vorgehend
Amtsgericht Wuppertal, 95b C 88/11, 24.10.2011
Landgericht Düsseldorf, 25 S 139/11, 29.02.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 81/12 Verkündet am:
5. Juli 2013
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nach dem Erbfall fällig werdende oder durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft
begründete Wohngeldschulden sind (jedenfalls auch) Eigenverbindlichkeiten
des Erben, wenn ihm das Halten der Wohnung als ein Handeln bei der
Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden kann.
Hiervon ist in der Regel spätestens dann auszugehen, wenn er die Erbschaft angenommen
hat oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist und ihm faktisch die Möglichkeit
zusteht, die Wohnung zu nutzen.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2013 - V ZR 81/12 - LG Düsseldorf
AG Wuppertal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. März 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Czub, Dr. Roth, die Richterin Weinland und den Richter Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 29. Februar 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten zu 2 und 3 sowie weitere Personen sind die Erben der im Jahr 1999 verstorbenen Erblasserin U. H. . Zum Nachlass gehört der hälftige Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung. Die Erben wurden am 3. Juli 2008 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Die Beklagte zu 1 ist Erbin des Erblassers A. H. . Zu dessen Nachlass gehörte der andere hälftige Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung. Ihre Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 28. August 2008. Am 27. Januar 2009 wurde für die Wohnung ein Zwangsversteigerungsvermerk in das Grundbuch eingetragen.
2
Die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von den Beklagten die Zahlung der Wohngeldrückstände aus den Jahresabrechnungen für die Jahre 2009 und 2010 sowie des Hausgeldes gemäß den Wirtschaftsplänen 2010 und 2011. Die Beschlussfassung über die jeweiligen Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne erfolgte in den Eigentümerversammlungen vom 28. August 2010 und 25. Mai 2011.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagten, die die Überschuldung des Nachlas- ses einwenden, durch Teilurteil zur Zahlung von 10.731,58 € nebst Zinsen unter Beschränkung der Haftung auf den Nachlass verurteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das Urteil dahingehend geändert, dass es den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung aufgehoben hat. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist kein Vorbehalt der Haftungsbeschränkung gemäß § 780 Abs. 1 ZPO auszusprechen. Bei den geltend gemachten Wohngeldforderungen, die auf einem erst nach dem Erbfall gefassten Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft beruhten, handle es sich nicht um reine Nachlassverbindlichkeiten. Vielmehr seien sie als Eigenschulden oder zumindest als Nachlasserbenschulden anzusehen, die keine Haftungsbeschränkung auf den Nachlass erlaubten.

II.

