Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juni 2011 - V ZR 233/10

bei uns veröffentlicht am10.06.2011
vorgehend
Amtsgericht Sinzig, 14 C 118/09, 14.04.2010
Landgericht Koblenz, 6 S 109/10, 26.10.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 233/10
Verkündet am:
10. Juni 2011
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juni 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. Oktober 2010 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt worden ist, die im Keller des Hausanwesens K. 10 in O. verlaufenden Strom- und Wasserleitungen, die das Hausgrundstück K. 12 und 14 in O. versorgen, zu entfernen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Nachbarn. Die Kläger haben ihr Hausgrundstück im Jahr 2005 aufgrund notariellen Vertrages von dem Beklagten erworben. § 4 („Sach- und Rechtsmängel“) des Vertrages enthält unter Absatz 1 einen Gewährleistungsausschluss. In Absatz 2 ist bestimmt, dass der Käufer den Kauf- gegenstand besichtigt hat und ihn im gegenwärtigen Zustand kauft. Das Haus der Kläger grenzt unmittelbar an die beiden auf dem Grundstück des Beklagten befindlichen Häuser an. Für alle drei Häuser besteht eine gemeinsame Stromund Wasserversorgung. Die Leitungen für die Versorgung der Häuser des Beklagten verlaufen im Keller des Hauses der Kläger. In einem diesem Rechtsstreit vorangegangenen gerichtlichen Verfahren verlangten die Kläger vom Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrages; ihre Klage blieb jedoch ohne Erfolg. Die Kläger begehren nun die Beseitigung der in ihrem Keller verlaufenden , der Versorgung der Anwesen des Beklagten dienenden Leitungen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und, soweit hier von Interesse, der Widerklage des Beklagten auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten, die ihm anlässlich des vorangegangenen Prozesses und wegen des streitgegenständlichen Verfahrens entstanden sind, stattgegeben. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben und die Widerklage, soweit hier von Interesse, abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts erreichen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Nach Ansicht des Berufungsgerichts können die Kläger einen Beseitigungsanspruch zwar nicht aus einer mit dem Beklagten getroffenen mündlichen Vereinbarung herleiten; selbst wenn sich die Parteien anlässlich des notariellen Kaufvertrages auf eine Beseitigung der Leitungen geeinigt haben sollten, wäre diese Vereinbarung mangels notarieller Beurkundung unwirksam. Der Anspruch der Kläger sei jedoch nach § 1004 BGB begründet. Eine Duldungspflicht der Kläger nach § 1004 Abs. 2 BGB bestehe nicht. Soweit sich der Beklagte darauf berufe, sich mit den Klägern über den Verbleib der Leitungen geeinigt zu haben , fehle es ebenfalls an der erforderlichen notariellen Beurkundung. Im Übrigen müsste eine solche Vereinbarung, hätte sie tatsächlich stattgefunden, als jederzeit kündbarer unentgeltlicher Gestattungsvertrag eingestuft werden. Die widerklagend geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten seien mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht erstattungsfähig.

II.


3
Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es einen Anspruch der Kläger gem. § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung der durch ihren Keller verlaufenden Versorgungsleitungen des Beklagten bejaht, halten rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.
4
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings eine Eigentumsbeeinträchtigung der Kläger durch den Beklagten bejaht.
5
Unter einer Eigentumsbeeinträchtigung ist jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand zu verstehen. Zu der dem Eigentümer durch § 903 BGB garantierten umfassenden Sachherrschaft gehört es, fremde Gegenstände von dem eigenen Grundstück fernzuhalten. Deshalb sind diese Gegenstände bis zu ihrer Entfernung allein durch ihre Anwesenheit eine Quelle fortdauernder Eigentumsstörungen (Senat, Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367 Rn. 5). Bei den Leitungen handelt es sich um für die Kläger fremde Gegenstände. Sie stehen im Eigentum des Beklagten.
6
a) Entgegen der Auffassung des Beklagten erstreckt sich das Eigentum der Kläger an dem Hausgrundstück nicht gem. § 946 BGB auf die in deren Kel- ler verlaufenden, der Versorgung allein der Anwesen des Beklagten dienenden Leitungen. Denn diese Leitungen sind nicht wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) des Hauses der Kläger. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören nach § 94 Abs. 2 BGB die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen. Hierfür ist eine feste Verbindung mit dem Gebäude nicht nötig (Senat, Urteil vom 10. Februar 1978 - V ZR 33/76, NJW 1978, 1311). "Zur Herstellung" in diesem Sinne sind alle Teile eingefügt, ohne die das Gebäude nach der Verkehrsanschauung noch nicht fertig gestellt ist (Senat, Urteil vom 25. Mai 1984 - V ZR 149/83, NJW 1984, 2277, 2278). Dies ist bei den Versorgungsleitungen nicht der Fall. Sie sind nicht zur Herstellung des Gebäudes der Kläger eingefügt , sondern dienen allein der Versorgung des Nachbargrundstücks mit Wasser und Strom.
7
Die Versorgungsleitungen sind auch nicht aufgrund der allgemeinen Vorschrift des § 93 BGB wesentlicher Bestandteil des Gebäudes der Kläger geworden (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 1961 - V ZR 30/60, BGHZ 36, 47, 51). Anhaltspunkte dafür, dass sie nur im Wege der Zerstörung entfernt werden können, liegen nicht vor.
8
b) Anders als der Beklagte meint, stehen die Versorgungsleitungen auch nicht im Eigentum des Versorgungsunternehmens. Das Beseitigungsverlangen der Kläger bezieht sich nicht auf die öffentlichen Versorgungsleitungen, sondern auf die in ihrem Keller verlaufenden Leitungen, die - ausgehend von der gemeinsamen Hauptversorgungsleitung - der Versorgung der angrenzenden Häu- ser des Beklagten dienen. Dieses „innere Leitungsnetz“ ist nicht Eigentum des Versorgungsunternehmens (vgl. Staudinger/Jickeli/Stieper, BGB [2004], § 94 Rn. 37).
9
c) Die Versorgungsleitungen stehen als Zubehör des Hausgrundstücks des Beklagten vielmehr in dessen Eigentum. Gemäß § 97 BGB ist eine bewegliche Sache grundsätzlich dann Zubehör, wenn sie, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, nicht nur vorübergehend dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt ist und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis steht. Die Leitungen sind - und zwar nicht nur vorübergehend - dazu bestimmt, die Anwesen des Beklagten mit Strom und Wasser zu versorgen und so die Nutzbarkeit der Wohngebäude zu ermöglichen. Der Annahme der Zubehöreigenschaft steht nicht entgegen, dass sich die Leitungen nicht auf dem Grundstück des Beklagten befinden. Geht es um die Frage, ob ein Gegenstand Zubehör zu einem Grundstück ist, dann braucht er sich nicht auf diesem Grundstück selbst zu befinden; auch wenn er nur in der Nähe desselben untergebracht ist, kann dem Erfordernis des räumlichen Verhältnisses genügt sein (Senat, Urteil vom 19. März 1965 - V ZR 270/62, MDR 1965, 561). So liegt es hier. Zwischen den im Keller des Hauses der Kläger verlaufenden Leitungen und den beiden Häusern des Beklagten besteht eine unmittelbare räumliche Beziehung, da die Anwesen der Parteien aneinander angrenzen. Gerade diese räumliche Situation wurde für die Versorgung des Hausgrundstücks des Beklagten nutzbar gemacht.
10
2. Nicht frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht jedoch eine Duldungspflicht der Kläger gem. § 1004 Abs. 2 BGB verneint.
11
a) Allerdings begründet entgegen der Ansicht des Beklagten § 26 Landesnachbarrechtsgesetz (LNRG) für Rheinland-Pfalz keine Pflicht der Kläger zur Duldung der in ihrem Keller verlaufenden Wasserleitung des Beklagten. Nach dieser Vorschrift hat der Eigentümer zu dulden, dass durch sein Grundstück Wasserversorgungs- und Abwasserleitungen zu einem Nachbargrundstück hindurchgeführt werden, wenn der Anschluss an das Wasserversorgungs- oder Entwässerungsnetz anders nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann und die damit verbundene Beeinträchtigung nicht erheblich ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind. § 26 LNRG Rheinland-Pfalz gewährt das Recht zum Eingriff in die Bodensubstanz des Nachbargrundstücks (Reich, Landesnachbarrechtsgesetz für Rheinland-Pfalz, § 26 Rn. 1), nicht aber das Recht zur Inanspruchnahme eines auf dem Grundstück befindlichen Wohnhauses für den Leitungsverlauf.
12
b) Ebensowenig kann sich der Beklagte auf ein Notleitungsrecht in entsprechender Anwendung von § 917 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 2008 - V ZR 172/07, BGHZ 177, 165, 167) berufen. Auch das Notleitungsrecht umfasst nicht die Befugnis zur Inanspruchnahme der Wohngebäude des vom Notleitungsrecht betroffenen Grundstücks.
13
c) Eine Duldungspflicht der Kläger folgt auch nicht - wie der Beklagte meint - aus dem kaufvertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss oder aus § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen sind, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Denn die Kläger machen nicht kaufvertragliche Gewährleistungsansprüche, sondern einen aus dem Eigentum abgeleiteten dinglichen Abwehranspruch geltend. Auf die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob das Vorhandensein der Leitungen einen Mangel des an die Kläger verkauften Hauses darstellt, kommt es daher nicht an.
14
d) Auch aus § 4 Abs. 2 des Kaufvertrages, wonach der Käufer den Kaufgegenstand besichtigt hat und ihn im gegenwärtigen Zustand kauft, lässt sich eine Duldungspflicht der Kläger nicht herleiten. Wie bereits die Überschrift zu § 4 „Sach- und Rechtsmängel“ nahe legt, handelt es sich um eine Regelung zum kaufvertraglichen Haftungsausschluss für Mängel der Kaufsache. Um kaufvertragliche Gewährleistungsansprüche geht es hier jedoch nicht.
15
e) Allerdings hat das Berufungsgericht verkannt, dass sich eine Duldungspflicht der Kläger aus einer im Rahmen des Kaufvertrages zwischen den Parteien mündlich getroffenen Vereinbarung ergeben kann.
16
aa) Nach dem (bestrittenen) erstinstanzlichen Vorbringen des Beklagten hat er den Klägern vor Abschluss des Kaufvertrages erklärt, eine Trennung der Versorgungsleitungen komme für ihn nicht in Betracht, eher werde er das Grundstück nicht verkaufen. Hiermit seien die Kläger einverstanden gewesen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auf eine Beweiserhebung über diese Behauptung des Beklagten nicht verzichtet werden. Die von ihm behauptete Vereinbarung ist als unentgeltlicher Gestattungsvertrag auszulegen. Zwar ist bei unentgeltlichen Gestattungsverträgen grundsätzlich von einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit auszugehen (Senat, Urteil vom 26. Januar 2007 - V ZR 175/06, juris, Rn. 9). Ist aber der Verbleib der sein angrenzendes Haus versorgenden Wasser- und Stromleitungen von dem Beklagten zur Voraussetzung für den Abschluss eines Kaufvertrages über das Anwesen , in dem sich die Leitungen befinden, gemacht worden und haben die Erwerber hiermit ihr Einverständnis erklärt, so liegt darin die Vereinbarung einer dauerhaften Nutzungsmöglichkeit durch den Veräußerer, bei der eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit durch den Erwerber gerade nicht gegeben sein soll. Lediglich eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit bliebe unberührt.
17
bb) Der Annahme eines wirksamen Gestattungsvertrages steht die fehlende Beurkundung der behaupteten Vereinbarung nicht entgegen. Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertra- gen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung bedarf (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) und dass das Beurkundungserfordernis alle Vereinbarungen umfasst , aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 20. Dezember 1974 - V ZR 132/73, BGHZ 63, 359, 361; Urteil vom 30. Juni 2006 - V ZR 148/05, NJW-RR 2006, 1292 mwN). Eine formnichtige Abrede der Parteien über den Verbleib der Versorgungsleitungen wäre aber gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB mit der Auflassung des Grundstücks an die Kläger und ihrer Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch wirksam geworden und damit beachtlich.
18
Allerdings wäre aus denselben Erwägungen auch die von den Klägern behauptete gegenteilige Vereinbarung, wonach sich der Beklagte anlässlich des Kaufvertrages ausdrücklich zur Entfernung der Versorgungsleitungen verpflichtet habe, wirksam mit der Folge, dass hieraus ein vertraglicher Beseitigungsanspruch der Kläger abzuleiten wäre.
19
Für die Begründetheit der Klage kommt es daher darauf an, ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine Vereinbarung hinsichtlich der Versorgungsleitungen getroffen haben. Diese Frage hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Die Sache ist daher zurückzuverweisen, damit die für eine Endentscheidung erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III.


