Bundesgerichtshof Urteil, 01. Okt. 2019 - II ZR 387/17

bei uns veröffentlicht am01.10.2019
vorgehend
Landgericht Köln, 24 O 159/16, 06.10.2016
Oberlandesgericht Köln, 14 U 12/16, 24.10.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 387/17
Verkündet am:
1. Oktober 2019
Ginter
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:011019UIIZR387.17.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher, die Richter Wöstmann, Born, Dr. Bernau und V. Sander

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. Oktober 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. Das Berufungsurteil wird wie folgt neu gefasst: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 6. Oktober 2016 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der am 26. August 1946 geborene Kläger war seit dem 1. Januar 1978
1
bei der Ge. GmbH beschäftigt. Er war seit 1978 GesellschafterGeschäftsführer. 1980 wurden H. und 1984 B. zu weiteren Gesellschafter -Geschäftsführern in der Gesellschaft bestellt. In der Zeit vom 8. August 1984 bis zum 19. Juni 1994 hielten die drei Geschäftsführer jeweils 1/6 und insgesamt 50 % der Anteile der Ge. GmbH. Weitere Gesellschafterin war die G. GmbH. Aus Anlass der Geschäftsführertätigkeit erhielt der Kläger am 1. Dezember 1980 eine Versorgungszusage über 30 % seines pensionsfähigen Gehalts, wenn er im Dienst das 60. Lebensjahr erlebe und danach aus dem Dienst der GmbH ausscheide. Die Versorgungszusage wurde durch Vereinbarung vom 1. Dezember 1994 auf das pensionsfähige Gehalt von 14.000 DM, das der Kläger bereits seit dem 1. Januar 1992 bezog, eingefroren. Im Juli 2015 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ge. GmbH eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt waren der Kläger, H. und

B.

immer noch Geschäftsführer der Ge. GmbH. Die Beteiligungsquoten der drei Geschäftsführer an der Ge. GmbH schwankten und lagen in der übrigen Zeit teilweise unter, teilweise über 50 %.
2
Im November 2015 setzte der Beklagte ausgehend von einer eigenen Leistungsquote von 100 % und einen Gesamtrentenanspruch des Klägers in Höhe von 1.763,96 € zu dessen Gunsten rückwirkend ab dem 1. Mai 2015 eine monatliche Rente in Höhe von 711,39 € fest, die seitdem monatlich an den Kläger ausbezahlt wird. Hierbei wurde ausgehend von einer Gesamtbeschäftigungsdauer von 12.631 Tagen für die Zeiträume vom 20. Juni 1994 bis zum 14. Dezember 1994 und vom 20. Januar 1995 bis zum 1. Juli 2015, insgesamt 7.537 Tage, kein Insolvenzschutz gewährt, da der Kläger insoweit gemeinsam mit den beiden anderen Gesellschafter-Geschäftsführern mehr als 50 % der Geschäftsanteile der Insolvenzschuldnerin gehalten habe. Laut Insolvenzplan sollte der Kläger auf die von ihm in vollem Umfang angemeldeten Betriebsrentenansprüche eine feste Quote von 8 % erhalten. Der Kläger hat einen monatlichen Rentenanspruch in Höhe von 2.147,43 € ab Mai 2015 abzüglich der an ihn bereits gezahlten Beträge geltend gemacht.

