Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2013 - XII ZB 614/11

bei uns veröffentlicht am14.08.2013
vorgehend
Amtsgericht Schwetzingen, 1 XVII 126/11, 19.10.2011
Landgericht Mannheim, 4 T 160/11, 15.11.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 614/11
vom
14. August 2013
in der Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Voraussetzung der Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB
ist, dass für den Betroffenen ein Betreuer gem. §§ 1896 ff. BGB bestellt und
diesem die Kompetenz eingeräumt ist, im Namen des Betroffenen die Einwilligung
in die Freiheitsentziehung zu erklären. Die Kompetenz zur Einwilligung in
die Unterbringung muss dem Betreuer bei Umschreibung seines Aufgabenkreises
ausdrücklich eingeräumt werden; im Fall des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB
müssen etwa die Aufgabenkreise "Befugnis zur Unterbringung" oder "Aufenthaltsbestimmungsrecht"
einerseits und "Gesundheitsfürsorge" andererseits zugewiesen
sein.
BGH, Beschluss vom 14. August 2013 - XII ZB 614/11 - LG Mannheim
AG Schwetzingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. August 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Schwetzingen vom 19. Oktober 2011 und der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 15. November 2011 die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 5 Satz 2 KostO). Die notwendigen Auslagen der Betroffenen für das Verfahren in allen Instanzen werden der Staatskasse auferlegt (§ 128 b KostO, § 337 Abs. 1 FamFG).

Gründe:

1
Die Rechtsbeschwerde wendet sich gegen die durch Zeitablauf erledigte Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus.

I.

2
Das Amtsgericht hat für die Betroffene, die an einer paranoiden Schizophrenie leidet, mit Beschluss vom 2. Mai 2011 eine Betreuung für die Aufgabenkreise Vermögenssorge und Vertretung gegenüber Behörden, Versicherun- gen, Renten- und Sozialleistungsträgern angeordnet. Im Wege der einstweiligen Anordnung hat es durch weiteren Beschluss vom 22. Juni 2011 befristet bis 22. Oktober 2011 die Betreuung um die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung erweitert.
3
Nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. A. zur Frage der Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses hat das Amtsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 8. September 2011 die vorläufige Unterbringung der Betroffenen durch den Betreuer bis längstens 19. Oktober 2011 genehmigt.
4
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2011 hat das Amtsgericht die (weitere) Unterbringung der Betroffenen durch den Betreuer in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB (in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FGG-Reformgesetz - vom 17. Dezember 2008) bis längstens 20. Januar 2012 genehmigt. Es hat sich hierbei auf ein ärztliches Zeugnis der behandelnden Ärztin Dr. B. und der Funktionsbereichsleiterin der Klinik Frau K. vom 13. Oktober 2012 sowie auf die ergänzenden mündlichen Ausführungen von Frau K. im Termin zur Anhörung der Betroffenen am 19. Oktober 2011 gestützt. Danach bedürfe die Betroffene dringend ärztlicher Behandlung mit Psychopharmaka, um die drohende Chronifizierung ihrer Erkrankung zu verhindern. Die medizinisch notwendige Behandlung sei derzeit ohne geschlossene Unterbringung nicht gewährleistet; die Betroffene habe in den vergangenen Wochen jegliche Mitwirkung an der Behandlung verweigert.
5
Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht am 7. November 2011 durch den Berichterstatter als beauftragten Richter eine mündliche Anhörung durchgeführt, bei der die Funktionsbereichsleiterin Frau K. in Abwesenheit der Betroffenen ein mündliches Sachverständigengutachten zur Erforderlichkeit der Unterbringung zu Protokoll erstattet hat. Bei der anschließenden Anhörung der Betroffenen hat der beauftragte Richter dieser das zuvor von Frau K. mündlich erstattete Sachverständigengutachten bekanntgegeben. Am 11. November 2011 (Freitag) hat das Landgericht die Übersendung des Vermerks über die mündliche Anhörung an die Betroffene angeordnet. Mit angegriffenem Beschluss vom 15. November 2011 (Dienstag) hat das Landgericht die Beschwerde gegen die Genehmigung der Unterbringung zurückgewiesen.
6
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Voraussetzungen für die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB seien gegeben. Dem Betreuer der Betroffenen stehe das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Aufgabenkreis zu. Die Betroffene habe aufgrund ihrer Erkrankung immer wieder die mit ihr besprochene und für sie erforderliche medikamentöse Behandlung abgelehnt. Ohne eine Unterbringung sei zu befürchten, dass die Betroffene die für sie erforderlichen Medikamente nicht mehr einnehmen und die notwendige Heilbehandlung abbrechen werde. Außerdem drohe die Gefahr, dass die Betroffene sich selbst töte oder sich einen erheblichen Schaden zufüge. Sie sei krankheitsbedingt in ihrer Kritik- und Urteilsfähigkeit gemindert und nicht in der Lage, im Hinblick auf die Erforderlichkeit der medikamentösen Behandlung und der Unterbringung einen freien Willen zu bilden und danach zu handeln.
7
Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Betroffene die Feststellung, durch die angegriffenen Beschlüsse in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

II.

