Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 403/13
vom
1. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. Oktober
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Prof. Dr. Mosbacher,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt aus München - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 5. April 2013 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und bestimmt, dass die in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird. Die mit einer Verfahrensrüge und der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
Der anderweitig Verfolgte M. führte am 27. März 2011 etwas über 7,3 kg Kokaingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von knapp 2,6 kg KokainHydrochlorid mit sich, das in den vorderen Radkästen eines in D. angemieteten Pkw versteckt worden war und bei einer Polizeikontrolle an der Autobahnrastanlage I. aufgefunden wurde. Nach Aufforderung der Polizei nahm M. mit dem von ihm benannten Mittäter „R. “ per SMS Kontakt auf, was zu einer Ortung des von „R. “ benutzten Mobiltelefons in A. führte. Sämtliche mit „R. “ ausgetauschten Kurzmitteilungen wa- ren in albanischer Sprache verfasst.
4
Wegen dieser Tat wurde M. mit Urteil des Landgerichts München II wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Das Landgericht sieht die Tat des M. als „Haupttat“ der Beihilfehandlung des Angeklagten an.
5
Das in Platten gepresste Kokain war für den Transport in dreizehn Päckchen verpackt worden, die jeweils einen identischen Aufbau aufwiesen: Die erste Schicht der Verpackung bestand aus transparentem Tesaklebeband, die zweite Schicht aus einem transparenten Schlauchfolienbeutel, die dritte Schicht aus braunem Paketklebeband, die vierte Schicht aus Frischhaltefolie und die fünfte Schicht aus einem bläulich-transparenten Gefrierbeutel. Zwölf Päckchen waren zudem in schwarzer Schrift mit Buchstabenkombinationen beschriftet.
6
Die geschilderte Verpackung des Kokains nahm der Angeklagte an einem unbekannten Ort vor der Übergabe an M. zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt kurz vor dem 27. März 2011 vor. Hierbei war ihm - wie allen übrigen Tatbeteiligten - bewusst, dass das Kokain zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war.
7
2. Die Überführung des aus Albanien stammenden und in den Niederlanden in der Gastronomie arbeitenden Angeklagten, der zum Tatvorwurf geschwiegen hat und bislang im Bundesgebiet unbestraft ist, stützt das Landgericht auf drei von ihm stammende Fingerspuren, die auf der vierten Verpackungslage (Frischhaltefolie) eines der Kokainpakete gesichert werden konn- ten. Weitere verwertbare Spuren wurden bei der Untersuchung der Pakete nicht gefunden; der als Zeuge vernommene M. hatte angegeben, den Angeklagten nicht zu kennen.
8
Das Landgericht ist davon überzeugt, dass der Angeklagte bei der Verpackung des entsprechenden Kokainpakets beteiligt war: Weil sich die Frischhaltefolie wegen ihrer dünnen Qualität nicht zur Wiederverwendung eigne und sonstige Verschmutzungen auf dieser Folie nicht gefunden worden seien, gebe es keine Anhaltspunkte, dass die Frischhaltefolie vor ihrer Verwendung als Rauschgiftverpackung zu anderen Zwecken verwendet worden sei, weshalb ein zufälliges Aufbringen der Fingerabdrücke auf die Folie ausgeschlossen werden könne. Aus der Gleichartigkeit der Verpackung der Drogen zieht die Kammer den Schluss, dass der Angeklagte beim Verpacken aller dreizehn Rauschgiftpäckchen mitgeholfen habe, die aufgrund der Beschriftungen und des identischen Verpackungsaufbaus den Eindruck einer Sammelbestellung machten.

II.


9
1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt der absolute Revisionsgrund der örtlichen Unzuständigkeit nach § 338 Nr. 4 StPO nicht vor. Das Landgericht München II war nach § 7 Abs. 1 StPO für das Verfahren gegen den Angeklagten örtlich zuständig.
10
In dem für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblichen Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens lagen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Angeklagte mit seiner Tätigkeit den Betäubungsmittelhandel von M. unterstützte. Nach der Überzeugung des Landgerichts ist der Transport der verpackten Betäubungsmittel durch den gesondert Verurteilten M. zum Zwe- cke gewinnbringenden Weiterverkaufs die Haupttat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Diese Tat wurde jedenfalls auch im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts München II begangen (§ 7 Abs. 1 StPO), weil M. mit dem Kokain zum Zweck des gewinnbringenden Weiterverkaufs unterwegs war (vgl. auch BGH, Beschluss vom 31. März 2011 - 3 StR 400/10, insoweit in NStZ 2011, 596 nicht abgedr.). An diesem Geschehen hat sich der Angeklagte durch die Verpackung des Kokains beteiligt, denn erst hierdurch war es zum Transport und auch zum Versteck in den Radkästen des Wagens geeignet. Tatort der Beihilfe zum Handeltreiben ist auch der Ort des Handeltreibens (§ 9 Abs. 2 StGB).
11
Der Fall unterscheidet sich damit schon im Ansatz von den Konstellationen , in denen sich Veräußerer und Erwerber von Betäubungsmitteln gegenüberstehen und gegenteilige Interessen verfolgen (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2002 - 2 Ars 164/02, NStZ 2003, 269; vom 31. März 2011 - 3 StR 400/10, insoweit in NStZ 2011, 596 nicht abgedr.; BGH, Urteil vom 30. September 2008 - 5 StR 215/08, NStZ 2009, 221). Soweit die Revision erwägt , der Angeklagte sei alleine auf Seiten etwaiger Veräußerer der Betäubungsmittel tätig geworden, lag dies nach den Umständen des Falls im Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses angesichts der in albanisch geführten Kom- munikation mit dem in den Niederlanden befindlichen Hintermann „R. “ vor dem Hintergrund der albanischen Staatsangehörigkeit des Angeklagten und seines Aufenthalts in den Niederlanden nicht nahe.
12
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
13
Die Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der es sich von der Schuld des Angeklagten überzeugt hat, ist nicht zu beanstanden.
14
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, der sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1957 - 2 StR 508/56, BGHSt 10, 208, 209 ff.; BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 - 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20 f.). Zu seiner Überzeugungsbildung kann es auch allein ein einziges Beweisanzeichen wie etwa einen Fingerabdruck oder eine DNA-Spur heranziehen (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420; BGH, Urteil vom 11. Juni 1952 - 3 StR 229/52). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich soweit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420 mwN).
15
b) Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts gerecht:
16
Der Schluss des Landgerichts von den Fingerabdrücken auf einer Zwischenlage eines Betäubungsmittelpakets auf die Mitwirkung des Angeklagten an der Verpackung des Rauschgifts ist möglich und lebensnah. Aufgrund der Lage der Fingerabdrücke auf der Zwischenlage hat das Landgericht nachvoll- ziehbar ausgeschlossen, dass die Abdrücke auf unverfängliche Weise auf die Folie aufgetragen wurden. Angesichts der Gleichartigkeit der Verpackung konnte das Landgericht auch rechtsfehlerfrei darauf schließen, dass der Angeklagte am Verpacken sämtlicher Kokainpakete beteiligt war. Mit Umständen, die gegen diesen Schluss sprechen (keine weiteren Spuren an den Paketen), hat sich das Landgericht ausdrücklich auseinandergesetzt.
