Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2010 - XI ZB 19/09

bei uns veröffentlicht am20.07.2010
vorgehend
Landgericht Augsburg, 9 O 3247/07, 15.05.2008
Oberlandesgericht München, 30 U 452/08, 20.03.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 19/09
vom
20. Juli 2010
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias
am 20. Juli 2010

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. März 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsbeschwerde trägt die Beklagte. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 62.369,95 €.

Gründe:

I.

1
Die klagende Bank nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Darlehens und auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld in Anspruch.
2
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Endurteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 28. Mai 2008 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2008 hat dieser Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz beantragt. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2008, zugestellt am 28. Oktober 2008, hat das Berufungsgericht dem Antrag stattgegeben und der Beklagten ihren bisherigen Anwalt beigeordnet. Dieser hat am 21. Januar 2009 beantragt, seiner Mandantin "zur Berufungseinlegung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" zu gewähren, und gleichzeitig durch die dem Schriftsatz beigefügte Berufungsbegründung konkludent Berufung gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe die Berufungsbegründung bereits am 17. August 2008 verfasst. Diese und die dazu gehörenden Abschriften seien aber aus Versehen nicht an das Gericht geschickt, sondern mit dem Schriftsatz der Gegenseite vom 4. November 2008 zur Akte gelegt worden. Den Fehler habe er erst am 20. Januar 2009 aufgrund eines telefonischen Hinweises des Landgerichts, wo sich die Akte derzeit befunden habe, bemerkt.
3
Nachdem das Berufungsgericht den Beklagtenvertreter mit Verfügung vom 28. Januar 2009 darauf hingewiesen hatte, dass der bisherige Vortrag für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 233, 236 Abs. 2 ZPO) nicht ausreicht, hat er mit glaubhaft gemachten Schriftsatz vom 2. Februar 2009 weiter vorgetragen, dass er die Berufungsbegründung zusammen mit den Abschriften am 7. November 2008 in den auf seinem Schreibtisch stehenden "Postauslaufsammler" gelegt habe. Die Sekretariatsangestellte sei von ihm angewiesen worden, den "Postauslaufsammler" täglich zu leeren, die dort abgelegten Schriftsätze zu kuvertieren und nach Frankierung zur Post oder im Ausnahmefall direkt zum Gericht zu bringen. Die Bürokraft sei absolut zuverlässig. Dass sie die Berufungsbegründungsschrift nebst Abschriften nicht abgeschickt, sondern versehentlich in die Akte gelegt habe, stelle das erste Fehlverhalten in Fristsachen dar.
4
Das Berufungsgericht hat den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Da die Beklagte allein durch ihre Mittellosigkeit gehindert gewesen sei, die Berufungsfrist zu wahren, habe die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO spätestens ab Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses an ihren Anwalt am 28. Oktober 2008 begonnen und am 11. November 2008 geendet (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Diese Frist habe der Beklagtenvertreter schuldhaft versäumt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Berufungsfrist (§ 233 Fall 2, § 234 Abs. 1 ZPO) komme nicht in Betracht, weil ein entsprechender Antrag nicht gestellt worden sei. Dies wäre nur dann unschädlich, wenn der Prozessbevollmächtigte die für eine von Amts wegen vorzunehmende Wiedereinsetzung erforderlichen Tatsachen innerhalb der Zweiwochenfrist, die nach dem glaubhaft gemachten Vortrag gemäß § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB am 21. Januar 2009 - das Büroversehen sei erst einen Tag vorher bemerkt worden - begonnen und am 4. Februar 2009 geendet habe (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB), dargelegt hätte. Das sei jedoch nicht der Fall.
5
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsse der Rechtsanwalt sein Personal anweisen, die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages an Hand des Fristenkalenders zu überprüfen und die Fristen erst dann zu streichen, wenn man sich an Hand der Akte vergewissert habe, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei. Dazu , dass der Beklagtenvertreter solche organisatorischen Maßnahmen in seiner Kanzlei getroffen habe, sei indes nichts vorgetragen. Andernfalls hätte die Büroangestellte festgestellt, dass sich der Berufungs- und Berufungsbegründungsschriftsatz nebst Abschriften in der Handakte statt auf dem Postweg befinde.
6
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

7
Das Rechtsmittel ist statthaft. Auch wenn die Berufung wie hier noch nicht als unzulässig verworfen worden ist, kann gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagenden Beschluss gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Rechtsbeschwerde eingelegt werden (BGH, Beschlüsse vom 10. Oktober 2002 - VII ZB 11/02, BGHZ 152, 195, 197 f. und vom 17. März 2004 - IV ZB 41/03, NJW-RR 2004, 1150). Die Rechtsbeschwerde ist aber unzulässig, weil entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht erforderlich ist.
8
1. Allerdings ist der Rechtsbeschwerde darin zuzustimmen, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ein Eingreifen des Bundesgerichtshofs erfordert, wenn die angefochtene Entscheidung das Verfahrensgrundrecht einer Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt und darauf beruht (BGHZ 154, 288, 296 zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO; BGHZ 159, 135, 139 f.).
9
2. Ein Verstoß gegen ein Verfahrensgrundrecht der Beklagten liegt jedoch nicht vor, weil das Berufungsgericht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht wegen eines der Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Organisationsverschuldens ihres Prozessbevollmächtigten abgelehnt hat.
10
a) Dem Berufungsgericht kann freilich nicht gefolgt werden, soweit es den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist für unzulässig erachtet hat. Zwar hat der Prozessvertreter der Beklagten am 20. Januar 2009 von dem Fehlverhalten seiner Angestellten erfahren und in der damit beginnenden Zweiwochenfrist des § 234 ZPO nicht ausdrücklich beantragt, seiner Mandantin Wiedereinsetzung gegen die Versäumung eines Wiedereinsetzungsantrags zu gewähren. Für einen Antrag gemäß § 236 ZPO reicht es aber aus, dass die Partei - wie die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 21. Januar 2009 - konkludent zum Ausdruck bringt, dass sie das Verfahren trotz Ablaufs der Frist fortsetzen will (siehe etwa BGHZ 61, 394, 395; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 236 Rn. 4 m.w.N.).
11
b) Indessen hat das Berufungsgericht bei Anwendung der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelnden Vorschriften die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlasst haben muss, um von Amts wegen Wiedereinsetzung zu erlangen, nicht überspannt.
12
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der auch das Berufungsgericht im Ausgangspunkt ausgeht, gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt in seiner Kanzlei eine zuverlässige Ausgangskontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass die im Kalender vermerkten Fristen grundsätzlich erst dann gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, nachdem die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der bestimmende Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, d.h. die Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (siehe etwa BGH, Beschlüsse vom 9. November 2005 - XII ZB 270/04, FamRZ 2006, 192, vom 10. Dezember 2008 - XII ZB 132/08, juris, Tz. 11 und vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, Tz. 7).
13
bb) Eine solche Ausgangskontrolle gewährleistet die Organisation des Fristenwesens in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht. Vielmehr lässt es der Organisationsablauf dessen eigenen Angaben zufolge zu, dass die im Kalender vermerkten Fristen gestrichen werden, obwohl der bestimmende Schriftsatz noch nicht postfertig gemacht worden ist. Das ist nämlich erst dann der Fall, wenn die mit dem Fristenwesen betraute Angestellte die einzelnen Schriftstücke kuvertiert, frankiert und damit so zur Versendung fertig gemacht hat, dass die Beförderung normalerweise nicht mehr durch ein Versehen verhindert werden kann (BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00, NJW 2001, 1577, 1578). Das bloße Ablegen der Schriftsätze in dem sogenannten "Postauslaufsammler" stellte daher nicht die "letzte Station" zum Adressaten dar. Zudem wurde die Fehleranfälligkeit der Ausgangskontrolle dadurch erhöht, dass sich in dem "Postauslaufsammler" nach den eigenen Angaben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auch Schriftsätze der Gegenseite befanden , die lediglich in der jeweiligen Handakte abzuheften waren. Es war somit - wie der vorliegende Streitfall zeigt - nicht sicher ausgeschlossen, dass die Beförderung der Berufungsbegründungsschrift wegen einer Unachtsamkeit der als zuverlässig geltenden Angestellten unterblieb und das auf einem Organisationsverschulden beruhende Fehlverhalten nicht sofort bemerkt wurde.
Wiechers Müller Ellenberger Maihold Matthias

Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 15.05.2008 - 9 O 3247/07 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 20.03.2009 - 30 U 452/08 -

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(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 11/02
vom
10. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluß, mit dem die Berufung als unzulässig
verworfen und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der
Berufungsbegründungsfrist versagt wird, ist im Arrestverfahren und Verfahren der
einstweiligen Verfügung nicht statthaft.
BGH, Beschluß vom 10. Oktober 2002 - VII ZB 11/02 - OLG Frankfurt a.M.
LG Kassel
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Arrestbeklagten gegen den Beschluß des 25. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. März 2002 wird verworfen. Die Arrestbeklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 639.114,85

Gründe:

I.


Die Arrestklägerin erwirkte einen Beschluß des Landgerichts, durch den der dingliche Arrest in das Vermögen der Arrestbeklagten angeordnet worden ist. Mit Urteil vom 6. Juli 2001 hat das Landgericht den Arrest bestätigt. Gegen diese Entscheidung haben die Arrestbeklagten Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ging nach Ablauf der verlängerten Begründungsfrist am 5. Februar 2002 bei Gericht ein. Die Arrestbeklagten haben Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß die Berufung der Arrestbeklagten verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbe-
gründungsfrist zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde der Arrestbeklagten.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft, soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist. Nach § 574 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluß statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist. Nach § 522 Abs. 1 ZPO findet gegen einen Beschluß des Berufungsgerichts, mit dem die Berufung als unzulässig verworfen wird, die Rechtsbeschwerde statt. Zu Unrecht vertreten die Arrestbeklagten die Auffassung, die Rechtsbeschwerde sei danach auch im Arrestverfahren unbeschränkt statthaft. Ihnen ist allerdings zuzugeben, daß der Wortlaut des § 522 Abs. 1 ZPO insoweit keine Einschränkung enthält. Diese Einschränkung ergibt sich jedoch zwingend aus den Regelungen über das Revisionsverfahren. Nach § 542 Abs. 2 ZPO findet gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, die Revision nicht statt. Dies gilt auch für Urteile, mit denen eine Berufung in einem Arrestverfahren oder einstweiligen Verfügungsverfahren als unzulässig verworfen wird (BGH, Beschluß vom 20. Juni 1984 – IV b ZB 122/83, NJW 1984, 2368). Der Gesetzgeber hat diese Regelung wegen des provisorischen Charakters und der vorläufigen Bedeutung des Arrest- und Verfügungsverfahrens für notwendig gehalten. Diese gesetzgeberische Wertung galt nach altem Prozeßrecht ohne weiteres auch für den Fall, daß das Berufungsgericht durch Beschluß entschied. Nach § 519 b Abs. 2 ZPO a.F. war eine sofortige Beschwerde gegen den Verwerfungsbeschluß des Berufungsgerichts im Arrestverfahren unzulässig. Denn eine Ent-
scheidung, die ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß erging, unterlag der sofortigen Beschwerde nur, sofern gegen ein Urteil gleichen Inhalts die Revision zulässig war. Diese Regelung findet sich nicht mehr in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung der Zivilprozeßordnung. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß die Rechtsbeschwerde unbeschränkt statthaft wäre. Dem Gesetzgebungsverfahren ist nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber insoweit eine Abänderung der alten Rechtslage herbeiführen wollte. Vielmehr wollte er nach der amtlichen Begründung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO an den bisherigen § 519 b Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO a.F. anknüpfen, um einen weitgehenden Gleichlauf mit dem Fall der Verwerfung durch Urteil, das - gegebenenfalls im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde - der Revision unterliegt , zu erreichen. In beiden Fällen sollte der Bundesgerichtshof als Revisions - oder Rechtsbeschwerdegericht die Möglichkeit erhalten, Einfluß auf die Anwendung und Auslegung der formalen Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Berufung zu nehmen (BT-Drucks. 14/4722, S. 96). Aus dieser Begründung ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber von seiner in § 542 Abs. 2 ZPO aufrecht erhaltenen Entscheidung, im einstweiligen Verfügungsverfahren und Arrestverfahren von einer dritten Instanz abzusehen, für den Fall abrücken wollte, daß die Berufung durch Beschluß verworfen wird. Eine derartige Entscheidung wäre auch nicht nachvollziehbar, weil sie sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Denn der provisorische Charakter des Eilverfahrens ändert sich nicht dadurch, daß das Berufungsgericht nicht durch Urteil, sondern durch Beschluß entscheidet. Es wäre nicht verständlich, wenn allein die äußere Form der Entscheidung den Ausschlag dafür geben sollte, ob die Möglichkeit einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof eröffnet wird. In welcher Form das Berufungsgericht entscheidet, steht in seinem freien Ermessen. Seine Wahl hat keine Auswirkungen auf den Inhalt der Entscheidung. Dem gesetzgeberi-
schen Anliegen, einen weitgehenden Gleichlauf der Rechtsmittelmöglichkeiten für den Fall herbeizuführen, daß die Berufung als unzulässig verworfen wird, wird nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn die Rechtsbeschwerde im Arrestverfahren oder im einstweiligen Verfügungsverfahren unstatthaft ist. Vergeblich berufen sich die Arrestbeklagten für ihre Auffassung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. September 1999 (V ZB 24/99, NJW 1999, 3785). In diesem Fall ging es um eine etwaige Beschränkung des Beschwerderechts aus § 17 a Abs. 4 GVG durch die Regelung des § 545 Abs. 2 ZPO a.F. Der Bundesgerichtshof hat die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde im wesentlichen darauf gestützt, daß die Entscheidung über den Rechtsweg aus der Hauptsache herausgelöst ist und die weitere Beschwerde kein in der Hauptsache sonst unzulässiges Rechtsmittel ersetzt. Diese Erwägungen gelten nicht, wenn es um die Anfechtbarkeit einer Entscheidung in der Hauptsache geht. 2. Die Rechtsbeschwerde ist ebenfalls unstatthaft, soweit sie sich gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand richtet. Auf die Anfechtung dieser Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die für die Anfechtung der nachgeholten Prozeßhandlung gelten, § 238 Abs. 2 ZPO. Diese Regelung ist dahin zu verstehen, daß der Beschluß, mit dem die Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt wird, in dem Maße anfechtbar ist wie der Beschluß, mit dem die Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist verworfen wird (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 238 Rdn. 6). Ist dieser Beschluß im Hinblick auf die Regelung des § 542
Abs. 2 ZPO nicht anfechtbar, so gilt das auch für den Beschluß über die Versa- gung der Wiedereinsetzung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dressler Hausmann Kuffer
Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 41/03
vom
17. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Auch wenn der Prozeßbevollmächtigte die von seiner Angestellten in den Fristenkalender
eingetragene Frist überprüft hat, befreit ihn dies nicht davon, im
Rahmen seiner Vorbereitung einer Prozeßhandlung die Einhaltung der für
diese vorgeschriebenen Frist nachzuprüfen.
BGH, Beschluß vom 17. März 2004 - IV ZB 41/03 - LG Gera
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt
und Felsch
am 17. März 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen die Beschlüsse der 6. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 6. und 29. Oktober 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Streitwert: 3.855 €

