Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2012 - XII ZB 17/12

bei uns veröffentlicht am07.11.2012
vorgehend
Landgericht Bielefeld, 23 T 754/11, 22.12.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 17/12
vom
7. November 2012
in der Betreuungssache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 22. Dezember 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 7.453 €

Gründe:

I.

1
Die Beteiligte zu 3, die Landeskasse, fordert aus übergegangenem Recht die Rückzahlung der Betreuervergütung vom Erben der Betroffenen, dem Beteiligten zu 1.
2
Über das Vermögen der Betroffenen war im April 2007 das Regelinsolvenzverfahren eröffnet worden, das nach ihrem Tod am 10. August 2010 in ein Nachlassinsolvenzverfahren übergeleitet wurde. Nachdem der Insolvenzverwalter die Gläubiger der Betroffenen, darunter auch die Landeskasse, in Kenntnis gesetzt hatte, dass die Betroffene durch eine Erbschaft Vermögen erworben hatte, forderte das Amtsgericht die aus der Landeskasse an die Betreuerin gezahlte Vergütung für den Zeitraum vom 8. März 2007 bis 9. August 2010 in Höhe von 7.453,60 € aus dem Nachlass der Betroffenen zurück. Der Erbe der Betroffenen erhebt die Einrede der Verjährung und beruft sich auf den Vorrang des Insolvenzverfahrens. Seine Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung des Rückforderungsbeschlusses begehrt.
3
Mit Beschluss vom 20. August 2012 hat das Amtsgericht das Nachlassinsolvenzverfahren gemäß § 212 InsO wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes eingestellt.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 2 FamFG statthaft, weil das Landgericht sie zugelassen hat.
5
Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
6
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Rückforderungsanspruch der Landeskasse bestehe nach §§ 1908 i, 1836 e BGB und sei weder verjährt, noch sei die Festsetzung wegen des laufenden Nachlassinsolvenzverfahrens unzulässig. Nach Art. 229 § 23 Abs. 2 Satz 1 EGBGB beginne der Lauf der Regelverjährungsfrist erst am 1. Januar 2010. Beim Erstattungsanspruch handele es sich um eine Erbfallschuld, die nach Erlass des Rückforderungsbescheids als Nachlassverbindlichkeit im Insolvenzverfahren zur Tabelle anzumelden sei.
7
2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
a) Nicht frei von Rechtsfehlern ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen , dass die gesamte Regressforderung der Landeskasse zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbeschlusses im November 2011 noch nicht verjährt sei. Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden hat, verjähren die - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen - Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers aus § 1908 i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 1835, 1836 BGB in drei Jahren. Zugleich hat der Senat entschieden, dass die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB dem Verjährungsbeginn nicht entgegensteht und nicht zu einer Hemmung der Verjährung nach § 204 BGB führt. Schließlich findet die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB auf den Regressanspruch aus § 1836 e BGB keine Anwendung (vgl. insgesamt Senatsbeschlüsse vom 25. Januar 2012 - XII ZB 461/11 - FamRZ 2012, 627 und XII ZB 605/10 - BtPrax 2012, 118; zu dem auf die Staatskasse übergegangenen Aufwandsentschädigungsanspruch siehe Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 497/11 - FamRZ 2012, 629).
9
Die auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche für das Jahr 2007 waren demnach zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbeschlusses im November 2011 nach § 195 i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB verjährt.
10
b) Die Frage nach dem Vorrang und der Unterbrechungswirkung des Insolvenzverfahrens , derentwegen das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, kann dahin stehen, da das Nachlassinsolvenzverfahren zwischenzeitlich im August 2012 nach § 212 InsO wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes eingestellt worden ist.
11
Diese in der Rechtsbeschwerdeinstanz eingetretene neue Tatsache ist auch zu berücksichtigen, da ihre Berücksichtigung den Grundsätzen der Prozesswirtschaftlichkeit entspricht. § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG bestimmt in entsprechender Anwendung von § 559 ZPO, welche Tatsachengrundlage für die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts maßgebend ist; nämlich nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil bzw. der Beschwerdeentscheidung und dem Sitzungsprotokoll bzw. den Vermerken über Anhörungstermine (§ 28 Abs. 4 FamFG) ersichtlich ist. Damit ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz eine Nachprüfung tatsächlicher Verhältnisse grundsätzlich ausgeschlossen (Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 74 Rn. 29). Eine Ausnahme hiervon gilt aus Gründen der Verfahrensökonomie, also im Interesse einer möglichst raschen und Kosten sparenden Erledigung der Sache bei Vermeidung eines neuen Verfahrens, wenn die Berücksichtigung neuer tatsächlicher Umstände keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht (Senatsurteil vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - FamRZ 2002, 318, 319 und Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2010 - XII ZB 161/94 - FamRZ 2002, 93, 94; Keidel/MeyerHolz FamFG 17. Aufl. § 74 Rn. 36). Voraussetzung für die Berücksichtigung neuer Tatsachen ist aber stets, dass sie schützenswerte Belange anderer Beteiligter nicht verletzt (Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 74 Rn. 38).
12
Würde die Einstellung des Nachlassinsolvenzverfahrens während des laufenden Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht berücksichtigt, und käme man zu dem Ergebnis, dass der Rückforderungsbeschluss wegen des Vorrangs des Insolvenzverfahrens nicht hätte ergehen dürfen, wie die Rechtsbeschwerde reklamiert , wäre er aufzuheben und die Staatskasse darauf zu verweisen, ihre Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Einstellung des Verfahrens gibt es indes keine Tabelle mehr, zu der die Forderung angemeldet werden könnte, so dass ein solcher Beschluss obsolet wäre. Aber auch in dem Fall, in dem ein laufendes Insolvenzverfahren dem Erlass des Rückforderungsbe- schlusses nicht entgegenstehen würde, wäre der Beschluss des Landgerichts aufzuheben, da die Verjährung nicht rechtsfehlerfrei beurteilt wurde. Schützenswerte Belange eines Beteiligten werden durch die Berücksichtigung der Einstellung des Insolvenzverfahrens auch nicht verletzt.
13
3. Der Senat kann allerdings nicht gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG in der Sache abschließend entscheiden, da noch weitere Feststellungen dazu erforderlich sind, welcher Teil der festgestellten Gesamtsumme von 7.453,60 € auf das Jahr 2007 entfällt.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
AG Minden, Entscheidung vom 11.11.2011 - 4 XVII B 1056 (SH) -
LG Bielefeld, Entscheidung vom 22.12.2011 - 23 T 754/11 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

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(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

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Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn gewährleistet ist, daß nach der Einstellung beim Schuldner weder Zahlungsunfähigkeit noch drohende Zahlungsunfähigkeit noch, soweit die Überschuldung Grund für die Eröffnung des

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 28 Verfahrensleitung


(1) Das Gericht hat darauf hinzuwirken, dass die Beteiligten sich rechtzeitig über alle erheblichen Tatsachen erklären und ungenügende tatsächliche Angaben ergänzen. Es hat die Beteiligten auf einen rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen, wenn es ihn

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 461/11
vom
25. Januar 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen
- Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers
aus § 1908 i Abs. 1 Satz 1 iVm §§ 1835, 1836 BGB verjähren in drei Jahren

b) Die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB steht dem
Verjährungsbeginn nicht entgegen und führt nicht zu einer Hemmung der
Verjährung nach § 205 BGB.

c) Die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB findet auf den Regressanspruch
aus § 1836 e BGB keine Anwendung.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 461/11 - LG Mönchengladbach
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die
Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 19. Juli 2011 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 84 FamFG). Beschwerdewert: bis 10.000 €.

Gründe:

I.