17
c) Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist der Schluss des Landgerichts auf den entsprechenden Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der Mitwirkung am Kokainabsatz. Dass das Kokain zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war und der Angeklagte dies auch erkannte, ergibt sich für das Landgericht aus der Menge und der auf eine Sammelbestellung hinweisenden Art der Verpackung des Rauschgifts.
18
Angesichts der Fertigung dreizehn gleichartig verpackter Kokain-Pakete bedurfte es keiner weiteren Ausführungen zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten von der Haupttat des M. , wozu das Landgericht naturgemäß keine weiteren Anknüpfungstatsachen erheben konnte. Der Gehilfe muss seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung, zumindest für möglich halten und billigen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399). Er braucht hingegen Einzelheiten der Haupttat nicht zu kennen und keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2012 - 3 StR 435/11, wistra 2012, 302), insbesondere wenn sein Tatbeitrag - wie hier - nur zu deliktischen Zwecken verwendet werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 18. April 1996 - 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135, 137 ff.). Da die dreizehn Kokainpäckchen angesichts der Menge an Betäubungsmitteln nur zum gewinnbringenden Weiterverkauf mittels Transport zu etwaigen Käufern be- stimmt sein konnten, liegt es auf der Hand, dass der Angeklagte genau damit rechnete und dies billigend in Kauf nahm. Die Tat des M. hält sich in diesem Rahmen.
19
d) Angesichts der geschilderten Gesamtumstände ist auch die Wertung des Landgerichts rechtsfehlerfrei, dass sich der Angeklagte an der Haupttat des M. beteiligt hat, indem er beim Verpacken des Kokains mitgeholfen hat. Dass eine besonders sichere Verpackung des Rauschgifts gerade zum Verstecken der Pakete in einem Pkw (hier den Radkästen) beiträgt, liegt nahe und bedurfte deshalb keiner weiteren Erörterung. Soweit die Revision vorbringt, es läge näher , dass der Angeklagte auf Seiten der Verkäufer des Kokains an M. und nicht auf Seiten von M. tätig geworden wäre, erschöpft sich das Vorbringen in dem Versuch einer in der Revision unbehelflichen eigenen Beweiswürdigung.
Raum Graf Jäger
Radtke Mosbacher

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Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


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Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

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Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Der Gerichtsstand ist bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen ist.

(2) Wird die Straftat durch den Inhalt einer im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes erschienenen Druckschrift verwirklicht, so ist als das nach Absatz 1 zuständige Gericht nur das Gericht anzusehen, in dessen Bezirk die Druckschrift erschienen ist. Jedoch ist in den Fällen der Beleidigung, sofern die Verfolgung im Wege der Privatklage stattfindet, auch das Gericht, in dessen Bezirk die Druckschrift verbreitet worden ist, zuständig, wenn in diesem Bezirk die beleidigte Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 400/10
vom
31. März 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 31. März 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2010 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, ist unbegründet im Sinne des §349 Abs. 2 StPO. Das Urteil weist weder in verfahrensrechtlicher noch in sachlich-rechtlicher Hinsicht Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Ergänzender Erörterung bedürfen lediglich die erhobenen Verfahrensrügen:
2
1. Die Beanstandung, die auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung nach § 100f StPO aufgezeichneten Angaben des Angeklagten gegenüber der Zeugin E. seien unter Verstoß gegen § 136, § 136a Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 4 StPO sowie unter Verletzung des Gebots des fairen Verfahrens gewonnen worden und hätten deshalb in dem Strafverfahren gegen den Ange- klagten nicht verwertet werden dürfen, ist unbegründet. Der Rüge liegt Folgendes zu Grunde:
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen der Ehemann der Zeugin E. , der rechtskräftig wegen der verfahrensgegenständlichen Betäubungsmitteltat verurteilte H. , und der Angeklagte mit dem gesondert Verfolgten S. überein, diesem für unbekannte Hintermänner 2.500 kg Haschisch für 530 € pro Kilogramm zu liefern. Während H. die persönlichen und telefonischen Verhandlungen mit dem Abnehmer S. führte, hielt sich der Angeklagte, der sich gegenüber H. bereit erklärt hatte, die Betäubungsmittel über spanische Drogenkreise zu beschaffen, im Hintergrund. Zur Ausführung des Geschäfts kam es letztendlich nicht, weil S. die Kontakte zu seinen Hinterleuten verlor.
4
Im Februar/März 2009 belastete H. während der gegen ihn geführten Hauptverhandlung erstmals den Angeklagten, an dem Betäubungsmittelgeschäft beteiligt gewesen zu sein. Seine Ehefrau, die Zeugin E. , erklärte sich daraufhin - aus eigenem Antrieb - gegenüber der Polizei bereit, an der Überführung des ihr vom Sehen her bekannten Angeklagten mitzuwirken, diesen zur Rede zu stellen und das Gespräch heimlich aufzuzeichnen, um ihrem Ehemann die Vergünstigungen des § 31 BtMG zu sichern. Mit Beschluss vom 14. April 2009 ordnete das Amtsgericht Düsseldorf in dem gegen den Angeklagten eingeleiteten Ermittlungsverfahren gemäß § 100f StPO das Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes für zwischen dem Angeklagten und der Zeugin außerhalb von Wohnungen geführte Gespräche an. Noch am selben Tag suchte die Zeugin den nicht inhaftierten Angeklagten auf und befragte ihn u.a. zu der verfahrensgegenständlichen Betäubungsmitteltat. Im Verlauf des Gesprächs belastete sich der Angeklagte selbst im Sinne der vom Landgericht getroffenen Feststellungen. Die Zeugin, die dieses Gespräch mittels von der Polizei ausgehändigter technischer Geräte heimlich aufzeichnete , spiegelte dem Angeklagten wahrheitswidrig vor, ihr Ehemann habe ihr im Rahmen einer unbewachten Unterhaltung in der Justizvollzugsanstalt die Tat und die Tatbeteiligung des Angeklagten geschildert und sie wolle nun vom Angeklagten wissen, ob ihr Ehemann die Wahrheit gesagt oder sie wieder belogen habe. Zudem sicherte sie - ebenfalls wahrheitswidrig - dem Angeklagten zu, das Gespräch vertraulich zu behandeln.
5
Die Überzeugung von der Mittäterschaft des eine Tatbeteiligung bestreitenden Angeklagten hat das Landgericht neben den den Angeklagten belastenden Angaben des Zeugen H. , denen es keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, maßgeblich auf die von der Zeugin gefertigte Gesprächsaufzeichnung gestützt. Der Verwertung dieser Aufzeichnung hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung widersprochen.
6
b) Das Landgericht hat das gemäß § 100f StPO heimlich aufgezeichnete Gespräch zwischen der Zeugin und dem Angeklagten mit Recht seiner Überzeugungsbildung zu Grunde gelegt. Die Erkenntnisse aus dem Gespräch unterlagen keinem Verwertungsverbot. Die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers , die auf der Annahme beruht, die Angaben des Angeklagten seien rechtswidrig erlangt worden, trifft nicht zu. Auf die Erwägungen des Generalbundesanwalts zu dem in der Hauptverhandlung gegen die Verwertung der Aufzeichnung erhobenen Widerspruch kommt es daher nicht an.
