vorgehend
Amtsgericht Bochum, 63 C 552/04, 31.05.2005
Landgericht Bochum, 9 S 157/05, 04.09.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 172/07 Verkündet am:
4. Juli 2008
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Weder die Kompetenzvorschriften der Art. 70 bis 74 GG noch die Regelung in § 18a
WHG noch das Recht des Landes Nordrhein-Westfalen stehen der entsprechenden
Anwendung von § 917 BGB auf das Notleitungsrecht entgegen.
BGH, Urt. v. 4. Juli 2008 - V ZR 172/07 - LG Bochum
AGBochum
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Lemke, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 4. September 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Miteigentümerin eines mit einer Tiefgarage bebauten Grundstücks in B. , das von ihr und den übrigen Miteigentümern als Zuwegung zu den angrenzenden Hausgrundstücken genutzt wird. Ferner verläuft über das Grundstück eine Abwasserleitung, welche die Hausgrundstücke mit der öffentlichen Kanalisation verbindet. Diese Leitung hatte der Voreigentümer des gesamten Geländes, ein Bauträger, vor der Veräußerung des Tiefgaragengrundstücks und der Hausgrundstücke bis zu einem ihm gehörenden Nachbargrundstück verlegt, das nicht an einer Straße liegt und über keine andere Verbindung zu der öffentlichen Kanalisation verfügt. Die Beklagten erwarben das Nachbargrundstück und bebauten es mit einem Wohnhaus. Sie errichteten eine Sickeranlage für das Niederschlagswasser und schlossen ihr Haus an die über das Tiefgaragengrundstück verlaufende Abwasserleitung an. Seither leiten sie ihr Schmutzwasser durch diese Leitung ab. Eine entsprechende Dienstbarkeit besteht nicht. Die Miteigentümer des Tiefgaragengrundstücks haben die Mitbenutzung der Abwasserleitung auch nicht gestattet.
2
Mit der Behauptung, die Abwasserleitung sei überlastet und die Beklagten leiteten auch Niederschlagswasser ein, was schon mehrfach zu einem Rückstau mit Überschwemmungen geführt habe, verlangt die Klägerin von den Beklagten, die Benutzung der Leitung zu unterlassen und den Anschluss wieder zu beseitigen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen , verfolgt die Klägerin beide Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin müsse die Mitbenutzung des Tiefgaragengrundstücks dulden, weil den Beklagten entsprechend § 917 BGB ein Notleitungsrecht zustehe. Zum einen enthalte das Landesrecht keine Vorschrift , welche die entsprechende Anwendung der bundesrechtlichen Bestimmungen über den Notweg ausschließe. Das im Wasserrecht des Landes Nordrhein -Westfalen vorgesehene Zwangsrecht sei keine privatrechtliche Regelung im Sinne der Art. 65 und 124 EGBGB, sondern ausschließlich öffentlichrechtlicher Natur. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für ein Notleitungsrecht analog § 917 BGB vor. Insbesondere habe die Klägerin weder die Überlastung der Abwasserleitung noch das Einleiten von Niederschlagswasser bewiesen. Sie sei beweisfällig geblieben, weil sie den Auslagenvorschuss für die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht gezahlt habe.
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Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

II.


