vorgehend
Landgericht München II, 1 MO 6514/08, 12.01.2009
Oberlandesgericht München, 1 W 875/09, 14.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 31/09
vom
8. Februar 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Zulässigkeit der Streitverkündung ist grundsätzlich nicht im Erstprozess, in
dem der Streit verkündet wird, sondern erst im Folgeverfahren zwischen dem
Streitverkünder und dem Streitverkündungsempfänger zu prüfen (st. Rspr., vgl.
BGHZ 100, 257, 259; 160, 259, 263).

b) Dies gilt auch dann, wenn die Streitverkündung gegenüber dem bereits bestellten
oder erwarteten Prozessbevollmächtigten des Gegners erfolgt. § 72 Abs. 2 Satz 2
ZPO findet auf eine solche Fallgestaltung keine Anwendung.

c) Der gegnerische Prozessbevollmächtigte kann "Dritter" im Sinne des § 72 Abs. 1
ZPO sein.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - VI ZB 31/09 - OLG München
LG München II
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll, Pauge, Stöhr und die Richterin
von Pentz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers werden der Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Mai 2009 und der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 12. Januar 2009 aufgehoben.
Das Landgericht wird angewiesen, die Streitverkündungsschrift des Klägers der Streitverkündungsempfängerin, Rechtsanwältin U. G. , zuzustellen.
Der Beschwerdewert wird auf 2.083,33 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Einsicht in die Originale ärztlicher Behandlungsunterlagen. Hintergrund ist ein seit 1997 zwischen den Parteien anhängiger Schadensersatzprozess, in dem die Prozessbevollmächtigte des Beklagten auf Anforderung des Gerichts mit Schriftsatz vom 3. März 1998 Behandlungsunterlagen zu den Akten reichte, die sie als Originale bezeichnete. Im Schriftsatz vom 31. Juli 2008 führte sie dagegen aus, dass die "Originalakten" im Rahmen des vom Kläger gegen den Beklagten veranlassten Strafver- fahrens beschlagnahmt worden seien. Die Beschlagnahme der Unterlagen war allerdings erst am 23. August 1999 erfolgt.
2
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger mit der Klage Rechtsanwältin U. G., die den Beklagten in dem Schadensersatzprozess vertritt, mit der Begründung den Streit verkündet, sie im Falle seines Unterliegens im Schadensersatzprozess auf Ersatz ihm auferlegter Gerichtsgutachterkosten wegen Beteiligung an einem Prozessbetrug oder Verletzung anwaltlicher Berufspflichten in Anspruch nehmen zu können. Die Sozietät, der die Streitverkündungsempfängerin angehört, hat auch im vorliegenden Rechtsstreit die Vertretung des Beklagten angezeigt.
3
Das Landgericht hat die Zustellung der Streitverkündungsschrift abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die Zustellung der Streitverkündungsschrift.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO zulässig und begründet.
5
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts, dessen Entscheidung in BRAK-Mitteilungen 2009, 234 veröffentlicht ist, ist die Streitverkündung gegenüber dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten unzulässig. Die Streitverkündungsschrift sei ihm deshalb nicht zuzustellen. Der Grundsatz, dass eine Prüfung der Zulässigkeit der Streitverkündung nicht im Hauptverfahren, sondern im Folgeprozess erfolge, gelte nicht uneingeschränkt. Aus § 72 Abs. 2 Satz 2 ZPO könne der Grundsatz abgeleitet werden, dass eine Zustellung der Streitverkündung dann zu unterbleiben habe, wenn die Streitverkündung nicht an einen Dritten , sondern an einen an dem Prozess als Vertreter des Klägers oder Beklagten Beteiligten erfolge und bereits die Zustellung