7
aa) Die Angaben des Angeklagten gegenüber der Zeugin E. sind nicht unter Verstoß gegen die Belehrungspflichten des § 163a Abs. 4, § 136 Abs. 1 StPO zu Stande gekommen.
8
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind diese Vorschriften auf Befragungen eines Beschuldigten durch Privatpersonen nicht anwendbar. Zum Begriff der Vernehmung im Sinne der StPO gehört vielmehr, dass der Vernehmende der Auskunftsperson in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihr eine Auskunft verlangt. Da die Regelungen nach ihrem Sinn und Zweck den Beschuldigten vor der irrtümlichen Annahme einer Aussagepflicht im Rahmen einer Kraft staatlicher Autorität vorgenommenen Befragung bewahren sollen, sind sie auch dann nicht entsprechend anwendbar, wenn eine "vernehmungsähnliche" Situation durch eine Privatperson , die - wie hier - als Informantin der Polizei tätig wird, hergestellt wird. Aus den gleichen Gründen stellt sich das hier in Rede stehende Vorgehen auch nicht als unzulässige Umgehung des § 163a Abs. 4, § 136 Abs. 1 StPO dar (BGH, Beschluss vom 13. Mai 1996 - GSSt 1/96, BGHSt 42, 139, 145; BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 - 3 StR 104/07, BGHSt 52, 11, 15 f.).
9
bb) Veranlasst eine Privatperson unter Verheimlichung ihres Ermittlungsinteresses einen Tatverdächtigen, mit ihr ein Gespräch über die Tat zu führen, so begründet dies entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch keinen Verstoß gegen die unmittelbar oder entsprechend heranzuziehende Regelung der § 163a Abs. 3, § 136a Abs. 1 StGB.
10
Das vorliegend allein in Betracht kommende Verbot der Täuschung ist bei systematischer Betrachtung der anderen in § 136a Abs. 1 StPO aufgeführten verbotenen Vernehmungsmethoden einschränkend auszulegen (BGH, Beschluss vom 13. Mai 1996 - GSSt 1/96 aaO). Mit der Beeinträchtigung der Willensentschließung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Quälerei oder Hypnose lässt sich die unter wahr- heitswidriger Zusicherung der Vertraulichkeit vorgenommene verdeckte Befragung des Angeklagten durch die Zeugin jedoch nicht vergleichen.
11
cc) Schließlich verstößt nach dem Revisionsvorbringen das von den Ermittlungsbehörden gebilligte Vorgehen der Zeugin auch nicht gegen den Grundsatz, dass niemand gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten ("nemo tenetur se ipsum accusare").
12
Die Selbstbelastungsfreiheit gehört zum Kernbereich des in Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierten Rechts auf ein faires Strafverfahren (EGMR, Urteil vom 5. November 2002 - 48539/99 - Fall Allen v. Großbritannien, StV 2003, 257, 259). Zwar dient das Recht zu schweigen und der Schutz vor Selbstbelastung ohne Rücksicht auf die Art der Straftat (EGMR, Urteil vom 10. März 2009 - 4378/02 - Bykov v. Russland, NJW 2010, 2013) nach der Rechtsprechung des EGMR in erster Linie dazu, den Beschuldigten vor unzulässigem Zwang der Behörde und vor Erlangung von Beweisen durch Methoden des Drucks zu schützen. Der EGMR hat jedoch anerkannt, dass die Freiheit einer verdächtigen Person zu entscheiden, ob sie in Polizeibefragungen aussagen oder schweigen will, auch dann unterlaufen wird, wenn die Behörden in einem Fall, in dem der Beschuldigte, der sich für das Schweigen entschieden hat, eine Täuschung anwenden, um ihm belastende Äußerungen zu entlocken, die sie in der Vernehmung nicht erlangen konnten, damit diese sodann im Prozess als Beweis eingeführt werden können (EGMR, Urteil vom 5. November 2002 - 48539/99 aaO). Ob bei Anwendung einer Täuschung das Schweigerecht in einem solchen Maß beeinträchtigt wurde, dass eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK vorliegt, hängt indes von den Umständen des Einzelfalles ab (EGMR, Urteil vom 5. November 2002 - 48539/99 aaO).
13
So hat der EGMR die Verletzung des Rechts auf Selbstbelastungsfreiheit in einem Fall bejaht, in dem ein inhaftierter Beschuldigter, der sich durchgängig auf sein Schweigerecht berufen hatte, von einem in derselben Zelle einsitzenden , eigens von der Polizei instruierten und vorbereiteten Informanten unter Ausnutzung des entstandenen Vertrauensverhältnisses beharrlich zu dem ihm vorgeworfenen Tötungsdelikt befragt wurde und schließlich der vermeintlichen Vertrauensperson gegenüber selbstbelastende Angaben machte. Der EGMR hat unter diesen Umständen das Vorgehen der Polizei als funktionales Äquivalent einer Vernehmung angesehen, ohne dass die Sicherungen einer formalen Polizeibefragung, wie etwa die übliche Belehrung, gewährleistet waren (EGMR, Urteil vom 5. November 2002 - 48539/99 aaO, S. 260).
14
Bei einer ähnlichen Sachverhaltsgestaltung hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 - 3 StR 104/07, BGHSt 52, 11) ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Erkenntnisse eines Verdeckten Ermittlers wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit angenommen. Auch in diesem Fall wurde der Beschuldigte, obwohl er sich zuvor gegenüber den Ermittlungsbehörden auf sein Schweigerecht berufen hatte, von dem Verdeckten Ermittler unter Hinweis auf ein vorgetäuschtes Vertrauensverhältnis und unter Ausnutzung der den Beschuldigten belastenden Haft in einer vernehmungsähnlichen Situation intensiv zu selbstbelastenden Aussagen zu der ihm vorgeworfenen Tat gedrängt.
15
Demgegenüber hat der EGMR eine Verletzung des Rechts auf Selbstbelastungsfreiheit in einem Fall verneint, in welchem es dem Beschuldigten, der sich weder in Haft befand noch bis dahin polizeilich vernommen worden war, freistand, sich mit dem Informanten der Polizei, der das verdeckt geführte Ge- spräch heimlich aufzeichnete, zu unterhalten (EGMR, Urteil vom 10. März 2009 - 4378/02 - Bykov v. Russland, NJW 2010, 2013, 2015).
16
So liegt der Fall auch hier. Die von der Zeugin aufgezeichneten, den Angeklagten belastenden Angaben sind nach dem Revisionsvorbringen weder durch Zwang noch durch eine psychologischem Druck gleichkommende Täuschung , die eine Verletzung des Rechts des Angeklagten zu schweigen begründen könnte, zu Stande gekommen.