1
Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt das Land die Erstattung der von ihm seit 2001 an die Betreuerin der damals mittellosen Betroffenen erbrachten Vergütungen nebst Auslagen.
2
Nachdem die Betroffene infolge eines Erbfalls ein Vermögen von rund 90.000 € erworben hatte, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22. März 2011 die von der Betroffenen an die Landeskasse in Bezug auf die Jahre 2001 bis 2010 zu erstattenden Kosten auf 16.077,61 € festgesetzt. Auf die Beschwerde der Betroffenen, mit der sie sich unter anderem auf Verjährung berufen hat, hat das Landgericht den angefochtenen Beschluss dahin abgeändert , dass die Betroffene eine Vergütung von 5.544 € zu erstatten hat.
3
Hiergegen wendet sich das Land mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die auf den Rechtsbeschwerdeführer übergegangenen Ansprüche für die Zeit bis einschließlich 2007 verjährt sind.
5
1. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, bis Ende des Jahres 2009 habe § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB die Regelung enthalten, dass der übergegangene Anspruch in zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Vergütung gezahlt werde, erlösche. Nach dieser Vorschrift hätte vorliegend ein Betrag von 15.249,07 € zurückgefordert werden können.
6
Die Regelung sei jedoch ersatzlos abgeschafft worden. Die Zehnjahresfrist gelte auch nicht für eine Übergangsfrist fort. Art. 229 § 23 EGBGB sei insoweit nicht anwendbar. Denn § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF habe keine Verjährungsfrist enthalten, sondern nur ein "Erlöschen" des Anspruchs geregelt, was zu einer Überlagerung der Verjährungsvorschriften geführt habe. Mit der ersatzlosen Abschaffung dieser Erlöschensfrist verjähre der Anspruch nach § 1836 e BGB nach allgemeinen Regeln. Demgegenüber bezögen sich die Übergangsvorschriften des Art. 229 § 23 EGBGB ausschließlich auf die geänderte Verjährung; eine Übergangsregelung für § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF sei nicht beschlossen worden.
7
Nach den allgemeinen Verjährungsregelungen der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB seien aber Ansprüche betreffend die Jahre 2001 bis 2007 verjährt. Der Anspruch entstehe mit der Zahlung der Staatskasse, wobei diese in dem Moment auch über die erforderlichen Kenntnisse verfüge. Verjährung trete entsprechend drei Jahre ab dem Schluss des Jahres ein, in dem gezahlt worden sei. Vorliegend sei die Rückforderung im Jahr 2011 erfolgt. Zurückgefordert werden könnten zu diesem Zeitpunkt die noch nicht verjährten Forderungen hinsichtlich der ab dem Jahr 2008 geleisteten Zahlungen. Diese machten zusammengenommen 5.544 € aus.
8
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
Zutreffend hat das Beschwerdegericht maßgeblich darauf abgestellt, dass die gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche für den Zeitraum bis einschließlich 2007 verjährt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es - wegen der bereits eingetretenen Verjährung - nicht mehr auf die mittlerweile gestrichene Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF an.
10
a) Gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB gehen Ansprüche des Vormundes oder Gegenvormundes gegen den Mündel auf die Staatskasse über, soweit diese den Vormund oder Gegenvormund befriedigt. Nach § 1908 i Abs. 1 BGB findet die vorgenannte Vorschrift auch im Betreuungsverfahren Anwendung. § 1836 e BGB ist mit dem Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG - vom 25. Juni 1998, BGBl. I S. 1580 ff., 1582) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 5 Abs. 2 BtÄndG). Ausweislich § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF erlosch der übergegangene An- spruch in zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Staatskasse die Aufwendungen oder die Vergütung bezahlt hat. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber den gegen den Mündel bestehenden Regressanspruch zusätzlich begrenzen und zugleich die Justizkasse von der Verwaltung solcher (Alt-) Forderungen entlasten (BR-Drucks. 960/96, S. 32). Dabei ist der Gesetzgeber hinsichtlich der übergegangenen Ansprüche ersichtlich von einer 30-jährigen Regelverjährung gemäß § 195 BGB aF ausgegangen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Ob § 195 BGB aF tatsächlich einschlägig war, war allerdings umstritten (zum Meinungsstand NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1836 Rn. 15 iVm § 1835 Rn. 11 mwN). Die Erlöschensfrist von zehn Jahren bezweckte den Vorstellungen des Gesetzgebers zufolge mithin die zeitliche Begrenzung des Rückgriffsanspruchs zugunsten des Anspruchsschuldners (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11).
11
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ist § 195 BGB allerdings mit Wirkung zum 1. Januar 2002 dahin geändert worden, dass die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt. Zwar sah § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung vor, dass familien- und erbrechtliche Ansprüche (weiterhin) in 30 Jahren verjähren. Diese Norm erfasste jedoch nicht die im Betreuungsrecht geregelten Vergütungs-, Aufwendungsersatz- bzw. Aufwandsentschädigungsansprüche (MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 197 Rn. 9 und Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 22). Ersichtlich hat der Gesetzgeber nicht erkannt, dass die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB - jedenfalls spätestens - mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Moder- nisierung des Schuldrechts nicht mehr erforderlich war, wie sich auch aus den Ausführungen des Rechtsausschusses anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts ergibt. Danach ist er - irrtümlich - davon ausgegangen, dass die 30-jährige Regelverjährung hinsichtlich des Regressanspruchs nach wie vor galt (vgl. BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass der Gesetzgeber an der Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB seinerzeit nichts geändert hat. Nach alledem galt ab 2002 für die hier im Streit stehenden Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 168 Rn. 19; NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1835 Rn. 11 iVm § 1836 Rn. 15).
12
Für die vor 2002 entstandenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche gilt Entsprechendes. Soweit sie mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahr 2002 noch nicht verjährt waren, ist Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB anwendbar, so dass ab diesem Zeitpunkt allenfalls die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begann.
13
b) Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen gilt für die hier im Streit stehenden Vergütungsansprüche folgendes:
14
aa) Sowohl nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht als auch nach dem dann folgenden Verjährungsrecht setzt der Beginn der Verjährungsfrist voraus, dass der Anspruch entstanden (§ 198 Satz 1 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und fällig geworden ist (zum alten Recht: Palandt/ Heinrichs BGB 60. Aufl. § 198 Rn. 1; zum neuen Recht: Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 199 Rn. 3).
15
Der Vergütungsanspruch des Betreuers entsteht mit der Ausübung seiner jeweiligen Amtstätigkeit (BayObLG FamRZ 1996, 372, 373; MünchKomm- BGB/Wagenitz 5. Aufl. § 1836 Rn. 43; vgl. auch Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. Anh. zu § 1836 BGB § 1 VBVG Rn. 11). Mit ihr hat der Betreuer zugleich von den - den Anspruch begründenden - Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Fälligkeit des Anspruchs tritt regelmäßig in dem Moment ein, in dem dem Betreuer eine zusammenfassende Abrechnung innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und zumutbar ist (BayObLG FamRZ 2000, 1455, 1456); einen Anhaltspunkt hierfür gibt seit Einführung des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) § 9 VBVG, der Abrechnungszeiträume von drei Monaten vorgibt. Spätestens aber tritt die Fälligkeit mit Bewilligung der Vergütung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG ein (MünchKommBGB /Wagenitz 5. Aufl. § 1836 Rn. 43).
