Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2016 - VII ZB 45/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:051016BVIIZB45.14.0
05.10.2016
vorgehend
Amtsgericht Potsdam, 21 C 352/12, 22.04.2014
Landgericht Potsdam, 3 S 31/14, 25.08.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 45/14
vom
5. Oktober 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung fristgerecht
eingelegt ist. Dazu kann es gehören, dass das Berufungsgericht ermittelt
, ob die gewählte Telefaxnummer dem Berufungsgericht zugeordnet
ist. Des Weiteren kann bei Bestehen einer gemeinsamen Briefannahmestelle
zu ermitteln sein, ob der gewählte Telefaxanschluss aufgrund einer Geschäftsordnungsregelung
Teil einer gemeinsamen Posteingangsstelle ist.
BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 - VII ZB 45/14 - LG Potsdam
AG Potsdam
ECLI:DE:BGH:2016:051016BVIIZB45.14.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Borris
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 25. August 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 1.884,61 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagte wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist.
2
Das Urteil, mit dem die Beklagte zur Zahlung von Vergütung für Reparaturarbeiten an einem Heizkessel und Beseitigung einer Verstopfung einer Abwasseranlage in Höhe von 1.884,62 € verurteilt worden ist, ist der Beklagten am 24. April 2014 zugestellt worden. Die auf den 23. Mai 2014 datierte Berufungs- schrift ist am 30. Mai 2014 beim Berufungsgericht, dem Landgericht P., eingegangen. Auf dem Schriftsatz ist "vorab per Fax: 2017-1009" vermerkt.
3
Mit Verfügung vom 4. Juni 2014 hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts der Beklagten mitgeteilt, dass bei der Poststelle des Landgerichts weder am 23. Mai noch am 24. Mai 2014 ein Faxeingang vermerkt und die Berufung aufgrund Fristablaufs unzulässig sei. Darauf hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mitgeteilt, dass die Berufungsschrift rechtzeitig vorab an das Berufungsgericht unter der Telefaxnummer 2017-1009 gefaxt worden sei und vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt werde. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2014, eingegangen beim Berufungsgericht am selben Tag, hat er die Ausführungen ergänzt.
4
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Beklagte Folgendes ausgeführt und hierzu eine eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten T. vorgelegt: Die Berufungsschrift sei durch die Mitarbeiterin T. am 23. Mai 2014 gefertigt, vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten unterzeichnet und von der Mitarbeiterin T. an die Faxnummer des Landgerichts P. 2017-1009 gefaxt worden. Der Sendebericht zeige die Übertragung von zwei Seiten sowie die Mitteilung, dass das Fax ordnungsgemäß übertragen worden sei.
5
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Beklagte mache eine Übersendung des Berufungsschriftsatzes per Fax am 23. Mai 2014 zwar glaubhaft. Allerdings sei die Faxnummer, an die das Fax ausweislich des Faxprotokolls abgeschickt worden sei, nicht diejenige des Landgerichts P., sondern des Amtsgerichts P. Für den rechtzeitigen Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes komme es darauf an, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfü- gungsgewalt über das Schriftstück erhalte. Gebe es eine gemeinsame Posteingangsstelle zweier Gerichte, so sei der Schriftsatz dort mit Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das er adressiert sei. Gebe es jedoch getrennte Faxnummern , so erlange nur das Gericht, zu welchem die Faxnummer gehöre, die Verfügungsgewalt. So liege es im Streitfall. Dass an diesem fehlerhaften Ablauf die Beklagte bzw. deren Prozessbevollmächtigte kein Verschulden treffe, lasse sich nicht feststellen. Die Beklagte habe ohnehin im Rahmen ihres Wiedereinsetzungsantrags nichts dazu vorgetragen, warum sie die Faxnummer des Amtsgerichts verwendet habe.