17
Die Revision behauptet schon nicht, dass der Angeklagte vor dem Gespräch mit der Zeugin gegenüber den Ermittlungsbehörden von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat. Anhaltspunkte dafür, dass das vom Angeklagten ausdrücklich ausgeübte Recht zu schweigen durch den Einsatz der Zeugin als Informantin der Polizei gezielt unterlaufen wurde, bestehen daher nicht. Hinzu kommt, dass sich der Angeklagte im Zeitpunkt des Gesprächs mit der Zeugin in Freiheit befand. Selbst unter Berücksichtigung ihrer wahrheitswidrigen Angaben ergibt das Revisionsvorbringen deshalb nicht, dass sich der Angeklagte den drängenden Fragen der Zeugin, mit der ihn keine engere Beziehung verband, nicht hätte entziehen können. Unter diesen Umständen liegt es fern, dass eine psychologischem Druck gleichkommende Situation den Angeklagten zu den sich selbst belastenden Angaben veranlasst hat.
18
Zudem wiegt das Vorgehen der Ermittlungsbehörden hier deshalb weniger schwer, weil sich die Zeugin von sich aus der Polizei als Informantin zur Verfügung gestellt hat, von dieser weder instruiert noch angeleitet, sondern nur mit technischen Mitteln zur Aufzeichnung des Gesprächs ausgestattet worden ist. Mit Blick auf die Anforderungen, die an ein faires Verfahren zu stellen sind, ist ferner zu berücksichtigen, dass die Gesprächsaufzeichnung zwar das maß- gebliche, aber nicht das einzige Beweismittel gewesen ist, auf das das Landgericht seine Überzeugung für die Mittäterschaft des Angeklagten gestützt hat. Schließlich hatte der Angeklagte in der Hauptverhandlung auch Gelegenheit, der Verwertung dieses Beweismittels zu widersprechen und nahm diese Möglichkeit auch in Anspruch.
19
2. Die Rüge, das Gericht habe seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen (§ 338 Nr. 4 i.V.m. §§ 7 ff. StPO), greift im Ergebnis ebenfalls nicht durch.
20
a) Allerdings geht die vom Landgericht in dem den Zuständigkeitseinwand zurückweisenden Beschluss geäußerte und vom Generalbundesanwalt geteilte Auffassung fehl, der Erfolg der tatbestandlichen Handlung des Zeugen H. sei in Düsseldorf eingetreten, weil sich der potentielle Abnehmer der Betäubungsmittel in Düsseldorf aufgehalten habe, als H. mit ihm telefonisch das Betäubungsmittelgeschäft verabredet habe.
21
Die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts ergibt sich im vorliegenden Fall nicht aus § 7 Abs. 1 StPO, § 9 Abs. 1 3. Var. StGB, da in Düsseldorf kein zum Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gehörender Erfolg eingetreten ist. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist ein Tätigkeits- und kein Erfolgsdelikt. Für die Frage, ob der Gerichtsstand des Tatorts gemäß § 7 Abs. 1 StPO i.V.m. § 9 Abs. 1 StGB begründet ist, ist hier deshalb allein auf den Handlungsort abzustellen (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2002 - 2 ARs 77/02, NJW 2002, 3486).
22
b) Zwar ist im Falle der Mittäterschaft die Tat an jedem Ort begangen, an dem auch einer der Mittäter gehandelt hat (BGH, Urteil vom 4. Dezember 1992 - 2 StR 442/92, BGHSt 39, 88). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt sich aber das Zusammenwirken von Veräußerer und Erwerber von Betäubungsmitteln nicht als Mittäterschaft, sondern jeweils als selbständige Täterschaft dar, weil sich beide als Geschäftspartner gegenüberstehen und gegensätzliche Interessen verfolgen, so dass ihr Zusammenwirken allein durch die Art der Deliktsverwirklichung vorgegeben ist (BGH, Urteil vom 30. September 2008 - 5 StR 215/08, NStZ 2009, 221). Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf kann deshalb für den gemeinschaftlich mit dem Zeugen H. auf Veräußererseite handelnden Angeklagten auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Erwerber der Betäubungsmittel in Düsseldorf eine auf die Verwirklichung der Tat gerichtete Handlung vorgenommen hat.
23
c) Das Landgericht Düsseldorf war aber gemäß § 7 Abs. 1 StPO, § 9 Abs. 1 1. Var. StGB örtlich zuständig, weil auch ein Handlungsort des Mittäters des Angeklagten im Bezirk des erkennenden Gerichts lag.
24
In dem für die Beurteilung der Zuständigkeitsbestimmung maßgeblichen Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 338 Rn. 31) bestanden - worauf das Landgericht in zweiter Linie abgestellt hat - hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zeuge H. mit dem potentiellen Abnehmer des Rauschgifts zumindest einmal in Düsseldorf getroffen und dort auch Gespräche über das Betäubungsmittelgeschäft geführt hatte (SA Bl. 146 ff. und Bl. 168 ff.). Damit lagen bei Eröffnung des Hauptverfahrens zumindest hinreichend sichere Tatsachen dafür vor, dass der Mittäter des Angeklagten jedenfalls im Versuchsstadium des Delikts - was für die Zuständigkeitsbegründung ausreichend ist (BGH, Urteil vom 4. Dezember 1992 - 2 StR 442/92, BGHSt 39, 88) - im Bezirk des erkennenden Gerichts eine auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Tätigkeit entfaltet hat. Damit war auch für den Angeklagten die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf begründet.
25
3. Die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 i.V.m. § 24 StPO ist unzulässig , weil die Revision den Inhalt der dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter nicht mitteilt (Meyer-Goßner aaO, § 338 Rn. 29 mwN).
26
4. Der Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 1 StPO i.V.m. § 76 Abs. 2 GVG bleibt der Erfolg schon deshalb versagt, weil in der Hauptverhandlung ein auf die Verletzung des § 76 Abs. 2 GVG gestützter Besetzungseinwand nach § 222b StPO nicht erhoben worden ist (Meyer-Goßner aaO, § 222b Rn. 3a und

7).


Becker Sost-Scheible RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer Mayer

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 400/10
vom
4. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. August 2010 beschlossen:
Der Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofes vom 31. März 2011 wird wegen eines offensichtlichen Schreibfehlers dahingehend berichtigt, dass es auf Seite 5 Rn. 9 statt "§ 163a Abs. 3, § 136a Abs. 1 StGB" richtig lauten muss "§ 163a Abs. 3, § 136a Abs. 1 StPO.
Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 247/12
vom
21. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung am 21. März 2013,
an der teilgenommen haben:
Präsident des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Tolksdorf
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 2. März 2012 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafen aus drei früheren Urteilen und Auflösung dort gebildeter Gesamtstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
2
I. Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Der Angeklagte suchte am Morgen des 6. Mai 2009 einen Autohandel in Duisburg auf, um dessen Inhaber T. unter Verwendung eines Elektroschockgeräts zu berauben. Während vermeintlicher Verkaufsverhandlungen ging der Angeklagte auf den halb abgewandt stehenden T. zu und führte das eingeschaltete Elektroschockgerät in dessen Richtung. Da der Angegriffene sich wehrte, versetzte ihm der Angeklagte im Rahmen eines Kampfes schließlich Kniestöße ins Gesicht, die zu Frakturen des Nasenbeins sowie der Nasenhöhle führten und den Geschädigten kampfunfähig machten. Der Angeklagte entnahm sodann aus dessen Hosentaschen 3.600 €. Zudem nahm er die Jacke des Opfers an sich, in der sich ein Portemonnaie mit Bargeld befand.
