Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2014 - XII ZB 540/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Das Verfahren hat die Genehmigung einer Unterbringung des Betroffenen zur Heilbehandlung und einer beabsichtigten Zwangsmedikation zum Gegenstand.
- 2
- Der Betroffene ist an einer schizoaffektiven Psychose erkrankt und steht seit Dezember 2010 unter Betreuung. Seit Mitte Februar 2013 ist er aufgrund eines strafrechtlichen Unterbringungsbefehls forensisch untergebracht.
- 3
- Im Mai 2013 beantragte der Beteiligte zu 2 als Betreuer, die Unterbringung des Betroffenen zu einer zwangsweisen Heilbehandlung nach § 1906 BGB zu genehmigen.
- 4
- Das Amtsgericht hat diesen Antrag unter Hinweis auf die strafrechtliche Unterbringung zurückgewiesen. Die Beschwerde des Betreuers ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Betroffenen und vom Betreuer namens des Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde.
II.
- 5
- Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft.
- 6
- 1. Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde im angefochtenen Beschluss vom 16. September 2013 nicht zugelassen (§ 70 Abs. 1 FamFG). Die vom Beschwerdegericht erteilte - unzutreffende - Rechtsmittelbelehrung stellt keine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde dar (Senatsbeschlüsse vom 27. November 2013 - XII ZB 464/13 - juris Rn. 6 und vom 20. Juli 2011 - XII ZB 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 16).
- 7
- 2. Ein Fall der Statthaftigkeit ohne Zulassung gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG liegt nicht vor, weil die beantragte Maßnahme vom Tatrichter nicht angeordnet, sondern abgelehnt worden ist.
- 8
- Durch § 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist ausdrücklich geregelt, dass Rechtsbeschwerden in Unterbringungs- und Freiheitsentziehungssachen nur dann ohne Zulassung statthaft sind, wenn die Unterbringung oder freiheitsentziehende Maßnahme angeordnet wird (vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 519/13 - FamRZ 2014, 652 Rn. 8; Althammer in Johannsen/Henrich Familienrecht 5. Aufl. § 70 FamFG Rn. 11). Denn der Gesetzgeber wollte die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nur gegen Beschlüsse eröffnen, die unmittelbar freiheitsentziehende Wirkung haben (BT-Drucks. 16/12717 S. 60).
- 9
- Der Senat hat den Rechtsbeschwerdeführer hierauf hingewiesen. Soweit dieser einwendet, die Vorschrift des § 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG müsse entspre- chend zugunsten des Betroffenen gelten, wenn ausnahmsweise - wie das hier der Fall sei - die Ablehnung der Maßnahme für ihn von Nachteil sei, bleibt das ohne Erfolg. Es fehlt bereits an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Dass die Ablehnung einer Unterbringung oder freiheitsentziehenden Maßnahme aus objektiver Sicht, nämlich mit Blick auf die gesundheitlichen Interessen des Betroffenen, für diesen nachteilig sein kann, liegt auf der Hand. Gleichwohl hat der Gesetzgeber die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde insoweit wie dargestellt beschränkt.
- 10
- 3. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
- 11
- Der Gesetzgeber wollte mit Einführung des Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare vom 23. Juli 2013 (Gerichtsund Notarkostengesetz - GNotKG; BGBl. I S. 2586) nichts an dem durch § 128 b Satz 1 KostO ausdrücklich geregelten Zustand ändern, dass Unterbringungsverfahren gerichtsgebührenfrei sind (BT-Drucks. 17/11471 S. 160). Deshalb sieht das Gesetz bereits keinen Gebührentatbestand für Unterbringungsverfahren vor (vgl. BeckOK KostO/Wendtland [Stand: 15. Februar 2014] § 128 b Rn. 11; Friedrich in Fackelmann/Heinemann GNotKG § 26 Rn. 1; Sommerfeldt in Bormann/Diehn/Sommerfeldt GNotKG § 26 Rn. 10). Für die gerichtlichen Auslagen wird durch § 26 Abs. 3 GNotKG - mit dem die Regelung des § 128 b Satz 2 KostO übernommen werden sollte (BT-Drucks. 17/11471 S. 162) - bestimmt, dass dem Betroffenen nur die an den Verfahrenspfleger zu zahlenden Beträge auferlegt werden können und dies auch nur dann, wenn die Auslagen nicht als Gerichtskosten einem anderen auferlegt sind. Wie schon unter der Geltung der Kostenordnung (vgl. Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO § 128 b Rn. 5; BeckOK KostO/Wendtland [Stand: 15. Februar 2014] § 128 b Rn. 3) erstreckt sich die Gebührenfreiheit dabei auf die Rechts- mittelinstanzen. Dass der Gesetzgeber insoweit eine Änderung der Rechtslage vornehmen wollte, ist nicht ersichtlich.
- 12
- Die Gebührenfreiheit gilt auch für unstatthafte Rechtsmittel in Unterbringungsverfahren. Denn anders als im Anwendungsbereich der §§ 66 Abs. 8, 68 Abs. 3 GKG (vgl. dazu BGH Beschlüsse vom 3. März 2014 - IV ZB 4/14 - juris Rn. 2 ff.; vom 7. Dezember 2010 - VIII ZB 77/10 - juris und vom 14. Juni 2007 - V ZB 42/07 - juris), bei denen es sich um spezielle Gebührenbefreiungstatbestände für kostenrechtliche Rechtsmittelverfahren handelt, lässt sich für Rechtsmittel in Unterbringungsverfahren weder aus der gesetzlichen Systematik noch aus dem Gesetzeszweck eine Beschränkung der Gebührenbefreiung lediglich auf statthafte Rechtsmittel entnehmen. Dose Klinkhammer Günter Botur Guhling
AG Hamburg-St. Georg, Entscheidung vom 05.06.2013 - 993 XVII S 3387 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.09.2013 - 301 T 251/13 -
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Annotations
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Die Dokumentenpauschale schuldet ferner, wer die Erteilung der Ausfertigungen, Kopien oder Ausdrucke beantragt hat. Sind in einem gerichtlichen Verfahren Kopien oder Ausdrucke angefertigt worden, weil der Beteiligte es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, schuldet nur der Beteiligte die Dokumentenpauschale.
(2) Die Auslagen nach Nummer 31003 des Kostenverzeichnisses schuldet nur, wer die Versendung der Akte beantragt hat.
(3) In Unterbringungssachen schuldet der Betroffene nur Auslagen nach Nummer 31015 des Kostenverzeichnisses und nur, wenn die Gerichtskosten nicht einem anderen auferlegt worden sind.
(4) Im Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und im Verfahren auf Bewilligung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe ist der Antragsteller Schuldner der Auslagen, wenn
- 1.
der Antrag zurückgenommen oder vom Gericht abgelehnt wird oder - 2.
die Übermittlung des Antrags von der Übermittlungsstelle oder das Ersuchen um Prozesskostenhilfe von der Empfangsstelle abgelehnt wird.
(5) Die Auslagen einer öffentlichen Zustellung in Teilungssachen schulden die Anteilsberechtigten.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Die Dokumentenpauschale schuldet ferner, wer die Erteilung der Ausfertigungen, Kopien oder Ausdrucke beantragt hat. Sind in einem gerichtlichen Verfahren Kopien oder Ausdrucke angefertigt worden, weil der Beteiligte es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, schuldet nur der Beteiligte die Dokumentenpauschale.
(2) Die Auslagen nach Nummer 31003 des Kostenverzeichnisses schuldet nur, wer die Versendung der Akte beantragt hat.
(3) In Unterbringungssachen schuldet der Betroffene nur Auslagen nach Nummer 31015 des Kostenverzeichnisses und nur, wenn die Gerichtskosten nicht einem anderen auferlegt worden sind.
(4) Im Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und im Verfahren auf Bewilligung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe ist der Antragsteller Schuldner der Auslagen, wenn
- 1.
der Antrag zurückgenommen oder vom Gericht abgelehnt wird oder - 2.
die Übermittlung des Antrags von der Übermittlungsstelle oder das Ersuchen um Prozesskostenhilfe von der Empfangsstelle abgelehnt wird.
(5) Die Auslagen einer öffentlichen Zustellung in Teilungssachen schulden die Anteilsberechtigten.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.