6
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde. Im Rechtsbeschwerdeverfahren führt sie aus, auf der Internetseite "Dienstleistungsportal der Landesverwaltung Brandenburg" sei unter service.brandenburg.de ausdrücklich als Telefaxnummer des Landgerichts P. auch die Nummer mit der Endung -1009 vermerkt gewesen. Auch das Gerichtsverzeichnis des Justizportals des Bundes und der Länder habe die Telefaxnummer -1009 als Faxnummer des Landgerichts P. ausgewiesen. Diese Umstände sprächen dafür, dass Sendungen an die Faxnummer -1009 auch in die Verfügungsgewalt des Landgerichts P. gelangten. Jedenfalls hätte das Berufungsgericht prüfen müssen, ob es eine gemeinsame Verfügung der Leiter des Landgerichts und des Amtsgerichts gegeben habe, worin geregelt sei, dass die Telefaxanschlüsse eines Gerichts zugleich als Anschluss des anderen Gerichts gälten.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
8
1. Die gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten wegen Verfristung als unzulässig verworfen, ohne zuvor die hierzu gebotenen Feststellungen zu treffen. Das verletzt die Beklagte in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG NJW-RR 2008, 446 f., juris Rn. 8 ff.; BGH, Beschluss vom 10. März 2011 - VII ZB 28/10, NJW-RR 2011, 790 Rn. 3).
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
10
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines fristwahrenden Schriftstücks allein darauf an, wann es in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt ist.
11
Wird bei Übersendung mittels Telefax eine andere Empfängernummer als die des angeschriebenen Gerichts verwendet, bleibt entscheidend, wann der Schriftsatz nach Weiterleitung durch das zunächst angewählte Gericht tatsächlich in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt.
12
Wird ein Schriftstück allerdings bei einer gemeinsamen Eingangsstelle mehrerer Gerichte eingereicht, so gilt es mit der Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das es adressiert ist. Nur dieses Gericht erlangt die tatsächliche Verfügungsgewalt (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2016 - XII ZB 382/15, MDR 2016, 1038 Rn. 11; Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12, NJW-RR 2013, 830 Rn. 12; Beschluss vom 23. Mai 2012 - IV ZB 2/12, NJW-RR 2012, 1461 Rn. 9).
13
b) Das Berufungsgericht durfte die Berufung mit der gegebenen Begründung nicht als unzulässig verwerfen. Es hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung fristgerecht eingelegt ist, § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
14
Das Berufungsgericht unterstellt, dass die Telefaxnummer mit der Endung -1009 ausschließlich dem Amtsgericht P. zugeordnet sei. Mangels Begründung kann nicht nachvollzogen werden, warum das Gericht feststellt, bei diesem Anschluss handele es sich nicht um ein Empfangsgerät des Landgerichts.
15
Das Berufungsgericht prüft nicht, ob mit Eingang des korrekt an das Landgericht adressierten Schriftsatzes per Telefax dieser als in die Verfügungsgewalt des Landgerichts gelangt zu gelten hat. Dies wäre der Fall, wenn der genutzte Anschluss Teil einer gemeinsamen Posteingangsstelle war, für den aufgrund einer Geschäftsordnungsregel galt, dass die bei einem dieser Anschlüsse eingehenden Telefaxschreiben als bei der angeschriebenen Gerichtsstelle eingegangen anzusehen sind. Es ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht überhaupt Ermittlun16 gen dazu vorgenommen hätte, wie bei den Justizbehörden P. die Telefaxannahme im Mai 2014 organisiert war. Zu solchen Ermittlungen bestand aber jedenfalls angesichts des Umstandes, dass zwischen diesen Stellen eine gemeinsame Briefannahmestelle eingerichtet ist, Anlass.
c) Demnach ist nicht auszuschließen, dass die angegriffene Verwerfung
17
der Berufung zu Unrecht erfolgt ist.

III.

18
Der angefochtene Beschluss ist mithin aufzuheben, um dem Berufungsgericht die Möglichkeit zu geben, die unterlassene Prüfung nachzuholen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
19
Sollten die Ermittlungen des Berufungsgerichts ergeben, dass der Telefaxanschluss mit der Endung -1009 am 23. Mai 2014 ausschließlich dem Amtsgericht P. zugewiesen war, ohne dass eine Regelung über eine gemeinsame Faxannahmestelle existierte, wäre der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu prüfen (§ 233 ZPO).
20
Dieser kann nicht wegen Verschuldens bei der Auswahl des Telefaxanschlusses zurückgewiesen werden. Nach den Darlegungen der Beklagten ist die Frist weder aus eigenem noch aus ihr zurechenbarem Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten versäumt.