3
Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger eine monatliche Rente in Höhe von 503,79 € ab dem 1. August 2016 zu zahlen.
4
Die vom Kläger hiergegen eingelegte Berufung ist teilweise erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 8.783,13 € brutto nebst Zinsen sowie ab dem 1. Dezember 2016 monatlich 1.241,50 € brutto abzüglich der für die Monate Dezember 2016 bis einschließlich September 2017 jeweils monatlich bereits geleisteten 779,23 € zu zahlen. Die weitergehende Berufung ist zurückgewiesen worden.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Berufungszurückweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision hat Erfolg. I. Das Berufungsgericht hat - soweit für die Revision von Bedeutung -
7
ausgeführt, dass dem Kläger als Versorgungsempfänger Insolvenzschutz gemäß § 7 Abs. 1 BetrAVG für die Beschäftigungszeiten zustehe, in denen er zusammen mit den Mitgeschäftsführern weniger als 50 % der Geschäftsanteile der Ge. GmbH gehalten habe. Für die Zeit vom 8. August 1984 bis zum 19. Juni 1994 hätten die drei Geschäftsführer der Ge. GmbH zusammen genau 50 % der Geschäftsanteile an der GmbH gehalten. Hier stehe dem Kläger der Insolvenzschutz des § 7 Abs. 1 BetrAVG zu. Der Kläger habe mit 1/6 eine nicht unbedeutende Beteiligung an der GmbH gehalten. Der Kläger habe jedoch nicht für ein "eigenes" Unternehmen Arbeiten geleistet. Er sei Minderheitsgesellschafter und auch unter Zusammenrechnung der Gesellschaftsanteile der Mitgesellschafter seien diese Minderheitsgesellschafter. Sie hätten keinen bestimmenden Einfluss auf die Dispositionen der Ge. GmbH nehmen können. Die Mitgesellschafterin G. GmbH habe mit einem weiteren der Geschäftsführer die Mehrheit in der Gesellschafterversammlung gehabt und Beschlüsse fassen können. Der Kläger habe deshalb aufgrund seines Geschäftsanteils keine Leitungsmacht im Unternehmen gehabt. Hiervon ausgehend errechnet das Berufungsgericht sodann einen Rentenanspruch in insolvenzrechtlich geschützter Höhe von monatlich 1.437,07 € ab Mai 2015.
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II. Die Revision ist begründet. Die Parteien streiten im Revisionsverfahren alleine über die rechtliche Einordnung der Beschäftigungszeit des Klägers in der Zeit vom 8. August 1984 bis zum 19. Juni 1994 in der der Kläger neben zwei weiteren Gesellschafter-Geschäftsführern zu je 1/6 und zusammen zu 50 % an der Ge. GmbH beteiligt war.
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Der rechtlichen Nachprüfung nicht stand hält die Auffassung des Berufungsgerichts , der Kläger könne sich auf den Schutz des § 7 BetrAVG berufen, weil nach § 17 BetrAVG dieses Gesetz auf ihn persönlich Anwendung finde.
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Die persönliche Anwendbarkeit des Betriebsrentengesetzes ist in § 17 BetrAVG geregelt. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG sind Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1-16 BetrAVG Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Die §§ 1-16 BetrAVG gelten nach Satz 2 der Vorschrift entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind.
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1. Im Gegensatz zur Auffassung der Revisionserwiderung hat das Berufungsgericht den Kläger zu Recht nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG angesehen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne und unterfällt daher nicht § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG (BGH, Urteil vom 24. Juni 2015 - IV ZR 411/13, NJW-RR 2015, 1445 Rn. 29; Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 237/03, WM 2005, 1754).
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2. Nicht tragfähig ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Kläger in der Zeit vom 8. August 1984 bis zum 19. Juni 1994 als von § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG erfasste Person anzusehen sei. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Kläger in dieser Zeit als eine arbeitnehmerähnliche Person angesehen.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. April 1980 - II ZR 254/78, BGHZ 77, 94, 97 ff.) ist der weite Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG nach Sinn und Zweck des Gesetzes einschränkend auszulegen. Versorgungsberechtigte sind insoweit von der Geltung des Betriebsrentengesetzes ausgenommen, als ihre Ansprüche auf Dienstleistungen beruhen, die sie bei natürlicher Betrachtung für das eigene Unternehmen, sei es auch gegenüber einem formal-rechtlich selbständigen Unternehmensträger, erbracht haben. Dies trifft auf solche Personen zu, die sowohl vermögens- als auch einflussmäßig mit dem Unternehmen, für das sie arbeiten, so sehr verbunden sind, dass sie es als ihr eigenes betrachten können und deshalb unter dem Gesichtspunkt die Pensionssicherung dem Inhaber eines Einzelunternehmens gleichzustellen sind. Dazu gehört bei Kapitalgesellschaften in erster Linie der Alleingesellschafter, der sich als Unternehmensleiter eine Versorgungszusage selbst gegeben oder sonst wie verschafft hat. Es leuchtet ohne weiteres ein, dass ein solcher Gesellschafter wegen einer Tätigkeit für das wirtschaftliche ihm allein gehörenden Unternehmen keine durch das Betriebsrentengesetz besonders gesicherte und damit insolvenzfeste Versorgungsrente erwarten kann.
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Dies gilt auch für Mehrheitsgesellschafter, denn auch bei diesen überwiegt die auf der hohen Kapitalbeteiligung in Verbindung mit einer entsprechenden Leitungsmacht beruhende Unternehmerstellung die dienstvertragliche Einkleidung seiner Unternehmertätigkeit noch so eindeutig, dass der Charakter von Versorgungsbezügen als Unternehmerlohn gegenüber ihrer rechtlichen Eigenschaft als Betriebsrente ganz in den Vordergrund tritt und den Vergleich mit den gesetzlich nicht gesicherten Einnahmen eines Einzelkaufmanns nahelegt.
15
Dagegen bietet das Gesetz keine ausreichende Handhabe, einem Minderheitsgesellschafter, der sich durch seine Tätigkeit für das Gesellschaftsunternehmen eine Pensionsberechtigung verdient hat, alleine wegen seiner Beteiligung die Vorteile des Betriebsrentengesetzes zu versagen. Eine Minderheitsbeteiligung vermittelt dem Inhaber vermögens- und einflussmäßig im Allgemeinen noch keine so überragende Stellung, dass er das Unternehmen, für das er arbeitet, als sein eigenes betrachten wird. Zwar kann ein Minderheitsgesellschafter vor allem als Mitglied des Vertretungsorgans die Geschicke der Gesellschaft mitbestimmen. Das kann jedoch auch auf echte Arbeitnehmer zutreffen und bildet für sich alleine kein Merkmal unternehmerischer Betätigung. Erst wenn eine beherrschende, auf einem genügend hohen Vermögenseinsatz beruhende mitgliedschaftliche Stellung hinzukommt, lässt es sich vom Zweck des Betriebsrentengesetzes her rechtfertigen, einen geschäftsführenden Gesellschafter verantwortungs- und risikomäßig für einen Unternehmer zu betrachten , der vom Genuss einer Pensionssicherung ausgeschlossen bleibt.
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b) Es sind auch solche Personen vom Schutz des Betriebsrentengesetzes ausgenommen, die zwar nicht selbst die Mehrheit der Geschäftsanteile an einem Unternehmen halten, diese aber zusammen mit anderen zur Geschäftsführung berufenen Gesellschaftern erreichen, jedenfalls dann, wenn die jeweiligen Beteiligungen nicht gänzlich unbedeutend sind. GmbH-Geschäftsführer mit jeweils 50 % der Geschäftsanteile sind zwar nicht in der Lage, wie ein Mehrheitsgesellschafter alleine auf die Dispositionen der Gesellschaft einzuwirken; gleichwohl vertreten sie zusammengefasst das gesamte Kapital. Ihre Entscheidungsbefugnisse sind freilich infolge der gleich hohen Beteiligung des jeweils anderen Gesellschafters diesem gegenüber eingeschränkt. Daraus folgt ein Zwang zu Kompromissen im Entscheidungsprozess, der aber in der Regel in der Wirtschaft bei gleich gearteten Interessen beider Gesellschafter am finanziellen Erfolg des Unternehmens kein unüberwindbares Hindernis sein wird, wenn es gilt, hinsichtlich der Geschäftsleitung zu einer Übereinstimmung zu gelangen (BGH, Urteil vom 9. Juni 1980 - II ZR 255/78, BGHZ 77, 233, 240 ff.).
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Dies gilt auch für den Fall, dass zwei oder mehrere geschäftsführungsbefugte Gesellschafter bei Zusammenfassung ihrer jeweils unter 50 % liegenden Beteiligungen die Mehrheit bilden (BGH, Urteil vom 9. Juni 1980 - II ZR 255/78, BGHZ 77, 233, 242 ff.). Bei ihnen trägt die Tatsache, dass sie zusammen die Geschicke eines Unternehmens bestimmen können, dessenGewinnund Verlustrisiko sie infolge ihrer kapitalmäßigen Bindung überwiegend tragen, noch so stark den Charakter ihrer Tätigkeit, dass sie nach der Verkehrsanschauung als typische Mitunternehmer anzusehen sind, die ihr eigenes Unternehmen leiten und deshalb nicht als Lohn- und Versorgungsempfänger aufgrund von Dienstleistungen für ein fremdes Unternehmen im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG gelten. Das Merkmal einer durch den hohen Kapitalbesitz verbundenen Leitungsmacht ist bereits dadurch erfüllt, dass im Allgemeinen Gesellschafter-Geschäftsführer, die zusammen über die Mehrheit verfügen, der Gesellschaft ihren Willen aufzwingen können und vielfach auch müssen, wenn notwendige Entscheidungen anstehen.
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An diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof in weiteren Entscheidungen festgehalten (BGH, Urteil vom 9. März 1981 - II ZR 171/79, ZIP 1981, 898; Urteil vom 16. März 1981 - II ZR 222/79, NJW 1981, 2410; Urteil vom 28. Januar 1991 - II ZR 29/90, NJW-RR 1991, 746; Urteil vom 2. Juni 1997 - II ZR 181/96, NJW 1997, 2882; Urteil vom 25. September 1998 - II ZR 259/88, BGHZ 108, 330, 333; Urteil vom 1. Februar 1999 - II ZR 276/97, DStR 1999, 511, 512; Urteil vom 24. Juli 2003 - IX ZR 143/02, ZIP 2003, 1662 f.; Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 237/03, NJW-RR 2005, 1621 Rn. 15; Beschluss vom 15. Oktober 2007 - II ZR 236/06, ZIP 2008, 267 Rn. 3; Urteil vom 24. Juni 2015 - IV ZR 411/13, NJW-RR 2015, 1445 Rn. 29).
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c) Den Angriffen der Revision nicht stand hält die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beteiligung von mehreren GesellschafterGeschäftsführern mit einer jeweils nicht unbedeutenden Kapitalbeteiligung und zusammen mit genau 50 % der Geschäftsanteile stelle keine hinreichende Leitungsmacht dar, um diese vom Schutz des Betriebsrentengesetzes auszunehmen.
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aa) Die Frage, ob eine 50 %ige Beteiligung des GesellschafterGeschäftsführers einer GmbH bzw. eine solche Beteiligung unter Zusammenrechnung von den Anteilen mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG unterfällt, ist in der Literatur umstritten (für einen Schutz nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG: Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 7. Aufl., § 17 Rn. 89; Huber in Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehme, BetrAVG , 8. Aufl., § 17 Rn. 6; Cisch in MünchHdbArbR, 4. Aufl., Bd. II, § 202 Rn. 50; Diller in Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung, Teil 4 B Rn. 52; Schmidt-Diemitz, DB 1985, 1573; Pesch, ZIP 1982, 135, 138; a.A. Witt in Gehrlein/Witt/Vollmer, GmbH-Recht in der Praxis, 3. Aufl., 5. Kap. Rn. 59; Steinmeyer in ErfK zum Arbeitsrecht, 19. Aufl., § 17 BetrAVG Rn. 9; Brandes, Betriebliche Altersversorgung 1990, 12, 14; Everhardt, BB 1981, 681, 684; Höfer/Abt, DB 1985, 2185; Schneider/Hohenstatt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 35 Rn. 385; Höfer in Höfer/Groot-Küpper/Reich, BetrAVG, Bd. I, 22. Ergänzungslieferung März 2018, § 17 BetrAVG Rn. 87; Jaeger/Steinbrück in MünchKommGmbHG, 3. Aufl., § 35 Rn. 341; Paefgen in Ulmer, GmbHG, 2. Aufl., § 35 Rn. 272; siehe auch Griebeling EWiR 1997, 825 f.).
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bb) Diese vom Bundesgerichtshof bislang offen gelassene Frage ist dahin zu beantworten, dass in einer solchen Konstellation der GesellschafterGeschäftsführer keine arbeitnehmerähnliche Person ist und nicht dem Schutz des Betriebsrentengesetzes unterfällt.
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(1) Das Betriebsrentengesetz ist nach Entstehungsgeschichte und Zweck wesentlich auf das Leitbild eines wirtschaftlich abhängigen und deshalb besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmers ausgerichtet, so dass § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG einschränkend dahin auszulegen ist, dass es nicht für Personen gilt, die sowohl vermögens- wie einflussmäßig mit dem Unternehmen, für das sie arbeiten, so stark verbunden sind, dass sie es wirtschaftlich als ihr eigenes betrachten können, und zwar gleichgültig, wie ihr Dienstverhältnis steuer- oder sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen sein mag (BGH, Urteil vom 25. September 1989 - II ZR 259/88, BGHZ 108, 330, 333). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte mit § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG dem Umstand Rechnung getragen werden, dass vielfach auch Mitglieder von Gesellschaftsorganen aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen betriebliche Altersversorgungszusagen erhalten, auf deren inhaltliche Ausgestaltung sie - wie Arbeitnehmer - wegen der regelmäßig stärkeren Position ihres Vertragspartners keinen oder nur geringen Einfluss nehmen können (Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/1281 S. 30 zu § 7 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG-E). Es sollten daher nur diejenigen den Schutz des Betriebsrentengesetzes bekommen, die wie Arbeitnehmer keinen Einfluss auf ihre Ausgestaltung der Versorgungszusagen hätten.
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(2) Der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann nicht entnommen werden, dass die genau 50 %ige Beteiligung eines GesellschafterGeschäftsführers einer GmbH nicht vom Schutz des Betriebsrentengesetzes ausgenommen ist (vgl. auch dazu Brandes, Betriebliche Altersversorgung 1990, 12, 14; Höfer/Abt, DB 1985, 2185; Schmidt-Diemitz, DB 1985, 1573). So hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 28. April 1980 (II ZR 254/78, BGHZ 77, 94, 103) die Beteiligung eines Gesellschafter-Geschäftsführers nur mit weniger als 50 % als vom Betriebsrentengesetz erfasst angesehen. Der Bundesgerichtshof hat für den zu 50 % beteiligten Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft , dem Gesamtprokura erteilt war, die Mitunternehmereigenschaft verneint (BGH, Urteil vom 1. Februar 1999 - II ZR 276/97, DStR 1999, 511, 512). Er hat aber offengelassen, ob die 50 %ige Beteiligung alleine schon ausreicht, um ihn als Unternehmer anzusehen, und hat entscheidend darauf abgestellt, dass er aufgrund seiner besonderen Situation nicht in der Lage war, den Widerruf seiner Prokura zu verhindern und er aufgrund seiner Gesamtprokura auch nicht einzeln und alleine handeln konnte.
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Vom Erfordernis einer Mehrheit in der Gesellschafterversammlung hat der Bundesgerichtshof auch eine Ausnahme für den Fall gemacht, dass zwar keine kapitalmäßige Beteiligung über 50 % vorlag, aber besonders wichtige Entscheidungen einer Zustimmung des Geschäftsleiters der Aktiengesellschaft bedurften (BGH, Urteil vom 16. März 1981 - II ZR 222/79, NJW 1981, 2410).
25
(3) Entscheidend ist, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit einer 50 %igen kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung blockieren können. Dies reicht aus, um eine hinreichende Leitungsmacht im Unternehmen anzunehmen, so dass der Gesellschafter-Geschäftsführer für das Unternehmen nicht als fremdes, sondern als sein eigenes tätig wird, weil er eine deutlich einflussreichere Stellung im Unternehmen hat, als ein Arbeitnehmer (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 1999 - II ZR 276/97, DStR 1999, 511, 512; Brandes, Betriebliche Altersversorgung 1990, 12, 14).
26
Aufgrund dieser Sperrminorität können die GesellschafterGeschäftsführer ihre Vertretungsmacht für die Gesellschaft unbehelligt von Weisungen der Gesellschafter ausführen, sie können nicht gegen ihren Willen als Geschäftsführer abberufen werden und negative Veränderungen ihrer Versorgungszusagen verhindern.
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(4) Diese Auslegung steht auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeits- und des Bundessozialgerichts.
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Das Bundesarbeitsgericht stellt für die Feststellungen der Arbeitnehmereigenschaft eines Gesellschafters einer GmbH darauf ab, ob ein Minderheitsgesellschafter eine Sperrminorität in der Gesellschaft hat, da er sich dann von einem Arbeitnehmer unterscheidet und diesem nicht gleichgestellt werden kann. Dem Gesellschafter ist es nämlich dann möglich, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren, so dass ihm die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit fehle (BAG, NJW 2015, 572, 574; DStR 1998, 1645).
29
Für die Frage der Abgrenzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von einer selbständigen Unternehmertätigkeit stellt das Bundessozialgericht darauf ab, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer eine Sperrminorität hat, die es ihm ermöglicht, ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (BSG, DStR 2013, 770, Rn. 25; Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R, juris Rn. 16; Urteil vom 3. April 2014 - B 2 U 26/12 R, juris Rn. 16).
30
d) Der Kläger unterfällt danach nicht dem Schutzbereich des Betriebsrentengesetzes nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG.
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aa) Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass der Kläger zwar mit 1/6 Minderheitsgesellschafter ist, seinem Gesellschaftsanteil jedoch die Mitgesellschaftsanteile der beiden Mitgesellschafter-Geschäftsführer zuzurechnen sind, da insoweit von einer gleichgerichteten Interessenlage auszugehen ist, was die Führung des Unternehmens angeht. Weder die Revision noch die Revisionserwiderung erheben hierzu Rügen. Die Geschäftsführer halten zusammen 50 % der Geschäftsanteile.
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bb) Der Kläger hält auch nicht nur eine ganz unwesentliche Beteiligung. Diese Feststellung des Berufungsgerichts begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird auch von der Revisionserwiderung nicht angegriffen. Üblicherweise wird diese Schwelle bei einem Geschäftsanteil von mehr als 10 % überschritten , wenngleich der Bundesgerichtshof offengelassen hat, ob an dieser Schwelle festzuhalten ist (BGH, Urteil vom 2. Juni 1997 - II ZR 181/96, ZIP 1997, 1351; Urteil vom 2. April 1990 - II ZR 156/89, NJW-RR 1990, 800 f.) und auch jetzt keine Veranlassung zu einer weiteren Klärung dieser Frage besteht.
33
cc) Nicht tragfähig ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Einbeziehung des Klägers in den Schutz des Betriebsrentengesetzes deswegen gerechtfertigt sei, da einer der Gesellschafter-Geschäftsführer mit der Mitgesellschafterin E. GmbH eine Mehrheit habe organisieren können und er deshalb keine hinreichende Leitungsmacht in der Gesellschaft gehabt habe. Dies widerspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16. März 1981 - II ZR 222/79, NJW 1981, 2410; Urteil vom 9. März 1981 - II ZR 171/79, ZIP 1981, 898), von der abzuweichen in diesem Fall kein Grund ersichtlich ist. In beiden Fällen wäre es einem Geschäftsführer möglich gewesen , mit weiteren Gesellschaftern eine Mehrheit gegen den Minderheitsgesellschafter zu bilden. Der Senat hat darauf abgestellt, dass es gleichgültig ist, wie sich im Einzelfall tatsächlich die Gesellschafter-Geschäftsführer verhalten und ob sie von der Möglichkeit, gemeinsam Leitungsmacht auszuüben, Gebrauch machen (BGH, Urteil vom 9. Juni 1980 - II ZR 255/78, BGHZ 77, 233, 242 f.; Brandes, Betriebliche Altersversorgung 1990, 12, 13; kritisch dazu Goette, ZIP 1997, 1317, 1320 ff.).
34
III. Das Berufungsurteil ist damit insoweit aufzuheben, als es zum Nachteil des Beklagten die landgerichtliche Verurteilung abgeändert hat. Der Senat kann selbst entscheiden, da die Sache zur Entscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).
Drescher Wöstmann Born Bernau V. Sander

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 06.10.2016 - 24 O 159/16 -
OLG Köln, Entscheidung vom 24.10.2017 - 14 U 12/16 -

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1.
wenn Leistungen aus einer Direktversicherung aufgrund der in § 1b Abs. 2 Satz 3 genannten Tatbestände nicht gezahlt werden und der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nach § 1b Abs. 2 Satz 3 wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nachkommt,
2.
wenn eine Unterstützungskasse die nach ihrer Versorgungsregelung vorgesehene Versorgung nicht erbringt, weil über das Vermögen oder den Nachlass eines Arbeitgebers, der der Unterstützungskasse Zuwendungen leistet, das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist,
3.
wenn über das Vermögen oder den Nachlass des Arbeitgebers, dessen Versorgungszusage von einem Pensionsfonds oder einer Pensionskasse durchgeführt wird, das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und soweit der Pensionsfonds oder die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung nicht erbringt; ein Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung besteht nicht, wenn eine Pensionskasse einem Sicherungsfonds nach dem Dritten Teil des Versicherungsaufsichtsgesetzes angehört oder in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 des Tarifvertragsgesetzes organisiert ist.
§ 14 des Versicherungsvertragsgesetzes findet entsprechende Anwendung. Der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehen bei der Anwendung der Sätze 1 bis 3 gleich
1.
die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse,
2.
der außergerichtliche Vergleich (Stundungs-, Quoten- oder Liquidationsvergleich) des Arbeitgebers mit seinen Gläubigern zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens, wenn ihm der Träger der Insolvenzsicherung zustimmt,
3.
die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.