20
Die auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Widerklage des Beklagten hat das Berufungsgericht zu Recht abgewiesen.
21
1. Dem Beklagten steht ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten für seine Verteidigung gegen das Begehren der Kläger auf Auflösung des notariellen Kaufvertrages nicht zu. Das Berufungsgericht hat zutreffend ein fahrlässiges Handeln der Kläger verneint.
22
Fahrlässig handelt der Gläubiger nicht schon dann, wenn er nicht erkennt , dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Die Berechtigung seiner Forderung kann sicher nur in einem Rechtsstreit geklärt werden. Dessen Ergebnis vorauszusehen, kann von dem Gläubiger im Vorfeld oder außerhalb eines Rechtsstreits nicht verlangt werden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entspricht der Gläubiger vielmehr schon dann, wenn er prüft, ob die Vertragsstörung auf eine Ursache zurückzuführen ist, die dem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen, der eigene Rechtsstandpunkt mithin plausibel ist. Mit dieser Plausibilitätskontrolle hat es sein Bewenden. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen , ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt (Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238, 246 Rn. 20).
23
Anhaltspunkte für ein schuldhaftes Verhalten der Kläger liegen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger die fehlende Berechtigung ihrer Forderung kannten oder sie anlässlich der erforderlichen Plausibilitätsprüfung hätten erkennen müssen, dass ihr Rechtsstandpunkt nicht plausibel ist. Der Hinweis des Beklagten auf die „Komplexität der Sache“ bestätigt vielmehr die Würdi- gung des Berufungsgerichts, wonach für die Kläger ungewiss war, ob eine Pflichtverletzung des Beklagten vorlag und sie zum Rücktritt berechtigte.
24
2. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Beklagten zur Abwehr des Verlangens der Kläger auf Entfernung der Versorgungsleitungen sind ebenfalls nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB ersatzfähig. In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, ob sich das Verlangen der Kläger letztlich als berechtigt oder unberechtigt erweisen wird. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass den Klägern der Vorwurf eines fahrlässigen Verhaltens zu machen ist, zumal sie mit ihrem Abwehrverlangen vor dem Berufungsgericht Erfolg hatten.
25
3. Gegen die rechtlich zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts , mangels Verzugs der Kläger stehe dem Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten für die widerklagend geltend gemachten verauslagten öffentlichen Abgaben und Versicherungsleistungen nicht zu, erhebt der Beklagte keine Einwendungen.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland Vorinstanzen:
AG Sinzig, Entscheidung vom 14.04.2010 - 14 C 118/09 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 26.10.2010 - 6 S 109/10 -

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K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Beseitigungspflicht des für eine Bodenkontamination auf dem Nachbargrundstück
Verantwortlichen ist nicht auf das Abtragen und Entsorgen des verunreinigten
Erdreichs beschränkt, sondern umfaßt auch die anschließende Wiederherstellung
des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks.
BGH, Urt. v. 4. Februar 2005 - V ZR 142/04 - LG Aurich
AG Aurich
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Februar 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und
die Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 28. Mai 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Am Abend des 30. Juni 2002 trat unter nicht näher geklärten Umständen in einem auf dem Grundstück des Beklagten stehenden Schuppen eine kohlenwasserstoffhaltige Flüssigkeit aus, die sich auf dem den Klägern gehörenden Nachbargrundstück ausbreitete. Die hierdurch verunreinigten Gehwegplatten , Kantensteine und Bodenschichten wurden auf Veranlassung der zuständigen Ordnungsbehörde entfernt; dabei wurden zahlreiche Pflanzen zerstört. Durch die Wiederherstellung ihres Grundstücks sind den Klägern Kosten in Höhe von 910,38 € entstanden, deren Erstattung sie von dem Beklagten verlangen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision
verfolgen die Kläger ihre Klage weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch der Kläger nach § 823 Abs. 1 BGB, weil nicht erwiesen sei, daß der Beklagte die Bodenverunreinigung verschuldet habe. Auch ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683, 684 BGB in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB stehe den Klägern nicht zu. Die über die Beseitigung der Bodenverunreinigung hinausgehende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks sei von dem Abwehranspruch nicht umfaßt. Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nur im Ergebnis stand.

II.

