigen Gesellschaft, auf die ein Großteil der Haftung im Innenverhältnis entfällt, auf einen Dritten überträgt, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die Aufteilung der aus einer gesamtschuldnerischen Haftung für eine Geldbuße resultierenden Haftungsrisiken unterliegt im Falle einer Veräußerung der vertraglichen Regelung zwischen Veräußerer und Erwerber. Sofern die Risiken bekannt sind, bleibt es dem Erwerber unbenommen, diese bei seinem Kaufpreisangebot zu berücksichtigen oder sich Gewährleistungsrechte auszubedingen. Sofern die Risiken unbekannt sind oder vom Veräußerer verschwiegen werden, können dem Erwerber je nach Fallgestaltung Ansprüche wegen Leistungsstörung, Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen oder arglistiger Täuschung zustehen. Ob und in welchem Umfang solche Ansprüche im Veräußerungsvertrag ausgeschlossen werden, obliegt der Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber. Eine Modifikation des Gesamtschuldnerausgleichs zwischen der veräußernden und der veräußerten Gesellschaft ist daneben weder geboten noch systemgerecht.

80

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen halten die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen die Beklagten verneint hat, der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

81

a) Wie bereits ausgeführt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass zwischen der Klägerin und den Beklagten ein Unternehmensvertrag bestand, aufgrund dessen die Beklagten alle aus den Zuwiderhandlungen erzielten Gewinne an die Klägerin abgeführt haben. Im Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass eine Gewinnabführung auf vertraglicher Grundlage nicht stattgefunden hat.

82

b) Die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen zum wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin vermögen die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen.

83

aa) Den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, ob und in welcher Höhe ein kartellbedingter Mehrerlös oder sonstige Vorteile angefallen sind.

84

Das Berufungsgericht hat unterstellt, schon die Durchführung des Kartells habe eine sichere Gewinnerwartung begründet. Dies vermag die Feststellung konkret entstandener Vorteile nicht zu ersetzen.

85

Die Bildung und Durchführung eines Kartells sprechen zwar in der Regel dafür, dass den Beteiligten hieraus ein wirtschaftlicher Vorteil erwächst. Dies entbindet den Tatrichter aber nicht davon, Feststellungen dazu zu treffen, ob sich diese Erwartung im konkreten Fall verwirklicht hat.

86

bb) Unabhängig davon ermöglichen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht die Schlussfolgerung, dass eventuell entstandene Vorteile in vollem Umfang der Klägerin zuzuordnen sind.

87

Eine solche Zuordnung mag im Einzelfall auch ohne vollständige Gewinnabführung möglich sein. Der Umstand, dass der Wert der Beteiligung aufgrund der vom abhängigen Unternehmen erzielten Gewinne gestiegen ist, reicht dafür aber nicht aus. Soweit der interne Ausgleich an erzielte Vermögensvorteile anknüpft, ist es vielmehr geboten, die daraus resultierende Ausgleichspflicht derjenigen Gesellschaft aufzuerlegen, in deren Vermögen sich die Vorteile befinden. Eine Belastung der nur mittelbar, nämlich über den Wert ihrer Beteiligung profitierenden Obergesellschaft würde demgegenüber dazu führen, dass die eigentlich verantwortliche Gesellschaft den rechtswidrig erzielten Vorteil auf Dauer behalten darf. Eine Belastung der abhängigen Gesellschaft führt hingegen dazu, dass auch die Obergesellschaft mittelbar belastet wird, und zwar dadurch, dass der Wert der von ihr gehaltenen Beteiligung wieder entsprechend sinkt.

88

cc) Die Frage, ob die Klägerin eine mögliche Wertsteigerung durch die Veräußerung ihrer Anteile realisieren konnte, ist auch in diesem Zusammenhang unerheblich.

89

Wie bereits oben dargelegt wurde, sind Äquivalenzprobleme, die sich daraus ergeben, dass die veräußerte Gesellschaft mit Forderungen aus dem Gesamtschuldnerausgleich belastet ist, im Verhältnis zwischen der veräußernden Gesellschaft und dem Erwerber zu lösen. Auf den internen Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern hat die Veräußerung hingegen keine Auswirkung.

90

dd) Selbst wenn der Klägerin ein Teil der Vorteile zugeflossen wäre, dürfte zudem nicht außer Betracht bleiben, dass sie während eines Teils des in Rede stehenden Tatzeitraums nur 57% der Anteile an der Beklagten zu 2 gehalten hat. Schon dies lässt es eher fernliegend erscheinen, dass entstandene Vorteile in vollem Umfang an sie weitergereicht wurden.

91

ee) Der vom Berufungsgericht herangezogene Umstand, dass der Klägerin aufgrund der Konzernstruktur jedenfalls die Gewinnchancen zugeordnet waren, vermag die angefochtene Entscheidung ebenfalls nicht zu tragen.

92

Soweit die Erzielung von Kartellmehrerlösen oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteilen nicht festgestellt werden kann, mag es zulässig sein, auf die im Vorhinein bestehenden Gewinnaussichten abzustellen. Dieser Umstand bildet in aller Regel aber nur einen der in die gebotene Gesamtabwägung einzustellenden Faktoren und kann allenfalls in Ausnahmefällen eine alleinige Ausgleichspflicht eines der Gesamtschuldner begründen.

93

Im Streitfall erscheint eine alleinige oder mindestens hälftige Ausgleichspflicht der Klägerin zudem schon deshalb fernliegend, weil diese wie erwähnt nicht während des gesamten Tatzeitraums sämtliche Anteile an der Beklagten zu 2 gehalten hat.

94

C. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§ 561 ZPO).

95

1. Der Klageanspruch ist nicht wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin unbegründet.

96

a) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin kann nicht darin gesehen werden, dass sie die Entscheidung der Kommission angefochten hat, die Beklagten aber dennoch auf Ausgleich in Anspruch nimmt.

97

Ein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entsteht nicht erst mit Zahlung durch einen Gesamtschuldner, sondern schon mit der Entstehung der Gesamtschuld im Außenverhältnis. Ist die Schuld fällig, kann der mithaftende Gesamtschuldner schon vor Erbringung seiner eigenen Leistung von seinen Mitschuldnern verlangen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn von einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger freizustellen (BGH, Urteil vom 7. November 1985 - III ZR 142/84, NJW 1986, 978, 979; Urteil vom 15. Oktober 2007 - II ZR 136/06, NJW-RR 2008, 256 Rn. 14). Ob diese Freistellung durch Zahlung geschieht oder dadurch, dass die Zahlungspflicht durch Einlegung von Rechtsbehelfen abgewendet wird, bleibt, soweit es um den auf ihn entfallenden Anteil geht, jedem der zum Ausgleich verpflichteten Schuldner selbst überlassen. Soweit ein Gesamtschuldner mehr als den von ihm im Innenverhältnis geschuldeten Anteil an den Gläubiger zahlt, wandelt sich der ihm zustehende Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1985 - III ZR 90/84, NJW 1986, 1097; Beschluss vom 10. Dezember 2002 - X ARZ 208/02, BGHZ 153, 173, 175 f.).

