Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - 1 StR 378/11

bei uns veröffentlicht am22.02.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 378/11
vom
22. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Diebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Februar 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten J. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten P. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten P. gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 13. April 2011 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten J. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzugs mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben
a) in den Fällen II B 8, 10, 11, 13, 15, 19, 20, 23, 29 der Urteilsgründe unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum äußeren Sachverhalt;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Die in Leipzig wohnenden Angeklagten finanzierten Lebensunterhalt und Drogenkonsum durch Einbrüche, vor allem in Pfarrhäuser, aber auch Zahnarztpraxen und andere Objekte in oft kleineren Orten vorwiegend in Oberfranken. Der Angeklagte P. steuerte den PKW zum Tatort und stand Schmiere, der Angeklagte J. drang in die Häuser ein. Beide wurden wegen Diebstahls in 15 Fällen - meist in Tateinheit mit Sachbeschädigung -, versuchten Diebstahls in sechs Fällen sowie - im Zusammenhang mit entwendeten EC- und Kreditkarten - Computerbetrugs in 18 Fällen und versuchten Computerbetrugs in drei Fällen verurteilt, P. zu zwei Jahren und sieben Monaten, der erheblich vorbestrafte J. zu vier Jahren und neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe. J. wurde bei Anordnung eines Vorwegvollzugs von zwei Jahren und neun Monaten Strafe auch in einer Entziehungsanstalt untergebracht.
2
Während die Revision des Angeklagten P. erfolglos bleibt (A.), hat die auf die Dauer des Vorwegvollzugs beschränkte Revision des Angeklagten J. ebenso Erfolg (B.) wie die der Staatsanwaltschaft, die in den angefochtenen Fällen eine Verurteilung wegen (versuchten) Wohnungseinbruchdiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) anstrebt (C.).

A.

3
Revision des Angeklagten P. :
4
I. Zum Schuldspruch:
5
1. Zweimal wurden zwei erbeutete Karten jeweils fast zeitgleich eingesetzt. Offenbar haben die Angeklagten jeweils gleichzeitig eingekauft. Anders als die Revision meint, war trotzdem jeder Angeklagte wegen sämtlicher Einkäufe zu verurteilen, da sie gemeinsam geplant und im gemeinsamen Interesse arbeitsteilig, also mittäterschaftlich, durchgeführt wurden.
6
2. Auch sonst ist der Schuldspruch ohne den Angeklagten beschwerende Rechtsfehler.
7
II. Zum Strafausspruch:
8
1. Die Revision hält § 267 Abs. 3 (Satz 4) StPO für verletzt. Ein Antrag auf Bewährung löst aber nur dann eine gesonderte Begründungspflicht aus, wenn eine aussetzungsfähige Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Bei einer höheren Strafe braucht nicht gesondert begründet zu werden, warum die beantragte Bewährungsstrafe nicht ausreicht (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 StR 438/11 mwN).
9
2. Auch sonst ist der Strafausspruch nicht zu beanstanden. Die Revision beschränkt sich im Wesentlichen auf eine eigene Gewichtung auch von der Strafkammer beachteter Gesichtspunkte.

B.

10
Revision des Angeklagten J. :
11
Die Urteilsgründe behandeln die Dauer des Vorwegvollzugs nicht. Das Ergebnis widerspricht dem Gesetz:
12
Ist teilweiser Vorwegvollzug bei mehr als drei Jahren Strafe nicht einzelfallbedingt generell ausgeschlossen, so i s t er gemäß § 67 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB in Verbindung mit § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB so zu bemessen, dass da- nach und nach einer anschließenden Unterbringung eine Halbstrafenentlassung möglich ist. Der Tatrichter hat insoweit keinen Beurteilungsspielraum. Erwägungen dazu, ob eine Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt zu erwarten ist, sind also bei der Bemessung des Vorwegvollzugs nach gesetzlicher Wertung nicht möglich. Stattdessen ist, naheliegend mit sachverständiger Hilfe, die erforderliche Unterbringungsdauer genau zu prognostizieren. Der Zeitraum zwischen dem so bestimmten Ende der Unterbringung und dem Halbstrafenzeitpunkt ergibt den - ohne Beurteilungsspielraum zu errechnenden - vorweg zu vollziehenden Teil der Strafe (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2008 - 1 StR 233/08 mwN). Da die Anordnung, vor der Unterbringung über die Hälfte der Strafe zu vollziehen, keinesfalls zutreffen kann, ist hierüber neu zu befinden.

C.