4
Der Angeklagte hat sich zum Tatvorwurf nicht eingelassen. Zu seiner Täterschaft hat das Landgericht im Urteil ausgeführt, dass diese sich aus den DNA-Spuren ergebe, die an der Nylonschlaufe und der Batterie des vom Täter mitgebrachten Elektroschockgeräts sowie an einem vom Täter berührten Autoschlüssel festgestellt worden seien. Nach näherer Darstellung der jeweils acht untersuchten Merkmalsysteme hat die Strafkammer den Schluss gezogen, dass der Angeklagte der Spurenverursacher gewesen sei, da das für ihn bestimmte DNA-Identifizierungsmuster statistisch unter mehr als zehn Milliarden Personen kein zweites Mal vorkomme.
5
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf, dass das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten allein auf die Übereinstimmung von DNA-Merkmalen gestützt hat.
6
Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatgericht übertragen (§ 261 StPO), das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat. Dazu kann es zu seiner Überzeugungsbildung auch allein ein Beweisanzeichen heranziehen (vgl. hinsichtlich Fingerabdrücken bereits BGH, Urteil vom 11. Juni 1952 - 3 StR 229/52, juris Rn. 4 ff.; zu Schriftsachverständigengutachten BGH, Beschluss vom 24. Juni 1982 - 4 StR 183/82, NJW 1982, 2882, 2883). Das Revisionsgericht ist demgegenüber auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder sich so weit von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass die gezogenen Schlussfolgerungen sich letztlich als reine Vermutungen erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 6. Dezember 2007 - 3 StR 342/07, NStZ-RR 2008, 146, 147 mwN; vom 26. Juli 1990 - 4 StR 301/90, BGHR StGB § 306 Beweiswürdigung 3 mwN). Dabei gehören von gesicherten Tatsachenfeststellungen ausgehende statistische Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu den Mitteln der logischen Schlussfolgerung, welche dem Tatrichter grundsätzlich ebenso offenstehen wie andere mathematische Methoden (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1989 - 4 StR 419/89, BGHSt 36, 320, 325). Nach diesen Prüfungsmaßstäben ist die Beweiswürdigung nicht zu beanstanden.
7
1. Die hier festgestellte Übereinstimmung zwischen den Allelen des Angeklagten und auf Tatortspuren festgestellten Allelen in den acht untersuchten Systemen bietet angesichts der statistischen Häufigkeit des beim Angeklagten gegebenen DNA-Identifizierungsmusters eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Überzeugungsbildung des Tatgerichts.
8
Dabei ist davon auszugehen, dass es sich bei der Merkmalswahrscheinlichkeit (oder Identitätswahrscheinlichkeit) lediglich um einen statistischen Wert handelt. Dieser gibt keine empirische Auskunft darüber, wie viele Menschen tatsächlich eine identische Merkmalkombination aufweisen, sondern sagt lediglich etwas dazu aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit aufgrund statistischer, von einer beschränkten Datenbasis ausgehender Berechnungen zu erwarten ist, dass eine weitere Person die gleiche Merkmalkombination aufweist. Diese Wahrscheinlichkeit lässt sich für die Bewertung einer festgestellten Merkmalsübereinstimmung heranziehen. Je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass zufällig eine andere Person identische Merkmale aufweist, desto höher kann das Tatgericht den Beweiswert einer Übereinstimmung einordnen und sich - gegebenenfalls allein aufgrund der Übereinstimmung - von der Täterschaft überzeugen (vgl. einerseits BGH, Urteil vom 12. August 1992 - 5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 324: Wahrscheinlichkeit von 1 : 6.937 reicht allein zum Nachweis der Täterschaft nicht aus; andererseits BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 - 1 StR 722/08, NJW 2009, 1159: Seltenheitswert im Millionenbereich, im konkreten Fall 1 : 256 Billiarden, kann ausreichen; vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; zur Vaterschaftsfeststellung BGH, Urteil vom 12. Januar 1994 - XII ZR 155/92, NJW 1994, 1348, 1349).
9
Dass sich auch bei einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit (selbst im Milliarden - oder Billionenbereich) wegen der statistischen Herangehensweise die Spurenverursachung durch eine andere Person niemals völlig ausschließen lässt, hindert das Tatgericht nicht daran, seine Überzeugungsbildung gegebenenfalls allein auf die DNA-Spur zu stützen; denn eine mathematische, jede andere Möglichkeit ausschließende Gewissheit ist für die Überzeugungsbildung nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - VI ZR 132/10, juris Rn. 8; Urteil vom 20. September 2011 - 1 StR 120/11, NStZ-RR 2012, 72, 73 mwN). Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Ob sich das Tatgericht allein aufgrund einer Merkmalübereinstimmung mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit von der Täterschaft zu überzeugen vermag, ist mithin vorrangig - wie die Beweiswürdigung ansonsten auch - ihm selbst überlassen (vgl. allgemein zur Bewertung des Beweiswerts einer DNA-Analyse durch das Tatgericht BVerfG, Beschluss vom 18. September 1995 - 2 BvR 103/92, NJW 1996, 771, 773 mwN; weitergehend zum Beweiswert BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2000 - 2 BvR 1741/99 u.a., BVerfGE 103, 21, 32). Im Einzelfall kann es revisionsrechtlich sowohl hinzunehmen sein, dass sich das Tatgericht eine entsprechende Überzeugung bildet, als auch, dass es sich dazu aufgrund vernünftiger Zweifel nicht in der Lage sieht.
10
Dem stehen die Urteile des 5. Strafsenats vom 21. August 1990 (5 StR 145/90, BGHSt 37, 157, 159) und 12. August 1992 (5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 322 ff.) nicht entgegen. Zum einen gingen die Entscheidungen insbesondere hinsichtlich der Anzahl der (damals lediglich drei) untersuchten Merkmale und des Stands der Untersuchungsabläufe von anderen Grundlagen aus. Zum anderen ist ihnen kein allgemeiner Rechtssatz zu entnehmen, dass das Ergebnis einer DNA-Analyse niemals allein zur Überzeugungsbildung von der Täterschaft ausreichen könne. Vielmehr weisen die Urteile darauf hin, dass einem Analyseergebnis kein unumstößlicher Beweiswert zukomme, der eine Gesamtschau der gegebenenfalls weiter vorhandenen be- und entlastenden Indizien entbehrlich mache. Dass dem Tatgericht generell versagt ist, dem als bedeutsames Indiz zu wertenden Untersuchungsergebnis die maßgebliche oder alleinige Bedeutung bei der Überzeugungsbildung beizumessen, ergibt sich daraus nicht. Hiervon ist auch der Senat in einer früheren Entscheidung (BGH, Beschluss vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 21) nicht ausgegangen. Vielmehr hat er im Anschluss an die vorgenannte Rechtsprechung hervorgehoben, dass das Ergebnis eines DNAVergleichsgutachtens lediglich ein Indiz darstelle, das jedoch hinsichtlich der Spurenverursachung keinen zwingenden Schluss erlaube. Dies allein hindert indes das Tatgericht nicht, aus dem Ergebnis einen möglichen Schluss auf die Spurenverursachung und die Täterschaft zu ziehen.