1. a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Eigentümer , der eine Beeinträchtigung seines Eigentums selbst beseitigt hat, von dem nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu verpflichteten Störer Ersatz der zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen kann, weil er ein Geschäft des Störers besorgt hat (§§ 683, 684 BGB) oder - wenn sich die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht feststellen lassen - weil der Störer unter Ersparung eigener Aufwendungen von seiner Be-
seitigungspflicht frei geworden und deshalb ungerechtfertigt bereichert ist (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 98, 235, 240; 110, 313, 314 f.; 142, 227, 237; Senat, BGHZ 60, 235, 243; 97, 231, 234; 106, 142, 143; zuletzt Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604) und der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur (Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 69; MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 90; Palandt /Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 1004 Rdn. 30; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 118; Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 12 Rdn. 22; Larenz /Canaris, Schuldrecht II/2, 13. Aufl., S. 701; Wolf, Sachenrecht, 20. Aufl., Rdn. 320; gegen einen Bereicherungsanspruch Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 153).
b) Richtig ist auch, daß die Verunreinigung eines Grundstücks mit Kohlenwasserstoffen eine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt. Hierunter ist jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand zu verstehen (Senat, BGHZ 66, 37, 39; 156, 172, 175; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 954). Gelangen ohne den Willen des Eigentümers fremde Gegenstände oder Stoffe auf sein Grundstück oder in dessen Erdreich, beeinträchtigen sie die dem Eigentümer durch § 903 BGB garantierte umfassende Sachherrschaft, zu der es auch gehört, fremde Gegenstände oder Stoffe von dem eigenen Grundstück fernzuhalten. Deshalb sind diese Gegenstände oder Stoffe bis zu ihrer Entfernung allein durch ihre Anwesenheit eine Quelle fortdauernder Eigentumsstörungen (Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Mertens, NJW 1972,
1783, 1785; Lohse, AcP 201 [2001], 902, 924). Dies gilt auch dann, wenn der Eigentümer sein Eigentum an der störenden Sache aufgegeben oder - wie hier - durch Verbindung mit dem beeinträchtigten Grundstück verloren hat (§ 946 BGB). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in der Verunreinigung des Erdreichs mit Milchpulverrückständen (BGHZ 110, 313, 315), mit Chemikalien (Senat, Urt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, WM 1966, 643, 644 f.; Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846) oder mit Öl (BGHZ 142, 227, 237; vgl. auch BGHZ 98, 235, 241) eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums gesehen (ebenso Erman/Ebbing, § 1004 Rdn. 93; Soergel /Mühl, § 1004 Rdn. 29; Baur, AcP 175 [1975], 177, 179 f.). Soweit demgegenüber im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Beeinträchtigung ende mit dem Verlust des Eigentums an der störenden Sache , weil deren bisheriger Eigentümer von diesem Zeitpunkt an keine dem Grundstückseigentümer zugewiesene Befugnisse mehr in Anspruch nehme (AK-BGB/Kohl, § 1004 Rdn. 50 f.; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 112; Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, S. 113, 116; ders. in Festschrift für Gernhuber, S. 315, 336 f.; Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rdn. 1273 f.; Gursky, JZ 1996, 683, 684; Kahl, LM BGB § 1004 Nr. 217 unter 2 b; Lobinger, JuS 1997, 981, 983), kann dem nicht gefolgt werden (Senat, BGHZ 41, 393, 397; Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Erman /Ebbing, § 1004 Rdn. 132; Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 20; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 25, 28; Palandt/Bassenge, § 1004 Rdn. 28; Larenz/Canaris, aaO, S. 681, 689; Mertens, NJW 1972, 1783, 1785; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 472; Roth, JZ 1998, 94, 95). Die Beschränkung der den negatorischen Beseitigungsanspruch auslösenden Beeinträchti-
gung auf Eingriffe in die rechtliche Integrität des Eigentums, auf eine faktische „Rechtsusurpation“, hätte zur Folge, daß die Vorschrift des § 1004 BGB die ihr zugedachte Aufgabe, zusammen mit § 985 BGB das Eigentum und die damit verbundene Sachherrschaft in umfassender Weise zu schützen (Mertens, NJW 1972, 1783), nur noch unvollständig erfüllen könnte. Tatsächlich muß dem Eigentum auch dann Geltung verschafft werden können, wenn der Eigentümer – wie im Fall einer Bodenkontamination – an der Ausübung seiner uneingeschränkten Sachherrschaft gehindert ist, ohne daß sich der hierfür Verantwortliche irgendwelche Eigentümerbefugnisse anmaßt. Insoweit genügt es nicht, den Eigentümer auf deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche zu verweisen (so jedoch Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 43 f., 113; Picker in Festschrift für Gernhuber, S. 315, 338; Wilhelm, aaO, Rdn. 1273; Gursky, JZ 1996, 683, 684; Lobinger, JuS 1997, 981, 983), weil diese wegen des Verschuldenserfordernisses keinen dem negatorischen Beseitigungsanspruch gleichwertigen Eigentumsschutz gewährleisten. Hinzu kommt, daß es dem Störer auf der Grundlage der Usurpationstheorie möglich wäre, sich der Beseitigungspflicht und der damit verbundenen Pflicht zur Kostentragung durch die Aufgabe des Eigentums an der auf dem fremden Grundstück befindlichen Sache zu entziehen. Dies widerspräche jedoch der § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zugrunde liegenden Wertung (vgl. Motive III, S. 425), daß der Störer alles zur Störungsbeseitigung Erforderliche auf eigene Kosten vorzunehmen hat (Larenz/Canaris, aaO, S. 689, 696; Roth, JZ 1998, 94, 95). 2. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränke sich die Beseitigungspflicht des für eine Bodenkontamination Verantwortlichen auf das Abtragen und Entsorgen
des verunreinigten Erdreichs, umfasse also nicht die anschließende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks.
a) Nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB muß der Störer die fortdauernde (Senat, BGHZ 28, 110, 113) Eigentumsbeeinträchtigung beseitigen. Dies bedeutet , daß er den dem Inhalt des Eigentums entsprechenden Zustand wiederherzustellen hat (Motive III, S. 423; Soergel/Mühl, § 1004 Rdn. 112). Geschuldet ist daher jedenfalls die Beseitigung der Störungsquelle (Erman/Ebbing, § 1004 Rdn. 64; Erman/Hefermehl, § 1004 Rdn. 7; Jauernig, § 1004 Rdn. 7; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 71; Baur/Stürner, aaO, Rdn. 7, 20; Larenz/Canaris, aaO, S. 698, 700; Mertens, NJW 1972, 1783, 1785; Stickelbrock , AcP 197 [1997], 456, 464 ff.), im Fall einer Bodenverunreinigung also der auf dem Grundstück oder in dessen Erdreich befindlichen Schadstoffe. Dies gilt auch dann, wenn diese Stoffe aufgrund ihrer engen Verbindung mit dem Erdreich nicht isoliert entfernt werden können, ihre Beseitigung mithin – wie hier - den Aushub des Bodens und dessen anschließende Entsorgung erfordert (Senat , Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Erman /Hefermehl, § 1004 Rdn. 21; Jauernig, § 1004 Rdn. 7; Wolf, aaO, Rdn. 319; Kluth, WiB 1996, 275; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 480). Indem die Vorschrift des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Durchführung der Störungsbeseitigung ausschließlich dem Störer überträgt (vgl. Senat, Urt. v. 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 143), weist sie ihm gleichzeitig das Risiko zu, aufgrund der technischen Gegebenheiten insoweit eine erweiterte Leistung erbringen zu müssen, als es zu der Beseitigung der reinen Störung an sich erforderlich wäre. Wenn das eine nicht ohne das andere möglich ist, erstreckt sich deshalb die Pflicht zur
Beseitigung einer Bodenverunreinigung auch auf die Beseitigung des Erdreichs und dessen Entsorgung (Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846).
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere des Senats, ist der Störer darüber hinaus auch zur Beseitigung solcher Eigentumsbeeinträchtigungen verpflichtet, die zwangsläufig durch die Beseitigung der primären Störung entstehen. Erfordert etwa die Beseitigung störender Baumwurzeln, die von dem Nachbargrundstück in eine Abwasserleitung eingedrungen sind, die Zerstörung dieser Leitung, hat der Störer eine neue Abwasserleitung zu verlegen (Senat, BGHZ 97, 231, 236 f.; Urt. v. 26. April 1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826, 2828; Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, NJW 1995, 395, 396; BGH, Urt. v. 8. Dezember 1999, IV ZR 40/99, NJW 2000, 1194, 1196 f.). Muß zur Beseitigung solcher Baumwurzeln ein auf dem beeinträchtigten Grundstück befindlicher Tennisplatzbelag oder ein Plattenweg entfernt werden, ist der Störer zur Wiederherstellung dieser Anlagen verpflichtet (Senat, BGHZ 135, 235, 238; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604). Wird das Eigentum an einem Grundstück durch eine dort verbliebene Fernwärmeleitung beeinträchtigt, kann der Grundstückseigentümer nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB neben der Entfernung der Leitung auch die Wiederherstellung der durch diese Maßnahme beeinträchtigten Gestaltung des Grundstücks verlangen (Senat, Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 954). Derartige Beeinträchtigungen infolge der Störungsbeseitigung unterscheiden sich von solchen Beeinträchtigungen, die als weitere Folge der primären Störung entstanden sind. Nur hinsichtlich dieser weiteren Störungsfolgen stellt sich die von dem Berufungsgericht angespro-
chene Frage, wie die verschuldensunabhängige negatorische Haftung ihrem Umfang nach von der verschuldensabhängigen deliktsrechtlichen Haftung abzugrenzen ist (Senat, BGHZ 97, 231, 237). Beeinträchtigungen, die aus der Störungsbeseitigung selbst resultieren, sind dagegen nach dem Zweck des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne weiteres von der Beseitigungspflicht umfaßt (Larenz/Canaris, aaO, S. 701; vgl. auch Herrmann, JR 1998, 242, 243; Roth, JZ 1998, 94, 95; Wolf, LM § 254 BGB [Bb] Nr. 13; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 466). Denn das Ziel des negatorischen Beseitigungsanspruchs, den dem Inhalt des Eigentums entsprechenden Zustand wiederherzustellen, würde offensichtlich verfehlt, wenn der Eigentümer die Beseitigung einer Störung nur unter Inkaufnahme anderer, möglicherweise sogar weitergehender Beeinträchtigungen verlangen könnte. Um eine derartige Entwertung des negatorischen Beseitigungsanspruchs zu vermeiden, sprechen sich auch Vertreter eines engen Beeinträchtigungsbegriffs für eine verschuldensunabhängige Verpflichtung des Störers zum Ersatz von Begleitschäden der Störungsbeseitigung aus (Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 156; Wilhelm, aaO, Rdn. 1283; Vollkommer , NJW 1999, 3539). Zwar stützen sie diese Verpflichtung nicht auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern auf die analoge Anwendung der §§ 867 Satz 2, 962 Satz 3, 1005 BGB, ohne jedoch hierdurch zu abweichenden Ergebnissen zu gelangen. War es also zur Beseitigung der in das Grundstück der Kläger eingedrungenen Kohlenwasserstoffe erforderlich, die verunreinigten Bodenschichten einschließlich der darauf befindlichen Pflanzen und baulichen Anlagen zu entfernen, traf den für die Kontamination Verantwortlichen unabhängig von einem Verschulden auch die Pflicht zur Wiederherstellung der durch die Störungsbeseitigung beeinträchtigten Gestaltung des Grundstücks.
3. Die angefochtene Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist der Beklagte für die Verunreinigung des im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücks weder deliktsrechtlich als Täter (§ 823 Abs. 1 BGB) noch negatorisch als Störer (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verantwortlich.
a) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch der Kläger abgelehnt hat, werden von der Revision nicht angegriffen. Das Urteil läßt insoweit auch keine materiellen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB mit der Begründung verneint, die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis für ein „schadensursächliches Verschulden“ des Beklagten nicht erbracht. Trotz der insoweit mißverständlichen Formulierung hat das Berufungsgericht den Anspruch nicht etwa an fehlendem Verschulden des Beklagten im Sinne von § 276 BGB scheitern lassen. Vielmehr ist es von der ernsthaften Möglichkeit ausgegangen, daß die Bodenverunreinigung in Abwesenheit des Beklagten durch Dritte, insbesondere durch die mit ihm verfeindeten Nachbarn, vorsätzlich herbeigeführt worden sein könnte, um den Beklagten zu schädigen. Damit hat es bereits eine kausale Verletzungshandlung des Beklagten als nicht erwiesen erachtet. Auch eine Eigentumsverletzung durch pflichtwidriges Unterlassen kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in Betracht. Zwar hat es der Beklagte unstreitig versäumt, seinen Schuppen gegen das Eindringen unbefugter Dritter zu sichern. Anlaß zu solchen Sicherungsmaßnahmen hätte er jedoch allenfalls dann gehabt, wenn er dort tatsächlich umweltgefährdende Stoffe gelagert hätte. Dies steht nach der von
der von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Beweiswürdigung des Amtsgerichts aber ebenfalls nicht fest. Denkbar ist demnach, daß die für die Bodenverunreinigung etwa verantwortlichen Dritten selbst die schädliche Flüssigkeit zunächst in den Schuppen des Beklagten verbracht haben.
b) Ist somit nicht erwiesen, daß die Kontaminierung des den Klägern gehörenden Grundstücks auf ein Verhalten - also auf ein positives Tun oder ein pflichtwidriges Unterlassen - des Beklagten zurückzuführen ist, kann er auch nicht als Handlungsstörer im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden. Denn Handlungsstörer ist nur derjenige, der eine Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten oder seine Willensbetätigung adäquat verursacht hat (Senat, BGHZ 49, 340, 347; 144, 200, 203; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232), wobei die Umstände, aus denen sich die Verantwortlichkeit des in Anspruch Genommenen ergeben soll, von dem Anspruchsteller nachzuweisen sind (MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 103; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 232).
c) Der Beklagte ist auch nicht Zustandsstörer allein deshalb, weil die Störung von seinem Grundstück ausgegangen ist. Vielmehr müßte die Eigentumsbeeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückzuführen sein (vgl. Senat, BGHZ 28, 110, 111; 90, 255, 266; 120, 239, 254; 122, 283, 284; 142, 66, 69; 155, 99, 105; Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, NJWRR 2001, 1208). Dies wäre der Fall, wenn der Beklagte die in eine Eigentumsbeeinträchtigung mündende Gefahr hätte beherrschen können (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 70; 155, 99, 105), insbesondere wenn er die Gefahrenlage selbst geschaffen (vgl. Senat, BGHZ 122, 283, 284 f.; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634; Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03,
NJW 2004, 3701, 3702 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]; Erman /Ebbing, § 1004 Rdn. 133; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 47; Armbrüster, NJW 2003, 3087, 3088) oder die von Dritten geschaffene Gefahrenlage aufrechterhalten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 12. Februar 1985, VI ZR 193/83, NJW 1985, 1773, 1774; Senat, Urt. v. 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659 f; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232). Ist die schädliche Flüssigkeit dagegen ohne Wissen und Wollen des Beklagten von Dritten auf sein Grundstück verbracht und dort freigesetzt worden, konnte er die hiermit verbundene Gefahr für das Grundstückseigentum der Kläger nicht abwenden. Da ein solcher Geschehensablauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ernsthaft möglich ist und die Kläger das Gegenteil nicht bewiesen haben, steht nicht fest, daß der Beklagte Zustandsstörer im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Wenzel Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigentum an dem Grundstück auf diese Sache.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.