5
Der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB, den die Klägerin gemäß § 1011 BGB geltend macht, steht den Miteigentümern des Tiefgaragengrundstücks nicht zu, weil sie entsprechend § 917 Abs. 1 BGB den Beklagten gegenüber verpflichtet sind, die Mitbenutzung der über ihr Grundstück verlaufenden Abwasserleitung zur Durchleitung von Schmutzwasser zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB). Eine weitergehende Beeinträchtigung des Miteigentums durch die Durchleitung von Niederschlagswasser hat die Klägerin nicht bewiesen, so dass der Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB insoweit von vornherein nicht besteht.
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1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass das Recht des Landes Nordrhein-Westfalen der entsprechenden Anwendung von § 917 BGB nicht entgegensteht.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich aus § 917 BGB die Befugnis ergeben, Abwässer eines Grundstücks über ein anderes, fremdes Grundstück der öffentlichen Kanalisation zuzuführen (BGHZ 79, 307, 308 f.; Urt. v. 4. November 1959, V ZR 49/58, WM 1959, 1461, 1462; Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322; Urt. v. 24. Januar 1968, V ZR 175/64, WM 1968, 434, 435; Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 59/89, NJW 1991, 176 f.; vgl. auch Urt. v. 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 f.). Inhalt eines solchen Notleitungsrechts kann auch die Mitbenutzung der auf dem belasteten Grundstück vorhandenen Leitungen sein (vgl. nur Senat, BGHZ 79, aaO). Wie der Senat in seinem Urteil vom 22. Juni 1990 (V ZR 59/89, aaO) klargestellt hat, dient diese Rechtsprechung zur Lückenfüllung im Wege analoger Rechtsfortbildung , soweit entsprechende landesrechtliche Regelungen fehlen. Unmittelbar regeln die Vorschriften der §§ 917, 918 BGB nämlich nur das Notwegrecht, und für ihre analoge Anwendung besteht kein Bedürfnis, wenn das Landesrecht die Voraussetzungen des Notleitungsrechts entsprechend dem Vorbehalt in Art. 124 EGBGB in eigenständiger Weise regelt, wie dies in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer Baden-Württemberg (§ 7e), Brandenburg (§ 44), Hessen (§ 30), Rheinland-Pfalz (§ 26), Saarland (§ 27), Sachsen (§ 19) und Thüringen (§ 26) der Fall ist.
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Die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist dem gefolgt (OLG Düsseldorf AgrarR 1984, 20; NJW-RR 1991, 403, 404; OLG Hamm OLGZ 1994, 62, 63; NJW-RR 1992, 723; OLG Koblenz BauR 2003, 1881; OLG Köln BauR 1986, 727; ZMR 1994, 115, 116; VersR 2004, 1143, 1145; OLG München OLGR 1994, 217; LG Freiburg MDR 1981, 229; LG Hamburg ZMR 1980, 344; LG Köln MDR 1969, 1011; BVerwGE 50, 282, 289; Bamberger /Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 917 Rdn. 48; Erman/Lorenz, BGB, 12. Aufl., § 917 Rdn. 1; JurisPK-BGB/Rösch, 3. Aufl., § 917 Rdn. 2; NomosKomm -BGB/Ring, 2. Aufl., § 917 Rdn. 23; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 917 Rdn. 1; PWW/Lemke, BGB, 3. Aufl., § 917 Rdn. 3; Bender /Dohle, Nachbarschutz im Zivil- und Verwaltungsrecht, Rdn. 350; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl., Rdn. 1053; Saller in Grziwotz /Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 4. Teil Rdn. 85 m.w.N.; ebenso - wenn auch mit Zweifeln an der Wirksamkeit der landesrechtlichen Bestimmungen - MünchKomm-BGB/Säcker, 4. Aufl., § 917 Rdn. 36 und Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 27 V 2). Eine andere Auffassung will § 917 BGB sogar unmittelbar anwenden (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 917 Rdn. 4; Stau- dinger/Albrecht, BGB [2005], Art. 124 EGBGB Rdn. 26; Soergel/Baur, BGB, 13. Aufl., § 917 Rdn. 12; Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 917 Rdn. 3).
9
Die Revision meint demgegenüber, § 917 BGB sei weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Denn die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das bürgerliche Recht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) erstrecke sich nicht auf das Durchleiten von Abwasser durch fremde Grundstücke und die Mitbenutzung fremder Abwasserleitungen; § 18a WHG ordne diese wasserrechtlichen Tatbestände dem öffentlichen Recht zu, und Art. 65 EGBGB schließe die Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs insoweit aus. Diese Auffassung, die der Instanzanwalt der Klägerin auch in einem während des Rechtsstreits veröffentlichten Aufsatz vertreten hat (Wilhelms, MDR 2006, 125, 129), trifft nicht zu.
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aa) Die Kompetenzvorschriften der Art. 70 bis 74 GG stehen der entsprechenden Anwendung von Bundesrecht schon deshalb nicht entgegen, weil sie nicht die Befugnis der rechtsprechenden Gewalt zur Rechtsfortbildung, sondern nur die Befugnis des Gesetzgebers zum Erlass förmlicher Gesetze betreffen (vgl. dazu nur BVerfGE 55, 7, 21; von Mangoldt/Klein/Starck/Rozer, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 70 Abs. 1 Rdn. 24 m.w.N.). Die Gerichte sind daher nicht gehindert, Lücken im Landesrecht durch entsprechende Anwendung von Bundesrecht zu schließen. Das solchermaßen geschaffene Richterrecht bleibt allerdings Landesrecht, und zwar unabhängig davon, ob es bundesweit gilt (BVerfGE 61, 149, 202 ff.; von Mangoldt/Klein/Starck/Rozer, aaO, Art. 70 Abs. 1 Rdn. 34).
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Zudem wäre der Bundesgesetzgeber durchaus befugt, die in § 917 BGB geregelte Duldungspflicht auf das Durchleiten von Abwasser auszudehnen. Auf die kompetenzrechtliche Zuordnung einer solchen Regelung kommt es dabei nicht an. Denn seit der Föderalismusreform (Gesetz vom 28. August 2006, BGBl. I 2034) erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung auf das Gebiet des Wasserhaushalts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG). Auch hier ist der Bundesgesetzgeber also nicht mehr - wie nach Art. 75 Nr. 4 GG a.F. - auf den Erlass von Rahmenvorschriften beschränkt; nach Art. 72 GG hat er vielmehr die gleiche uneingeschränkte Regelungsbefugnis wie auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts.
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bb) Auch § 18a WHG schließt ein privates Notleitungsrecht nicht aus. Nach dieser Vorschrift umfasst die Abwasserbeseitigung im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes zwar auch das Sammeln und Fortleiten des Abwassers. Daraus folgt aber nicht, dass die Regelung dieser Tatbestände dem öffentlichen Recht vorbehalten wäre. Denn die öffentlich-rechtliche Ordnung der Wasserwirtschaft durch das Wasserhaushaltsgesetz und die Wassergesetze der Länder schließt zivilrechtliche Ansprüche nur aus, wenn dies - wie in § 11 WHG - ausdrücklich bestimmt ist (vgl. etwa BGHZ 88, 34, 40 f.; BGH, Urt. v. 5. Oktober 1995, III ZR 61/93, WM 1996, 1228, 1229 f.). Im Übrigen unterliegen die Beziehungen zwischen den von einer wasserwirtschaftlichen Maßnahme betroffenen Personen dem Privatrecht (dazu allgemein Breuer, aaO, Rdn. 1037 m.w.N.), und gerade in dem Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn konkurriert der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz mit dem privaten Wassernachbarrecht (vgl. nur den Überblick bei Bender/Dohle, aaO, Rdn. 302 ff.).
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cc) Mit Art. 65 EGBGB ist die entsprechende Anwendung der §§ 917 f. BGB ebenfalls vereinbar. Diese Vorschrift durchbricht das Kodifikationsprinzip des Bürgerlichen Gesetzbuchs, indem sie bestimmt, dass die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Wasserrecht angehören, unberührt bleiben. Nach Art. 1 Abs. 2 EGBGB bedeutet das nicht nur, dass die landesgesetzlichen Vorschriften des privaten Wasserrechts entgegen Art. 55 EGBGB in Kraft geblieben sind, sondern auch, dass die Länder auf diesem Gebiet neue Vorschriften erlassen können. Damit sollte der Landesgesetzgebung nicht bloß die Abweichung von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder deren Ergänzung, sondern „die Regelung des Wasserrechtes in ihrem vollen Umfange“ vorbehalten werden (Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. III, S. 588; dazu BVerfGE 58, 300, 333).
14
Nach dem Wortlaut von Art. 65 EGBGB erstreckt sich dieser allgemeine Vorbehalt auf die Beförderung der Bewässerung und Entwässerung der Grundstücke. Er setzt damit voraus, dass das Bürgerliche Gesetzbuch diese Fragen nicht regelt. Dementsprechend wurde auch die in § 856 des ersten Entwurfs vorgesehene Bestimmung, dass der Eigentümer eines Grundstücks den infolge der natürlichen Bodenverhältnisse stattfindenden Wasserabfluss von einem anderen Grundstück zu dulden hat, von der zweiten Kommission gestrichen, weil es nicht angezeigt erschien, „eine einzelne, mit den Grundsätzen des privatrechtlichen Nachbarrechts sich allerdings berührende Frage des Wasserrechts einzeln zu regeln“ (Mugdan, aaO, Bd. III, S. XVI, 588).