21
Zwar hat sie in ihrem Wiedereinsetzungsgesuch vom 13. Juni 2014 und im Schriftsatz vom 20. Juni 2014 keine Ausführungen dazu gemacht, warum die Mitarbeiterin T. die Faxnummer mit der Endung -1009 für die des Landgerichts P. hielt. Grundsätzlich müssen alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden. Jedoch dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung durch einen gerichtlichen Hinweis nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, noch nach Fristablauf erörtert und vervollständigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2016 - VI ZB 7/16, NJW-RR 2016, 952 Rn. 14; Beschluss vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, NJW 2016, 874 Rn. 8 f.; Beschluss vom 25. September 2013 - XII ZB 200/13, NJW 2014, 77 Rn. 9).
22
Deshalb wäre der Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 10. September 2014 bei der neuen Entscheidung zu berücksichtigen. Mit diesem Schriftsatz hat sie auf den Beschluss des Landgerichts, mit dem ihr (erstmals) die Auffassung des Berufungsgerichts mitgeteilt worden war, dass die Berufungsschrift an einen falschen Telefaxanschluss übermittelt worden sei, reagiert. Sie hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass im Internet im Gerichtsverzeichnis des Justizportals des Bundes und der Länder sowie im Dienstleistungsportal der Landesverwaltung Brandenburg die Telefaxnummer -1009 als Faxnummer des Landgerichts P. ausgewiesen war. Hiernach hätte die Beklagte die Anforderungen , die der Bundesgerichtshof an die Auswahl der richtigen Telefaxnummer des Empfängergerichts stellt, erfüllt. Dafür genügt es, wenn die Empfängernummer anhand eines aktuellen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle vorgenommen wird, aus der die Faxnummer des Gerichts hervorgeht (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12, NJW-RR 2013, 830 Rn. 8 und vom 12. Juni 2012 - VI ZB 54/11, NJW-RR 2012, 1267 Rn. 7; jeweils m.w.N.).
Eick Halfmeier Jurgeleit Graßnack Borris
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 22.04.2014 - 21 C 352/12 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 25.08.2014 - 3 S 31/14 -

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(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

3
1. Die gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Indem das Berufungsgericht der Klägerin zu Unrecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist verweigert hat, hat es das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Es hat zudem nicht die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beachtet.
11
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den rechtzeitigen Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes darauf an, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über das eingegangene Schriftstück erhalten hat. Ein beim Faxgerät eines anderen Gerichts eingegangener Schriftsatz ist zum Zeitpunkt des Empfangs noch nicht bei dem zuständigen Gericht angekommen. Entscheidend ist in solchen Fällen, wann der Schriftsatz nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Gericht tatsächlich in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt. Dies gilt auch dann, wenn der Schriftsatz an das zuständige Gericht adressiert ist, aber versehentlich an ein anderes Gericht per Telefax übermittelt wird. Wird ein Schriftsatz allerdings bei einer gemeinsamen Eingangsstelle mehrerer Gerichte eingereicht, so ist er mit der Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das er adressiert ist. Nur dieses Gericht erlangt mit dem Eingang des Schriftsatzes die tatsächliche Verfügungsgewalt (BGH Beschluss vom 23. Mai 2012 - IV ZB 2/12 - NJW-RR 2012, 1461 Rn. 9 mwN; siehe auch BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447 und BGH Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12 - NJWRR 2013, 830 Rn. 11 ff.).

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

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a) Geht es um gerichtliche Versäumnisse im Zusammenhang mit der richterlichen Hinweispflicht, hat der Beschwerdeführer darzustellen, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere was er im Einzelnen vorgetragen hätte und wie er weiter vorgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02, NJW-RR 2003, 1003, 1004; Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07, NJW 2009, 148 Rn. 10; Beschluss vom 18. Mai 2011 - IV ZB 6/10, juris Rn. 12). Die mangels eines richterlichen Hinweises zunächst unterbliebene Ergänzung eines das Wiedereinsetzungsgesuch begründenden Vortrags oder seiner Glaubhaftmachung kann dabei auch noch nach Ablauf der Fristen der § 234, § 236 Abs. 2 ZPO - und zwar auch im Rechtsbeschwerdeverfahren - erfolgen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. September 1981 - IVb ZB 758/81, VersR 1981, 1160, 1161; vom 6. Mai 1999 - VII ZB 6/99, NJW 1999, 2284; vom 10. Mai 2006 - XII ZB 42/05, NJW 2006, 2269 Rn. 10; vom 31. März 2010 - XII ZB 166/09, FamRZ 2010, 879 Rn. 12; vom 10. März 2011 - VII ZB 28/10, NJW-RR 2011, 790 Rn. 10 f.; vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 42/11, WuM 2012, 157 Rn. 10; vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, NJW 2016, 874 Rn. 9). Ergibt sich die Ergänzungsbedürftigkeit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, so ist dieErgänzung grundsätzlich innerhalb der Frist für die Rechtsbeschwerdebegründung vorzunehmen.