16
Der Aufwendungsersatzanspruch, den der Betreuer gemäß § 1835 BGB bis zum Inkrafttreten des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes zum 1. Juli 2005 neben dem Vergütungsanspruch geltend machen konnte (s. nunmehr § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG), entsteht mit der Vornahme der entsprechenden Handlung (NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1835 Rn. 10; vgl. auch Palandt/ Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 Rn. 15) und wird damit regelmäßig auch zu diesem Zeitpunkt fällig.
17
Dass der Betreute ursprünglich mittellos im Sinne von § 1836 d BGB war, steht dem Entstehen des Anspruchs im Sinne des § 198 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegen. Denn wäre die Leistungsfähigkeit des Betreuten Voraussetzung für das Entstehen des Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruches - etwa wie im Falle eines Unterhaltsanspruchs - wäre ein solcher bei Mittellosigkeit erst gar nicht entstanden und hätte demgemäß auch nicht auf die Staatskasse gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB übergehen können. "Mittellosigkeit" im Sinne von § 1836 d BGB ist vielmehr dahin zu verstehen , dass es dem Betreuten sozialrechtlich nicht zugemutet werden soll, für die Kosten der Betreuung aufzukommen, wenn dadurch seine eigene angemessene Lebensgestaltung in Frage gestellt würde (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1836 d Rn. 1); deshalb hat der Staat im Falle der Mittellosigkeit in die Haftung einzutreten (vgl. §§ 1835 Abs. 4 Satz 1 BGB, 1836 a BGB aF und § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG).
18
Dass der entstandene Anspruch mit Leistungserbringung seitens der Staatskasse auf diese gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der cessio legis übergeht, die Staatskasse den Regressanspruch gegenüber dem Betreuten wegen dessen Mittellosigkeit aber nicht durchsetzen kann (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 562, 563), lässt den bereits eingetretenen Beginn der Verjährung unberührt. Die Staatskasse tritt insoweit als Zessionar lediglich in die Gläubigerstellung des Betreuers ein (vgl. dazu § 412 iVm §§ 399 bis 404, 406 bis 410 BGB).
19
bb) Die Verjährung der vor 2008 entstandenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche ist auch nicht gehemmt.
20
(1) Zwar war die Verjährung dieser Ansprüche ursprünglich gemäß § 204 BGB aF (s. dazu Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. [2001] § 204 Rn. 4) bzw. nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt. Diese Norm regelt ausdrücklich, dass die Verjährung von Ansprüchen zwischen Betreutem und Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses gehemmt ist. Der mit der Befriedigung des Betreuers durch die Staatskasse einhergehende Forderungsübergang lässt die Hemmung indes entfallen (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 207 Rn. 1; s. auch Erman/Saar BGB 13. Aufl. § 1836 e Rn. 3).
21
(2) Ebenso wenig führt der Umstand, dass die Staatskasse wegen der Mittellosigkeit den Betreuten bislang nicht in Regress nehmen konnte, zu einer über den Jahreswechsel 2001/2002 hinausgehenden Hemmung der Verjährung.
22
Zwar ist nach dem bis zum Jahre 2002 geltenden Verjährungsrecht die Verjährung gehemmt gewesen, solange der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt war (§ 202 Abs. 1 BGB aF). Vorliegend konnte sich der Betreute - wie oben bereits ausgeführt - gegenüber dem Regressanspruch der Staatskasse auf Mittellosigkeit im Rahmen des § 1836 d BGB berufen. Von daher war die Verjährung nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht gehemmt.
23
Allerdings sieht das seit 2002 mit Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geänderte Verjährungsrecht eine solche Hemmung nicht mehr vor. Nach § 205 BGB ist die Verjährung nur gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. An einer solchen Vereinbarung fehlt es hier. Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen - anders als nach früherem Recht - grundsätzlich keine Hemmung (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 205 Rn. 3; Lakkis in juris PK-BGB 5. Aufl. § 205 Rn. 20).
24
Soweit hier Ansprüche in Rede stehen, deren Verjährung bereits vor 2002 zu laufen begannen, die Verjährung somit gemäß § 202 Abs. 1 BGB aF gehemmt war, ist diese Hemmung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB mit Wirkung ab 1. Januar 2002 entfallen (vgl. MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 6).
25
cc) Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der Rechtsprechung vermag die Anwendung des Art. 229 § 23 EGBGB an der somit eingetretenen Verjährung der Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche nichts zu ändern (so aber LG Schweinfurth BtPrax 2011, 135, 136; LG Würzburg BtPrax 2011, 135 und LG Kleve Beschluss vom 6. Juni 2011 - 4 T 86/11 - juris Rn. 7 ff.). Dies liegt darin begründet, dass die hier maßgeblichen Verjährungsvorschriften mit dem Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), das zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, nicht geändert worden sind. Zwar ist durch dieses Gesetz die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF gestrichen worden. Diese war indes bereits mit der Änderung des Verjährungsrechts zum 1. Januar 2002 - wie oben bereits ausgeführt - mit der Umstellung auf die dreijährige Regelverjährung bedeutungslos geworden. Soweit vertreten wurde (vgl. Palandt/ Diederichsen BGB 68. Aufl. § 1836 e Rn. 4), dass die Verjährung durch die als lex specialis wirkende 10-Jahres-Frist verdrängt werde, finden sich hierfür weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien entsprechende Hinweise. Den Gesetzesmaterialien ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich bei der gestrichenen Frist nicht um eine Verjährungsfrist, sondern um eine Präklusionsfrist handeln soll (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes BT-Drucks. 16/8954 S. 30).
26
Aus Art. 229 § 23 Abs. 1 EGBGB ergibt sich dagegen, dass die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprüche anzuwenden sind. Dies ist hier für die bis einschließlich 2007 entstandenen Ansprüche nicht der Fall.
27
c) Der Betreute, der sich auf Verjährung berufen hat, hat demnach - wie vom Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden - aufgrund der im Jahr 2011 erfolgten gerichtlichen Festsetzung nur die ab 2008 entstandenen Vergütungsansprüche an die Staatskasse zurückzuzahlen. Denn die zeitlich davorliegenden Ansprüche wären gemäß § 195 iVm § 199 Abs. 1 BGB spätestens En- de 2010 verjährt. Von daher verbleibt es bei der - insoweit von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandeten - Berechnung des Rückzahlungsanspruchs durch das Landgericht in Höhe von 5.544 € (4 x 462 € für das Jahr 2008, 4 x 462 € für das Jahr 2009 und 4 x 462 € für das Jahr 2010).
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 22.03.2011 - 16 C XVII 5447 -
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 19.07.2011 - 5 T 151/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 605/10
vom
25. Januar 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen
- Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers aus
§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 iVm §§ 1835, 1836 BGB verjähren in drei Jahren,