5
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob die Beklagten berechtigt sind, ihre Haftung auf den Nachlass zu beschränken.
6
1. Nach § 1967 Abs. 1 BGB haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt, d.h. nicht nur mit dem Nachlass, sondern auch mit seinem eigenen Vermögen. Er kann seine Haftung aber auf den Nachlass beschränken (§§ 1975 ff. BGB). Nach § 780 Abs. 1 ZPO kann er die Beschränkung seiner Haftung nur dann im Vollstreckungsverfahren geltend machen , wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist. Voraussetzung für einen Vorbehalt ist, dass der Erbe als Prozesspartei wegen einer (reinen) Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) in Anspruch genommen wird (MünchKomm-ZPO/ Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 780 Rn. 5; Musielak, ZPO, 10 Aufl., § 780 Rn. 3). Handelt es sich dagegen (auch) um eine Eigenverbindlichkeit des Erben , kommt ein Vorbehalt einer beschränkten Erbenhaftung nach § 780 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht.
7
2. Ob es sich bei Wohngeldschulden für eine im Wege der Erbfolge erworbene Eigentumswohnung, die auf die Zeit nach dem Erbfall entfallen, um Nachlassverbindlichkeiten oder (auch) um Eigenverbindlichkeiten des Erben handelt, ist umstritten.
8
a) Nach einer Auffassung stellen sie reine Nachlassverbindlichkeiten dar. Die Beitragsverpflichtung beruhe nicht auf dem freien Entschluss des Erben, eine Verbindlichkeit neu zu begründen, sondern auf dem Entschluss des Erblassers , Wohnungseigentum zu erwerben und Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu werden, und auf der auf § 1922 BGB beruhenden Eigentümerstellung des Erben (Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG Rn. 174; im Ergebnis auch BayObLG, NJW-RR 2000, 306 und OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 177; letzteres behandelt Wohngeldschulden aus Billigkeitsgründen wie reine Nachlassverbindlichkeiten). Überwiegend wird diese Ansicht allerdings dahingehend modifiziert, dass dann, wenn der Erbe zu erkennen gebe, dass er die Wohnung für sich behalten wolle, eine Eigenverbindlichkeit des Erben entstehe , für die er mit seinem eigenen Vermögen hafte (OLG Köln, NJW-RR 1992, 460, 461; Köhler, ZWE 2007, 186, 187; Hügel, ZWE 2006, 174, 180; Niedenführ, NZM 2000, 641; ders. in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 16 WEG, Rn. 166; Bub, Finanz- und Rechnungswesen, 2. Aufl., S. 142; wohl auch OLG Hamburg, aaO).
9
b) Andere differenzieren danach, ob die Hausgeldschuld ihre Grundlage in einem bereits vor dem Erbfall gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer hat oder auf einem erst danach gefassten Beschluss beruht.
10
aa) Für nach dem Erbfall fällig werdende Wohngeldschulden, die auf einem vor dem Erbfall gefassten Beschluss beruhen, wird überwiegend angenommen , dass es sich um eine reine Nachlassverbindlichkeit handelt, da der Beschluss noch unter der Mitwirkung oder zumindest Mitwirkungsmöglichkeit des Erblassers zustande gekommen sei (Bonifacio, MDR 2006, 244; Dötsch, ZMR 2006, 902, 906; Joachim, Die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten , 3. Aufl., Rn. 101; offen gelassen bei Siegmann, NZM 2000, 995, 997; für Eigenverbindlichkeit Marotzke, ZEV 2000, 151, 154).
11
bb) Gründeten sich die Hausgeldschulden hingegen auf einen nach dem Erbfall gefassten Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, seien sie jedenfalls auch Eigenverbindlichkeiten des Erben mit der Folge, dass eine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass nicht möglich sei. Zum Teil wird dies damit begründet, dass die Beschlussfassung über das Hausgeld unter der Mög- lichkeit der Beteiligung des stimmberechtigten Erben erfolge. Daher handle es sich bei der Begründung einer solchen Hausgeldschuld um ein dem Erben zuzurechnendes Rechtsgeschäft (MünchKomm-BGB/Küpper, 5. Aufl., § 1967 Rn. 20; Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 168; Rieke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 199; ders. ZMR 2012, 212; Dötsch, ZMR 2006, 902, 905; Bonifacio, MDR 2006, 244, 245; Siegmann, NZM 2000, 995, 996). Andere verweisen darauf, dass der Erbe für Wohngeldverbindlichkeiten primär aufgrund seiner Stellung als Wohnungseigentümer und nicht als Erbe hafte (Marotzke, ZEV 2000, 151, 154, der allerdings ein Haftungsbeschränkungsrecht des Erben entsprechend § 139 Abs. 4 HGB annimmt; Rebmann, Der Eintritt des Erben in pflichtbelastete Rechtspositionen, S. 202, 248; Joachim, Die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten, 3. Aufl., Rn. 101).