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Dieser Befund schließt die entsprechende Anwendung der §§ 917 f. BGB jedoch nicht aus. Er bestätigt vielmehr die Rechtsprechung des Senats, nach der diese Vorschriften das Notleitungsrecht nicht unmittelbar erfassen und ihre analoge Anwendung nur in Betracht kommt, wenn auch das Landesrecht eine entsprechende Regelungslücke aufweist. Jedenfalls unter dieser Voraussetzung lässt Art. 65 EGBGB eine solche Rechtsfortbildung zu. Denn das dem Landesgesetzgeber vorbehaltene Wasserrecht überschneidet sich auf dem gesamten Gebiet des Wassernachbarrechts mit den nachbarrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder, so dass die Stellung des Eigentümers hier nicht allein durch das Landesrecht, sondern erst durch die Zusammenschau aller sie regelnden gesetzlichen Vorschriften bestimmt wird (BGHZ 114, 183, 186; Senat, Urt. v. 12. November 1999, V ZR 229/98, NJW-RR 2000, 537 f.). Ob der Eigentümer gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung einer Beeinträchtigung verpflichtet ist, hängt danach zwar in erster Linie vom Wasser- und Nachbarrecht des jeweiligen Landes ab (vgl. Senat, BGHZ 49, 68, 71; Urt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360). Dessen Vorschriften verdrängen das allgemeine Nachbarrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs aber nur, wenn und soweit sie eine bestimmte Materie abschließend regeln (vgl. nur Senat, Urt. v. 12. November 1999, aaO, 538). Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 906 ff. BGB sogar unmittelbar (vgl. etwa Senat, BGHZ 49, 340, 346; 90, 255, 258 f.; Urt. v. 22. März 1966, aaO, 1361; Urt. v. 5. November 1976, V ZR 93/73, NJW 1977, 763 f.; BGH, Urt. v. 15. März 1979, III ZR 3/78, WM 1979, 1216, 1217, außerdem Breuer, aaO, Rdn. 1050 ff.; Soergel/Hartmann, BGB, 12. Aufl., Art. 65 EGBGB Rdn. 5; Staudinger/Albrecht, BGB [2005], Art. 124 EGBGB Rdn. 43 und Staudinger/Dittmann, BGB, 10./11. Aufl., Art. 65 EGBGB Rdn. 18, jeweils m.w.N.), so dass auch keine Bedenken bestehen, sie zur Lückenfüllung im Wege analoger Rechtsfortbildung heranzuziehen.
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b) Das hier maßgebliche Recht des Landes Nordrhein-Westfalen schließt die entsprechende Anwendung von § 917 BGB nicht aus (ganz h.M.; vgl. OLG Düsseldorf AgrarR 1984, 20; NJW-RR 1991, 403, 404; OLG Hamm OLGZ 1994, 62, 63; NJW-RR 1992, 723; OLG Köln [22. Zivilsenat] BauR 1986, 727; OLG Köln [11. Zivilsenat] ZMR 1994, 115, 116; LG Köln MDR 1969, 1011; Dröschel /Glaser, Das Nachbarrecht in Nordrhein-Westfalen, 5. Aufl., § 29 Rdn. 2; Schäfer, Nachbarrechtsgesetz für Nordrhein-Westfalen, 14. Aufl., § 27 Rdn. 6, § 29 Rdn. 2; a.A. OLG Köln [19. Zivilsenat] VersR 2004, 1143, 1145; Wilhelms, aaO, 129). Denn ein privates Notleitungsrecht ist weder im Nachbarrechtsge- setz (NachbG NRW) noch im Wassergesetz (LWG NRW) dieses Landes vorgesehen.
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Entgegen der Auffassung der Revision wird die Regelungslücke im privaten Wassernachbarrecht auch nicht durch die Zwangsrechte nach §§ 128, 129 LWG NRW geschlossen (so aber OLG Köln [19. Zivilsenat] aaO, 1143, 1145, und Wilhelms, aaO, 129; zutreffend dagegen Breuer, aaO, Rdn. 1054 und Dehner , aaO, B § 27 V 2 Fn. 111; vgl. auch Hodes/Dehner, Hessisches Nachbarrecht , 5. Aufl., Vorbem. zu §§ 30 ff. Rdn. 3 und Bender/Dohle, aaO, Rdn. 352).
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aa) Gemäß § 128 LWG NRW kann die zuständige Wasserbehörde den Eigentümer eines Grundstücks zugunsten eines Unternehmens der Fortleitung von Abwasser verpflichten, das ober- und unterirdische Durchleiten des Abwassers und die Unterhaltung der Leitungen zu dulden, wenn das Unternehmen anders nicht zweckmäßiger oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann, der von dem Unternehmen zu erwartende Nutzen den Schaden der Betroffenen erheblich übersteigt und das Wohl der Allgemeinheit nicht entgegensteht. Unter ähnlichen Voraussetzungen kann sie nach § 129 LWG NRW auch den Betreiber einer Abwasseranlage verpflichten, einem anderen deren Mitbenutzung zu gestatten. Vergleichbare Bestimmungen finden sich in den Wassergesetzen der meisten Bundesländer (vgl. die Zusammenstellung bei Dehner, aaO, B § 27 V 2 Fn. 111). Sie knüpfen an eine auf das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 zurückgehende Tradition an (OVG Münster ZfW 1994, 294, 295 f. m.w.N.) und gehören damit zum hergebrachten Bestand des Wasserrechts (VGH Mannheim ZfW 1974, 383, 385; 1975, 174 f.).
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bb) Die Regelung der §§ 128, 129 LWG NRW gilt sowohl für Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung als auch im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis (OVG Münster aaO, 296). Die Durchleitungs - und Mitbenutzungsrechte können also auch dem Eigentümer erteilt werden , der sein eigenes Grundstück entwässern oder mit Wasser versorgen will (vgl. Lersner/Berendes/Reinhardt/Broschei, Handbuch des Wasserrechts, § 29 LWG NRW Rdn. 7). Ihr Tatbestand ist darum zwar nicht - wie die Revision meint - mit dem des Notleitungsrechts identisch, sondern erheblich weiter; er erstreckt sich allerdings auf die Fälle, in denen der Eigentümer des Nachbargrundstücks nach dem Rechtsgedanken des § 917 BGB und nach dem Nachbarrecht anderer Länder zur Duldung einer Notleitung verpflichtet ist, weil dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Abwasserkanal fehlt.
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Die Vorschriften der §§ 128, 129 LWG NRW enthalten deshalb aber noch keine eigenständige landesrechtliche Regelung des Notleitungsrechts, die der entsprechenden Anwendung von § 917 BGB entgegenstünde. Wie das Berufungsgericht zu Recht hervorhebt, regeln sie nämlich gerade nicht die privatrechtliche Beziehung zwischen den Grundstücksnachbarn, sondern die hoheitliche Befugnis zur Erteilung von Zwangsrechten, die der zuständigen Wasserbehörde bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe gegenüber dem betroffenen Eigentümer zukommt. Entgegen der Auffassung der Revision beschränkt sich dieser Unterschied auch nicht auf die Form, in der das Notleitungsrecht durchgesetzt wird. Denn bei den Zwangsrechten nach §§ 128, 129 LWG NRW geht es nicht – wie in § 917 BGB (dazu Senat, BGHZ 79, 307, 312) – um den Ausgleich der privaten Interessen benachbarter Grundstückseigentümer. Es handelt sich vielmehr um Inhaltsbestimmungen, welche die Sozialpflichtigkeit des Eigentums konkretisieren (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG) und dabei einen gerechten Ausgleich zwischen den schutzwürdigen Interessen des betroffenen Eigentümers und den Belangen des Gemeinwohls herstellen (BVerwG NVwZ 2007, 707; Beschl. v. 19. Februar 1988, 4 B 141/85, zitiert nach Juris, Tz. 4; OVG Münster ZfW 1994, 294, 295 m.w.N.). Die Zwangsrechte dienen auch nicht der Durchsetzung desselben nachbarlichen Anspruchs (so aber VGH Mannheim, ZfW 1975, 174, 175 und Schulte, ZfW 1971, 123 zu § 88 WG BW), sondern dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Abwasserbeseitigung und anderen wasserwirtschaftlichen Zwecken (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 8. September 1995, 20 B 2096/95, Tz. 6; Beschl. v. 27. Januar 2005, 20 A 2187/04, Tz. 3 f.; Urt. v. 9. November 2006, 20 A 2136/05, Tz. 31, 41, 43, 48, 62 – alle zitiert nach Juris – sowie die Begründung der Gesetzentwürfe zu §§ 84, 85 LWG NRW 1962, LT-Drs. 4/156, S. 67 f. und 100, zu §§ 124 bis 132 LWG NRW 1979, LT-Drs. 8/2388, S. 124, und zu § 128 LWG NRW 1989, LTDrs. 10/2661, S. 80). Der unterschiedliche Regelungszweck zeigt sich gerade daran, dass die Zwangsrechte auch den Betreibern von öffentlichen Unternehmen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung erteilt werden können, während das private Notleitungsrecht nur dem Grundstückseigentümer zusteht. Dieser erweiterte Anwendungsbereich beruht also nicht auf einer Doppelnatur der Zwangsrechte (so aber Schulte, Eigentum und öffentliches Interesse, S. 268 ff. und ZfW 1966, 72, 76 f.), sondern auf ihrer von nachbarlichen Interessen unabhängigen wasserwirtschaftlichen Zielsetzung.
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cc) Das Bedürfnis für die entsprechende Anwendung von § 917 BGB entfällt auch nicht deshalb, weil die wasserrechtlichen Zwangsrechte gemäß §§ 131 Abs. 2, 26 Abs. 1 LWG NRW, 8 Abs. 6 WHG die zivilrechtlichen Wirkungen einer Grunddienstbarkeit entfalten und damit auch dem privaten Interesse des begünstigten Eigentümers dienen. Denn die privatrechtsgestaltende Erteilung eines Zwangsrechts steht im Ermessen der Behörde (BVerwG, Beschl. v. 19.
Februar 1988, aaO, Tz. 4; OVG Münster, Urt. v. 9. November 2006, aaO, Tz. 29), und bei dessen Ausübung sind - dem Zweck der Regelung entsprechend - primär die öffentlichen Belange der Wasserwirtschaft zu beachten. Ein gleichgerichtetes Interesse des Eigentümers fällt zwar ebenfalls ins Gewicht; Voraussetzung ist aber, dass der private Nutzen mit diesen Belangen des Gemeinwohls in Einklang steht (vgl. §§ 2 Abs. 2, 128 Abs. 3 i.V.m. 125 Abs. 2, 129 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW und OVG Münster, Urt. v. 9. November 2006, aaO, Tz. 41 ff. und 62).