8
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
9
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
10
Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Zeitablauf in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden. Das Feststellungsinteresse ist nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG in der Regel anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt. Die gerichtliche Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen solchen Eingriff (Senatsbeschlüsse vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 9 f. mwN und vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 6 f.).
11
Nachdem sich die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Hauptsache erledigt hat, kann die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde auch die Feststellung verlangen, bereits durch die Genehmigung der Unterbringung durch das erstinstanzliche Gericht in ihren Rechten verletzt worden zu sein (vgl. BGH Beschlüsse vom 4. März 2010 - V ZB 184/09 - FGPrax 2010, 152 Rn. 14 und vom 7. November 2011 - V ZB 94/11 - juris Rn. 5).
12
Die Rechtsbeschwerde ist auch ohne Zulassung statthaft, § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG.
13
2. Die Genehmigung der Unterbringung hat die Betroffene in ihren Rechten verletzt.
14
a) Bereits die Entscheidung des Amtsgerichts war - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - verfahrensfehlerhaft ergangen.
15
aa) Nach § 321 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat vor einer Unterbringungsmaßnahme eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Nach § 30 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 FamFG ist diese entsprechend der Zivilprozessordnung durchzuführen. Danach bedarf es zwar nicht zwingend eines förmlichen Beweisbeschlusses (vgl. § 358 ZPO). Jedoch ist die Ernennung des Sachverständigen dem Betroffenen vor der Einholung des Gutachtens, wenn nicht förmlich zuzustellen, so doch zumindest formlos mitzuteilen. Dies dient der Gewährung des rechtlichen Gehörs und ermöglicht dem Betroffenen, gegebenenfalls von seinem Ablehnungsrecht nach § 30 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 406 ZPO Gebrauch zu machen. Ferner hat der Sachverständige den Betroffenen gemäß § 321 Abs. 1 Satz 2 FamFG vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Dabei muss er schon vor der Untersuchung des Betroffenen zum Sachverständigen bestellt worden sein und ihm den Zweck der Untersuchung eröffnen. Andernfalls kann der Betroffene sein Recht, an der Beweisaufnahme teilzunehmen, nicht sinnvoll ausüben. Schließlich muss das Sachverständigengutachten zwar nicht zwingend schriftlich erfolgen, wenn auch eine schriftliche Begutachtung vielfach in Anbetracht des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs durch die beabsichtigte Maßnahme angezeigt erscheint. Jedenfalls aber muss das Gutachten namentlich Art und Ausmaß der Erkrankung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte, der durchgeführten Untersuchung und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 383/10 - FamRZ 2010, 1726 Rn. 19 ff. und vom 21. November 2012 - XII ZB 306/12 - FamRZ 2013, 211 Rn. 9).
16
bb) Das Amtsgericht hat kein den vorstehenden Anforderungen genügendes Sachverständigengutachten eingeholt.
17
Das Gutachten des Sachverständigen A. vom 17. August 2011 konnte der angegriffenen Entscheidung des Amtsgerichts vom 19. Oktober 2011 nicht mehr zugrunde gelegt werden, weil sich daraus die Erforderlichkeit der Unterbringung lediglich für die Dauer von sechs Wochen ergibt, die bereits abgelaufen waren. Die Betroffene war nach der Erstellung dieses Gutachtens aufgrund der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts vom 8. September 2011 bereits nahezu sechs Wochen in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses untergebracht.
18
Das ärztliche Zeugnis vom 13. Oktober 2011 erfüllt die Voraussetzungen des § 321 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht. Während die Einholung eines ärztlichen Zeugnisses gemäß §§ 321 Abs. 2, 312 Nr. 2 FamFG für unterbringungsähnliche Maßnahmen im Sinne des § 1906 Abs. 4 BGB und gemäß § 331 Satz 1 Nr. 2 FamFG im Verfahren der einstweiligen Anordnung ausreichend ist, verlangt § 321 Abs. 1 Satz 1 FamFG für das Hauptsacheverfahren im Hinblick auf den schwerwiegenden Eingriff in die Freiheitsrechte des Betroffenen die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten wird das vorliegende ärztliche Zeugnis nicht gerecht, denn es fehlt insbesondere an einer Darstellung der durchgeführten Untersuchungen, an einer Erläuterung des Behandlungskonzepts und an einer entsprechenden wissenschaftlichen Begründung.
19
Den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten genügt auch die Anhörung der Funktionsbereichsleiterin K. im Termin vom 19. Oktober 2011 nicht. Selbst wenn man von deren wirksamer Bestellung zur "Sachverständigen" ausgehen würde, mangelte es jedenfalls an einer entspre- chenden Bekanntgabe an die Betroffene vor Beginn der Begutachtung. Außerdem fehlte es an einer Untersuchung der Betroffenen nach Bestellung der Funktionsbereichsleiterin zur Sachverständigen. Die vom Gericht verwerteten Erkenntnisse, die die Sachverständige über die Betroffene gewonnen hatte, beruhen auf ihrer Tätigkeit als Funktionsbereichsleiterin in der Klinik und nicht als Sachverständige. In diesem Fall konnte die Betroffene keine Kenntnis davon haben, dass die von ihren behandelnden Ärzten durchgeführten Untersuchungen einer späteren Begutachtung dienen sollten.
20
cc) Durch die verfahrensfehlerhafte Vorgehensweise des Amtsgerichts ist die Betroffene in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und auf ein faires Verfahren verletzt worden. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verfahrensfehler. Es ist nicht ausgeschlossen , dass das Amtsgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn die Betroffene ordnungsgemäß begutachtet worden wäre.
21
b) Die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts erweist sich darüber hinaus als fehlerhaft, weil das Amtsgericht die Unterbringung der Betroffenen bis zum 20. Januar 2012 genehmigt hat, obwohl die Betreuung für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung aufgrund der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts vom 22. Juni 2011 lediglich befristet bis zum 22. Oktober 2011 bestand.
22
aa) Eine der Voraussetzungen der Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB ist, dass für den Betroffenen ein Betreuer gemäß §§ 1896 ff. BGB bestellt und diesem die Kompetenz eingeräumt ist, im Namen des Betroffenen die Einwilligung in die Freiheitsentziehung zu erklären. Denn der Betreuer ist es, der auf Grund einer ihm zustehenden Befugnis zur Aufenthaltsbestimmung die Unterbringung vornimmt, während das Gericht das Han- deln des Betreuers nur präventiv überprüft und gegebenenfalls genehmigt (MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1906 Rn. 5). Die Kompetenz zur Einwilligung in die Unterbringung muss dem Betreuer bei Umschreibung seines Aufgabenkreises ausdrücklich eingeräumt werden, etwa indem für den Fall des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Aufgabenkreise "Befugnis zur Unterbringung" oder "Aufenthaltsbestimmungsrecht" einerseits und "Gesundheitsfürsorge" andererseits zugewiesen werden (vgl. auch Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1906 BGB Rn. 13 f.; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1906 Rn. 5).
23
bb) Nachdem aus der Verfahrensakte erkennbar war, dass dem Betreuer die Aufgabenkreise "Aufenthaltsbestimmungsrecht" und "Gesundheitsfürsorge" lediglich bis zum 22. Oktober 2011 zugewiesen waren, hätte sich das Amtsgericht daran gehindert sehen müssen, die Unterbringung der Betroffenen durch den Betreuer über diesen Zeitpunkt hinaus zu genehmigen. Denn mit dem Wegfall der für eine Unterbringung erforderlichen Aufgabenkreise war auch eine der wesentlichen Tatbestandsvoraussetzungen für eine Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB entfallen.
24
Im Rahmen der nach § 1906 Abs. 1 BGB zu treffenden Prognoseentscheidung hat das Gericht nicht nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung im Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung vorliegen. Vielmehr darf es die Unterbringung durch den Betreuer nur für den Zeitraum genehmigen, in dem voraussichtlich die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein werden. Denn die Unterbringung als freiheitsentziehende Maßnahme ist nur dann gerechtfertigt , wenn und solange die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Bei Erlass der Genehmigungsentscheidung nach § 1906 Abs. 2 BGB darf sich das Gericht auch nicht allein darauf verlassen, dass der Betreuer nach § 1906 Abs. 3 BGB die Unterbringung bei Wegfall ihrer Voraussetzungen beenden wird. Denn neben die Verpflichtung des Betreuers tritt die Verpflichtung des Gerichts nach § 330 FamFG, die Genehmigung der Unterbringung von Amts wegen unverzüglich aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen (Keidel FamFG 17. Aufl. § 330 Rn. 1). Daraus folgt, dass eine Genehmigung nicht für einen längeren Zeitraum erteilt werden kann, wenn absehbar ist, dass sie bereits wenige Tage später wegen eines Wegfalls der Unterbringungsvoraussetzungen von Amts wegen wieder aufgehoben werden müsste.
25
c) Nach der geänderten Senatsrechtsprechung fehlte es im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts auch an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Grundlage für eine betreuungsrechtliche Unterbringung zum Zweck einer zwangsweisen Heilbehandlung.
26