12
3. Der Senat entscheidet die Streitfrage dahin, dass nach dem Erbfall fällig werdende oder durch Beschluss neu begründete Wohngeldschulden bei einer Verwaltung des Nachlasses durch den Erben im Regelfall (jedenfalls auch) Eigenverbindlichkeiten des Erben sind und er seine Haftung daher nicht auf den Nachlass beschränken kann (bei Testamentsvollstreckung vgl. Senat, Urteil vom 4. November 2011 - V ZR 82/11, NJW 2012, 316, 317).
13
a) Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen gemäß § 1967 Abs. 2 BGB die „vom Erblasser herrührenden Schulden“, also im Zeitpunktdes Erbfalls in der Person des Erblassers bereits begründete Verpflichtungen, sowie „die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten“, also Schulden, die erst nach und aus Anlass des Erbfalls entstehen. Zu Letzterem können auch Verpflichtungen gehören, die nach dem Erbfall im Rahmen der Verwaltung des Nachlasses entstehen. Das wird angenommen für Verbindlichkeiten aus Rechtshandlungen des Nachlassverwalters und des Nachlassinsolvenzverwalters (RGZ 132, 138, 144; Joachim, Die Haftung des Erben für Nachlassverbindlich- keiten, 3. Aufl., Rn. 116; Muscheler, Erbrecht, Rn. 3396, ebenso für den Nachlasspfleger ). Für den Testamentsvollstrecker ergibt es sich ausdrücklich aus § 2206 BGB. Nach dessen Abs. 1 ist er im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung berechtigt, Verbindlichkeiten für den Nachlass einzugehen; nach Abs. 2 ist der Erbe zur Einwilligung in derartige Verbindlichkeiten verpflichtet, kann die Haftung aber auf den Nachlass beschränken.
14
b) Anders werden hingegen allgemein Verbindlichkeiten beurteilt, die der Erbe selbst im Rahmen der „eigenhändigen“ Verwaltung des Nachlasses ein- geht. Solche Rechtshandlungen des Erben begründen persönliche Eigenverbindlichkeiten des Erben (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1990 - IV ZR 326/88, BGHZ 110, 176, 179; RGZ 146, 343, 346); sie können daneben zugleich Nachlassverbindlichkeiten sein, soweit sie auf ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses beruhen (sog. Nachlasserbenschulden, vgl. Senat, BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 68/12, NJW 2013, 933, 934 Rn. 16; Urteil vom 10. Februar 1960 - V ZR 39/58, BGHZ 32, 60, 64 f.; Muscheler, Erbrecht, Rn. 3397). Durch ein Handeln des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses - sei es durch ein rechtsgeschäftliches Handeln, sei es durch eine sonstige Verwaltungsmaßnahme (etwa durch Unterlassen einer möglichen Kündigung, vgl. Soergel/Stein, BGB, 13. Aufl., § 1967 Rn. 2) - entsteht eine Eigenschuld oder Nachlasserbenschuld des Erben, für die er mit seinem Vermögen und nicht nur beschränkt auf den Nachlass haftet. Entscheidend ist stets, ob ein eigenes Verhalten des Erben Haftungsgrundlage ist. Für Verbindlichkeiten aus der Verwaltung des Nachlasses, die ohne sein Zutun entstehen, haftet der Erbe demgegenüber nur als Träger des Nachlasses (vgl. MünchKomm-BGB/Küpper, 5. Aufl., § 1967 Rn. 21).
15
c) Diese Grundsätze gelten auch für die laufenden Kosten einer in den Nachlass fallenden Eigentumswohnung. Bei ihnen besteht allerdings die Be- sonderheit, dass sie in aller Regel ohne Zutun des Erben aufgrund von (Mehrheits -)Beschlüssen der Wohnungseigentümer anfallen. Andererseits ist zu berücksichtigen , dass den Kosten Leistungen gegenüberstehen (z.B. Treppenhausreinigung , Aufzugswartung, Reparaturen), die der Erbe bei einem zum Nachlass gehörenden Haus nur über den Abschluss oder die Fortführung von Verträgen und damit unter Begründung einer Eigenschuld erhalten würde. Richtigerweise ist deshalb nicht darauf abzustellen, ob die Begründung der Hausgeldschulden auf einem Verhalten des Erben beruht, sondern ob ihm das Halten der Wohnung als ein Handeln bei der Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden kann. Ist dies der Fall, haftet er für die damit verbundenen Verbindlichkeiten , zu denen das laufende Hausgeld gehört, (auch) mit seinem eigenen Vermögen.