b) Die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB steht dem Verjährungsbeginn
nicht entgegen und führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung

c) Die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB findet auf den Regressanspruch
aus § 1836 e BGB keine Anwendung.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 605/10 - LG Augsburg
AG Augsburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg - 5. Zivilkammer - vom 7. Oktober 2010 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 84 FamFG). Beschwerdewert: 6.555 €

Gründe:

I.

1
Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Freistaat Bayern die Erstattung der von ihm in den Jahren von 2000 bis 2010 an die Betreuerin der damals mittellosen Betroffenen bzw. den Betreuungsverein ausgezahlten Vergütungen nebst Auslagen in einer Gesamthöhe von 12.044,13 €.
2
Nachdem das Betreuungsgericht den Verkauf der Eigentumswohnung der Betroffenen zum Preis von 60.000 € genehmigt hatte, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 23. August 2010 den von der Betroffenen an die Staatskasse zu erstattenden Betrag auf 12.350,90 € festgesetzt. Auf die Beschwerden der Betreuerin und der Verfahrenspflegerin, mit denen sie sich unter anderem auf Verjährung berufen haben, hat das Landgericht den angefochtenen Be- schluss dahin abgeändert, dass der von der Betroffenen zu erstattende Betrag auf 5.789,16 € festgesetzt wird.
3
Hiergegen wendet sich der Freistaat Bayern mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die auf den Rechtsbeschwerdeführer übergegangenen Ansprüche für die Zeit bis einschließlich 2006 verjährt sind.
5
1. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts habe die in § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF für den Rückgriffsanspruch der Staatskasse vorgesehene Erlöschensfrist von zehn Jahren als systemwidrig gestrichen, so dass die Regressforderung nur noch der dreijährigen Regelverjährung von § 195 BGB unterliege. Die Ausschlussfrist nach § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF habe als lex specialis die Verjährung verdrängt. Nachdem dieser Verdrängungseffekt mit Streichung der Ausschlussfrist nicht mehr wirke, gelte Art. 229 § 23 EGBGB unmittelbar auch für die Ansprüche, deren Verjährung verdrängt gewesen sei.
6
Es sei zwar nicht richtig, dass die Erlöschensfrist von zehn Jahren die zeitliche Begrenzung des Rückgriffsanspruchs bezweckt habe, da Ansprüche eines Betreuers auf Vergütung gegenüber dem Betreuten nicht der dreißigjährigen Regelverjährung unterlegen hätten. Die Vergütungsansprüche hätten der kurzen Verjährung von zwei Jahren bzw. nach dem 1. Januar 2002 nach dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren unterlegen. Aus dem Zusammenhang des Regierungsentwurfs und der Begründung des Rechtsausschusses müsse aber für die vorliegende Frage geschlossen werden, dass der Gesetzgeber grundsätzlich gewollt habe, dass übergegangene Forderungen, die bereits am 1. Januar 2010 verjährt gewesen seien, nicht mehr geltend gemacht werden sollten. Es sei der Wille des Gesetzgebers gewesen, dass Ansprüche, die ohne die Ausschlussfrist verjährt gewesen wären, auf Einrede nicht mehr gegen die Betreuten geltend gemacht werden könnten. Die Ansprüche seien bei Forderungsübergang als Ansprüche übergegangen, die der Verjährung unterlägen. Die Verjährungsfrist betrage drei Jahre.
7
Die Staatskasse könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Verjährung nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt gewesen sei. Die Hemmung ende nämlich, wenn ein Anspruch, der unter diese Vorschrift fiele, an einen Dritten abgetreten werde oder kraft Gesetzes auf ihn übergehe.
8
Die Verjährung sei von der Betreuerin und der Verfahrenspflegerin schlüssig geltend gemacht worden. Damit ergebe sich, dass der Anspruch der Staatskasse nur in Höhe von 5.789,16 € bestehe.
9
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
10
Zutreffend hat das Beschwerdegericht maßgeblich darauf abgestellt, dass die gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche für den Zeitraum bis einschließlich 2006 verjährt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es - wegen der bereits eingetretenen Verjährung - nicht mehr auf die mittlerweile gestrichene Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF an.
11
a) Gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB gehen Ansprüche des Vormundes oder Gegenvormundes gegen den Mündel auf die Staatskasse über, soweit diese den Vormund oder Gegenvormund befriedigt. Nach § 1908 i Abs. 1 BGB findet die vorgenannte Vorschrift auch im Betreuungsverfahren Anwendung. § 1836 e BGB ist mit dem Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG - vom 25. Juni 1998, BGBl. I S. 1580 ff., 1582) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 5 Abs. 2 BtÄndG). Ausweislich § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF erlosch der übergegangene Anspruch in zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Staatskasse die Aufwendungen oder die Vergütung bezahlt hat. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber den gegen den Mündel bestehenden Regressanspruch zusätzlich begrenzen und zugleich die Justizkasse von der Verwaltung solcher (Alt-) Forderungen entlasten (BR-Drucks. 960/96, S. 32). Dabei ist der Gesetzgeber hinsichtlich der übergegangenen Ansprüche ersichtlich von einer 30-jährigen Regelverjährung gemäß § 195 BGB aF ausgegangen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Ob § 195 BGB aF tatsächlich einschlägig war, war allerdings umstritten (zum Meinungsstand NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1836 Rn. 15 iVm § 1835 Rn. 11 mwN). Die Erlöschensfrist von zehn Jahren bezweckte den Vorstellungen des Gesetzgebers zufolge mithin die zeitliche Begrenzung des Rückgriffsanspruchs zugunsten des Anspruchsschuldners (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11).
12
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ist § 195 BGB allerdings mit Wirkung zum 1. Januar 2002 dahin geändert worden, dass die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt. Zwar sah § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung vor, dass familien- und erbrechtliche Ansprüche (weiterhin) in 30 Jahren verjähren. Diese Norm erfasste jedoch nicht die im Betreuungsrecht geregelten Vergütungs-, Aufwendungsersatz- bzw. Aufwandsentschädigungsansprüche (MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. (2006) § 197 Rn. 9 und Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 22). Ersichtlich hat der Gesetzgeber nicht erkannt, dass die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB - jedenfalls spätestens - mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts nicht mehr erforderlich war, wie sich auch aus den Ausführungen des Rechtsausschusses anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts ergibt. Danach ist er - irrtümlich - davon ausgegangen, dass die 30-jährige Regelverjährung hinsichtlich des Regressanspruchs nach wie vor galt (vgl. BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass der Gesetzgeber an der Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB seinerzeit nichts geändert hat. Nach alledem galt ab 2002 für die hier im Streit stehenden Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 168 Rn. 19; NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1835 Rn. 11 iVm § 1836 Rn. 15).
13
Für die vor 2002 entstandenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche gilt Entsprechendes. Soweit sie mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahr 2002 noch nicht verjährt waren, ist Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB anwendbar, so dass ab diesem Zeitpunkt allenfalls die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begann.
14
b) Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen gilt für die hier im Streit stehenden Ansprüche Folgendes:
15
aa) Sowohl nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht als auch nach dem dann folgenden Verjährungsrecht setzt der Beginn der Verjährungsfrist voraus, dass der Anspruch entstanden (§ 198 Satz 1 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und fällig geworden ist (zum alten Recht: Palandt/ Heinrichs BGB 60. Aufl. § 198 Rn. 1; zum neuen Recht: Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 199 Rn. 3).
16