11
2. Das Landgericht hat die Grundlagen zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit in einer Weise dargelegt, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung der Berechnung auf ihre Plausibilität ermöglicht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 21 mwN). Dazu sind in den Urteilsgründen tabellarisch die acht untersuchten Merkmalsysteme und die Anzahl der Wiederholungen im Einzelnen aufgeführt worden. Der Senat sieht insofern - auch zur Klarstellung und Präzisierung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, aaO; vom 3. Mai 2012 - 3 StR 46/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 23; vom 15. Mai 2012 - 3 StR 164/12) - Anlass zu dem Hinweis, dass eine solche umfangreiche Darstellung grundsätzlich nicht erforderlich ist.
12
Das Tatgericht hat in den Fällen, in dem es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291, 296 f.; vom 21. September 2004 - 3 StR 333/04, NStZ 2005, 326). Dabei dürfen die Anforderungen , welche das Tatgericht an das Gutachten zu stellen hat, nicht mit den sachlichrechtlichen Anforderungen an den Inhalt der Urteilsgründe gleichgesetzt werden. Mögliche Fehlerquellen sind nur zu erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, aaO, 297 f.). Dies beeinträchtigt die Rechtsposition des Angeklagten nicht, da er etwaige Fehler des Sachverständigengutachtens sowohl in der Hauptverhandlung als auch mit der Verfahrensrüge im Revisionsverfahren geltend machen kann.
13
Danach reicht es für das Revisionsgericht zur Überprüfung, ob das Ergebnis einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist, im Regelfall aus, wenn das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob diese unabhängig voneinander vererbbar sind (und mithin die Produktregel anwendbar ist), ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalkombination zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; vom 7. November 2012 - 5 StR 517/12, NStZ 2013, 179; zu ggf. geringeren Anforderungen bei einer Vielzahl weiterer gewichtiger Indizien BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180). Sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ist zudem darzulegen, inwieweit dies bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war.
14
3. Die weitere Darstellung der Beweiswürdigung ist hier nicht lückenhaft, auch wenn die Urteilsgründe keine ausdrückliche Gesamtwürdigung aller beweiserheblichen Umstände enthalten. Zwar hat das Tatgericht zu beachten, dass die (durch eine DNA-Analyse ermittelte) hohe Wahrscheinlichkeit einer Spurenverursachung durch den Angeklagten eine Würdigung aller Beweisumstände gerade mit Blick auf die bloß statistische Aussagekraft nicht überflüssig macht (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, NStZ 1994, 554, 555; vom 12. August 1992 - 5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 324; zur Vaterschaftsfeststellung BGH, Urteil vom 3. Mai 2006 - XII ZR 195/03, BGHZ 168, 79, 82 f.). Allerdings hängt das Maß der gebotenen Darlegung in den Urteilsgründen von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalles ab; dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt (etwa BGH, Urteil vom 16. März 2004 - 5 StR 490/03, juris Rn. 11). Nach den konkreten Umständen sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, welche den Beweiswert der Merkmalübereinstim- mung schmälern oder allgemein gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechen könnten und daher in der Beweiswürdigung näher zu erörtern gewesen wären.
15
4. Schließlich hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen den DNA-Spuren und der Tat ausreichend dargelegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; vom 23. Oktober 2012 - 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180).
PräsBGH Prof. Dr. Tolksdorf Pfister Schäfer ist urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehindert. Pfister Mayer Gericke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 420/10
vom
20. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Begünstigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. Januar 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Mai 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Betrug schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Begünstigung zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, die die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, führt auf die Sachrüge zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Schuldspruch hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat sich der Angeklagte als Gehilfe an der Vor- tat beteiligt, so dass er nicht wegen Begünstigung bestraft werden kann (§ 257 Abs. 3 Satz 1 StGB). Im Einzelnen:
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte sich der rechtskräftig wegen Betrugs verurteilte Haupttäter K. dazu entschlossen, rechtswidrige Einkünfte zum Nachteil des Telefonnetzanbieters M. zu erzielen. Dazu veranlasste er einen Mittäter, unter Verwendung falscher Personalien die Firma S. zu gründen, die sodann im März 2004 mit der M. einen sog. "Voice-Reseller-Vertrag" über einen lediglich geringfügigen Bezug von Telefonnetzkapazitäten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 € abschloss. Wie K. von Anfang an beabsichtigte, sollte zu einem späteren Zeitpunkt mit technischer Hilfe eines eingeweihten Mitarbeiters von M. der Bezug von Telefonnetzkapazitäten innerhalb kurzer Zeit deutlich über den vertraglich vereinbarten Umfang hinaus erhöht und die so (vertragswidrig) erlangten Netzkapazitäten - noch bevor die M. dies durch Sperrung des Zugangs verhindern konnte - über die von K. beherrschte Firma Mo. an andere Telekommunikationsanbieter veräußert werden. Die Forderungen der M. wollte K. nicht erfüllen; die mit dem Verkauf der erhöhten Netzkapazitäten erzielten Erlöse sollten vielmehr in vollem Umfang ihm zufließen.
4
a) Der Angeklagte erklärte sich in der Folgezeit, jedenfalls vor April 2005, damit einverstanden, dass zur Verschleierung der Verbindung zwischen S. und Mo. eine weitere Schnittstelle der vom Angeklagten beherrschten Firma T. zwischen denjenigen von S. und Mo. eingerichtet und - um dem Haupttäter die aus der Veräußerung der Telefonkapazitäten gezogenen finanziellen Vorteile (endgültig) zu verschaffen - Scheinrechnungen von S. an T. und von T. an Mo. gestellt sowie die bei T. daraufhin eingehenden Gelder an K. weitergeleitet werden. Als Entgelt für diese Tätigkeiten sollte der Angeklagte einen Anteil in Höhe von 2,3% der Rechnungsbeträge erhalten. Ohne nähere Hintergründe und Einzelheiten des Vorgehens zu kennen, ging der Angeklagte zutreffend davon aus, dass durch die Einbindung der T. der tatsächliche Weg der Weiterleitung der Leitungskapazitäten sowie die Zahlungswege verschleiert werden sollten, um die Rückverfolgung zu Mo. zu erschweren und es dieser zu ermöglichen, die Kapazitäten zu verwerten, ohne von M. in Anspruch genommen zu werden. Dabei hielt der Angeklagte es jedenfalls für wahrscheinlich, dass der Leistungserbringer durch täuschende oder in sonstiger Weise strafbare Einflussnahme zur Freigabe der Leitungskapazitäten veranlasst und dass das hierfür zu entrichtende Entgelt nicht bezahlt werden würde.
