Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2007 - XII ZB 112/06

bei uns veröffentlicht am14.02.2007
vorgehend
Amtsgericht Pankow, 20 F 6277/03, 02.02.2006
Kammergericht, 19 WF 56/06, 23.05.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 112/06
vom
14. Februar 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Verstrickungswirkung des § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO entfällt erst dann, wenn
der beigeordnete Rechtsanwalt die Kostenforderung nicht mehr nach § 126
Abs. 1 ZPO im eigenen Namen geltend machen kann. Erst dann kann der Gegner
gegen die Kostenforderung Einwendungen oder Einreden aus der Person
der berechtigten Prozesspartei erheben.
BGH, Beschluss vom 14. Februar 2007 - XII ZB 112/06 - Kammergericht Berlin
AG Pankow/Weißensee
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen vom 23. Mai 2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 2.758 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten um die Kostenfestsetzung aus einem rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreit.
2
Mit Urteil vom 15. Juni 2005 wies das Amtsgericht die Klage auf Rückzahlung überzahlten Ehegattenunterhalts ab. Die Berufung wurde durch Urteil des Kammergerichts vom 3. November 2005 zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden in beiden Instanzen dem Kläger auferlegt. Zuvor war der Beklagten mit Beschluss vom 28. April 2004 für die erste Instanz und mit Beschluss vom 20. Oktober 2005 für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2005 rechnete der Kläger gegenüber der Kostenforderung mit einem titulierten Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegen die Beklagte auf.
3
Mit Beschluss vom 2. Februar 2006 setzte das Amtsgericht auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten die aufgrund der rechtskräftigen Urteile vom Kläger an ihn zu erstattenden Kosten auf 2.757,67 € fest. Der - unter Hinweis auf die zuvor ausgesprochene Aufrechnung - eingelegten sofortigen Beschwerde half die Rechtspflegerin nicht ab. Das Kammergericht wies die sofortige Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurück. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, die vom Beschwerdegericht zugelassen wurde, weil streitig und bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, ob die Sperrwirkung des § 126 Abs. 2 ZPO auch dann gelte, wenn der Kostenschuldner die Aufrechnung erklärt habe, bevor der gegnerische Rechtsanwalt die Forderung nach § 126 ZPO im eigenen Namen geltend mache.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO), aber nicht begründet.
5
Das Amtsgericht hat die an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu erstattenden Kosten zu Recht antragsgemäß festgesetzt, weil die gegen die - nach Grund und Höhe unstreitige - Kostenforderung erklärte Aufrechnung des Klägers wegen eines Aufrechnungsverbots nach § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO unwirksam ist.
6
1. Unstreitig steht der Beklagten gegen den Kläger in Folge der rechtskräftigen Urteile des Amtsgerichts und des Kammergerichts eine Kostenforderung in Höhe von 2.757,67 € zu.
7
Nach § 126 Abs. 1 ZPO war der beigeordnete Rechtsanwalt auch berechtigt , diese Forderung - wie geschehen - im eigenen Namen beizutreiben.
8
2. Die Kostenforderung ist nicht durch die vom Kläger erklärte Aufrechnung mit einer titulierten Gegenforderung erloschen.
9
a) Nach § 126 Abs. 2 Satz 2 ZPO kann der Gegner gegen einen Kostenerstattungsanspruch nur mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit ergangenen Kostenentscheidung vom Antragsteller zu erstatten sind. Wechselseitige Kostenerstattungsansprüche aus demselben Rechtsstreit, die regelmäßig auf teilweises Obsiegen und Unterliegen zurückzuführen sind, können deswegen schon im Rahmen der Kostenfestsetzung im Wege des Kostenausgleichs verrechnet werden. Solche Gegenforderungen hat der Kläger hier aber nicht geltend gemacht.
10
b) Im Übrigen ist eine Einrede aus der Person der Partei nach § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO gegen den Kostenerstattungsanspruch ihres beigeordneten Rechtsanwalts nicht zulässig. Der Kostenschuldner ist deswegen zunächst auch an der Einrede gehindert, dass er die Kosten bereits an die bedürftige Partei bezahlt habe, dass diese ihm die Kosten erlassen habe oder dass er der Partei gegenüber (oder diese ihm gegenüber) aufgerechnet habe.