(1) Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird.

(2) Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 172/07 Verkündet am:
4. Juli 2008
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Weder die Kompetenzvorschriften der Art. 70 bis 74 GG noch die Regelung in § 18a
WHG noch das Recht des Landes Nordrhein-Westfalen stehen der entsprechenden
Anwendung von § 917 BGB auf das Notleitungsrecht entgegen.
BGH, Urt. v. 4. Juli 2008 - V ZR 172/07 - LG Bochum
AGBochum
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Lemke, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 4. September 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Miteigentümerin eines mit einer Tiefgarage bebauten Grundstücks in B. , das von ihr und den übrigen Miteigentümern als Zuwegung zu den angrenzenden Hausgrundstücken genutzt wird. Ferner verläuft über das Grundstück eine Abwasserleitung, welche die Hausgrundstücke mit der öffentlichen Kanalisation verbindet. Diese Leitung hatte der Voreigentümer des gesamten Geländes, ein Bauträger, vor der Veräußerung des Tiefgaragengrundstücks und der Hausgrundstücke bis zu einem ihm gehörenden Nachbargrundstück verlegt, das nicht an einer Straße liegt und über keine andere Verbindung zu der öffentlichen Kanalisation verfügt. Die Beklagten erwarben das Nachbargrundstück und bebauten es mit einem Wohnhaus. Sie errichteten eine Sickeranlage für das Niederschlagswasser und schlossen ihr Haus an die über das Tiefgaragengrundstück verlaufende Abwasserleitung an. Seither leiten sie ihr Schmutzwasser durch diese Leitung ab. Eine entsprechende Dienstbarkeit besteht nicht. Die Miteigentümer des Tiefgaragengrundstücks haben die Mitbenutzung der Abwasserleitung auch nicht gestattet.
2
Mit der Behauptung, die Abwasserleitung sei überlastet und die Beklagten leiteten auch Niederschlagswasser ein, was schon mehrfach zu einem Rückstau mit Überschwemmungen geführt habe, verlangt die Klägerin von den Beklagten, die Benutzung der Leitung zu unterlassen und den Anschluss wieder zu beseitigen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen , verfolgt die Klägerin beide Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin müsse die Mitbenutzung des Tiefgaragengrundstücks dulden, weil den Beklagten entsprechend § 917 BGB ein Notleitungsrecht zustehe. Zum einen enthalte das Landesrecht keine Vorschrift , welche die entsprechende Anwendung der bundesrechtlichen Bestimmungen über den Notweg ausschließe. Das im Wasserrecht des Landes Nordrhein -Westfalen vorgesehene Zwangsrecht sei keine privatrechtliche Regelung im Sinne der Art. 65 und 124 EGBGB, sondern ausschließlich öffentlichrechtlicher Natur. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für ein Notleitungsrecht analog § 917 BGB vor. Insbesondere habe die Klägerin weder die Überlastung der Abwasserleitung noch das Einleiten von Niederschlagswasser bewiesen. Sie sei beweisfällig geblieben, weil sie den Auslagenvorschuss für die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht gezahlt habe.
4
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

II.