(1a) Der Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung entsteht mit dem Beginn des Kalendermonats, der auf den Eintritt des Sicherungsfalles folgt. Der Anspruch endet mit Ablauf des Sterbemonats des Begünstigten, soweit in der Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht etwas anderen bestimmt ist. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und 4 Nr. 1 und 3 umfaßt der Anspruch auch rückständige Versorgungsleistungen, soweit diese bis zu zwölf Monaten vor Entstehen der Leistungspflicht des Trägers der Insolvenzsicherung entstanden sind.

(2) Personen, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei Eintritt der nach Absatz 1 Satz 4 gleichstehenden Voraussetzungen (Sicherungsfall) eine nach § 1b unverfallbare Versorgungsanwartschaft haben, und ihre Hinterbliebenen haben bei Eintritt des Versorgungsfalls einen Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung, wenn die Anwartschaft beruht

1.
auf einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers,
2.
auf einer Direktversicherung und der Arbeitnehmer hinsichtlich der Leistungen des Versicherers widerruflich bezugsberechtigt ist oder die Leistungen auf Grund der in § 1b Absatz 2 Satz 3 genannten Tatbestände nicht gezahlt werden und der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus § 1b Absatz 2 Satz 3 wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nachkommt,
3.
auf einer Versorgungszusage des Arbeitgebers, die von einer Unterstützungskasse durchgeführt wird, oder
4.
auf einer Versorgungszusage des Arbeitgebers, die von einem Pensionsfonds oder einer Pensionskasse nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 durchgeführt wird, soweit der Pensionsfonds oder die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung nicht erbringt.

(2a) Die Höhe des Anspruchs nach Absatz 2 richtet sich

1.
bei unmittelbaren Versorgungszusagen, Unterstützungskassen und Pensionsfonds nach § 2 Absatz 1,
2.
bei Direktversicherungen nach § 2 Absatz 2 Satz 2,
3.
bei Pensionskassen nach § 2 Absatz 3 Satz 2.
Die Betriebszugehörigkeit wird bis zum Eintritt des Sicherungsfalls berücksichtigt. § 2 Absatz 5 und 6 gilt entsprechend. Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen, die nach dem Eintritt des Sicherungsfalls eintreten, sind nicht zu berücksichtigen; § 2a Absatz 2 findet keine Anwendung.

(3) Ein Anspruch auf laufende Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung beträgt jedoch im Monat höchstens das Dreifache der im Zeitpunkt der ersten Fälligkeit maßgebenden monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Satz 1 gilt entsprechend bei einem Anspruch auf Kapitalleistungen mit der Maßgabe, daß zehn vom Hundert der Leistung als Jahresbetrag einer laufenden Leistung anzusetzen sind.

(4) Ein Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung vermindert sich in dem Umfang, in dem der Arbeitgeber oder sonstige Träger der Versorgung die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbringt. Wird im Insolvenzverfahren ein Insolvenzplan bestätigt, vermindert sich der Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung insoweit, als nach dem Insolvenzplan der Arbeitgeber oder sonstige Träger der Versorgung einen Teil der Leistungen selbst zu erbringen hat. Sieht der Insolvenzplan vor, daß der Arbeitgeber oder sonstige Träger der Versorgung die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung von einem bestimmten Zeitpunkt an selbst zu erbringen hat, so entfällt der Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung von diesem Zeitpunkt an. Die Sätze 2 und 3 sind für den außergerichtlichen Vergleich nach Absatz 1 Satz 4 Nr. 2 entsprechend anzuwenden. Im Insolvenzplan soll vorgesehen werden, daß bei einer nachhaltigen Besserung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers die vom Träger der Insolvenzsicherung zu erbringenden Leistungen ganz oder zum Teil vom Arbeitgeber oder sonstigen Träger der Versorgung wieder übernommen werden.

(5) Ein Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung besteht nicht, soweit nach den Umständen des Falles die Annahme gerechtfertigt ist, daß es der alleinige oder überwiegende Zweck der Versorgungszusage oder ihre Verbesserung oder der für die Direktversicherung in § 1b Abs. 2 Satz 3 genannten Tatbestände gewesen ist, den Träger der Insolvenzsicherung in Anspruch zu nehmen. Diese Annahme ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn bei Erteilung oder Verbesserung der Versorgungszusage wegen der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers zu erwarten war, daß die Zusage nicht erfüllt werde. Ein Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung besteht bei Zusagen und Verbesserungen von Zusagen, die in den beiden letzten Jahren vor dem Eintritt des Sicherungsfalls erfolgt sind, nur

1.
für ab dem 1. Januar 2002 gegebene Zusagen, soweit bei Entgeltumwandlung Beträge von bis zu 4 vom Hundert der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung für eine betriebliche Altersversorgung verwendet werden oder
2.
für im Rahmen von Übertragungen gegebene Zusagen, soweit der Übertragungswert die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigt.

(6) Ist der Sicherungsfall durch kriegerische Ereignisse, innere Unruhen, Naturkatastrophen oder Kernenergie verursacht worden, kann der Träger der Insolvenzsicherung mit Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Leistungen nach billigem Ermessen abweichend von den Absätzen 1 bis 5 festsetzen.

(1) Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1 bis 16 sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten; ein Berufsausbildungsverhältnis steht einem Arbeitsverhältnis gleich. Die §§ 1 bis 16 gelten entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Arbeitnehmer im Sinne von § 1a Abs. 1 sind nur Personen nach den Sätzen 1 und 2, soweit sie aufgrund der Beschäftigung oder Tätigkeit bei dem Arbeitgeber, gegen den sich der Anspruch nach § 1a richten würde, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

(2) Die §§ 7 bis 15 gelten nicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen das Insolvenzverfahren nicht zulässig ist, und solche juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.

(3) Gesetzliche Regelungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung werden unbeschadet des § 18 durch die §§ 1 bis 16 und 26 bis 30 nicht berührt.

29
Eine Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern einerseits und Unternehmern andererseits ist zudem bereits im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) angelegt. Ein Gesellschafter -Geschäftsführer einer GmbH ist kein Arbeitnehmer i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Handelt es sich jedoch um einen Minderheitsgesellschafter , so gilt er als - einem Arbeitnehmer versorgungsrechtlich gleichzustellender - sogenannter Nichtarbeitnehmer i.S. des Satzes 2 dieser Vorschrift (BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 237/03, NJW-RR 2005, 1621 unter III 1). Dagegen fallen in einer Kapitalgesellschaft geschäftsführende Gesellschafter mit einer nicht unbedeutenden Beteiligung , sofern sie entweder allein oder zusammen mit anderen Geschäftsführern oder Vorstandsmitgliedern über die Mehrheit verfügen, in aller Regel nicht unter den Schutzbereich des Gesetzes (BGH aaO und Urteil vom 14. Juli 1980 - II ZR 224/79, VersR 1980, 1119 unter I).

(1) Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1 bis 16 sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten; ein Berufsausbildungsverhältnis steht einem Arbeitsverhältnis gleich. Die §§ 1 bis 16 gelten entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Arbeitnehmer im Sinne von § 1a Abs. 1 sind nur Personen nach den Sätzen 1 und 2, soweit sie aufgrund der Beschäftigung oder Tätigkeit bei dem Arbeitgeber, gegen den sich der Anspruch nach § 1a richten würde, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

(2) Die §§ 7 bis 15 gelten nicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen das Insolvenzverfahren nicht zulässig ist, und solche juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.

(3) Gesetzliche Regelungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung werden unbeschadet des § 18 durch die §§ 1 bis 16 und 26 bis 30 nicht berührt.

3
Der Beklagte fällt als Alleingesellschafter der Schuldnerin nicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG in den Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes (BGHZ 77, 94, 101). Entgegen der Ansicht der Revision hat er mit der Schuldnerin keine ihn besser stellende Abrede - etwa zur Unverfallbarkeit oder zur privatautonomen Unterwerfung unter das BetrAVG - getroffen. Im Gegenteil hat er nach der revisionsrechtlich unangreifbaren Auslegung des Berufungsgerichts vereinbart, dass der Anspruch auf Versorgungsleistungen erlöschen soll, wenn ein Grund für eine fristlose Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages durch die Schuldnerin vorliegt. Mangels Unverfallbarkeit der Versorgungszusage kommt es nicht darauf an, unter welchen allgemeinen Voraussetzungen eine solche Zusage "widerrufen" werden könnte.
29
Eine Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern einerseits und Unternehmern andererseits ist zudem bereits im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) angelegt. Ein Gesellschafter -Geschäftsführer einer GmbH ist kein Arbeitnehmer i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Handelt es sich jedoch um einen Minderheitsgesellschafter , so gilt er als - einem Arbeitnehmer versorgungsrechtlich gleichzustellender - sogenannter Nichtarbeitnehmer i.S. des Satzes 2 dieser Vorschrift (BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 237/03, NJW-RR 2005, 1621 unter III 1). Dagegen fallen in einer Kapitalgesellschaft geschäftsführende Gesellschafter mit einer nicht unbedeutenden Beteiligung , sofern sie entweder allein oder zusammen mit anderen Geschäftsführern oder Vorstandsmitgliedern über die Mehrheit verfügen, in aller Regel nicht unter den Schutzbereich des Gesetzes (BGH aaO und Urteil vom 14. Juli 1980 - II ZR 224/79, VersR 1980, 1119 unter I).

(1) Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1 bis 16 sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten; ein Berufsausbildungsverhältnis steht einem Arbeitsverhältnis gleich. Die §§ 1 bis 16 gelten entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Arbeitnehmer im Sinne von § 1a Abs. 1 sind nur Personen nach den Sätzen 1 und 2, soweit sie aufgrund der Beschäftigung oder Tätigkeit bei dem Arbeitgeber, gegen den sich der Anspruch nach § 1a richten würde, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

(2) Die §§ 7 bis 15 gelten nicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen das Insolvenzverfahren nicht zulässig ist, und solche juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.

(3) Gesetzliche Regelungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung werden unbeschadet des § 18 durch die §§ 1 bis 16 und 26 bis 30 nicht berührt.

(1) Versorgungsempfänger, deren Ansprüche aus einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht erfüllt werden, weil über das Vermögen des Arbeitgebers oder über seinen Nachlaß das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, und ihre Hinterbliebenen haben gegen den Träger der Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistung, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage zu erbringen hätte, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden wäre. Satz 1 gilt entsprechend,

1.
wenn Leistungen aus einer Direktversicherung aufgrund der in § 1b Abs. 2 Satz 3 genannten Tatbestände nicht gezahlt werden und der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nach § 1b Abs. 2 Satz 3 wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nachkommt,
2.
wenn eine Unterstützungskasse die nach ihrer Versorgungsregelung vorgesehene Versorgung nicht erbringt, weil über das Vermögen oder den Nachlass eines Arbeitgebers, der der Unterstützungskasse Zuwendungen leistet, das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist,
3.
wenn über das Vermögen oder den Nachlass des Arbeitgebers, dessen Versorgungszusage von einem Pensionsfonds oder einer Pensionskasse durchgeführt wird, das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und soweit der Pensionsfonds oder die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung nicht erbringt; ein Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung besteht nicht, wenn eine Pensionskasse einem Sicherungsfonds nach dem Dritten Teil des Versicherungsaufsichtsgesetzes angehört oder in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 des Tarifvertragsgesetzes organisiert ist.
§ 14 des Versicherungsvertragsgesetzes findet entsprechende Anwendung. Der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehen bei der Anwendung der Sätze 1 bis 3 gleich
1.
die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse,
2.
der außergerichtliche Vergleich (Stundungs-, Quoten- oder Liquidationsvergleich) des Arbeitgebers mit seinen Gläubigern zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens, wenn ihm der Träger der Insolvenzsicherung zustimmt,
3.
die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.

(1a) Der Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung entsteht mit dem Beginn des Kalendermonats, der auf den Eintritt des Sicherungsfalles folgt. Der Anspruch endet mit Ablauf des Sterbemonats des Begünstigten, soweit in der Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht etwas anderen bestimmt ist. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und 4 Nr. 1 und 3 umfaßt der Anspruch auch rückständige Versorgungsleistungen, soweit diese bis zu zwölf Monaten vor Entstehen der Leistungspflicht des Trägers der Insolvenzsicherung entstanden sind.