Gründe:


I. Die Klägerin begehrt Wiedereinsetzung in den vo rigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung ihrer Berufung.
Ihrem Prozeßbevollmächtigten wurde am 25. April 20 03 das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts zugestellt. Auf dessen Vorderseite vermerkte die Büroangestellte zutreffend den 26. Mai 2003 als letzten Tag der Berufungsfrist sowie den 25. Juni 2003 als letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist und trug diese Daten auch in den Fristenkalender der Kanzlei ein. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin überprüfte die eingetragenen Fristen, als ihm die Akte am 12. Mai 2003 vorgelegt wur-

de, und legte rechtzeitig Berufung ein. Als die Angestellte die Mitteilung des Landgerichts erhielt, daß die Berufung dort am 26. Mai 2003 eingegangen sei, notierte sie den 26. Juni 2003 als Datum des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender und strich den 25. Juni 2003 aus. Sie hat an Eides Statt versichert, dieses Versehen sei ihr unerklärlich ; sie sei über die Änderung der Berufungsbegrün dungsfrist durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Zivilprozesses unterrichtet gewesen, wie ihre ursprüngliche Eintragung auf der Ausfertigung des amtsgerichtlichen Urteils zeige. Am 18. Juni 2003 legte die Angestellte die Akte dem Prozeßbevollmächtigten mit einem außen angebrachten Zettel in DIN-A-6 Größe vor, auf dem als Tag des Fristablaufs der 26. Juni 2003 angegeben war. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat eidesstattlich versichert, er habe sich auf diese Angabe verlassen , als er am 25. Juni 2003 die Berufungsbegründung diktiert habe, weil die Fristberechnung von ihm bereits vor Einlegung der Berufung überprüft und für richtig befunden worden war. Die Berufungsbegründung wurde am 26. Juni 2003 unterschrieben und ging am gleichen Tag per Telefax beim Landgericht ein.
Am 10. Juli 2003 erhielt der Prozeßbevollmächtigte den Hinweis des Landgerichts, daß die Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gewahrt sei. Am 18. Juli 2003 ging beim Landgericht der Antrag auf Wiedereinsetzung ein. Mit Beschluß vom 6. Oktober 2003 hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen, da die Versäumung der Prozeßhandlung auf einem der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbaren eigenen Verschulden des Prozeßbevollmächtigten beruhe. Dieser habe nicht durch geeignete organisatorische Maßnahmen Sorge dafür getragen , daß eine Büroangestellte nicht eigenmächtig die im Fristenkalender

notierten Daten ändere. Jedenfalls habe er nach Vorlage der Akte zum Zweck der Berufungsbegründung den Ablauf der Frist selbst nachrechnen müssen. Die als Gegenvorstellung zu wertende Beschwerde der Klägerin hat das Landgericht mit Beschluß vom 29. Oktober 2003 als unzulässig verworfen. Darin wird hervorgehoben, dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sei nicht nur zuzumuten, sondern im Rahmen seiner Berufungsbegründung auch ohne weiteres möglich gewesen, noch einmal den Fristablauf anhand des Eingangsstempels auf dem angefochtenen Urteil zu kontrollieren.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 6. Nov ember 2003 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Rechtsbeschwerde.
II. Das Rechtsmittel ist statthaft. Auch wenn die Berufung wie hier noch nicht als unzulässig verworfen worden ist, kann gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagenden Beschluß gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Rechtsbeschwerde eingelegt werden (BGHZ 152, 195, 197 f.). Deren formelle Voraussetzungen (§ 575 ZPO) sind eingehalten. Die Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und auch wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zulässig (§ 574 Abs. 2). Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Der Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend , zwar sei ein Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet, den Fristablauf selbst nachzuprüfen, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt wird (BGH, Beschluß vom

13. November 1975 - III ZB 18/75 - NJW 1976, 627, 628; Beschluß vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632; Beschluß vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02 - NJW 2003, 1815 unter II 2). Nicht geklärt sei indessen, ob diese Prüfung notwendig in engem zeitlichen Zusammenhang mit der fristgebundenen Prozeßhandlung und insbesondere auch dann erfolgen müsse, wenn der Prozeßbevollmächtigte wie im vorliegenden Fall die korrekte Eintragung des Ablaufs der für die Prozeßhandlung maßgebenden Frist in den Kalender der Kanzlei bereits zu einem früheren Zeitpunkt überprüft habe. Eine doppelte Prüfung könne von ihm ebenso wenig erwartet werden wie die doppelte Führung von Fristenkalendern (dazu BGH, Beschluß vom 29. Juni 2000 - VII ZB 5/00 - NJW 2000, 3006 unter II 2 a).
Dem ist nicht zu folgen. Die Pflicht des Prozeßbev ollmächtigten, den Fristablauf bei der Vorbereitung einer fristgebundenen Prozeßhandlung selbständig zu prüfen, beruht darauf, daß die sorgfältige Vorbereitung der Prozeßhandlung stets auch die Prüfung aller gesetzlichen Anforderungen an ihre Zulässigkeit einschließt. Diese Aufgabe ist von der Fristberechnung und Fristkontrolle zu unterscheiden, die lediglich der rechtzeitigen Vorlage der Akten zum Zweck ihrer Bearbeitung durch den Rechtsanwalt dienen. Nur insoweit kann sich der Rechtsanwalt von der routinemäßigen Fristenüberwachung entlasten (BGH, Beschluß vom 13. November 1975 aaO). Anders als bei der doppelten Führung von Fristenkalendern geht es hier um unterschiedliche Aufgaben des von den Angestellten geführten Fristenkalenders einerseits und der Pflicht des Prozeßbevollmächtigten selbst zur Vorbereitung der Prozeßhandlung andererseits. Hat der Prozeßbevollmächtigte - wie er hier vorträgt - die von seiner Angestellten in den Fristenkalender eingetragene Frist über-

prüft, obwohl dies von der Aufgabenstellung her an sich nicht erforderlich gewesen wäre, befreit ihn dies nicht davon, im Rahmen seiner Vorbereitung einer Prozeßhandlung die Einhaltung der für diese vorgeschriebenen Frist nochmals zu überprüfen. Zwar muß die Prozeßhandlung nicht in einem Zuge und zeitnah mit dem Ablauf einer für sie geltenden Frist vorbereitet werden. Das ändert aber nichts an der Eigenverantwortung des Rechtsanwalts für die Richtigkeit und die Einhaltung der etwa von ihm zu einem früheren Zeitpunkt bereits berechneten Frist.
Die Rechtsbeschwerde war daher zurückzuweisen. Auf die Frage, ob der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin durch besondere Maßnahmen Vorsorge dafür getroffen hatte, daß eine im Fristenkalender notierte, von ihm überprüfte Frist nicht von der Angestellten eigenmächtig verändert wurde, kommt es nicht mehr an.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 270/04
vom
9. November 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familiensenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. November 2004 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Beschwerdewert: 2.740 €.