11
Diese Vorschrift findet ihren Grund in § 126 Abs. 1 ZPO, wonach ein der Partei im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt seine Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beitreiben kann. Die Vorschrift will dem beigeordneten Rechts- anwalt - über die Gebühren im Rahmen der Prozesskostenhilfe hinaus - seinen Vergütungsanspruch sichern, zumal er nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe keine Vergütungsansprüche mehr gegen die eigene Partei geltend machen darf. Allerdings werden die berechtigte Partei und der ihr beigeordnete Rechtsanwalt dadurch nicht zu Gesamtgläubigern im Sinne des § 428 BGB; auch im Innenverhältnis sind sie nicht nach § 430 BGB zu gleichen Anteilen berechtigt. Vielmehr steht die Kostenforderung auch dann weiterhin der Partei zu, während § 126 Abs. 1 ZPO eine gesetzliche Prozessstandschaft für den beigeordneten Rechtsanwalt - oder im Falle des Anspruchsübergangs nach § 59 RVG für die Staatskasse - betrifft (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juni 1997 - XII ZR 254/94 - FamRZ 1997, 1141).
12
Bei der Auslegung des § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB ist deswegen auch zu berücksichtigen, dass die Vorschrift die Vergütungsansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts sichern will. Der Ausschluss von Einreden aus der Person der Partei (sog. Verstrickung) ist deswegen so lange gerechtfertigt, wie der beigeordnete Rechtsanwalt die Kostenforderung noch im eigenen Namen geltend machen kann. Unerheblich ist demgegenüber - wie das Beschwerdegericht zu Recht ausführt -, ob der beigeordnete Rechtsanwalt sein Beitreibungsrecht nach § 126 Abs. 1 ZPO im Zeitpunkt der Aufrechnung bereits ausgeübt hatte (so inzwischen einhellige Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, vgl. OLG Stuttgart Rpfleger 1987, 218, OLG Koblenz Rpfleger 1994, 422, OLG Frankfurt Rpfleger 1990, 468 und jetzt auch OLGR Schleswig 1996, 335; MünchKomm/ Wax ZPO 2. Aufl. § 126 Rdn. 18; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 126 Rdn. 7; Zöller/Philippi 26. Aufl. § 126 Rdn. 16).
13
c) Die sich aus § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergebende Verstrickung des Kostenerstattungsanspruchs entfällt nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift erst dann, wenn - z.B. durch den Erlass eines Kostenfestsetzungsbe- schlusses für die Partei - eindeutig feststeht, dass der Anspruch nicht mehr von dem beigeordneten Rechtsanwalt geltend gemacht werden kann. Erst dann bedarf es einer Sicherung der Vergütungsansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts nicht mehr, so dass auch Einwendungen allein aus der Person der Partei den Kostenerstattungsanspruch zum Erlöschen bringen können (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 1994 - XII ZR 39/93 - NJW 1994, 3292; OLG Schleswig NJW-RR 2004, 717; KGR 2004, 556; KGR 2003, 245 und OLG München NJW-RR 1998, 214). Unabhängig davon sind Abreden der Parteien nur wirksam , wenn sie dazu führen, dass ein Kostenerstattungsanspruch erst gar nicht entsteht, und die deshalb ein Beitreibungsrecht des beigeordneten Anwalts aus § 126 Abs. 1 ZPO von vornherein ausschließen (Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2006 - XII ZR 285/02 - FamRZ 2007, 123). Nur solches muss sich der beigeordnete Rechtsanwalt und ggf. in seiner Rechtsnachfolge die Staatskasse stets entgegenhalten lassen (Senatsbeschluss vom 15. März 2006 - XII ZR 209/05 - FamRZ 2006, 853).
14
d) Umgekehrt tritt eine dauerhafte Verstrickung ein, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt einen noch bestehenden Kostenerstattungsanspruch im eigenen Namen beitreibt. Dann können Einreden, die allein in der Person der Partei begründet sind, die Forderung nicht mehr zu Fall bringen. So liegt der Fall hier, weil der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den noch "verstrickten" Kostenerstattungsanspruch mit dem in eigenem Namen gestellten Kostenfestsetzungsantrag vom 3. November 2005 beigetrieben hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 02.02.2006 - 20 F 6277/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 23.05.2006 - 19 WF 56/06 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2007 - XII ZB 112/06