Der Vergütungsanspruch des Betreuers entsteht mit der Ausübung seiner jeweiligen Amtstätigkeit (BayObLG FamRZ 1996, 372, 373; MünchKommBGB /Wagenitz 5. Aufl. § 1836 Rn. 43; vgl. auch Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. Anh. zu § 1836 BGB § 1 VBVG Rn. 11). Mit ihr hat der Betreuer zugleich von den - den Anspruch begründenden - Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Fälligkeit des Anspruchs tritt regelmäßig in dem Moment ein, in dem dem Betreuer eine zusammenfassende Abrechnung innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und zumutbar ist (BayObLG FamRZ 2000, 1455, 1456); einen Anhaltspunkt hierfür gibt seit Einführung des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) § 9 VBVG, der Abrechnungszeiträume von drei Monaten vorgibt. Spätestens aber tritt die Fälligkeit mit Bewilligung der Vergütung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG ein (MünchKommBGB /Wagenitz 5. Aufl. § 1836 Rn. 43).
17
Der Aufwendungsersatzanspruch, den der Betreuer gemäß § 1835 BGB bis zum Inkrafttreten des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes zum 1. Juli 2005 neben dem Vergütungsanspruch geltend machen konnte (s. nunmehr § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG), entsteht mit der Vornahme der entsprechenden Handlung (NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1835 Rn. 10; vgl. auch Palandt/ Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 Rn. 15) und wird damit regelmäßig auch zu diesem Zeitpunkt fällig.
18
Dass der Betreute ursprünglich mittellos im Sinne von § 1836 d BGB war, steht dem Entstehen des Anspruchs im Sinne des § 198 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegen. Denn wäre die Leistungsfähigkeit des Betreuten Voraussetzung für das Entstehen des Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruches - etwa wie im Falle eines Unterhaltsanspruchs - wäre ein solcher bei Mittellosigkeit erst gar nicht entstanden und hätte demgemäß auch nicht auf die Staatskasse gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB übergehen können. "Mittellosigkeit" im Sinne von § 1836 d BGB ist vielmehr dahin zu verstehen , dass es dem Betreuten sozialrechtlich nicht zugemutet werden soll, für die Kosten der Betreuung aufzukommen, wenn dadurch seine eigene angemessene Lebensgestaltung in Frage gestellt würde (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1836 d Rn. 1); deshalb hat der Staat im Falle der Mittellosigkeit in die Haftung einzutreten (vgl. §§ 1835 Abs. 4 Satz 1 BGB, 1836 a BGB aF und § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG).
19
Dass der entstandene Anspruch mit Leistungserbringung seitens der Staatskasse auf diese gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der cessio legis übergeht, die Staatskasse den Regressanspruch gegenüber dem Betreuten wegen dessen Mittellosigkeit aber nicht durchsetzen kann (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 562, 563), lässt den bereits eingetretenen Beginn der Verjährung unberührt. Die Staatskasse tritt insoweit als Zessionar lediglich in die Gläubigerstellung des Betreuers ein (vgl. dazu § 412 iVm §§ 399 bis 404, 406 bis 410 BGB).
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bb) Die Verjährung der vor 2007 entstandenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche ist auch nicht gehemmt.
21
(1) Zwar war die Verjährung dieser Ansprüche ursprünglich gemäß § 204 BGB aF (s. dazu Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. [2001] § 204 Rn. 4) bzw.
nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt. Diese Norm regelt ausdrücklich, dass die Verjährung von Ansprüchen zwischen Betreutem und Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses gehemmt ist. Der mit der Befriedigung des Betreuers durch die Staatskasse einhergehende Forderungsübergang lässt die Hemmung indes entfallen (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 207 Rn. 1; s. auch Erman/Saar BGB 13. Aufl. § 1836 e Rn. 3).
22
(2) Ebenso wenig führt der Umstand, dass die Staatskasse wegen der Mittellosigkeit den Betreuten bislang nicht in Regress nehmen konnte, zu einer über den Jahreswechsel 2001/2002 hinausgehenden Hemmung der Verjährung.
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Zwar ist nach dem bis zum Jahre 2002 geltenden Verjährungsrecht die Verjährung gehemmt gewesen, solange der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt war (§ 202 Abs. 1 BGB aF). Vorliegend konnte sich der Betreute - wie oben bereits ausgeführt - gegenüber dem Regressanspruch der Staatskasse auf Mittellosigkeit im Rahmen des § 1836 d BGB berufen. Von daher war die Verjährung nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht gehemmt.
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Allerdings sieht das seit 2002 mit Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geänderte Verjährungsrecht eine solche Hemmung nicht mehr vor. Nach § 205 BGB ist die Verjährung nur gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. An einer solchen Vereinbarung fehlt es hier. Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen - anders als nach früherem Recht - grundsätzlich keine Hemmung (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 205 Rn. 3; Lakkis in juris PK-BGB 5. Aufl. § 205 Rn. 20).
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Soweit hier Ansprüche in Rede stehen, deren Verjährung bereits vor 2002 zu laufen begannen, die Verjährung somit gemäß § 202 Abs. 1 BGB aF gehemmt war, ist diese Hemmung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB mit Wirkung ab 1. Januar 2002 entfallen (vgl. MünchKomm-BGB/Grothe 5. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 6).
26
cc) Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der Rechtsprechung vermag die Anwendung des Art. 229 § 23 EGBGB an der somit eingetretenen Verjährung der Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche nichts zu ändern (so aber LG Schweinfurth BtPrax 2011, 135, 136; LG Würzburg BtPrax 2011, 135 und LG Kleve Beschluss vom 6. Juni 2011 - 4 T 86/11 - juris Rn. 7 ff.). Dies liegt darin begründet, dass die hier maßgeblichen Verjährungsvorschriften mit dem Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), das zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, nicht geändert worden sind. Zwar ist durch dieses Gesetz die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF gestrichen worden. Diese war indes bereits mit der Änderung des Verjährungsrechts zum 1. Januar 2002 - wie oben bereits ausgeführt - mit der Umstellung auf die dreijährige Regelverjährung bedeutungslos geworden. Soweit vertreten wurde (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 68. Aufl. § 1836 e Rn. 4), dass die Verjährung durch die als lex specialis wirkende 10-Jahres-Frist verdrängt werde, finden sich hierfür weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien entsprechende Hinweise. Den Gesetzesmaterialien ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich bei der gestrichenen Frist nicht um eine Verjährungsfrist, sondern um eine Präklusionsfrist handeln soll (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes BT-Drucks. 16/8954 S. 30).
27
Aus Art. 229 § 23 Abs. 1 EGBGB ergibt sich dagegen, dass die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2010 gelten- den Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprüche anzuwenden sind. Dies ist hier für die bis einschließlich 2006 entstandenen Ansprüche nicht der Fall.
28
c) Die Betroffene, die sich auf Verjährung berufen hat, hat demnach - wie vom Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden - aufgrund der im Jahr 2010 erfolgten gerichtlichen Festsetzung nur die ab 2007 entstandenen Vergütungsansprüche an die Staatskasse zurückzuzahlen. Denn die zeitlich davor liegenden Ansprüche waren gemäß § 195 in Verbindung mit § 199 Abs. 1 spätestens Ende 2009 verjährt. Von daher verbleibt es bei der - insoweit von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandeten - Feststellung des Rückzahlungsanspruchs in Höhe von 5.789,16 €.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 23.08.2010 - XVII 1088/92 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 07.10.2010 - 52 T 3326/10 u. 3545/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 497/11
vom
25. Januar 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1, 205, 1835 a, 1836 d, 1836 e, 1908 i;
EGBGB Art. 229 § 23