98

b) Ob der Schuldner einer Geldbuße sich rechtsmissbräuchlich verhält, wenn er die übrigen Schuldner aufgrund einer von ihm erbrachten Zahlung in Regress nimmt, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte, die Zahlung durch Sicherheitsleistung abzuwenden (in diesem Sinne Köhler, WRP 2011, 277, 286), oder ob ein Schuldner schon wegen des damit verbundenen Zinsrisikos nicht gehalten ist, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen (vgl. dazu Kredel, BB 2013, 2644), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

99

Selbst wenn diese Frage grundsätzlich im zuerst genannten Sinne zu beantworten wäre, könnte das Begehren der Klägerin im Streitfall jedenfalls deshalb nicht (mehr) als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, weil die Entscheidung der Kommission ihr gegenüber inzwischen bestandskräftig ist. Dieser neue Umstand kann im Revisionsverfahren berücksichtigt werden, weil er unstreitig geblieben und eine Beeinträchtigung der Rechte der Beklagten nicht zu besorgen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 1992 - V ZR 192/91, NJW-RR 1992, 1149).

100

Mit der Bestandskraft der Entscheidung hat die Klägerin die Möglichkeit verloren, eine Vollstreckung der Geldbuße durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Jedenfalls in diesem Stadium ist es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie die Beklagten auf Zahlung in Anspruch nimmt. Dass die Klägerin es unterlassen hat, den Eintritt der Bestandskraft durch Einlegung eines weiteren Rechtsmittels zu verhindern, kann für sich gesehen nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.

101

2. Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob es als treuwidrig angesehen werden kann, wenn ein Gesamtschuldner einen Teilbetrag der Geldbuße bezahlt, der über den im Innenverhältnis auf ihn entfallenden Anteil hinausgeht, ohne den übrigen Gesamtschuldnern zuvor Gelegenheit zu geben, den auf sie entfallenden Teil der Geldbuße selbst zu bezahlen oder in entsprechender Höhe Sicherheit zu leisten, gleichwohl aber vor Bestandskraft der Bußgeldentscheidung Ausgleich verlangt.

102

Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, stünde dies dem Klagebegehren im Streitfall jedenfalls deshalb nicht entgegen, weil nicht ersichtlich ist, dass die Beklagten einem Begehren der Klägerin nachgekommen wären, Sicherheit auch für den Teil der Geldbuße zu leisten, den die Kommission gegenüber der Klägerin geltend gemacht hatte.

103

Die Beklagten haben nur hinsichtlich der Hälfte der insgesamt verhängten Geldbuße Sicherheit geleistet. Im vorliegenden Rechtsstreit machen sie geltend, die Klägerin sei im Innenverhältnis allein verpflichtet, dürfe aber jedenfalls keine Ausgleichsansprüche gegen die Beklagten geltend machen. Bei dieser Ausgangslage bedürfte es besonderer Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten trotz der damit verbundenen Risiken einem nach Festsetzung der Geldbuße an sie herangetragenen Begehren der Klägerin, weitergehende Sicherheit zu leisten, nachgekommen wären. Solche Umstände sind nicht festgestellt und werden auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt.

104

D. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif.

105

1. Ob und in welchem Umfang der Klägerin gegen die Beklagten ein Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht, lässt sich mangels Feststellungen zu den maßgeblichen Umständen nicht beurteilen.

106

a) Der Tatbeitrag der Beklagten zu 1, deren Beschäftigte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts an den Kartellabsprachen beteiligt haben, führt wegen der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht ohne weiteres zu deren alleiniger Haftung im Innenverhältnis.

107

b) Hinsichtlich der weiteren für den Ausgleich relevanten Umstände bedarf es ergänzender tatrichterlicher Feststellungen.

108

Die Revision weist insoweit mit Recht auf den Vortrag der Klägerin hin, wonach die Beklagte zu 2 - anders als die Klägerin - von den Verstößen Kenntnis gehabt und diese nicht unterbunden habe und die Klägerin nicht Nutznießerin des Kartells gewesen sei. Sofern dieser Vortrag zutrifft, kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf die Klägerin intern ein geringerer Betrag entfällt als derjenige, den sie an die Kommission gezahlt hat.

109

Das Berufungsgericht, das sich - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - mit diesem Vorbringen nicht befasst hat, wird deshalb die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Ergänzend wird es den Parteien Gelegenheit geben müssen, zu sonstigen Gesichtspunkten vorzutragen, die nach den oben aufgezeigten Grundsätzen für den Gesamtschuldnerausgleich relevant sind.

110

c) Vorsorglich weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, dass eine Anwendung der Auffangregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ohne weiteres eine hälftige Belastung der Klägerin oder eine gesamtschuldnerische Belastung der Beklagten zur Folge hätte.

111

Nach der Grundregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet jeder Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen. Im Streitfall entfiele danach auf die Klägerin und die beiden Beklagten je ein Drittel des Gesamtbetrags. Ein Ausgleichsanspruch stünde der Klägerin nur insoweit zu, als ihre Zahlungen an die Kommission den auf sie entfallenden Anteil überschritten haben.

112

Zudem haftet, sofern mehrere Gesamtschuldner zum Ausgleich verpflichtet sind, im Innenverhältnis jeder von ihnen grundsätzlich nur in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils (BGH, Urteil vom 24. April 1952 - III ZR 78/51, BGHZ 6, 3, 25).

113

Eine abweichende Verteilung und eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin kämen nach der Grundregel allenfalls dann in Betracht, wenn die Beklagten zu einer Haftungseinheit zusammenzufassen und im Verhältnis zur Klägerin wie eine Person zu behandeln wären (dazu BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 - VII ZR 172/08, NJW 2010, 1592 Rn. 23 mwN; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 426 Rn. 15 mwN). Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann eine solche Haftungseinheit zwischen den Beklagten indes nicht bejaht werden. Die Beklagte zu 2 ist zwar wegen Handlungen in Anspruch genommen worden, die Beschäftigte der Beklagten zu 1 und der Kommanditgesellschaft begangen haben. Dasselbe gilt aber auch für die Klägerin. Für eine Zusammenfassung (nur) der beiden Beklagten und die Bildung einer einheitlichen Haftungsquote für diese im Verhältnis zur Klägerin ist auf dieser Grundlage kein Raum.

114

2. Eine eigene Entscheidung des Senats kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines auf die Klägerin übergegangenen Anspruchs der Kommission in Betracht.