5
b) Ab April 2005 wurde sodann plangemäß der Bezug von Telefonkapazitäten mit Hilfe eines beteiligten Mitarbeiters von M. deutlich erhöht, so dass S. im April 2005 Telefonnetzkapazitäten im Gegenwert von 652.562 €, im Mai 2005 von 820.243 € und vom 1. bis 24. Juni 2005 von 830.119 € (gesamt: 2.302.924 €) bezog. Der durch das Forderungsmanagement von M. deswegen gestellten Forderung weiterer Sicherheiten kam K. durch die Übersendung zweier gefälschter Bürgschaften am 22. April 2005 in Höhe von 200.000 € und am 19. Mai 2005 in Höhe von 600.000 € zum Schein nach, weshalb M. täuschungsbedingt zunächst davon absah, den weiterhin erhöhten Bezug von Telefonkapazitäten zu unterbinden. Erst als das Forderungsmanagement von M. erkannte, dass die Bürgschaften gefälscht waren, beendete es am 24. Juni 2005 die Bezugsmöglichkeit von Netzkapazitäten durch S. .
6
Die abgerufenen Telefonkapazitäten gab der Angeklagte über die - mit seiner Kenntnis und Billigung eingerichtete - Schnittstelle der T. an die Firma Mo. weiter, die sie an andere Telekommunikationsanbieter ver-äußerte.
Die vom Angeklagten in diesem Zusammenhang plangemäß erstellten Rechnungen der T. an Mo. in Höhe von 451.334,93 € für April 2005, von 651.816,98 € für Mai 2005 und von 613.434,57 € für Juni 2005 wurden von Mo. beglichen. Diese Geldbeträge wurden vom Angeklagten bzw. von dessen Mitarbeitern aber nicht an S. - und sodann an M. - , sondern - wiederum tatplangemäß - ausschließlich an K. weitergeleitet.
7
c) Das Landgericht hat das Geschehen als gemeinschaftlichen Betrug des K. und seiner Mittäter zum Nachteil von M. gewürdigt. Dem Tatentschluss folgend, Netzkapazitäten zu erlangen und die Rechnungsbeträge nach einer Anlaufzeit schuldig zu bleiben, hätten die Vortäter die M. über die Absicht getäuscht, nur Netzkapazitäten im vereinbarten Umfang abzurufen und die erhaltenen Leistungen auch zu bezahlen. Eine weitere - für einen Teil der empfangenen Leistungen ursächliche - Täuschungshandlung habe in der Vorlage der gefälschten Bürgschaftsurkunden bei dem Forderungsmanagement der M. gelegen. Hierdurch sei diese veranlasst worden, die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Netzkapazitäten nicht unverzüglich zu beenden. Dadurch sei der M. ein Vermögensschaden in Höhe von 2.302.924 € entstanden.
8
Die Mitwirkung des Angeklagten hat das Landgericht als Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) gewürdigt. Als Tathandlung sah die Strafkammer die Zusage , mit der zwischengeschalteten T. als "Puffer" zur Verfügung zu stehen , das Einverständnis mit der Weiterleitung der Netzkapazitäten über eine Schnittstelle der T. sowie die Erstellung der Rechnungen an. § 257 Abs. 3 Satz 1 StGB stehe einer Bestrafung wegen Begünstigung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte mangels eines hinreichend bestimmten Gehilfenvorsatzes in Bezug auf die Haupttat nicht der Beihilfe zum Betrug schuldig gemacht habe.
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2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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a) Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht allerdings von einem Betrug als Vor- bzw. Haupttat aus, da jedenfalls die Entscheidung der Verantwortlichen bei M. , den weiteren Bezug von Telefonkapazitäten ab dem 22. April 2005 nicht zu unterbinden, eine durch die Übersendung der gefälschten Bürgschaftsurkunde veranlasste, irrtumsbedingte Vermögensverfügung auf Seiten der Geschädigten darstellt.
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Rechtsfehlerfrei bejaht das Landgericht auch den objektiven Gehilfenbeitrag des Angeklagten, nämlich die zusagegemäße Weiterleitung von Telefonkapazitäten von S. an Mo. sowie das planmäßige Erstellen von Rechnungen im Namen der Firma T. an Mo. . Dass das Landgericht auch die Weiterleitung der aus der Veräußerung von Telefonkapazitäten erzielten Erlöse von Mo. über T. an K. festgestellt und als Teil der Gehilfen- bzw. Begünstigungshandlung gewürdigt hat, obwohl dieses Geschehen vom Anklagesatz nicht umfasst war, schadet im Ergebnis nicht; denn die vom Anklagesatz bezeichneten Teile des Geschehens stellen einen für die Bejahung eines Beihilfebeitrages ausreichenden Anknüpfungspunkt dar.
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b) Allerdings überspannt das Landgericht die an den Gehilfenvorsatz zu stellenden Anforderungen, so dass es zu Unrecht eine Beihilfe des Angeklagten zum Betrug verneint hat. Im Einzelnen:
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aa) In subjektiver Hinsicht genügt für eine Strafbarkeit als Gehilfe bedingter Vorsatz, d.h. der Gehilfe muss seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung , zumindest für möglich halten und billigen (BGH, Urteil vom 12. September 1984 - 3 StR 245/84, StV 1985, 100; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 15 Rn. 9b je- weils mwN). Einzelheiten der Haupttat braucht der Gehilfe hingegen nicht zu kennen und auch keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 7).
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bb) Danach sind hier die Voraussetzungen für das Vorliegen des Gehilfenvorsatzes festgestellt. Der Angeklagte hielt es für wahrscheinlich, dass der Leistungserbringer (M. ) durch täuschende oder in sonstiger Weise strafbare Einflussnahme ohne Bezahlung des hierfür zu entrichtenden Entgelts zur Freigabe von Leitungskapazitäten veranlasst werden sollte. Er billigte dies und war sich auch bewusst, dass es mit Hilfe seines Beitrags zur Vollendung des Delikts der Haupttäter kommen wird. Dass der Angeklagte auch eine andere, ebenfalls strafbare Erlangung der Telefonkapazitäten für möglich hielt, steht einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Betrug nicht entgegen; selbst eine ausschließlich andere rechtliche Einordnung der Haupttat - etwa als Untreue - wäre unschädlich , sofern es sich nicht um eine grundsätzlich andere Tat handelt (BGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 7; BGH, Urteil vom 12. November 1957 - 5 StR 505/57, BGHSt 11, 66, 67).
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c) Da sich der Angeklagte wegen der Beteiligung an der Vortat des Betrugs durch K. und dessen Mittäter strafbar gemacht hat, scheidet eine Bestrafung wegen Begünstigung (schon) von Gesetzes wegen aus (§ 257 Abs. 3 Satz 1 StGB).
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3. Ungeachtet dessen begegnet der Schuldspruch aber auch sonst rechtlichen Bedenken.
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a) Soweit das Landgericht in Bezug auf die durch die Begünstigungshandlungen zu sichernden Vorteile auf die Weiterleitung der Telefonkapazitäten abstellt, diente diese dazu, den Haupttäter überhaupt erst in den Besitz der Vorteile zu bringen. Damit handelte der Angeklagte aber nicht in der von § 257 Abs. 1 StGB geforderten Absicht, dem Vortäter den bereits erlangten Vorteil vor dem Zugriff des Geschädigten oder des Staates zu sichern, da es hierzu erforderlich ist, dass der Vorteil im Augenblick der Hilfeleistung - bereits oder noch - beim Vortäter vorhanden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 1993 - 3 StR 458/93, NStZ 1994, 187; NK-StGB-Altenhain, 3. Aufl., § 257 Rn. 17 mwN).