(2) Personen, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei Eintritt der nach Absatz 1 Satz 4 gleichstehenden Voraussetzungen (Sicherungsfall) eine nach § 1b unverfallbare Versorgungsanwartschaft haben, und ihre Hinterbliebenen haben bei Eintritt des Versorgungsfalls einen Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung, wenn die Anwartschaft beruht

1.
auf einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers,
2.
auf einer Direktversicherung und der Arbeitnehmer hinsichtlich der Leistungen des Versicherers widerruflich bezugsberechtigt ist oder die Leistungen auf Grund der in § 1b Absatz 2 Satz 3 genannten Tatbestände nicht gezahlt werden und der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus § 1b Absatz 2 Satz 3 wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nachkommt,
3.
auf einer Versorgungszusage des Arbeitgebers, die von einer Unterstützungskasse durchgeführt wird, oder
4.
auf einer Versorgungszusage des Arbeitgebers, die von einem Pensionsfonds oder einer Pensionskasse nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 durchgeführt wird, soweit der Pensionsfonds oder die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung nicht erbringt.

(2a) Die Höhe des Anspruchs nach Absatz 2 richtet sich

1.
bei unmittelbaren Versorgungszusagen, Unterstützungskassen und Pensionsfonds nach § 2 Absatz 1,
2.
bei Direktversicherungen nach § 2 Absatz 2 Satz 2,
3.
bei Pensionskassen nach § 2 Absatz 3 Satz 2.
Die Betriebszugehörigkeit wird bis zum Eintritt des Sicherungsfalls berücksichtigt. § 2 Absatz 5 und 6 gilt entsprechend. Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen, die nach dem Eintritt des Sicherungsfalls eintreten, sind nicht zu berücksichtigen; § 2a Absatz 2 findet keine Anwendung.

(3) Ein Anspruch auf laufende Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung beträgt jedoch im Monat höchstens das Dreifache der im Zeitpunkt der ersten Fälligkeit maßgebenden monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Satz 1 gilt entsprechend bei einem Anspruch auf Kapitalleistungen mit der Maßgabe, daß zehn vom Hundert der Leistung als Jahresbetrag einer laufenden Leistung anzusetzen sind.

(4) Ein Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung vermindert sich in dem Umfang, in dem der Arbeitgeber oder sonstige Träger der Versorgung die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbringt. Wird im Insolvenzverfahren ein Insolvenzplan bestätigt, vermindert sich der Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung insoweit, als nach dem Insolvenzplan der Arbeitgeber oder sonstige Träger der Versorgung einen Teil der Leistungen selbst zu erbringen hat. Sieht der Insolvenzplan vor, daß der Arbeitgeber oder sonstige Träger der Versorgung die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung von einem bestimmten Zeitpunkt an selbst zu erbringen hat, so entfällt der Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung von diesem Zeitpunkt an. Die Sätze 2 und 3 sind für den außergerichtlichen Vergleich nach Absatz 1 Satz 4 Nr. 2 entsprechend anzuwenden. Im Insolvenzplan soll vorgesehen werden, daß bei einer nachhaltigen Besserung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers die vom Träger der Insolvenzsicherung zu erbringenden Leistungen ganz oder zum Teil vom Arbeitgeber oder sonstigen Träger der Versorgung wieder übernommen werden.

(5) Ein Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung besteht nicht, soweit nach den Umständen des Falles die Annahme gerechtfertigt ist, daß es der alleinige oder überwiegende Zweck der Versorgungszusage oder ihre Verbesserung oder der für die Direktversicherung in § 1b Abs. 2 Satz 3 genannten Tatbestände gewesen ist, den Träger der Insolvenzsicherung in Anspruch zu nehmen. Diese Annahme ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn bei Erteilung oder Verbesserung der Versorgungszusage wegen der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers zu erwarten war, daß die Zusage nicht erfüllt werde. Ein Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung besteht bei Zusagen und Verbesserungen von Zusagen, die in den beiden letzten Jahren vor dem Eintritt des Sicherungsfalls erfolgt sind, nur

1.
für ab dem 1. Januar 2002 gegebene Zusagen, soweit bei Entgeltumwandlung Beträge von bis zu 4 vom Hundert der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung für eine betriebliche Altersversorgung verwendet werden oder
2.
für im Rahmen von Übertragungen gegebene Zusagen, soweit der Übertragungswert die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigt.

(6) Ist der Sicherungsfall durch kriegerische Ereignisse, innere Unruhen, Naturkatastrophen oder Kernenergie verursacht worden, kann der Träger der Insolvenzsicherung mit Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Leistungen nach billigem Ermessen abweichend von den Absätzen 1 bis 5 festsetzen.

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 4. wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. November 2010 geändert.

Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14. November 2006 wird insgesamt aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in seiner in einem Unternehmen seiner Mutter (Beigeladene zu 3.) verrichteten Tätigkeit in der Zeit ab 24.6.2001 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV), der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der sozialen Pflegeversicherung (sPV) und im Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2

Die Beigeladene zu 3. betrieb über mehrere Jahre ein Ladengeschäft, in dem Lebensmittel und Getränke verkauft wurden und in dem der Kläger seit 1986 arbeitete. Am 6.2.1999 wurde in den Räumlichkeiten eine Weinprobierstube eröffnet. Am 23.6.2001 kam es zu einem Brand in dem Lebensmittelladen, der daraufhin geschlossen wurde. Seitdem betreibt die Beigeladene zu 3. ihr Unternehmen als Weinhandlung (Wert des Weinbestandes ca 15 000 bis 20 000 Euro) mit angeschlossener Gaststätte in einem Gebäude, das im Eigentum ihres Bruders und ihres Ehemanns steht. Nach den Feststellungen des LSG wurden die Kosten der Gaststätteneinrichtung (ca 250 000 bis 300 000 DM) größtenteils von den Eltern des Klägers getragen. In dem Unternehmen obliegen der Beigeladenen zu 3. im Wesentlichen die Zubereitung der Speisen und die rechnerische Kontrolle der buchmäßigen Abrechnung. Entsprechend dem früheren Übergang des Unternehmens vom Vater der Beigeladenen zu 3. auf diese im Jahr 1980 soll das Unternehmen zu einem nicht näher feststehenden Termin auf den Kläger übergehen.

3

Der 1966 geborene Kläger ist gelernter Wasser- und Gasinstallateur. Gemäß den Regelungen eines schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1.6.1991, der an die Stelle eines vorangegangenen schriftlichen Arbeitsvertrags trat, wurde der Kläger im Unternehmen der Beigeladenen zu 3. als "Stellvertreter" eingestellt und war berechtigt, Waren zu bestellen und zu kaufen, sowie bei Abwesenheit der Beigeladenen zu 3. zuständig für Personalfragen. Ferner ist im Arbeitsvertrag ua bestimmt, dass der Kläger als Vollzeitkraft eingestellt wird, er alle ihm übertragenen Arbeiten gewissenhaft und sorgfältig auszuführen hat, Nebenbeschäftigungen nur mit Zustimmung des Arbeitgebers zulässig sind, die Lage der Arbeitszeit vom Arbeitgeber festgesetzt wird und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Sachsen gelten sollen. Es wurde ein monatliches Bruttogehalt von 1904 DM, ab 1.1.1993 von 2762 DM vereinbart. Entgegen dieser Orientierung am Tarifniveau wurde das Gehalt des Klägers faktisch von der Entwicklung der Löhne abgekoppelt und lag im Jahr 2010 bei ca 1500 Euro brutto monatlich. Hintergrund dafür war nach den Feststellungen des LSG die Rücksichtnahme des Klägers auf die Belastungen des Familienunternehmens durch eine hohe Miete, die ihrerseits ihre Ursache in den hohen Sanierungskosten für das im Familienbesitz stehende betriebliche Gebäude hatte. Der Kläger war zunächst im Getränkeladen tätig. Seit 24.6.2001 ist er für die Weinbestellung und -annahme, die Prüfung der Lieferantenrechnungen, die Präsentation der Weine, die Preiskalkulation, die Gestaltung der Wein- und Speisekarten sowie die Bedienung und Betreuung der Gäste zuständig. Nach den Feststellungen des LSG beglich der Kläger 2005 bzw 2006 einmalig eine Weinrechnung in Höhe von 5000 Euro aus eigenen Mitteln.

4

Auf den Antrag des Klägers zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung seines Status stellte die Beklagte als Einzugsstelle durch Bescheid vom 28.7.2004 und Widerspruchsbescheid vom 10.6.2005 fest, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3. ab 1.1.1991 der Versicherungspflicht in der GKV, sPV, RV und Arbeitslosenversicherung unterliege. Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verpflichtet festzustellen, dass der Kläger ab 1.1.1991 eine selbstständige Tätigkeit und keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe (Urteil vom 14.11.2006). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten geändert und festgestellt, dass der Kläger ab 24.6.2001 nicht der Versicherungspflicht in der GKV, sPV, RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe; im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen sowie die Klage abgewiesen: Insbesondere die Regelungen im Arbeitsvertrag vom 1.6.1991 über Gehalt, Arbeitszeit, Geltung von Tarifverträgen, Festlegung von Arbeitsaufgaben und Funktionen im Betrieb, ferner die Verbuchung der Personalausgaben als Betriebsausgaben, Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen und die Gehaltszahlung auf ein privates Konto des Klägers sprächen jedenfalls bis 23.6.2001 für eine (abhängige) Beschäftigung. Die Beigeladene zu 3. habe an der Rechtsform eines Einzelunternehmens festgehalten, dessen alleinige Inhaberin sie auch weiterhin sei. Daher habe ausschließlich die Beigeladene zu 3. die Rechtsmacht, an den rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens Änderungen vorzunehmen oder den Kläger von seinen Aufgaben wieder zu entbinden. Dagegen könne ab 24.06.2001 eine Unternehmerstellung des Klägers festgestellt werden, da tags zuvor ein "grundlegender Strukturwandel" im Familienunternehmen seinen Abschluss gefunden habe. Zwar sei nach wie vor die Beigeladene zu 3. alleinige Inhaberin des Unternehmens. Der Kläger habe aber seither rein faktisch eine Handhabe, der Beigeladenen zu 3. im Falle eines Dissenses seinen Willen hinsichtlich der Unternehmensführung aufzuzwingen und über die Geschicke des Unternehmens zu walten wie über ein eigenes. Ein "gewisses Unternehmerrisiko" sei in Gestalt des Gehaltsverzichts auszumachen. Die auch in der Zeit ab 24.6.2001 beibehaltenen äußeren Umstände (festes monatliches Gehalt, Verbuchung der Personalausgaben als Betriebsausgabe, Entrichtung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, Überweisung des Gehalts auf ein privates Konto) seien dem Kläger "nicht vorzuwerfen". Immerhin habe er am 19.4.2004 die Beklagte um Überprüfung der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung seiner Tätigkeit gebeten und damit seine Zweifel an der Richtigkeit der Fortführung der bisherigen Praxis zum Ausdruck gebracht (Urteil vom 10.11.2010).

5

Dagegen wenden sich die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle und der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 4.) mit ihren Revisionen. Die Beklagte rügt eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV, § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB XI, § 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III, die Beigeladene zu 4. sinngemäß eine Verletzung von § 28h SGB IV. Zurecht habe das LSG für den Zeitraum vom 1.1.1991 bis 23.6.2001 festgestellt, dass der Kläger im Unternehmen der Beigeladenen zu 3. abhängig beschäftigt gewesen sei. Für die Zeit ab 24.6.2001 könne nichts anderes gelten. Eine rechtlich wirksame Unternehmensübergabe habe nicht stattgefunden. Für den Kläger habe die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens habe frei bewegen dürfen. Auch an der Rechtsmacht der Beigeladenen zu 3. habe sich nichts geändert. Ein relevantes Unternehmerrisiko sei beim Kläger nicht festzustellen. Vielmehr habe er ein festes monatliches Grundgehalt bezogen, das unabhängig von der Erreichung der unternehmerischen Ziele gewährt worden sei. Der Kläger trage auch kein eigenes Haftungsrisiko, dieses liege vielmehr allein bei der Beigeladenen zu 3.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. November 2010 zu ändern, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14. November 2006 insgesamt aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Beigeladene zu 4. schließt sich dem Antrag der Beklagten mit der Maßgabe an, dass sich ihre Revision nur auf die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung richtet.

8

Der Kläger hat sich zu den Revisionen nicht geäußert.

9

Die Beigeladene zu 1. hat sich der Revisionsbegründung der Beigeladenen zu 4., die Beigeladene zu 2. den Revisionsbegründungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 4. angeschlossen. Die Beigeladene zu 3. hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten, die sich auf die Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht des Klägers wegen Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung in der Zeit ab 24.6.2001 bezieht, ist zulässig und begründet. Gleiches gilt für die ebenfalls auf diese Zeit und die Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV beschränkte Revision der Beigeladenen zu 4. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind insoweit rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem - dem Begehren des Klägers bislang entsprechenden - Umfang aufzuheben und das Urteil des SG ist auch insoweit unter Abweisung der Klage aufzuheben.