115

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 426 Abs. 2 BGB in der hier zu beurteilenden Konstellation anwendbar ist. Ein Anspruchsübergang nach dieser Vorschrift tritt jedenfalls nur in dem Umfang ein, in dem der zahlende Gesamtschuldner gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausgleich berechtigt ist.

116

3. Der Klage kann nicht auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagten stattgegeben werden.

117

a) Schadensersatzansprüche auf kartellrechtlicher Grundlage scheiden schon wegen des Zwecks solcher Ansprüche aus.

118

Ein kartellrechtlicher Anspruch auf Schadensersatz dient nach den Vorgaben des Unionsrechts dem Zweck, den Schaden auszugleichen, der den durch die Zuwiderhandlung Geschädigten entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, BGHZ 190, 145 Rn. 62 - ORWI). Angesichts dessen kommen, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, Ansprüche auf Erstattung einer gezahlten Geldbuße auf dieser Grundlage schon deshalb nicht in Betracht, weil das Wettbewerbsrecht der Union nicht dazu dient, einzelne Organisationseinheiten eines gegen dieses Recht verstoßenden Unternehmens vor der Belastung mit einer Geldbuße zu schützen. Ansprüche dieser Art sind weder zur effektiven Durchsetzung der Wettbewerbsregeln der Union (dazu EuGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - C-295/04 u.a., Slg. 2006, I-6641 = WuW/E EU-R 1107 Rn. 60, 91 ff. - Manfredi; Urteil vom 20. September 2001 - C-453/99, Slg. 2001, I-6314 = WuW/E EU-R 479 Rn. 25 ff. - Courage; BGHZ 190, 145 Rn. 34, 37, 62 - ORWI) notwendig noch dieser förderlich. Die jeweils anzuwendenden einzelstaatlichen Regelungen über den Gesamtschuldnerausgleich, hier § 426 BGB, ermöglichen es, eine gegen mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner verhängte Geldbuße sachgerecht auf die einzelnen Schuldner zu verteilen.

119

b) Der von der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Anspruch aus § 826 BGB ist ebenfalls unbegründet.

120

Dabei kann offenbleiben, ob sich auf dieser Grundlage überhaupt eine von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Verteilung ergeben könnte, obwohl Umstände, die die Beklagte einem Schadensersatzanspruch gemäß § 254 BGB entgegenhalten kann, beim Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich in entsprechender Weise zu berücksichtigen sind. Das Berufungsgericht hat jedenfalls eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Beklagten zu 2 durch die Klägerin ohne Rechtsfehler verneint.

121

Die Revision macht unter Bezugnahme auf entsprechendes Vorbringen der Klägerin geltend, die Beklagte zu 2 sei nach dem Wettbewerbsrecht der Union, insbesondere den Grundsätzen der gesamtschuldnerischen Haftung für Geldbußen, verpflichtet gewesen, die Beteiligung der Beklagten zu 1 an dem Verstoß zu unterbinden, nachdem ihre gesetzlichen Vertreter davon Kenntnis erlangt hätten.

122

Hierbei verkennt die Revision, dass ein Unterlassen nicht allein deshalb gegen die guten Sitten verstößt, weil den in Anspruch Genommenen eine Rechtspflicht zum Handeln trifft. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks, wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, NJW-RR 2013, 1448 Rn. 14 mwN). Solche Umstände sind im Streitfall weder festgestellt noch dem in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Parteivortrag zu entnehmen. Weitergehenden Vortrag der Klägerin zeigt die Revision nicht auf.

123

E. Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage der Beklagten hält der Senat nicht für zweckmäßig.

124

Zwar ist eine Entscheidung in dem noch vor dem Gerichtshof anhängigen Verfahren in dem Sinne vorgreiflich, dass die Klageansprüche auf jeden Fall unbegründet wären, wenn die Festsetzung der Geldbuße gegen beide Beklagte in vollem Umfang für nichtig erklärt würde. Dass es zu einer Entscheidung dieses Inhalts kommen wird, erscheint im Hinblick auf den bisherigen Verfahrensverlauf aber nicht hinreichend wahrscheinlich, zumal die Nichtigkeitsklage der Beklagten in erster Instanz in vollem Umfang erfolglos geblieben ist.

Limperg                    Meier-Beck                        Kirchhoff

                Bacher                          Deichfuß

21
§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bietet die Möglichkeit zum Innenausgleich unter mehreren Störern nach den zu § 254 BGB entwickelten Grundsätzen, soweit sich aus dem Innenverhältnis zwischen den Störern nichts Besonderes ergibt. Entscheidend ist daher im Regelfall in erster Linie das Maß der Verursachung. Auf ein etwaiges Verschulden kommt es erst in zweiter Linie an. Die vorzunehmende Abwägung kann zu einer Quotelung, aber auch zur alleinigen Belastung eines Ersatzpflichtigen führen (MüKoBGB/Bydlinski aaO § 426 Rn. 21, 22; Pa- landt/Grüneberg aaO Rn. 14; Kohler-Gehrig aaO S. 1051; Finkenauer aaO S. 433). Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die Erwägungen des Amtsgerichts, mit denen es die Verantwortlichkeit für die Herbeiführung der Ölspur allein der Beklagten als Eigentümerin und Halterin des Schleppers zugewiesen hat, von Rechts wegen nicht zu beanstanden sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 13/03 Verkündet am:
11. November 2003
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 831 Gd, 823 Aa, Ha, 840 Abs. 1 und 2; SGB VII § 106 Abs. 3, 3. Alt.

a) Der nicht selbst auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätige Unternehmer, der neben
seinem nach § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII haftungsprivilegierten Verrichtungsgehilfen
lediglich nach §§ 831, 823, 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner
haftet, ist gegenüber dem Geschädigten nach den Grundsätzen des gestörten
Gesamtschuldverhältnisses von der Haftung für erlittene Personenschäden freigestellt
(vgl. § 840 Abs. 2 BGB); ein im Innenverhältnis zwischen dem Verrichtungsgehilfen
und dem Geschäftsherrn etwa bestehender arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch
bleibt dabei außer Betracht.