13
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
14
Die Strafkammer hat die Annahme eines (gegebenenfalls versuchten) Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB in allen in Frage kommenden Fällen verneint, weil die Angeklagten nie in bewohnte Anwesen einbrechen wollten. Die gegen diese Annahme gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind auf die Fälle beschränkt, in denen die Tatobjekte entweder bewohnt waren oder in denen dies offen bleibt. Nicht angefochten - etwa im Blick auf einen untauglichen Versuch - sind die Fälle, in denen die Angeklagten in unbewohnte Pfarrhäuser eingebrochen sind.
15
I. Im Umfang der Anfechtung haben die Revisionen der Staatsanwaltschaft Erfolg. Die Annahme, die Angeklagten hätten nicht in bewohnte Anwesen einbrechen wollen (im Ergebnis also die Annahme eines Tatbestandsirrtums, vgl. hierzu Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 244 Rn. 76), ist nicht auf eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung gestützt.
16
1. Die Strafkammer hält die Einlassung der Angeklagten, sie hätten keinesfalls in bewohnte Anwesen einbrechen wollen, für nachvollziehbar. Sie stützt dies unter anderem auf folgende Erwägungen:
17
a) In fünf der Pfarrhäuser, in die die Angeklagten eingebrochen waren, befanden sich - obwohl sie „durchaus wie Wohngebäude wirken“ - nur Büros. Daraus folgert die Strafkammer, die Angeklagten hätten sich offensichtlich davon überzeugt, dass diese Pfarrhäuser nicht bewohnt waren.
18
b) Hinzu komme, dass die Angeklagten in einem dieser Pfarrhäuser (Himmelkron) eine Innentür aufgebrochen hatten, die zu einer ungenutzten Wohnung führte. Diese haben sie nicht betreten, was ebenfalls, so die Strafkammer , die Absicht belege, nicht in Wohnungen einzubrechen.
19
c) Die Angeklagten haben die Versuche, in das bewohnte Pfarrhaus von Neuhaus und in das ebenfalls bewohnte Pfarrzentrum von Ahorntal einzubrechen , abgebrochen und sind geflohen, nachdem sie von Zeugen gestört wur- den. Dadurch hätten sie „dokumentiert, dass sie von bewohnten Einbruchsob- jekten Abstand nehmen wollten“.
20
2. Diese Erwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
21
a) Allein der Hinweis, dies sei „offensichtlich“, macht nicht deutlich, wann - noch in Leipzig oder nach der Ankunft am jeweiligen Tatort - und wie die Angeklagten die Überzeugung gewonnen haben könnten, dass die genannten fünf Pfarrhäuser unbewohnt waren.
22
b) Es ist fraglich, wie der Aufbruch der Tür im nicht angefochtenen Fall des Einbruchs in das Pfarrhaus von Himmelkron mit der Annahme vereinbar ist, die Angeklagten hätten sich zuvor über die Verhältnisse im jeweiligen Tatobjekt informiert. Unabhängig hiervon lässt dieser Fall Schlussfolgerungen auf andere Fälle nicht zu. Die Absicht eines Einbrechers, nicht aus bewohnten Häusern zu stehlen, wird nicht dadurch belegt, dass er eine unbewohnte Wohnung nicht betritt.
23
c) Auch für die übrigen vier Einbrüche in unbewohnte Pfarrhäuser gilt im Ergebnis nichts anderes: Selbst wenn die Angeklagten wussten, dass diese unbewohnt sind, kann dies nicht belegen, dass sie in bewohnte Pfarrhäuser nur einbrachen, weil sie sie für unbewohnt hielten.
24
d) Auch der Umstand, dass die Angeklagten flohen, als sie in Neuhaus und Ahorntal beim Einbruch gestört wurden, kann ihre Absicht, nicht in bewohnte Häuser einzubrechen, nicht tragfähig belegen. Einen Erfahrungssatz, dass ertappte Einbrecher nicht flüchten, wenn sie in ein bewohntes Haus einbrechen wollten, gibt es - ohne dass dies weiterer Darlegung bedürfte - nicht.
25
3. Darüber hinaus sind Gesichtspunkte, die sich aus einigen abgeurteilten Taten ergeben, nicht erörtert, obwohl nicht ohne Weiteres klar ist, wie sie mit der Einlassung der Angeklagten zu vereinbaren sind, dass sie niemals in bewohnte Anwesen einbrechen wollten.
26
a) Im bewohnten Pfarrhaus von Streitau wurden „diverse Schmuck- stücke“ entwendet. In welchem Raum des Hauses sich diese befunden hatten, ist nicht mitgeteilt. Schmuck wird aber typischerweise nicht in Büros, sondern in Wohnungen verwahrt.
27
b) Vergleichbares gilt für das Pfarrhaus von Hassfurt. Es ist nicht erörtert, ob es bewohnt war. Hierfür spricht aber die Beute, die z.B. aus einer Taschenuhr , einer Handtasche und Silbertalern bestand.
28
c) Es ist auch weder dargelegt noch ersichtlich, warum die Angeklagten bei dem Einbruch in das Pflegeheim König David in Naila dieses für ein unbewohntes (Büro-)Gebäude gehalten haben sollten.
29
d) Gleiches gilt für den Einbruch in ein bewohntes privates Wohnhaus in Berg. Hier kommt hinzu, dass Garage und Keller durchsucht wurden. Die Annahme , dass die Angeklagten geglaubt hätten, in Garage oder Keller eines unbewohnten Hauses würden stehlenswerte Gegenstände aufbewahrt, liegt nicht nahe.
30
4. In den in Rede stehenden Fällen war das Urteil daher aufzuheben. Dies führt zugleich zur Aufhebung der Gesamtstrafen, während die von der Staatsanwaltschaft nicht gesondert angefochtene Unterbringungsentscheidung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. September 2011 - 1 StR 120/11) von der durch deren Revision bewirkten (nur) teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs unberührt bleibt. Die bisher getroffenen Feststellungen zum äußeren Geschehensablauf können bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen sind.
31
II. Der Senat sieht Anlass zu folgenden Hinweisen:
32
1. Die Strafkammer hat ihre Annahme, die Angeklagten hätten nicht in bewohnte Anwesen einbrechen wollen, ergänzend auch darauf gestützt, es sei „allgemein bekannt“, dass in Pfarrhäusern „Wohn- und Bürobereich … getrennt sind … die Büros im Erdgeschoss und die Wohnräume im ersten Stock“. Die Staatsanwaltschaft meint demgegenüber, zumindest auf dem Land diene das Pfarrhaus einheitlich als Arbeits- und Wohnraum. Dem geht der Senat nicht nä- her nach, da die Beweiswürdigung der Strafkammer zur inneren Tatseite schon aus den dargelegten Gründen keinen Bestand haben kann. Er bemerkt jedoch, dass ein Erfahrungssatz über eine regelhafte Nutzungsstruktur von Pfarrhäusern nicht zum allgemein verbreiteten Wissen gehört. Bevor ein solcher Erfahrungssatz einem Urteil zu Grunde gelegt wird, müssen die Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung und zur Anbringung von Beweisanträgen gehabt haben (vgl. Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO, 25. Aufl., § 261 Rn. 24, 25; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 570, 571 jew. mwN).
33
2. Da die Strafkammer Wohnungseinbruchdiebstahl schon aus subjektiven Gründen abgelehnt hat, ist sie seinen objektiven Voraussetzungen nicht näher nachgegangen. Dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein, nicht jeder Einbruch in ein bewohntes Haus ist Wohnungseinbruchdiebstahl:
34
a) Wohnungseinbruchdiebstahl ist - zusammengefasst - wegen der damit verbundenen Verletzung der Privatsphäre des Opfers ein eigener Tatbestand mit erhöhter Strafdrohung (BGH, Beschluss vom 24. April 2008 - 4 StR 126/08, NStZ 2008, 514, 515 mwN). Nach seinem Wortlaut muss der Täter „in“ eine Wohnung eingebrochen (bzw. eingestiegen, eingedrungen oder in ihr verborgen gewesen) sein, aber er muss nicht „aus“ ihr gestohlen haben (vgl. zusammen- fassend Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 244 Rn. 76 mwN).
35
b) Für die auch hier (möglicherweise) einschlägigen Fragen nach der Bewertung von Einbrüchen in gemischt genutzte Gebäude und/oder in Nebenräume von Wohnhäusern ergibt sich daher nach dem Schutzzweck des Gesetzes und seinem Wortlaut - der die Grenze einer Gesetzesauslegung zum Nachteil des Angeklagten bildet - Folgendes:
36
(1) Der Bundesgerichtshof hat bei gemischt - also zugleich zu Wohn- und Geschäftszwecken - genutzten Gebäuden Wohnungseinbruchdiebstahl bejaht, wenn der Täter nur deshalb in einen privaten Wohnraum einbrach, um von dort ungehindert in Geschäftsräume zu gelangen und dort zu stehlen.
37
Bei einem Einbruch in einen Geschäftsraum gilt dagegen die Annahme eines Wohnungseinbruchdiebstahls auch dann als mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar, wenn es dem Täter nur darum geht, von dort ohne weitere Hindernisse in den Wohnbereich vorzudringen und dort zu stehlen (BGH aaO mwN), jedoch nur soweit die Räumlichkeiten, in die eingebrochen wurde, vom Wohnbereich völlig getrennt untergebracht sind (BGH aaO).
38
Dagegen liegt Wohnungseinbruchdiebstahl vor, wenn der Täter in einen Raum einbricht, der zwar ausschließlich beruflich genutzt, aber so in den Wohnbereich integriert ist, dass insgesamt eine in sich geschlossene Einheit vorliegt (offen gelassen b. BGH aaO). Ein Raum in einer Wohnung bleibt auch dann Teil der Wohnung, wenn der Bewohner ihn zu seinem Arbeitsraum bestimmt hat. Dies gilt nicht nur für das Büro eines Rechtsanwalts in dessen Wohnung (vgl. hierzu BGH aaO; Vogel aaO), sondern auch für das Amtszimmer in der Wohnung eines Pfarrers. Die Verletzung der Privatsphäre wiegt nicht weniger schwer, wenn der Täter in diesen Raum der Wohnung einbricht. Greift aber der Schutzzweck des Gesetzes in gleicher Weise ein wie bei einem Einbruch in einen anderen Wohnungsteil und steht der Wortlaut des Gesetzes nicht entgegen, so führt dies in derartigen Fällen zur Annahme eines Wohnungseinbruchdiebstahls (im Ergebnis ebenso Vogel aaO).
39
(2) Vergleichbares gilt für Einbrüche in Nebenräume wie z.B. Keller oder Garagen. Auch hier wird Wohnungseinbruchdiebstahl verneint, wenn diese, auch bei räumlicher Nähe zur Wohnung, abgeschlossen oder selbständig sind (vgl. näher Vogel aaO mwN).
40
Jedoch liegt aus den genannten Gründen Wohnungseinbruchdiebstahl vor, wenn der Täter in Räume einbricht, die dem Begriff des Wohnens typischerweise zuzuordnen sind, wie z.B. den Keller eines Einfamilienhauses. Dies gilt sowohl, wenn er sich von dort ungehindert Zugang zum ohne Weiteres erreichbaren Wohnbereich im Erd- oder Obergeschoß verschafft (Vogel aaO; offen geblieben bei BGH aaO, in der Tendenz aber ebenso) als auch dann, wenn er aus derartigen Räumen stiehlt (Vogel aaO).
41
a) Auf dieser Grundlage bemerkt der Senat zu den einzelnen, von der Revision betroffenen Fällen:
42
(1) Fall II B 8 der Urteilsgründe, Pfarrhaus in Streitau:
43
Hier wurde (auch) Schmuck gestohlen (vgl. oben C. I. 3. a)), die Annahme , dass aus einer Wohnung gestohlen wurde, liegt nahe. Feststellungen darüber , wo eingebrochen wurde, werden nachzuholen sein.
44
(2) Fall II B 10 der Urteilsgründe, Pflegeheim König David in Naila:
45
Hier ist nur festgestellt, dass aus dem Inneren des Pflegeheims gestohlen wurde. Ein Wohnungseinbruchdiebstahl läge zweifelsfrei vor, wenn in ein Zimmer des Pflegeheims eingebrochen worden wäre (vgl. zum insoweit vergleichbaren Einbruch in ein Hotelzimmer BGH, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 4 StR 59/01). Für den Fall eines Einbruchs in den Flur und/oder den Empfangsbereich des Heims käme es darauf an, ob diese Räumlichkeiten als Nebenräume der Zimmer der Heimbewohner (also deren Wohnungen) zu bewerten sind (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2005 - 2 StR 129/05, NStZ 2005, 631).
46
(3) Fall II B 11 der Urteilsgründe, Pfarrhaus in Joditz:
47
Das Pfarrhaus war bewohnt, gestohlen wurde aus einem Büro. Entscheidend ist daher, wo genau eingebrochen wurde.
48
(4) Fall II B 13 der Urteilsgründe, privates Wohnhaus in Berg:
49
Das Haus war bewohnt. Eingedrungen wurde in die Kellerräume, (vergeblich ) durchsucht wurden die Räume im Keller und die Garage (vgl. C. I. 3. d)). Es kommt also darauf an, ob Keller und/oder Garage unmittelbar mit dem Wohnbereich verbunden oder hiervon baulich getrennt waren.
50
(5) Fall II B 15 der Urteilsgründe, Pfarramt in Neuhaus:
51
Hier ist nur festgestellt, dass J. gerade versuchte, ein Fenster aufzubrechen , als der im Haus wohnende Pfarrer kam (vgl. C. I. 2. d)). In welchen Raum J. im Erfolgsfalle eingedrungen wäre, ist nicht festgestellt.
52
(6) Fall II B 19 der Urteilsgründe, Pfarramt in Hollfeld:
53
Ob das Pfarramt bewohnt war, ist nicht festgestellt. Hier könnte gegen einen Wohnungseinbruchdiebstahl sprechen, dass im Urteil nur von dem Pfarrsaal, den Jugendräumen und dem Büro des Pfarrers die Rede ist. Eine abschließende Beurteilung ist jedoch nicht möglich, da auch hier nicht festgestellt ist, wo genau eingebrochen wurde.
54
(7) Fall II B 20 der Urteilsgründe, Pfarramt in Altenkunstadt:
55
Hier ist weder festgestellt, ob das Pfarramt bewohnt war, noch, wo genau eingebrochen wurde. Nachdem „sämtliche“ Schränke und Behältnisse durch- sucht wurden, erscheint ein Wohnungseinbruchdiebstahl möglich.
56
(8) Fall II B 23 der Urteilsgründe, Pfarrhaus in Hassfurt:
57
Feststellungen darüber, ob das Objekt bewohnt war, fehlen ebenso wie Feststellungen darüber, wo genau eingebrochen wurde. Die Beute, u.a. eine Taschenuhr, eine Handtasche und Silbertaler, spricht dagegen, dass ausschließlich aus einem Büro gestohlen wurde (vgl. C. I. 3. b)), wenngleich nur von „Büroschränken“ die Rede ist.
58
(9) Fall II B 29 der Urteilsgründe, Pfarrzentrum in Ahorntal:
59
J. hatte sich durch Einschlagen eines Kellerfensters schon Zutritt zum bewohnten Pfarrzentrum verschafft. Als er von einer Zeugin überrascht wurde, entfernte er sich ohne Beute (vgl. oben C. I. 2. d)). Für die Annahme eines versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls kommt es auch hier auf die genauen örtlichen Verhältnisse an.
60
3. Sollten aus den dargelegten Gründen ergänzende Feststellungen notwendig werden, wären hierfür noch erforderliche Ermittlungen zweckmäßigerweise schon vor der neuen Hauptverhandlung nachzuholen. Damit könnte entsprechend § 202 StPO auch die Staatsanwaltschaft betraut werden (vgl. näher Lindemann, Ermittlungsrechte und -pflichten der Staatsanwaltschaft nach Beginn der Hauptverhandlung S. 221 f. mwN).
61
4. Würde festgestellt, dass die Angeklagten billigend in Kauf nahmen, in einen von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB umfassten Raum einzubrechen, der dann diese Voraussetzungen nicht erfüllte, käme untauglicher Versuch in Betracht.
62
5. Im Blick auf § 2 Abs. 3 StGB wird gegebenenfalls zu beachten sein, dass § 244 Abs. 3 StGB nF einen minder schweren Fall vorsieht (vgl. Artikel 1 Ziffer 5 des Vierundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs vom 1. November 2011, BGBl. I S. 2130).
63
6. Werden, wie hier, im Urteil Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO getroffen, sollten diese tunlichst auch in die Urteilsformel aufgenommen werden (Nack in KK-StPO, 6. Aufl., § 111i Rn. 14).
Nack Wahl Graf Jäger Sander