der Streitverkündung seine ihm kraft Gesetzes und Aufgabenstellung zugewiesene Funktion in dem Rechtsstreit beeinträchtigen könne. § 72 Abs. 2 Satz 2 ZPO sei dann zumindest analog anzuwenden. Als Vertreter der Partei sei der gegnerische Prozessbevollmächtigte nicht Dritter im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO, sondern "Zweiter". Die drohende Interventionswirkung einer Streitverkündung bringe ihn in einen Interessenkonflikt, der mit seiner Aufgabe, die Interessen seiner Mandanten wahrzunehmen, nicht zu vereinbaren sei. Dem Gegner dürfe auch nicht auf diesem Wege Einfluss auf die Wahl und die Mandatsausübung des gegnerischen Anwalts gewährt werden.
6
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
a) Das Beschwerdegericht ist im Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen , dass die Zulässigkeit der Streitverkündung grundsätzlich nicht im Erstprozess, in dem der Streit verkündet wird, sondern erst im Folgeverfahren zwischen dem Streitverkünder und dem Streitverkündungsempfänger zu prüfen ist (st. Rspr.: BGH, Urteile vom 9. Oktober 1975 - VII ZR 130/73, BGHZ 65, 127, 130 f.; vom 22. Dezember 1977 - VII ZR 94/76, BGHZ 70, 187, 189; vom 26. März 1987 - VII ZR 122/86, BGHZ 100, 257, 259; vom 28. September 2004 - IX ZR 155/03, BGHZ 160, 259, 263; vom 8. Oktober 1981 - VII ZR 341/80, NJW 1982, 281, 282; vom 15. November 1984 - III ZR 97/83, VersR 1985, 568, 569; vgl. auch BT-Drs. 16/3038 S. 36 unten).
8
b) Es hat auch zutreffend angenommen, dass dieser Grundsatz im Fall des § 72 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Ausnahme erfährt. Nach dieser Bestimmung sind das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger nicht Dritte im Sinne des Absatzes 1. Gemäß der ausdrücklichen Anordnung in § 72 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat eine Zustellung der Streitverkündungsschrift an diesen Personenkreis zu unterbleiben.
9
Entgegen c) der Auffassung des Beschwerdegerichts ist § 72 Abs. 2 ZPO aber nicht der Grundsatz zu entnehmen, dass von einer Zustellung der Streitverkündungsschrift auch dann abzusehen ist, wenn die Streitverkündung gegenüber dem bereits bestellten oder - wie hier - erwarteten Prozessbevollmächtigten des Gegners erfolgt. Für ein solches Verständnis der Norm bieten weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesbegründung den erforderlichen Anhalt.
10
aa) Ausweislich ihres Wortlauts erfasst die Bestimmung des § 72 Abs. 2 ZPO nur die Streitverkündung gegenüber dem Gericht und dem vom Gericht ernannten Sachverständigen.
11
bb) Der Gesetzesbegründung sind keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Streitverkündung über den Wortlaut der Bestimmung hinaus auch gegenüber anderen als den darin genannten Personen - und den Parteien, die als Erster bzw. Zweiter des Verfahrens nicht zugleich Dritte sein können - von vornherein ausschließen wollte. Durch die durch Art. 10 Nr. 2 Buchstabe a des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I 3416) eingefügte Regelung des § 72 Abs. 2 ZPO sollte der zunehmend zu verzeichnenden Praxis Einhalt geboten werden, dass gerichtlich bestellten Sachverständigen auf der Grundlage des im Jahre 2002 neu in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommenen Haftungstatbestands des § 839a der Streit verkündet wurde (vgl. BT-Drs. 16/3038 S. 36). Im Anschluss an die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sollte klargestellt werden, dass eine Streitverkündung gegen den gerichtlichen Sachverständigen und das Gericht generell unzulässig ist und dieser Umstand abweichend von dem allgemeinen Grundsatz, wonach über