b) Die Haftung des nicht auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätigen Unternehmers
bleibt im Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses auf die Fälle beschränkt
, in denen ihn nicht nur eine Haftung wegen vermuteten Auswahl- und
Überwachungsverschuldens gemäß § 831 BGB, sondern eine eigene "Verantwortlichkeit"
zur Schadensverhütung, etwa wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten
oder wegen eines Organisationsverschuldens trifft.
BGH, Urteil vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - OLG Hamm
LG Hagen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die
Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. Dezember 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin war als Reinigungskraft bei der Firma W. GmbH angestellt. Bei dieser Firma handelt es sich um ein Tochterunternehmen der Beklagten, das beauftragt ist, den in den Krankenhäusern der Beklagten anfallenden Müll zu entsorgen. Als die Klägerin am späten Nachmittag des 23. März 1999 auf der Intensivstation eines dieser Krankenhäuser einen Müllsack aus einem Behälter zog, stach sie sich an einer gebrauchten Injektionsnadel in den rechten Oberschen-
kel und in den rechten Daumen. Die Nadel befand sich samt Spritze in dem Müllsack, obwohl sie in einem hierfür vorgesehenen gesonderten Gefäß hätte gelagert und entsorgt werden müssen. Im Januar 2000 wurde bei der Klägerin eine Hepatitis-C-Infektion diagnostiziert. Die Klägerin sieht die Ursache dieser Infektion in der Verletzung vom 23. März 1999 und nimmt die Beklagte auf Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt sowie ihre Pflicht zum Ersatz materieller und künftiger immaterieller Schäden der Klägerin festgestellt. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens verpflichtet. Die Haftung der Beklagten scheitere nicht an § 104 Abs. 1 SGB VII. Der Arbeitsunfall der Klägerin sei allein deren Stammbetrieb, der Firma W. GmbH, zuzurechnen, nicht aber der Beklagten. Zwar handele es sich bei der W. um ein Tochterunternehmen der Beklagten, das in deren Konzernabschluß einbezogen sei, auch gehörten der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten, deren Geschäftsführer und deren Prokurist dem Aufsichtsrat der W. GmbH an, so daß die Beklagte maßgeblichen Einfluß auf Geschäftsführung und Leitung der W. GmbH habe. Doch sei nach der Definition des § 136 Abs. 3 SGB VII als Unternehmer im Sinne des § 104 Abs. 1 SGB VII derjenige anzusehen, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zu Vor- oder Nachteil gereiche. Ausschlaggebend sei daher die Rechtsform, in der das Unternehmen betrieben werde. Da keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß die W. GmbH das Geschäftsrisiko des Reinigungsunternehmens nicht selbst trage, könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin nicht für die W. GmbH, sondern für die Beklagte tätig geworden sei. Auch nach §§ 105, 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII sei die Haftung der Beklagten nicht ausgeschlossen, da die Haftungsprivilegierung wegen betrieblicher Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte jedenfalls nicht zugunsten eines auf der gemeinsamen Betriebsstätte nicht selbst tätig gewordenen Unternehmers greife. Da die Beklagte nicht selbst tätig geworden sei, fehle es an dieser Voraussetzung der Haftungsprivilegierung.
Schließlich sei die Haftung auch nicht nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses ausgeschlossen. Danach beschränkten sich in Fällen, in denen wie hier einer der Gesamtschuldner haftungsprivilegiert sei, der andere jedoch nicht, die Ansprüche der geschädigten Person gegen den nicht haftungsprivilegierten Gesamtschuldner auf das, was im Innenverhältnis der Gesamtschuldner auf diesen endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nicht gestört wäre. Dem Mitarbeiter der Beklagten, bei dem davon ausgegangen werden müsse, daß ihm nur leichteste Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne, stehe ein arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch gegen die Beklagte zu. Da dieser der Regelung in § 840 Abs. 2 BGB vorgehe, habe die Beklagte im Innenverhältnis den Schaden insgesamt zu tragen, so daß die Klägerin von ihr Ersatz in vollem Umfang verlangen könne.

II.

Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. 1. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht allerdings mit Recht davon ausgegangen, daß kein Haftungsausschluß zugunsten der Beklagten nach § 104 Abs. 1 SGB VII eingreift. Haftungsprivilegiert als "Unternehmer" im Sinne des § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII ist hier nicht die Beklagte als "Mutterunternehmen" sondern die Reinigungsfirma W. GmbH selbst, bei der die Klägerin beschäftigt ist.
a) Nach § 104 SGB VII entfällt grundsätzlich die Haftung des Unternehmers für einen Personenschaden, den ein in seinem Unternehmen tätiger Unfallversicherter durch einen Arbeitsunfall erlitten hat. "Unternehmer" ist nach der
Legaldefinition des § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens "unmittelbar" zum Vor- oder Nachteil gereicht. Wer dies im Einzelfall ist, ist nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung Band 3/2, Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII -, § 136 SGB VII Rdn. 17 m.w.N.; Hauck/Graeff, § 136 Rdn. 20-23; KK/Ricke, § 136 Rdn. 24 ff.; Mehrtens, § 136 Rdn. 8; Lauterbach/Watermann, § 136 Rdn. 21 ff.; Wannagat, Sozialgesetzbuch, § 136 SGB VII Rdn. 18-21). Dabei kommt der Rechtsform ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 1988 - VI ZR 7/88 - VersR 1988, 1276; BSGE 23, 83, 85 f.; 45, 279, 281; KKRicke , aaO, Rdn. 30a). Im Streitfall ist die Firma W., eine GmbH, gegenüber der Beklagten, bei der es sich ebenfalls um eine GmbH handelt, als juristische Person ein rechtlich selbständiger Unternehmer. An dieser rechtlichen Ausgestaltung muß sich die Beklagte für die Beurteilung ihrer Teilhabe an dem "Unternehmen W." auch in Bezug auf den Beurteilungsrahmen des § 104 Abs. 1 SGB VII festhalten lassen. Daran vermag weder die wirtschaftliche Verflechtung beider Unternehmen als Mutter- und Tochterunternehmen noch der Umstand etwas zu ändern, daß im Aufsichtsrat der Firma W. GmbH der Aufsichtsratsvorsitzende, der Geschäftsführer und der Prokurist der Beklagten tätig sind. Denn entgegen der Auffassung der Revision führen weder die teilweise Personenidentität noch die damit verbundenen Einflußmöglichkeiten der Beklagten auf ihr Tochterunternehmen dazu, daß die W. lediglich als "eine - wenn auch juristisch verselbständigte - Abteilung des Krankenhausunternehmens" zu betrachten wäre.
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist der vorliegende Fall auch nicht mit demjenigen vergleichbar, welcher dem Senatsurteil vom 26. November 2002 - VI ZR 449/01 - (VersR 2003, 348) zugrunde lag. Dort ging es nicht um
die Haftungsprivilegierung der Gemeinde nach § 104 SGB VII als (gemeinsamer ) Träger der Schule und der Skipiste, auf der sich der Unfall eines Schülers beim Sportunterricht ereignet hatte. Vielmehr ging es um die Haftungsprivilegierung des beklagten Leiters der gemeindlichen Sportstättenverwaltung nach § 106 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 105 Abs. 1 SGB VII als im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung des Sportunterrichts in den Schulbetrieb eingegliederter Betriebsangehöriger des "Unternehmens Schule". Soweit der Senat zuvor die Revision des verletzten Schülers (VI ZR 338/98) gegen das seine Klage auf Ersatz seines Personenschadens gegen die Gemeinde abweisende Urteil des OLG Dresden (NJW-RR 1999, 902) nicht zur Entscheidung angenommen hatte, so beruhte dies darauf, daß die Gemeinde als Träger der Schule (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 3 SGB VII) und zugleich der Sportstätte haftungsprivilegierter Unternehmer im Sinne des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII war. Davon unterscheidet sich maßgeblich der vorliegende Fall, in welchem die Klägerin den Unfall im Rahmen ihrer Tätigkeit für die mit der Beklagten als Unternehmer im Sinne des § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII nicht identische Firma W. GmbH erlitten hat. 2. Das Berufungsgericht ist weiter mit Recht und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte auch nicht nach § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII haftungsprivilegiert ist. Denn die Haftungsfreistellung nach dieser Norm könnte - falls es sich um eine gemeinsame Betriebsstätte gehandelt haben sollte - nur zugunsten des Mitarbeiters der Beklagten wirken, der die Spritze vorschriftswidrig in den Müllsack getan hat, nicht jedoch für die Beklagte, die nicht selbst auf der Betriebsstätte tätig war (vgl. Senatsurteile BGHZ 148, 209, 212; 148, 214, 217; Urteil vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - ZIP 2003, 1604, 1606). 3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist jedoch - wie die Revision mit Recht geltend macht - eine Haftung der Beklagten aus §§ 831, 823
BGB auf Ersatz des der Klägerin entstandenen Personenschadens nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs ausgeschlossen.
a) Danach können in den Fällen, in denen zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis besteht, Ansprüche des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger) auf den Betrag beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger ) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers gestört wäre (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 61, 51, 55; 94, 173, 176; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/61 - NJW 1987, 2669, 2670; und vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - ZIP 2003, 1604, 1606). Die Beschränkung der Haftung des Zweitschädigers beruht dabei auf dem Gedanken, daß einerseits die haftungsrechtliche Privilegierung nicht durch eine Heranziehung im Gesamtschuldnerausgleich unterlaufen werden soll, es aber andererseits bei Mitberücksichtigung des Grundes der Haftungsprivilegierung, nämlich der anderweitigen Absicherung des Geschädigten durch eine gesetzliche Unfallversicherung , nicht gerechtfertigt wäre, den Zweitschädiger den Schaden alleine tragen zu lassen (vgl. grundlegend Senatsurteil BGHZ 61, 51, 53 ff.). Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat der Senat den Zweitschädiger "in Höhe des Verantwortungsteils" freigestellt, der auf den Erstschädiger im Innenverhältnis entfiele, wenn man seine Haftungsprivilegierung hinwegdenkt (vgl. BGHZ 61, 51, 53 f.; Urteil vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - aaO). Dabei ist unter "Verantwortungsteil" die Zuständigkeit für die Schadensverhütung und damit der eigene Anteil des betreffenden Schädigers an der Schadensentstehung zu verstehen (Senatsurteile BGHZ 110, 114, 119 und vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - aaO).