a) Der - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangene
- Aufwandsentschädigungsanspruch des Betreuers aus § 1908 i Abs. 1
Satz 1 in Verbindung mit § 1835 a BGB unterliegt für die Zeit ab 2002 der regelmäßigen
Verjährungsfrist von drei Jahren.

b) Die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB steht dem Verjährungsbeginn
nicht entgegen und führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung

c) Die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB findet auf den Regressanspruch
aus § 1836 e BGB keine Anwendung.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 497/11 - LG Dresden
AG Pirna
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 23. August 2011 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 84 FamFG). Beschwerdewert: 1.384 €

Gründe:

I.

1
Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Freistaat Sachsen die Erstattung der von ihm für den Zeitraum von August 1993 bis März 2000 an den Betreuer der damals mittellosen Betroffenen im Jahr 2000 erbrachten Aufwandsentschädigung.
2
Nachdem sich Ende 2010 ergeben hatte, dass die Betroffene über ein, über das Schonvermögen hinausgehendes Guthaben verfügt, hat das Amtsgericht am 18. April 2011 beschlossen, dass die Betroffene an die Staatskasse einen Betrag von 1.383,68 € im Wege des Regresses zurückzuzahlen habe. Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben.
3
Hiergegen wendet sich der Freistaat Sachsen mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat den amtsgerichtlichen Beschluss im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
5
1. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch zum 1. Januar 2011 erloschen sei. Dies folge bereits aus § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF. Nach der Streichung der Erlöschungsfrist von zehn Jahren unterfalle der Regressanspruch nach §§ 1908 i Abs. 1, 1836 e BGB nunmehr der Regelverjährung. Die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 Abs. 2 Satz 1 EGBGB bedeute nicht, dass der Zeitraum, in dem die Staatskasse Regress nehmen könne, nach dem 1. Januar 2010 verlängert worden sei. Nach wohlverstandener Auslegung der Übergangsvorschriften sei davon auszugehen, dass die Regressmöglichkeit spätestens dann ende, wenn sie nach dem alten Recht abgelaufen wäre. Der Gesetzgebungsgeschichte sei jedenfalls nicht zu entnehmen, dass die alte Ausschlussfrist nunmehr in eine Verjährungsfrist umgedeutet werden müsse, auf die sich der Schuldner zu berufen habe.
6
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
7
Zweifelhaft ist bereits, ob die in der Zeit vor 1999 entstandenen Aufwandsentschädigungsansprüche gemäß § 1836 e BGB überhaupt auf den Freistaat übergegangen sind. Denn diese Norm ist erst mit Wirkung zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG - vom 25. Juni 1998, BGBI. I S. 1580 ff., 1582) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden. Von daher spricht vieles dafür, dass der gesetzliche Forderungsübergang erst für die ab diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche greift (so jedenfalls OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 40; OLG Schleswig FamRZ 2000, 562; Palandt/ Diederichsen BGB 60. Aufl. (2001) § 1836 e Rn. 1).
8
Die Frage kann jedoch unbeantwortet bleiben. Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Staatskasse die von ihr verauslagte pauschale Aufwandsentschädigung von der Betroffenen nicht mehr zurückfordern kann.
9
a) Der - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangene - Aufwandsentschädigungsanspruch des Betreuers aus § 1908 i Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1835 a BGB ist verjährt.
10
Gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB gehen Ansprüche des Vormundes oder Gegenvormundes gegen den Mündel auf die Staatskasse über, soweit diese den Vormund oder Gegenvormund befriedigt. Nach § 1908 i Abs. 1 BGB findet die vorgenannte Vorschrift auch im Betreuungsverfahren Anwendung. § 1836 e BGB ist mit dem Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG - vom 25. Juni 1998, BGBl. I S. 1580 ff., 1582) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 5 Abs. 2 BtÄndG). Ausweislich § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF erlosch der übergegangene Anspruch in zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Staatskasse die Aufwendungen oder die Vergütung bezahlt hat. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber den gegen den Mündel bestehenden Regressanspruch zusätzlich begrenzen und zugleich die Justizkasse von der Verwaltung solcher (Alt-) Forderungen entlasten (BR-Drucks. 960/96, S. 32). Dabei ist der Gesetzgeber hinsichtlich der übergegangenen Ansprüche ersichtlich von einer 30-jährigen Regelverjährung gemäß § 195 BGB aF ausgegangen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Ob § 195 BGB aF tatsächlich einschlägig war, war allerdings umstritten (zum Meinungsstand NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1836 Rn. 15 iVm § 1835 Rn. 11 mwN). Die Erlöschensfrist von zehn Jahren bezweckte den Vorstellungen des Gesetzgebers zufolge mithin die zeitliche Begrenzung des Rückgriffsanspruchs zugunsten des Anspruchsschuldners (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11).
11
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ist § 195 BGB allerdings mit Wirkung zum 1. Januar 2002 dahin geändert worden, dass die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt. Zwar sah § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung vor, dass familien- und erbrechtliche Ansprüche (weiterhin) in 30 Jahren verjähren. Diese Norm erfasste jedoch nicht die im Betreuungsrecht geregelten Vergütungs-, Aufwendungsersatz- bzw. Aufwandsentschädigungsansprüche (MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. (2006) § 197 Rn. 9 und Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 22). Ersichtlich hat der Gesetzgeber nicht erkannt, dass die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB - jedenfalls spätestens - mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts nicht mehr erforderlich war, wie sich auch aus den Ausführungen des Rechtsausschusses anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts ergibt. Danach ist er - irrtümlich - davon ausgegangen, dass die 30-jährige Regelverjährung hinsichtlich des Regressanspruchs nach wie vor galt (vgl. BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass der Gesetzgeber an der Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB seinerzeit nichts geändert hat. Nach alledem galt ab 2002 für den Anspruch auf Aufwandsentschädigung die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 a Rn. 6; Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 168 Rn. 19).
12
Für den hier im Streit stehenden, vor 2002 entstandenen Anspruch auf Aufwandsentschädigung gilt Entsprechendes. Soweit er mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahr 2002 noch nicht verjährt war, ist Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB anwendbar, so dass ab diesem Zeitpunkt allenfalls die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begann.
13
b) Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägung gilt für die hier im Streit stehende Aufwandsentschädigung Folgendes:
14
aa) Sowohl nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht als auch nach dem dann folgenden Verjährungsrecht setzt der Beginn der Verjährungsfrist voraus, dass der Anspruch entstanden (§ 198 Satz 1 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und fällig geworden ist (zum alten Recht: Palandt/ Heinrichs BGB 60. Aufl. § 198 Rn. 1; zum neuen Recht: Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 199 Rn. 3).
15
Gemäß § 1835 a Abs. 2 BGB ist die Aufwandsentschädigung jährlich zu zahlen, erstmals ein Jahr nach Bestellung des Vormunds. Damit wird der Anspruch auf Zahlung der Entschädigungspauschale jeweils jährlich nachträglich fällig (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 a Rn. 4). Spätestens aber tritt Fälligkeit mit Festsetzung der pauschalen Aufwandsentschädigung ein.
16
Dass der Betreute ursprünglich mittellos im Sinne von § 1836 d BGB war, steht dem Entstehen des Anspruchs im Sinne des § 198 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegen. Denn wäre die Leistungsfähigkeit des Betreuten Voraussetzung für das Entstehen des Aufwandsentschädigungsanspruches - etwa wie im Falle eines Unterhaltsanspruchs - wäre ein solcher bei Mittellosigkeit erst gar nicht entstanden und hätte demgemäß auch nicht auf die Staatskasse gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB übergehen können. "Mittellosigkeit" im Sinne von § 1836 d BGB ist vielmehr dahin zu verstehen, dass es dem Betreuten sozialrechtlich nicht zugemutet werden soll, für die Kosten der Betreuung aufzukommen, wenn dadurch seine eigene angemessene Lebensgestaltung in Frage gestellt würde (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1836 d Rn. 1); deshalb hat der Staat im Falle der Mittellosigkeit in die Haftung einzutreten, § 1835 a Abs. 3 Satz 1 1. Halbs. BGB.
17
Dass der entstandene Anspruch mit Leistungserbringung seitens der Staatskasse auf diese gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der cessio legis übergeht, die Staatskasse den Regressanspruch gegenüber dem Betreuten wegen dessen Mittellosigkeit aber nicht durchsetzen kann (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 562, 563), lässt den bereits eingetretenen Beginn der Verjährung unberührt. Die Staatskasse tritt insoweit als Zessionar lediglich in die Gläubigerstellung des Betreuers ein (vgl. dazu § 412 iVm §§ 399 bis 404, 406 bis 410 BGB).
18
bb) Die Verjährung des Aufwandsentschädigungsanspruchs war auch nicht gehemmt.
19
(1) Zwar war die Verjährung dieser Ansprüche ursprünglich gemäß § 204 BGB aF (s. dazu Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. [2001] § 204 Rn. 4) bzw. nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt. Diese Norm regelt ausdrücklich, dass die Verjährung von Ansprüchen zwischen Betreutem und Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses gehemmt ist. Der mit der Befriedigung des Betreuers durch die Staatskasse einhergehende Forderungsübergang lässt die Hemmung indes entfallen (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 207 Rn. 1; s. auch Erman/Saar BGB 13. Aufl. § 1836 e Rn. 3).
20
(2) Ebenso wenig führt der Umstand, dass die Staatskasse wegen der Mittellosigkeit den Betreuten bislang nicht in Regress nehmen konnte, zu einer über den Jahreswechsel 2001/2002 hinausgehenden Hemmung der Verjährung.
21
Zwar ist nach dem bis zum Jahre 2002 geltenden Verjährungsrecht die Verjährung gehemmt gewesen, solange der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt war (§ 202 Abs. 1 BGB aF). Vorliegend konnte sich der Betreute - wie oben bereits ausgeführt - gegenüber dem Regressanspruch der Staatskasse auf Mittellosigkeit im Rahmen des § 1836 d BGB berufen. Von daher war die Verjährung nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht gehemmt.
22
Allerdings sieht das seit 2002 mit Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geänderte Verjährungsrecht eine solche Hemmung nicht mehr vor. Nach § 205 BGB ist die Verjährung nur gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. An einer solchen Vereinbarung fehlt es hier. Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen - anders als nach früherem Recht - grundsätzlich keine Hemmung (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 205 Rn. 3; Lakkis in juris PK-BGB 5. Aufl. § 205 Rn. 20).
23
Zwar war die Verjährung hier bereits vor 2002 gemäß § 202 Abs. 1 BGB aF gehemmt. Die Hemmung ist jedoch gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB mit Wirkung ab 1. Januar 2002 entfallen (vgl. MünchKomm-BGB/ Grothe 5. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 6).
24
cc) Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der Rechtsprechung vermag die Anwendung des Art. 229 § 23 EGBGB an der somit eingetretenen Verjährung nichts zu ändern (so aber LG Schweinfurth BtPrax 2011, 135, 136; LG Würzburg BtPrax 2011, 135 und LG Kleve Beschluss vom 6. Juni 2011 - 4 T 86/11 - juris Rn. 7 ff.). Dies liegt darin begründet, dass die hier maßgeblichen Verjährungsvorschriften mit dem Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), das zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, nicht geändert worden sind. Zwar ist durch dieses Gesetz die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF gestrichen worden. Diese war indes bereits mit der Änderung des Verjährungsrechts zum 1. Januar 2002 - wie oben bereits ausgeführt - mit der Umstellung auf die dreijährige Regelverjährung bedeutungslos geworden. Soweit vertreten wurde (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 68. Aufl. § 1836 e Rn. 4), dass die Verjährung durch die als lex specialis wirkende 10-Jahres-Frist verdrängt werde, finden sich hierfür weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien entsprechende Hinweise. Den Gesetzesmaterialien ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich bei der gestrichenen Frist nicht um eine Verjährungsfrist, sondern um eine Präklusionsfrist handeln soll (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes BT-Drucks. 16/8954 S. 30).
25
Aus Art. 229 § 23 Abs. 1 EGBGB ergibt sich dagegen, dass die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprü- che anzuwenden sind. Dies ist hier für den vor 2002 entstandenen Anspruch auf Aufwandsentschädigung nicht der Fall.
26
c) Die Betroffene, die sich auf Verjährung berufen hat, hat demnach wie vom Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden, an die Staatskasse für den hier in Streit stehenden Zeitraum keinen Regress zu leisten.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Pirna, Entscheidung vom 18.04.2011 - 411 XVII 98/93 -
LG Dresden, Entscheidung vom 23.08.2011 - 2 T 422/11 -

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn gewährleistet ist, daß nach der Einstellung beim Schuldner weder Zahlungsunfähigkeit noch drohende Zahlungsunfähigkeit noch, soweit die Überschuldung Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist, Überschuldung vorliegt. Der Antrag ist nur zulässig, wenn das Fehlen der Eröffnungsgründe glaubhaft gemacht wird.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Gericht hat darauf hinzuwirken, dass die Beteiligten sich rechtzeitig über alle erheblichen Tatsachen erklären und ungenügende tatsächliche Angaben ergänzen. Es hat die Beteiligten auf einen rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen, wenn es ihn anders beurteilt als die Beteiligten und seine Entscheidung darauf stützen will.

(2) In Antragsverfahren hat das Gericht auch darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt und sachdienliche Anträge gestellt werden.

(3) Hinweise nach dieser Vorschrift hat das Gericht so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen.