die Zulässigkeit der Streitverkündung erst in einem eventuellen Folgeprozess zu entscheiden ist, bereits im Erstprozess zu berücksichtigen ist (vgl. BT-Drs. 16/3038 S. 36 ff.). Denn weder der Richter noch der gerichtliche Sachverständige könnten als Dritte im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO behandelt werden. Sie seien notwendiger Teil des Verfahrens bzw. weisungsgebundener Gehilfe des Gerichts und zur Unparteilichkeit verpflichtet. Die Möglichkeit der Prozessbeteiligung stelle für sie keinen gangbaren Weg dar. Der Sachverständige würde durch eine Prozessbeteiligung seine Neutralitätspflicht verletzen und könnte wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Ein Richter wäre im Falle seines Beitritts nach § 41 Nr. 1 ZPO ausgeschlossen. Andere Prozessbeteiligte als die am Verfahren beteiligten Richter oder gerichtlichen Sachverständigen mit Ausnahme der Parteien könnten dagegen grundsätzlich Dritte im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO sein (vgl. BT-Drs. 16/3038 S. 36 ff.).
12
Entgegen d) der Auffassung des Beschwerdegerichts ist § 72 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der beschriebenen Fallgestaltung auch nicht analog anwendbar. Dabei kann dahinstehen, ob die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke gegeben ist. Denn es fehlt jedenfalls an einer vergleichbaren Interessenlage.
13
aa) Anders als der gerichtliche Sachverständige ist der Rechtsanwalt kein zur Unparteilichkeit verpflichteter, vom Gericht bestellter "Gehilfe des Rich- ters", sondern unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO), der nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 - IX ZR 5/06, BGHZ 174, 186 Rn. 12; BVerfG NJW 2003, 2520, 2521). Während eine Prozessbeteiligung für den Richter oder den gerichtlichen Sachverständigen im Widerspruch zu der ihnen obliegenden Verpflichtung zur Neutralität stände und gemäß § 41 bzw. § 406 ZPO ihren Ausschluss aus dem Prozess zur Folge hätte oder haben könnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 2006 - VI ZB 16/06, BGHZ 168, 380 Rn. 12; vom 26. April 2007 - VII ZB 18/06, NJW-RR 2007, 1293), ist ein Beitritt für den Prozessbevollmächtigten jedenfalls auf Seiten der von ihm vertretenen Partei ein gangbarer Weg. Anders als im Falle der Prozessbeteiligung des Richters oder gerichtlichen Sachverständigen wird die verfahrensrechtliche Stellung des Prozessbevollmächtigten durch einen solchen Beitritt nicht entgegen der im Prozessrecht vorgesehenen Aufgabenverteilung grundlegend verändert (vgl. zum Beitritt des Sachverständigen BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006 - VI ZB 16/06, aaO).
14
Dementsprechend hat der erkennende Senat die Streitverkündung sowohl gegenüber dem eigenen Prozessbevollmächtigten als auch gegenüber dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten als zulässig angesehen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1982 - VI ZR 300/79, VersR 1982, 975, 976; ebenso: Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 66 Rn. 8; Wieczorek/Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 72 Rn. 29 i.V.m. § 66 Rn. 23 f.; ebenso wohl auch: Schellhammer, Zivilprozess: Gesetz - Praxis - Fälle, 12. Aufl., Rn. 1626; Thomas/- Putzo/Hüßtege, ZPO, 31. Aufl., § 72 Rn. 3 i.V.m. § 66 Rn. 3; aA: Prütting /Gehrlein/Gehrlein, ZPO, 2. Aufl., § 66 Rn. 4; HK-ZPO/Bendtsen, 3. Aufl. § 66 Rn. 4; Musielak/Weth, ZPO, 7. Aufl., § 72 Rn. 1 i.V.m. § 66 Rn. 4; Zöller /Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 72 Rn. 1 für die Streitverkündung gegenüber dem eigenen Prozessbevollmächtigten). Auch das Reichsgericht hat die Zulässigkeit der Streitverkündung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten nicht grundsätzlich verneint. Soweit es im Urteil vom 25. März 1942 die Nebenintervention des Prozessbevollmächtigten des Klägers als unzulässig zurückgewiesen hat, beruhte dies nicht auf der verfahrensrechtlichen Stellung des Nebenintervenienten sondern allein darauf, dass es an dem für den Beitritt erforderlichen rechtlichen Interesse fehlte (vgl. RGZ 169, 50, 51).