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b) Soweit das Landgericht daneben als Begünstigungshandlungen des Angeklagten auf die Erstellung der Scheinrechnungen sowie die Entgegennahme und Weiterleitung von Zahlungen abhebt, diente dies dem Ziel, dem Haupttäter das von der Firma Mo. durch die Veräußerung der Telefonkapazitäten erlöste Geld zu verschaffen. Diese Vorteile rührten indes nicht mehr unmittelbar aus der rechtswidrigen Vortat her, sondern stellten lediglich ein durch Veräußerung erzieltes, gegenüber dem ursprünglich Erlangten nicht stoffgleiches Surrogat dar, dessen Sicherung nicht vom Schutzzweck des § 257 Abs. 1 StGB erfasst ist (BGH, Beschluss vom 29. April 2008 - 4 StR 148/08, NStZ 2008, 516; Urteil vom 27. August 1986 - 3 StR 256/86, NStZ 1987, 22; S/S - Stree/Hecker, StGB, 28. Aufl., § 257 Rn. 18; Cramer in MünchKomm StGB, § 257 Rn. 11).
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4. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tat des Angeklagten führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte bereits vom Landgericht darauf hingewiesen worden ist, dass seine Tat als Beihilfe zum Betrug zu bewerten sein könnte.
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5. Der Strafausspruch bleibt hiervon unberührt. Zwar führt die Änderung des Schuldspruchs zu einer Reduzierung der Obergrenze des zur Verfügung stehenden Strafrahmens von fünf Jahren bei der Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) auf drei Jahre und neun Monate bei der Beihilfe zum Betrug (§ 263 Abs. 1, § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB). Da sich die Kammer bei der Strafzumessung an der unteren Grenze des Strafrahmens orientiert hat und das Gesamtunrecht der Beihilfe zum Betrug im Vergleich zur Begünstigung jedenfalls nicht niedriger ist, kann der Senat indes ausschließen, dass das Landgericht auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
Becker von Lienen Hubert Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 435/11
vom
28. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beilhilfe zum Computerbetrug u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 28. Februar 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 29. März 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte E. wegen Beihilfe zum Computerbetrug in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen den Angeklagten V. hat es wegen Beihilfe zum Computerbetrug in zwei Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten erkannt, deren Vollstreckung es ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat. Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts geltend machen, haben Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch hat keinen Bestand, weil die Feststellungen des Landgerichts seine Annahme, beide Angeklagten hätten mit Gehilfenvorsatz gehandelt, nicht tragen.
3
a) Nach den Urteilsgründen leisteten die Angeklagten in unterschiedlichem Umfang durch das Bereitstellen von Bankkonten, durch Weiterüberweisung und die Abhebung eingegangener Geldbeträge Beihilfe zum Computerbetrug zum Nachteil von Online-Banking-Nutzern durch sogenanntes "Phishing". Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht festgestellt, den Angeklagten sei bewusst gewesen, "dass die Zahlungseingänge einen illegalen Hintergrund hatten". Die Angeklagte E. habe zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt , da "sie bewusst in Kauf genommen" habe, "jedwede, den Umständen nach nicht fernliegende Art von Vermögensdelikten, insbesondere auch Delikte des Computerbetrugs durch ihr Verhalten zu unterstützen". Ebenso habe der Angeklagte V. den subjektiven Tatbestand der Beihilfe zum Computerbetrug erfüllt. Auch wenn er Einzelheiten dazu, wie die Gelder auf die Konten gelangt seien, nicht "konkret" gekannt habe, sei ihm doch bewusst gewesen, dass es sich um etwas "Illegales" gehandelt habe. Er habe dies nicht weiter hinterfragt und damit "bewusst in Kauf genommen, irgendeine, nicht fernliegende Art von Vermögensdelikten, darunter auch einen etwaigen Computerbetrug, durch sein Verhalten zu unterstützen".
4
b) Damit ist der Gehilfenvorsatz der Angeklagten nicht belegt. Zwar braucht der Gehilfe Einzelheiten der Haupttat nicht zu kennen und keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400; Urteil vom 18. April 1996 - 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135, 137). Eine andere rechtliche Einordnung der Tat ist für den Gehilfenvorsatz unschädlich, sofern die vorgestellte Haupttat in ihrem Unrechtsgehalt von der tatsächlich begangenen nicht gänzlich abweicht (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 27 Rn. 22). Allerdings muss der Gehilfe seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen. Dieses Mindestmaß einer Konkretisierung des Gehilfenvorsatzes hat das Landgericht nicht festgestellt. Dass die Angeklagten "jedwedes" oder "irgendein" Vermögensdelikt fördern wollten, reicht nicht aus.
5
c) Eine Änderung des Schuldspruchs in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO kommt aufgrund der unzureichenden Feststellungen, die ihrerseits der Aufhebung unterliegen (§ 353 Abs. 2 StPO), nicht in Betracht. Im Übrigen schließt der Senat nicht aus, dass ein neuer Tatrichter weitergehende Feststellungen zur Frage des Gehilfenvorsatzes treffen kann.
6
2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
7
a) Der neue Tatrichter wird bei der Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten zu berücksichtigen haben, dass Beihilfe nur bis zur materiellen Beendigung der Haupttat, also bis zur endgültigen Sicherung ihres Erfolges, möglich ist. Danach kommt nach Maßgabe des § 257 Abs. 3 StGB eine Strafbarkeit wegen Begünstigung in Betracht. Von einer materiellen Beendigung solcher Taten des Computerbetruges, bei denen aufgrund einer Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs Geldbeträge von Konten der Geschädigten auf Empfängerkonten geleitet werden, ist auszugehen, sobald entweder das überwiesene Geld vom Empfängerkonto abgehoben oder auf ein zweites Konto weiterüberwiesen worden ist.
8
b) Bei der Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses der der Angeklagten E. zur Last gelegten Taten wird der neue Tatrichter zu beachten haben , dass die Förderung mehrerer rechtlich selbständiger Taten durch eine Beihilfehandlung nur als eine Beihilfe im Rechtssinne zu werten ist. Leistet der Gehilfe allerdings nicht nur durch eine Beihilfehandlung zu verschiedenen Haupttaten, sondern zusätzlich zu jeder Haupttat noch durch weitere selbstän- dige Unterstützungshandlungen Hilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB, so stehen die Beihilfehandlungen für jede Haupttat im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Konkurrenzen 1; Beschluss vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, BGHR AO § 370 Abs. 1 Beihilfe 8). Sollte der neue Tatrichter daher feststellen, dass die Angeklagte E. nicht nur im Sinne einer Beihilfehandlung für mehrere Haupttaten Konten zur Verfügung gestellt oder einen Dritten als Empfänger von durch Computerbetrug erlangter Überweisungen gewonnen, sondern im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Haupttat durch das Abheben von Geldern vom ersten Empfängerkonto Hilfe geleistet hätte, hätte er auf dieser Grundlage von mehreren Beihilfetaten im Sinne des § 53 StGB auszugehen.
Becker Hubert Schäfer Mayer Menges