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2007 - XII ZB 112/06

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2007 - XII ZB 112/06 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 126 Schriftform


(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. (2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 122 Wirkung der Prozesskostenhilfe


(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass 1. die Bundes- oder Landeskasse a) die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,b) die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte geg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 428 Gesamtgläubiger


Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 59 Übergang von Ansprüchen auf die Staatskasse


(1) Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe oder nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensache

Zivilprozessordnung - ZPO | § 126 Beitreibung der Rechtsanwaltskosten


(1) Die für die Partei bestellten Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben. (2) Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig. Der Gegner

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 430 Ausgleichungspflicht der Gesamtgläubiger


Die Gesamtgläubiger sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2007 - XII ZB 112/06 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2007 - XII ZB 112/06 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2006 - XII ZR 209/05

bei uns veröffentlicht am 15.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 209/05 vom 15. März 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 98 Zur Verteilung der Kosten des Rechtsstreits, wenn sich die Parteien in einem außergerichtlichen Vergleich zur H

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2006 - XII ZR 285/02

bei uns veröffentlicht am 11.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 285/02 vom 11. Oktober 2006 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 126 Abs. 1; RVG § 59 a) Nimmt der Revisionskläger die Revision zurück und verzichtet die Revisionsbeklagte a
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2007 - XII ZB 112/06.

Sozialgericht Halle Beschluss, 15. Dez. 2016 - S 11 SF 520/14 E

bei uns veröffentlicht am 15.12.2016

Tenor Die Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 30. Dezember 2013 wird zurückgewiesen. Gründe I. 1 Der Erinnerungsgegner wurde mit Prozesskostenhilfebeschluss vom 30. Januar 2013 dem Kläger im Verfahren S 23 AS 6515/11 b

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Nov. 2015 - XII ZB 241/15

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 241/15 vom 11. November 2015 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 126, 835, 836 Das gesetzliche Beitreibungsrecht des im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordneten R

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Nov. 2015 - XII ZB 242/15

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 242/15 vom 11. November 2015 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkhammer,

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 11. Juni 2014 - 18 E 109/14

bei uns veröffentlicht am 11.06.2014

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster wird geändert. Auf die Erinnerung des Antragsgegners wird der Kostenansatz vom 28. März 2013 aufgehoben. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet. 1G r ü n d e 2I. 3Am 3

Referenzen

(1) Die für die Partei bestellten Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben.

(2) Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig. Der Gegner kann mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die für die Partei bestellten Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben.

(2) Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig. Der Gegner kann mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann,
2.
die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist,
3.
die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.

(2) Ist dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bezeichneten Kosten zur Folge.

Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.

Die Gesamtgläubiger sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(1) Die für die Partei bestellten Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben.

(2) Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig. Der Gegner kann mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.

(1) Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe oder nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, beigeordneten oder nach § 67a Absatz 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bestellten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht der Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Rechtsanwalts geltend gemacht werden.

(2) Für die Geltendmachung des Anspruchs sowie für die Erinnerung und die Beschwerde gelten die Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend. Ansprüche der Staatskasse werden bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt. Ist das Gericht des ersten Rechtszugs ein Gericht des Landes und ist der Anspruch auf die Bundeskasse übergegangen, wird er insoweit bei dem jeweiligen obersten Gerichtshof des Bundes angesetzt.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Beratungshilfe.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Die für die Partei bestellten Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben.

