Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2018 - XII ZB 351/18

ECLI: ECLI:DE:BGH:2018:211118BXIIZB351.18.0
published on 21/11/2018 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2018 - XII ZB 351/18
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Amtsgericht Hamburg-Blankenese, 553 F 196/15, 06/07/2017
Hanseatisches Oberlandesgericht, 12 UF 150/17, 06/07/2018

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 351/18
vom
21. November 2018
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Verpflichtung zur Auskunftserteilung
(im Anschluss an Senatsbeschluss vom 10. Januar 2018 -
XII ZB 451/17 -
FamRZ 2018, 445).
BGH, Beschluss vom 21. November 2018 - XII ZB 351/18 - OLG Hamburg
AG Hamburg-Blankenese
ECLI:DE:BGH:2018:211118BXIIZB351.18.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 3. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 6. Juli 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: bis 1.000 €

Gründe:

1
Die statthafte und auch im Übrigen - insbesondere gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - zulässige Rechtsbeschwerde, mit der der Antragsgegner sich gegen die Verwerfung seiner Beschwerde wendet, ist begründet. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG, der der Verpflichtung des Antragsgegners zur Auskunft und Belegvorlage in einem Verfahren auf Kindes- und Trennungsunterhalt zukommt, entscheidungserhebliches Vorbringen unberücksichtigt gelassen hat.
2
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, wonach sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach dem Interesse des Rechtsmittelführers richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Die Rechtsbeschwerde stellt dies ebenso wenig in Frage wie die tatrichterlichen Feststellungen zu dem mit der Erteilung der Auskunft verbundenen Aufwand an Zeit sowie zu der Bewertung des Zeitaufwands. Die entsprechenden Ausführungen des Beschwerdegerichts sind rechtlich auch nicht zu beanstanden (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Januar 2018 - XII ZB 451/17 - FamRZ 2018, 445 Rn. 5 ff. mwN).
3
2. Mit Erfolg beanstandet die Rechtsbeschwerde aber, dass das Oberlandesgericht den vom Antragsgegner geltend gemachten Kopierkosten bei der Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands keine Bedeutung beigemessen hat.
4
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist hinsichtlich des für die Auskunftserteilung benötigten Zeitaufwands davon auszugehen, dass insoweit ein Aufwand von nicht mehr als 600 € (entspricht rund 171 Stunden zu je 3,50 €) entsteht. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsgegner meine, mehrere tausend Seiten Fotokopien einreichen zu müssen.
5
Der Antragsgegner ist vom Amtsgericht jedoch unter anderem verpflichtet worden, jeweils für die Jahre 2012, 2013 und 2014 seine "Einkommenssteuererklärungen mit allen Anlagen" sowie - zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit und Gewerbe - "sämtliche Einnahmen- und Überschussrechnungen, Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnungen, Kontennachweisen und Anlagespiegeln , Gewinnermittlungen und Jahresabschlüsse" vorzulegen. Er hat - belegt durch ein Schreiben seiner Steuerberaterkanzlei - darauf hingewiesen, dass pro Einkommenssteuererklärung wegen der jeweils umfangreichen Anlagen rund 1.000 Seiten pro Jahr zu kopieren seien, und zudem ausgeführt, für die Vorlage der Jahresabschlüsse der verschiedenen Gesellschaften, an denen er beteiligt sei, müssten rund 700 Seiten pro Jahr kopiert werden. Damit hat der Antragsgegner aber entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts, das auf diese Ausführungen nicht eingegangen ist, ausreichend dargelegt, für welche Belege der Kopieraufwand anfällt. Die für die Erfüllung der Auskunfts- und insbesondere der Belegvorlageverpflichtung erforderlichen Kopierkosten gehören fraglos zu dem Aufwand, nach dem sich das hier maßgebliche Interesse des das Rechtsmittel führenden Auskunftsverpflichteten bemisst.
6
Dass ein Auskunftsberechtigter - wie das Oberlandesgericht zutreffend anmerkt - dem Grundsatz nach Anspruch auf eine systematische, in sich geschlossene Zusammenstellung der erforderlichen Angaben hat, die ihm ohne übermäßigen Arbeitsaufwand die Berechnung seines Anspruchs ermöglicht (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 385/13 - FamRZ 2015, 127 Rn. 16 und Senatsurteil vom 29. Juni 1983 - IVb ZR 391/81 - FamRZ 1983, 996, 998), ist insoweit unbehelflich. Denn der Wert des Beschwerdegegenstands richtet sich danach, wozu der Auskunftsverpflichtete aufgrund des erstinstanzlichen Titels verpflichtet ist. Das ist hier auch die vollständige Vorlage der genannten Belege.
7
3. Da das Oberlandesgericht den Zeitaufwand des Antragsgegners nicht näher bestimmt, sondern auf jedenfalls nicht mehr als 171 Stunden eingeschätzt hat, ist nach derzeitigem Stand nicht auszuschließen, dass es bei einer neuerlichen Wertbemessung unter Berücksichtigung des vom Antragsgegner geltend gemachten erheblichen Kopieraufwands zu einem Wert von über 600 € gelangt. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Dose Schilling Nedden-Boeger Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Blankenese, Entscheidung vom 06.07.2017 - 553 F 196/15 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 06.07.2018 - 12 UF 150/17 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt. (2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Absatz 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig
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published on 10/01/2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 451/17 vom 10. Januar 2018 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 61 Abs. 1; JVEG § 20 Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands ist au
published on 22/10/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB385/13 Verkündet am: 22. Oktober 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
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Annotations

(1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt.

(2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Absatz 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.

(3) Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erfordert und
2.
der Beteiligte durch den Beschluss mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt.

(2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Absatz 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.

(3) Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erfordert und
2.
der Beteiligte durch den Beschluss mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.