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Die nach dem Rechtsgedanken von § 917 BGB erforderliche Notlage entfällt deshalb erst mit der Erteilung des Zwangsrechts. Bis dahin besteht kein Anlass, von dem allgemeinen Grundsatz der Zweigleisigkeit des öffentlichen und privaten Nachbarrechts (dazu etwa Senat, BGHZ 66, 354, 357 ff.; 122, 1, 8 und allgemein Saller in Grziwotz/Lüke/Saller, aaO, 1. Teil Rdn. 83 ff.) abzuweichen. Denn den §§ 128, 129 LWG NRW kann nicht entnommen werden, dass der Landesgesetzgeber im Rahmen des Vorbehalts nach Art. 65 EGBGB ein privates Notleitungsrecht ausschließen und den Eigentümer auf das hoheitliche Zwangsrecht verweisen wollte. Das zeigen zum einen die in den Wassergesetzen der Länder Baden-Württemberg (§§ 88 f.), Brandenburg (§§ 116, 118), Hessen (§§ 64 f.), Rheinland-Pfalz (§§ 98 f.), Saarland (§§ 93 f.), Sachsen (§§ 109 f.) und Thüringen (§§ 95 f.) geregelten Zwangsrechte, die jeweils mit den - oben erwähnten - landesrechtlichen Bestimmungen über das private Notleitungsrecht konkurrieren. Zum anderen sah bereits das preußische Allgemeine Landrecht, dessen Tradition die Revision für ihre gegenteilige Auffassung bemüht, neben dem staatlichen Zwang zur Gestattung der Vorflut (ALR I 8 §§ 103 ff.) auch ein nachbarliches Notrecht vor (ALR I 22 § 3), dessen denkbar weit gefasster Tatbestand nicht nur das Notwegrecht, sondern jede Art von Grundgerechtigkeit und damit auch die Befugnis zum "Ausguss" auf das be- nachbarte Grundstück und zur Abführung der Flüssigkeiten durch einen Kanal (vgl. ALR I 22 §§ 59 f.) umfasste. Dass der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber in diesem Punkt von der preußischen Tradition abweichen wollte, lässt sich weder den Materialien zum Landeswassergesetz (LT-Drs. 4/156, 8/2388 und 10/2661, jeweils aaO) noch der amtlichen Begründung zu dem Entwurf des Nachbarrechtsgesetzes (LT-Drs. 6/212, S. 26 ff.) entnehmen. Allein der Umstand, dass das Nachbarrechtsgesetz vom 15. April 1969 keine eigenständige Regelung des Notleitungsrechts enthält, rechtfertigt diese Annahme nicht. Denn zum einen kann der achte Abschnitt, in dem das Gesetz von Abwässern handelt, schon deshalb nicht als abschließende Kodifikation des entsprechenden Wassernachbarrechts angesehen werden, weil er aus einer einzigen Vorschrift besteht (§ 29 NachbG NRW) und die in § 115 LWG NRW geregelten Fragen wild abfließenden Wassers ausklammert. Zum anderen hatte der Senat bereits zehn Jahre vor dem Erlass des Nachbarrechtsgesetzes entschieden , dass sich die Befugnis zur Verlegung eines Abwasserkanals aus § 917 BGB ergeben kann (Urt. v. 4. November 1959, V ZR 49/58, WM 1959, 1461). Es liegt deshalb näher, dass der nordrhein-westfälische Gesetzgeber ein weitergehendes Notleitungsrecht, wie es in den Nachbarrechtsgesetzen anderer Länder vorgesehen ist, schlicht für entbehrlich hielt.
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dd) Die Revision weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass der Nachbar, durch dessen Grundstück die Notleitung verläuft, analog § 917 Abs. 2 BGB durch eine nach dem Minderwert des Grundstücks bemessene Rente zu entschädigen ist (vgl. Senat, BGHZ 79, 307, 310; 113, 32, 35; OLG Hamm NJW-RR 1992, 723, 724), während er für die Erteilung eines entsprechenden Zwangsrechts eine Entschädigung nach den Regelungen des Landesenteignungs - und -entschädigungsgesetzes erhielte (§§ 131 Abs. 1, 134, 135 LWG NRW) und bei der Mitbenutzung eigener Leitungen darüber hinaus die anteilige Erstattung der Anlage- und Unterhaltungskosten verlangen könnte (§ 129 Abs. 2 LWG NRW). Warum das der entsprechenden Anwendung des privaten Notwegrechts entgegenstehen soll, erschließt sich indes nicht, zumal möglicherweise bestehende Unterschiede zwischen den Entschädigungsregelungen des privaten und des öffentlichen Rechts auch deshalb gerechtfertigt wären, weil die Voraussetzungen der wasserrechtlichen Zwangsrechte geringer sind als die des § 917 BGB (vgl. Senat, BGHZ 79, 307, 312 f.).
24
Zu bedenken ist lediglich, ob der durch das Notleitungsrecht begünstigte Eigentümer über die Rente hinaus an den Herstellungs- und Unterhaltungskosten zu beteiligen ist, wenn dieses Recht – wie hier – auf die Mitbenutzung einer von dem Nachbarn angelegten Leitung gerichtet ist. Die landesrechtlichen Bestimmungen über das private Notleitungsrecht sehen eine solche Kostenbeteiligung vor (vgl. etwa § 7e Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 NRG BW). Bei den Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung entspricht sie auch dem allgemeinen Notwegrecht. Denn nach § 917 BGB ist der Nachbar nur zur Duldung, aber nicht zur Unterhaltung des Notwegs verpflichtet (BGH, Urt. v. 6. April 1995, III ZR 27/94, NJW-RR 1995, 911, 913 f.), und wenn er den Weg gemeinsam mit dem Berechtigten nutzt, sind die Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung nach §§ 748, 742 BGB zu teilen (OLG Düsseldorf RdL 1997, 35, 36; OLG Hamm Urt. v. 16. Oktober 2000, 5 U 108/00, zitiert nach Juris, Tz. 34; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 917 Rdn. 35; vgl. auch Senat, BGHZ 161, 115, 119 ff. für das Recht der Dienstbarkeiten). Für die Unterhaltung einer gemeinsam genutzten Notleitung gelten diese Grundsätze entsprechend. Daraus folgt aber nicht, dass der Berechtigte dem Nachbarn auch die Kosten für die Herstellung einer solchen Leitung anteilig zu erstatten hätte. Vielmehr scheidet eine Beteiligung an diesen Kosten jedenfalls unter den - hier vorliegenden - Voraussetzungen des § 918 Abs. 2 BGB aus. Denn der Eigentümer, der in seine Grundstücke Abwas- serleitungen für andere, ebenfalls ihm gehörende, später veräußerte Grundstücke verlegt, hat die Möglichkeit, sich einen finanziellen Ausgleich für die Herstellungskosten zu verschaffen, indem er den Kaufpreis für die Grundstücke, denen die Leitungen dienen, entsprechend bemisst (Senat, BGHZ 79, 307, 310 f.). Das schließt eine nachträgliche Kostenbeteiligung des Käufers auch dann aus, wenn die belasteten Grundstücke ebenfalls veräußert werden. Denn der bloße Wechsel des Eigentümers ist auf den Inhalt des Notwegrechts ohne Einfluss (Senat, aaO, 311).
25
2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines Notleitungsrechts analog § 917 BGB zu Recht bejaht. Das Grundstück der Beklagten hat keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Abwasserkanal. Eine solche Verbindung ist erforderlich, weil das Grundstück zu Wohnzwecken genutzt wird. Diese Nutzung ist ordnungsgemäß. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn die Bebauung des Grundstücks wegen der fehlenden Absicherung der Verbindung zum öffentlichen Kanalnetz durch eine Dienstbarkeit oder eine Baulast nach öffentlichem Baurecht nicht hätte genehmigt werden dürfen. Denn die erforderliche Baugenehmigung ist unstreitig erteilt worden, so dass insoweit von der Ordnungsmäßigkeit der Nutzung auszugehen ist (Senat, Urt. v. 7. Juli 2006, V ZR 159/05, NJW 2006, 3426, 3427; ebenso - für das Notleitungsrecht - BVerwGE 50, 282, 290 f., und Wilhelms, aaO, 127). Das gilt auch für den von der Revision geltend gemachten Verstoß gegen die örtliche Abwassersatzung. Denn eine Baugenehmigung stellt verbindlich fest, dass das Vorhaben mit dem gesamten im Zeitpunkt der Genehmigung geltenden öffentlichen Recht übereinstimmt (BVerwG aaO, 290). Keiner Klärung bedarf daher, ob ein Notleitungsrecht den Anforderungen der Ortssatzung genügt und inwiefern dies nach § 917 BGB für die Ordnungsmäßigkeit der Nutzung von Bedeutung ist (dazu Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 59/89, NJW 1991, 176, 177).
26
3. Von einer Bestimmung nach § 917 Abs. 1 Satz 2 BGB hat das Berufungsgericht abgesehen, weil die Richtung der Notleitung und der Umfang des Notleitungsrechts durch die bei dessen Entstehung vorhandene Abwasserleitung bestimmt werden. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 79, 307, 309) und wird von der Revision auch nicht beanstandet. Inhalt und Umfang des Notleitungsrechts wären zwar ausnahmsweise dann neu zu bestimmen , wenn die vorhandene Leitung überlastet wäre. Insoweit hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis jedoch nicht geführt.
27
4. Zu Recht hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Abweisung der Klage auch insoweit bestätigt, als der geltend gemachte Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch die Durchleitung von Niederschlagswasser betrifft. Dabei hat es nicht verkannt, dass die Miteigentümer des Garagengrundstücks insoweit nicht nach § 917 BGB verpflichtet sind, die Mitbenutzung ihrer Abwasserleitung zu dulden, weil die Beklagten wegen der auf ihrem Grundstück vorhandenen Sickeranlage nicht auf die Durchleitung des Niederschlagswassers angewiesen sind. Nach seinen Feststellungen fehlt es aber schon an einer Beeinträchtigung des Miteigentums (§ 1004 Abs. 1 BGB), weil die Klägerin nicht bewiesen hat, dass die Beklagten auch Niederschlagswasser in die Abwasserleitung einleiten.
28
Diese Feststellung hält den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat die Beweislast nicht verkannt. Als Störer müssen die Beklagten zwar sämtliche Voraussetzungen der Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB darlegen und beweisen (Senat, BGHZ 106, 142, 145). Die streitige Frage, ob die Beklagten Niederschlagswasser in die Abwasserleitung einleiten, betrifft aber nicht die Duldungspflicht, sondern die geltend gemachte Eigentumsbeeinträchtigung selbst. Deren Vorliegen und Ausmaß hat nach allgemeinen Regeln die Klägerin zu beweisen (vgl. nur Baumgärtel in Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl., Bd. 2, § 1004 Rdn. 4 m.w.N.).