b) Denkt man das Haftungsprivileg des § 106 Abs. 3, 3. Alternative SGB VII hinweg, so würde die Beklagte nach §§ 831, 823, 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner aus vermutetem Auswahl- oder Überwachungsverschulden für ihren Mitarbeiter und Verrichtungsgehilfen haften, der die gebrauchte Spritze , an der sich die Klägerin verletzt hat, vorschriftswidrig in den Müllsack getan hat. Ist neben demjenigen, welcher nach § 831 BGB zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander nach § 840 Abs. 2 BGB der andere allein verpflichtet. Insoweit ist "ein anderes bestimmt" im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies beruht auf dem Grundgedanken, daß in den Fällen, in denen auf der einen Seite nur eine Gefährdungshaftung oder eine Haftung aus vermutetem Verschulden, auf der anderen Seite jedoch erwiesenes Verschulden vorliegt, im Innenverhältnis derjenige den ganzen Schaden tragen soll, der nachweislich schuldhaft gehandelt hat (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 90, 470; Müko/Stein, BGB, 3. Aufl. § 840 Rdn. 25; Palandt/Thomas, BGB, 62. Aufl. § 840 Rdn. 10). Demgemäß entspricht es der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, daß derjenige, der seinerseits eine Pflicht verletzt hat, im Innenausgleich sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, in der Erfüllung eben dieser Pflicht nicht genügend überwacht worden zu sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 110, 114, 122 m.w.N.). Hätte mithin der Erstschädiger im Innenverhältnis zur Beklagten die Verantwortung für die Schadensentstehung ohne die Haftungsprivilegierung des § 106 Abs. 3, 3. Alternative SGB VII alleine zu tragen, so wäre es nicht gerechtfertigt, die Beklagte als Zweitschädiger im Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses gleichwohl für den Personenschaden der Klägerin (endgültig) haften zu lassen.
c) An diesem Ergebnis ändert sich - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nichts durch einen etwa bestehenden arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch des Erstschädigers gegen die Beklagte.
Die Frage, ob bei der Bestimmung des Haftungsanteils des Unterneh- mers abweichend von der Regelung des § 840 Abs. 2 BGB der arbeitsrechtliche Freistellungsanspruch Berücksichtigung zu finden hat, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: OLG Oldenburg, r+s 2002, 65; Lemkke , r+s 1999, 376, 377; 2000, 23, 24 und 2001, 371; Otto, NZV 2002, 10, 15 f.; verneinend: OLG München NZV 2003, 472 mit zustimmender Anmerkung Tischendorf ; Imbusch, VersR 2001, 1485; Tischendorf, VersR 2002, 1188). Sie ist unter Abwägung der maßgeblichen Gesichtspunkte zu verneinen. Der arbeitsrechtliche Freistellungsanspruch ist ein Rechtsinstitut des Arbeitsrechts , das den Arbeitnehmer aus Gründen der sozialen Fürsorgepflicht seines Arbeitgebers von den wirtschaftlichen Folgen einer - für ihn unter Umständen ruinösen - Haftung für bereits leicht fahrlässig begangene Fehler entlastet , die er im Zusammenhang mit den Risiken seines Arbeitsverhältnisses begeht (vgl. BGHZ 16, 111, 116; 200, 207; BAGE 5, 1, 7). Dieser soziale Bezug zum Arbeitsverhältnis kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, daß der Arbeitnehmer im Verhältnis zum Arbeitgeber nur abgestuft nach seinem Verschuldensgrad haftet: bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er nicht, bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit haftet er grundsätzlich allein und bei normaler Fahrlässigkeit haftet er quotenmäßig, wobei die Gesamtumstände von Schadensanlaß und Schadensfolgen nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gegeneinander abzuwägen sind. Zu den Umständen, die den innerbetrieblichen Schadensausgleich und mithin auch den arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch determinieren und denen je nach Lage des Einzelfalls ein unterschiedliches Gewicht beizumessen ist, gehören neben dem Grad des dem Arbeitnehmer anzulastenden Verschuldens die Gefahrgeneigtheit der Arbeit , die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch eine Versicherung abdeckbares Risiko, die Stellung des Arbeitsnehmers im Betrieb und die Höhe des Arbeitsentgelts, in dem möglicherweise eine Risiko-
prämie enthalten ist. Auch können unter Umständen die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers, wie etwa die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten zu berücksichtigen sein (vgl. BAGE 5, 1, 7 sowie BAG VersR 1998, 895, 896). Diese Besonderheiten des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gelten grundsätzlich jedoch nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie beschränken weder Haftpflichtansprüche von außerhalb des Betriebes stehenden Dritten (st.Rspr.: vgl. etwa BGH VersR 1989, 1197, 1198; 1990, 387, 388; 1994, 477, 478; BAG VersR 1958, 54, 55) noch können sie umgekehrt bei einer Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers im Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses die haftungsrechtliche "Verantwortlichkeit" des Arbeitgebers im Verhältnis zum geschädigten außenstehenden Dritten erweitern. Denn die Verteilung des Risikos im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gehen den Geschädigten grundsätzlich nichts an (so bereits Gamillscheg, VersR 1967, 513, 516). Im übrigen hat der Senat bereits entschieden, daß beim gestörten Gesamtschuldverhältnis vertragliche Regelungen zur Haftungsfreistellung zwischen Erst- und Zweitschädiger grundsätzlich nur berücksichtigt werden, wenn die Haftungsfreistellung nicht nur die wirtschaftlichen Folgen der Haftung, sondern zugleich auch die Zuständigkeit zur Schadensverhütung umfaßt; ansonsten entfalten sie keine Außenwirkung (vgl. BGHZ 110, 114, 119 f. und Senatsurteil vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 -; NJW 1987, 2669). Dies betraf zwar Fälle, in denen es um eine vertragliche Haftungsfreistellung des Zweitschädigers im Verhältnis zum haftungsprivilegierten Erstschädiger ging, die sich im Rahmen des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs für einen Anspruch des Geschädigten gegen den Zweitschädiger nachteilig auswirken konnte. Ob dies