16
Ein Handeln des Erben bei der Verwaltung einer in den Nachlass fallenden Eigentumswohnung liegt nicht erst dann vor, wenn er eine nach außen wahrnehmbare Tätigkeit entfaltet, etwa indem er die Mieten einzieht, Handwerker beauftragt oder an Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft mitwirkt. Vielmehr ist von einem Verwaltungshandeln des Erben in der Regel spätestens dann auszugehen, wenn er die Erbschaft angenommen hat oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist und ihm faktisch die Möglichkeit zusteht, die Wohnung zu nutzen. Ab diesem Zeitpunkt beruht es allein auf seiner als Verwaltungsmaßnahme zu qualifizierenden Entscheidung, wie er mit der Wohnung verfährt, ob er sie selbst nutzt, vermietet bzw. vermietet lässt, verkauft oder in sonstiger Weise aus ihr Nutzen zieht. Auch wenn er die Wohnung leer stehen lässt, stellt dies eine Maßnahme der Verwaltung der Wohnung durch den Erben dar. Denn einer solchen Vorgehensweise liegt ebenfalls eine Entscheidung des Erben zugrunde. Diese kann von vielfältigen Erwägungen getragen sein, wie etwa der, dass im Falle eines Verkaufes für eine unvermietete Wohnung ein höherer Erlös zu erzielen ist (vgl. Siegmann, NZM 2000, 995, 996). Nur in - von dem Erben darzulegenden und zu beweisenden - Ausnahmefällen ist ein passives Verhalten des Erben im Hinblick auf eine zum Nachlass gehörende Eigentumswohnung nicht als Maßnahme ihrer Verwaltung zu qualifizieren. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Erbe aufgrund einer Belastung der Wohnung mit einem Wohnrecht für einen Dritten keine Handlungsoptionenim Hinblick auf die Nutzung der Wohnung hat und er zudem keine Nutzungen aus ihr zieht und auch nicht ziehen kann (zu einer solchen Fallgestaltung vgl. AG Düsseldorf, ZMR 2012, 583); sobald er aber an Beschlüssen der Eigentümerversammlung mitwirkt, liegt auch in diesen Konstellationen ein Verwaltungshandeln des Erben vor.
17
Gegen eine Haftung des Erben für laufendes Wohngeld (auch) mit seinem eigenen Vermögen spricht nicht, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft damit bei Unzulänglichkeit des Nachlasses besser gestellt wird als bei Durchführung eines Nachlassverwaltungs- oder Nachlassinsolvenzverfahrens (so aber Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG Rn. 174). Denn eine etwaige Besserstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft beruht nicht auf den Besonderheiten des Wohngelds, sondern allgemein auf der unterschiedlichen Behandlung von Rechtshandlungen des Nachlass(insolvenz)verwalters einerseits und dem Eigenhandeln des Erben bei dürftigem Nachlass andererseits. So etwa lassen notwendige Erhaltungsmaßnahmen an einem zum Nachlass gehörenden Einfamilienhaus bei den amtlichen Verfahren zur Nachlasssonderung eine reine Nachlassverbindlichkeit entstehen, bei dürftigem Nachlass (also beim Handeln des Erben) hingegen auch eine Eigenschuld des Erben. Diese unterschiedliche Behandlung liegt darin begründet, dass bei der Eigenverwaltung der Rechtsverkehr grundsätzlich davon ausgehen kann, dass für Verbindlichkeiten das Vermögen des Erben als Vollstreckungsobjekt zur Verfügung steht. Tritt hingegen ein Nachlass(insolvenz)verwalter auf, wird der Rechtsverkehr diese Erwartung nicht haben.
18
Die Haftung des Erben für Wohngeldschulden mit seinem Eigenvermögen im Falle der Eigenverwaltung des Nachlasses ist nicht unbillig. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass das Gesetz dem Erben ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung stellt, die persönliche Haftung auszuschließen (vgl. Siegmann , NZM 2000, 995, 997). Er kann die Erbschaft binnen sechs Wochen seit Kenntnis des Erbfalls ausschlagen (§ 1944 BGB); dieser Zeitraum reicht in der Regel aus, um die Überschuldung des Nachlasses festzustellen. Hat er die Überschuldung des Nachlasses nicht erkannt, kann er unter bestimmten Voraussetzungen die Annahme anfechten (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar, 1989 - IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 363). Will er sich der persönlichen Haftung für künftige Wohngeldschulden entziehen, steht es ihm frei, die Wohnung zu veräußern oder gem. § 175 ZVG die Zwangsversteigerung zu beantragen.