III.


29
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.
Krüger Lemke Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Bochum, Entscheidung vom 31.05.2005 - 63 C 552/04 -
LG Bochum, Entscheidung vom 04.09.2007 - 9 S 157/05 -

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(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der

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Jeder Teilhaber ist den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 918 Ausschluss des Notwegrechts


(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird. (2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1011 Ansprüche aus dem Miteigentum


Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 742 Gleiche Anteile


Im Zweifel ist anzunehmen, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen.

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 11 Erlaubnis-, Bewilligungsverfahren


(1) Erlaubnis und Bewilligung können für ein Vorhaben, das nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, nur in einem Verfahren erteilt werden, das den Anforderungen des genannten Gesetzes ents

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(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 143/02 Verkündet am:
31. Januar 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis kann auch durch spätere Parzellierung
eines bebauten Gesamtgrundstücks entstehen, durch die vorhandene Gebäude
rechtlich von ihrer bisherigen Abwasserentsorgung abgeschnitten werden.

b) Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis kann in einem solchen Fall auch dann
zur weiteren Duldung der Abwasserdurchleitung verpflichten, wenn das begünstigte
Grundstück nicht an das belastete angrenzt.
BGH, Urt. v. 31. Januar 2003 - V ZR 143/02 - OLG Hamm
LG Essen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Januar 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Februar 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 27. August 2001 zurückgewiesen und die Klage im übrigen abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Das Grundstück des Klägers und die Grundstücke der Beklagten waren ursprünglich Teile eines ungeteilten Hanggrundstücks in E. . Sie sind durch die späteren Parzellierung dieses Grundstücks entstanden. Das Areal liegt an der Straße S. und fällt in einem langen Hang ab zur Straße Am Sch. .
1953 ließ die damalige Eigentümerin von der Straße S. aus hangabwärts Stichstraßen anlegen und an diesen Häuser errichten. Die Häuser der Beklagten liegen an einer dieser Stichstraßen. Zur Entsorgung der Abwässer dieser Häuser hatte die damalige Eigentümerin von dem am tiefsten gelegenen Haus durch das darunter liegende Wiesengelände ein Abwasserrohr zum öffentlichen Abwasserkanal in der Straße Am Sch. verlegen lassen. In den 70er Jahren wurde das Areal an einen Immobilienhändler veräußert und von diesem parzelliert. Hierbei entstanden u. a. aus Flächen, auf denen die Häuser der Beklagten stehen, einzelne Hausgrundstücke, die später an die Beklagten veräußert wurden. Das am Fuß des Hangs an der Straße Am Sch. gelegene Wiesengelände wurde dabei ebenfalls parzelliert und später an Erwerber zur Bebauung verkauft. Einer dieser Erwerber ist der Kläger.
Als der Kläger im Jahre 2000 die Baugrube für sein Einfamilienhaus ausheben ließ, fiel das Abwasserrohr auf. Der Kläger ließ das Rohr zunächst teilweise umlegen, um die Baugrube für seinen Neubau ausheben zu können. Er verlangte von den Beklagten Erstattung der für die Umlegung des Rohrs entstandenen Kosten sowie seine Entfernung, weil er seiner Verlegung und Unterhaltung nicht zugestimmt habe und dieses Rohr auch nicht dulden müsse, hilfsweise, die Einleitung von Abwässern auf sein Grundstück zu unterlassen. Dies lehnten die Beklagten unter Hinweis darauf ab, daß das Rohr durch den seinerzeitigen Eigentümer angelegt worden sei und seitdem dort liege.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dem Entfernungsbegehren entsprochen, die Berufung hinsichtlich des Zahlungsantrags indes zurückgewiesen. Mit der Revision beantragen die Beklag-
ten, ihre Verurteilung zur Entfernung des Rohrs aufzuheben und die Klage ins- gesamt abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe


I.


Nach Ansicht des Berufungsgerichts beeinträchtigen die Beklagten das Grundeigentum des Klägers dadurch, daß sie ihre Hausabwässer in dem Rohr durch das Grundstück des Klägers in den öffentlichen Kanal leiten. Das müsse der Kläger nicht dulden. Seine Pflicht zur Duldung des Rohrs und der Ableitung der Hausabwässer lasse sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Notwegrechts begründen. Denn die Beklagten könnten ihre Hausabwässer in die am oberen Hangende verlaufende Straße S. entsorgen. Die Kosten für die Errichtung der dazu erforderlichen Abwasserhebeanlage sei den Beklagten zuzumuten.

II.


Diese Erwägung halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Der Kläger kann von den Beklagten weder die Entfernung des Abwasserrohrs verlangen, noch daß diese ihre Hausabwässer nicht mehr in sein Grundstück einleiten. Die Voraussetzungen des als Grundlage für diese Ansprüche allein in Betracht kommenden § 1004 BGB sind unbeschadet der Frage einer Störung durch die Beklagten jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil die Beklagten von dem Kläger die Duldung des Abwasserrohrs und seine Nutzung zur Durchleitung der Abwässer verlangen können.