Gründe:


I.

1
Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin Trennungsunterhalt zu zahlen. Gegen das ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 30. Juni 2004 zugestellte Urteil hat er mit Schriftsatz vom 12. Juli 2004, beim Oberlandesgericht eingegangen am 14. Juli 2004, Berufung eingelegt. Eine Begründung des Rechtsmittels ist bis zum Ablauf der bis zum 20. September 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist nicht eingegangen. Am 13. Oktober 2004 hat er - per Telefax - eine Berufungsbegründung eingereicht, in der als Datum der 16. September 2004 angegeben ist. Gleichzeitig hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
2
Zur Begründung dieses Antrags hat er vorgetragen: Die Überwachung von Notfristen sei im Büro seiner Rechtsanwältin so organisiert, dass die zuständige Bürovorsteherin B. mit der Zusendung der eingehenden Post die Rechtsmittelfristen oder andere Fristen vermerke und den Vorgang an die zuständige Büroangestellte weiterleite. Diese Fristen würden ebenfalls im Fristenkalender und zusätzlich im Computer jeweils mit Vorfrist und Fristablauf notiert. Zusätzlich werde eine Eintragung der Frist im Kalender der jeweiligen Handakte vorgenommen. Bei Ablauf der Vorfrist werde die Akte dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt mit einem auffälligen Vermerk vorgelegt. Am Morgen des Fristablaufs werde die Sache auf Erledigung überprüft und, wenn sie noch nicht erledigt sei, noch einmal mit einem auffälligen Aufkleber "heute Fristablauf" in der gleichen Weise vorgelegt. Zum Büroschluss werde weiter kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien, erst dann werde die Frist gelöscht. Die Eintragung und die Kontrolle der Fristen obliege der Bürovorsteherin B. Im vorliegenden Fall habe sie zwar richtig die Vor- und Hauptfrist notiert, doch versehentlich die Frist vom 20. September 2004 gestrichen, obwohl sie nicht kontrolliert habe, ob die Berufungsbegründungsschrift fristgerecht abgesandt worden sei. Diese sei nach dem Diktat am 16. September 2004 gefertigt und in die normale Post gegeben , jedoch nicht sicherheitshalber per Telefax versandt worden. Die Bürovorsteherin habe nach der Fertigung des Schriftsatzes eine Abschrift in der Akte abgeheftet, das Original zur Post gegeben und den Fristablauf vom 20. September bereits am 16. September gestrichen, obwohl nicht sichergestellt gewesen sei, dass die Berufungsbegründungsschrift auch am 20. September 2004 bei dem Oberlandesgericht eingegangen sei.
3
Zur Glaubhaftmachung des tatsächlichen Ablaufs hat der Beklagte eine eidesstattliche Versicherung der Bürovorsteherin B. vorgelegt, in der es hinsichtlich der Büroorganisation heißt, der Bürovorsteherin seien die Vorschriften der Kanzlei über die Behandlung von Fristen bekannt.
4
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

5
Die gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 der Bestimmung nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern.
7
a) Die Voraussetzungen der ersten beiden Alternativen liegen hier nicht vor.
8
b) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich, wenn das Berufungsgericht bei der Versagung der begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen ist. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZR 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung indessen nicht.
9
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten gehört, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig zur Bearbeitung vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten , durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (Senatsbeschlüsse vom 17. Oktober 1990 - XII ZB 84/90 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 1 und vom 22. Oktober 1986 - IVb ZB 89/86 - BGHR ZPO § 233 Rechtsmittelbegründung 1; BGH Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 13). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
10
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei nicht auszuschließen, dass die Fristversäumung auf einer fehlenden wirksamen Ausgangskontrolle hinsichtlich fristwahrender Schriftsätze in der vom Beklagten beauftragten Rechtsanwaltskanzlei beruhe. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
11
Der Beklagte hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist weder von ihm selbst noch von seinem Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verschuldet worden ist. Dass die Fristen- und insbesondere die Ausgangskontrolle in dem Büro der erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten in einer den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung entsprechenden Weise organisiert waren, lässt sich der eidesstattlichen Versicherung der Bürovorsteherin B. nicht entnehmen. Denn in dieser werden die diesbezüglichen Vorschriften der Kanz- lei nicht im Einzelnen dargelegt. Damit kann nach den allein glaubhaft gemachten Tatsachen aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Fristversäumnis verhindert worden wäre, wenn eine wirksame Ausgangskontrolle bestanden hätte.
Hahne Sprick Weber-Monecke Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Herne-Wanne, Entscheidung vom 08.06.2004 - 3 F 404/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.11.2004 - 3 UF 332/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 132/08
vom
10. Dezember 2008
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Dezember 2008 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin
Dr. Vézina und die Richter Dose und Dr. Klinkhammer

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 14. Mai 2008 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Beschwerdewert: 30.000 €