(4) Über Termine und persönliche Anhörungen hat das Gericht einen Vermerk zu fertigen; für die Niederschrift des Vermerks kann ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle hinzugezogen werden, wenn dies auf Grund des zu erwartenden Umfangs des Vermerks, in Anbetracht der Schwierigkeit der Sache oder aus einem sonstigen wichtigen Grund erforderlich ist. In den Vermerk sind die wesentlichen Vorgänge des Termins und der persönlichen Anhörung aufzunehmen. Über den Versuch einer gütlichen Einigung vor einem Güterichter nach § 36 Absatz 5 wird ein Vermerk nur angefertigt, wenn alle Beteiligten sich einverstanden erklären. Die Herstellung durch Aufzeichnung auf Datenträger in der Form des § 14 Abs. 3 ist möglich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 162/99 Verkündet am:
21. November 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung, wenn der Revisionskläger die Revision
ausschließlich auf neue Tatsachen stützt, die nach der letzten mündlichen
Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind.

b) Zur Aufrechnung mit einem - noch nicht titulierten - Anspruch auf Zugewinnausgleich
gegenüber einem Anspruch auf anteilige Auszahlung des Veräußerungserlöses
für einen früher gemeinschaftlichen Vermögensgegenstand geschiedener
Ehegatten (Anschluß an Senatsurteil vom 17. November 1999 - XII ZR 281/97 -
FamRZ 2000, 355 ff.).
BGH, Urteil vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. November 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Mai 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung des restlichen Anteils an dem aus der Veräuûerung des ehemals gemeinschaftlichen Hausgrundstücks der Parteien erzielten Erlös in Anspruch. Die Parteien, die im Jahre 1980 geheiratet hatten, waren zu je 1/2 Anteil Miteigentümer eines Hausgrundstücks in K. . Durch notariellen Vertrag vom 25. Mai 1996 veräuûerten sie das Grundstück zu einem Kaufpreis von 835.000 DM, der in Teilbeträgen von 50.000 DM und von 785.000 DM zu zahlen war. Die erste Rate und der nach Ablösung der bestehenden Belastungen
verbleibende Restkaufpreis sollten auf ein Konto der Beklagten überwiesen werden. Die Überweisung des Teilbetrages von 50.000 DM erfolgte versehentlich auf ein Konto des Klägers. Die Parteien einigten sich in der Folgezeit darauf , daû der Kläger sich - unter Berücksichtigung einer vereinbarten Ausgleichszahlung für von ihm übernommenen Hausrat sowie von ihm an die Beklagte geleisteter Zahlungen - 40.000 DM des an ihn überwiesenen Betrages auf seinen Erlösanteil anrechnen zu lassen habe. Am 20. Juni 1996 widerrief die Beklagte die bis dahin bestehende Vollmacht des Klägers über ihr Konto. Am 15. Juli 1996 ging auf diesem Konto der restliche Kaufpreis von 423.817,50 DM ein. Die Beklagte überwies hiervon einen Teilbetrag von 100.000 DM an den Kläger. Weitere Zahlungen leistete sie trotz Aufforderung nicht. Am 6. Juni 1997 wurde der Beklagten der Scheidungsantrag des Klägers zugestellt. Mit Schreiben vom 23. Juni 1997 erklärte sie gegenüber der Forderung des Klägers auf den Anteil an dem Veräuûerungserlös die Aufrechnung mit einer behaupteten Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 157.292 DM. Mit der Klage begehrte der Kläger - nach teilweiser Klagerücknahme - Zahlung von 96.900 DM mit der Begründung, ihm stehe der Überschuû aus dem Grundstücksverkauf zur Hälfte zu, weshalb die Beklagte unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen und der Anrechnungsvereinbarung noch den verlangten Betrag schulde (50.000 DM + 423.817,50 DM = 473.817,50 DM : 2 = abgerundet 236.900 DM abzüglich gezahlter 140.000 DM). Die Beklagte machte geltend, sie habe mit dem Kläger vereinbart, daû sie nur dann verpflichtet sei, den restlichen Kaufpreisanteil an ihn auszuzahlen, wenn ihr Zugewinnausgleichsanspruch niedriger sei als der dem Kläger - rechnerisch - zustehende Anspruch auf den restlichen Erlös. Solange die Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs noch nicht feststehe, habe sie berechtigt sein sollen, den Erlösanteil zurückzubehalten.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung über die behauptete Vereinbarung stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit ihrer Revision, die der Senat angenommen hat, verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision ist zulässig. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäû begründet worden. 1. Zur ordnungsgemäûen Begründung der Revision gehört die Angabe der Revisionsgründe unter Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 a ZPO). Dies erfordert grundsätzlich, daû sich die Revisionsbegründungsschrift mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und dargelegt wird, was daran zu beanstanden ist (Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. § 554 ZPO Rdn. 6; Zöller/Gummer ZPO 22. Aufl. § 554 ZPO Rdn. 12). Hieran fehlt es zwar vorliegend. Das Berufungsgericht hat im einzelnen ausgeführt, daû die der Höhe nach unstreitige Forderung des Klägers nicht durch Aufrechnung mit einem Zugewinnausgleichsanspruch der Beklagten erloschen sei, weil letzterer nach § 1578 Abs. 3 BGB erst mit Beendigung des Güterstandes, also mit der rechtskräftigen Ehescheidung, entstehe, so daû er nicht, wie nach § 387 BGB erfor-
derlich, vollwirksam und fällig sei. Der Beklagten stehe deshalb auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB nicht zu. Die Vereinbarung eines Zurückbehaltungsrechts habe sie nicht bewiesen. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebe sich ein solches ebenfalls nicht. Die Revision macht zwar pauschal geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Verletzung des § 286 ZPO sowie des materiellen Rechts, insbesondere der §§ 387, 1378 BGB. Aus welchen Gründen sie die Erwägungen des Berufungsgerichts für unzutreffend hält, wird indessen nicht im einzelnen ausgeführt. Sie stützt sich vielmehr darauf, daû nach der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - durch Urteil des Familiengerichts vom 30. Juli 1999 - die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden worden sei. Damit sei die Zugewinnausgleichsforderung der Beklagten fällig geworden, weshalb die von dieser sowohl vorprozessual als auch mit Schriftsatz vom 30. November 1997 erklärte Aufrechnung, die vorsorglich ausdrücklich wiederholt werde, die Klageforderung zum Erlöschen gebracht habe. Denn für das Revisionsverfahren sei mangels Feststellungen des Berufungsgerichts zur Höhe der Aufrechnungsforderung insoweit von dem Vorbringen der Beklagten auszugehen, die ihren Zugewinnausgleichsanspruch mit 157.292 DM beziffert habe. 2. a) Dies genügt indessen in einem Fall wie dem vorliegenden den Anforderungen an eine ordnungsgemäûe Revisionsbegründung. Hierfür reicht es grundsätzlich aus, wenn der Revisionskläger die Revision ausschlieûlich auf neue Tatsachen stützt, sofern diese nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind und auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung in der angefochtenen Entscheidung zu einer anderen Beurteilung der Klageforderung führen können. Kann nämlich das Revisionsgericht allein aufgrund neuer Tatsachen, soweit diese zu berücksichtigen sind, zu ei-
nem anderen Ergebnis gelangen, ohne die Richtigkeit des Berufungsurteils überprüfen zu müssen, so braucht auch von dem Revisionskläger eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil nicht erwartet zu werden, weil es darauf nicht ankommt (BAG, Urteil vom 16. Mai 1990 - 4 AZR 145/90 - NJW 1990, 2641, 2642; Stein/Jonas/Grunsky aaO § 554 ZPO Rdn. 7; Zöller/Gummer aaO § 554 ZPO Rdn. 12). Die Beklagte konnte die Revision deshalb ausschlieûlich mit neuen Tatsachen begründen, weil die am 30. Juli 1999 erfolgte rechtskräftige Scheidung der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen ist und in Verbindung mit der erneut erklärten Aufrechnung mit der Zugewinnausgleichsforderung der Beklagten zu einer anderen Beurteilung der Klageforderung führen kann.
b) § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt zwar, daû lediglich dasjenige Vorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Urteilsgrundlage wird durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen (BGHZ 104, 215, 220); neue Tatsachen dürfen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO aber einschränkend dahin auszulegen, daû in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einflieûen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert nämlich an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit ver-
ursacht und die Belange des Prozeûgegners gewahrt bleiben. Dann ist Raum für die Überlegung, daû es aus prozeûökonomischen Gründen nicht zu verantworten ist, die vom Tatsachenausschluû betroffene Partei auf einen weiteren , gegebenenfalls durch mehrere Instanzen zu führenden Prozeû zu verweisen. In einem solchen Fall ist vielmehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (BGHZ 85, 288, 290; Senatsurteil vom 24. November 1982 - IVb ZR 314/81 - NJW 1983, 451, 453; BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - IX ZR 272/96 - NJW 1998, 2972, 2974 f. jeweils m.N.; ebenso: MünchKomm-ZPO/Wenzel 2. Aufl. § 561 ZPO Rdn. 30; Musielak/Ball ZPO 2. Aufl. § 561 ZPO Rdn. 10; Zöller/Gummer aaO § 561 ZPO Rdn. 7; weitergehend: Stein/Jonas/Grunsky aaO § 561 ZPO Rdn. 24). Da es sich bei der rechtskräftigen Scheidung der Parteien um eine unstreitige Tatsache handelt, ist dieser Umstand im Revisionsverfahren zu berücksichtigen , soweit nicht schützenswerte Belange des Klägers entgegenstehen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daû die rechtskräftige Scheidung allein nicht ausreicht, um zu einer anderen Beurteilung der Klageforderung zu gelangen, sondern daû es hierzu auûerdem der - tatsächlich auch erfolgten - erneuten Aufrechnungserklärung der Beklagten bedarf. Denn bei einer nachträglich entstandenen Aufrechnungsmöglichkeit ist die im Anschluû daran erklärte Aufrechnung ebenfalls im Revisionsverfahren zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1983 - VIII ZR 19/82 - NJW 1984, 357, 358 und vom 2. Dezember 1974 - II ZR 132/73 - NJW 1975, 442, 443).
c) Schützenswerte Belange des Klägers werden durch die Zulassung der neuen Tatsachen nicht berührt. Die Beklagte hätte auch Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) erheben und geltend machen können, sie habe mit einer
nach der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren fällig gewordenen Gegenforderung wirksam aufgerechnet. Einer nach erneuter Aufrechnung erhobenen Vollstreckungsgegenklage hätte nicht entgegengehalten werden können, daû die Einwendung nicht im Revisionsverfahren geltend gemacht worden ist. Denn ein Zwang zum Vortrag neuer Tatsachen in der Revisionsinstanz besteht angesichts des grundsätzlichen Ausschlusses neuen Tatsachenvortrags gemäû § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht (BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 aaO S. 2975). Die mit der Vollstreckungsgegenklage verbundenen Verzögerungen bei der Durchsetzung seiner Forderung hätte der Beklagte aber in jedem Fall hinnehmen müssen. Seine Rechtsstellung wird deshalb nicht geschmälert , wenn noch im vorliegenden Rechtsstreit geklärt wird, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klageforderung durch die Aufrechnung erloschen ist.