2. Die Duldungspflicht des Klägers ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses. Die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn haben insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Auch auf sie ist allerdings der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anzuwenden; daraus folgt für die Nachbarn eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, deren Auswirkungen auf den konkreten Fall man unter dem Begriff des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zusammenfaßt (z. B. Senat BGHZ 28, 110, 114; Senat BGHZ 42, 374, 377; BGHZ 58, 149, 157; BGHZ 88, 344, 351; BGHZ 113, 384, 389; Senatsurt. v. 26. April 1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826, 2827 u. v. 6. Juli 2001, V ZR 246/01, NJW 2001, 3119, 3120; Soergel/ J. F. Baur, 13. Aufl. [2002] § 903 Rdn. 51 jeweils m. w. Nachw.). Eine solche Pflicht zur Rücksichtnahme ist zwar mit Rücksicht auf die nachbarrechtlichen Sonderregelungen eine Ausnahme und kann nur dann zur Anwendung kommen , wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint (Senat BGHZ 28, 110, 114; BGHZ 42, 374, 377; BGHZ 58, 149, 157; BGHZ 88, 344, 351; Senatsurt. v. 26. April 1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826, 2827). Wenn diese Bedingungen vorliegen, ist die Ausübung eines Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung vorrangiger Interessen des Störers unzulässig (vgl. Senat BGHZ 28, 225, 229 f.; 68, 350, 353 ff.; BGHZ 113, 384, 389; Urt. v 26. April 1991, V ZR 346/01, NJW 1991, 2826, 2827, u. v. 6. Juli 2001, V ZR 246/01, NJW 2001, 3119, 3120 f. ) .
3. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Die Beklagten können auf Grund der Umstände, die zu dem vom Kläger beanstandeten Zustand geführt haben, und auf Grund des langen Zeitraums, während dessen dieser Zustand bis zu dem Streit der Parteien unangefochten bestanden hat, darauf vertrauen, daß dieser Zustand auch künftig erhalten bleibt. Dieses Bestandsschutzinteresse der Beklagten hat Vorrang vor dem Interesse des Klägers an einer Veränderung dieses Zustands. Dies kann der Senat auch selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht die dazu erforderlichen Feststellungen getroffen hat.

a) Die Grundstücke der Parteien sind im Wege der Parzellierung aus einem einheitlichen Gesamtgrundstück hervorgegangen. Auf diesem Gesamtgrundstück hatte dessen ursprünglicher Eigentümer die Siedlung errichten lassen , zu der auch die Häuser der Beklagten gehören. Die Abwässer dieser Häuser wurden nach den von dem Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen auf Veranlassung des damaligen Eigentümers von Anfang an in dem streitigen Rohr hangabwärts durch die Wiesenfläche des Gesamtareals in den Abwasserkanal der Straße Am Sch. am Fuß des Hanges entsorgt. Dieses so bebaute Gesamtareal wurde später in dem Zustand parzelliert , in dem es sich damals befand. Das Rohr ist bei dieser Parzellierung nicht dinglich abgesichert worden. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß dem die Absicht zugrunde lag, den bestehenden Zustand zu ändern. Das Areal sollte vielmehr nur aufgeteilt und an Erwerber veräußert werden. Das 20 Jahre zuvor angelegte Rohr ist damals übersehen worden. Es wäre auch erhalten geblieben , wenn es rechtzeitig entdeckt worden wäre.

b) Die Beklagten haben ihre Häuser seinerzeit mit der heute vorhandenen Abwasserentsorgung erworben. Da die Grundstücke alle zu einem einheit-
lichen Areal gehört hatten, durften sie auch davon ausgehen, daß sich daran nichts ändern würde. In ihrer Erwartung sind sie dadurch gestärkt worden, daß dieser Zustand nahezu 30 Jahre lang unangefochten blieb und auch die von dem Rohr ebenfalls betroffenen anderen Erwerber keine Einwände erheben.

c) Dieses Vertrauen der Beklagten wiegt stärker als das Interesse des Klägers an der Beendigung der Durchleitung der Abwässer. Der Kläger hat die von ihm jetzt beanstandete Lage bei Erwerb vorgefunden und sein Grundstück mit diesem situationsbedingten Nachteil erworben. Das Abwasserrohr liegt in einem Streifen seines Grundstücks, der wegen der einzuhaltenden Abstandsflächen nur eingeschränkt nutzbar ist. Er könnte zudem von den Beklagten nach Treu und Glauben verlangen, daß sie einer Verlegung des Rohrs zustimmen , wenn es eine künftige Nutzung seines Grundstücks durch den Kläger an der gegenwärtigen Ausübungsstelle in nicht zumutbarer Weise beeinträchtigen sollte.

d) Das Grundstück des Klägers grenzt allerdings nicht unmittelbar an die Grundstücke der Beklagten. Das hindert aber die Entstehung eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zwischen den Parteien nicht. Die Pflicht der Parteien zur Rücksichtnahme beruht darauf, daß die Grundstücke zu einem Gesamtgrundstück gehört haben und die Beklagten auf den Forbestand des tatsächlichen Entsorgungszustands vertrauen können, der bei Parzellierung vorhanden war. Es kommt deshalb nur auf die tatsächlichen Verhältnisse an; zu welchem Grundstückszuschnitt die Parzellierung geführt hat, ist unerheblich. Ohne Bedeutung ist deshalb auch, ob die heutigen Grundstücksgrenzen durch eine Parzellierung in einem Zuge entstanden sind oder ob dies in mehreren Parzellierungsschritten geschehen ist, wie der Kläger vorträgt.


e) Nach dem Vortrag des Klägers ist das Abwasserrohr nicht an der Stelle verlegt worden, die in den damaligen Plänen angeben war. Es soll auch weder im Baulastenverzeichnis oder in einem Abwasserkataster enthalten sein. Dieser Vortrag könnte die Duldungspflicht des Klägers nur in Frage stellen, wenn sich aus ihm ableiten ließe, daß das Rohr seinerzeit rechtswidrig angelegt wurde. Das ist nicht der Fall. Für die angeblichen Abweichungen von den ursprünglichen Planungen folgt das schon daraus, daß die Duldungspflicht nicht an die Planung, sondern an den tatsächlichen Zustand anknüpft, in dem sich das Areal bei Parzellierung befand. Da lag das Rohr aber an der beanstandeten Stelle. Aus dem gleichen Grund kommt es auch nicht auf das Fehlen einer Baulast an, die zudem seinerzeit auch nicht begründet werden konnte, weil sich das Rohr in eigenem Grund befand. Die fehlende Eintragung des Rohrs in ein Abwasserkataster besagt über die Rechtmäßigkeit einer Abwasserleitung nichts. Ein solches Kataster dient allein einer Bestandsaufnahme und erfaßt gewöhnlich auch nur die Leitungen von öffentlichen Netzen.
4. Keiner Entscheidung bedarf im vorliegenden Fall, ob der Kläger das Abwasserrohr und seine weitere Nutzung durch die Beklagten ohne Ausgleich hinzunehmen oder ob die Beeinträchtigung das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Einwirkung übersteigt und dem Kläger deshalb ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zuzubilligen ist (vgl. Senatsurt. v. 11. Juni 1999, V ZR 377/98, NJW 1999, 2896 u. v. 23. Februar 2001, V ZR 389/99, NJW 2001, 1865, 1866). Denn der Kläger hat einen solchen Ausgleich nicht beantragt.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.

(2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigentümer desjenigen Teils, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden. Der Veräußerung eines Teils steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigentümer gehörenden Grundstücken gleich.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Erlaubnis und Bewilligung können für ein Vorhaben, das nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, nur in einem Verfahren erteilt werden, das den Anforderungen des genannten Gesetzes entspricht.

(2) Die Bewilligung kann nur in einem Verfahren erteilt werden, in dem die Betroffenen und die beteiligten Behörden Einwendungen geltend machen können.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

Jeder Teilhaber ist den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.

Im Zweifel ist anzunehmen, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen.