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die auf Feststellung einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten gerichtete Klage durch Urteil vom 4. Januar 2008 abgewiesen. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9. Januar 2008 zugestellt worden. Mit am 8. Februar 2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat dieser Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz beantragt und für den Fall, dass diese gewährt wird, Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Das Oberlandesgericht hat dem Kläger mit Beschluss vom 19. Februar 2008, der seiner Prozessbevollmächtigten am 10. März 2008 zugestellt wurde, Prozesskostenhilfe bewilligt.
2
Mit Schriftsatz vom 20. März 2008, der bei dem Oberlandesgericht am 26. März 2008 eingegangen ist, beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und legte gleichzeitig Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein.
3
Nachdem der Kläger von dem Oberlandesgericht auf den am 25. März 2008 eingetretenen Ablauf der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag und die nachzuholende Prozesshandlung hingewiesen worden war, hat er Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist gemäß § 234 Satz 1 ZPO beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, seine Prozessbevollmächtigte habe den Schriftsatz vom 20. März 2008 an diesem Tag diktiert, gefertigt und unterschrieben. Die Fachangestellte S. sei ausdrücklich angewiesen worden, den Schriftsatz noch am selben Tag zur Post zu geben. Der Fristablauf am 25. März 2008 sei im Fristenkalender eingetragen gewesen. Der Schriftsatz sei auch durch Frau S. in das Postausgangsbuch eingetragen worden. Danach sei die Postmappe zusammen mit den sechs weiteren Postmappen einer Auszubildenden im dritten Lehrjahr zum Einkuvertieren übergeben worden. Aus ungeklärten Gründen sei der Schriftsatz jedoch nicht zur Post gegeben worden. Nach den Ostertagen seien die Schreiben der entsprechenden Postmappe mit anderen Schreiben vom 25. März 2008 zur Post gegeben worden. Dabei sei nicht aufgefallen , dass sich darunter auch Schreiben befunden hätten, deren Ausgang bereits für den 20. März 2008 im Ausgangsbuch eingetragen gewesen seien. Deshalb habe kein Anlass bestanden, den Schriftsatz vom 20. März 2008 am 25. März 2008 noch an das Gericht zu faxen.
4
Für die Ausgangspost bestehe die Anweisung, die in den Postmappen befindlichen Schreiben nach Unterschrift der Anwälte in das Postausgangsbuch einzutragen, zu kuvertieren und zu frankieren. Im Fristenbuch setze die Fachangestellte S. einen Erledigungshaken, nachdem die Schreiben und Schriftsätze diktiert, gefertigt und unterschrieben seien. Nach Bearbeiten der Post habe die Angestellte anhand des Postausgangsbuches zu kontrollieren, dass die im Fristenbuch abgehakten Schreiben und Schriftsätze auch zur Post gegeben würden. Die Post werde an einem separaten Tisch bearbeitet. Frau S. sei angewiesen , stichprobenartig zu kontrollieren, dass alle Postmappen bearbeitet worden seien und sämtliche postfertige Sendungen zur Post gebracht würden.
5
Das Oberlandesgericht hat die Anträge des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Klägers ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, nicht erfüllt sind.
7
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts , weil das Berufungsgericht Verfahrensgrundrechte des Klägers verletzt hätte. Denn der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger nicht in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinset- zung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts auch nicht rechnen musste (Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07 - NJW 2008, 2713, 2714 m.w.N.).
8
2. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die anwaltliche Organisation in Bezug auf fristgebundene Schriftsätze nicht überspannt.
9
Es hat die von dem Kläger begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist mit der Begründung abgelehnt , die Organisation der Ausgangskontrolle in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers gewährleiste nicht zuverlässig, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich hinausgingen. Im Kalender vermerkte Fristen dürften erst gestrichen werden, wenn der Schriftsatz zumindest postfertig gemacht worden sei. Dann aber müsse die Beförderung zu der Stelle, für die der Schriftsatz bestimmt sei, organisatorisch so weit vorbereitet sein, dass sie durch Versehen , welche die eigentliche Beförderung nicht beträfen, nicht mehr verhindert werden könne. Daran gemessen sei die organisatorische Anweisung an die Fachangestellte S., stichprobenartig zu kontrollieren, dass alle Postmappen bearbeitet worden seien und sämtliche postfertige Sendungen zur Post gebracht würden, unzureichend. Jedenfalls bei fristwahrenden Schriftsätzen seien Stichproben dann nicht ausreichend. Vielmehr seien solche Schriftsätze einzeln darauf zu kontrollieren, dass eine rechtzeitige Verbringung zur Post nicht versehentlich unterbleibe.
10
Damit hat das Berufungsgericht die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geltenden Maßstäbe der Ausgangskontrolle eingehalten.
11
Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten gehört, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz fristgerecht bei dem zuständigen Gericht eingeht und eine Ausgangskontrolle besteht, durch die gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinaus gehen. Zu diesem Zweck muss er eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, nachdem die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (Senatsbeschluss vom 9. November 2005 - XII ZB 270/04 - FamRZ 2006, 192). Eine solche wirksame Ausgangskontrolle gewährleistet die Organisation in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht. Vielmehr lässt es der Organisationsablauf zu, dass im Kalender vermerkte Fristen bereits dann gestrichen werden, wenn der Schriftsatz noch nicht postfertig gemacht worden ist. Das ist nämlich erst dann der Fall, wenn die Postmappen bearbeitet worden sind und die einzelnen Schriftsätze so zur Versendung fertig gemacht sind, dass damit eine sichere Vorsorge verbunden ist, dass die Beförderung nicht mehr durch ein Versehen verhindert werden kann (BGH Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - NJW 2001, 1577, 1578). Das Ablegen der Schriftsätze in Postmappen stellt nicht den letzten Schritt auf dem Weg zum Adressaten dar. Vielmehr bedarf es weiterer Maßnahmen, wie des Kuvertierens und des Ablegens in ein Postausgangsfach, bevor die Sendungen postfertig sind und im nächsten Schritt zur Post gebracht werden können.
12
Die bloße stichprobenartige Kontrolle, ob alle Postmappen bearbeitet worden sind, gewährleistet - wie der vorliegende Fall zeigt - keine zuverlässige Ausgangskontrolle.
13
Das Berufungsgericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers ein Verschulden an dem Fristversäumnis trifft.
14
3. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war eine Ausgangskontrolle im vorliegenden Fall auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Prozessbevollmächtigte des Klägers ihrer Fachangestellten S. die Weisung erteilt hatte, den Schriftsatz am 20. März 2008 zur Post zu geben.
15
Zwar ist es grundsätzlich richtig, dass es auf die allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen einer Kanzlei für die Ausgangskontrolle dann nicht ankommt , wenn im Einzelfall konkrete Anweisungen erteilt worden sind, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätten. Das gilt jedoch nicht, wenn die Einzelanweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten. In diesem Fall kann auch eine konkrete Einzelanweisung den Rechtsanwalt von einer unzureichenden Büroorganisation nicht entlasten (BGH Beschlüsse vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 309/04 - AnwBl. 2007, 236 und vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 369).
16
Das ist hier der Fall. Die Weisung, den Schriftsatz zur Post zu geben, hielt sich im Rahmen der sonst üblichen Behandlung der fertig gestellten Schriftsätze. Die angewiesene Fachkraft hat die Weisung auch dementsprechend verstanden und die gesamte Postmappe mit weiteren Postmappen der für die Postbearbeitung zuständigen Angestellten übergeben. Die insoweit geltenden Organisationsregeln haben somit durch die Einzelanweisung nicht ihre Bedeutung verloren.
Hahne Wagenitz Vézina Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 04.01.2008 - 1 O 1148/07 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 14.05.2008 - 4 U 19/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 76/09
vom
16. Februar 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 85; 233 D, Fc, Fd

a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist
bei fehlender Ursächlichkeit eines möglichen Organisationsverschuldens
des Prozessbevollmächtigten.