11

1. Zu Unrecht hat das LSG eine Versicherungspflicht des Klägers wegen Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3. in der noch streitigen Zeit ab 24.6.2001 verneint und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG insoweit zurückgewiesen.

12

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von zu Versicherungspflicht führender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die Bedeutung der tatsächlichen Umstände gegenüber den für die Tätigkeit des Klägers im Unternehmen maßgebenden vertraglichen Vereinbarungen, welche hier nur die Annahme von Beschäftigung rechtfertigen können, verkannt (hierzu b). Der Status des Klägers als Selbstständiger lässt sich nicht mit dem LSG unter Hinweis darauf bejahen, dass bestimmte Umstände und Indizien des Einzelfalls gesamtschauend dafür sprächen (hierzu c).

13

a) Im streitigen Zeitraum ab 24.6.2001 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie im Recht der Arbeitsförderung (vgl § 24 Abs 1, § 25 Abs 1 SGB III idF des Gesetzes vom 24.3.1997, BGBl I 594; § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des Gesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477; § 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 18.12.1989, BGBl I 2261, BGBl 1990 I 1337; § 20 S 1, 2 Nr 1 SGB XI idF des Gesetzes vom 26.5.1994, BGBl I 1014). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung "die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

14

Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN).

15

b) Die dargestellten Grundsätze sind - trotz der in Fällen der vorliegenden Art jeweils mit in Rechnung zu stellenden engen familiären Bindungen - auch im vorliegenden Fall anzuwenden und gelten unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Senats fort, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen Unternehmen, sondern in einem fremden Unternehmen tätig.

16

aa) Alleinige Unternehmensinhaberin bzw Trägerin des Unternehmens war die Beigeladene zu 3., die nach den den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) das Unternehmen durchgehend und damit auch die im streitigen Zeitraum betriebene Weinhandlung mit Gaststätte als Einzelunternehmen führte. Lediglich sie war damit auch nur unmittelbar begünstigtes Rechtssubjekt für die sich aus dem Auftreten des Unternehmens im Geschäftsverkehr ergebenden Ansprüche und Rechte; umgekehrt war ebenso nur die Beigeladene zu 3. den Verpflichtungen hinsichtlich der aus dem Geschäftsbetrieb resultierenden Lasten ausgesetzt, indem sie für die über das Unternehmen eingegangenen Verbindlichkeiten als natürliche Person mit ihrem ganzen Vermögen haftete. Damit muss - auch unter dem Blickwinkel des Sozialversicherungsrechts - ohne besondere dokumentierte bzw von den Tatsacheninstanzen festgestellte Umstände die Annahme einer sich auf seinen Status als Erwerbstätiger auswirkenden Beteiligung des Klägers an der Führung des Einzelunternehmens ausscheiden. Für die Trägerschaft eines Unternehmens durch eine (natürliche) Einzelperson kann insoweit im Kern nichts anderes gelten als in den Fällen, in denen eine juristische Person des Privatrechts Unternehmensträger ist. In den letztgenannten Fällen erkennt die höchstrichterliche Rechtsprechung aber auch seit jeher dann, wenn der im Unternehmen Tätige Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft - sei es auch eine Familiengesellschaft - hält, den Status als Selbstständiger nur an, wenn damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist; etwa durch ein seinem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität, und der Betroffene damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl hierzu allgemein bereits zB BSGE 38, 53, 57 f = SozR 4600 § 56 Nr 1 S 5; BSGE 42, 1, 3 = SozR 2200 § 723 Nr 1 S 3 mwN; zuletzt BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 25 mwN).

17

bb) Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist vor diesem Hintergrund vorliegend primär der zwischen ihm und der Beigeladenen zu 3. geschlossene, ausdrücklich so bezeichnete schriftliche "Arbeitsvertrag" vom 1.6.1991, der deren Rechtsverhältnis zueinander auch noch in dem im Revisionsverfahren streitigen Zeitraum ab 24.6.2001 ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG festgestellten Inhalt - ua festes monatliches Gehalt, Einstellung als Vollzeitkraft, Zustimmungserfordernis des Arbeitgebers zu etwaigen Nebentätigkeiten, Festlegung der Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber - mit seinen typischen Arbeitnehmerrechten und -pflichten ein "Arbeitsverhältnis" iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Gegenstand. Damit aber kann das in dieser Norm besonders hervorgehobene Merkmal für das Vorliegen einer zur Versicherungspflicht des Klägers führenden Beschäftigung nicht in Abrede gestellt werden. Im Hinblick darauf, dass die Unternehmensträgerschaft bei der Mutter des Klägers (Beigeladene zu 3.) als Einzelunternehmerin lag, verfügte der Kläger auch nicht über eine rechtliche Handhabe, die ihm einen (mit)beherrschenden Einfluss auf die Unternehmensleitung sicherte. Zudem fehlen jegliche Hinweise darauf, dass die geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3. wenigstens im Innenverhältnis als gesellschaftsrechtlich bedeutsame und hier zu beachtende Vereinbarung aufgefasst werden könnten. Weder hat der Kläger zwischen beiden das Bestehen einer - rechtlich wirksamen - sog Innengesellschaft (vgl dazu und zu deren Voraussetzungen schon BSGE 40, 161, 163 = SozR 2200 § 1266 Nr 3 S 17 mwN, BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 22 f mwN) behauptet, noch hat das LSG insoweit den Senat bindende positive Feststellungen (vgl § 163 SGG) getroffen. Unabhängig davon kann nicht angenommen werden, dass dem Kläger auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts darüber hinaus nennenswerte Rechtsmacht eingeräumt war, die es ihm (im Innenverhältnis) ermöglicht hätte bzw ermöglichen würde, die Geschäfte des Unternehmens gegen den Willen der Beigeladenen zu 3. zu betreiben.

18

Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 3. auch nach weiteren Feststellungen des LSG im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Der Kläger war ihr - seiner Arbeitgeberin - gegenüber weisungsunterworfen und in die von ihr vorgegebene Arbeitsorganisation ihres Unternehmens eingebunden. Nach der zutreffenden Bewertung des LSG hatte nämlich (allein) die Beigeladene zu 3. die Rechtsmacht (zu deren Bedeutung vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 31 f, ferner sogleich und unten 1. c ee), an den rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens Änderungen vorzunehmen oder den Kläger von seinen Aufgaben wieder zu entbinden.

19

cc) An dem Ausgangspunkt ändert die verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3. grundsätzlich nichts. Eine (abhängige) Beschäftigung wird nämlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass jemand für ein Familienmitglied tätig ist (vgl schon zu so genannten "Meistersöhnen" BSGE 3, 30, 39). Zu prüfen ist allerdings insbesondere, ob der Angehörige in einem Familienunternehmen als Beschäftigter, als Mitunternehmer oder Mitgesellschafter eines Angehörigen oder ob seine Tätigkeit lediglich als familienhafte Mithilfe anzusehen ist (vgl BSGE 74, 275, 276 = SozR 3-2500 § 5 Nr 17 S 57). Die Abgrenzung hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles ab (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 37 S 127; BSGE 74, 275, 278 = SozR 3-2500 § 5 Nr 17 S 60). Die Beurteilung einer Erwerbstätigkeit, die im Unternehmen eines Familienangehörigen ausgeübt wird, der als natürliche Person Unternehmensinhaber bzw Träger des Unternehmens und mit seinem ganzen Vermögen dessen Haftungsobjekt ist, unterscheidet sich insoweit rechtlich gesehen nicht wesentlich von der Beurteilung einer Erwerbstätigkeit in einer Familiengesellschaft, zB in der Rechtsform einer GmbH, deren Kapital in Form von Gesellschaftsanteilen von Familienangehörigen gehalten wird. Die Rechtsprechung des BSG hat in der Vergangenheit allerdings abweichend von diesen Grundsätzen bei Tätigkeiten für eine Gesellschaft eine Selbstständigkeit des Betroffenen für möglich gehalten, wenn seine Tätigkeit durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war, auch wenn er nicht über eine Sperrminorität verfügte (vgl zum Ganzen ausführlich BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 31 f). Soweit darüber hinausgehend der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich erachtete (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1), hat der Senat in seiner jüngsten Rechtsprechung allerdings offengelassen, ob der vom 11. Senat des BSG vertretenen Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - aaO, RdNr 32). Hierauf kommt es im vorliegenden Fall aber nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger sei aufgrund einer "faktischen Machtposition", der derjenigen eines (Mit-)Inhabers gleichkomme, selbstständig gewesen, nicht überzeugen können.

20

c) Eine Selbstständigkeit des Klägers lässt sich schließlich nicht mit dem LSG unter Hinweis darauf begründen, dass - hinausgehend über die Darlegungen unter b) - sonstige Umstände und Indizien des Einzelfalls bei einer Gesamtschau für die Zeit ab 24.6.2001 gleichwohl für den von ihm beanspruchten Status sprächen.

21

Für die - mangels Revisionseinlegung des Klägers gegen den klageabweisenden Teil des LSG-Urteils - nicht (mehr) im Streit befindliche Zeit vom 1.1.1991 bis 23.6.2001 hat das LSG die Tätigkeit des Klägers als (abhängige) Beschäftigung qualifiziert. Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nach der inhaltlichen Neuausrichtung des von der Beigeladenen zu 3. betriebenen Unternehmens ab 24.6.2001 davon auszugehen, dass der Kläger weiterhin (abhängig) beschäftigt blieb.

22

aa) Das LSG hat hierzu zunächst zutreffend festgestellt, dass sämtliche Merkmale der "äußeren Abwicklung" der Erwerbstätigkeit des Klägers (= Arbeitsvertrag vom 1.6.1991, festes monatliches Arbeitsentgelt, Verbuchung der Personalkosten als Betriebsausgaben, Entrichtung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, Überweisung des Entgelts auf ein privates Konto des Klägers) unverändert blieben. Die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung, die fehlende Veränderung könne dem Kläger nicht "vorgeworfen" werden, weil er am 19.4.2004 um die Überprüfung seines sozialversicherungsrechtlichen Status gebeten habe, rechtfertigt nicht schon die Schlussfolgerung, der Kläger sei selbst von einer Änderung zum 24.6.2001 ausgegangen: Zum Einen erfolgte der Antrag ohnehin erst ca drei Jahre nach der inhaltlichen Neuausrichtung des Unternehmens, zum Anderen stellte der Kläger selbst nicht nur die Zeit ab 24.6.2001, sondern den gesamten Tätigkeitszeitraum ab 1.1.1991 zur Überprüfung durch die Einzugsstelle.

23

bb) Die maßgebenden rechtlichen Rahmenbedingungen blieben auch ab 24.6.2001 unverändert. Der der Tätigkeit des Klägers zugrundeliegende Arbeitsvertrag vom 1.6.1991 wurde nicht geändert. Die Beigeladene zu 3. war nach wie vor Alleininhaberin bzw alleinige Trägerin des von ihr in der Form des Einzelunternehmens betriebenen Unternehmens.

24

cc) Der Kläger war auch ab dem 24.6.2001 nicht an dem Unternehmen, zB als Mitunternehmer, gleichberechtigter Partner neben der Beigeladenen zu 3. oder gar rechtlich allein maßgebender Unternehmensträger, beteiligt. Die einmalige Übernahme einer Weinrechnung in Höhe von 5000 Euro zu einem nicht konkret festgestellten Zeitpunkt im Jahr 2005 oder 2006 durch den Kläger rechtfertigt weder die Annahme, dass der Kläger hierdurch einen solchen Status erlangte, noch kann darin ein relevantes "Kapitalrisiko" des Klägers gesehen werden. Zwar hat das LSG keine näheren Feststellungen im Zusammenhang mit der Kostenübernahme getroffen. So ist ungeklärt, ob der Kläger der Beigeladenen zu 3. den Betrag darlehensweise überließ oder ihr den Betrag übereignete. Angesichts der verhältnismäßig geringen Höhe kommt allerdings auch in Betracht, dass es sich hierbei um eine Gefälligkeit des Klägers gehandelt haben könnte, die uU dadurch motiviert war, dass er eines Tages - der Familientradition folgend - das Unternehmen übernehmen würde. Die Höhe der übernommenen Kosten ist jedenfalls auf der Grundlage der Feststellungen des LSG im Verhältnis zu den Einrichtungskosten der Weinhandlung mit Gaststätte und zum Wert des Warenbestandes des Unternehmens als geringfügig anzusehen.