(2) Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig. Der Gegner kann mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 285/02
vom
11. Oktober 2006
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Nimmt der Revisionskläger die Revision zurück und verzichtet die Revisionsbeklagte
auf die Kostenerstattung, so kommt ein Kostenerstattungsanspruch,
der von der Prozessbevollmächtigten der Revisionsbeklagten und - bei Gewährung
von Prozesskostenhilfe - von der Staatskasse geltend gemacht
werden könnte (§ 126 Abs. 1 ZPO, § 59 RVG), nicht zur Entstehung. Eine
spätere Kostengrundentscheidung, in welcher der Revisionskläger des
Rechtsmittels für verlustig erklärt und ihm die Kosten des Revisionsverfahrens
auferlegt werden, ändert daran nichts.

b) Der Revisionskläger kann in einem solchen Fall seine fehlende Kostenerstattungspflicht
im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen, wenn die tatsächlichen
Voraussetzungen feststehen.
BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - XII ZR 285/02 - KG
AG Tempelhof-Kreuzberg
Der XII. Zivilsenat hat am 11. Oktober 2006 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und
Dr. Ahlt

beschlossen:
Auf die Erinnerung der Beklagten vom 3. Januar 2006 wird der Kostenansatz vom 18. Juli 2005 (Kostenrechnung vom 26. Juli 2005 Kassenzeichen 7800 5103 0310) aufgehoben. Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 66 Abs. 6 GKG).

Gründe:


I.

1
Die Klägerin hat den Beklagten auf Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das KG das amtsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Berufung im übrigen zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beklagte - zugelassene - Revision eingelegt. Der Senat hat der Klägerin (notwendige) ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwältin S. beigeordnet. Später hat der Beklagte die Revision zurückgenommen. Der Senat hat den Beklagten mit Beschluss vom 23. März 2005 (antragsgemäß) des Rechtsmittels für verlustig erklärt und ihm die Kosten auferlegt.
2
Nunmehr wendet sich der durch seine zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vertretene Beklagte mit der Erinnerung gegen den (die Vergütung der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwältin betreffenden ) Kostenansatz und macht geltend, er sei nicht Kostenschuldner und folglich auch nicht zur Zahlung verpflichtet. Gemäß einer mit der Klägerin am 22. Februar 2005 getroffenen Vereinbarung habe er an diese 10.000 € gezahlt und sich verpflichtet, die Revision zurückzunehmen. Die Klägerin habe sich verpflichtet, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof keinen Kostenantrag zu stellen. Mit der Vereinbarung seien "sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien, egal aus welchem Rechtsgrund, beendet".

II.