(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.

(2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigentümer desjenigen Teils, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden. Der Veräußerung eines Teils steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigentümer gehörenden Grundstücken gleich.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 159/05 Verkündet am:
7. Juli 2006
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Miteigentümer eines Grundstücks können den Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts
nur gemeinsam geltend machen.
Die baurechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Gebäudes ist bei der Beurteilung der
Ordnungsmäßigkeit der Benutzung eines Grundstücks zu beachten.
Dass ein Gebäude so errichtet wird, dass es zu einem Teil nicht ohne einen Zugang über
ein Nachbargrundstück genutzt werden kann, schließt den Anspruch auf Einräumung eines
Notwegrechts nicht notwendig aus.
BGH, Urt. v. 7. Juli 2006 - V ZR 159/05 - OLG Frankfurt am Main
LGDarmstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2006 durch die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. Juli 2005 im Kostenpunkt mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Widerbeklagten und insoweit aufgehoben, als über die Klage entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin und die an dem Revisionsverfahren nicht beteiligte Widerbeklagte sind Miteigentümer des in der Innenstadt von H. gelegenen Grundstücks F. straße 21a. Das nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilte Grundstück ist mit einem mehrgeschossigen Gebäude bebaut. Es grenzt an die L. straße und die Z. gasse und hat insoweit eine ausreichende Verbindung mit einem öffentlichen Weg. Das Gebäude ist jedoch in der Weise errichtet, dass die Zuwegung zu den jetzt der Klägerin gehörenden 19 Eigentumswohnungen, die in den Geschossen über dem - ebenso wie das Erdgeschoss gewerblich genutzten - ersten Obergeschoss liegen, nicht zur L. straße oder zur Z. gasse, sondern über das Nachbargrundstück F. straße 21 verläuft, dessen Eigentümer nunmehr die Beklagten sind. Ein dinglich gesichertes Wegerecht besteht nicht.
2
Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Einräumung eines Notwegrechts für die jeweiligen Eigentümer der Eigentumswohnungen, hilfsweise gegen Zahlung einer jährlichen Notwegrente von 1.200 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Nach Auffassung des Berufungsgerichts bilden die Eigentumswohnungen einen selbständigen Teil des Grundstücks F. straße 21a, dem ein Zugang zu einem öffentlichen Weg fehle. Der Zugang des Grundstücks zur L. straße und zur Z. gasse sei für die Wohnungen der Klägerin aufgrund Bebauung des Grundstücks nicht nutzbar. Eine Verbindung zu diesen könne nur durch den im Sondereigentum der Widerbeklagten stehenden Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss oder durch die ebenfalls im Sondereigentum der Widerbeklagten stehenden Geschäftsräume im ersten Obergeschoss geschaffen werden. Zur Nutzung der Wohnungen sei ein separater Zugang über das Grundstück der Beklagten daher notwendig. Die Verpflichtung der Beklagten, den Zugang zu den Wohnungen über ihr Grundstück zu dulden, scheitere auch nicht daran, dass der Zugang zur L. straße oder zur Z. gasse bei der Errichtung des Gebäudes willkürlich verhindert worden sei, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dieser Gestaltung einverstanden gewesen sei.
4
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


5
1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil die Klage derzeit unzulässig ist.
6
Der Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts (§ 917 Abs. 1 BGB) steht dem Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks zu. Mehrere Miteigentümer können ihn - in Abweichung von § 1011 BGB - nur gemeinsam geltend machen; verlangt ein einzelner Miteigentümer die Gestattung der Benutzung des Nachbargrundstücks als Notweg, benötigt er die Ermächtigung der anderen Miteigentümer. Denn anderenfalls könnte ein einzelner Miteigentümer die Verpflichtung der anderen Miteigentümer zur Zahlung der gemeinsam geschuldeten Notwegrente begründen, die nach § 917 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Notwegrecht entsteht und für die nach §§ 917 Abs. 2 Satz 2, 914 Abs. 3, 1107 BGB das gemeinsame Grundstück haftet. Eine solche Rechtsmacht räumt § 1011 den einzelnen Miteigentümern nicht ein (Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 917 Rdn. 5; Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 917 Rdn. 8; PWW/Lemke, BGB, § 917 Rdn. 4; Soergel/J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 917 Rdn. 7; Staudinger /Roth, BGB, [2002], § 917 Rdn. 32; a.A. MünchKomm-BGB/Säcker, 4. Aufl., § 917 Rdn. 16; offen gelassen Senat, Urt. v. 28. Mai 1976, V ZR 195/74, WM 1976, 1061, 1062). Daran ändert sich nicht dadurch etwas, dass das zuwegungslose Grundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt ist (vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, aaO, § 1011 Rdn. 3; RGRK-BGB/Augustin, 12. Aufl., § 917 Rdn. 7). Das Recht auf einen Notweg wird durch die Lage des Grundstücks und nicht durch das mit den Miteigentumsanteilen an dem Grundstück verbundene Sondereigentum an den Wohnungen oder den zu anderen Zwecken genutzten Räumen in dem aufstehenden Gebäude begründet. Danach ist die Klägerin ohne die Mitwirkung der Widerbeklagten nicht zur Führung des vorliegenden Rechtsstreits befugt. Ihre Klage ist deshalb derzeit unzulässig (Senat, BGHZ 92, 351, 353).
7
2. Gleichwohl kann der Senat keine abschließende Entscheidung in der Sache treffen. Denn die fehlende Prozessführungsbefugnis der Klägerin ist bisher nicht gesehen worden. Der Klägerin ist deshalb Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts ihren Vortrag zu ergänzen. Das führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

III.