5
Der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB, den die Klägerin gemäß § 1011 BGB geltend macht, steht den Miteigentümern des Tiefgaragengrundstücks nicht zu, weil sie entsprechend § 917 Abs. 1 BGB den Beklagten gegenüber verpflichtet sind, die Mitbenutzung der über ihr Grundstück verlaufenden Abwasserleitung zur Durchleitung von Schmutzwasser zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB). Eine weitergehende Beeinträchtigung des Miteigentums durch die Durchleitung von Niederschlagswasser hat die Klägerin nicht bewiesen, so dass der Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB insoweit von vornherein nicht besteht.
6
1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass das Recht des Landes Nordrhein-Westfalen der entsprechenden Anwendung von § 917 BGB nicht entgegensteht.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich aus § 917 BGB die Befugnis ergeben, Abwässer eines Grundstücks über ein anderes, fremdes Grundstück der öffentlichen Kanalisation zuzuführen (BGHZ 79, 307, 308 f.; Urt. v. 4. November 1959, V ZR 49/58, WM 1959, 1461, 1462; Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322; Urt. v. 24. Januar 1968, V ZR 175/64, WM 1968, 434, 435; Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 59/89, NJW 1991, 176 f.; vgl. auch Urt. v. 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 f.). Inhalt eines solchen Notleitungsrechts kann auch die Mitbenutzung der auf dem belasteten Grundstück vorhandenen Leitungen sein (vgl. nur Senat, BGHZ 79, aaO). Wie der Senat in seinem Urteil vom 22. Juni 1990 (V ZR 59/89, aaO) klargestellt hat, dient diese Rechtsprechung zur Lückenfüllung im Wege analoger Rechtsfortbildung , soweit entsprechende landesrechtliche Regelungen fehlen. Unmittelbar regeln die Vorschriften der §§ 917, 918 BGB nämlich nur das Notwegrecht, und für ihre analoge Anwendung besteht kein Bedürfnis, wenn das Landesrecht die Voraussetzungen des Notleitungsrechts entsprechend dem Vorbehalt in Art. 124 EGBGB in eigenständiger Weise regelt, wie dies in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer Baden-Württemberg (§ 7e), Brandenburg (§ 44), Hessen (§ 30), Rheinland-Pfalz (§ 26), Saarland (§ 27), Sachsen (§ 19) und Thüringen (§ 26) der Fall ist.
8
Die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist dem gefolgt (OLG Düsseldorf AgrarR 1984, 20; NJW-RR 1991, 403, 404; OLG Hamm OLGZ 1994, 62, 63; NJW-RR 1992, 723; OLG Koblenz BauR 2003, 1881; OLG Köln BauR 1986, 727; ZMR 1994, 115, 116; VersR 2004, 1143, 1145; OLG München OLGR 1994, 217; LG Freiburg MDR 1981, 229; LG Hamburg ZMR 1980, 344; LG Köln MDR 1969, 1011; BVerwGE 50, 282, 289; Bamberger /Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 917 Rdn. 48; Erman/Lorenz, BGB, 12. Aufl., § 917 Rdn. 1; JurisPK-BGB/Rösch, 3. Aufl., § 917 Rdn. 2; NomosKomm -BGB/Ring, 2. Aufl., § 917 Rdn. 23; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 917 Rdn. 1; PWW/Lemke, BGB, 3. Aufl., § 917 Rdn. 3; Bender /Dohle, Nachbarschutz im Zivil- und Verwaltungsrecht, Rdn. 350; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl., Rdn. 1053; Saller in Grziwotz /Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 4. Teil Rdn. 85 m.w.N.; ebenso - wenn auch mit Zweifeln an der Wirksamkeit der landesrechtlichen Bestimmungen - MünchKomm-BGB/Säcker, 4. Aufl., § 917 Rdn. 36 und Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 27 V 2). Eine andere Auffassung will § 917 BGB sogar unmittelbar anwenden (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 917 Rdn. 4; Stau- dinger/Albrecht, BGB [2005], Art. 124 EGBGB Rdn. 26; Soergel/Baur, BGB, 13. Aufl., § 917 Rdn. 12; Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 917 Rdn. 3).
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Die Revision meint demgegenüber, § 917 BGB sei weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Denn die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das bürgerliche Recht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) erstrecke sich nicht auf das Durchleiten von Abwasser durch fremde Grundstücke und die Mitbenutzung fremder Abwasserleitungen; § 18a WHG ordne diese wasserrechtlichen Tatbestände dem öffentlichen Recht zu, und Art. 65 EGBGB schließe die Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs insoweit aus. Diese Auffassung, die der Instanzanwalt der Klägerin auch in einem während des Rechtsstreits veröffentlichten Aufsatz vertreten hat (Wilhelms, MDR 2006, 125, 129), trifft nicht zu.
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aa) Die Kompetenzvorschriften der Art. 70 bis 74 GG stehen der entsprechenden Anwendung von Bundesrecht schon deshalb nicht entgegen, weil sie nicht die Befugnis der rechtsprechenden Gewalt zur Rechtsfortbildung, sondern nur die Befugnis des Gesetzgebers zum Erlass förmlicher Gesetze betreffen (vgl. dazu nur BVerfGE 55, 7, 21; von Mangoldt/Klein/Starck/Rozer, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 70 Abs. 1 Rdn. 24 m.w.N.). Die Gerichte sind daher nicht gehindert, Lücken im Landesrecht durch entsprechende Anwendung von Bundesrecht zu schließen. Das solchermaßen geschaffene Richterrecht bleibt allerdings Landesrecht, und zwar unabhängig davon, ob es bundesweit gilt (BVerfGE 61, 149, 202 ff.; von Mangoldt/Klein/Starck/Rozer, aaO, Art. 70 Abs. 1 Rdn. 34).
11
Zudem wäre der Bundesgesetzgeber durchaus befugt, die in § 917 BGB geregelte Duldungspflicht auf das Durchleiten von Abwasser auszudehnen. Auf die kompetenzrechtliche Zuordnung einer solchen Regelung kommt es dabei nicht an. Denn seit der Föderalismusreform (Gesetz vom 28. August 2006, BGBl. I 2034) erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung auf das Gebiet des Wasserhaushalts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG). Auch hier ist der Bundesgesetzgeber also nicht mehr - wie nach Art. 75 Nr. 4 GG a.F. - auf den Erlass von Rahmenvorschriften beschränkt; nach Art. 72 GG hat er vielmehr die gleiche uneingeschränkte Regelungsbefugnis wie auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts.
12
bb) Auch § 18a WHG schließt ein privates Notleitungsrecht nicht aus. Nach dieser Vorschrift umfasst die Abwasserbeseitigung im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes zwar auch das Sammeln und Fortleiten des Abwassers. Daraus folgt aber nicht, dass die Regelung dieser Tatbestände dem öffentlichen Recht vorbehalten wäre. Denn die öffentlich-rechtliche Ordnung der Wasserwirtschaft durch das Wasserhaushaltsgesetz und die Wassergesetze der Länder schließt zivilrechtliche Ansprüche nur aus, wenn dies - wie in § 11 WHG - ausdrücklich bestimmt ist (vgl. etwa BGHZ 88, 34, 40 f.; BGH, Urt. v. 5. Oktober 1995, III ZR 61/93, WM 1996, 1228, 1229 f.). Im Übrigen unterliegen die Beziehungen zwischen den von einer wasserwirtschaftlichen Maßnahme betroffenen Personen dem Privatrecht (dazu allgemein Breuer, aaO, Rdn. 1037 m.w.N.), und gerade in dem Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn konkurriert der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz mit dem privaten Wassernachbarrecht (vgl. nur den Überblick bei Bender/Dohle, aaO, Rdn. 302 ff.).
13
cc) Mit Art. 65 EGBGB ist die entsprechende Anwendung der §§ 917 f. BGB ebenfalls vereinbar. Diese Vorschrift durchbricht das Kodifikationsprinzip des Bürgerlichen Gesetzbuchs, indem sie bestimmt, dass die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Wasserrecht angehören, unberührt bleiben. Nach Art. 1 Abs. 2 EGBGB bedeutet das nicht nur, dass die landesgesetzlichen Vorschriften des privaten Wasserrechts entgegen Art. 55 EGBGB in Kraft geblieben sind, sondern auch, dass die Länder auf diesem Gebiet neue Vorschriften erlassen können. Damit sollte der Landesgesetzgebung nicht bloß die Abweichung von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder deren Ergänzung, sondern „die Regelung des Wasserrechtes in ihrem vollen Umfange“ vorbehalten werden (Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. III, S. 588; dazu BVerfGE 58, 300, 333).
14
Nach dem Wortlaut von Art. 65 EGBGB erstreckt sich dieser allgemeine Vorbehalt auf die Beförderung der Bewässerung und Entwässerung der Grundstücke. Er setzt damit voraus, dass das Bürgerliche Gesetzbuch diese Fragen nicht regelt. Dementsprechend wurde auch die in § 856 des ersten Entwurfs vorgesehene Bestimmung, dass der Eigentümer eines Grundstücks den infolge der natürlichen Bodenverhältnisse stattfindenden Wasserabfluss von einem anderen Grundstück zu dulden hat, von der zweiten Kommission gestrichen, weil es nicht angezeigt erschien, „eine einzelne, mit den Grundsätzen des privatrechtlichen Nachbarrechts sich allerdings berührende Frage des Wasserrechts einzeln zu regeln“ (Mugdan, aaO, Bd. III, S. XVI, 588).
15