3
Die Erinnerung ist begründet:
4
1. Der Beklagte war der Klägerin nicht kostenerstattungspflichtig. Der Prozessbevollmächtigten der Klägerin stand deshalb wegen ihrer Vergütung auch kein Anspruch (aus § 126 Abs. 1 ZPO) gegen den Beklagten zu, der mit der Befriedigung der Prozessbevollmächtigten (gemäß § 59 RVG) auf die Staatskasse übergegangen sein könnte.
5
a) Die Parteien haben vor der Rücknahme der Revision und der hierauf aufbauenden Kostengrundentscheidung des Senats auf "sämtliche wechselseitigen Ansprüche …, egal aus welchem Rechtsgrund" verzichtet. Hierzu zählt auch der sich aus der Rücknahme des Rechtsmittels ergebende Kostenerstattungsanspruch der Klägerin und Revisionsbeklagten gegen den Beklagten und Revisionskläger. Das folgt aus dem zitierten Wortlaut der Abrede, aber auch aus deren Zusammenhang mit Nr. 2 der Abrede, nach der sich die Klägerin und Revisionsbeklagte verpflichtet, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof keinen Kostenantrag zu stellen.
6
b) Die Kostengrundentscheidung des Senats hat einen solchen Kostenerstattungsanspruch nicht entstehen lassen. Kostengrundentscheidungen sind allein nach Maßgabe der Vorschriften der ZPO über die Kostentragung - hier: nach § 269 Abs. 3 ZPO - zu treffen (BGHZ 5, 251, 258; Zöller/Herget ZPO 15. Aufl. vor § 91 Rdn. 14; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 27. Aufl. vor § 91 Rdn. 19). Abweichende Vereinbarungen werden durch die Kostengrundentscheidung nicht berührt und müssen gegebenenfalls im Verfahren nach § 767 ZPO, dessen Absatz 2 insoweit keine Anwendung findet, oder ausnahmsweise im Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. dazu unter 2.) geltend gemacht werden (Zöller/Herget aaO § 104 Rdn. 21 "materiell-rechtliche Einwendungen"; Thomas /Putzo/Hüßtege aaO § 104 Rdn. 13; MünchKomm/Wax ZPO § 126 Rdn. 12).
7
c) Die Wirksamkeit der von den Parteien getroffenen Abrede über die Kostentragung wird auch nicht durch entgegenstehende Rechte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin berührt. Zwar steht dem Anwalt nach § 126 Abs. 1 ZPO ein Beitreibungsrecht an dem seinem Mandanten gegen den Gegner erwachsenen Kostenerstattungsanspruch zu; auch können diesem Beitreibungsrecht des Anwalts gemäß § 126 Abs. 2 ZPO Einreden aus der Person der Partei nicht entgegengesetzt werden. Dies hindert jedoch nicht Abreden der Parteien, die dazu führen, dass ein Kostenerstattungsanspruch des Mandanten gegen den Gegner erst gar nicht entsteht, und die deshalb ein Beitreibungsrecht des Anwalts aus § 126 ZPO von vornherein ausschließen (BGHZ aaO 258 f.; OLG Frankfurt NJW 1969, 144, 145; Zöller/Philippi aaO § 126 Rdn. 15; Thomas/Putzo/Reichold aaO § 126 Rdn. 7; MünchKomm/Wax ZPO § 126 Rdn. 12, 14; Stein/Jonas/Bork ZPO § 126 Rdn. 3, 6; anders für den Fall der Aufrechnung, vgl. etwa OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 420, 421).
8
So liegen die Dinge hier: Die Parteien haben schon vor der Kostengrundentscheidung eine Kostenerstattung ausgeschlossen. Damit ist ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten nicht zur Entstehung gelangt. Das muss sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin und in ihrer Rechtsnachfolge die Staatskasse entgegenhalten lassen (Senatsbeschluss vom 15. März 2006 - XII ZR 209/05 - FamRZ 2006, 853).
9
2. Der Beklagte kann seine fehlende Kostenerstattungspflicht auch im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen.
10
Zwar hat das Kostenfestsetzungsverfahren nur den Zweck, die Kostengrundentscheidung der Höhe nach zu beziffern. Deshalb sind materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Erstattungsanspruch grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ; für sie steht nur der Weg über § 775 Nr. 4 und 5 ZPO oder die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO offen (Zöller/Herget aaO § 104 Rdn. 21 "materiell-rechtliche Einwendungen"; Thomas/Putzo/Hüßtege aaO § 104 Rdn. 13; MünchKomm/Wax ZPO § 126 Rdn. 12). Hiervon wird indes aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen einer Einwendung feststehen (Zöller/Herget aaO § 104 Rdn. 21 "materiell-rechtliche Einwendungen" m.w.N.). Das ist hier - angesichts der vorgelegten notariellen Vereinbarung der Parteien - der Fall.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt

Vorinstanzen:
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 30.01.2002 - 150 F 16264/99 -
KG Berlin, Entscheidung vom 22.10.2002 - 13 UF 71/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 209/05
vom
15. März 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verteilung der Kosten des Rechtsstreits, wenn sich die Parteien in einem
außergerichtlichen Vergleich zur Hauptsache und wegen eines Teils der prozessbezogenen
Kosten (hier: Anwaltsgebühren) verständigen und der Rechtsmittelführer
danach eine von ihm eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurücknimmt.
BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - XII ZR 209/05 - OLG München
LG Traunstein
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2006 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Der Beklagte wird, nachdem er die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 19. Oktober 2005 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München zurückgenommen hat, dieses Rechtsbehelfs für verlustig erklärt (§§ 565, 516 Abs. 3 ZPO entsprechend). Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Streitwert: 87.651 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute, die um die Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf des ehemaligen Familienheimes streiten. Die Klägerin hatte von dem Beklagten in erster Instanz die Zahlung von 102.182 € verlangt, wovon ihr 87.650,82 € zugesprochen wurden. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Beklagte Berufung ein, die vom Oberlandesgericht zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtete sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, die vor Ablauf der Begründungsfrist zurückgenommen worden ist. Der Rücknahme dieses Rechtsmittels lag ein außergerichtlicher Vergleich der Parteien zugrunde, nach dem sich der Beklagte verpflichtete, auf der Grundlage des erstinstanzlichen Urteils als Vollstreckungstitel an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 40.000 € zu zahlen; darüber hinaus waren die Parteien sich einig, dass jede Seite ihre eigenen Rechtsanwaltskosten zu tragen habe. Weitere Regelungen zur Verteilung der Kosten des Rechtsstreits enthält der Vergleich nicht.