8
Für den Fall, dass das Berufungsgericht aufgrund der neuen Verhandlung zur Zulässigkeit der Klage gelangen sollte, weist der Senat auf Folgendes hin:
9
1. Der bestehende Zugang des Grundstücks F. straße 21a zur L. straße und zur Z. gasse schließt das von der Klägerin geltend gemachte Notwegrecht nicht von vornherein aus. Einem Grundstück fehlt der er- forderliche Zugang nämlich auch dann, wenn nur ein Teil des Grundstücks keinen zur ordnungsgemäßen Nutzung hinreichenden Zugang hat (Senat, Urt. v. 11. Juni 1954, V ZR 20/53, NJW 1954, 1321; RGZ 79, 116, 120 f.; Reinicke MDR 1948, 358 f.) und dem Grundstückseigentümer nicht zugemutet werden kann, dem zuwegungslosen Teil seines Grundstücks über die übrigen, mit dem öffentlichen Weg verbundenen Teile des Grundstücks einen Zugang zu dem öffentlichen Weg zu verschaffen (Senat, aaO).
10
a) Die Nutzung des Grundstücks F. straße 21a durch das Wohnund Geschäftszwecken dienende Gebäude ist ordnungsgemäß im Sinne von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hieran ändert sich nicht dadurch etwas, dass die Bebauung des Grundstücks in der vorhandenen Weise wegen der fehlenden Absicherung des Zugangs zu den Eigentumswohnungen durch eine Dienstbarkeit oder durch eine Baulast nach dem öffentlichen Baurecht nicht hätte genehmigt werden dürfen. Die zur Errichtung des Gebäudes erforderliche Baugenehmigung ist nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin erteilt worden. Dieser Umstand kann nicht unberücksichtigt bleiben, sondern führt dazu, dass insoweit von der Ordnungsmäßigkeit der Nutzung des Grundstücks auszugehen ist (BVerwGE 50, 282, 289 f.). Insoweit wirkt das öffentliche Baurecht auf das Zivilrecht zurück (Staudinger/Roth, aaO, § 917 Rdn. 25).
11
b) Es fehlen jedoch ausreichende Feststellungen für die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin sei es nicht zumutbar, selbst für einen Zugang zu ihren Eigentumswohnungen auf dem Grundstück F. straße 21a Sorge zu tragen.
12
Grundsätzlich muss der Grundstückseigentümer den Zugang von dem öffentlichen Weg zu abgeschnittenen Grundstücksteilen auf dem eigenen Grundstück schaffen. Dies gilt auch dann, wenn das für den Grundstückseigentümer umständlicher, weniger bequem oder kostspieliger ist als die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks (Senat, BGHZ 75, 315, 319; OLG Brandenburg DtZ 1996, 389). Der Eigentümer muss deshalb grundsätzlich Umbaumaßnahmen vornehmen, um eine vorhandene Verbindung seines Grundstücks zu einem öffentlichen Weg nutzen zu können (vgl. RGZ 157, 305, 308; Senat, Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322). Erst wenn die mit der Schaffung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück verbundenen Erschwernisse so groß sind, dass die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksbenutzung aufgehoben oder in unzumutbarer Weise geschmälert wird, ist der Nachbar zur Duldung der Benutzung seines Grundstücks als Zugang verpflichtet. Die Grenze der Zumutbarkeit für den Grundstückseigentümer ist nicht durch einen Vergleich zwischen der Beeinträchtigung des auf Duldung eines Notwegs in Anspruch genommenen Nachbarn und den Kosten zu bestimmen, die durch die Schaffung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück entstehen. Maßgeblich ist vielmehr das Verhältnis der für die Schaffung einer Zuwegung notwendigen Kosten zu der Wirtschaftlichkeit der Nutzung des Grundstücks (Senat, Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322).
13
Diese Grundsätze gelten auch für die Zuwegung zu Eigentumswohnungen , die keinen Zugang zu einem öffentlichen Weg des für die Bebbauung verwendeten Grundstücks haben. Die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum kann die Herstellung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück in einem solchen Fall schwieriger machen, wenn sie - wie hier - bauliche Veränderungen erfordert. Denn ein Miteigentümer kann von den anderen Miteigentümern nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG bauliche Veränderungen grundsätzlich nicht verlangen. Das gilt jedoch nicht für Maßnahmen, die zur erstmaligen ordnungsgemäßen Herstellung erforderlich sind (Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 22 WEG Rdn. 4 m.w.N.). Dazu gehört grundsätzlich die Schaffung eines Zugangs zu einem öffentlichen Weg über das gemeinschaftliche Grundstück. Da es an einem solchen fehlt, kann die Klägerin von der Widerbeklagten die Mitwirkung an den dafür notwendigen Maßnahmen verlangen (§ 21 Abs. 4 WEG). Gegenüber ihrer Mitwirkungspflicht kann sich die Widerbeklagte nicht ohne weiteres auf fehlende oder entgegensetzte Bestimmungen in der Teilungserklärung berufen. Denn Wohnungs- und Teileigentümer sind zur Mitwirkung an Änderungen der Teilungserklärung verpflichtet, wenn ihre Beibehaltung zu grob unbilligen, mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führt (Senat, BGHZ 130, 304, 312; 154, 192, 196, 202; 160, 354, 358). So verhält es sich, wenn Wohnungen durch die Gestaltung des Bauwerks und eine dieser entsprechenden Teilungserklärung von einem Zugang zu dem öffentlichen Weg über das eigene Grundstück abgeschnitten sind und es mit zumutbaren Mitteln möglich ist, unter Änderung der Teilungserklärung einen solchen Zugang zu schaffen. Der Hinweis der Klägerin auf die fehlende Bereitschaft der Widerbeklagten, an Umbaumaßnahmen mitzuwirken oder diese zu dulden, geht daher ins Leere. Die Klägerin ist gehalten, die Widerbeklagte auf Mitwirkung und Duldung der zur Schaffung eines Zugangs auf dem Grundstück F. straße 21a notwendigen wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen in Anspruch zu nehmen, wozu auch die Herbeiführung einer Änderung der Teilungserklärung oder einer anderweitigen Gestattung gehört (vgl. Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116).
14
c) Dass der fehlende Zugang zu den Eigentumswohnungen der Klägerin auf der baulichen Gestaltung des Gebäudes beruht, schließt den Anspruch auf Begründung eines Notwegrechts entgegen der Meinung der Revision nicht notwendig aus.
15
Die Verpflichtung des Nachbarn, einen Notweg zu dulden, entfällt gemäß § 918 Abs. 1 BGB, wenn die Verbindung des Grundstücks durch eine willkürliche Handlung, auch eines früheren Eigentümers, aufgehoben wurde (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116). Dasselbe gilt, wenn durch eine Maßnahme des Grundstückseigentümers ein Grundstücksteil keine Verbindung mit dem öffentlichen Weg mehr hat. Nicht jedes bewusste Handeln des Grundstückseigentümers, durch das die Verbindung eines Teils seines Grundstücks zu einem öffentlichen Weg aufgehoben wird, ist indessen willkürlich im Sinne von § 918 Abs. 1 BGB. Willkürlich im Sinne der Vorschrift ist vielmehr nur eine auf freier Entscheidung beruhende Maßnahme, die der ordnungsgemäßen Grundstücksbenutzung widerspricht und die gebotene Rücksichtnahme auf nachbarliche Interessen außer Acht lässt (AnwKommBGB /Ring, § 918 Rdn. 4; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, § 918 Rdn. 4; Erman /Lorenz, aaO, § 918 Rdn. 3; Palandt/Bassenge, aaO, § 918 Rdn. 1; PWW/Lemke, aaO, § 918 Rdn. 1; Staudinger/Roth, aaO, § 918 Rdn. 2). Danach ist es in der Regel willkürlich, wenn der Eigentümer unter den verschiedenen Möglichkeiten der ordnungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks eine Gestaltung wählt, die einen Notweg erfordert (Senat, Urt. v. 5. Mai 2006, V ZR 139/05, EBE-BGH 2006, 187), oder wenn er bei der Bebauung seines Grundstücks nicht darauf achtet, dass die Verbindung sämtlicher Teile des Grundstücks zu dem öffentlich Weg erhalten bleibt (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116). Dass ein Nachbar duldet, dass sein Grundstück als Zugang benutzt wird, ändert hieran nichts (Staudinger/Roth, aaO, § 918 Rdn. 3).
16
So liegt es nach dem Vorbringen der Klägerin aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles indessen nicht. Zwar war es nicht notwendig, das Gebäude so zu errichten, dass die Eigentumswohnungen nur über das Grund- stück der Beklagten einen Zugang zu dem öffentlichen Weg haben. Die Notwendigkeit dieses Zugangs hat sich auch nicht erst im Nachhinein durch eine wirtschaftliche Entwicklung ergeben, die das Grundstück F. straße 21a genommen hat (vgl. RG JW 1914, 529; 1925, 474). Die beiderseitigen Grundstücke sind jedoch gleichzeitig in aufeinander abgestimmter Weise bebaut worden. Zu diesem Zweck sind die Grenzen der Grundstücke verändert worden. Die Nutzung des ersten Obergeschosses in beiden Gebäuden greift bestimmungsgemäß über die Grundstücksgrenze hinweg. Die Beklagten verfügen über einen Zugang zu der unter dem gesamten Gebäudekomplex oder der unter dem Gebäude auf dem Grundstück F. straße 21a und auf weiteren Grundstücken erstellten Tiefgarage. Die frühere Eigentümerin des Grundstücks der Beklagten war Miteigentümerin des Grundstücks F. straße 21a. Ver- hält es sich so, bestand bei der Errichtung des Gebäudes Grund für die schützenswerte Erwartung, dass der Zugang zu den Eigentumswohnungen über das Grundstück der Beklagten auch ohne eine dingliche Sicherung dauerhaft möglich sein werde. Damit aber bedeutet der Abschluss der Wohnungen auf dem Grundstück F. straße 21a von einem Zugang zur Z. gasse oder zur L. straße keine willkürliche Maßnahme.
Klein Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 04.08.2004 - 23 O 329/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 01.07.2005 - 24 U 182/04 -

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)