Dieser Befund schließt die entsprechende Anwendung der §§ 917 f. BGB jedoch nicht aus. Er bestätigt vielmehr die Rechtsprechung des Senats, nach der diese Vorschriften das Notleitungsrecht nicht unmittelbar erfassen und ihre analoge Anwendung nur in Betracht kommt, wenn auch das Landesrecht eine entsprechende Regelungslücke aufweist. Jedenfalls unter dieser Voraussetzung lässt Art. 65 EGBGB eine solche Rechtsfortbildung zu. Denn das dem Landesgesetzgeber vorbehaltene Wasserrecht überschneidet sich auf dem gesamten Gebiet des Wassernachbarrechts mit den nachbarrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder, so dass die Stellung des Eigentümers hier nicht allein durch das Landesrecht, sondern erst durch die Zusammenschau aller sie regelnden gesetzlichen Vorschriften bestimmt wird (BGHZ 114, 183, 186; Senat, Urt. v. 12. November 1999, V ZR 229/98, NJW-RR 2000, 537 f.). Ob der Eigentümer gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung einer Beeinträchtigung verpflichtet ist, hängt danach zwar in erster Linie vom Wasser- und Nachbarrecht des jeweiligen Landes ab (vgl. Senat, BGHZ 49, 68, 71; Urt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360). Dessen Vorschriften verdrängen das allgemeine Nachbarrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs aber nur, wenn und soweit sie eine bestimmte Materie abschließend regeln (vgl. nur Senat, Urt. v. 12. November 1999, aaO, 538). Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 906 ff. BGB sogar unmittelbar (vgl. etwa Senat, BGHZ 49, 340, 346; 90, 255, 258 f.; Urt. v. 22. März 1966, aaO, 1361; Urt. v. 5. November 1976, V ZR 93/73, NJW 1977, 763 f.; BGH, Urt. v. 15. März 1979, III ZR 3/78, WM 1979, 1216, 1217, außerdem Breuer, aaO, Rdn. 1050 ff.; Soergel/Hartmann, BGB, 12. Aufl., Art. 65 EGBGB Rdn. 5; Staudinger/Albrecht, BGB [2005], Art. 124 EGBGB Rdn. 43 und Staudinger/Dittmann, BGB, 10./11. Aufl., Art. 65 EGBGB Rdn. 18, jeweils m.w.N.), so dass auch keine Bedenken bestehen, sie zur Lückenfüllung im Wege analoger Rechtsfortbildung heranzuziehen.
16
b) Das hier maßgebliche Recht des Landes Nordrhein-Westfalen schließt die entsprechende Anwendung von § 917 BGB nicht aus (ganz h.M.; vgl. OLG Düsseldorf AgrarR 1984, 20; NJW-RR 1991, 403, 404; OLG Hamm OLGZ 1994, 62, 63; NJW-RR 1992, 723; OLG Köln [22. Zivilsenat] BauR 1986, 727; OLG Köln [11. Zivilsenat] ZMR 1994, 115, 116; LG Köln MDR 1969, 1011; Dröschel /Glaser, Das Nachbarrecht in Nordrhein-Westfalen, 5. Aufl., § 29 Rdn. 2; Schäfer, Nachbarrechtsgesetz für Nordrhein-Westfalen, 14. Aufl., § 27 Rdn. 6, § 29 Rdn. 2; a.A. OLG Köln [19. Zivilsenat] VersR 2004, 1143, 1145; Wilhelms, aaO, 129). Denn ein privates Notleitungsrecht ist weder im Nachbarrechtsge- setz (NachbG NRW) noch im Wassergesetz (LWG NRW) dieses Landes vorgesehen.
17
Entgegen der Auffassung der Revision wird die Regelungslücke im privaten Wassernachbarrecht auch nicht durch die Zwangsrechte nach §§ 128, 129 LWG NRW geschlossen (so aber OLG Köln [19. Zivilsenat] aaO, 1143, 1145, und Wilhelms, aaO, 129; zutreffend dagegen Breuer, aaO, Rdn. 1054 und Dehner , aaO, B § 27 V 2 Fn. 111; vgl. auch Hodes/Dehner, Hessisches Nachbarrecht , 5. Aufl., Vorbem. zu §§ 30 ff. Rdn. 3 und Bender/Dohle, aaO, Rdn. 352).
18
aa) Gemäß § 128 LWG NRW kann die zuständige Wasserbehörde den Eigentümer eines Grundstücks zugunsten eines Unternehmens der Fortleitung von Abwasser verpflichten, das ober- und unterirdische Durchleiten des Abwassers und die Unterhaltung der Leitungen zu dulden, wenn das Unternehmen anders nicht zweckmäßiger oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann, der von dem Unternehmen zu erwartende Nutzen den Schaden der Betroffenen erheblich übersteigt und das Wohl der Allgemeinheit nicht entgegensteht. Unter ähnlichen Voraussetzungen kann sie nach § 129 LWG NRW auch den Betreiber einer Abwasseranlage verpflichten, einem anderen deren Mitbenutzung zu gestatten. Vergleichbare Bestimmungen finden sich in den Wassergesetzen der meisten Bundesländer (vgl. die Zusammenstellung bei Dehner, aaO, B § 27 V 2 Fn. 111). Sie knüpfen an eine auf das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 zurückgehende Tradition an (OVG Münster ZfW 1994, 294, 295 f. m.w.N.) und gehören damit zum hergebrachten Bestand des Wasserrechts (VGH Mannheim ZfW 1974, 383, 385; 1975, 174 f.).
19
bb) Die Regelung der §§ 128, 129 LWG NRW gilt sowohl für Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung als auch im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis (OVG Münster aaO, 296). Die Durchleitungs - und Mitbenutzungsrechte können also auch dem Eigentümer erteilt werden , der sein eigenes Grundstück entwässern oder mit Wasser versorgen will (vgl. Lersner/Berendes/Reinhardt/Broschei, Handbuch des Wasserrechts, § 29 LWG NRW Rdn. 7). Ihr Tatbestand ist darum zwar nicht - wie die Revision meint - mit dem des Notleitungsrechts identisch, sondern erheblich weiter; er erstreckt sich allerdings auf die Fälle, in denen der Eigentümer des Nachbargrundstücks nach dem Rechtsgedanken des § 917 BGB und nach dem Nachbarrecht anderer Länder zur Duldung einer Notleitung verpflichtet ist, weil dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Abwasserkanal fehlt.
20
Die Vorschriften der §§ 128, 129 LWG NRW enthalten deshalb aber noch keine eigenständige landesrechtliche Regelung des Notleitungsrechts, die der entsprechenden Anwendung von § 917 BGB entgegenstünde. Wie das Berufungsgericht zu Recht hervorhebt, regeln sie nämlich gerade nicht die privatrechtliche Beziehung zwischen den Grundstücksnachbarn, sondern die hoheitliche Befugnis zur Erteilung von Zwangsrechten, die der zuständigen Wasserbehörde bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe gegenüber dem betroffenen Eigentümer zukommt. Entgegen der Auffassung der Revision beschränkt sich dieser Unterschied auch nicht auf die Form, in der das Notleitungsrecht durchgesetzt wird. Denn bei den Zwangsrechten nach §§ 128, 129 LWG NRW geht es nicht – wie in § 917 BGB (dazu Senat, BGHZ 79, 307, 312) – um den Ausgleich der privaten Interessen benachbarter Grundstückseigentümer. Es handelt sich vielmehr um Inhaltsbestimmungen, welche die Sozialpflichtigkeit des Eigentums konkretisieren (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG) und dabei einen gerechten Ausgleich zwischen den schutzwürdigen Interessen des betroffenen Eigentümers und den Belangen des Gemeinwohls herstellen (BVerwG NVwZ 2007, 707; Beschl. v. 19. Februar 1988, 4 B 141/85, zitiert nach Juris, Tz. 4; OVG Münster ZfW 1994, 294, 295 m.w.N.). Die Zwangsrechte dienen auch nicht der Durchsetzung desselben nachbarlichen Anspruchs (so aber VGH Mannheim, ZfW 1975, 174, 175 und Schulte, ZfW 1971, 123 zu § 88 WG BW), sondern dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Abwasserbeseitigung und anderen wasserwirtschaftlichen Zwecken (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 8. September 1995, 20 B 2096/95, Tz. 6; Beschl. v. 27. Januar 2005, 20 A 2187/04, Tz. 3 f.; Urt. v. 9. November 2006, 20 A 2136/05, Tz. 31, 41, 43, 48, 62 – alle zitiert nach Juris – sowie die Begründung der Gesetzentwürfe zu §§ 84, 85 LWG NRW 1962, LT-Drs. 4/156, S. 67 f. und 100, zu §§ 124 bis 132 LWG NRW 1979, LT-Drs. 8/2388, S. 124, und zu § 128 LWG NRW 1989, LTDrs. 10/2661, S. 80). Der unterschiedliche Regelungszweck zeigt sich gerade daran, dass die Zwangsrechte auch den Betreibern von öffentlichen Unternehmen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung erteilt werden können, während das private Notleitungsrecht nur dem Grundstückseigentümer zusteht. Dieser erweiterte Anwendungsbereich beruht also nicht auf einer Doppelnatur der Zwangsrechte (so aber Schulte, Eigentum und öffentliches Interesse, S. 268 ff. und ZfW 1966, 72, 76 f.), sondern auf ihrer von nachbarlichen Interessen unabhängigen wasserwirtschaftlichen Zielsetzung.
21
cc) Das Bedürfnis für die entsprechende Anwendung von § 917 BGB entfällt auch nicht deshalb, weil die wasserrechtlichen Zwangsrechte gemäß §§ 131 Abs. 2, 26 Abs. 1 LWG NRW, 8 Abs. 6 WHG die zivilrechtlichen Wirkungen einer Grunddienstbarkeit entfalten und damit auch dem privaten Interesse des begünstigten Eigentümers dienen. Denn die privatrechtsgestaltende Erteilung eines Zwangsrechts steht im Ermessen der Behörde (BVerwG, Beschl. v. 19.
Februar 1988, aaO, Tz. 4; OVG Münster, Urt. v. 9. November 2006, aaO, Tz. 29), und bei dessen Ausübung sind - dem Zweck der Regelung entsprechend - primär die öffentlichen Belange der Wasserwirtschaft zu beachten. Ein gleichgerichtetes Interesse des Eigentümers fällt zwar ebenfalls ins Gewicht; Voraussetzung ist aber, dass der private Nutzen mit diesen Belangen des Gemeinwohls in Einklang steht (vgl. §§ 2 Abs. 2, 128 Abs. 3 i.V.m. 125 Abs. 2, 129 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW und OVG Münster, Urt. v. 9. November 2006, aaO, Tz. 41 ff. und 62).
22