b) Zu den Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht hinsichtlich der
Postausgangskontrolle bei fristgebundenen Schriftsätzen.
BGH, Beschluss vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09 - LG Hamburg
AG Hamburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Februar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger
sowie die Richter Dr. Achilles und Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Zivilkammer 7 des Landgerichts Hamburg vom 14. Juli 2009 aufgehoben. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 10. Februar 2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. März 2009 gewährt. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.648,48 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin in H. . Die Klägerin begehrt nach erfolgter Kündigung die Herausgabe dieser Wohnung.
2
Das Amtsgericht hat der Klage durch Urteil vom 10. Februar 2009 stattgegeben und die Beklagte zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verur- teilt. Gegen dieses ihr am 12. Februar 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Mit bei dem Berufungsgericht am 15. April 2009 eingegangenem Schriftsatz vom 8. April 2009 hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts darauf, dass der Verlängerungsantrag erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangen sei, hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit am 5. Mai 2009 eingegangenem Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. Mai 2009 beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, sie habe den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 8. April 2009, dem Mittwoch vor Ostern, vormittags unterschrieben. Die Mappe mit den unterschriebenen Schriftstücken sei sodann postfertig gemacht, noch einmal auf Vollständigkeit und das Vorhandensein der Unterschriften kontrolliert und in das Postausgangsfach gelegt worden. Der in der Kanzlei beschäftigte Bürobote Ho. hole regelmäßig am Montag, Mittwoch und Freitag die Post aus dem Gerichtsfach in der gemeinsamen Annahmestelle bei dem Amtsgericht Hamburg ab und bringe die Gerichtspost der Kanzlei zur Gemeinsamen Annahmestelle. Auf dem Rückweg von der Arbeit gehe er am selben Tag noch einmal zur gemeinsamen Annahmestelle, um insbesondere Fristsachen dort abzuliefern. Seien in der Kanzlei Schriftstücke postfertig gemacht, werde eine grüne Durchschrift des jeweiligen Schriftstücks in die Akte geheftet. Da die Prozessbevollmächtigte der Beklagten am Dienstag, den 14. April 2009, einen Tag Urlaub gehabt habe, habe sie bereits am 9. April 2009 die an diesem Tag und am 14. April 2009 ablaufenden Fristen überprüft und kontrolliert, ob sich der Fristverlängerungsschriftsatz vom 8. April 2009 noch im Postausgangsfach befinde, was nicht der Fall gewesen sei. Da sich außerdem die grüne Durchschrift dieses Schriftsatzes in der Akte befunden habe, habe sie im Fristenkalender bei dieser Frist in Klammern einen Zusatz angebracht, dass die Verlängerung beantragt worden sei. Dabei sei sie davon ausgegangen, dass der bisher stets zuverlässige Bürobote Ho. die Schriftstücke am 8. April 2009 aus dem Postausgangsfach mitgenommen und entsprechend seiner Arbeitsanweisung vollständig bei Gericht abgegeben habe. Der gleichwohl verspätete Eingang des Verlängerungsantrags bei Gericht könne damit erklärt werden, dass der Bürobote, der an den konkreten Vorgang keine Erinnerung mehr habe, den Schriftsatz versehentlich in seiner Aktentasche belassen und erst im Rahmen des nächsten Botengangs am Mittwoch nach Ostern, also am 15. April 2009, bei Gericht abgegeben habe. Zur Glaubhaftmachung hat die Beklagte eidesstattliche Versicherungen ihrer Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwältin N., deren in derselben Kanzlei tätigen Urlaubsvertreters, Rechtsanwalt V., und des Büroboten Ho. vorgelegt.
3
Mit am 12. Mai 2009 eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet. Das Berufungsgericht hat durch Beschluss vom 14. Juli 2009 nach vorherigem Hinweis den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verworfen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt , es sei nach der Rechtsprechung zwar davon auszugehen, dass ein Organisationsverschulden des Rechtsanwalts nicht anzunehmen sei, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten oder zur maßgeblichen gerichtlichen Einlaufstelle gebracht werde. In der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten würden die im Postausgangsfach befindlichen Schriftstücke jedoch nicht täglich, wie in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2003 (I ZB 32/02, NJW-RR 2003, 1004) zugrunde liegenden Fall, sondern nur an drei Wochentagen durch den Büroboten befördert. Erschwerend komme hinzu, dass wegen der Osterfeiertage sowohl der auf den 8. April 2009 folgende Karfreitag als auch der Ostermontag als Postbeförderungstermine des Büroboten ausgefallen seien und der nächste planmäßige Botengang erst am Mittwoch, den 15. April 2009, und damit einen Tag nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erfolgt sei. Die Beklagte habe nicht glaubhaft gemacht, dass der unterzeichnete Schriftsatz am 8. April 2009 noch rechtzeitig vor der Leerung durch den Büroboten in das Postausgangsfach der Kanzlei gelegt worden sei. Auch sei nicht glaubhaft gemacht, zu welcher Tageszeit der Bürobote das Postausgangsfach regelmäßig zu leeren gehabt habe. Dass in der Akte eine grüne Kopie des Schriftsatzes eingeheftet gewesen sei, reiche für sich genommen nicht aus, um hieraus hinreichend sicher auf die Einlegung des Schriftsatzes in das Postausgangsfach vor dessen Leerung durch den Büroboten schließen zu können. Der vom Bundesgerichtshof in dem oben genannten Beschluss vom 22. Mai 2003 herangezogene Umstand, dass das Postfach gewissermaßen die letzte Station auf dem Weg zum Adressaten sei, mache eine zusätzliche Überwachung der abgehenden Post, etwa durch Führung eines Postausgangsbuches, nur dann entbehrlich, wenn durch organisatorische Maßnahmen der Ausgangskontrolle hinreichend nachvollziehbar sei, wann ein fristgebundener Schriftsatz tatsächlich in das Postausgangsfach eingelegt worden sei. Dies lasse sich bei der von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten praktizierten Büroorganisation jedoch nicht nachvollziehen. In der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten sei überdies auch insoweit keine verlässliche Ausgangskontrolle gewährleistet, als die Erledigung des Verlängerungsantrags nicht, wie von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlangt werde, in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einlegung des Schriftsatzes in das Postausgangsfach, sondern erst am nächsten Tag kontrolliert und durch einen Erledigungshinweis gekennzeichnet worden sei.
4
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Gesetzes statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und im Übrigen auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 575 ZPO). Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der angefochtene Beschluss verletzt das Verfahrensgrundrecht der Kläger auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. dazu BVerfGE 77, 275, 284; 74, 228, 234; BVerfG, NJW 2005, 814, 815; BVerfG, NJW 2003, 281; BVerfG NJW 1991, 3140; Senatsbeschluss vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775, unter II 1; BGHZ 151, 221, 227; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, unter II 1 bb; BGH, Beschluss vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437, unter II 3 b). Indem das Berufungsgericht zu Unrecht (dazu unter 2) davon ausgegangen ist, dass der Beklagten keine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung zu gewähren ist, und die Berufung daher als unzulässig verworfen hat, hat es der Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz ungerechtfertigt verwehrt.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat bei der Anwendung der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelnden Vorschriften die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung zu erlangen, überspannt. Auf der Grundlage dieser Würdigung hat es rechtsfehlerhaft die Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.