auch umgekehrt in den Fällen gilt, in denen der Zweitschädiger den Erstschädiger vertraglich von den Haftungsfolgen freistellt und sich hieraus ein Argument für die rechtliche Beurteilung des arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruchs im Rahmen des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs gewinnen läßt (so OLG München NZV 2003, 472; Imbusch, aaO), kann letztlich dahinstehen, da sich die Nichtberücksichtung des arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruchs im Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses bereits aus dessen oben dargelegter Rechtsnatur ergibt. Soweit in der Literatur (vgl. Imbusch, aaO) schließlich vertreten wird, aus den Urteilen des Bundesgerichtshofs, nach denen ein Haftungsfreistellungsanspruch des Arbeitnehmers bei Bestehen einer zu seinen Gunsten eingreifenden (Kfz-) Pflichtversicherung entfällt (vgl. Senatsurteile BGHZ 27, 62; 116, 200 sowie BGH, Urteil vom 8. Dezember 1971 - IV ZR 102/70 - VersR 1972, 166), lasse sich ein "übergreifendes Prinzip" ableiten, daß er eines solchen Schutzes auch beim Eingreifen des Haftungsprivileges der §§ 105, 106 SGB VII nicht bedarf , kann auch dies letztlich offenbleiben, da der arbeitsrechtliche Freistellungsanspruch bereits aus den oben genannten Gründen außer Betracht bleiben muß. Zudem würde seine Berücksichtigung im Außenverhältnis beim gestörten Gesamtschuldverhältnis zu dem widersinnigen Ergebnis führen, daß der Geschädigte in den Fällen, in welchen dem haftungsprivilegierten Erstschädiger leichtere oder mittlere Fahrlässigkeit zur Last fiele, gegen den Arbeitgeber weitergehende Schadensersatzansprüche geltend machen könnte als in den zumeist auch in ihren Folgen für den Verletzten schwereren Fällen grober oder gröbster Fahrlässigkeit. Da in letzteren ein Freistellungsanspruch grundsätzlich nicht besteht, griffe im Gegensatz zu den leichteren Fällen nach wie vor der Einwand des Arbeitgebers aus dem gestörten Gesamtschuldverhältnis durch
und der Verletzte ginge leer aus - ein schwerlich zu rechtfertigendes Ergebnis (so zutreffend Tischendorf, VersR 2002, 1188, 1192). Insoweit könnte es auch dem Betriebsfrieden schaden, wenn der haftungsprivilegierte Erstschädiger als Zeuge im Prozeß des Geschädigten gegen seinen Arbeitgeber in den Konflikt geraten würde, einerseits im Interesse einer Haftungsreduzierung seines Arbeitgebers sein eigenes Verhalten im Lichte eines möglichst hohen Verschuldensgrades darzustellen, andererseits aber Gefahr liefe, bei grober Fahrlässigkeit vom Sozialversicherungsträger nach § 110 SGB VII in Regreß genommen zu werden (vgl. Otto, NZV 2002, 10, 16). Schließlich würden im Außenverhältnis gleichgelagerte Fälle ohne sachlichen Grund ungleich behandelt. Haftungsprivilegierte Personen im Sinne der §§ 106 Abs. 3, 3. Alternative, 105 Abs. 1 SGB VII können sowohl Betriebsangehörige als auch Nicht - Betriebsangehörige sein (vgl. amtliche Begründung: BT-Drs. 13/2204 S. 100). Stünde der haftungsprivilegierte Verrichtungsgehilfe, der bei einer betrieblichen Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte den Versicherten eines anderen dort tätigen Unternehmens verletzt, nicht in einem Arbeitsverhältnis zu dem nach § 831 BGB haftenden Unternehmer, hätte der Geschädigte jedenfalls gegen diesen nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses im Hinblick auf § 840 Abs. 2 BGB keinen Anspruch auf Ersatz seines Personenschadens, weil insoweit ein arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch zu Gunsten des Erstschädigers nicht in Betracht käme. Dann aber besteht kein sachlich gerechtfertigter Grund, den Arbeitgeber im Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses abweichend von der gesetzlichen Wertung der Verantwortlichkeit im Verhältnis zum Verrichtungsgehilfen nur deshalb haften zu lassen, weil im Innenverhältnis zwischen diesem und ihm ein Arbeitsverhältnis besteht.
4. Nach alledem kann der arbeitsrechtliche Freistellungsanspruch im Rahmen der wertenden Betrachtungsweise des gestörten Gesamtschuldverhältnisses keine Rolle spielen. Hierdurch wird die Rechtsprechung des Senats, daß nur der auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätige Unternehmer nach § 106 Abs. 3, 3. Alternative SGB VII haftungsprivilegiert ist, nicht in Frage gestellt. Vielmehr bleibt die Haftung des nicht auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätigen Unternehmers im Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses regelmäßig in den Fällen erhalten, in denen ihn nicht nur eine Haftung wegen vermuteten Auswahl- und Überwachungsverschuldens gemäß § 831 BGB, sondern eine eigene "Verantwortlichkeit" zur Schadensverhütung, etwa wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten oder wegen eines Organisationsverschuldens trifft (vgl. auch Otto, NZV 2002, 10, 16; Imbusch, aaO, S. 1488). Das Berufungsgericht wird Gelegenheit haben, diesem Punkt, den es - von seinem Standpunkt aus konsequenterweise - nicht in seine Überlegungen miteinbezogen hat, im Rahmen der neuen Verhandlung nachzugehen. Gegebenenfalls wird es auch Feststellungen dazu zu treffen haben, ob es sich tatsächlich um eine gemeinsame Betriebsstätte im Sinne der Senatsrechtsprechung gehandelt hat. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 366/03 Verkündet am:
10. Mai 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 831 A, 823 Hb, 840 Abs. 1 und 2; PflVG § 3 Nr. 1 und 8; SGB VII § 106 Abs.
3 Alt. 3
Eine Haftungsfreistellung des nicht selbst auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätigen
Unternehmers wegen Störung des Gesamtschuldverhältnisses mit einem nach
§ 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII haftungsprivilegierten Verrichtungsgehilfen setzt voraus,
daß der Verrichtungsgehilfe nachweislich schuldhaft gehandelt hat (Fortführung des
Senatsurteils BGHZ 157, 9 ff.).
BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - VI ZR 366/03 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
Ende der Schriftsatzfrist bis 18. März 2005 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter
Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 26. November 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zu 2 verurteilt worden ist, an den Kläger Schmerzensgeld zu zahlen und seine Ersatzpflicht hinsichtlich sämtlicher immaterieller Schäden aus dem Unfall vom 10. Mai 1999 festgestellt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten zu 2 als Haftpflichtversicherer des an einem Unfall beteiligten Lkw auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie auf Fest-
stellung der Ersatzpflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden in Anspruch. Der Kläger und der Beklagte zu 1 waren als Lkw-Fahrer für verschiedene Arbeitgeber tätig, für die sie am 10. Mai 1999 Asphalt zur Erneuerung des Straßenbelags einer Brücke transportierten. Die Brücke führt über die Gleise der Deutschen Bahn. Die elektrischen Oberleitungen für die Züge sind im Luftraum über der Brücke verspannt. Um den Asphalt ordnungsgemäß auf der Fahrbahn verteilen zu können, mußte der den Asphalt liefernde Lkw mit dem Ladegut rückwärts an die Asphaltiermaschine herangefahren werden. Die Asphaltiermaschine , die über eine eigene Lenkeinrichtung gesteuert wurde, schob sodann den Lkw vor sich her, der durch Anheben der Kippmulde die Maschine mit frischem Asphalt versorgte. Zum Unfallzeitpunkt ließ sich der Beklagte zu 1 in entsprechender Weise mit dem bei dem Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Lkw, dessen Halter der Arbeitgeber des Beklagten zu 1 war, schieben. Der Kläger hatte den von ihm geführten Lkw abgestellt und wartete auf die Beendigung des Arbeitsvorgangs, um den von ihm angelieferten Asphalt abladen zu können. Als der Kläger die geöffnete Beifahrertür des von dem Beklagten zu 1 gesteuerten Lkw anfaßte, um sich zu erkundigen, wie lange der Entladevorgang noch dauere, erlitt er auf nicht geklärte Weise einen Stromschlag. Er wurde dadurch schwer verletzt. Die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen hat den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anerkannt. Der Kläger meint, der Beklagte zu 1 habe den Unfall fahrlässig herbeigeführt. Der Arbeitgeber und Halter des Fahrzeugs - der Inhaber der Spedition L. - hafte für den Beklagten zu 1 aus vermutetem Auswahl- oder Überwachungs-
verschulden, weshalb der entsprechende Direktanspruch auch gegen den Beklagten zu 2 gegeben sei. Das Landgericht hat die Ersatzpflicht des Beklagten zu 2 für die materiellen Schäden aufgrund der Haftung für die Betriebsgefahr des Lkw festgestellt. Es hat im übrigen die Klage abgewiesen, weil der Beklagte zu 1 gemäß § 106 Abs. 3 3. Alt. SGB VII von der Haftung für das streitgegenständliche Unfallgeschehen freigestellt sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und der Anschlußberufung des Beklagten zu 2 diesen zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € verurteilt und festgestellt, daß er verpflichtet sei, dem Kläger neben den materiellen Schäden auch künftige immaterielle Schäden zu ersetzen. Der erkennende Senat hat die nur vom Beklagten zu 2 eingelegte Revision zugelassen, soweit dieser verurteilt worden ist, an den Kläger Schmerzensgeld zu zahlen und seine Ersatzpflicht hinsichtlich sämtlicher immaterieller Schäden aus dem Unfall vom 10. Mai 1999 festgestellt worden ist. Mit der im Umfang dieser Zulassung geführten Revision begehrt der Beklagte zu 2 die Zurückweisung der Berufung des Klägers in vollem Umfang und die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der allein noch im Streit befindlichen Haftung des Beklagten zu 2 auf Ersatz des immateriellen Schadens des
Klägers ausgeführt, daß der Schaden durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs verursacht worden sei. Der Beklagte zu 2 hafte als Haftpflichtversicherer des vom Beklagten zu 1 gesteuerten Lkw gemäß § 3 Nr. 1 PflVG allerdings nur, soweit der Arbeitgeber - zugleich der Halter des Lkw - zur Leistung von Schmerzensgeld verpflichtet sei. Diesen treffe nach § 831 Abs. 1 BGB ein Verschulden bei der Auswahl und Überwachung seines Verrichtungsgehilfen, des Beklagten zu 1. Ob dieser die Verletzung schuldhaft verursacht habe, sei für die Haftung nach § 831 Abs. 1 BGB unerheblich. Zwar könne nach dem Schutzzweck des § 831 BGB der Geschäftsherr ausnahmsweise vom Geschädigten trotz rechtswidriger Schadenszufügung durch einen Verrichtungsgehilfen nicht in Anspruch genommen werden, wenn dieser objektiv fehlerfrei gehandelt habe. Hierfür sei der Beweis jedoch nicht erbracht. Es sei Sache des Geschäftsherrn und im Anschluß daran auch des nach § 3 PflVG direkt haftenden Versicherers, den Ausschluß der Widerrechtlichkeit zu beweisen. Auch den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB habe der Beklagte zu 2 nicht geführt.