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - 1 StR 378/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - 1 StR 378/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - 1 StR 378/11 zitiert 7 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 67 Reihenfolge der Vollstreckung


(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen. (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vol

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Strafprozeßordnung - StPO | § 111i Insolvenzverfahren


(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an de

Strafgesetzbuch - StGB | § 244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel b

Strafprozeßordnung - StPO | § 202 Anordnung ergänzender Beweiserhebungen


Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - 1 StR 378/11 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - 1 StR 378/11 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - 1 StR 120/11

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 120/11 vom 20. September 2011 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. September 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2005 - 2 StR 129/05

bei uns veröffentlicht am 20.05.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 129/05 vom 20. Mai 2005 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Mißbrauchs widerstandsunfähiger Personen u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des.

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2012 - 1 StR 438/11

bei uns veröffentlicht am 09.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 438/11 vom 9. Februar 2012 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2012 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urt

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2001 - 4 StR 59/01

bei uns veröffentlicht am 03.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 59/01 vom 3. Mai 2001 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen schweren Bandendiebstahls u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 3. Mai 200

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2008 - 4 StR 126/08

bei uns veröffentlicht am 24.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 126/08 vom 24. April 2008 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Diebstahl u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. April 2008 g

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2008 - 1 StR 233/08

bei uns veröffentlicht am 20.05.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 233/08 vom 20. Mai 2008 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2008 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgeric
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - 1 StR 378/11.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2014 - 1 StR 485/13

bei uns veröffentlicht am 11.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 S t R 4 8 5 / 1 3 vom 11. Februar 2014 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ________________________ StGB § 184b Abs. 1 Die Strafbarkeit nach § 184b StGB setzt nicht vor

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2014 - 1 StR 605/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 6 0 5 / 1 3 vom 12. März 2014 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März 2014 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen d

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Sept. 2017 - 5 StR 361/17

bei uns veröffentlicht am 05.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 361/17 vom 5. September 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schweren Bandendiebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2017:050917B5STR361.17.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2016 - 4 StR 112/16