II.

Die Revision ist auch begründet. Die Forderung des Klägers auf Auszahlung des restlichen Anteils an dem Veräuûerungserlös ist gemäû § 389 BGB durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen, soweit ihr eine Zugewinnausgleichsforderung zusteht und die Aufrechnung hiermit nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstöût. Denn der Zugewinnausgleichsanspruch ist mit der Beendigung des Güterstandes durch die rechtskräftige Scheidung fällig geworden (§ 1378 Abs. 3 BGB). 1. Die Beklagte hat hinreichend substantiiert dargelegt, daû sie eine die Klageforderung übersteigende Zugewinnausgleichsforderung gemäû § 1378
Abs. 1 BGB gegen den Kläger hat. Sie hat den betreffenden Anspruch in erster Instanz mit 157.292 DM beziffert und sich zur näheren Darlegung der Berechnung auf ein beigefügtes Schreiben ihres Prozeûbevollmächtigten bezogen. In diesem ist das jeweilige Anfangs- und Endvermögen der Parteien dargelegt, das Anfangsvermögen auf den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags hochgerechnet und aus der Gegenüberstellung der beiderseits angenommenen Werte der der Beklagten nach ihrer Ansicht zustehende Zugewinnausgleichsanspruch betragsmäûig errechnet. Damit ist die Forderung schlüssig dargetan worden. Die angesetzten Beträge sind bis auf den - mit 250.000 DM bezifferten - Firmenwert der A. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger ist, unstreitig. Zum Beweis des Firmenwertes, dessen Berechnung unter anderem die Bilanzen bis einschlieûlich 1995 zugrunde gelegt worden sind, hat die Beklagte die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. In ihrer Berufungsbegründung hat sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen und darauf hingewiesen, ihr Zugewinnausgleichsanspruch belaufe sich jedenfalls auf über 100.000 DM. Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, zur Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs sei nachvollziehbar nichts dargelegt, stellt dies keine nach § 561 Abs. 2 ZPO bindende Feststellung dar, sondern eine bloûe Wertung des Berufungsgerichts , so daû keine Verfahrensrüge erforderlich ist, um das Vorbringen der Beklagten berücksichtigen zu können. Die Revision vertritt deshalb zu Recht die Auffassung, zur Höhe des Anspruchs seien - mit Rücksicht auf die angenommene fehlende Fälligkeit - keine Feststellungen getroffen worden, so daû für das Revisionsverfahren von dem betreffenden Sachvortrag der Beklagten auszugehen ist. Daû der Zugewinnausgleichsanspruch bereits vor dem Familiengericht rechtshängig ist, stellt die Zulässigkeit der Aufrechnung nicht in Fra-
ge (Senatsurteil vom 17. November 1999 - XII ZR 281/97 - FamRZ 2000, 355, 357). 2. Die Aufrechnung steht allerdings grundsätzlich unter dem Gebot von Treu und Glauben. Es ist anerkannt, daû sich eine Aufrechnung verbietet, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluû als stillschweigend vereinbart anzusehen ist (§ 157 BGB) oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen (vgl. BGHZ 95, 109, 113). Bei der Abwicklung vermögensrechtlicher Beziehungen zwischen früheren Ehegatten ist die Aufrechnung mit einem Zugewinnausgleichsanspruch nach Auffassung des Senats aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie verstöût auch nicht deshalb gegen Treu und Glauben, weil das Zugewinnausgleichsverfahren etwa langwierig und kompliziert sein wird. Denn für den Inhaber der unbestrittenen, ebenfalls in der durch die Ehe begründeten Lebensgemeinschaft wurzelnden Forderung ist es grundsätzlich nicht unzumutbar, den Ausgang des Zugewinnausgleichsverfahrens abzuwarten, damit eine Gesamtbereinigung der beiderseitigen aus der Ehe herrührenden Ansprüche in einem Akt ermöglicht wird (Senatsurteil vom 17. November 1999 aaO S. 356, 357). Besondere Umstände, aufgrund deren es wegen der konkreten Situation des hier vorliegenden Einzelfalles dennoch treuwidrig sein könnte, daû die Beklagte die Forderung des Klägers auf Zahlung des ihm zustehenden restlichen Erlöses mit Hilfe ihres Zugewinnausgleichsanspruchs tilgen will, sind - vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus folgerichtig - bisher nicht festgestellt worden. Das gilt insbesondere für eine eventuelle Abrede der Parteien des Inhalts, daû der anteilige Erlös dem Kläger in jedem Fall auszuzahlen sei.
3. Der Senat ist zu einer abschlieûenden Entscheidung nicht in der Lage. Es bedarf - bevor es auf die Frage ankommt, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Gegenforderung der Beklagten besteht, zunächst der Prüfung , ob die Aufrechnung aus den besonderen Gründen des Einzelfalls unter Abwägung des Interesses des Klägers an der Verwirklichung seines Anspruchs einerseits gegenüber dem Sicherungsbedürfnis der Beklagten andererseits gegen Treu und Glauben verstöût. Das Berufungsgericht hat lediglich erwogen, ob sich das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht vor Eintritt der Fälligkeit der Gegenforderung aus Treu und Glauben ergebe und dies verneint. Der dabei berücksichtigte Umstand, daû die Beklagte zunächst die Auszahlung des Erlöses auf ihr Konto durchgesetzt und dem Kläger sodann durch den Widerruf der Vollmacht die Möglichkeit genommen hat, den Betrag selbst abzuheben, mag zwar auch im Rahmen der nunmehr vorzunehmenden Abwägung gegen die Beklagte sprechen. Andererseits hat sie aber den Erlös bis auf die Klageforderung an den Kläger ausgekehrt und den Einbehalt mit der Befürchtung begründet, dieser werde ihren Zugewinnausgleichsanspruch nicht erfüllen. Wie ihr Sicherungsbedürfnis zu bewerten ist, dürfte auch davon abhängen, welchen Wert das Grundstück hat, das der Kläger zusammen mit seiner neuen Partnerin erworben hat, und inwieweit Belastungen bestehen. Die dazu erforderlichen Feststellungen zu treffen, ist ebenso wie die abschlieûende Abwägung der beiderseitigen Interessen unter den jetzt maûgebenden Umständen Aufgabe des Tatrichters. An diesen ist die Sache daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.