II.

Das Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat außer Acht gelassen, daß unter den Umständen des Streitfalls ein Ausschluß der Haftung des Beklagten zu 2 nach den §§ 831, 823, 847 BGB (a.F.) nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld in Betracht kommt (vgl. Senatsurteil BGHZ 157, 9 ff.). Darauf weist die Revision mit Recht hin. 1. Aufgrund der insoweit eingetretenen Rechtskraft ist nicht Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung, daß die Klage gegen den Beklagten zu 1 wegen der Haftungsprivilegierung nach § 106 Abs. 3 3. Alt. SGB VII abgewiesen worden ist. Die Revisionserwiderung übersieht mit ihrem Einwand, die
rechtskräftige Klagabweisung wirke nur für und gegen den einzelnen Gesamtschuldner und gelte nach § 425 BGB nicht für die Verpflichtung des Beklagten zu 2 als weiteren Gesamtschuldner, die Rechtskrafterstreckung nach § 3 Nr. 8 PflVG. Diese gilt nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats, auch dann wenn der Direktanspruch und der Haftpflichtanspruch nicht in getrennten , nacheinander geführten Prozessen geltend gemacht, sondern Versicherer und Schädiger als - einfache (vgl. BGHZ 63, 51, 53 ff.) - Streitgenossen gemeinsam im selben Rechtsstreit in Anspruch genommen worden sind (vgl. Senatsurteile vom 13. Dezember 1977 - VI ZR 206/75 - VersR 1978, 862, 865; vom 29. Mai 1979 - VI ZR 128/77 - VersR 1979, 841 f.; vom 14. Juli 1981 - VI ZR 254/79 - VersR 1981, 1156 ff.; ebenfalls vom 14. Juli 1981 - VI ZR 304/79 - VersR 1981, 1158 f. und vom 24. Juni 2003 - VI ZR 256/02 - VersR 2003, 1121). 2. Für die Entscheidung des Falles ist jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts von Bedeutung, ob der Beklagte zu 1 schuldhaft gehandelt hat. Träfe den Beklagten zu 1 ein Verschulden, hätte seine Haftungsprivilegierung eine Störung des dann bestehenden Gesamtschuldverhältnisses zur Folge, aufgrund deren der Beklagte zu 2 dem Kläger nicht für den Ersatz immateriellen Schadens haften würde.
a) Besteht zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis, können Ansprüche des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger ) auf den Betrag beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers gestört wäre (st. Rspr. vgl. Senat BGHZ 61, 551, 55; 94, 173, 176; 155, 205, 212 f.; 157, 9, 14 ff.; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 - NJW 1987, 2669, 2670). Diese Beschränkung
der Haftung des Zweitschädigers beruht auf dem Gedanken, daß einerseits die haftungsrechtliche Privilegierung nicht durch eine Heranziehung im Gesamtschuldnerausgleich unterlaufen werden soll, es aber andererseits bei Mitberücksichtigung des Grundes der Haftungsprivilegierung, nämlich der anderweitigen Absicherung des Geschädigten durch eine gesetzliche Unfallversicherung, nicht gerechtfertigt wäre, den Zweitschädiger den Schaden allein tragen zu lassen (hierzu grundlegend Senat BGHZ 61, 51, 53 ff.). Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Zweitschädiger "in Höhe des Verantwortungsteils" freizustellen , der auf den Erstschädiger im Innenverhältnis entfiele, wenn man seine Haftungsprivilegierung hinwegdenkt (vgl. Senat BGHZ 61; 155 und 157 jeweils aaO). Unter "Verantwortungsteil" ist die Zuständigkeit für die Schadensverhütung und damit der eigene Anteil des betreffenden Schädigers an der Schadensentstehung zu verstehen (Senat BGHZ 110, 114, 119).
b) Nach diesen Grundsätzen hätte der Beklagte zu 1 bei Annahme seines Verschuldens im Innenverhältnis zu seinem Arbeitgeber die Verantwortung für die Schadensentstehung ohne die Haftungsprivilegierung des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII allein zu tragen, weil diesen als Geschäftsherrn nach §§ 831, 823, 840 Abs. 1 BGB die gesamtschuldnerische Haftung nur aus vermutetem Auswahl- und Überwachungsverschulden treffen könnte. Darüber hinaus bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte für eine eigene "Verantwortlichkeit" des Arbeitgebers zur Schadensverhütung, etwa wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten oder eines Organisationsverschuldens (vgl. Senatsurteil BGHZ 157, aaO, 19 f.). Bei dieser Sachlage wäre im Verhältnis der beiden Gesamtschuldner zueinander der Beklagte zu 1 nach § 840 Abs. 2 BGB allein verpflichtet, wenn er nachweislich schuldhaft gehandelt hätte (Senatsurteil BGHZ 157, aaO, 15). Dann wäre nämlich "ein anderes bestimmt" im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Dies beruht auf dem Grundgedanken, daß - wenn auf der einen Seite nur eine Gefährdungshaftung oder eine Haftung aus vermutetem Verschulden, auf der anderen Seite jedoch erwiesenes Verschulden vorliegt - im Innenverhältnis der schuldhaft Handelnde den ganzen Schaden tragen soll. Auch kann derjenige , der seinerseits eine Pflicht verletzt hat, im Innenausgleich sich nicht mit Erfolg darauf berufen, in der Erfüllung eben dieser Pflicht nicht genügend überwacht worden zu sein (vgl. Senat BGHZ 110, 114, 122). Mithin wäre es, falls den Beklagten zu 1 ein Verschulden trifft, nicht gerechtfertigt , den Arbeitgeber des Beklagten zu 1 und im Wege des Direktanspruchs nach § 3 Nr. 1 PflVG den Beklagten zu 2 als Haftpflichtversicherer gleichwohl für den Personenschaden des Klägers haften zu lassen, so daß die Frage eines Verschuldens des Beklagten zu 1 nicht offenbleiben konnte.
c) An diesem Ergebnis ändert sich nichts durch einen etwa bestehenden arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch des Beklagten zu 1 gegen seinen Arbeitgeber. Darauf weist die Revision mit Recht hin. Diese Besonderheiten des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gelten grundsätzlich nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie beschränken weder Haftpflichtansprüche von außerhalb des Betriebes stehenden Dritten (st. Rspr. vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 110, 114; 108, 305; vom 21. Dezember 1993 - VI ZR 103/93 - VersR 1994, 477, 478; BAG VersR 1958, 54, 55), noch können sie umgekehrt bei einer Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers im Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses die haftungsrechtliche "Verantwortlichkeit" des Arbeitgebers im Verhältnis zum geschädigten außenstehenden Dritten erweitern (vgl. Senat BGHZ 157, aaO, 17 m.w.N.).

III.

Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur Klärung des Verschuldens des Beklagten zu 1 an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.