bei uns veröffentlicht am 08.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 112/16 vom 8. Juni 2016 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls ECLI:DE:BGH:2016:080616B4STR112.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 438/11
vom
9. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2012 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Essen vom 30. März 2011 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde wegen Steuerdelikten im Zusammenhang mit geschmuggelten Zigaretten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
2
Seine Revision ist auf zwei Verfahrensrügen, von denen sich eine allein gegen den Strafausspruch richtet, und die nicht ausgeführte Sachrüge gestützt.
3
Sie bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
1. Zurückweisung eines Ablehnungsantrags gegen die (Berufs-)Richter wegen Besorgnis der Befangenheit:
5
a) Folgendes liegt zu Grunde:
6
(1) Wegen Verdachts der Beteiligung an den abgeurteilten Taten hatte die Staatsanwaltschaft zwei Anklagen vor derselben Strafkammer erhoben, die Hauptverhandlungen liefen (zumindest teilweise) zeitlich parallel und mit denselben Berufsrichtern.
7
(2) Die hier als Zeugen vorgeladenen Angeklagten des Parallelverfahrens machten unter Berufung auf § 55 StPO keine Angaben zur Sache.
8
(3) Danach beantragte die Verteidigung dienstliche Äußerungen der Berufsrichter zu näher bezeichneten Fragen über den Ablauf der parallelen Hauptverhandlung und dabei geführter Verständigungsgespräche. Als nach etwa zwei Wochen hierauf noch keine Reaktion erfolgt war, wurden die Richter abgelehnt. Gestützt auf deren dienstliche Erklärungen, über den genannten Antrag wegen Überlastung noch nicht entschieden zu haben, wurde der Ablehnungsantrag zurückgewiesen. Schon ein Anspruch auf die dienstlichen Äußerungen sei zweifelhaft. Nachteile für den Angeklagten im Rahmen der voraussehbar noch länger andauernden Hauptverhandlung durch die wegen Überlastung bisher unterbliebene Bearbeitung des Antrags seien nicht erkennbar. Sie begründe daher nicht die Besorgnis der Befangenheit.
9
b) Die Revision meint, Absprachen mit anderen Tatbeteiligten begründeten ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit, wenn sie nicht von Amts wegen „unaufgefordert“ und „unverzüglich“, spätestens aber alsbald auf ent- sprechende Aufforderung hin offen gelegt würden. Dies folge aus der hier entsprechend geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Verständigungsgesprächen mit nur einem Angeklagten (bzw. dessen Verteidigung) bei einer gegen mehrere Angeklagte geführten Hauptverhandlung (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73 mwN). Außerdem wäre die geforderte Unterrichtung problemlos möglich gewesen, was sich daran zeige, dass im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung die Niederschrift der einschlägigen Vorgänge aus dem Protokoll der Hauptverhandlung gegen die Zeugen verlesen wurde.
10
c) Der Senat sieht keinen Rechtsfehler.
11
Die Grundsätze der genannten Rechtsprechung zur Offenlegung von Verständigungsgesprächen sind auf Fälle der vorliegenden Art nur übertragbar, soweit es um die Sicherung bestmöglicher Wahrheitsfindung geht. Sie können nicht in gleicher Weise gelten, soweit es, unabhängig von der Wahrheitsfindung , um die Vermeidung des Anscheins geht, der Richter sei nicht gegenüber allen Angeklagten gleich unvoreingenommen und unparteiisch.
12
(1) Bei einer Hauptverhandlung gegen mehrere Angeklagte können im Grundsatz Verständigungsgespräche mit allen Angeklagten (bzw. deren Verteidigern ) zugleich durchgeführt werden. Werden sie nicht mit allen Angeklagten geführt, besteht Anlass, dem genannten Anschein gegenüber den nicht an den Gesprächen beteiligten Angeklagten durch alsbaldige Offenlegung der Gespräche in der Hauptverhandlung entgegenzuwirken. Gleichzeitige Gespräche mit den Angeklagten einer laufenden Hauptverhandlung und Angeklagten einer künftigen oder auch parallelen Hauptverhandlung sind dagegen schon wegen des nicht gleichen Verfahrensstandes und des damit naheliegend verbundenen nicht gleichen Kenntnisstandes der Beteiligten kaum sinnvoll. Ein einheitlicher Kenntnisstand fehlt auch in Fällen, bei denen dieselben (Berufs-)Richter mitwirken , jedenfalls den in die Gespräche ebenfalls einzubeziehenden Schöffen, die bei noch nicht terminierten Sachen sogar noch nicht einmal feststehen. Daher kann ein „verständiger“,zumal anwaltlich beratener Angeklagter eines anderen Verfahrens, anders als möglicherweise ein Mitangeklagter desselben Verfahrens , allein daraus, dass solche Gespräche ohne ihn stattgefunden haben, nicht die Besorgnis ableiten, der Richter sei ihm gegenüber in irgend einer Weise voreingenommen.
13
(2) Dies ändert nichts an der Notwendigkeit, auch in solchen Fällen in die Würdigung einer entscheidungserheblichen (Zeugen-)Aussage eines Tatbeteiligten eine vorangegangene Verständigung in dem gegen ihn wegen derselben Tat durchgeführten Verfahren einzubeziehen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11 Rn. 14 mwN). Dies beruht nicht auf der Sorge, er könne dabei in irgendeiner Weise zu künftiger Falschbelastung anderer Tatverdächtiger aufgefordert worden sein. Es geht vielmehr um etwaige Anhaltspunkte dafür, ob er im Blick auf eine vorangegangene oder im Raum stehende Verständigung in seinem Verfahren irrig glauben könnte, eine Falschaussage zu Lasten des Angeklagten sei für ihn besser als eine wahre Aussage zu dessen Gunsten.
14
Da die Möglichkeit eines solchen Irrtums nicht davon abhängt, ob die Verfahren gegen ihn und den jetzigen Angeklagten verbunden sind oder waren oder getrennt wurden, ist eine gebotene Würdigung von Verständigungsgesprächen mit dem Zeugen von derartigen Fragen unabhängig. Was zu würdigen ist, ist auch in die Hauptverhandlung einzuführen. Geht es um Verständigungsgespräche in einer anderen, sei es auch unter Mitwirkung derselben Richter durchgeführten Hauptverhandlung, kann dies nicht in Anwendung von § 243 Abs. 4 StPO geschehen. Soweit es um die Klärung etwaiger Fehlvorstellungen des Zeugen geht, wird dies vielmehr sinnvollerweise vor allem durch dessen Befragung geschehen. Ohne dass es hier darauf ankäme, könnte es dabei zweckmäßig sein, ihm Vorhalte aus dem einschlägigen Teil der Niederschrift der gegen ihn geführten Hauptverhandlung (§ 273 Abs. 1a StPO) zu machen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. November 2007 - 1 StR 370/07 Rn. 14, StV 2008, 60, insoweit in BGHSt 52, 78, 81 nicht abgedruckt), sodass es die Vorbereitung der Vernehmung fördern könnte, wenn das Gericht den Verfahrensbeteiligten schon vorab entsprechende Ablichtungen überlässt.
15
(3) Hier bestand zu einer entsprechenden Befragung der Zeugen oder gar einer weitergehenden Klärung aber kein Anlass; nachdem keiner der in dem Parallelverfahren angeklagten Tatbeteiligten Angaben zur Sache gemacht hatte - anders als der Angeklagte, dessen Strafe wegen seiner Zeugenaussage im Parallelverfahren gemäß § 46b StGB gemildert wurde -, waren auch keine den (geständigen) Angeklagten belastenden Aussagen dieser Zeugen zu würdigen.
16
Anhaltspunkte für eine berechtigte Besorgnis der Befangenheit sind nach alledem unter keinem Blickwinkel erkennbar.
17
2. Der Schuldspruch ist ohne Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
18
3. Die Rüge der Verletzung von § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO geht fehl, da mehr als zwei Jahre Freiheitsstrafe verhängt wurden. Über die sachlichrechtliche Begründungspflicht hinaus löst ein Antrag auf Bewährung eine verfahrensrechtliche Begründungspflicht gemäß § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO nur aus, wenn Bewährung rechtlich möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - 4 StR 534/07, StV 2008, 345 ). Da bei einer Strafe von über zwei Jahren Bewährung nach dem Gesetz nicht möglich ist, wäre in diesen Fällen eine Begründung der Versagung von Bewährung sinnlos. Ebenso wenig führt bei einer Strafe von mehr als zwei Jahren ein Antrag auf eine Bewährungsstrafe zu einer gesonderten formalen Pflicht zur Begründung, warum es nicht mit einer solchen Strafe sein Bewenden hätte haben können.
19
4. Sachlich-rechtlich ist der Strafausspruch nicht zu beanstanden.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 233/08
vom
20. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2008 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 29. November 2007 im Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzugs mit den Feststellungen aufgehoben. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Der in dieser Sache seit 2. April 2007 inhaftierte Angeklagte wurde wegen schweren Raubes sowie wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung zu sechs Jahren und neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Außerdem wurde er in einer Entziehungsanstalt untergebracht ; zugleich ordnete die Strafkammer an, dass drei Jahre Freiheitsstrafe vorweg zu vollziehen sind.
2
Seine auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision bleibt hinsichtlich des Schuldspruchs, des Strafausspruchs, der Unterbringungsanordnung und der Entscheidung, dass ein Teil der Strafe vorweg zu vollziehen ist, erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO); der Teil der Strafe, der vorweg zu vollziehen ist, muss jedoch neu bemessen werden.
3
1. In diesem Zusammenhang führt die Strafkammer aus: „Gemäß § 67 Abs. 2 StGB war der teilweise Vorwegvollzug der Strafe vor der Unterbringung anzuordnen. Bei der Bemessung der Dauer dieses Vorwegvollzuges der Strafe ging die Kammer mit dem Sachverständigen … davon aus, dass eine Therapie etwa eineinhalb bis zwei Jahre dauern werde. Ein Vorwegvollzug von drei Jahren berücksichtigt somit hinreichend die Möglichkeit einer etwaigen Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung gemäß § 57 StGB“.
4
Dies hält im Hinblick auf die Neufassung von § 67 StGB (Gesetz vom 16. Juli 2007, BGBl I 1327) rechtlicher Überprüfung nicht Stand.
5
a) Stehen bei einer Strafe von mehr als drei Jahren nicht Gründe des Einzelfalls dem Vorwegvollzug eines Teils der Strafe überhaupt entgegen - dies ist hier nicht der Fall -, so ist gemäß § 67 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB in Verbindung mit § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB der vorweg zu vollziehende Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollstreckung und einer anschließenden Unterbringung eine Halbstrafenentlassung möglich ist. Ein Beurteilungsspielraum steht dem Tatrichter insoweit nicht zu (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 142; 182 jew. m.w.N. auch aus den Gesetzesmaterialien). Dementsprechend ist eine Bemessung der vorweg zu vollziehenden Strafe, die, wie ersichtlich hier, an einer Entlassung zum Zweidrittel-Zeitpunkt orientiert ist, nicht möglich (BGH aaO 182 m.w.N.).
6
b) Im Übrigen genügt es aber auch nicht, dass der Tatrichter hinsichtlich der voraussichtlich notwendigen Dauer des Maßregelvollzuges nur eine Mindestdauer und eine Höchstdauer - also einen Zeitraum - prognostiziert. Erforderlich ist vielmehr eine präzise Prognose darüber, wie lange genau die Unterbringung voraussichtlich erforderlich sein wird. Nur auf der Grundlage einer solchen Prognose kann - letztlich ohne weitere Abwägung, sondern mittels eines Rechenvorgangs (vgl. BGH NStZ 2008, 213) - bestimmt werden, wie viel Strafe (einschließ- lich der anzurechnenden Untersuchungshaft, vgl. BGH NStZ-RR aaO 182 m.w.N.) vorab zu vollziehen ist, bis exakt der Zeitpunkt erreicht sein wird, zu dem eine Halbstrafenentlassung möglich sein wird. Sollte sich im Übrigen im Laufe des Maßregelvollzuges erweisen, dass die Prognose über dessen mutmaßlich erforderliche Dauer nicht aufrecht zu erhalten ist, so hätte dies gegebenenfalls die dann zuständige Strafvollstreckungskammer im Rahmen von ihr zu treffender Entscheidungen zu berücksichtigen.