II.

2
1. Die Parteien haben eine ausdrückliche Regelung dahingehend getroffen , dass jede Partei die bei ihr angefallenen Anwaltskosten selbst zu tragen hat. Die Verteilung der Kosten eines Rechtsstreits steht zur Disposition der Prozessparteien , so dass eine ausdrückliche Parteivereinbarung sowohl § 98 ZPO als auch den sonstigen gesetzlichen Kostentragungsvorschriften gegenüber vorrangig ist. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn den Parteien - wie im vorliegenden Fall der Klägerin - Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, denn auch der Vergütungsanspruch des beigeordneten Anwalts gehört zu den außergerichtlichen Parteikosten, die Gegenstand einer außergerichtlichen Vereinbarung der Parteien über die Kostentragung sein können (vgl. OLG Oldenburg NdsRPfl 1994, 366; LG Köln MDR 1990, 929 mit Anm. Mümmler JurBüro 1990, 1284).
3
2. Hinsichtlich der Gerichtskosten und etwaiger sonstiger außergerichtlicher Kosten fehlt es im Vergleich an einer ausdrücklichen Regelung der Parteien. Insoweit gilt die gesetzliche Vermutung der Kostenaufhebung gemäß § 98 Satz 2 ZPO, deren Anwendung auch bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch einen außergerichtlichen Vergleich in Betracht kommt (BGHZ 39, 60, 69; BGH Beschluss vom 6. Oktober 1964 - Ia ZR 74/63 - NJW 1965, 103; BGH Be- schluss vom 14. Juli 1969 - X ZR 40/65 - MDR 1970, 46; BGH Urteil vom 25. Mai 1988 - VIII ZR 148/87 - WM 1988, 1460, 1462). Zwar kann § 98 Satz 2 ZPO von den Parteien nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend in der Weise abgedungen werden, dass über die Kosten des Rechtsstreits nach den allgemeinen Kostenvorschriften (insbesondere §§ 91 a, 269 Abs. 3, 516 Abs. 3 ZPO) zu entscheiden sei. Bei der Auslegung des vorliegenden Vergleiches ergeben sich jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass dies dem mutmaßlichen Willen der Parteien entsprechen würde.
4
a) Die Anwendung des § 91 a ZPO setzt im Ausgangspunkt voraus, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Beendigung eines Kostenstreits der Parteien notwendig wird, was auch bei einem außergerichtlichen Vergleich dann nicht der Fall ist, wenn sich die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits - entweder kraft einer ausdrücklichen Bestimmung oder auf Grund der gesetzlichen Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO - aus dem Inhalt des Vergleichs selbst ergibt (vgl. BGH MDR 1970 aaO; OLG Saarbrücken NJW-RR 1996, 320; OLG München VersR 1976, 395; MünchKomm-ZPO/Belz, 2. Aufl., § 98 Rdn. 3). Allerdings steht es den Parteien frei, die Kostenregelung einer Entscheidung des Gerichts unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu unterstellen. Hierzu muss dem Vergleich zumindest eine positive Andeutung dahin zu entnehmen sein, dass wegen der Kosten des Rechtsstreits eine sachbezogene Klärung durch das Gericht erwünscht ist. Ob es hierfür bereits ausreicht, dass die Parteien im Vergleich die Feststellung treffen, sich wegen der Kosten nicht geeinigt zu haben (Mümmler JurBüro 1993, 558; dagegen Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl. § 98 Rdn. 3; MünchKomm-ZPO/Belz, aaO Rdn. 4), kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Eine Entscheidung nach § 91 a ZPO ist auf keinen Fall veranlasst, wenn die Parteivereinbarung zur Kostentragung nichts aussagt, denn dies ist der typische Anwendungsbereich des § 98 ZPO. Haben sich die Parteien - wie hier - nur über außergerichtliche Kosten oder nur über Gerichtskosten ausdrücklich verständigt, gilt § 98 Satz 2 ZPO nur für den jeweils nicht geregelten Teil (Musielak/Wolst aaO Rdn. 3; Wieczorek /Schütze/Steiner, ZPO 3. Aufl. § 98 Rdn. 9).