Die nach dem Rechtsgedanken von § 917 BGB erforderliche Notlage entfällt deshalb erst mit der Erteilung des Zwangsrechts. Bis dahin besteht kein Anlass, von dem allgemeinen Grundsatz der Zweigleisigkeit des öffentlichen und privaten Nachbarrechts (dazu etwa Senat, BGHZ 66, 354, 357 ff.; 122, 1, 8 und allgemein Saller in Grziwotz/Lüke/Saller, aaO, 1. Teil Rdn. 83 ff.) abzuweichen. Denn den §§ 128, 129 LWG NRW kann nicht entnommen werden, dass der Landesgesetzgeber im Rahmen des Vorbehalts nach Art. 65 EGBGB ein privates Notleitungsrecht ausschließen und den Eigentümer auf das hoheitliche Zwangsrecht verweisen wollte. Das zeigen zum einen die in den Wassergesetzen der Länder Baden-Württemberg (§§ 88 f.), Brandenburg (§§ 116, 118), Hessen (§§ 64 f.), Rheinland-Pfalz (§§ 98 f.), Saarland (§§ 93 f.), Sachsen (§§ 109 f.) und Thüringen (§§ 95 f.) geregelten Zwangsrechte, die jeweils mit den - oben erwähnten - landesrechtlichen Bestimmungen über das private Notleitungsrecht konkurrieren. Zum anderen sah bereits das preußische Allgemeine Landrecht, dessen Tradition die Revision für ihre gegenteilige Auffassung bemüht, neben dem staatlichen Zwang zur Gestattung der Vorflut (ALR I 8 §§ 103 ff.) auch ein nachbarliches Notrecht vor (ALR I 22 § 3), dessen denkbar weit gefasster Tatbestand nicht nur das Notwegrecht, sondern jede Art von Grundgerechtigkeit und damit auch die Befugnis zum "Ausguss" auf das be- nachbarte Grundstück und zur Abführung der Flüssigkeiten durch einen Kanal (vgl. ALR I 22 §§ 59 f.) umfasste. Dass der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber in diesem Punkt von der preußischen Tradition abweichen wollte, lässt sich weder den Materialien zum Landeswassergesetz (LT-Drs. 4/156, 8/2388 und 10/2661, jeweils aaO) noch der amtlichen Begründung zu dem Entwurf des Nachbarrechtsgesetzes (LT-Drs. 6/212, S. 26 ff.) entnehmen. Allein der Umstand, dass das Nachbarrechtsgesetz vom 15. April 1969 keine eigenständige Regelung des Notleitungsrechts enthält, rechtfertigt diese Annahme nicht. Denn zum einen kann der achte Abschnitt, in dem das Gesetz von Abwässern handelt, schon deshalb nicht als abschließende Kodifikation des entsprechenden Wassernachbarrechts angesehen werden, weil er aus einer einzigen Vorschrift besteht (§ 29 NachbG NRW) und die in § 115 LWG NRW geregelten Fragen wild abfließenden Wassers ausklammert. Zum anderen hatte der Senat bereits zehn Jahre vor dem Erlass des Nachbarrechtsgesetzes entschieden , dass sich die Befugnis zur Verlegung eines Abwasserkanals aus § 917 BGB ergeben kann (Urt. v. 4. November 1959, V ZR 49/58, WM 1959, 1461). Es liegt deshalb näher, dass der nordrhein-westfälische Gesetzgeber ein weitergehendes Notleitungsrecht, wie es in den Nachbarrechtsgesetzen anderer Länder vorgesehen ist, schlicht für entbehrlich hielt.
23
dd) Die Revision weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass der Nachbar, durch dessen Grundstück die Notleitung verläuft, analog § 917 Abs. 2 BGB durch eine nach dem Minderwert des Grundstücks bemessene Rente zu entschädigen ist (vgl. Senat, BGHZ 79, 307, 310; 113, 32, 35; OLG Hamm NJW-RR 1992, 723, 724), während er für die Erteilung eines entsprechenden Zwangsrechts eine Entschädigung nach den Regelungen des Landesenteignungs - und -entschädigungsgesetzes erhielte (§§ 131 Abs. 1, 134, 135 LWG NRW) und bei der Mitbenutzung eigener Leitungen darüber hinaus die anteilige Erstattung der Anlage- und Unterhaltungskosten verlangen könnte (§ 129 Abs. 2 LWG NRW). Warum das der entsprechenden Anwendung des privaten Notwegrechts entgegenstehen soll, erschließt sich indes nicht, zumal möglicherweise bestehende Unterschiede zwischen den Entschädigungsregelungen des privaten und des öffentlichen Rechts auch deshalb gerechtfertigt wären, weil die Voraussetzungen der wasserrechtlichen Zwangsrechte geringer sind als die des § 917 BGB (vgl. Senat, BGHZ 79, 307, 312 f.).
24
Zu bedenken ist lediglich, ob der durch das Notleitungsrecht begünstigte Eigentümer über die Rente hinaus an den Herstellungs- und Unterhaltungskosten zu beteiligen ist, wenn dieses Recht – wie hier – auf die Mitbenutzung einer von dem Nachbarn angelegten Leitung gerichtet ist. Die landesrechtlichen Bestimmungen über das private Notleitungsrecht sehen eine solche Kostenbeteiligung vor (vgl. etwa § 7e Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 NRG BW). Bei den Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung entspricht sie auch dem allgemeinen Notwegrecht. Denn nach § 917 BGB ist der Nachbar nur zur Duldung, aber nicht zur Unterhaltung des Notwegs verpflichtet (BGH, Urt. v. 6. April 1995, III ZR 27/94, NJW-RR 1995, 911, 913 f.), und wenn er den Weg gemeinsam mit dem Berechtigten nutzt, sind die Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung nach §§ 748, 742 BGB zu teilen (OLG Düsseldorf RdL 1997, 35, 36; OLG Hamm Urt. v. 16. Oktober 2000, 5 U 108/00, zitiert nach Juris, Tz. 34; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 917 Rdn. 35; vgl. auch Senat, BGHZ 161, 115, 119 ff. für das Recht der Dienstbarkeiten). Für die Unterhaltung einer gemeinsam genutzten Notleitung gelten diese Grundsätze entsprechend. Daraus folgt aber nicht, dass der Berechtigte dem Nachbarn auch die Kosten für die Herstellung einer solchen Leitung anteilig zu erstatten hätte. Vielmehr scheidet eine Beteiligung an diesen Kosten jedenfalls unter den - hier vorliegenden - Voraussetzungen des § 918 Abs. 2 BGB aus. Denn der Eigentümer, der in seine Grundstücke Abwas- serleitungen für andere, ebenfalls ihm gehörende, später veräußerte Grundstücke verlegt, hat die Möglichkeit, sich einen finanziellen Ausgleich für die Herstellungskosten zu verschaffen, indem er den Kaufpreis für die Grundstücke, denen die Leitungen dienen, entsprechend bemisst (Senat, BGHZ 79, 307, 310 f.). Das schließt eine nachträgliche Kostenbeteiligung des Käufers auch dann aus, wenn die belasteten Grundstücke ebenfalls veräußert werden. Denn der bloße Wechsel des Eigentümers ist auf den Inhalt des Notwegrechts ohne Einfluss (Senat, aaO, 311).
25
2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines Notleitungsrechts analog § 917 BGB zu Recht bejaht. Das Grundstück der Beklagten hat keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Abwasserkanal. Eine solche Verbindung ist erforderlich, weil das Grundstück zu Wohnzwecken genutzt wird. Diese Nutzung ist ordnungsgemäß. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn die Bebauung des Grundstücks wegen der fehlenden Absicherung der Verbindung zum öffentlichen Kanalnetz durch eine Dienstbarkeit oder eine Baulast nach öffentlichem Baurecht nicht hätte genehmigt werden dürfen. Denn die erforderliche Baugenehmigung ist unstreitig erteilt worden, so dass insoweit von der Ordnungsmäßigkeit der Nutzung auszugehen ist (Senat, Urt. v. 7. Juli 2006, V ZR 159/05, NJW 2006, 3426, 3427; ebenso - für das Notleitungsrecht - BVerwGE 50, 282, 290 f., und Wilhelms, aaO, 127). Das gilt auch für den von der Revision geltend gemachten Verstoß gegen die örtliche Abwassersatzung. Denn eine Baugenehmigung stellt verbindlich fest, dass das Vorhaben mit dem gesamten im Zeitpunkt der Genehmigung geltenden öffentlichen Recht übereinstimmt (BVerwG aaO, 290). Keiner Klärung bedarf daher, ob ein Notleitungsrecht den Anforderungen der Ortssatzung genügt und inwiefern dies nach § 917 BGB für die Ordnungsmäßigkeit der Nutzung von Bedeutung ist (dazu Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 59/89, NJW 1991, 176, 177).
26
3. Von einer Bestimmung nach § 917 Abs. 1 Satz 2 BGB hat das Berufungsgericht abgesehen, weil die Richtung der Notleitung und der Umfang des Notleitungsrechts durch die bei dessen Entstehung vorhandene Abwasserleitung bestimmt werden. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 79, 307, 309) und wird von der Revision auch nicht beanstandet. Inhalt und Umfang des Notleitungsrechts wären zwar ausnahmsweise dann neu zu bestimmen , wenn die vorhandene Leitung überlastet wäre. Insoweit hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis jedoch nicht geführt.
27
4. Zu Recht hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Abweisung der Klage auch insoweit bestätigt, als der geltend gemachte Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch die Durchleitung von Niederschlagswasser betrifft. Dabei hat es nicht verkannt, dass die Miteigentümer des Garagengrundstücks insoweit nicht nach § 917 BGB verpflichtet sind, die Mitbenutzung ihrer Abwasserleitung zu dulden, weil die Beklagten wegen der auf ihrem Grundstück vorhandenen Sickeranlage nicht auf die Durchleitung des Niederschlagswassers angewiesen sind. Nach seinen Feststellungen fehlt es aber schon an einer Beeinträchtigung des Miteigentums (§ 1004 Abs. 1 BGB), weil die Klägerin nicht bewiesen hat, dass die Beklagten auch Niederschlagswasser in die Abwasserleitung einleiten.
28
Diese Feststellung hält den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat die Beweislast nicht verkannt. Als Störer müssen die Beklagten zwar sämtliche Voraussetzungen der Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB darlegen und beweisen (Senat, BGHZ 106, 142, 145). Die streitige Frage, ob die Beklagten Niederschlagswasser in die Abwasserleitung einleiten, betrifft aber nicht die Duldungspflicht, sondern die geltend gemachte Eigentumsbeeinträchtigung selbst. Deren Vorliegen und Ausmaß hat nach allgemeinen Regeln die Klägerin zu beweisen (vgl. nur Baumgärtel in Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl., Bd. 2, § 1004 Rdn. 4 m.w.N.).