7
2. Eine Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs durch den Senat entsprechend § 354 StPO (vgl. BGH NStZ 2008, 213) war nicht möglich. Eine solche Entscheidung setzte nicht nur voraus, dass die Strafzumessung rechtsfehlerfrei ist, sondern auch, dass die zur Therapie (voraussichtlich) erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei festgestellt ist (BGH aaO). Hier ist zwar der Strafausspruch rechtsfehlerfrei, es fehlt jedoch die erforderliche eindeutige Prognose über die erforderliche Dauer der Unterbringung (vgl. oben 1 b). Die Sache bedarf daher hinsichtlich der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzuges der neuen Verhandlung und Entscheidung. Wahl Boetticher Kolz Elf Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 120/11
vom
20. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 26. November 2010 werden mit der Maßgabe verworfen, dass die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde wegen Totschlags zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und bei Anordnung eines Vorwegvollzugs von zehn Jahren Strafe in einer Entziehungsanstalt untergebracht.
2
Die mit der ausgeführten Sachrüge begründeten Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten führen zum Wegfall der Unterbringung, bleiben aber im Übrigen erfolglos.
3
1. Dem Schuldspruch liegen folgende Feststellungen zu Grunde:
4
Der Angeklagte lebte mit der Freundin des inhaftierten L. zusammen und hatte deshalb mit dessen Freund K. Streit. Am späten Abend des 28. März 2009 stritten sie zunächst vor dem Wohnhaus des Angeklagten und entfernten sich dann zu Fuß. Ihnen folgten die Zeugen C. , Cu. - sie hatten zuvor mit dem Angeklagten gezecht - und F. , die den Angeklagten auf dessen Wunsch erforderlichenfalls bei einer tätlichen Auseinandersetzung unterstützen wollten. Obwohl höchstens 50 m entfernt, sahen sie den Angeklagten und K. nicht mehr, als diese in eine dunkle Hofeinfahrt gingen. Dort kam es auch zu Tätlichkeiten. Der Angeklagte bedrohte K. mit einem eigens wegen der bevorstehenden Auseinandersetzung mitgenommenen kleineren Messer. Auch K. hatte ein Messer und spottete über die geringe Größe des Messers des Angeklagten. Darauf versetzte ihm dieser spontan einen wuchtigen Stich „Richtung Herz“- an anderer Stelle des Urteils heißt es „zielgerichtet gegen den Oberkörper“; auch von einem Stich „in die Brust“ und „den Brustbereich“ ist die Rede - und traf ihn mitten ins Herz. K. brach zusammen, der Angeklagte sagte den hinzugekommenen C. , Cu. und F. , er habe K. in die Brust gestochen, sie sollten sich um ihn kümmern und ging fort. Er reinigte und versteckte das Tatmesser. Er wurde zu anderweitiger Strafvollstreckung noch in der Nacht in seiner Wohnung in einem Schrank versteckt festgenommen. Als Verantwortlicher für den nach einigen Tagen eingetretenen Tod K. s wurde er erst später ermittelt.
5
2. Hinsichtlich des Schuldspruchs wendet sich die Revision des Angeklagten im Wesentlichen gegen den (bedingten) Tötungsvorsatz.
6
a) Entgegen ihrer Auffassung ergeben sich insoweit keine Bedenken im Blick auf das nicht immer mit denselben Worten bezeichnete Ziel des Stiches.
Die Strafkammer hat näher begründet rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der An- geklagte wuchtig und gezielt jedenfalls in den „Brustbereich“ gestochen hat. Ein solcher Stich ist, wie auch die Strafkammer näher ausführt, eine äußerst gefährliche Gewalthandlung, die regelmäßig für Tötungsvorsatz spricht. Eine Stelle im vorderen Bereich des Oberkörpers, die den Tötungsvorsatz deshalb in Frage stellte, weil ein wuchtiger Stich gerade hierhin zielte, ist kaum vorstellbar (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2006 - 1 StR 307/06), bei einem Stich in den Brustbereich ist dies jedenfalls nicht der Fall.
7
b) Auch sonst ist die nicht zuletzt auch auf den äußeren Geschehensablauf gestützte Annahme eines Tötungsvorsatzes rechtsfehlerfrei (vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Dezember 2001 - 1 StR 408/01, NStZ 2002, 541 f.; hierzu Schneider in MüKomm-StGB, § 212 Rn. 9 jew. mwN). Die Annahme, dass die Aufforderungen des Angeklagten gegenüber C. , Cu. und F. , ihn zu begleiten bzw. (später), sich um den Verletzten zu kümmern, zwar gegen eine von langer Hand geplante Tat, aber nicht gegen einen spontanen Tatent- schluss sprächen, ist nicht zu beanstanden. Auch die festgestellte „affektive Erregung“ des Angeklagten bei der Tat spricht nichtgegen einen Tötungsvorsatz , da eine gewisse affektive Erregung bei einem tödlichen Angriff normal ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2006 - 2 StR 284/06). Außerdem ist rechtsfehlerfrei - auch die Revision macht insoweit nichts anderes geltend - die uneingeschränkte Schuldfähigkeit des Angeklagten festgestellt. Dies spricht regelmäßig für eine realistische Wahrnehmung des Bedeutungsgehalts der Tat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2009 - 1 StR 520/09 Rn. 18 mwN), zumal hier die Bewertung eines wuchtigen Stichs in den Brustbereich keine komplizierten Überlegungen erfordert. Auch die planmäßige Spurenbeseitigung alsbald nach der Tat spricht gegen eine ungewöhnliche psychische Ausnahmesituation bei der Tat, die unter irgendeinem Gesichtspunkt eine breitere Erörterung des Vorsatzes gebieten könnte.
8
3. Ebenso wenig wie der Schuldspruch enthält der Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
9
4. Die Staatsanwaltschaft erstrebt eine Verurteilung wegen heimtückisch begangenen Mordes. Ein Rechtsfehler liegt jedoch nicht vor.
10
a) Heimtücke ist verneint, weil der Angeklagte im Rahmen der vorangegangenen Auseinandersetzung K. das Messer gezeigt und ihn vonvorne ins Herz gestochen habe. Dies folgt den Angaben des Angeklagten, die insoweit von den maximal 50 m entfernten Begleitern bestätigt werden, als sie angeben , die tätliche Auseinandersetzung nicht gesehen, aber entsprechende Geräusche gehört zu haben. Auch hatte der Angeklagte bei seiner Festnahme kleinere Verletzungen, die auf die Auseinandersetzung zurückgehen können.
11
b) Die Staatsanwaltschaft hält insbesondere die tätliche Auseinandersetzung nicht für bewiesen.
12
(1) Mangels näherer Ausführungen dazu, was die Zeugen gehört haben, sei nicht überprüfbar, was mit „Geräuschen“ gemeint sei. Ein gängiger Begriff verdeutlicht aber auch ohne weitere Umschreibung, was gemeint ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Strafkammer unbekannt sei, welche Geräusche bei einer tätlichen Auseinandersetzung entstehen.
13
(2) Im Übrigen seien nur Schlussfolgerungen rechtsfehlerfrei, die „zwin- gend“ aus den Feststellungen folgten. Dem entsprechend ist eine Reihe- teil- weise untereinander unvereinbarer, teilweise nur abstrakter - Möglichkeiten aufgezählt, die im Ergebnis deshalb erörterungsbedürftig seien, weil sie denkgesetzlich nicht ausschließbar sind, z.B.
- die Geräusche könnten an (irgend)einem anderen Ort entstanden sein;
- selbst wenn sie aus dem Hof stammten, könnten sie (irgend)eine andere Ursache gehabt haben;
- es spräche gegen eine Auseinandersetzung, wenn K. keine hierauf hindeutenden Verletzungen gehabt hätte;
- die Verletzungen des Angeklagten könnten auch durch ihn selbst oder durch die Polizei bei seiner Verhaftung im Schrank verursacht worden sein.
14
Bei alledem ist verkannt, dass richterliche Überzeugung keine absolute, das Gegenteil zwingend ausschließende, letztlich mathematische Gewissheit erfordert (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteile vom 4. Dezember 2008 - 1 StR 327/08 und 7. November 2006 - 1 StR 307/06 mwN). Allein die Denkbarkeit eines Geschehensablaufs, für den die Urteilsgründe keine Anhaltspunkte bieten , führt daher nicht dazu, dass er zu Gunsten (BGH aaO) oder gar zu Lasten des Angeklagten zu unterstellen oder auch nur erörterungsbedürftig wäre (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 1 StR 153/11 mwN). Aufklärungsrügen zum Beleg der genannten Vermutungen sind nicht erhoben.
15
c) Im Übrigen ist kaum erkennbar, was hier - Streit; der tödliche Stich mit dem zuvor gezeigten Messer erfolgte von vorne; auch K. hatte ein Messer - noch tragfähig (innerpsychische) Arg- und darauf beruhend Wehrlosigkeit des Verstorbenen belegen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2003 - 1 StR 507/02, NStZ-RR 2003, 186, 188; BGH, Urteil vom 13. November 1985 - 3 StR 273/85, BGHSt 33, 363, 365).
16
d) Auch sonst sind weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler ersichtlich.
17
5. Die Staatsanwaltschaft hält die Unterbringungsanordnung mangels Erfolgsaussichten für rechtsfehlerhaft, der Angeklagte wendet sich gegen die Dauer des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe.
18
Im Ergebnis wird von beiden Revisionen übereinstimmend die Unterbringungsanordnung insgesamt angefochten, da sie sich beide gegen den Schuldspruch richten. Führten die behaupteten Mängel des Schuldspruchs zu Aufhebung und Zurückverweisung, entfiele auch eine Unterbringung. Sie könnte nicht allein auf der Grundlage einer Prognose des Senats Bestand haben, auch nach erneuter Verhandlung über den Schuldspruch werde diese Maßregel wieder geboten sein (BGH, Urteil vom 13. Juni 1995 - 1 StR 268/95 zu § 63 StGB).
19
Hier haben sich allerdings weder zu Gunsten noch zu Lasten des Angeklagten Rechtsfehler im Schuld- oder Strafausspruch ergeben.
20
a) Daraus folgt hinsichtlich der Revision der Staatsanwaltschaft: Eine Unterbringung gemäß § 64 StGB beschwert den Angeklagten (BGH, Urteil vom 21. März 1979 - 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 331; v. Gemmeren in MüKommStGB , § 64 Rn. 101; vgl. auch § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Der Senat hatte daher - unbeschadet § 301 StPO - zu prüfen, ob die Staatsanwaltschaft den Wegfall der Unterbringung nur als notwendige Folge der von ihr wegen (behaupteter ) Fehlerhaftigkeit des Schuldspruchs zum Nachteil des Angeklagten angestrebten Urteilsaufhebung ansieht oder ob sie den Wegfall unabhängig vom Bestand des Schuldspruchs auf jeden Fall anstrebt. Insoweit läge eine gemäß § 296 Abs. 2 StPO zulässige Revision der Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten vor. Eine Revision der Staatsanwaltschaft kann hinsichtlich des Schuldspruchs einerseits und einer Maßregel andererseits von unterschiedlicher Zielrichtung sein, auch wenn hier die den Angeklagten begünstigende Anfechtung der Unterbringung nur bei Erfolglosigkeit der zu seinem Nachteil zum Schuldspruch eingelegten Revision eigenständige Bedeutung hat. Die Staatsanwaltschaft hat sich zu alledem entgegen Nr. 147 Abs. 1 Satz 3 RiStBV nicht geäußert (vgl. auch Hanack in LR-StPO, 25. Aufl., § 296 Rn. 10). Die Aufgabe des Senats, das Ziel des Rechtsmittels durch Auslegung der Rechtsmittelerklärungen zu ermitteln, ist davon jedoch unberührt (vgl. Hanack aaO; MeyerGoßner , StPO, 54. Aufl., § 296 Rn. 14 jew. mwN). Diese ergibt hier angesichts der eingehenden Darlegung, warum die Unterbringung aus vom Schuldspruch unabhängigen Gründen fehlerhaft sei, dass die Staatsanwaltschaft die Unterbringung auch unabhängig vom Ergebnis ihrer Revision hinsichtlich des Schuldspruchs auf jeden Fall anfechten will.
21
b) Aus den dargelegten Gründen kann auch eine gegen den Schuldspruch gerichtete Revision des Angeklagten eine zugleich angeordnete Unterbringung nicht vom Rechtsmittelangriff ausnehmen. Daher kann offen bleiben, ob hier die Revision, die im Ergebnis geltend macht, dieUnterbringung müsse früher beginnen, hinsichtlich der Maßregel auf die Dauer des Vorwegvollzugs beschränkt sein soll; dies wäre wegen der gleichzeitigen Anfechtung des Schuldspruchs unwirksam.