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aa) Ein Hinweis gemäß § 139 ZPO ist stets dann angezeigt, wenn die Angaben zu innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vorgebrachten Wiedereinsetzungsgründen erkennbar unklar oder ergänzungsbedürftig sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 - II ZR 69/85, VersR 1985, 1140; Beschluss vom 4. Oktober 1988 - VI ZB 21/88, NJW-RR 1989, 126, 127; Beschluss vom 21. Oktober 2010 - IX ZB 73/10, NJW 2011, 458 Rn. 19, 21). Ein solcher Fall ist auch dann gegeben, wenn ein Gericht - wie hier - die Angaben in dem Wiedereinsetzungsgesuch über die Zuverlässigkeit einer Büroangestellten für ergänzungsbedürftig hält. Es geht hierbei nicht um den - nicht zulässigen - Vortrag eines neuen Wiedereinsetzungsgrundes, sondern um die auch nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist mögliche sachliche Ergänzung des fristgerecht geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes (BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 - II ZR 69/85, VersR 1985, 1140; Beschluss vom 4. Oktober 1988 - VI ZB 21/88, NJW-RR 1989, 126, 127).
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Zwar müssen nach §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden. Jedoch dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, noch nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden (Senatsbeschluss vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06 - FamRZ 2007, 1458, 1459 mwN). Nach der - nunmehr mit der Rechtsbeschwerde erfolgten - Klarstel- lung hätte das Berufungsgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ablehnen dürfen, da der Beklagten keine Pflichtverletzung ihres Prozessbevollmächtigten zuzurechnen ist. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat durch seine Kanzleiorganisation für eine ausreichende Fristenkontrolle gesorgt. Das Fehlverhalten der Kanzleiangestellten kann der Beklagten nicht zugerechnet werden. Dabei ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass der Anwalt entgegen der Auffassung des Kammergerichts nicht verpflichtet ist, die Richtigkeit der Eintragung der Frist anhand des Fristenkalenders selbst zu kontrollieren.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Rechtsanwalt bei Versendung von Schriftsätzen per Telefax durch organisatorische Vorkehrungen sicherstellen, dass die Telefax-Nummer des angeschriebenen Gerichts verwendet wird. Hierzu gehört, dass bei der erforderlichen Ausgangskontrolle in der Regel ein Sendebericht ausgedruckt und dieser auf die Richtigkeit der verwendeten Empfänger-Nummer überprüft wird, um nicht nur Fehler bei der Eingabe, sondern auch bereits bei der Ermittlung der FaxNummer oder ihrer Übertragung in den Schriftsatz aufdecken zu können. Die Überprüfung der Richtigkeit der im Sendebericht ausgewiesenen EmpfängerNummer ist anhand eines aktuellen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle vorzunehmen, aus dem bzw. der die Fax-Nummer des Gerichts hervorgeht, für das die Sendung bestimmt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27. März 2012 - VI ZB 49/11, juris Rn. 7; BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09, VersR 2011, 1543 Rn. 14; vom 12. Mai 2010 - IV ZB 18/08, NJW 2010, 2811 Rn. 11; vom 24. Juni 2010 - III ZB 63/09, juris Rn. 11; vom 14. Oktober 2010 - IX ZB 34/10, NJW 2011, 312 Rn. 10, jeweils mwN). Diese Art der Ausgangskontrolle soll nicht nur Fehler bei der Übermittlung ausschließen , sondern auch die Feststellung ermöglichen, ob der Schriftsatz auch tatsächlich übermittelt worden ist. Eine Notfrist darf erst nach einer solchen Kontrolle des Sendeberichts gelöscht werden (BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 1998 - XI ZB 13/98, - XI ZB 14/98, VersR 1999, 996; vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12, 14).