7
a) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Dabei steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der im Ansatz auch das Berufungsgericht ausgeht, gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss jedoch nur gewährleisten, dass der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig hergestellt und postfertig gemacht wird. Ist dies geschehen und ist die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet, so darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Das ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten oder zur maßgeblichen gerichtlichen Einlaufstelle gebracht wird, das Postausgangsfach also "letzte Station” auf dem Weg zum Adressaten ist. Eine zusätzliche Überwachung der abgehenden Post, etwa durch Führung eines Postausgangsbuchs, ist unter diesen Umständen nicht erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 1980 - VIII ZB 20/08, VersR 1980, 973, unter 2 a; BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00, NJW 2001, 1577, unter II 1 m.w.N.; Beschlüsse vom 22. Mai 2003 - I ZB 32/02, NJWRR 2003, 1004, unter II 2; vom 5. Februar 2003 - IV ZB 34/02, NJW-RR 2003, 862, unter II 1). Die Erledigung fristgebundener Sachen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2003, aaO, unter II 2 d; vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, NJW 2006, 2638, Tz. 5; vom 22. April 2009 - XII ZB 167/08, NJW-RR 2009, 937, Tz. 15). Eine bloße Prüfung, ob der in der Anwaltskanzlei für die Gerichtspost bestimmte Ausgangskorb leer ist, reicht für eine wirksame Ausgangskontrolle nicht aus (BGH, Urteil vom 22. September 1992 - VI ZB 11/92, VersR 1993, 207). Einen Nachweis dafür, dass das Schriftstück tatsächlich in den Postlauf gelangt ist, hat der Bundesgerichtshof ebenso wenig gefordert wie eine - meist nicht mögliche - Darlegung, wann und wie genau ein Schriftstück verloren gegangen ist; vielmehr genügt die Glaubhaftmachung, dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im Bereich, für den die Partei - auch über § 85 Abs. 2 ZPO - verantwortlich ist, eingetreten ist (BGHZ 23, 291, 292 f.; BGH, Beschluss vom 5. Februar 2003, aaO).
8
b) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zwar nicht die grundsätzlichen Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts für die Kontrolle ausgehender fristgebundener Schriftsätze überspannt. Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob die im Wiedereinsetzungsantrag dargelegte Postausgangskontrolle in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten, was das Berufungsgericht wegen der nur an drei Wochentagen erfolgenden Beförderung der im Postausgangsfach befindlichen Schriftstücke durch den Büroboten verneint hat, insgesamt den oben genannten strengen Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt. Denn das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung einem entscheidenden Punkt des glaubhaft gemachten Vorbringens der Beklagten zur Wiedereinsetzung kein ausreichendes Gewicht beigemessen.
9
Die Beklagte hat in ihrem Wiedereinsetzungsantrag vorgetragen, ihre Prozessbevollmächtigte habe sich wegen eines für den 14. April 2009 (Dienstag nach Ostern) vorgesehenen Urlaubstages am 9. April 2009 (dem Tag nach der vorgetragenen Einlegung des Verlängerungsantrags in das Postausgangsfach) die Erledigung der Fristen geprüft und hierbei auch kontrolliert, ob sich der Schriftsatz noch im Postausgangsfach befinde. Da dies nicht der Fall gewesen und in der Akte zudem eine grüne Durchschrift des Verlängerungsantrags vorhanden gewesen sei, sei sie davon ausgegangen, dass der bisher stets zuverlässige Bürobote den Schriftsatz am Vortag aus dem Postausgangsfach mitgenommen und im Rahmen seines - wie stets am Ende des Arbeitstages auch am 8. April 2009 durchgeführten - Botengangs ordnungsgemäß zu Gericht gebracht habe. Daraufhin habe sie im Fristenkalender die erfolgte Antragstellung notiert.
10
Das Berufungsgericht hat insoweit zwar Vortrag zu den Zeitpunkten der Einlegung des Schriftsatzes in das Postausgangsfach und der Leerung dieses Fachs durch den Büroboten vermisst, aber keine Bedenken gegen die Glaubhaftmachung der geschilderten Vorgänge geäußert. Sie drängen sich auch nicht auf. Gleichwohl hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen lediglich in seinem durch den angegriffenen Beschluss in Bezug genommenen Hinweisbeschluss vom 2. Juni 2009 im Zusammenhang mit der Argumentation angesprochen , es habe an einer verlässlichen Ausgangskontrolle gefehlt, weil die Frist nicht am Abend des 8. April 2009, sondern erst am folgenden Tag durch die Prozessbevollmächtigte der Beklagten gelöscht worden sei. Hierdurch wird der Vortrag der Beklagten zur Wiedereinsetzung indessen nicht ausgeschöpft. Denn wenn der Schriftsatz am 8. April 2009 in das Postausgangsfach gelegt und das Postausgangsfach noch an diesem Tage durch den ansonsten zuverlässigen Büroboten zwecks Transports der Post zu Gericht geleert worden ist und sich der Schriftsatz demgemäß am nächsten Tag nicht mehr im Postausgangsfach befand, dann ist ein mögliches Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hinsichtlich der Postausgangskontrolle im konkreten Fall jedenfalls nicht ursächlich für den verspäteten Eingang des Schriftsatzes bei Gericht gewesen.
11
Nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ist der Schriftsatz rechtzeitig hergestellt, postfertig gemacht und noch am 8. April 2009, einem Tag, an dem der Transport ausgehender Schriftsätze zur gemeinsamen Annahmestelle des Amtsgerichts vorgesehen war und auch tatsächlich erfolgte, in das Postausgangsfach eingelegt worden. Da die am nächsten Tag erfolgte Nachprüfung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ergab, dass sich der Schriftsatz nicht mehr im Postausgangsfach befand, ist davon auszugehen, dass dieser am 8. April 2009 durch den Büroboten aus dem Postausgangsfach entnommen wurde. Dass der ansonsten stets zuverlässige Bürobote entgegen seinen Anweisungen den Schriftsatz gleichwohl nicht im Rahmen seines noch am selben Tag erfolgten Gangs zur Annahmestelle des Gerichts dort abgab, stellt ein gegenüber einem möglichen anwaltlichen Organisationsverschulden späteres und nicht vorhersehbares Fehlverhalten dar, für das die Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht verantwortlich gemacht werden kann.
12
Der Beklagten ist demgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne ihr Verschulden daran gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO).
13
3. Nach alledem kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Er ist daher aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 10.02.2009 - 49 C 414/08 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 14.07.2009 - 307 S 37/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 148/00
Verkündet am:
11. Januar 2001
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
Dem Erfordernis einer Ausgangskontrolle bei fristwahrenden Schriftsätzen
ist genügt, wenn der Rechtsanwalt den von ihm unterzeichneten und kuvertierten
Schriftsatz in einer "Poststelle" seiner Kanzlei ablegt und aufgrund
allgemeiner organisatorischer Anweisungen gewährleistet ist, daß dort lagernde
Briefe ohne weitere Zwischenschritte noch am selben Tag frankiert
und zur Post gegeben werden.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2001 durch die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick, Dr. Kapsa
und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Mai 2000 aufgehoben.