22
6. Die Unterbringungsanordnung kann nicht bestehen bleiben.
23
a) Schon die Feststellungen zu einem Hang sind nicht klar. Der Angeklagte konsumiert seit Jahren Heroin und Haschisch. Wie seine näher geschil- derten zahlreichen Vorstrafen belegen, geriet er immer mehr „in den Teufelskreis von Drogen und Beschaffungskriminalität“, während etlicheTherapiever- suche erfolglos blieben. Die Strafkammer geht jedoch nicht davon aus, dass die Tat auf einem Hang zu Drogenmissbrauch beruht, sondern auf einem Hang zu übermäßigem Alkoholkonsum. Hierzu ergeben die Feststellungen zu Vorleben und Vorstrafen jedoch nichts. Mitgeteilt ist lediglich, dass der Sachverständige den Angeklagten für „trinkgewohnt“ hält, ohne dass die tatsächlichen Grundlagen dieser Bewertung erkennbar wären. Freilich treten Alkoholmissbrauch und Drogenmissbrauch nicht selten gleichzeitig auf (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 3 StR 194/07; Schöch in LK-StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 80; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 64 Rn. 7a mwN). Es ist jedoch fraglich, ob allein die unausgeführte Annahme, ein Drogenkonsument sei trinkgewohnt, einen Hang zu Alkoholmissbrauch tragfähig belegt.
24
b) Selbst wenn man aber von einem solchen Hang ausginge, fehlte es an den weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB. Erforderlich wäre, dass die rechtswidrige Tat entweder im Rausch begangen ist oder auf den Hang zurückgeht , wobei die erste dieser Alternativen ein Unterfall der zweiten Alternative ist (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 - 1 StR 693/96 mwN).
25
(1) „Im Rausch“ bedeutet, dass die Tat während des für das jeweilige Rauschmittel typischen, die geistig-psychischen Fähigkeiten beeinträchtigenden Intoxikationszustands begangen sein muss (Schöch in SSW-StGB, § 64 Rn. 26). Wie viel Alkohol der Angeklagte getrunken hatte, bevor K. kam, war nicht feststellbar, Spuren einer „deutlichen Intoxikation“ gibt es nicht. We- der ein Zeuge, noch der Angeklagte selbst hat von „erheblicher Alkoholisierung“ berichtet, bei seiner Festnahme wirkte er „in keiner Weise alkoholisiert oder drogenbeeinflusst“, eine nachfolgende Untersuchung ergab keine Hinweise auf Restalkohol. Auch die Feststellungen zur Tat einschließlich Vor- und Nachtat- geschehen zeigen, so die Strafkammer, „schlüssige und sinnvolle Handlungsabläufe“. Nach alledem spricht nichts dafür, dass die Tat i.S.d. §64 StGB im Rausch begangen wurde, der Zweifelssatz gilt insoweit nicht (v. Gemmeren aaO Rn. 36 mwN).
26
(2) Auch Anhaltspunkte dafür, dass die Tat, obwohl nicht im Rausch begangen , doch auf einen (etwaigen) Hang zum Alkohol- oder auch Drogenmissbrauch zurückginge, bestehen nicht. Dies setzte voraus, dass sie Symptomwert für den Hang hat, indem sich in ihr die hangbedingte Gefährlichkeit des Täters äußert. Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel selbst oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 - 1 StR 693/96 mwN). Darum geht es hier nicht. Andere Delikte kommen als Hangtaten dann in Betracht, wenn hierfür besondere Anhaltspunkte bestehen (BGH aaO). Bei Konflikttaten und (oder) Taten, denen eine Provokation des Täters durch das Opfer vorausging, liegt die Annahme eines Zusammenhangs mit einem Hang zum Missbrauch berauschender Mittel wenig nahe (v. Gemmeren aaO Rn. 37; vgl. auch Schöch in SSW-StGB, § 64 Rn. 27). Anhaltspunkte , dass hier bei einer spontanen Gewalttat aus Ärger über Vorhalte eines Außenstehenden wegen der Beziehung zu einer Frau, nahe liegend in Verbindung mit dem Gefühl (wegen des nur kleinen Messers) verspottet und nicht ernst genommen zu werden, ausnahmsweise ein solcher Zusammenhang möglich sein könnte, sind nicht ersichtlich. Der wenig klare Hinweis der Strafkammer , trotz nicht erkennbarer besonderer Alkoholisierung beruhe die Tat wegen der Enthemmung des Angeklagten auf seinem Hang zu Alkoholmissbrauch , ändert daran nichts.
27
c) Selbst wenn noch Feststellungen hinsichtlich eines generellen Hanges (auch) zu Alkoholmissbrauch möglich sein sollten, hält es der Senat für sicher ausgeschlossen, dass noch Feststellungen zu einem Rausch bei der Tat oder einem symptomatischen Zusammenhang zwischen der Tat und einem Hang zu Alkohol- oder auch Rauschgiftmissbrauch möglich sind. Daher erkennt er entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf Wegfall der Unterbringungsanordnung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - 1 StR 167/08 mwN). Auf die für sich genommen zutreffenden Hinweise der Revisionen und des Generalbundesanwalts auf rechtliche Bedenken gegen die Annahme der Strafkammer, die gegenwärtigen Zweifel am Erfolg einer Unterbringung könnten nach Ablauf des (mit § 67 Abs. 2 StGB nicht zu vereinbarenden) Vorwegvollzuges von zehn Jahren Freiheitsstrafe ausgeräumt sein, kommt es daher nicht mehr an.
28
7. Der Senat hat geprüft, ob der Wegfall der Unterbringung den Bestand des für sich genommen rechtsfehlerfreien Strafausspruchs (vgl. oben 3, 4d) gefährdet. Dies wäre der Fall, wenn ein Einfluss der Maßregel auf die Strafhöhe möglich erschiene. Grundsätzlich besteht entsprechend der „Zweispurigkeit“ von Strafe und Maßregel zwischen beiden Rechtsfolgen keine Wechselwirkung, sie sollen unabhängig voneinander bemessen bzw. verhängt werden (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 365 mwN). Freilich sind die für Strafe und Unterbringungsanordnung wesentlichen Gesichtspunkte nicht stets streng voneinander zu trennen, z.B. kann ein Rausch auf die Bestimmung des Maßes der Schuld Einfluss haben und, sofern er hangbedingt ist, zugleich Grundlage einer Unterbringung sein. Derartige Zusammenhänge können nicht nur je nach den Umständen des Einzelfalles für die (vorliegend wegen umfassender Anfechtung des Urteils auch im Schuldspruch nicht einschlägige ) Frage der weiteren Beschränkbarkeit eines nicht gegen den Schuldspruch gerichteten Rechtsmittels im Zusammenhang mit der Unterbringungsanordnung bedeutsam sein (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. Juni 2011 - 2 StR 140/11; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362; BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - 2 StR 352/93, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 6), sondern auch im Blick auf eine die Unterbringung betreffende Entscheidung auf den Bestand des Strafausspruches Einfluss haben (vgl. BGH aaO; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - 1 StR 25/03, NStZ 2004, 111). Voraussetzung hierfür ist aber stets, dass die Urteilsgründe - auf diese kommt es an - konkrete Anhaltspunkte für eine mögliche Wechselwirkung zwischen der Entscheidung über die Höhe der Strafe und der Maßregel enthalten.
29
Dies ist hier in keiner Richtung der Fall.
30
8. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen waren der Staatskasse aufzuerlegen, auch soweit sie im Ergebnis zu Gunsten des Angeklagten erfolgreich war (vgl. zu den Kosten Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 473 Rn. 16 mwN); hinsichtlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten ergibt sich dies aus § 473 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Kosten seiner Revision und die ihm dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat der Senat insgesamt dem Angeklagten auferlegt, § 473 Abs. 4 StPO. Nichts spricht dafür, dass er keine Revision eingelegt hätte, wenn seine Unterbringung gemäß § 64 StGB nicht angeordnet worden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2003 - 1 StR 451/03 mwN).
Nack Wahl Rothfuß
Hebenstreit Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 126/08
vom
24. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Diebstahl u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 24. April 2008 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 30. November 2007, auch soweit es den Mitangeklagten Tarzan A. betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass
a) der Angeklagte der Beihilfe zum Diebstahl in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahl und
b) der Mitangeklagte A. des Diebstahls in Tateinheit mit versuchtem Wohnungseinbruchsdiebstahl schuldig sind. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. der Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl und den Mitangeklagten A. , der keine Revision eingelegt hat, des Wohnungseinbruchsdiebstahls schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten D. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und den Mitangeklagten A. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, wobei es die Vollstreckung der Strafe beim Mitangeklagten zur Bewährung ausgesetzt hat. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt - auch bezüglich des Mitangeklagten A. (§ 357 StPO) - zur Abänderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Annahme eines vollendeten Wohnungseinbruchsdiebstahls hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
1. Nach den Feststellungen gewann der Mitangeklagte A. den Angeklagten sowie Yusuf Ag. für seinen Plan, nachts in das Wohn- und Betriebsanwesen der Eheleute K. einzudringen, um dort Geld aus einem Tresor zu entwenden. Das Anwesen bestand aus zwei miteinander verbundenen Gebäudekomplexen. In einem Gebäudeteil befand sich im Erdgeschoss ein Café nebst Bürobereich und im Obergeschoss der Wohnbereich des Ehepaars; im anderen Teil waren eine Gaststätte, eine Brauerei und weitere Büroräume untergebracht. Die Gebäudeaufteilung war den Tatbeteiligten nicht im Einzelnen bekannt. Sie wussten aber, dass das Betreiberehepaar in dem Anwesen auch wohnte. Während der Angeklagte den Mitangeklagten A. und Ag. in die Nähe des Tatortes fuhr und dort gemeinsam mit A. im Fahrzeug wartete, schlug Ag. absprachegemäß im Erdgeschoss des Gebäudes ein Fenster ein und stieg durch dieses in die Damentoilette des Cafés ein. Nach Durchqueren des Cafés gelangte er über eine Treppe zum Wohnbereich der Tatopfer im ersten Obergeschoss. Dort traf er auf das Ehepaar K. und zwang dieses - insoweit vom Tatplan abweichend - mittels massiver Schläge mit einem Holzknüppel , ihn zum Tresor, der sich in dem anderen Gebäudeteil befand, zu führen und diesen zu öffnen. Ag. nahm 10.000 € an sich, flüchtete und wurde abredegemäß vom Angeklagten und A. wieder im Fahrzeug aufgenommen. Die Beute wurde geteilt.
4
2. Die festgestellte Tathandlung erfüllt nicht die Anforderungen, die an ein Eindringen bzw. Einsteigen in eine Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu stellen sind.
5
Der Wohnungseinbruchsdiebstahl wurde mit dem 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 aus dem Katalog der Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB a.F. herausgenommen und zum Qualifikationstatbestand aufgewertet. Der Einbruchsdiebstahl aus Wohnungen ist seither gegenüber den übrigen Einbruchsdiebstählen mit einer im Mindestmaß doppelt so hohen Strafe bedroht und kann nicht mehr mit Geldstrafe geahndet werden. Das Geringfügigkeitsprivileg des § 243 Abs. 2 StGB findet auf Wohnungseinbruchsdiebstähle keine Anwendung mehr. Eine Regelung für minder schwere Fälle sieht § 244 StGB nicht vor.
6
Diese mit einer deutlichen Strafschärfung einhergehende Gesetzesänderung erfordert eine sorgfältige Abgrenzung des Begriffs der Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB von den übrigen Räumlichkeiten, die weiterhin dem Schutzbereich des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB unterfallen (Schmitz in MünchKomm. § 244 Rdn. 56; Schall in Festschrift für Schreiber S. 423, 424).
7
Ausgehend von der Auslegung des § 123 StGB umfasst der Begriff der Wohnung grundsätzlich alle abgeschlossenen und überdachten Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen. Dazu zählen nicht bloße Arbeits-, Geschäfts- oder Ladenräume (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 4 StR 59/01; Fischer StGB 55. Aufl. § 244 Rdn. 24; Schmitz in MünchKomm. aaO). Dieser in erster Linie am Wortsinn orientierte Wohnungsbegriff kann jedoch mit Blick auf die Motive des Gesetzgebers für die Heraufstufung des Wohnungseinbruchsdiebstahls zum Qualifikationstatbestand nicht uneingeschränkt auf den Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB übertragen werden. Der Gesetzgeber hat die Strafschärfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls mit der Erwägung begründet, es handele sich um eine Straftat, die tief in die Intimsphäre des Opfers eingreife und zu ernsten psychischen Störungen, etwa langwierigen Angstzuständen führen könne; nicht selten seien Wohnungseinbrüche zudem mit Gewalttätigkeiten gegen Menschen und Verwüstungen von Einrichtungsgegenständen verbunden (BTDrucks. 13/8587 S. 43). Anlass für die Höherstufung des Wohnungseinbruchsdiebstahls war somit nicht etwa der besondere Schutz von in einer Wohnung - und damit besonders sicher - aufbewahrten Gegenständen, sondern die mit einem Wohnungseinbruch einhergehende Verletzung der Privatsphäre des Tatopfers (vgl. BGH NStZ 2001, 533; Schmitz in MünchKomm. aaO; Schall aaO S. 431; Behm in GA 2002, 153, 158). Bezweckt also der Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB neben dem Schutz des Eigentums den verstärkten Schutz der häuslichen Privat- und Intimsphäre, scheidet dessen Anwendbarkeit aus, wenn der Täter in Räumlichkeiten einsteigt oder einbricht, die nicht diesem besonderen Schutzbereich zuzuordnen sind.
8
Mit Blick auf die Motive des Gesetzgebers hat es der Bundesgerichtshof daher bei gemischt genutzten Gebäuden für die Tatbestandsverwirklichung als ausreichend angesehen, wenn der Täter nur deshalb in einen privaten Wohnraum einbrach, um von dort ungehindert in Geschäftsräume, aus denen er Gegenstände zu entwenden beabsichtigte, zu gelangen. In umgekehrten Fällen, in denen der Täter in einem Mischgebäude in einen Geschäftsraum eindrang, um nur dort, nicht aber aus den Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten zu stehlen , hat der Bundesgerichtshof einen Wohnungseinbruchsdiebstahl hingegen verneint (vgl. für den Einbruch in den Gastraum eines Hotels, in dem sich auch - der Regelung des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB unterfallende - Hotelzimmer befinden : BGH, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 4 StR 59/01; für den Fall des Ein- bruchs in den Flur und Empfangsbereich eines Seniorenheims: BGH NStZ 2005, 631).
9
Den Fall, dass der Täter - wie hier - in ein Geschäfts- oder Ladenlokal einbricht und von dort ungehindert in den Wohnbereich des Tatopfers gelangt, um gegebenenfalls (auch) dort zu stehlen, hat der Bundesgerichtshof, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.
10
Zwar ist der Schutz der Intim- und häuslichen Privatsphäre fraglos gleichermaßen verletzt, wenn sich der Täter in einem gemischt genutzten Anwesen den ungehinderten Zutritt zur Wohnung durch den Einbruch in ein im selben Gebäude untergebrachtes Geschäftslokal verschafft. Gleichwohl ist jedenfalls dann, wenn der Täter in einem Mischgebäude in einen vom Wohnbereich räumlich eindeutig abgegrenzten und nur zu betrieblichen Zwecken genutzten Geschäftsraum einsteigt, um von dort ohne Überwindung weiterer Hindernisse in den Wohnbereich vorzudringen, eine Verurteilung aus § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB mit der äußersten Auslegungsgrenze des Wortlauts nicht mehr vereinbar (vgl. Seier in Festschrift für Kohlmann S. 295, 304). Die Vorschrift setzt den Einbruch in eine Wohnung voraus. Vom Wohnbereich völlig getrennt untergebrachte, rein geschäftlich genutzte Räumlichkeiten können selbst bei weitester Auslegung des Wohnungsbegriffs diesem jedoch nicht mehr zugeordnet werden (Seier aaO).
11
Anders mag es sich, was der Senat nicht zu entscheiden hat, verhalten, wenn der Täter in dem Begriff des Wohnens typischer Weise zuzuordnende, mit dem Wohnbereich unmittelbar verbundene Räume - etwa in Kellerräume oder in den Dachboden eines Einfamilienhauses (anders allerdings bei separat untergebrachten Kellerräumen in Mehrfamilienhäusern vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2002 - 4 StR 242/02 - [nicht tragend]; OLG Schleswig NStZ 2000, 479) - einbricht und sich von dort ungehindert Zugang zum Wohnbereich verschafft. Ebenso wenig hat der Senat zu entscheiden, ob der Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB etwa dann erfüllt wäre, wenn ein Täter zwar in einen ausschließlich gewerblich genutzten Raum - etwa die Kanzlei eines Rechtsanwalts - einsteigt , dieser Raum - anders als im vorliegenden Fall - aber so in den Wohnbereich integriert ist, dass dieser und der Geschäftsraum eine in sich geschlossene Einheit bilden.
12
3. Danach liegt im vorliegenden Fall ein (vollendeter) Einbruch in eine Wohnung nicht vor. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann entnommen werden, dass sich der Wohnbereich der Tatopfer vollständig räumlich getrennt vom Gastraum und den Nebenräumen des Cafés, der Gastwirtschaft und dem Brauereibetrieb im Obergeschoss eines der beiden Gebäudekomplexe befand. Eingebrochen wurde indes in einen dem Café, mithin dem Geschäftslokal zuzurechnenden Nebenraum. Die Geschäftsräume wurden nach den Feststellungen ausschließlich als solche genutzt und waren unter keinem Gesichtspunkt dem Wohnbereich zuzuordnen. Die Wortlautgrenze verbietet deshalb eine Verurteilung wegen vollendeten Wohnungseinbruchsdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB.
13
Der Mitangeklagte A. , der sich die entsprechenden Tatbeiträge des unmittelbaren Täters Ag. zurechnen lassen muss (§ 25 Abs. 2 StGB), hat sich somit als Mittäter lediglich des vollendeten Diebstahls in einem besonders schweren Fall nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht. Tateinheitlich hat er jedoch - da die Tatbeteiligten infolge ihrer unzureichenden Kenntnisse der Örtlichkeiten ein Einsteigen auch in eine Wohnung billigten - einen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahl nach § 244 Abs. 2 StGB begangen (vgl. Mitsch in ZStW 1999, 65, 71). Der Angeklagte hat zu dieser Tat durch seine Fahrerdienste Beihilfe geleistet.
14
4. Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend - beim Mitangeklagten A. gemäß § 357 StPO - selbst ändern, da auszuschließen ist, dass sich die geständigen Angeklagten gegen die abweichende rechtliche Beurteilung der Tat anders als geschehen hätten verteidigen können.
15
5. Der Strafausspruch wird von der Schuldspruchänderung nicht berührt. Durch die abweichende rechtliche Bewertung hat sich am Schuldgehalt der Tat nichts geändert. Für den Angeklagten D. wäre die Strafe überdies infolge der gemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Strafrahmenverschiebung auch bei Zugrundelegung des geänderten Schuldspruchs dem selben Strafrahmen zu entnehmen gewesen. In Anbetracht der maßvollen Strafen kann der Senat deshalb ausschließen, dass das Landgericht im Falle einer Verurteilung auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs auf mildere Strafen erkannt oder die Vollstreckung der Strafe beim Angeklagten D. zur Bewährung ausgesetzt hätte. Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 59/01
vom
3. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 3. Mai 2001 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten P. und Pr. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 30. Juni 2000, soweit es sie und den Mitangeklagten B. betrifft, in den Schuldsprüchen dahin geändert, berichtigt und zur Klarstellung neu gefaßt, daß schuldig sind 1. der AngeklagteP. des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, des versuchten schweren Bandendiebstahls, des Wohnungseinbruchsdiebstahls in vier Fällen, des Diebstahls in fünf Fällen, des versuchten Diebstahls, der Körperverletzung, der Brandstiftung und des Vortäuschens einer Straftat, 2. der Angeklagte Pr. des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, des versuchten schweren Bandendiebstahls, des Diebstahls und der unerlaubten Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe, 3. der AngeklagteB. des Diebstahls in drei Fällen , des versuchten Diebstahls, der Begünstigung und der Brandstiftung. II. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
III. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den AngeklagtenP. nach der verkündeten Urteilsformel "des schweren Bandendiebstahls in 3 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, des Wohnungseinbruchsdiebstahls in 8 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, des Diebstahls in einem besonders schweren Fall, des Diebstahls, der Körperverletzung, der Brandstiftung und des Vortäuschens einer Straftat" und den Angeklagten Pr. "des schweren Bandendiebstahls in 3 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, des Wohnungseinbruchsdiebstahls und der verbotenen Gewaltausübung über eine halbautomatische Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm" schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten P. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und den Angeklagten Pr. z u einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen sie Maßregeln nach §§ 69, 69 a StGB angeordnet.
Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; mit einer nicht ausgeführten und daher unzulässigen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Rüge beanstandet der Angeklagte Pr. zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge zu den Schuldsprüchen teilweise Erfolg ; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Soweit der Angeklagte P. in dem hinzuverbundenen Verfahren 71 Js 231/00 wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls (Einbruch in die Wohnung amM. 27 in M. am 4. November 1998, UA 37) verurteilt worden ist, besteht, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 28. Februar 2001 zutreffend ausgeführt hat, kein Verfahrenshindernis. Das Landgericht hatte nämlich auch insoweit die Eröffnung des Hauptververfahrens beschlossen :
Die Staatsanwaltschaft erhob in dem Verfahren 71 Js 231/00 Anklage zum Landgericht mit dem Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen und das Verfahren mit dem bereits eröffneten, dort anhängigen Verfahren zu verbinden. Ausweislich der Sitzungsniederschrift erklärten sich der Angeklagte P. und sein Verteidiger im Hauptverhandlungstermin vom 15. Juni 2000 mit der Einbeziehung der Anklage einverstanden. Im Anschluß daran wurde der Beschluß des Landgerichts verkündet, daß die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden.
Zwar entspricht dieser Beschluß nicht dem Wortlaut des § 207 Abs. 1 StPO; zur Eröffnung des Hauptverfahrens genügt aber die schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen zur Hauptverhandlung zuzulassen, wobei eine mündlich verkündete und protokollierte Entscheidung einer schriftlichen gleichsteht (vgl. BGH NStZ 2000, 442 m.w.N.). Mit der Erörterung der Frage der "Einbeziehung" der Anklageschrift vom 23. Mai 2000 in das bereits
anhängige Verfahren in der Hauptverhandlung und dem im Anschluß daran verkündeten Verbindungsbeschluß hat das Landgericht inzidenter die Eröffnungsvoraussetzungen des § 203 StPO bejaht und eindeutig auch den Willen zum Ausdruck gebracht, die Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen.

II.


1. Die Sachrügen der Beschwerdeführer führen zur Ä nderung der sie betreffenden Schuldsprüche in folgenden, in den Urteilsgründen entsprechend der Numerierung in der Anklageschrift vom 20. März 2000 bezeichneten Fällen:

a) In den Fällen 1 und 3 der Anklage haben sich der Angeklagte P. und der Mitangeklagte B. jeweils nicht des Wohnungseinbruchsdiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB n.F.), sondern des Diebstahls (in einem besonders schweren Fall) schuldig gemacht. Zwar ist der Angeklagte P. nach den Feststellungen im Fall 1 der Anklage am 25. Januar 1998 zur Ausführung der beiden Diebstahlstaten in eine Wohnung eingestiegen und im Fall 3 der Anklage in eine Wohnung eingebrochen. Der Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB n.F. ist aber erst nach Begehung dieser Taten durch das am 1. April 1998 in Kraft getretene 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 164) in das StGB eingefügt worden. Demgemäß finden als das gegenüber dieser Vorschrift mildere Gesetz die §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB a.F. Anwendung.

b) Auch die Annahme eines von dem Angeklagten P. und dem Mitangeklagten B. mittäterschaftlich versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls im Fall 12 der Anklage hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach
den Feststellungen versuchten die Angeklagten am 11. oder 12. Mai 1998, zur Ausführung des geplanten Diebstahls in ein Antiquitätengeschäft einzubrechen. Wohnungen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB sind jedoch nur abgeschlossene und überdachte Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen, nicht bloße Arbeits-, Geschäfts- oder Ladenräume, wie die eines Antiquitätengeschäfts (vgl. Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 244 Rdn. 24). Die Angeklagten haben sich daher insoweit lediglich des versuchten Diebstahls schuldig gemacht, allerdings in einem besonders schweren Fall, da sie zur Ausführung der geplanten Tat mit einem Bolzenschneider die Türscharniere zum Hintereingang des Antiquitätengeschäftes durchtrennt und damit zur Verwirklichung des Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB unmittelbar angesetzt haben (vgl. BGHSt 33, 370; Tröndle/Fischer aaO § 243 Rdn. 28 m. w. N.).

c) Im Fall 17 der Anklage liegen entgegen der Auffassung des Landgerichts die Voraussetzungen des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB ebenfalls nicht vor. Die Angeklagten P. und Pr. s ind zwar in der Nacht zum 27. Februar 1999 durch ein gewaltsam geöffnetes Fenster zur Ausführung des Diebstahls in das Hotel eingedrungen, jedoch lediglich in einen "Gastraum" des Hotels. Gasträume eines Hotels sind aber im Gegensatz zu von Gästen gemieteten Zimmern keine Wohnräume im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB (vgl. Tröndle /Fischer aaO § 244 Rdn. 24), so daß insoweit nur eine Strafbarkeit nach §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB gegeben ist.
2. Den aus den vorgenannten Gründen gebotenen Schuldspruchänderungen steht § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen. Es ist auszuschließen, daß
sich die insoweit geständigen Beschwerdeführer gegen die geänderten Schuldvorwürfe anders als geschehen hätten verteidigen können.
3. Soweit es den Angeklagten P. betrifft, steht der Ä nderung der Schuldsprüche in den Fällen 1, 3, 12 und 17 der Anklage auch nicht entgegen, daß die Urteilsformel des schriftlichen Urteils insoweit – wie auch hinsichtlich der Fälle 6, 14, 23 der Anklage vom 20. März 2000 und des in dem hinzuverbundenen Verfahren 71 Js 231/00 angeklagten Falles – aufgrund eines Fassungsversehens abweichend von der verkündeten Urteilsformel keinen Ausspruch über die insoweit erfolgte Verurteilung enthält. Maßgebend ist die ausweislich der Sitzungsniederschrift verkündete Urteilsformel (vgl. Kleinknecht /Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 268 Rdn. 18 m. N.), aus der sich ergibt, daß der Angeklagte in den v orgenannten Fällen “des Wohnungseinbruchsdiebstahls in 8 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb," schuldig gesprochen wurde. Die Urteilsformel des angefochtenen Urteils ist daher insoweit , allerdings unter Berücksichtigung der in den Fällen 1, 3, 12 und gebotenen Schuldspruchänderungen, zu berichtigen.
4. Zur Klarstellung faßt der Senat die Schuldsprüche insgesamt neu. Soweit das Landgericht den Angeklagten P. im Fall 5 der Anklage des “Diebstahls im besonders schweren Fall” schuldig gesprochen hat, war die gesetzliche Überschrift des § 243 StGB nicht in die Urteilsformel aufzunehmen, da diese Vorschrift keine selbständige Qualifikation, sondern lediglich eine Strafzumessungsregel enthält (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 260 Rdn. 25 m.w.N.).

III.


Trotz der Ä nderung der Schuldsprüche zu Gunsten der Beschwerdeführer können die in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen und damit auch die Aussprüche über die Gesamtstrafen bestehen bleiben. Unter den hier gegebenen Umständen kann der Senat sicher ausschließen, daß die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Bewertung dieser Taten niedrigere Strafen verhängt hätte, zumal sie sich ersichtlich nicht an der unteren Strafrahmengrenze orientiert hat.

IV.


Die auf die Revision des Angeklagten P. gebotenen Schuldspruchänderungen in den Fällen 1, 3 und 12 der Anklage sind gemäß § 357 StPO auf den MitangeklagtenB. zu erstrecken, dessen Revision als unzulässig verworfen wurde (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 357 Rdn. 7); auch bei ihm hat aus den oben genannten Gründen die Schuldspruchänderung keine Auswirkungen auf den Strafausspruch (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO Rdn. 16). Auch hinsichtlich des AngeklagtenB. faßt der Senat den Schuldspruch insgesamt neu, da das Landgericht die als Diebstahl im besonders schweren Fall gemäß §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB gewertete Tat (Fall 5 der Anklage) in der Urteilsformel rechtsfehlerhaft als "schweren Diebstahl" bezeichnet hat.

V.


Die Gründe des angefochtenen Urteils geben Anlaß zu dem Hinweis, daß es sich empfiehlt, die Einzelfälle mit einer Ordnungszahl zu versehen. Dabei sollte in aller Regel die Numerierung der Sachdarstellung auch bei der rechtlichen Würdigung und den Ausführungen zur Strafzumessung beibehalten werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. April 1999 – 4 StR 102/99, vom 18. Januar 2000 – 4 StR 561/99 und vom 28. November 2000 – 5 StR 453/00; Kroschel/Meyer-Goßner, Die Urteile in Strafsachen 26. Aufl. S. 74 ff.). Es erschwert nicht nur die Lesbarkeit, sondern begründet auch die Gefahr von Fehlern , wenn das Urteil lediglich auf Fallnummern der Anklage Bezug nimmt.

VI.

Der nur geringfügige Erfolg der Revisionen gibt keinen Anlaß, die Angeklagten - auch nur teilweise - von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
Meyer-Goßner Maatz Athing

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 129/05
vom
20. Mai 2005
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs widerstandsunfähiger Personen u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Mai 2005 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 9. November 2004
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte im Fall II 3 des Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig ist,
b) aufgehoben im Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafe im Fall II 3 und die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs widerstandsunfähiger Personen in zwei Fällen (Fälle II 1 und 2) und wegen Woh-
nungseinbruchsdiebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (Fall II 3) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde für die Erteilung einer Fahrerlaubnis eine Sperre von zwei Jahren festgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist es offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 15. März 2005 zutreffend u.a. ausgeführt: "Keinen Bestand haben kann ... die Verurteilung wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls. Dabei kann dahinstehen, ob § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB teleologisch sowie nach seiner Entstehungsgeschichte (BT-Drs. 1/8587, S. 43) einschränkend dahingehend ausgelegt werden muss, dass hierunter nur Wohnungen im engeren Sinne fallen (Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 244 Rdnr. 24 a, b mwN; OLG Schleswig NStZ 2000, 449 f.; vgl. auch BGH NStZ 2001, 533 f.). Denn auch unter Zugrundelegung des weiten Wohnungsbegriffs ist der Angeklagte nach den Feststellungen nicht in eine Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB eingebrochen oder eingestiegen. Wohnungen sind abgeschlossene und überdachte Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen und nicht Arbeits-, Geschäfts- oder Ladenräume sind (Tröndle/ Fischer aaO § 123 Rdnr. 6; § 244 Rdnr. 24 m.w.N.). Nach den Feststellungen kletterte der Angeklagte in den Innenhof des Seniorenund Pflegeheims und begab sich durch den Flur in den offenen Empfangsbereich des Foyers, wo er Gegenstände entwendete (UA S. 10). Damit ist der Angeklagte zur Ausführung der Tat in Geschäfts- oder Ar-
beitsräume, nicht jedoch in eine Wohnung im weiteren Sinne eingestiegen. Dafür, dass der Flur und der Empfangsbereich Nebenräume zu Wohnungen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB waren, geben die Feststellungen nichts her. Der Rechtsfehler führt zu der beantragten Änderung des Schuldspruchs und der Aufhebung der im Fall 3 der Anklage verhängten Einzelstrafe sowie der Gesamtfreiheitsstrafe, weil sich angesichts des geringeren, aus § 243 Abs. 1 StGB ergebenen Strafrahmens ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsverstoß nicht mit der notwendigen Sicherheit ausschließen lässt. Da nur ein Rechtsfehler vorliegt, bedarf es der Aufhebung der Feststellungen nicht. Die verhängte Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB kann dagegen bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsmangel nicht berührt und auf das rechtsfehlerfrei festgestellte Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gestützt ist (UA S. 34)." Bode Rothfuß Fischer Roggenbuck Appl

Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.