III.


29
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.
Krüger Lemke Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Bochum, Entscheidung vom 31.05.2005 - 63 C 552/04 -
LG Bochum, Entscheidung vom 04.09.2007 - 9 S 157/05 -

(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.

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Eine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Berufung auf Staudinger/Gursky, BGB (2005), § 1004 Rdn. 196 gemeint hat, ein einmal gegebenes - hier streitiges - Einverständnis mit der Mitbenutzung der Sprinkleranlage, begründe eine Duldungspflicht (oder lasse gar die Eigentumsbeeinträchtigung entfallen), so ist dies falsch. Ohnehin wäre die Klägerin nicht an ein Einverständnis gebunden, das sie der Rechtsvorgängerin der Beklagten gegeben hätte; § 566 BGB gilt nämlich nicht. Davon abgesehen bindet eine unentgeltliche Gestattung nicht ewig. Etwas anderes nimmt auch Gursky nicht an. Er führt vielmehr zutreffend aus: "für § 1004 Abs. 2 BGB kann … nur entscheidend sein, ob gegenwärtig die notwendige schuldrechtliche oder dingliche Unterlage für die Eigentumsbeeinträchtigung gegeben ist". Daran fehlt es spätestens nach Kündigung eines etwaigen Nutzungsverhältnisses. Diese Kündigung bedurfte - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - keines "wichtigen Grundes". Solches sieht das Gesetz für ordentliche Kündigungen gerade nicht vor. Vielmehr ist bei unentgeltlichen Gestattungsverträgen sogar grundsätzlich von einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit auszugehen (vgl. für die Leihe § 604 Abs. 3 BGB).

(1) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

(2) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchteil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, ist nichtig.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf der notariellen Beurkundung.

(4) Ein Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlass eines noch lebenden Dritten.

(5) Absatz 4 gilt nicht für einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

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a) Fahrlässig handelt der Gläubiger nämlich nicht schon dann, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Die Berechtigung seiner Forderung kann sicher nur in einem Rechtsstreit geklärt werden. Dessen Ergebnis vorauszusehen kann von dem Gläubiger im Vorfeld oder außerhalb eines Rechtsstreits nicht verlangt werden. Das würde ihn in diesem Stadium der Auseinandersetzung überfordern und ihm die Durchsetzung seiner Rechte unzumutbar erschweren (Haertlein, MDR 2009, 1, 2 f.). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) entspricht der Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr schon dann, wenn er prüft, ob die Vertragsstörung auf eine Ursache zurückzuführen ist, die dem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen, der eigene Rechtsstandpunkt mithin plausibel ist (vgl. BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Mit dieser Plausibilitätskontrolle (ähnlich Kaiser, NJW 2008, 1709, 1712: Evidenzkontrolle) hat es sein Bewenden. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt (BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, aaO; Haertlein, MDR 2009, 1, 2).

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.