5
b) Auch die Anwendung der allgemeinen Kostentragungsvorschriften für die Rücknahme einer Nichtzulassungsbeschwerde (§§ 565, 516 Abs. 3 ZPO entsprechend) kommt unter den hier obwaltenden Umständen nicht in Betracht. Durch die Rücknahme des Rechtsmittels erfüllte der Beklagte eine in dem außergerichtlichen Vergleich - zumindest mittelbar - übernommene Verpflichtung. Steht es bei der Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde im Vordergrund, die von den Parteien gewünschte Beendigung des Rechtsstreits prozessual umzusetzen, geht die von den Parteien gewollte Kostenverteilung, die gegebenenfalls mit Hilfe der gesetzlichen Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO ermittelt werden muss, der Anwendung von §§ 565, 516 Abs. 3 ZPO grundsätzlich vor. Der Rückgriff auf die allgemeinen Kostenvorschriften über die Rücknahme von Rechtsmitteln wird nur dann dem mutmaßlichen Willen der Parteien entsprechen , wenn der Vergleich in materieller Hinsicht im Wesentlichen eine Anerkennung der angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hat und daher anzunehmen ist, dass die Parteien die Anwendung des § 98 Satz 2 ZPO ausschließen wollten (BGH WM 1988 aaO; LAG München VersR 1988, 280; vgl. auch OLG Köln MDR 1986, 503; OLG Hamm JurBüro 1992, 424; OLG Stuttgart MDR 2004, 717, jeweils zu § 269 Abs. 3 ZPO). Dies steht hier angesichts des Verhältnisses der Vergleichssumme (40.000 €) zu dem in zweiter Instanz zuerkannten Betrag (87.650,82 €) erkennbar nicht in Rede. Eine weitergehende Prüfung der Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde ist dem Senat allein schon deshalb verwehrt, weil die Parteien in den Fällen, in denen eine gerichtliche Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes nicht gewollt ist, die Frage der Kostentragung gerade nicht von einer solchen Prüfung abhängig machen wollen. Ob ein stillschwei- gender Ausschluss des § 98 Satz 2 ZPO dann in Betracht kommt, wenn das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig ist, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden werden.
6
Aus den gleichen Gründen kann der Vergleich auch nicht dahin ausgelegt werden, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen im Kostenpunkt weiter gelten sollen, soweit hier nicht wegen der Rechtsanwaltskosten etwas anderes ausdrücklich vereinbart worden ist. Zwar geht bei der Rücknahme eines Rechtsmittels auf der Grundlage eines außergerichtlichen Vergleichs ein auf Fortgeltung der vorinstanzlichen Kostenentscheidung gerichteter Wille der Parteien der gesetzlichen Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO vor (Zöller/Gummer/ Heßler, ZPO, 25. Aufl. § 516 Rdn. 18). Auch ein solcher Wille kann aber nur angenommen werden, wenn der Vergleich die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen bestätigt, was hier nicht der Fall ist.
7
3. Da die Kostenverteilung einer Vereinbarung der Parteien folgt, ist grundsätzlich für eine gerichtliche Kostenentscheidung kein Raum mehr, und zwar auch soweit zur Auslegung der Vereinbarung auf die gesetzliche Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO zurückgegriffen worden ist. Allerdings kann in den Fällen einer rein außergerichtlichen Verständigung über die Kostenlast zur Klarstellung ein deklaratorischer Beschluss angezeigt sein (vgl. Musielak/Wolst aaO Rdn. 8; Bergerfurth NJW 1972, 1840, 1843). Von dieser Möglichkeit hat der Senat Gebrauch gemacht.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 13.01.2005 - 7 O 3652/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.10.2005 - 3 U 1918/05 -