Den Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gewährt.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Beklagten haben gegen das der Klage auf Zahlung einer Maklerprovision stattgebende Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Ihre Berufungsbegründungsschrift vom 2. Dezember 1999 ist aber nicht innerhalb der bis zum 6. Dezember 1999 verlängerten Begründungsfrist, sondern erst am 7. Dezember 1999 beim Oberlandesgericht eingegangen. Nach telefonischem Hinweis auf die Verspätung haben die Beklagten fristgerecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung vorgetragen:
Der Schriftsatz vom 2. Dezember 1999 sei in den Morgenstunden dieses Tages von der Rechtsanwaltsfachangestellten W. geschrieben, für die Post vorbereitet und dem Anwalt zur Unterschrift übergeben worden. Dieser habe ihn zusammen mit den Kopien für die Mandantschaft unterzeichnet, eigenhändig kuvertiert und zu der "Poststelle" der Kanzlei gegeben. Die Einrichtung dieser Poststelle bestehe aus einer Arbeitsplatte, der Frankiermaschine und einem Behälter mit der Aufschrift "herausgehende Post". Es lägen rote DIN-C4Freistempler -Umschläge bereit, in welche die frankierte Post gesteckt werde. Täglich gingen aus der Kanzlei allein über die Deutsche Post AG ca. 50 bis 100 Briefe an verschiedene Empfänger. Es würden bis zu sechs und acht Freistempler -Umschläge an jedem Arbeitstag in einen nahegelegenen Briefkasten eingeworfen. Sechs Kanzleimitarbeiter frankierten je nach Arbeitslage die hinausgehende Post. Die Poststelle sei so gestaltet, daß keine Briefe liegenbleiben könnten. Die Post werde erstmals in den frühen Nachmittagsstunden und später noch einmal in den Abendstunden in den genannten Briefkasten eingeworfen. Demgemäß hätten auch die Beklagten die Kopien des Schriftsat-
zes am darauf folgenden Tag oder spätestens am Sonnabend erhalten. Zur Glaubhaftmachung haben sich die Beklagten auf eine eigene eidesstattliche Versicherung, auf eidesstattliche Versicherungen der Angestellten W. und ihres Prozeßbevollmächtigten sowie auf einen Ausdruck aus dem Schreibcomputer der Anwaltskanzlei bezogen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und in den Gründen seiner Entscheidung den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren Revision.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht führt aus: Die Beklagten hätten nicht glaubhaft gemacht, daß sie ohne ein ihnen zuzurechnendes Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten gehindert gewesen seien, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Glaubhaft gemacht sei allein, daß die Berufungsbegründung am 2. Dezember 1999 von der Mitarbeiterin W. geschrieben, zusammen mit den für die Beklagten bestimmten Kopien von dem Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet, von ihm kuvertiert und zu der Poststelle seiner Kanzlei gegeben
wurde, außerdem, daß die Beklagten den Schriftsatz am 3. oder 4. Dezember 1999 erhalten hätten. Nicht glaubhaft gemacht sei indessen, daß das für das Gericht bestimmte Original am 2. Dezember 1999 oder zumindest so rechtzeitig abgesandt worden sei, daß es bei normalem Postlauf innerhalb der Berufungsbegründungsfrist beim Oberlandesgericht eingegangen wäre. Es sei nicht dargetan, ob und auf welche Weise in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten der Postausgang überwacht wurde (Postausgangsbuch, Ab-Vermerk in der Handakte oder im Fristenkalender, Überprüfung der Erledigung am Abend anhand des Fristenkalenders), zumal der Fristenkalender nicht vorgelegt worden sei. Zwar müsse kein Mitarbeiter des Rechtsanwalts am Briefkasten stehen und jeden eingeworfenen Brief in einem Postausgangsbuch abhaken. Zu verlangen sei jedoch, daß durch geeignete Maßnahmen später nachvollzogen werden könne, wann ein ganz bestimmter Schriftsatz das Büro tatsächlich verlassen habe.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Den Beklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu bewilligen (§ 233 ZPO).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der im Ansatz auch das Berufungsgericht ausgeht, gehört es zu den Aufgaben des Prozeßbevollmächtigten, dafür zu sorgen, daß ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß er eine zuverlässige Fristenkontrolle organisie-
ren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. nur BGH, Beschluß vom 15. Juli 1998 - IV ZB 8/98 - NJW-RR 1998, 1443, 1444 m.w.N.). Die Fristenkontrolle muß jedoch nur gewährleisten, daß der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig hergestellt und postfertig gemacht wird. Ist dies geschehen und ist die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet, so darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden (BGH, Beschluß vom 13. Oktober 1995 - VII ZB 48/93 - NJW-RR 1994, 565, 566; Beschluß vom 27. November 1996 - XII ZB 177/96 - NJW 1997, 1312, 1313; Beschluß vom 9. September 1997 - IX ZB 80/97 - NJW 1997, 3446, 3447; Beschluß vom 15. Juli 1998 aaO). Das ist im allgemeinen anzunehmen, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten gebracht wird, das Postausgangsfach also "letzte Station" auf dem Weg zum Adressaten ist (s. dazu BGH, Beschluß vom 9. September 1997 aaO). Eine zusätzliche Überwachung der abgehenden Post, etwa durch Führung eines Postausgangsbuchs, ist unter diesen Umständen nicht erforderlich (BGH, Beschluß vom 25. Juni 1980 - VIII ZB 20/80 - VersR 1980, 973; Beschluß vom 14. Juli 1994 - VII ZB 7/94 - NJW 1994, 2958, 2959; Beschluß vom 27. November 1996 aaO).
2. Nach diesen Maßstäben besteht kein Anhalt dafür, daß ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten an dem Fristversäumnis mitgewirkt haben könnte (§ 85 Abs. 2 ZPO). Die Beklagten haben - auch nach Meinung des Berufungsgerichts - glaubhaft gemacht, daß ihr Prozeßbevollmächtigter das für das Gericht bestimmte Original der Berufungsbegründung am 2. Dezember 1999 unterzeichnet, kuvertiert und selbst zur Poststelle der Kanzlei gebracht hat. Die weitere Postbeförderung war nach ihrem Vortrag so organi-
siert, daß alle dort lagernden Briefe von Mitarbeitern frankiert und zweimal täglich unmittelbar zum Briefkasten gebracht wurden, also - anders als in der Entscheidung vom 9. September 1997 (aaO) - ohne Zwischenschritte. Der Senat versteht das Vorbringen der Beklagten so, daß auch entsprechende allgemeine Anweisungen ihres Prozeßbevollmächtigten erteilt waren, insbesondere, jeden in der Poststelle lagernden Brief noch am selben Tage bei der Post einzuliefern. Damit war im Streitfall bereits mit dem eigenhändigen Ablegen des Briefes in der Poststelle durch den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten das Ziel einer Fristenkontrolle erreicht, selbst wenn der Brief anschließend noch von Kanzleiangestellten frankiert werden mußte und erst dadurch endgültig "postfertig" wurde, ohne daß es darauf ankommt, ob nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten die der Fristenkontrolle im übrigen dienenden Maßnahmen hinreichend durchgeführt wurden, was das Berufungsgericht bezweifelt. Etwaige Versäumnisse des Rechtsanwalts in dieser Hinsicht wären mit anderen Worten für die Fristversäumnis nicht ursächlich geworden. Soweit schließlich das Berufungsgericht verlangt, daß im nachhinein durch geeignete Maßnahmen feststellbar sein müsse, wann ein bestimmter Schriftsatz das Anwaltsbüro tatsächlich verlassen habe, überspannt es, wie der Revision zuzugeben ist, die an die Ausgangskontrolle zu stellenden Anforderungen. Ein Postausgangsbuch muß der Rechtsanwalt offenbar auch nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht führen. Welche sonstigen "geeigneten" und zumutbaren Maßnahmen zum Nachweis der Absendung eines einzelnen Schriftstücks in Betracht kommen sollen, legt das Berufungsgericht nicht dar; sie sind auch
nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage kommen als mögliche Ursache der Verzögerung allein Fehler in der Postbeförderung oder ein Versehen des Büropersonals in Betracht. Für beides wären die Beklagten nicht verantwortlich.
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