III.

19
Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die oben dargestellten rechtlichen Gesichtspunkte bisher von den Parteien nicht bedacht und in den Tatsacheninstanzen nicht erörtert worden sind. Die Zurückverweisung gibt den Beklagten Gelegenheit ergänzend vorzutragen, ob hier ein Sachverhalt vorliegt, bei dem ausnahmsweise ein Handeln der Erben bei der Verwaltung der Wohnung zu verneinen ist. Stresemann Czub Roth Weinland Kazele
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 24.10.2011 - 95b C 88/11 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.02.2012 - 25 S 139/11 -

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(1) Ist die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich oder wird aus diesem Grunde die Nachlassverwaltung aufgehoben oder das Insolvenzverfahren eingestellt, so kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht. Der Erbe ist in diesem Fall verpflichtet, den Nachlass zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben.

(2) Das Recht des Erben wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gläubiger nach dem Eintritt des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung ein Pfandrecht oder eine Hypothek oder im Wege der einstweiligen Verfügung eine Vormerkung erlangt hat.

(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

(2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

(2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

(2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

(1) Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.

(2) Auf den Anteil eines Miterben (Erbteil) finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung.

(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.

(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.

(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.

(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.

(1) Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß im Falle des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt werden soll, so kann jeder Erbe sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abhängig machen, daß ihm unter Belassung des bisherigen Gewinnanteils die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt und der auf ihn fallende Teil der Einlage des Erblassers als seine Kommanditeinlage anerkannt wird.

(2) Nehmen die übrigen Gesellschafter einen dahingehenden Antrag des Erben nicht an, so ist dieser befugt, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sein Ausscheiden aus der Gesellschaft zu erklären.

(3) Die bezeichneten Rechte können von dem Erben nur innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Zeitpunkt, in welchem er von dem Anfalle der Erbschaft Kenntnis erlangt hat, geltend gemacht werden. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des § 210 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Ist bei dem Ablaufe der drei Monate das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft noch nicht verloren, so endigt die Frist nicht vor dem Ablaufe der Ausschlagungsfrist.

(4) Scheidet innerhalb der Frist des Absatzes 3 der Erbe aus der Gesellschaft aus oder wird innerhalb der Frist die Gesellschaft aufgelöst oder dem Erben die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt, so haftet er für die bis dahin entstandenen Gesellschaftsschulden nur nach Maßgabe der die Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten betreffenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Der Gesellschaftsvertrag kann die Anwendung der Vorschriften der Absätze 1 bis 4 nicht ausschließen; es kann jedoch für den Fall, daß der Erbe sein Verbleiben in der Gesellschaft von der Einräumung der Stellung eines Kommanditisten abhängig macht, sein Gewinnanteil anders als der des Erblassers bestimmt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 82/11 Verkündet am:
4. November 2011
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gehört eine Eigentumswohnung zu dem Nachlass, weil sie der Testamentsvollstrecker
für den Erben mit Nachlassmitteln erworben hat, sind die Hausgeldschulden,
die während der Dauer der Testamentsvollstreckung fällig werden, Nachlassverbindlichkeiten.
BGH, Urteil vom 4. November 2011 - V ZR 82/11 - LG Bamberg
AG Würzburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2011 durch die
Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bamberg vom 5. April 2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit notariellem Testament setzte die im Januar 2008 verstorbene A. K. ihren Enkel als Erben ein, ordnete die Testamentsvollstreckung durch den Beklagten bis zum 31. Dezember 2022 an und verfügte darüber hinaus , dass der Testamentsvollstrecker für den Enkel - soweit dieser es wünsche und an ihrem Todestag noch keine Eigentumswohnung besitze - von ihrem Bargeld bzw. sonstigen Vermögen eine angemessene Eigentumswohnung kaufen solle. Der Beklagte erwarb im August 2008 für den Erben eine Eigentumswohnung , die zu der Wohnanlage der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft gehört. Im Grundbuch wurden der Erbe als Wohnungseigentümer sowie ein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen. Die Klägerin erwirkte gegen den Erben wegen rückständiger Hausgeldforderungen für die Zeit von August 2008 bis September 2009 rechtskräftige Vollstreckungsbescheide über insgesamt 5.636,03 €. Am 17. September 2009 beschlossen die Wohnungseigentümer den Wirtschaftsplan für das Jahr 2010 und legten fest, dass die Hausgeldbeiträge unverändert bleiben sollten. Nachdem die Zwangsvollstreckung in die Eigentumswohnung nicht gelang, verlangt die Klägerin nunmehr von dem Beklagten Zahlung des gegen den Erben titulierten Betrags sowie des Hausgelds von Oktober 2009 bis März 2010 in Höhe von 2.586 €. Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, in Höhe von 5.636,03 € die Zwangsvollstreckung in den Nachlass zu dulden und 2.586 € an die Klägerin zu zahlen. Die Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Das Berufungsgericht meint, das Amtsgericht habe den Zahlungsantrag zutreffend in einen Duldungsantrag umgedeutet, soweit die Forderung gegen den Erben bereits tituliert worden sei. Es sei unerheblich, dass die Wohnung erst nach dem Tod der Erblasserin erworben worden sei, weil dies mit Mitteln aus dem Nachlass und aufgrund der Anweisung in dem Testament geschehen sei. Die Hausgeldforderungen stellten sowohl Eigen- als auch Nachlassverbindlichkeiten dar mit der Folge, dass sowohl das Eigenvermögen des Erben als auch das Nachlassvermögen hafte. Ihre Begleichung entspreche der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses.