Da die Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung mangels gesetzlicher Grundlage nicht genehmigungsfähig war, kam auch die Genehmigung einer entsprechenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF nicht in Betracht, wenn absehbar war, dass die Heilbehandlung wegen der Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht durchgeführt werden konnte (Senatsbeschlüsse vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12 - FamRZ 2012, 1366 Rn. 13 und vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 12). Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. konnte nur in den Fällen ergehen, in denen nicht von vornherein ausgeschlossen war, dass sich der Betroffene in der Unterbringung behandeln lassen würde, sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegenstand und er die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsah (Senatsbeschlüsse vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 13 und vom 23. Januar 2013 - XII ZB 395/12 - FamRZ 2013, 618 Rn. 11). Nachdem sich die Weigerung der Betroffenen, sich behandeln zu lassen, hier jedoch bereits manifestiert hatte, konnte die Geneh- migung der Unterbringung nicht auf § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF gestützt werden.
27
3. Diese Rechtsfehler sind auch im Verfahren vor dem Landgericht nicht geheilt worden. Das Landgericht hat mit der Beschwerdeentscheidung die Verfahrens - und materiellen Fehler der erstinstanzlichen Entscheidung nicht behoben , sondern ebenfalls gegen Verfahrensrecht verstoßen.
28
a) Nachdem die Entscheidung des Amtsgerichts im Hinblick auf den Sachverständigenbeweis verfahrensfehlerhaft ergangen ist, wäre das Beschwerdegericht gehalten gewesen, die zwingend gebotene Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beachtung der Verfahrensrechte der Betroffenen nachzuholen. Daran fehlt es auch in Bezug auf die erneute Begutachtung der Betroffenen durch die Funktionsbereichsleiterin K. .
29
aa) Die Sachverständige hat zwar in der Anhörung angegeben, die Betroffene am 2. November 2011 selbst untersucht zu haben. Hieraus ergibt sich aber nicht, ob die Betroffene vor der Untersuchung darüber aufgeklärt worden war, dass und durch wen eine Sachverständigenbegutachtung stattfindet. Allein aus der Untersuchung durch die Funktionsbereichsleiterin der Klinik konnte die Betroffene nicht darauf schließen, dass dies der Begutachtung auch im Beschwerdeverfahren dienen werde. Da das Beschwerdegericht in der Auswahl der Person des Sachverständigen frei ist, war es nicht zwingend, dass dieselbe Sachverständige wie in der ersten Instanz ausgewählt werden würde.
30
bb) Das Landgericht hat das Recht der Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) auch dadurch verletzt, dass die Anhörung der Sachverständigen , die ihr Gutachten mündlich zu Protokoll erstattete, in Abwesenheit der Betroffenen stattfand und ihr auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Gutachten gegeben wurde.
31
(1) Gemäß § 321 Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 4 FamFG ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist. § 37 Abs. 2 FamFG stellt in Umsetzung der Verfahrensgarantie des Art. 103 Abs. 1 GG klar, dass ein Gericht seiner Entscheidung nur Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde legen darf, zu denen sich die Beteiligten vorher äußern konnten.
32
Wird im Unterbringungsverfahren nach § 321 Abs. 1 FamFG ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt, so ist dieses dem Betroffenen und den sonstigen Beteiligten zur Wahrung des rechtlichen Gehörs grundsätzlich vollständig und rechtzeitig vor der Anhörung zu übermitteln, damit er dazu Stellung nehmen kann (Haußleiter/Heidebach FamFG § 321 Rn. 2; MünchKommZPO /Schmidt-Recla 3. Aufl. § 321 FamFG Rn. 17; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 321 FamFG Rn. 35). Hiervon darf lediglich zum Schutz des Betroffenen vor einer Gesundheitsschädigung bzw. -gefährdung abgesehen werden. Dem Antrag auf mündliche Erläuterung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens ist auch im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren grundsätzlich zu entsprechen (vgl. BVerfG NJW 1998, 2273 f.; BGH Urteil vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - NJW-RR 1987, 339, 340).
33
Sofern ausnahmsweise ein mündliches Gutachten eingeholt werden soll, hat der Betroffene im Unterbringungsverfahren im Hinblick auf seine Stellung als Verfahrenssubjekt mit entsprechenden Mitwirkungsrechten grundsätzlich das Recht, an der förmlichen Beweisaufnahme teilzunehmen und, etwa durch Fragen an den Sachverständigen, auf die Beweiserhebung Einfluss zu nehmen (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Brinkmann FamFG 3. Aufl. § 30 Rn. 27; Fröschle/Locher Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren § 280 Rn. 18). Das mündliche Gutachten muss ferner in der Art und Weise ak- tenkundig gemacht werden, die den Anforderungen an ein schriftliches Gutachten entsprechen (vgl. Haußleiter/Heidebach FamFG § 321 Rn. 9; MünchKommZPO /Schmidt-Recla 3. Aufl. § 321 FamFG Rn. 14; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 321 Rn. 26). Im Anschluss an die Beweisaufnahme wird sicherzustellen sein, dass dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Gutachten gegeben wird, wenn er sich - anders als bei vorheriger Übermittlung eines schriftlichen Gutachtens - nicht ausreichend hierauf vorbereiten konnte (vgl. BGH Beschluss vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08 - NJW 2009, 2604 Rn. 8; vgl. auch BayObLG BtPrax 2003, 175, 176).
34
(2) Den vorstehenden Anforderungen hat das Landgericht nicht Rechnung getragen.
35
Die Sachverständige hat ihr Gutachten im Anhörungstermin ausschließlich mündlich zu Protokoll gegeben. Die Betroffene war ausweislich des Vermerks des Landgerichts über den Termin vom 7. November 2011 aber erst nach der Erstattung des Gutachtens zu der Anhörung hinzugeholt worden, worauf ihr von dem beauftragten Richter das zuvor erstattete Sachverständigengutachten "bekanntgegeben" wurde. Gründe für einen Ausschluss der Betroffenen von der Teilnahme an der Beweisaufnahme ergeben sich aus der Verfahrensakte nicht. Vielmehr hatte die Sachverständige zu Beginn ihrer Ausführungen auf Frage des Gerichts angegeben, dass sowohl eine persönliche Anhörung der Betroffenen als auch die Bekanntgabe der Entscheidungsgründe und des Gutachtens ohne erhebliche Nachteile für deren Gesundheit möglich sei.
36
Die Verletzung der Mitwirkungsrechte der Betroffenen hätte nur dadurch geheilt werden können, dass der Betroffenen nach der Übermittlung des Vermerks über den Anhörungstermin ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und die Möglichkeit eingeräumt worden wäre, einen Antrag auf mündliche Erläuterung des Sachverständigengutachtens zu stellen.
37
Dies war hier nicht der Fall. Das Landgericht hat den Vermerk über den Anhörungstermin, in dem die Ausführungen der Sachverständigen niedergelegt sind, erst mit Verfügung vom Freitag, 11. November 2011, formlos ohne Fristsetzung an die Betroffene übermittelt. Bereits am Dienstag, 15. November 2011, hat es die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen und damit der Betroffenen keine angemessene Zeit zur Stellungnahme zu dem Sachverständigengutachten eingeräumt.
38
Zugunsten der Betroffenen ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeentscheidung auf den Verfahrensfehlern beruht. Denn eine etwaige Heilung der Verfahrensfehler scheidet bereits deshalb aus, weil diese nach der Beendigung der Unterbringung nicht mehr möglich wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 28 ff.).
39
b) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist es dagegen nicht zu beanstanden , dass die Beweisaufnahme lediglich durch den beauftragten Richter und nicht durch die gesamte Beschwerdekammer vorgenommen wurde.
40
Auch im Rahmen der förmlichen Beweisaufnahme im Unterbringungsverfahren kann die Beweiserhebung durch den beauftragten Richter vorgenommen werden (vgl. auch Senatsbeschluss vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - FamRZ 2012, 104 Rn. 27 ff.; BGH Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 9/10 - InfAuslR 2010, 384, 385; Fröschle/Buckes Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren § 68 Rn. 16). Die Beauftragung eines Kammermitglieds mit der Beweisaufnahme nach § 321 Abs. 1 FamFG scheidet dann aus, wenn es wegen der Besonderheiten des Falles für die Entscheidung darauf ankommt , dass sich die gesamte Kammer einen persönlichen Eindruck von dem Ablauf der Beweisaufnahme bzw. dem Zeugen oder Sachverständigen macht. Anhaltspunkte dafür, dass es wegen der Besonderheiten des Falles auf den persönlichen Eindruck der gesamten Beschwerdekammer von der Sachverständigen Frau K. angekommen wäre, bestehen nicht.
41
Nachdem das mündlich erstattete Sachverständigengutachten in dem Vermerk zum Anhörungstermin vom 7. November 2011 schriftlich niedergelegt worden war, konnte die Beschwerdekammer ihre Entscheidung auch auf die Ausführungen der Sachverständigen stützen. Denn Gegenstand der Entscheidung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist in den Tatsacheninstanzen der gesamte Akteninhalt des Verfahrens, so dass auch die urkundlich niedergelegte Beweiserhebung verwertet werden kann.
42
c) Die materiellen Voraussetzungen für eine Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 BGB lagen im Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts nicht vor, so dass das Landgericht die Beschwerde der Betroffenen nicht hätte zurückweisen dürfen.
43
Im Beschwerdeverfahren findet nicht nur eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung statt. Das Beschwerdegericht tritt vielmehr in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts (§ 68 Abs. 3 FamFG) und entscheidet unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu (Senatsbeschlüsse vom 19. Januar 2011 - XII ZB 256/10 - FamRZ 2011, 637 Rn. 10 und vom 21. November2012 - XII ZB 306/12 - FamRZ 2013, 211 Rn. 11).
44
Die Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 BGB lagen im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung am 15. November 2011 wie oben ausgeführt jedoch nicht mehr vor, nachdem dem Betreuer der Betroffenen die Aufgabenkreise "Aufenthaltsbestimmungsrecht" und "Gesundheitsfürsorge" mit Ablauf des 22. Oktober 2011 nicht mehr zustanden.
Dose Weber-Monecke RiBGH Schilling hat Urlaub und kann deswegen nicht unterschreiben. Dose Günter Botur