15
bb) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts beeinträchtigt die Zustellung der Streitverkündung den Prozessbevollmächtigten auch nicht in der Wahrnehmung seiner ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben. Die Streitverkündung ist insbesondere nicht geeignet, einen bislang nicht gegebenen Interessenkonflikt zwischen Prozessbevollmächtigtem und der von ihm vertretenen Partei herbeizuführen mit der Folge, dass der anwaltliche Bevollmächtigte möglicherweise gemäß § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 4 BORA sein Mandat niederlegen müsste oder gar nicht erst annehmen dürfte (vgl. zu § 43a Abs. 4 BRAO: BGH, Urteile vom 23. April 2009 - IX ZR 167/07, VersR 2010, 667 Rn. 32; vom 14. Mai 2009 - IX ZR 60/80, VersR 2010, 670 Rn. 7; BT-Drs. 12/4993, S. 27; BVerfG NJW 2003, 2520, 2521; BVerfG ZEV 2006, 413, 414; AnwG München, Urteil vom 6. März 1995 - 3 AG 27/95, BRAK-Mitteilungen 1995, 172; Feuerich /Weyland/Vossebürger, BRAO, 7. Aufl., § 43a Rn. 54; Hartung in Hartung /Römermann, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 4. Aufl., § 3 BORA Rn. 49 ff.). Wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt, beurteilt sich die Frage, ob ein Interessenwiderstreit im Sinne der genannten Bestimmungen gegeben ist, auf der Grundlage der materiellen Rechtslage (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2007 - AnwSt (R) 10/06, NJW-RR 2008, 795 mwN; Hartung in Hartung/Römermann, aaO, Rn. 52). Verfolgen der Prozessbevollmächtigte und die von ihm vertretene Partei keine gegensätzlichen Interessen, so vermag al- lein die Zustellung einer Streitverkündungsschrift keinen Interessenkonflikt zu begründen. Besteht dagegen im konkreten Fall ein Interessenwiderstreit in derselben Rechtssache, hängt die Anwendbarkeit des § 43a Abs. 4 BRAO nicht davon ab, dass dem Anwalt der Streit verkündet wurde. Auch der Anwalt, dem in einem solchen Fall keine Streitverkündungsschrift, sondern eine außergerichtliche Leistungsaufforderung oder eine Klage in einem gesonderten Verfahren zugestellt wird, steht vor der Frage, ob er das ihm übertragene Mandat beenden muss, weil er widerstreitende Interessen im Sinne der § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 4 BORA vertritt (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2009 - IX ZR 167/07, aaO; AnwG München, Urteil vom 6. März 1995 - 3 AG 27/95, aaO).
16
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtsgebühren fallen für die begründete Beschwerde nicht an. Eine Kostenerstattung findet nicht statt. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind als Kosten der Streitverkündung (vgl. Wieczorek/Schütze/Mansel, aaO, § 72 Rn. 108; Schultes in MünchKommZPO, 3. Aufl., § 72 Rn. 21 jeweils mwN) keine Kosten des Rechtsstreits , sondern fallen dem Streitverkünder zur Last, weil er seine Interessen gegenüber einem Dritten und nicht gegenüber dem Prozessgegner wahrnimmt (Zöller/Herget, aaO § 91 "Streitverkündungskosten"; KG, Beschluss vom 29. Juli 2005 - 1 W 157/05, MDR 2006, 236, 237; OLG München Beschluss vom 9. März 1989 - 11 W 3434/88, JurBüro 1989, 1121, 1122).
Galke Zoll Pauge
Stöhr von Pentz

Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 12.01.2009 - 1 MO 6514/08 -
OLG München, Entscheidung vom 14.05.2009 - 1 W 875/09 -

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Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen: 1. in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;2.

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(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden. (2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworde

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 3 Recht zur Beratung und Vertretung


(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. (2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz bes

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(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

(2) Das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger sind nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift. § 73 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(3) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

(2) Das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger sind nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift. § 73 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(3) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

(2) Das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger sind nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift. § 73 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(3) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 18/06
vom
26. April 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die erfolgreiche Ablehnung eines Sachverständigen steht der Verwertbarkeit seiner
vor der Ablehnung erstatteten Gutachten nicht entgegen, wenn die Partei, die sich
auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund durch eine
unzulässige Streitverkündung an den Sachverständigen in rechtsmissbräuchlicher
Weise provoziert hat und kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit
des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten
beeinträchtigt war.
BGH, Beschluss vom 26. April 2007 -VII ZB 18/06 - OLG Bamberg
LG Würzburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Haß, Dr. Wiebel, Bauner
und Dr. Eick

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 9. Januar 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen den Sachverständigen K. begründet ist, sich die Rechtswirkungen der Ablehnung aber nicht auf die bisher vom Sachverständigen K. in diesem Verfahren einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens erstatteten Gutachten erstrecken. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin, die der Beklagten im Rahmen eines Generalunternehmervertrages den Auftrag zum Bau eines Wohnhauses mit Tiefgarage erteilt hatte, macht mit ihrer Klage Mängelbeseitigungskosten geltend. Der vom Gericht bestellte Sachverständige K. erstattete in dem von der Klägerin veranlassten selbständigen Beweisverfahren ein schriftliches Gutachten sowie zwei Ergänzungs- gutachten und im Hauptsacheverfahren erneut ein schriftliches Gutachten sowie ein Ergänzungsgutachten. In zwei Terminen wurde er mündlich angehört.
2
Mit Grundurteil hat das Landgericht, gestützt auf die Darlegungen des Sachverständigen K., die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Gleichzeitig hat es den Sachverständigen K. mit einem weiteren Gutachten beauftragt. Gegen das Grundurteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 26. August 2005 hat sie dem Sachverständigen K. den Streit verkündet und ihn aufgefordert, dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beizutreten. Die Streitverkündungsschrift ist dem Sachverständigen zugestellt worden. Dieser ist mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2005 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten und hat sich deren Anträgen im Schriftsatz vom 13. Oktober 2005 angeschlossen. Daraufhin hat die Beklagte den Sachverständigen K. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
3
Das Oberlandesgericht hat den Ablehnungsantrag insoweit für begründet erklärt, als der Sachverständige seit dem 18. Oktober 2005 befangen und infolgedessen von der weiteren Mitwirkung in diesem Verfahren ausgeschlossen sei. Es hat den Ablehnungsantrag insoweit zurückgewiesen, als die bisher vom Sachverständigen in diesem Verfahren einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens erstatteten Gutachten verwertbar blieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte, ihrem Ablehnungsantrag gegen den Sachverständigen K. uneingeschränkt stattzugeben mit der Folge, dass die vom Sachverständigen im vorliegenden Rechtsstreit einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens erstatteten Gutachten nicht verwertbar seien.

II.

4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg und führt lediglich zu einer Klarstellung der angefochtenen Entscheidung.
5
1. Das Oberlandesgericht (IBR 2006, 306; Volltext unter ibr-online.de) ist der Auffassung, infolge des Beitritts des Sachverständigen K. zum Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin liege ein Grund vor, der geeignet sei, das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Soweit es der Beklagten um die künftige Mitwirkung des Sachverständigen gehe, sei der Ablehnungsantrag zulässig und begründet; insoweit sei er nicht rechtsmissbräuchlich.
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Soweit die Beklagte auf die Unverwertbarkeit der bisher vom Sachverständigen K. erstatteten Gutachten abziele, sei der Antrag rechtsmissbräuchlich und infolgedessen unzulässig. Dies treffe schon auf die Streitverkündung an den vom Gericht beauftragten Sachverständigen zu. Werde die Streitverkündungsschrift dennoch zugestellt und trete der Sachverständige auf Seiten einer Partei dem Rechtsstreit bei, habe sein vollständiger Ausschluss aus dem Verfahren und die Unverwertbarkeit seiner bisher erstatteten Gutachten Folgen, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar seien. Der Umstand, dass der Sachverständige in die von der Beklagten gestellte Falle gelaufen sei, dürfe nicht zum Anlass eines Befangenheitsantrages genommen werden, um die Unverwertbarkeit der bisher vom Sachverständigen erstatteten Gutachten zu erreichen.
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Das Ablehnungsgesuch sei insoweit auch unbegründet, da hinsichtlich der bereits erstatteten Gutachten kein Grund bestehe, der Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigen könne.
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2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
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a) In Übereinstimmung mit der nach Erlass des angefochtenen Beschlusses ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass die Streitverkündung an den Sachverständigen unzulässig war (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006 - VII ZB 16/06, BGHZ 168, 380; Beschluss vom 19. Dezember 2006 - VIII ZB 49/06, NJW 2007, 919). Dass dem vom Gericht ernannten Sachverständigen nicht der Streit verkündet werden kann, ist seit dem 31.12.2006 in § 72 Abs. 2 ZPO auch Gesetzesinhalt.
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b) Der dennoch erfolgte Beitritt des Sachverständigen hat allerdings, wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt, dazu geführt, dass nunmehr seine Befangenheit zu besorgen und daher das Ablehnungsgesuch als begründet anzusehen ist. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die von dem abgelehnten Sachverständigen bereits vor seinem Beitritt erstatteten Gutachten nicht verwertbar wären.
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aa) Die Entscheidung über die Frage der weiteren Verwertbarkeit ist allerdings nicht mehr Teil des Ablehnungsverfahrens. Ein Ablehnungsgesuch ist ein einheitlich zu behandelnder Antrag, der entweder insgesamt zurückzuweisen ist oder zur Feststellung der Befangenheit des Abgelehnten führt (vgl. § 406 Abs. 5 ZPO; zur Tenorierung vgl. Zöller/Scholl, ZPO, 26. Aufl., § 46 Rdn. 7). Welche Folgen die erfolgreiche Ablehnung insbesondere im Hinblick auf die bisherige Mitwirkung des abgelehnten Sachverständigen hat, ist vom Gericht im Rahmen seiner Entscheidung, welche Beweise noch zu erheben sind, zu beurteilen.
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bb) Ob dann, wenn ein Ablehnungsgesuch begründet ist, vorher erstattete Gutachten des Sachverständigen verwertet werden dürfen (vgl. dazu Zöller/ Greger, ZPO, 26. Aufl., § 406 Rdn. 15; MünchKommZPO-Damrau, 2. Aufl., § 406 Rdn. 16; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 406 Rdn. 66; Musielak /Huber, ZPO, 5. Aufl., § 406 Rdn. 18, § 412 Rdn. 2; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 406 Rdn. C IV a; Müller, Der Sachverständige im gerichtlichen Verfahren , 3. Aufl., Rdn. 261), muss hier nicht allgemein entschieden werden. Die erfolgreiche Ablehnung steht der Verwertbarkeit jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat und gleichzeitig kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt war.
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Die von der Beklagten erklärte Streitverkündung stellt sich als rechtsmissbräuchliches Instrument dar, den Sachverständigen, mit dessen Begutachtung die Beklagte nicht einverstanden ist, aus dem Rechtsstreit zu entfernen, statt die Bedenken, die gegen die gutachterliche Stellungnahme bestehen mögen , mit den insoweit vorgesehenen prozessualen Mitteln zur Geltung zu bringen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006 - VII ZB 16/06, BGHZ 168, 380). Aus diesem Grund hätte die Streitverkündungsschrift bereits nicht zugestellt werden dürfen, um den Sachverständigen nicht in eine Konfliktlage zu bringen, in der er den Beitritt erklärt und somit den Befangenheitsgrund schafft, auf dessen Eintritt das Vorgehen der Beklagten abzielt. Dieser Rechtsmissbrauch darf nicht dazu führen, dass dadurch die Beklagte die Unverwertbarkeit der bereits vorliegenden Gutachten erreicht.
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3. Die Rechtsbeschwerde war somit zurückzuweisen. Es war jedoch klarzustellen, dass der Befangenheitsantrag zwar insgesamt begründet ist, dies aber keine Auswirkung auf die Verwertbarkeit der bereits erstatteten Gutachten hat. Dressler Haß Wiebel Bauner Eick
Vorinstanzen:
LG Würzburg, Entscheidung vom 28.06.2005 - 61 O 1526/99 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 09.01.2006 - 4 U 186/05 -