25

Soweit das LSG die einmalige Kostenübernahme als sehr geringes "Kapitalrisiko" des Klägers bewertet hat, ist nicht ersichtlich, worauf sich dieses Risiko beziehen sollte: Bei dem von der Beigeladenen zu 3. betriebenen Unternehmen handelt es sich um ein Einzelunternehmen, nicht um eine eigenständige juristische Person des Privatrechts, zB eine Kapitalgesellschaft. Ein Risiko wäre allenfalls gegeben, wenn der Kläger der Beigeladenen zu 3. den Betrag darlehensweise zur Verfügung gestellt hätte. Angesichts der verhältnismäßig geringen Höhe wäre aber auch das entsprechende Kreditausfallrisiko gering gewesen.

26

Die Kostenübernahme führte auch nicht zu einer "Mitunternehmerschaft" des Klägers an dem Unternehmen der Beigeladenen zu 3. Vielmehr hielt die Beigeladene zu 3. nach den Feststellungen des LSG durchgängig am Betrieb des Unternehmens als inhabergeführtes Einzelunternehmen fest. Demzufolge trug - wie bereits ausgeführt - ausschließlich die Beigeladene zu 3. als Inhaberin des Einzelunternehmens bzw Trägerin des Unternehmens ein Haftungsrisiko für dessen Verbindlichkeiten. Sie allein haftete mit ihrem gesamten Vermögen für Verbindlichkeiten ihres Unternehmens. Demgegenüber traf den Kläger keinerlei Haftungsrisiko.

27

dd) Zu Unrecht hat das LSG angenommen, die fehlende regelmäßige Anpassung des Gehalts des Klägers spreche für dessen Selbstständigkeit im streitigen Zeitraum. Insoweit berücksichtigt das Berufungsgericht bereits nicht hinreichend, dass seine tatsächlichen Feststellungen nicht den Schluss zulassen, der Kläger habe insoweit bereits rechtswirksam auf einen entsprechenden Vergütungsanspruch verzichtet. Mangels eines ausdrücklichen Verzichts stünde einer Geltendmachung eines Anspruchs unter Durchsetzung der entsprechenden arbeitsvertraglichen Regelungen über die regelmäßige Gehaltsanpassung allenfalls dessen Durchsetzbarkeit durch die möglicherweise geltend gemachte Verjährung entgegen. Insoweit trat jedoch auch keine Änderung der Verhältnisse zum 24.6.2001 ein. Vielmehr wurde das Entgelt des Klägers nach den Feststellungen des LSG "vor Jahren" von der Entwicklung der Löhne und Gehälter "abgekoppelt". Einen unmittelbaren Bezug zu der inhaltlichen Ausrichtung des Unternehmens zum 24.6.2001 hat es demgegenüber nicht festgestellt. Soweit das LSG die Nichtanpassung der Arbeitsvergütung als "Gehaltsverzicht" bewertet hat und darin ein gewisses "Unternehmerrisiko" des Klägers sieht, ist wiederum nicht ohne Weiteres ersichtlich, worauf sich dieses Risiko beziehen sollte. Zwar könnte man annehmen, sein Risiko habe darin bestanden, bereits im Vorgriff auf den späteren Übergang des Unternehmens auf die regelmäßige Anpassung seines Entgelts verzichtet zu haben, ohne eine hinsichtlich des Unternehmensübergangs gefestigte Rechtsposition erreicht zu haben. Einem derart angenommenen Risiko steht allerdings entgegen, dass der Kläger durchgehend eine feste Arbeitsvergütung bezog, deren Höhe einerseits deutlich über eine bloße Anerkennung oder ein Taschengeld hinausging und andererseits nicht vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängig war. Darüber hinaus trug der Kläger - wie bereits dargelegt - kein rechtlich bedeutsames und auf der Grundlage der Feststellungen des LSG durch entsprechende äußere Umstände dokumentiertes Haftungsrisiko für Verbindlichkeiten des Unternehmens der Beigeladenen zu 3.

28

ee) Entgegen der Auffassung des LSG rechtfertigt schließlich eine vermeintliche "faktische Machtposition" des Klägers nicht die Annahme seiner Selbstständigkeit.

29

Auch geschuldete Dienste höherer Art werden im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 mwN). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter im Rechtssinne entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Regelungen zum Nichtbestehen von Versicherungspflicht bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der gesetzlichen RV und im Recht der Arbeitsförderung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III). Diese Personen sind insoweit sozialversicherungsrechtlich den für Beschäftigte geltenden Regelungen unterworfen, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft des Unternehmens Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen. Ähnlich verhält es sich hier. Der Kläger war nämlich trotz seiner betrieblichen Befugnisse ununterbrochen in das Unternehmen der Beigeladenen zu 3. organisatorisch eingebunden. Nach den Regelungen des Arbeitsvertrags war er zwar berechtigt, Waren zu bestellen und zu kaufen. Ausdrücklich war er aber nicht umfassend mit gleichen Rechten wie die Beigeladene zu 3. ausgestattet, sondern nur als deren "Stellvertreter" eingesetzt und für Personalfragen nicht durchgehend, sondern nur ausnahmsweise - bei Abwesenheit der Beigeladenen zu 3. - zuständig. Die vom LSG gleichwohl angenommene "Machtposition" des Klägers leitet sich damit lediglich daraus ab, dass er auf die Unternehmenstätigkeit und deren Ausrichtung maßgeblichen Einfluss ausüben konnte, was sich letztlich in der im Sommer 2001 vollzogenen inhaltlichen Neuausrichtung des Unternehmens von einem Lebensmittel- und Getränkeverkauf hin zu einer Weinhandlung mit Gaststätte dokumentierte. Das LSG hat allerdings gleichwohl ausdrücklich festgestellt, dass die Beigeladene zu 3. - trotz Änderung der Geschäftsausrichtung weg von einem Lebensmittel- und Getränkeladen hin zu einer Weinhandlung mit Probierstube und Küchenbetrieb - durchgehend an dem von Beginn an bestehenden und über die Jahre hinweg auch so weitergeführten Form als Einzelunternehmen festhielt. Demzufolge hatte - nach der zutreffenden Bewertung durch das LSG - allein die Beigeladene zu 3. als Unternehmensinhaberin bzw Trägerin des Unternehmens die Rechtsmacht, Änderungen an den rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens vorzunehmen oder den Kläger von seinen Aufgaben zu entbinden. Daran änderte sich auch erkennbar nichts nach der inhaltlichen Neuausrichtung des Unternehmens zum 24.6.2001; denn die Beigeladene zu 3. hatte es nach wie vor in der Hand, etwa im Fall eines Zerwürfnisses den Kläger zu entlassen und an seiner Stelle eine andere Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen einzustellen, ohne dass der Kläger die Rechtsmacht besaß, dem mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten (zur vorrangigen Bedeutung formell bestehender Rechtsmacht gegenüber dem Gesichtspunkt ihrer tatsächlichen Nichtausübung vgl bereits BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32). Anhaltspunkte dafür, dass allein der Kläger über ein derart hohes Fachwissen verfügte, dass nur er in der Lage war, die konkrete Tätigkeit zu verrichten, hat das LSG nicht festgestellt und sind sonst nicht ersichtlich. Auch kann insoweit nicht eingewandt werden, dass eine fremde Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen möglicherweise nicht bereit gewesen wäre, zu denselben Konditionen tätig zu werden; insoweit handelt es sich lediglich um wirtschaftliche Überlegungen, die am grundsätzlichen Bestehen einer entsprechenden rechtlichen Möglichkeit nichts ändern. Darüber hinaus bezog sich die vom LSG angenommene "Machtposition" des Klägers allein auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens der Beigeladenen zu 3. Nur insoweit hatte der Kläger aufgrund seines geltend gemachten Fachwissens eine herausgehobene Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Eine wirtschaftlich beherrschende Stellung durch den Kläger war demgegenüber nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des BSG können derartige Einflussmöglichkeiten zwar beachtenswert sein, soweit sie einem Geschäftsführer einer GmbH selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f). Wie dargestellt, betreibt die Beigeladene zu 3. das Unternehmen indessen nach wie vor als Einzelunternehmerin bzw alleinige Trägerin. Hinweise auf eine Mitunternehmerschaft bzw eine nennenswerte Kapitalbeteiligung des Klägers an dem Unternehmen verbunden mit einem damit korrespondierenden wesentlichen Einfluss auf dessen Bestand und Geschäftsbetrieb liegen nicht vor.

30

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Verletztenrente.

2

Der Kläger übernahm im Jahr 2001 als alleiniger Gesellschafter die "Auto G. GmbH" in F., einen Betrieb bestehend aus einer Kfz-Werkstatt sowie einem Handel mit Kraftfahrzeugen, dessen Stammkapital er zu 100 vH hielt. Im Lohnnachweis für das Jahr 2005 wurden zwei Beschäftige für den Bereich der Kfz-Reparaturwerkstätte und ein Beschäftigter im kaufmännisch verwaltenden Bereich aufgeführt. Entsprechend wurde der Beitrag festgesetzt.

3

Am 17.6.2005 übersandte die Rechtsvorgängerin der Beklagten an den Kläger persönlich Unterlagen zur freiwilligen Versicherung sowie ein Merkblatt mit Hinweis auf §§ 45, 48 der Satzung, in dem es heißt: "Im Antrag zur freiwilligen Unternehmerversicherung muss die gewünschte Versicherungssumme angegeben werden, sonst gilt die Mindestversicherungssumme." Der Kläger stellte zu keinem Zeitpunkt einen Antrag auf freiwillige Versicherung. Am 17.9.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei nicht pflichtversichert. Ausweislich des vom Kläger handschriftlich ausgefüllten Formblatts "Lohnnachweis 2006" für das Jahr 2006 beschäftigte der Kläger zwei Angestellte, davon eine Person halbtags und eine Person als geringfügig Beschäftigte für das Büro. Als Arbeitsentgelt wird dort für zwei Beschäftigte jeweils ein zweifach durchgestrichener Betrag von 33 540 Euro und die ebenfalls zweifach durchgestrichene Zahl von insgesamt 3056 Arbeitsstunden angegeben. Darüber bzw darunter finden sich die nicht gestrichenen handschriftlichen Angaben von 23 285 Euro je Beschäftigtem sowie die Arbeitsstundenzahl von 1018. Der Beitrag für 2006 in Höhe von 356,77 Euro wurde am 23.4.2007 auf der Grundlage der ursprünglich erfassten, nicht korrigierten Lohnsumme eingezogen. Dies wurde von der Beklagten in einem Aktenvermerk vom 18.10.2007 entsprechend festgehalten. Als Arbeitsentgelt wurde ein Betrag in Höhe von 33 540 Euro bei insgesamt 3056 Arbeitsstunden zugrunde gelegt.

4

Am 27.7.2007 verunfallte der Kläger und erlitt hierdurch eine Querschnittslähmung. Durch Bescheid vom 4.12.2007 hob die Beklagte "die Formalversicherung" mit Wirkung für die Zukunft zum 1.1.2008 auf. Durch Bescheid vom 25.2.2009 gewährte sie dem Kläger ab 23.1.2009 eine Rente in Höhe von monatlich 990,78 Euro auf unbestimmte Zeit unter Zugrundelegung des Mindestjahresarbeitsverdienstes (Mindest-JAV) und nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 100 vH. Zwar habe der Kläger im Unternehmen der "Autohaus G. GmbH" den Status eines versicherungsfreien Gesellschaftergeschäftsführers innegehabt, eine freiwillige Unternehmerversicherung nicht abgeschlossen und somit zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Weil aber im Nachweis der Lohnsummen versehentlich sein Gehalt enthalten gewesen und auch hierauf in der Lohnnachweiskorrektur für das Jahr 2006 hingewiesen worden sei, habe zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls am 27.7.2007 eine Formalversicherung bestanden. Da seine Einkünfte in der Lohnsumme des Jahres 2006 mit 10 305 Euro beziffert worden seien und dieser Betrag unter dem Mindest-JAV gemäß § 85 Abs 1 Nr 2 SGB VII gelegen habe, sei der Mindest-JAV in Höhe von 17 640 Euro der Rentenberechnung zugrunde gelegt worden. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 18.5.2010).