Vorinstanzen:
AG Schwetzingen, Entscheidung vom 19.10.2011 - 1 XVII 126/11 -
LG Mannheim, Entscheidung vom 15.11.2011 - 4 T 160/11 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2013 - XII ZB 614/11 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2013 - XII ZB 614/11 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Aug. 2012 - XII ZB 671/11

bei uns veröffentlicht am 08.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 671/11 vom 8. August 2012 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2; FamFG § 62 a) Da die Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung ma

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2011 - V ZB 94/11

bei uns veröffentlicht am 07.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 94/11 vom 7. November 2011 in der Abschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmi

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. März 2010 - V ZB 184/09

bei uns veröffentlicht am 04.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 184/09 vom 4. März 2010 in der Abschiebehaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 62, 68 Abs. 3 Satz 1, 70 ff., 420 Abs. 1 Satz 1 a) Bei der persönlichen Anhörung des Betroffenen, de

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2012 - XII ZB 389/11

bei uns veröffentlicht am 15.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 389/11 vom 15. Februar 2012 in der Sache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 62, 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 317, 319, 321, 335 Abs. 2 a) Im Unterbringungsverfahren ist der Betroffene g

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08

bei uns veröffentlicht am 12.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 275/08 vom 12. Mai 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 544 Abs. 7 Wird ein Sachverständiger, ohne dass er vorher ein den Parteien zur kritische

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2011 - XII ZB 286/11

bei uns veröffentlicht am 09.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 286/11 vom 9. November 2011 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 26, 30, 33 Abs. 2 Satz 1, 68 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, 278 Abs. 1 Satz 1, 280 Abs. 3; ZPO §§ 361, 3

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2013 - XII ZB 395/12

bei uns veröffentlicht am 23.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 395/12 vom 23. Januar 2013 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 1896, 1906 Abs. 1 Nr. 2 Kann der Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung seine Angelegen

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juni 2010 - V ZB 9/10

bei uns veröffentlicht am 17.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 9/10 vom 17. Juni 2010 in der Freiheitsentziehungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 420, 68 Abs. 3, AufenthG § 62 Abs. 2 a) Die persönliche Anhörung des Betroffenen nach § 420 Ab

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12

bei uns veröffentlicht am 20.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 99/12 vom 20. Juni 2012 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts z
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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2018 - XII ZB 629/17

bei uns veröffentlicht am 14.03.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 629/17 vom 14. März 2018 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 1 a) Der Gefährdungsbegriff des § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB bleibt auch bei einer ber

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2018 - XII ZB 398/17

bei uns veröffentlicht am 17.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 398/17 vom 17. Januar 2018 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2, § 1906 a Abs. 1 und 2; FamFG § 321 Abs. 1, § 329 Abs. 1 Satz 2 a) Ist auszus

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2017 - XII ZB 342/16

bei uns veröffentlicht am 31.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 342/16 vom 31. Mai 2017 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Zu den Voraussetzungen der betreuungsgerichtlichen Genehmigung einer zivi

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2015 - II ZB 7/14

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I I Z B 7 / 1 4 vom 27. Januar 2015 in dem Verfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja AktG § 98; FamFG § 62 Ein Statusverfahren ist mit der Verschmelzung der betroffenen Gesellschaft auf eine and

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(1) Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Gutachten soll sich auch auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringungsmaßnahme erstrecken. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll der Sachverständige nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein.

(2) Für eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 312 Nummer 2 oder 4 genügt ein ärztliches Zeugnis.

(1) In Unterbringungssachen kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 1 bis 3 abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine Maßnahme beendet wird.

(2) Wird ein Antrag auf eine Unterbringungsmaßnahme nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker nach § 312 Nummer 4 abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass für die zuständige Verwaltungsbehörde ein begründeter Anlass, den Antrag zu stellen, nicht vorgelegen hat, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

9
a) Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Aufhebung der angefochtenen Unterbringungsgenehmigung in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 488/11 - juris Rn. 8 und vom 8. Juni 2011 - XII ZB 245/10 - FamRZ 2011, 1390 Rn. 8; BGH Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09 - FGPrax 2010, 150 Rn. 9). Voraussetzung ist - neben einem auf die Feststellung gerichteten Antrag -, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt.
6
b) Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Zeitablauf in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 9 mwN).
14
aa) Entsprechend dem Feststellungsantrag ist neben der Beschwerdeentscheidung auch die Entscheidung über die Haftanordnung Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Denn die Gewährung von Rechtsschutz bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Inhaftierung nach der Erledigung der Maßnahme hängt weder von dem konkreten Ablauf des Verfahrens und dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch davon ab, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor der Beendigung der Haft erlangt werden kann (BVerfGE 104, 220, 235 f.); deshalb muss das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung auch für einen Zeitraum vor der Einlegung der Rechtsbeschwerde bejaht werden (vgl. BVerfGK 6, 303, 311; Keidel/Budde, FamFG, 16. Aufl., § 62 Rdn. 32). Überdies hat der Betroffene bereits mit seinem Beschwerdevorbringen über die Frage der Haftfortdauer hinaus auch die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Haftanordnung und die darauf beruhende Vollziehung der Haft zum Beschwerdegegenstand erhoben.
5
2. Das Rechtsmittel ist in der Sache begründet, weil sowohl die Beschwerdeentscheidung als auch die Haftanordnung, die im Fall der Erledigung ebenfalls Gegenstand der Überprüfung ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152 Rn. 14; Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 119/10 Rn. 6, juris), einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Gutachten soll sich auch auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringungsmaßnahme erstrecken. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll der Sachverständige nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein.

(2) Für eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 312 Nummer 2 oder 4 genügt ein ärztliches Zeugnis.

Erfordert die Beweisaufnahme ein besonderes Verfahren, so ist es durch Beweisbeschluss anzuordnen.

(1) Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der Zivilprozessordnung feststellt.

(2) Eine förmliche Beweisaufnahme hat stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz vorgesehen ist.

(3) Eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung soll stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird.

(4) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Gutachten soll sich auch auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringungsmaßnahme erstrecken. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll der Sachverständige nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein.

(2) Für eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 312 Nummer 2 oder 4 genügt ein ärztliches Zeugnis.

Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme anordnen oder genehmigen, wenn

1.
dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht,
2.
ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen und über die Notwendigkeit der Maßnahme vorliegt; der Arzt, der das ärztliche Zeugnis ausstellt, soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie haben; dies gilt nicht für freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 312 Nummer 2 und 4,
3.
im Fall des § 317 ein Verfahrenspfleger bestellt und angehört worden ist und
4.
der Betroffene persönlich angehört worden ist.
Eine Anhörung des Betroffenen im Wege der Rechtshilfe ist abweichend von § 319 Abs. 4 zulässig.

(1) Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Gutachten soll sich auch auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringungsmaßnahme erstrecken. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll der Sachverständige nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein.

(2) Für eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 312 Nummer 2 oder 4 genügt ein ärztliches Zeugnis.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Die Genehmigung oder Anordnung der Unterbringungsmaßnahme ist aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Vor der Aufhebung einer Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 4 soll das Gericht die zuständige Behörde anhören, es sei denn, dass dies zu einer nicht nur geringen Verzögerung des Verfahrens führen würde.

13
Ausgehend von der Prämisse, dass nach der jüngsten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung die Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht mehr genehmigungsfähig ist, sind die weiteren Ausführungen des Beschwerdegerichts allerdings konsequent , wonach eine solche Unterbringung nicht in Betracht kommt, weil die Heilbehandlung nicht durchgeführt werden kann. Deshalb kommt es für die Entscheidung der Rechtsbeschwerde maßgeblich darauf an, ob § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch unter Berücksichtigung der jüngsten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung die Genehmigung in die Einwilligung einer mit Zwangsbehandlung verbundenen Unterbringung noch zu rechtfertigen vermag.
6
b) Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Zeitablauf in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 9 mwN).
11
Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist allerdings noch in den Fällen zulässig, in denen nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass sich der Betroffene in der Unterbringung behandeln lassen wird, sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegensteht und er die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsieht. Solange sich eine Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht bereits manifestiert hat, die Behandlung mithin nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, ist die Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB also noch möglich (Senatsbeschluss vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 13).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der Zivilprozessordnung feststellt.

(2) Eine förmliche Beweisaufnahme hat stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz vorgesehen ist.

(3) Eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung soll stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird.

(4) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.

(2) Das Gericht darf eine Entscheidung, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen dieser Beteiligte sich äußern konnte.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Gutachten soll sich auch auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringungsmaßnahme erstrecken. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll der Sachverständige nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein.

(2) Für eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 312 Nummer 2 oder 4 genügt ein ärztliches Zeugnis.

8
dd) Unter diesen Umständen bedurfte es einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes. Das Landgericht hätte die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen, um eine ordnungsgemäße Befassung mit den Einwendungen des Klägers im Schriftsatz vom 29. April 2008 zu ermöglichen, und diese dem gerichtlichen Sachverständigen zur Stellungnahme zuleiten müssen. Denn wenn, wie im Streitfall, ein Sachverständiger, ohne dass er vorher ein den Parteien zur kritischen Würdigung zugängliches schriftliches Gutachten erstattet hat, in der mündlichen Verhandlung zu schwierigen Sachfragen ausführlich gehört wird, muss jede Partei, soll ihr das rechtliche Gehör nicht verkürzt werden, Gelegenheit erhalten, sich nach Vorliegen des Protokolls über die Beweisaufnahme gegebenenfalls anderweitig sachverständig beraten zu lassen und zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 1982 - VI ZR 41/81 - VersR 1982, 371; Senatsurteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 95/85 - VersR 1986, 1079 f.; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl. § 411 Rn. 2; Saenger/ Eichele, ZPO, 2. Aufl., § 411 Rn. 6).
9
a) Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Aufhebung der angefochtenen Unterbringungsgenehmigung in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 488/11 - juris Rn. 8 und vom 8. Juni 2011 - XII ZB 245/10 - FamRZ 2011, 1390 Rn. 8; BGH Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09 - FGPrax 2010, 150 Rn. 9). Voraussetzung ist - neben einem auf die Feststellung gerichteten Antrag -, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt.
27
(1) Während § 69 g Abs. 5 Satz 2 iVm § 68 Abs. 1 Satz 1 FGG regelte, unter welchen Voraussetzungen eine persönliche Anhörung des Betroffenen durch einen beauftragten Richter vorgenommen werden durfte, ist diese Frage im FamFG nicht geregelt (Fröschle/Guckes Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren 2. Aufl. § 68 Rn. 16). Zwar verweist § 30 FamFG für den Fall einer förmlichen Beweisaufnahme auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung. Danach kann gemäß § 361 ZPO die Beweisaufnahme auch durch ein Mitglied des Prozessgerichts erfolgen. Dies gilt etwa für die Zeugenwie auch die Parteivernehmung gemäß §§ 375 und 451 ZPO, wobei - wie schon im Falle des § 69 g Abs. 5 Satz 2 FGG - Voraussetzung ist, dass von vornherein anzunehmen ist, dass das Prozessgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag (vgl. § 375 Abs. 1 a ZPO). Zu Recht weist allerdings die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Anhörung des Betroffenen, die sowohl der Einräumung rechtlichen Gehörs als auch der Sachverhaltsermittlung dient (Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 278 Rn. 1 f.), keine Form der Beweisaufnahme im Sinne der zivilprozessualen Vorschriften darstellt (s. aber Fröschle/Guckes aaO § 68 Rn. 16).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 9/10
vom
17. Juni 2010
in der Freiheitsentziehungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die persönliche Anhörung des Betroffenen nach § 420 Abs. 1 FamFG muss vor
der Anordnung der Sicherungshaft erfolgen. Ein Verstoß gegen dieses Gebot ist
nicht heilbar.

b) Die von dem Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 420 Abs. 1
FamFG durchzuführende Anhörung des Betroffenen kann unter den Voraussetzungen
des § 375 Abs. 1a ZPO auch durch ein Mitglied des Beschwerdegerichts
als beauftragten Richter erfolgen.

c) Die Sicherungshaft gegen eine Familie mit minderjährigen Kindern darf nur angeordnet
werden, wenn die Abschiebung mit größtmöglicher Beschleunigung betrieben
wird (vgl. auch Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember
2008, ABl. L 348/98).
BGH, Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 9/10 - LG Kaiserslautern
AG Kaiserslautern
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juni 2010 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Der Betroffenen wird Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Dr. Ackermann beigeordnet.
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 16. Dezember 2009 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 10. Dezember 2009 und der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 16. Dezember 2009 die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben, soweit die Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 15. Dezember 2009 angeordnet worden ist.
Im Übrigen wird die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Betroffene ist russische Staatsangehörige. Sie reiste am 7. Dezember 2009 gemeinsam mit ihrem im Jahre 1993 geborenen Sohn und mit V. H. , den die Betroffene nach ihren Angaben in Kasachstan kirchlich geheiratet hat, mit dem Zug von den Niederlanden über Frankreich kommend nach Deutschland ein und meldete sich bei der Bundespolizei in Kaiserslautern. Diese beantragte die Anordnung der Sicherungshaft zur Rückschiebung der Betroffenen und ihrer Begleiter in die Niederlande, die von dem Amtsgericht am 8. Dezember 2009 angeordnet und von dem Landgericht am 9. Dezember 2009 aufgehoben wurde.
2
Auf den von der Beteiligten zu 2 gestellten Antrag vom 10. Dezember 2009 hat das Amtsgericht mit Beschluss vom gleichen Tag gegen die Betroffene Sicherungshaft bis längstens 9. März 2010 und die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet und diesen Beschluss der Betroffenen in der sich anschließenden Anhörung eröffnet. Der Beschwerde der Betroffenen hat es nicht abgeholfen. Das Landgericht hat die Betroffene durch ein Mitglied der Kammer als beauftragten Richter persönlich angehört und die Beschwerde mit Beschluss vom 16. Dezember 2009 zurückgewiesen. Dagegen hat die Betroffene am 11. Januar 2010 Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 17. Februar 2010 hat das Amtsgericht die Sicherungshaft mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Die Betroffene beantragt festzustellen, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 10. Dezember 2009 und des Landgerichts vom 16. Dezember 2009 sie in ihren Rechten verletzt haben.

II.


3
Das Beschwerdegericht meint, die Betroffene sei mangels Aufenthaltstitels unerlaubt eingereist. Zudem bestehe der Verdacht, dass sie sich der Zurückschiebung entziehen werde. Die Betroffene selbst habe ihren russischen Reisepass in den Niederlanden vernichtet. V. H. sei mit einem auf einen Dritten ausgestellten Ausweis in die Niederlande eingereist. Da die Betroffene nicht in die Niederlande zurückkehren wolle, weil ihr dort die Abschiebung in ihre Heimat drohe, lasse auch die freiwillige Vorsprache der Betroffenen bei der Bundespolizei eine Entziehungsabsicht nicht entfallen. Abschiebungshindernisse bestünden nicht. Eine Zurückschiebung in die Niederlande binnen drei Monaten sei nicht ausgeschlossen.

III.


4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
5
1. Die Anordnung der Sicherungshaft durch das Amtsgericht und die Bestätigung dieser Anordnung durch das Landgericht haben die Betroffene in ihren Rechten verletzt. Das ist in entsprechender Anwendung von § 62 Abs. 1 FamFG (Senat, Beschl. v. 25. Februar 2010, V ZB 172/09, InfAuslR 2010, 249, 250; Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, juris Rdn. 9) festzustellen, weil die Betroffene ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG).
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a) Der Anordnung der hier zu prüfenden zweiten Sicherungshaft lag allerdings ein zulässiger Haftantrag zugrunde. Er war anders als der erste von der Beteiligten zu 2 als örtlich und sachlich zuständiger Behörde gestellt.

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b) Die Entscheidung des Amtsgerichts hat die Betroffene aber deshalb in ihren Rechten verletzt, weil die persönliche Anhörung nach § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht vor, sondern erst nach der Haftanordnung durchgeführt wurde.
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aa) Die Anhörung des Betroffenen vor der Anordnung der Sicherungshaft ist in § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG zwingend vorgeschrieben. Sie kann nicht, wie im vorliegenden Fall, danach erfolgen. Das Gesetz sieht, anders als § 68 FamFG im Rechtsmittelverfahren (dazu Senat, Beschl. v. 4. März 2010, V ZB 222/09, InfAuslR 2010, 246, 247), die Möglichkeit, von der vorherigen Anhörung abzusehen, nur in dem hier nicht gegebenen Fall des § 420 Abs. 2 FamFG vor. Das entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers. Der Empfehlung der Ausschüsse , eine solche Möglichkeit zumindest dann zuzulassen, wenn die Anhörung den Zweck der Haftanordnung gefährden würde (in BT-Drucks. 16/9733 S. 154), ist das Plenum des Bundestags nämlich nicht gefolgt. Es hat diese Ergänzung auf Antrag eines Abgeordneten vielmehr gestrichen und den Gesetzentwurf ohne diese Ergänzung beschlossen (BT-Drucks. 16/9831 mit Plenarprotokoll 16/173 S. 18482 A). Das trägt dem Umstand Rechnung, dass die vorherige Anhörung des Betroffenen eine Verfahrensgarantie ist, die Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfG InfAuslR 2009, 205, 208; 1996, 198, 200). Die vorherige Anhörung der Betroffenen war hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie vor der zwei Tage zuvor angeordneten ersten Sicherungshaft persönlich angehört worden war. Die Anhörung ist für jede Haftanordnung durch das Amtsgericht vorgeschrieben und wird durch die Anhörung bei einer früheren Haftanordnung weder entbehrlich noch durch sie ersetzt.
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bb) Ein Verstoß gegen die Pflicht zur vorherigen Anhörung drückt der gleichwohl angeordneten Sicherungshaft den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung auf, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist (Senat, Beschl. v. 4. März 2010, V ZB 184/09, Rdn. 12, juris; BVerfG InfAuslR 1996, aaO S. 201). Dieser Fehler ist nicht heilbar. Deshalb kommt es bei der späteren Überprüfung der Haftanordnung im Rahmen von § 62 FamFG weder auf eine Nachholung der Anhörung noch darauf an, ob die Freiheitsentziehung in der Sache zu Recht angeordnet worden war (Senat, Beschl. v. 4. März 2010, V ZB 184/09, juris Rdn. 12; BVerfG InfAuslR 2009, 164; 2006, 462, 464).
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2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Fortdauer der Sicherungshaft über den 15. Dezember 2009 hinaus hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht in allen Punkten stand.
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a) Das Verfahren des Beschwergerichts ist allerdings nicht zu beanstanden.
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aa) Es hat die Betroffene erneut persönlich angehört. Es ist, anders als die Rechtsbeschwerde meint, auch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht diese Anhörung einem Mitglied der Kammer als beauftragtem Richter übertragen hat.
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(1) Nach § 68 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist die Anhörung des Betroffenen Aufgabe "des Gerichts". Wie diese Aufgabe innerhalb eines aus mehreren Richtern zusammengesetzten Spruchkörpers wahrzunehmen ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Sachaufklärung (§ 26 FamFG) und hier nach den Vorschriften über die Beweisaufnahme in den §§ 29, 30 FamFG. Danach erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise in geeigneter Form, wozu auch die Befassung eines Mitgliedes des Spruchkörpers als beauftragten Richters gehört. Nichts anderes ergibt sich, wenn man die Anhörung des Betroffenen als Fall einer im Sinne von § 30 Abs. 2 FamFG vorgeschriebenen förmlichen Beweisaufnahme ansieht. Eine förmliche Beweisaufnahme hätte gemäß § 30 Abs. 1 FamFG nach den Regeln der Zivilprozessordnung stattzufinden. Diese erlauben aber sowohl die Vernehmung von Zeugen als auch die Vernehmung von Parteien durch den beauftragten Richter (§ 375 ZPO und § 451 i.V.m. § 375 ZPO). Voraussetzung ist allerdings, soweit hier einschlägig, dass dies zur Vereinfachung der Verhandlung zweckmäßig erscheint und dass von vornherein anzunehmen ist, dass das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß gewürdigt werden kann (§ 375 Abs. 1a ZPO).
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(2) Auch aus dem Sinn und Zweck der Anhörung nach § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG ergeben sich keine strengeren Anforderungen (vgl. BVerfG InfAuslR 1996, 198, 201; BGH, Beschl. v. 11. Juli 1984, IV b ZB 73/83, NJW 1985, 1702, 1705 zu §§ 50a und b FGG; BayObLG FamRZ 1987, 412, 413 zu § 50b FGG; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Auflage, § 34 Rdn. 38; a.A. wohl Prütting/Helms/Jennissen, FamFG, § 420, Rdn. 4). Die Anhörung soll zwar einerseits dem Betroffenen die Möglichkeit geben, sein Anliegen selbst dem Gericht nahe zu bringen. Sie soll andererseits dem Gericht einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschaffen. Diese Ziele werden aber unter den Voraussetzungen des § 375 Abs. 1a ZPO auch erreicht, wenn die Anhörung nicht durch den gesamten Spruchkörper, sondern durch eines seiner Mitglieder erfolgt.
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(3) Die Voraussetzungen des § 375 Abs. 1a ZPO lagen hier vor. Die Übertragung der Anhörung auf den beauftragten Richter diente der Vereinfachung. Nach dem Ergebnis der nachträglichen Anhörung der Betroffenen durch das Amtsgericht und nach dem Beschwerdevorbringen war von vornherein anzunehmen , dass das Ergebnis der Anhörung durch die Kammer auch ohne unmittelbaren Eindruck von deren Verlauf sachgemäß würde gewürdigt werden können. Der tatsächliche Verlauf der Anhörung durch die beauftragte Richterin bestätigte diese Erwartung. Das Beschwerdegericht hat in seiner Entscheidung auch nur auf den Inhalt der Angaben der Betroffenen in der Anhörung abgestellt und nicht auf Gesichtspunkte, die nur mit einem unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Anhörung sachgemäß hätten gewürdigt werden können.
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bb) Das Beschwerdegericht war entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht verpflichtet, V. H. und/oder den Sohn der Betroffenen an dem Verfahren zu beteiligen und anzuhören.
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(1) Die Beteiligung des Lebenspartners und der Kinder des Betroffenen an dem Freiheitsentziehungsverfahren steht nach § 418 Abs. 3 Nr. 1 FamFG im Ermessen des Gerichts. Zwingende Gründe, die eine Beteiligung von V. H. und/oder des Sohnes der Betroffenen geboten, waren nicht ersichtlich. Sie und V. H. , der sich gegen die gegen ihn selbst verhängte Sicherungshaft gewandt hatte, waren in einer verbundenen Anhörung gemeinsam angehört worden. Dabei hatten sie ihre persönliche Verbindung zueinander dargestellt und eine im Wesentlichen übereinstimmende umfassende Schilderung des Sachverhalts gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass eine darüber hinausgehende förmliche Beteiligung von H. an dem Verfahren der Betroffenen oder die Beteiligung auch des zudem minderjährigen Sohnes zusätzliche Gesichtspunkte aufzeigen konnten, bestanden nicht. Deshalb kann auch unentschieden bleiben, ob die Kinder eines Betroffenen wie nach dem bisherigen Recht (dazu: Sonnenfeld in Jansen, FGG, 3. Aufl., § 70d, Rdn. 6; Kayser in Keidel/ Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage, § 70d, Rdn. 4) nur dann nach § 418 Abs. 3 Nr. 1 FamFG beteiligt werden können, wenn sie volljährig sind (dafür: SchulteBunert /Weinrich/Dodegge, FamFG, 2. Aufl., § 418, Rdn. 12).
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(2) V. H. hat das Beschwerdegericht gemeinsam mit der Betroffenen angehört. Den Sohn der Betroffenen brauchte es schon deshalb nicht nach § 420 Abs. 3 Satz 1 FamFG anzuhören, weil es ihn weder am Verfahren beteiligt hatte noch dazu verpflichtet war. Nach § 26 FamFG war die Anhörung ebenfalls nicht geboten, weil nichts dafür ersichtlich war, dass diese zusätzliche Erkenntnisse erbringen könnte.
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cc) Das Beschwerdegericht war nicht verpflichtet, die Ausländerakten beizuziehen. Von der grundsätzlich notwendigen Vorlage der Ausländerakte nach § 417 Abs. 2 Satz 3 FamFG kann abgesehen werden, wenn sich der festzustellende Sachverhalt aus den vorgelegten Teilen vollständig ergibt und die nicht vorgelegten Teile keine weiteren Erkenntnisse versprechen (Senat, Beschl. v. 4. März 2010, V ZB 222/09, InfAuslR 2010, 246, 248 f.). So liegt es hier. Die Beteiligte zu 2 hat in ihrem Antrag Bezug genommen auf die Unterlagen der Bundespolizei vom 8. Dezember 2009 durch Angabe des Aktenzeichens in dem zuvor geführten Verfahren. Das Beschwerdegericht hat die entsprechenden Akten beigezogen. Hieraus ergeben sich alle entscheidungsrelevanten Umstände.
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b) In der Sache ist die Anordnung der Fortdauer der Haft aber mit der gegebenen Begründung nicht zu rechtfertigen.
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aa) Die Betroffene war nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, weil sie unerlaubt eingereist ist. Sie führte keinen gültigen Pass bei sich und hatte auch nicht den nach § 14 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel. Dieser ergab sich nicht daraus, dass sie mit V. H. um Aufnahme als Spätaussiedler nachsuchen wollte. Spätaussiedler müssen die Aufnahme in das Bundesgebiet nach § 26 BVFG grundsätzlich von ihrem Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten aus betreiben und dürfen erst einreisen, wenn ihnen ein Aufnahmebescheid nach § 27 BVFG erteilt worden ist. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Betroffene erwiesenermaßen die Anforderungen des § 4 BVFG erfüllt. Dann nämlich ist er nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BVFG Deutscher und nach Art. 11 GG berechtigt, auch ohne Aufnahmebescheid in das Bundesgebiet einzureisen (BVerwGE 122, 313, 316 f.). Ihm ist der Aufnahmebescheid dann nach § 27 Abs. 2 BVFG nachträglich zu erteilen. Liegen die Voraussetzungen des § 4 BVFG aber nicht erweislich vor, ist der Aufnahmebewerber nicht berechtigt, ohne Aufnahmebescheid in das Bundesgebiet einzureisen und dort zu bleiben, bis ihm eine Bescheinigung nach § 15 BVFG erteilt ist (OVG Münster, Beschl. v. 21. Februar 2007, 2 A 4862/05, juris Rdn. 7). Dieser zweite Fall lag hier vor. Die Betroffene hat behauptet, V. H. sei Deutscher. Nachweise darüber lagen und liegen nicht vor. In einer solchen Lage muss der Haftrichter von dem Grundsatz des § 26 BVFG ausgehen , wonach die Einreise nur erlaubt ist, wenn ein Aufnahmebescheid entweder nach § 27 Abs. 1 BVFG vor der Einreise oder nach § 27 Abs. 2 BVFG vor der Festnahme erteilt ist. Daran fehlt es hier.
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bb) Das Beschwerdegericht hat zu Recht auch einen Haftgrund angenommen.
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(1) Die Haftanordnung war auf Grund der unerlaubten Einreise schon nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gerechtfertigt. Es lag zudem der Haftgrund nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG vor. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts und dem zu berücksichtigenden unzweifelhaften Akteninhalt (vgl. Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, juris Rdn. 18) beabsichtigt die Betroffene, sich der Abschiebung in die Niederlande zu entziehen. Sie hat sich zwar von sich aus nach der Einreise bei der Bundespolizei gemeldet. Die freiwillige Meldung des Betroffenen bei den zuständigen Behörden kann ein Anzeichen dafür sein, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will (vgl. OLG Celle, InfAuslR 2002, 320; OLG Hamm, InfAuslR 2002, 478). Hier liegt es aber anders. Die Betroffene hat bei ihrer Anhörung eindeutig erklärt, nicht in die Niederlande zurückkehren zu wollen, weil sie von dort nach Russland abgeschoben werde. Deshalb ist zu befürchten, dass sie einer entsprechenden Abschiebung nicht Folge leisten, sondern versuchen wird, sie zu verhindern.
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(2) Das Beschwerdegericht hat daher auch rechtsfehlerfrei festgestellt, dass Umstände im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG, die eine freiwillige Ausreise der Betroffenen glaubhaft hätten erscheinen lassen, aufgrund der festgestellten Entziehungsabsicht nicht vorgelegen haben.
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cc) Die gegebene Begründung trägt die Entscheidung des Beschwerdegerichts aber deshalb nicht, weil sich danach nicht beurteilen lässt, ob die Anordnung der Fortdauer der Haft noch verhältnismäßig war.
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(1) Die Anordnung der Sicherungshaft ist nur verhältnismäßig, wenn die Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet und erforderlich ist und der mit ihr verbundene Eingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht (BVerfG InfAuslR 2008, 358, 359). Deshalb durfte das Beschwerdegericht nicht bei der Feststellung der Haftgründe nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 5 AufenthG stehen bleiben. Es musste vielmehr prüfen, ob die Wirkungen der Haft noch in einem angemessenen Verhältnis zu der angestrebten Abschiebung in die Niederlande standen (vgl. BVerfG InfAuslR 1994, 342, 344). Das ist zweifelhaft.
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(2) Die Haftanordnung führte nämlich dazu, dass die Betroffene weiterhin von ihrem minderjährigen Sohn und V. H. getrennt blieb. Das ist zwar im Interesse der Durchsetzung der Ausreisepflicht grundsätzlich gerechtfertigt, wenn ein Haftgrund vorliegt. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass hierin ein Eingriff in das Grundrecht auf den Schutz der Familie nach Art. 6 GG und in die Rechte nach Art. 8 EMRK liegt. Dafür ist es unerheblich, dass die Betroffene mit V. H. allenfalls kirchlich getraut ist. Denn das ändert nichts daran, dass schon ihr Verhältnis zu ihrem Sohn am Schutz der Familie nach Art. 6 GG teilnimmt (vgl. BVerfGE 80, 81, 90; BVerwGE 117, 380, 389). Zudem genießen auch faktische Beziehungen zwischen Erwachsenen den Schutz des Art. 8 EMRK, wenn Elemente einer Abhängigkeit dargelegt werden, die über die üblichen gefühlsmäßigen Bindungen hinausgehen (EGMR, Urt. v. 17. April 2003, 52853/99 - Yilmaz gegen Deutschland, NJW 2004, 2147, 2148 Rdn. 44). Solche Bindungen zu V. H. hat die Betroffene hier dargelegt. Dem Schutz, den sie nach Art. 6 GG und, wenn ihre Darlegungen zu ihrer Beziehung zu V. H. zutreffen, auch nach Art. 8 EMRK genießt, wird die Anordnung von Sicherungshaft nur gerecht, wenn es keine andere Möglichkeit gibt und wenn die Abschiebung mit größtmöglicher Beschleunigung betrieben wird. Aus diesem Grund lässt Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (ABl. L 348/98) die Anordnung von Sicherungshaft bei Familien mit minderjährigen Kindern nur im äußersten Fall und für die kürzestmögliche angemessene Dauer zu. Das ist nicht erst nach Ablauf der Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie am 24. Dezember 2010, sondern nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit schon jetzt geboten.
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(3) Feststellungen dazu fehlen. Sie waren aber erforderlich und - mangels ausreichenden Vortrags im Antrag der Beteiligten zu 2 - nach § 26 FamFG von Amts wegen zu treffen. Es lässt sich nicht ausschließen, dass sich die Fortdauer der Haft nach gebotener Sachaufklärung aus damaliger Sicht als verhältnismäßig erweist. Die Sache ist deshalb insoweit nicht entscheidungsreif und nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Kaiserslautern, Entscheidung vom 10.12.2009 - XIV 186/09.B -
LG Kaiserslautern, Entscheidung vom 16.12.2009 - 1 T 242/09 -

(1) Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Gutachten soll sich auch auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringungsmaßnahme erstrecken. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll der Sachverständige nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein.

(2) Für eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 312 Nummer 2 oder 4 genügt ein ärztliches Zeugnis.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.