II.

3
Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Hausgeldforderungen zu Recht als Nachlassschulden angesehen, die gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 1 BGB sowohl gegen den Erben als auch gegen den Beklagten als Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden können. Dies setzt voraus, dass die Wohnung zu dem Nachlass gehört und der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterliegt (vgl. § 2213 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ferner müssen die Hausgeldschulden Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB sein (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 70. Aufl., § 2213 Rn. 1). Diese Voraussetzungen sind gegeben.
4
1. Die Wohnung gehört zu dem Nachlass, für den eine Dauervollstreckung im Sinne von § 2209 BGB angeordnet ist. Weil er aus diesem Grund ein Sondervermögen bildet, findet die auf die Erbengemeinschaft bezogene Bestimmung des § 2041 Satz 1 BGB über die dingliche Surrogation analoge Anwendung (vgl. RGZ 138, 132, 134; MünchKomm-BGB/Gergen, 5. Aufl., § 2041 Rn. 3; Staudinger/Werner, BGB [2010] § 2041 Rn. 12). Die Surrogation tritt auch dann ein, wenn der Erwerb - wie hier - mit Mitteln des Nachlasses erfolgt (MünchKomm-BGB/Gergen, 5. Aufl., § 2041 Rn. 12). Dabei ist unerheblich, ob der Testamentsvollstrecker eine testamentarische Anordnung im Sinne von § 2216 Abs. 2 Satz 1 BGB befolgt. § 2216 BGB betrifft nämlich nicht das Außenverhältnis zu den Gläubigern - also der Klägerin -, sondern die dem Testamentsvollstrecker gegenüber dem Erben obliegenden Pflichten (näher MünchKomm -BGB/Zimmermann, 5. Aufl., § 2216 Rn. 3 und 13). Entgegen der Auffassung der Revision kommt es deshalb nicht darauf an, dass der Beklagte den Kauf nur mit Einverständnis des Erben ausführen sollte. Die Zugehörigkeit der Eigentumswohnung zu dem Nachlass ist auch nicht durch eine Freigabe gemäß § 2217 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgehoben worden. Ebenso wenig enthält das Testament einen Anhaltspunkt dafür, dass die Wohnung nach dem Erwerb nicht mehr der Testamentsvollstreckung unterliegen sollte. Deshalb erstreckt sich die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers gemäß § 2205 Satz 1 BGB auf sie (vgl. § 2213 Abs. 1 Satz 2 BGB).
5
2. Die Hausgeldforderungen sind Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB.
6
a) Überwiegend werden Hausgeldschulden für eine im Wege der Erbfolge erworbene Eigentumswohnung auch dann als Nachlassverbindlichkeiten angesehen, wenn sie erst nach dem Erbfall fällig werden und - wie hier jedenfalls teilweise - ihre Grundlage in einem erst nach dem Erwerb gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer haben. Im Einzelnen streitig ist dabei lediglich , ob sie reine Nachlassschulden (so jedenfalls im Ergebnis BayObLG, NZM 2000, 41 ff.; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG Rn. 174) oder sogenannte Nachlasserbenschulden darstellen, bei denen sowohl der Nachlass als auch der Erbe persönlich haftet (so mit unterschiedlichen Differenzierungen OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 177; OLG Köln, NJW-RR 1992, 460; Dötsch, ZMR 2006, 902, 906; MünchKomm-BGB/Küpper, 5. Aufl., § 1967 Rn. 20; Marotzke, ZEV 2000, 153, 154; Niedenführ, NZM 2000, 641, 642). Teilweise wird aber auch vertreten, dass eine reine Eigenschuld des Erben entstehe (für die Zeit ab dem Erbfall Rieke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 199; für die auf die erste Beschlussfassung nach dem Erbfall folgende Zeit Bonifacio, MDR 2006, 244, 245; Siegmann, NZM 2000, 995, 996).
7
b) Eine reine Eigenschuld des Erben scheidet jedenfalls dann aus, wenn - wie hier - eine Dauervollstreckung angeordnet ist und die Wohnung von dem Testamentsvollstrecker verwaltet wird. Geht der Testamentsvollstrecker im Rahmen der Verwaltung Verbindlichkeiten ein, entstehen nach allgemeiner Meinung notwendig Nachlassverbindlichkeiten (MünchKomm-BGB/Küpper, BGB, 5. Aufl., § 1967 Rn. 21; Hügel, ZWE 2006, 174, 177). Weil der Testamentsvollstrecker verwaltungsbefugt ist, hat nach allgemeiner Ansicht er und nicht der Erbe das Stimmrecht auszuüben (Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 25 Rn. 26; Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 25 Rn. 29; Palandt /Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 25 WEG Rn. 2; Hügel, ZWE 2006, 174, 178). Unabhängig davon, ob er von seinem Stimmrecht Gebrauch macht, sind die beschlossenen Hausgeldforderungen insgesamt Folge seiner Verwaltung und damit Nachlasserbenschulden (vgl. Hügel, ZWE 2006, 174, 177).