5

Das SG Augsburg hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 26.5.2011). Die Berufung hat das Bayerische LSG zurückgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 31.7.2012 hat es ausgeführt, beim Kläger habe schon keine Formalversicherung bestanden. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht geschaffen worden. Der Kläger sei auf die Möglichkeit hingewiesen worden, sich freiwillig zu versichern. Es fehle an einer langjährigen Entgegennahme anteilig auf den Kläger entfallender Beiträge ohne entsprechendes Tätigwerden der Beklagten. Bereits am 6.6.2005 habe diese dem Kläger einen Fragebogen zur Feststellung der Gesellschaftsverhältnisse übersandt und nach Überprüfung am 17.6.2005 Unterlagen zur freiwilligen Versicherung als Unternehmer übermittelt und damit einen etwaigen bis dahin bestehenden Vertrauensschutz beseitigt. Im Übrigen sei die Beklagte zu einer höheren Rentenzahlung nicht verpflichtet. Nach § 45 Satz 5 der Satzung gelte die Mindestversicherungssumme, sofern die Versicherungssumme in der Anmeldung nicht angegeben sei. Ausweislich des Lohnnachweises für das Jahr 2006 seien auf den Kläger anteilig 10 305 Euro des angemeldeten Arbeitsentgelts entfallen. Weil dieser Betrag den Mindest-JAV nach § 85 Abs 1 Nr 2 SGB VII unterschreite, bestimme sich der Jahresarbeitsverdienst (JAV) nach dem Mindest-JAV, der 60 vH der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgebenden Bezugsgröße und damit 17 640 Euro betrage. Dies sei nicht unbillig iS des § 87 SGB VII, weil der Mindest-JAV mit einem monatlichen Verdienst von 1356,92 Euro dem Lohnniveau im unteren Bereich entspreche. Da der Kläger von einer freiwilligen Versicherung auf Antrag keinen Gebrauch gemacht habe, könne er nicht besser gestellt werden als ein freiwillig versicherter Unternehmer.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 82, 83, 87 SGB VII sowie des § 123 SGG. Er ist zunächst der Ansicht, das LSG habe mit seiner Entscheidung, dass kein Formalversicherungsverhältnis bestanden habe, gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen. Die Beklagte sei darauf hingewiesen worden, dass er als Geschäftsführer der GmbH in den Lohnnachweisen mitaufgeführt werde. Am 29.1.2007 sei der Lohnnachweis von ihm mit dem Hinweis korrigiert worden, dass der Geschäftsführer (der Kläger) aus den Lohnnachweisen herausgenommen worden sei. Darüber hinaus sei die Beklagte bereits am 6.6.2005 über die Gesellschaftsverhältnisse aufgeklärt worden. Obwohl sie bereits zu diesem Zeitpunkt gewusst habe, dass er als Geschäftsführer nicht pflichtversichert sei, habe sie anteilig auf ihn - den Kläger - entfallende Beiträge im Zeitraum 2005 bis 2007 vereinnahmt. Die Beklagte habe seinen Unfallversicherungsschutz durch Bescheid anerkannt und somit eine Formalversicherung begründet, die sie durch Bescheid vom 4.12.2007 schließlich wieder aufgehoben habe. Aus diesem Verhalten ergebe sich ein Vertrauenstatbestand. Der Verletztenrente sei ein JAV in Höhe von 30 080 Euro zugrunde zu legen. Nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes müsse hier das tatsächlich erzielte Einkommen des Formalversicherten maßgeblich sein. Dies müsse auch gelten, wenn man von einem fingierten Versicherungsverhältnis des Klägers als freiwillig versicherter Unternehmer und nicht als versicherter Beschäftigter ausgehe. Inhalt und Umfang des Versicherungsverhältnisses richteten sich nach den äußeren Umständen, weil keine Willenserklärungen vorlägen. Er habe an die Beklagte Beiträge nach einem JAV in Höhe von 33 540 Euro gezahlt. Die Zahlungen schafften insoweit einen Vertrauenstatbestand, als er davon habe ausgehen dürfen, dass sich im Versicherungsfall die Leistungen der Beklagten an den eingezahlten Beiträgen orientierten. Zudem lägen die Voraussetzungen einer Erhöhung der Rente um 10 vH gemäß § 57 SGB VII vor.

7

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 26. Mai 2011 und das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2010 zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 30 080 Euro infolge des Arbeitsunfalls vom 27. Juli 2007 zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Unabhängig davon, ob eine Formalversicherung und damit ein schützenswerter Vertrauenstatbestand beim Kläger bestehe, habe dieser keinen Anspruch auf eine höhere Verletztenrente, weil der Rentenberechnung der Mindest-JAV gemäß § 85 Abs 1 Nr 2 SGB VII zugrunde zu legen sei. Dass auf den Kläger versehentlich anteilig 10 305 Euro an gemeldetem Arbeitsentgelt entfallen seien, rechtfertige keine Behandlung als abhängiger Beschäftigter. Es liege allenfalls eine fingierte freiwillige Unternehmerversicherung vor. Dabei sei es nicht gerechtfertigt, den Kläger besserzustellen als denjenigen, der tatsächlich eine freiwillige Versicherung abgeschlossen habe.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen den die Klage abweisenden Gerichtsbescheid des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Verwaltungsakt im Bescheid der Beklagten vom 25.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist daher weder zu verurteilen, dem Kläger höhere Verletztenrente nach einem höheren, von der Beklagten festzustellenden JAV zu bewilligen (BSG Urteil vom 18.9.2012 - B 2 U 11/11 R - BSGE 112, 43 = SozR 4-2700 § 90 Nr 2), noch das Begehren des Klägers erneut zu verbescheiden.

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Der Kläger begehrt mit der Kombination aus zulässiger Anfechtungs- und zulässiger (unechter) Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) die Leistung einer höheren Verletztenrente nach Festsetzung eines höheren Werts der Rente aufgrund einer Regelberechnung des JAV nach § 56 Abs 1 Satz 1, Abs 3, § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII(BSG Urteil vom 18.9.2012 - B 2 U 11/11 R - BSGE 112, 43 = SozR 4-2700 § 90 Nr 2). Die Auslegung des klägerseitigen Vorbringens unter Berücksichtigung seiner Interessen (§ 123 SGG) ergibt, dass er hilfsweise auch die Höherbewertung auf Grundlage des § 87 SGB VII (Festsetzung eines höheren JAV nach billigem Ermessen) begehrt, wofür allerdings allein statthafte Klageart die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage(§ 54 Abs 1, Abs 2 Satz 1 und 2 SGG) ist (BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 24/10 R - juris) wäre.

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Rechts auf Rente. Vielmehr hat die Beklagte den für die Rentenberechnung gemäß § 81 SGB VII maßgeblichen JAV zu Recht nicht iS der Regelberechnung nach § 82 SGB VII, sondern gemäß § 83 3. Alt SGB VII iVm § 45 der Satzung vom 29.3.2007 nach dem Mindest-JAV in Höhe von 17 640 Euro berechnet. Das LSG war entgegen der Ansicht der Revision nicht gehindert, das Bestehen einer Formalversicherung als Beschäftigter gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder als "Wie"-Beschäftigter nach § 2 Abs 2 SGB VII zu prüfen(dazu unter 1.). Der Kläger war bei der Beklagten weder als Beschäftigter noch als "Wie"-Beschäftigter versichert (dazu unter 2.). Er erfüllt auch nicht die Voraussetzungen einer formalen Versicherung als Beschäftigter oder "Wie"-Beschäftigter (dazu unter 3.). Die Festsetzung des JAV nach dem Mindest-JAV ist nicht zu beanstanden (dazu unter 4.). Ein Anspruch auf Verbescheidung einer Erhöhung des JAV nach billigem Ermessen nach § 87 SGB VII besteht ebenfalls nicht(dazu unter 5.). Die Bemessung der MdE in Höhe von 100 vH ist für den Senat bindend (dazu unter 6.). Hinsichtlich eines möglichen Anspruchs auf Erhöhung der Rente um 10 vH als Schwerverletzter gemäß § 57 SGB VII fehlt es bereits an der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens(dazu unter 7.).

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1. Das LSG hat nicht gegen § 123 SGG bzw das Verbot der reformatio in peius verstoßen, als es auch das Bestehen einer Formalversicherung des Klägers überprüft hat. Die Beklagte hat durch Bescheid vom 25.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2010 mit bindender Wirkung die Zahlung einer unbefristeten Rente in Höhe von 990,78 Euro ab 23.1.2009 nach einer MdE in Höhe von 100 vH bewilligt. In diesen Bescheiden wird zudem ausdrücklich festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls eine "Formalversicherung" des Klägers begründet war. Ob das Bestehen von Versicherungsschutz als formal freiwillig Versicherter einen selbständigen Verfügungssatz mit entsprechender Bindungswirkung darstellt oder nur ein unselbständiges Begründungselement für die Rentenzahlung ist, kann der Senat letztlich dahinstehen lassen, weil dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Recht auf höhere Verletztenrente zusteht. Die Beklagte hat den Kläger jedenfalls nicht mit bindender Wirkung als formal pflichtversicherten Beschäftigten versichert, sondern ist davon ausgegangen, dass er zum Zeitpunkt des Unfallereignisses "im Sinne eines fingierten Versicherungsverhältnisses als freiwillig versicherter Unternehmer" unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

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Bei der freiwilligen Versicherung, der Versicherung aufgrund Satzung sowie der Versicherung kraft Gesetzes handelt es sich jeweils um qualitativ unterschiedliche Versicherungsverhältnisse, die unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen (vgl BSG Urteil vom 17.5.2011 - B 2 U 18/10 R - BSGE 108, 194 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2). Für freiwillig Versicherte wird der JAV gemäß § 83 SGB VII durch die Satzung der Beklagten bestimmt. Ist der Unfall hingegen infolge einer kraft Gesetzes (pflicht-)versicherten Beschäftigung (§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII) oder einer "Wie"-Beschäftigung (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII) eingetreten, richtet sich die Berechnung des JAV nach § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII(BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - juris). Wäre der Kläger - wie er geltend macht - zum Zeitpunkt des Unfalls (formal) als Beschäftigter und nicht - wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden angenommen hat - nur als freiwillig versicherter Unternehmer formal versichert gewesen, wären die angefochtenen Verwaltungsakte aufzuheben und der beklagte Unfallversicherungsträger zu verurteilen, dem Kläger im Rahmen der JAV-Regelberechnung gemäß § 82 Abs 1 SGB VII und damit unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts bzw Arbeitseinkommens eine unter Umständen höhere Rente zu leisten.

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Zwar ist der Senat durch die bindende Verfügung in dem Bescheid vom 25.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2010 jedenfalls an die Zahlung einer unbefristeten Verletztenrente in Höhe von 990,78 Euro monatlich (auf der Grundlage eines JAV von 17 640 Euro) gebunden, und darf insoweit wegen § 77 iVm § 123 SGG keine ungünstigere Entscheidung für den Kläger treffen. Jedoch ist der Senat nicht gehindert zu überprüfen, ob dem Kläger aufgrund eines Anspruchs auf Feststellung eines anderen Versicherungsverhältnisses - zB als Beschäftigter - zugleich ein Anspruch auf Feststellung eines höheren Rechts auf Rente nach einem höheren JAV zusteht. Die Beteiligten können dem Gericht insoweit nicht den Prüfungsmaßstab vorschreiben. Folglich hat das LSG auch nicht gegen das Verbot der reformatio in peius (Verböserungsverbot) verstoßen, als es die Berufung des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass bereits die Voraussetzungen einer Formalversicherung des Klägers nicht vorgelegen hätten. Denn damit hat es weder eine dem Kläger ungünstigere Entscheidung als die Vorinstanz getroffen, noch eine Wesensänderung der ablehnenden Entscheidung vorgenommen, sondern die Klageabweisung lediglich mit anderen als den in den angegriffenen Bescheiden genannten Argumenten bestätigt (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap VII RdNr 62; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 123 RdNr 5; vgl BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 38; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37; BSG Urteil vom 21.4.1959 - 6 RKa 20/57 - BSGE 9, 277, 280).

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2. Der Kläger war nicht Beschäftigter iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII iVm § 7 Abs 1 SGB IV. Er war Geschäftsführer und Allein-Gesellschafter einer GmbH. Entscheidend für die Versicherungspflicht ist hier, ob er einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausübt (vgl BSG Urteil vom 13.12.1960 - 3 RK 2/56 - BSGE 13, 196, 200 = SozR Nr 5 zu § 1 AVG aF; BSG Urteil vom 31.7.1974 - 12 RK 26/72 - BSGE 38, 53, 57 = SozR 4600 § 56 Nr 1; BSG Urteil vom 23.9.1982 - 10 RAr 10/81 - SozR 2100 § 7 Nr 7; BSG Urteil vom 25.10.1989 - 2 RU 12/89 - HV-Info 1990, 112; BSG Urteil vom 14.12.1995 - 2 RU 41/94 - SGb 1996, 487; BSG Urteil vom 30.6.1999 - B 2 U 35/98 R - SozR 3-2200 § 723 Nr 4). Hat ein Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (vgl BSG Urteil vom 8.8.1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - juris). Dies ist jedenfalls bei Allein-Gesellschaftern wie dem Kläger grundsätzlich der Fall (vgl in diesem Sinne BSG Urteil vom 9.11.1989 - 11 RAr 39/89 - BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19 und BSG Urteil vom 5.2.1998 - B 11 AL 71/97 R - SozR 3-4100 § 168 Nr 22 S 64), die aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer haben und damit nicht ihrerseits dessen Weisungsrecht unterliegen (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - juris). Deshalb hat das LSG zu Recht entschieden, dass der Kläger nicht abhängig beschäftigt war. Ebenso liegen wegen der Unternehmerähnlichkeit die Voraussetzungen einer "Wie"-Beschäftigung iS von § 2 Abs 2 SGB VII nicht vor(BSG Urteil vom 28.6.1984 - 2 RU 63/83 - BSGE 57, 91 = SozR 2200 § 539 Nr 100; vgl BSG Urteil vom 12.4.2005 - B 2 U 5/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 4).

