Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2005 - 2 StR 129/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte im Fall II 3 des Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig ist,
b) aufgehoben im Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafe im Fall II 3 und die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs widerstandsunfähiger Personen in zwei Fällen (Fälle II 1 und 2) und wegen Woh-
nungseinbruchsdiebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (Fall II 3) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde für die Erteilung einer Fahrerlaubnis eine Sperre von zwei Jahren festgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist es offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 15. März 2005 zutreffend u.a. ausgeführt: "Keinen Bestand haben kann ... die Verurteilung wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls. Dabei kann dahinstehen, ob § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB teleologisch sowie nach seiner Entstehungsgeschichte (BT-Drs. 1/8587, S. 43) einschränkend dahingehend ausgelegt werden muss, dass hierunter nur Wohnungen im engeren Sinne fallen (Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 244 Rdnr. 24 a, b mwN; OLG Schleswig NStZ 2000, 449 f.; vgl. auch BGH NStZ 2001, 533 f.). Denn auch unter Zugrundelegung des weiten Wohnungsbegriffs ist der Angeklagte nach den Feststellungen nicht in eine Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB eingebrochen oder eingestiegen. Wohnungen sind abgeschlossene und überdachte Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen und nicht Arbeits-, Geschäfts- oder Ladenräume sind (Tröndle/ Fischer aaO § 123 Rdnr. 6; § 244 Rdnr. 24 m.w.N.). Nach den Feststellungen kletterte der Angeklagte in den Innenhof des Seniorenund Pflegeheims und begab sich durch den Flur in den offenen Empfangsbereich des Foyers, wo er Gegenstände entwendete (UA S. 10). Damit ist der Angeklagte zur Ausführung der Tat in Geschäfts- oder Ar-
beitsräume, nicht jedoch in eine Wohnung im weiteren Sinne eingestiegen. Dafür, dass der Flur und der Empfangsbereich Nebenräume zu Wohnungen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB waren, geben die Feststellungen nichts her. Der Rechtsfehler führt zu der beantragten Änderung des Schuldspruchs und der Aufhebung der im Fall 3 der Anklage verhängten Einzelstrafe sowie der Gesamtfreiheitsstrafe, weil sich angesichts des geringeren, aus § 243 Abs. 1 StGB ergebenen Strafrahmens ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsverstoß nicht mit der notwendigen Sicherheit ausschließen lässt. Da nur ein Rechtsfehler vorliegt, bedarf es der Aufhebung der Feststellungen nicht. Die verhängte Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB kann dagegen bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsmangel nicht berührt und auf das rechtsfehlerfrei festgestellte Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gestützt ist (UA S. 34)." Bode Rothfuß Fischer Roggenbuck Appl
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
- 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder - 3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält, - 2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist, - 3.
gewerbsmäßig stiehlt, - 4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient, - 5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist, - 6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder - 7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.