III.

8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 22.07.2010 - 30 C 769/10 WEG -
LG Bamberg, Entscheidung vom 05.04.2011 - 1 S 40/10 WEG -

(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

(2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

(1) Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt, Verbindlichkeiten für den Nachlass einzugehen, soweit die Eingehung zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich ist. Die Verbindlichkeit zu einer Verfügung über einen Nachlassgegenstand kann der Testamentsvollstrecker für den Nachlass auch dann eingehen, wenn er zu der Verfügung berechtigt ist.

(2) Der Erbe ist verpflichtet, zur Eingehung solcher Verbindlichkeiten seine Einwilligung zu erteilen, unbeschadet des Rechts, die Beschränkung seiner Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten geltend zu machen.

16
(1) Als sogenannte Nachlasserbenschulden werden im Allgemeinen Verbindlichkeiten bezeichnet, die durch Rechtsgeschäfte des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses entstehen und die deshalb sowohl Eigenverbindlichkeiten des Erben als auch - soweit sie auf ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses beruhen - Nachlassverbindlichkeiten sind (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1990 - IV ZR 326/88, BGHZ 110, 176, 179). Unter diesem Blickwinkel lässt sich eine persönliche Haftung der Beklagten nicht begründen, denn ein rechtsgeschäftliches Handeln der Beklagten zur Fortsetzung des Mietverhältnisses liegt nicht vor.

(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.

(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.

(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.

(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.

(1) Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.

(2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.

(3) Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält.

(1) Hat ein Nachlaßgläubiger für seine Forderung ein Recht auf Befriedigung aus einem zum Nachlasse gehörenden Grundstück, so kann der Erbe nach der Annahme der Erbschaft die Zwangsversteigerung des Grundstücks beantragen. Zu dem Antrag ist auch jeder andere berechtigt, welcher das Aufgebot der Nachlaßgläubiger beantragen kann.

(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet oder wenn der Nachlaßgläubiger im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen ist oder nach den §§ 1974, 1989 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht.