Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2017 - XII ZB 42/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller war im Scheidungsverbund ein Verfahren über den Versorgungsausgleich anhängig. Der Aufforderung des Amtsgerichts, das zur Durchführung des Versorgungsausgleichs erforderliche amtliche Formular ausgefüllt und unterschrieben vorzulegen , ist die Antragsgegnerin weder binnen der - unter Hinweis auf die mögliche Verhängung von Zwangsgeld - gesetzten Frist noch auf Erinnerung nachgekommen. Daraufhin hat das Amtsgericht gegen die Antragsgegnerin ein Zwangsgeld von 500 € festgesetzt. Nachdem das Zwangsgeld beigetrieben worden war, hat die Antragsgegnerin erst den ausgefüllten Fragebogen und dann die Anlage zu diesem beim Amtsgericht eingereicht. Nach Scheidung mit Durchführung des Versorgungsausgleichs mit Beschluss vom 28. April 2016 (rechtskräftig seit 21. Juni 2016) hat die Antragsgegnerin am 12. Mai 2016 beantragt , den Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss aufzuheben und das Zwangsgeld zurückzuerstatten.
- 2
- Das Amtsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 28. Oktober 2016 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren weiter. Der Antragsteller hat für das Verfahren der Rechtsbeschwerde die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten beantragt.
II.
- 3
- Dem Antragsteller ist die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe zu versagen. Seine Beteiligung am vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren dient nicht der Verfolgung oder Verteidigung eigener Rechte, sondern erfolgt lediglich begleitend, wofür Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht kommt (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 125/14 - FamRZ 2015, 133 Rn. 11).
- 4
- 1. Verfahrenskostenhilfe nach § 76 Abs. 1 FamFG, §§ 114 ff. ZPO kann nur der bedürftige Beteiligte erhalten, der eigene Rechte geltend zu machen beabsichtigt. Für eine allein mit Blick auf fremde Rechtspositionen erfolgende Verfahrensbeteiligung ist die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe hingegen nicht möglich. Der einschlägige § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO sieht vor, dass einer Prozesspartei, die die Kosten der Prozessführung selbst nicht oder nicht vollständig aufbringen kann, bei Vorliegen weiterer Tatbestandsvoraussetzungen Prozesskostenhilfe zur Rechtsverfolgung oder zur Rechtsverteidigung gewährt werden kann. Eine Verfahrensbeteiligung, die dieser gesetzlichen Vorgabe entspricht , ist aber nur zur Durchsetzung eigener Rechtspositionen denkbar. Geht es nicht um solche, kommt Verfahrenskostenhilfe daher nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 125/14 - FamRZ 2015, 133 Rn. 9 ff. mwN).
- 5
- Der Ausschluss Beteiligter, die sich allein mit Blick auf fremde Rechtspositionen am Verfahren beteiligen, von der Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu erhalten, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes. Prozess- und Verfahrenskostenhilfe sollen verhindern, dass Bedürftige aus wirtschaftlichen Gründen gehindert sind, ihr Recht vor Gericht zu suchen , und stellen eine spezialgesetzlich geregelte Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar. Durch die Gewährung von Prozess- und Verfahrenskostenhilfe soll mithin vermieden werden, dass ein wirtschaftlich Bedürftiger nur deshalb einen Rechtsverlust erleidet, weil er die für eine Verfahrensbeteiligung erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen kann. Sie dient hingegen nicht dazu, dem Unbemittelten Verfahrensbeteiligungen jedweder Art und damit auch solche ohne Verfolgung oder Verteidigung eigener Rechte zu ermöglichen, die sich ein Bemittelter aus auf fremde Rechtspositionen gerichteten Motiven leisten will und kann. Mangels Beeinträchtigung der Rechtsposition des bedürftigen Beteiligten trifft den Staat insoweit von Verfassungs wegen keine Fürsorgeverpflichtung (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 125/14 - FamRZ 2015, 133 Rn. 15 ff. mwN).
- 6
- 2. So aber liegt es hier. Alleiniger Verfahrensgegenstand ist das Begehren der Antragsgegnerin, nach mittlerweile rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich das beigetriebene Zwangsgeld zurückzuerhalten. Es ist weder ersichtlich noch vom Antragsteller trotz entsprechenden Hinweises des Senats dargelegt, dass der Rechtskreis des Antragstellers hiervon berührt wird.
- 7
- Der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch richtet sich gegen die Staatskasse. Der Antragsteller hat auch kein rechtliches Interesse daran, dass der Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss aufrechterhalten oder das Zwangsgeld einbehalten bleibt, nachdem die gerichtliche Verfügung letztlich durchgesetzt und das Scheidungsverbundverfahren daraufhin rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Im Übrigen spricht gegen ein rechtliches Interesse des Antragsgegners auch, dass das Zwangsgeld im Sinne des § 35 FamFG als ein Zwangsmittel - anders als etwa das Ordnungsgeld gemäß § 89 FamFG - keinen Sanktionscharakter hat, sondern allein der Einwirkung auf den Willen des Verpflichteten dient (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. März 2017 - XII ZB 245/16 - FamRZ 2017, 918 Rn. 10 und vom 17. August 2011 - XII ZB 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 14) und damit ein reines Beugemittel ist (so etwa Bahrenfuss/Rüntz FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 21).
- 8
- Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, der von der Antragsgegnerin erstrebte Aufhebungsbeschluss sei der "actus contrarius" zu dem jedenfalls auch in seinem Interesse ergangenen Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss, lässt sich daraus nichts für sein rechtliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Beschlusses oder auch am Verbleib des Zwangsgelds bei der Staatskasse ableiten. Sollte es ihm darum gehen, dass eine seiner geschiedenen Ehefrau negative , für ihn aber jedenfalls inzwischen rechtlich bedeutungslose Vermögensverschiebung Bestand haben möge, begründet dies ebenfalls keine mittels Verfahrenskostenhilfe verfolgbare Rechtsposition. An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass das Oberlandesgericht den Antragsteller in dem die Beschwerde zurückweisenden Beschluss - unzutreffender Weise - als Beschwerdegegner bezeichnet hat.
Vorinstanzen:
AG Bergheim, Entscheidung vom 28.10.2016 - 61 F 283/14 -
OLG Köln, Entscheidung vom 29.12.2016 - 4 WF 143/16 -
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(1) Ist auf Grund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen, kann das Gericht, sofern ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, gegen den Verpflichteten durch Beschluss Zwangsgeld festsetzen. Das Gericht kann für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Zwangsgeldes keinen Erfolg, soll das Gericht Zwangshaft anordnen.
(2) Die gerichtliche Entscheidung, die die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Entscheidung hinzuweisen.
(3) Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Mit der Festsetzung des Zwangsmittels sind dem Verpflichteten zugleich die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder Vorlage einer Sache oder zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken, so kann das Gericht, soweit ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, durch Beschluss neben oder anstelle einer Maßnahme nach den Absätzen 1, 2 die in §§ 883, 886, 887 der Zivilprozessordnung vorgesehenen Maßnahmen anordnen. Die §§ 891 und 892 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(5) Der Beschluss, durch den Zwangsmaßnahmen angeordnet werden, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Ist auf Grund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen, kann das Gericht, sofern ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, gegen den Verpflichteten durch Beschluss Zwangsgeld festsetzen. Das Gericht kann für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Zwangsgeldes keinen Erfolg, soll das Gericht Zwangshaft anordnen.
(2) Die gerichtliche Entscheidung, die die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Entscheidung hinzuweisen.
(3) Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Mit der Festsetzung des Zwangsmittels sind dem Verpflichteten zugleich die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder Vorlage einer Sache oder zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken, so kann das Gericht, soweit ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, durch Beschluss neben oder anstelle einer Maßnahme nach den Absätzen 1, 2 die in §§ 883, 886, 887 der Zivilprozessordnung vorgesehenen Maßnahmen anordnen. Die §§ 891 und 892 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(5) Der Beschluss, durch den Zwangsmaßnahmen angeordnet werden, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.
(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.
(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.