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3. Im Ergebnis hat das LSG auch zu Recht das Vorliegen einer Formalversicherung des Klägers als Beschäftigter verneint (vgl zur Abgrenzung der Formalversicherung in diesem Sinne von dem Bestehen eines "formalen Versicherungsverhältnisses" durch rechtswidrigen, aber wirksamen Verwaltungsakt das Urteil des Senats vom 3.4.2014 - B 2 U 25/12 R), denn ausgehend von den bindenden Feststellungen des LSG sind die Voraussetzungen für eine Formalversicherung des Klägers als Beschäftigter nicht gegeben.

18

Die Rechtsprechung des BSG zur Formalversicherung basiert auf dem Vertrauensschutz desjenigen, der wegen der Aufnahme in das Unternehmerverzeichnis als Mitglied und zugleich als Versicherter unbeanstandet Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung entrichtet hat (s BSG Urteil vom 30.3.1988 - 2 RU 34/87 - SozR 2200 § 539 Nr 126 mwN; s BSG Urteil vom 26.11.1987 - 2 RU 7/87 - SozR 2200 § 776 Nr 8 mwN). Grundlegend für den Versicherungsschutz über eine sog Formalversicherung ist zunächst die Anerkennung eines gesamten Betriebes oder der Person eines Unternehmers als versichert, was vorliegend bezüglich der "Auto G. GmbH" ausweislich der Beitragsbescheide der Beklagten der Fall ist (vgl BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - juris; vgl BSG Urteil vom 27.7.1972 - 2 RU 193/68 - BSGE 34, 230, 233 = SozR Nr 1 zu § 664 RVO mwN).Die Formalversicherung erstreckt sich zwar auch auf Fälle, in denen einzelne nicht versicherungspflichtige Personen in den Lohnnachweis aufgenommen und bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt worden sind. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass dem Unfallversicherungsträger regelmäßig die Möglichkeit fehlt, eine genaue Prüfung durchzuführen, ob die einzelnen, in den Lohnnachweisen angegebenen Personen, auch tatsächlich versicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeführt haben. Hier muss sich der Unfallversicherungsträger in der Regel darauf beschränken, seinen Mitgliedern die für die Versicherung in Betracht kommenden Grundsätze möglichst eingehend darzulegen. Wenn dennoch nicht versicherte Personen ohne nähere Erläuterung aufgeführt werden, so kann dieser Irrtum über die Versicherungspflicht allein eine Versicherung nicht erzeugen. Etwas anderes ist nur dann gerechtfertigt, wenn jemand mit Wissen der Organe des Verwaltungsträgers oder so, dass es diesen Organen bei der erforderlichen Aufmerksamkeit nicht unbekannt bleiben konnte, eine an sich nicht versicherte Person in den Lohnnachweisen mit aufgezählt und der Unfallversicherungsträger über einen längeren Zeitraum Beiträge aufgrund dieser Lohnnachweise erhoben hat, ohne seinerseits irgendwelche Feststellungen zu veranlassen (BSG Urteil vom 2.2.1999 - B 2 U 3/98 R - BSGE 83, 270 = SozR 3-2400 § 26 Nr 11). Bereits diese Voraussetzung der mehrjährigen Beitragserhebung für den Kläger als nicht versichertes Mitglied liegt nicht vor. Nach den bindenden Feststellungen des LSG hat die Beklagte lediglich für das Jahr 2006 das Arbeitsentgelt des Klägers bei der Beitragserhebung mitberücksichtigt, während dies noch 2005 nicht der Fall war. Ob darüber hinaus eine Formalversicherung des Klägers an seinem Verschulden aufgrund des grob fahrlässigen Nicht-Wissens der Versicherungsvoraussetzungen scheitert, kann der Senat folglich dahinstehen lassen (vgl BSG Urteil vom 26.6.1973 - 8/7 RU 34/71 - BSGE 36, 71, 73 = SozR Nr 40 zu § 539 RVO; BSG Urteil vom 26.11.1987 - 2 RU 7/87 - SozR 2200 § 776 Nr 8).

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4. Der Senat musste nicht weiter prüfen, ob die Beklagte durch den Bescheid vom 25.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2010 das Bestehen eines formalen freiwilligen Versicherungsverhältnisses des Klägers (zum Begriff des formalen Versicherungsverhältnisses in Abgrenzung zur Formalversicherung vgl Urteil des Senats vom 3.4.2014 - B 2 U 25/12 R) mit bindender Wirkung (§ 77 SGG) anerkannt hat oder ob auch dessen Bestehen als bloßes Begründungselement der Rentenberechnung einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Denn dem Kläger steht auch bei Vorliegen eines solchen formalen Versicherungsverhältnisses als freiwillig versicherter Unternehmer kein Recht auf Zahlung einer höheren Verletztenrente zu.Für kraft Satzung versicherte Unternehmer und für freiwillig Versicherte hat gemäß § 83 Satz 1 SGB VII die Satzung des Unfallversicherungsträgers die Höhe des JAV zu bestimmen(BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - juris). Diese Regelung soll die bei Selbständigen regelmäßig schwierige Ermittlung des tatsächlichen jährlichen Arbeitsverdienstes erübrigen, indem durch Satzungsregelung, bei deren Abfassung dem Unfallversicherungsträger wie auch sonst in diesem Bereich ein weiter Gestaltungsspielraum (Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 83 RdNr 3b; BSG Urteil vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - juris RdNr 16 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl auch BSG Urteil vom 25.8.1994 - 2 RU 39/93 - BSGE 75, 45, 47 = SozR 3-2200 § 727 Nr 1 - juris RdNr 25; Spellbrink, SR 2012, 17, 21 mwN) zusteht, ein bestimmter Betrag - regelmäßig die "Versicherungssumme" - festgesetzt wird (BSG Urteil vom 13.12.2005 - B 2 U 25/04 R - SozR 4-2700 § 47 Nr 2). Der JAV ist ausschließlich nach § 83 SGB VII iVm der Satzung festzusetzen. § 85 SGB VII über den Mindest- und Höchst-JAV findet keine Anwendung und dementsprechend auch nicht § 87 SGB VII. § 87 SGB VII, der eine Verpflichtung zur Festsetzung des JAV nach billigem Ermessen ausspricht, wenn ein nach der Regelberechnung festgesetzter JAV in erheblichem Maße unbillig ist, verweist in seinem Satz 1 ausdrücklich auf die Regelberechnung des JAV nach § 82 SGB VII. Für freiwillig Versicherte hingegen wird der JAV gemäß § 83 SGB VII durch die Satzung der Beklagten bestimmt(BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - juris).

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Die Beklagte war auch nicht durch § 85 Abs 2 Satz 1 SGB VII an der Festsetzung eines die dort festgelegten Beträge überschreitenden JAV gehindert. Nach § 85 Abs 2 Satz 2 SGB VII kann die Satzung eine höhere Obergrenze bestimmen. Die Beklagte hat durch § 35 Abs 2 ihrer hier maßgeblichen Satzung (Satzung der Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd vom 9.3.2007, in Kraft mit Wirkung vom 30.3.2007) von dieser Möglichkeit einer abweichenden Höchstbetragsfestsetzung nach § 85 Abs 2 Satz 2 SGB VII Gebrauch gemacht. Der Senat sieht keine Veranlassung, die Festsetzung des JAV nach den Satzungsregelungen der Beklagten iVm § 83 SGB VII zu beanstanden. Diese Regelungen sind gemäß § 162 SGG einer rechtlichen Überprüfung zugänglich, weil sich ihr Geltungsbereich über den Bezirk des LSG hinaus erstreckte. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG sind auf den Kläger in dem Lohnnachweis für 2006 anteilig 10 305 Euro Arbeitsentgelt entfallen. Da dieser Betrag sogar den Mindest-JAV nach § 85 Abs 1 Nr 2 SGB VII unterschritt, hat die Beklagte zu Gunsten des Klägers aufgrund des Verweises in § 45 Satz 4 der Satzung diesen Mindest-JAV der Rentenberechnung zugrunde gelegt. Soweit die Revision begehrt, dass darüber hinaus das tatsächliche Einkommen des Klägers dem JAV zugrunde gelegt werden müsse, so fehlt hierfür jeglicher rechtlicher Anknüpfungspunkt, weil dieses tatsächliche Einkommen eben gerade nicht der Beitragszahlung zugrunde gelegen hat. Der Kläger hatte es zudem als Unternehmer selbst in der Hand, die Beitragshöhe zu bestimmen. Hierüber war er im Übrigen von der Beklagten auch aufgeklärt worden. Insofern bestehen unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben in § 83 SGB VII keine Bedenken gegen die Satzungsregelungen der Beklagten betreffend die Höhe des JAV für freiwillig Versicherte.

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5. Eine Korrektur des JAV im Rahmen des § 87 SGB VII wegen erheblicher Unbilligkeit scheidet hier aus. § 87 Satz 1 SGB VII ermöglicht - wie bereits ausgeführt - eine solche Korrektur nach billigem Ermessen der Beklagten nur bei einer Regelberechnung des JAV nach § 82 SGB VII. Ist der JAV hingegen nach § 83 SGB VII iVm der Satzung des Trägers festzustellen, so liegt gerade keine Regelberechnung gemäß § 82 SGB VII vor. Eine Anwendung des § 87 SGB VII zu Gunsten des Klägers wäre mithin nur denkbar, wenn die Satzung des zuständigen Unfallversicherungsträgers dies ausdrücklich vorsieht oder eine JAV-Feststellung nach den §§ 82 ff SGB VII vorschreibt, was beides vorliegend nicht der Fall ist(Schudmann in: jurisPK-SGB VII, § 87 RdNr 10; Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 87 RdNr 12; Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 87 RdNr 3; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 87 SGB VII RdNr 3; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, § 87 RdNr 4; Becker in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 87 RdNr 2). Zutreffend hat die Beklagte mithin den JAV nach der in § 45 Satz 4 der Satzung vorgesehenen Mindestsumme in Höhe von 60 vH der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV berechnet.

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6. Die Bemessung des Grades der MdE mit 100 vH ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Die Einschätzung der MdE nach § 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft(BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 2 U 25/05 R - SozR 4-2700 § 56 Nr 2 RdNr 10). An die Feststellung der MdE mit 100 vH durch das LSG ist der Senat gebunden (§ 163 SGG), weil sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen ist (BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - juris RdNr 25).

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7. Über einen Anspruch auf Erhöhung der Rente um 10 vH gemäß § 57 SGB VII war nicht zu befinden, weil hierüber kein Vorverfahren stattgefunden hat. Eine darauf gerichtete Klage - selbst wenn die Anträge des Klägers, die indes lediglich auf eine Rentenerhöhung unter Zugrundelegung eines höheren JAV gerichtet waren, dahin ausgelegt würden - wäre unzulässig (§ 78 SGG). Insoweit handelt es sich um einen anderen Klagegrund und somit anderen Streitgegenstand, weil § 57 SGB VII ua voraussetzt, dass der Schwerverletzte infolge des Versicherungsfalles einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen kann und keinen Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat. Die Erhöhung der Verletztenrente gemäß § 57 SGB VII ist durch Verwaltungsakt in einem gesonderten Verwaltungsverfahren festzustellen(Scholz in: jurisPK-SGB VII, § 57 RdNr 17). In den angegriffenen Bescheiden sind aber weder Verfügungssätze noch Begründungselemente enthalten, die auf eine Regelung über eine Rentenerhöhung nach § 57 SGB VII hindeuten.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

(1) Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1 bis 16 sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten; ein Berufsausbildungsverhältnis steht einem Arbeitsverhältnis gleich. Die §§ 1 bis 16 gelten entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Arbeitnehmer im Sinne von § 1a Abs. 1 sind nur Personen nach den Sätzen 1 und 2, soweit sie aufgrund der Beschäftigung oder Tätigkeit bei dem Arbeitgeber, gegen den sich der Anspruch nach § 1a richten würde, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

(2) Die §§ 7 bis 15 gelten nicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen das Insolvenzverfahren nicht zulässig ist, und solche juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.

(3) Gesetzliche Regelungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung werden unbeschadet des § 18 durch die §§ 1 bis 16 und 26 bis 30 nicht berührt.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.