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.

(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.

(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.

(4) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.

(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.

(7) Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.

(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.

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b) Der Verstoß des Rechtsanwalts gegen die Regelung des § 43a Abs. 4 BRAO führt grundsätzlich weder zur rückwirkenden Nichtigkeit des Anwaltsvertrags noch lässt er den Anspruch auf gesetzliche Gebühren entfallen, wenn der Verstoß zu einem Zeitpunkt geschieht, in dem der Rechtsanwalt die Gebühren bereits verdient hat. In diesem Fall hat der Rechtsanwalt die das Mandatsverhältnis prägenden Dienstleistungen bereits erbracht. Mit dem Wegfall der vertraglichen Grundlage wäre den Belangen des Mandanten nicht gedient. Es kann im Gegenteil in dessen Interesse liegen, dass diese vertragliche Grundlage - etwa im Hinblick auf Schadensersatzansprüche wegen Schlechtleistung - erhalten bleibt. Durch das Verbot des § 43a Abs. 4 BRAO soll das Vertrauensverhältnis des Anwalts zum Mandanten, die Wahrung der Unabhängigkeit des Anwalts und das Interesse des Gemeinwohls in Gestalt der in der Rechtspflege gebotenen Geradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung geschützt werden. Es soll sichergestellt werden, dass der Anwalt nur einer Seite dient und sich nicht zum Vertreter widerstreitender Interessen macht (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 27; BVerfG NJW 2003, 2520, 2521; BVerfG ZEV 2006, 413, 414; Feuerich /Weyland/Vossebürger, BRAO 7. Aufl. § 43a Rn. 54; Hartung in Hartung /Römermann, Berufs- und Fachanwaltsordnung 4. Aufl. § 3 BORA Rn. 59). Soweit anwaltliche Dienstleistungen bereits erbracht sind, bevor der Anwalt gegenläufige Interessen vertreten hat, ist es zum Schutze des Mandanten nicht geboten, dem Anwaltsvertrag rückwirkend die rechtliche Anerkennung zu versagen. Bestätigt wird dies dadurch, dass der Rechtsanwalt, sobald er erkennt, widerstreitende Interessen zu vertreten, gemäß § 3 Abs. 4 BORA die Pflicht hat, unverzüglich seine Mandanten davon zu unterrichten und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden (vgl. Hartung, aaO § 3 BORA Rn. 158 ff). Für die Vergangenheit bleiben sie bestehen. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Rechtsanwalt auch solche Honoraransprüche verlieren würde, die er erlangt hat, bevor ein Verstoß gegen widerstreitende Interessen vorlag. Eine entsprechende Sanktion kann § 43a Abs. 4 BRAO nicht entnommen werden. Die gegenteilige Auffassung der Revisionsbegründung verkennt, dass die Vorschrift nicht die Bestrafung eines "Überläufers" durch die rückwirkende Entziehung des gesamten Honoraranspruchs bezweckt, sondern vielmehr den Anwalt zukunftsgerichtet dazu anhalten soll, widerstreitende Interessen nicht zu vertreten. Die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB - wollte man sie auf den Verstoß gegen § 43a BRAO anwenden (dafür Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts 7. Aufl. Rn. 638) - ist deshalb jedenfalls nicht rückwirkend anwendbar.

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.

(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.

(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.

(4) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.

(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.

(7) Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.

(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.

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b) Der Verstoß des Rechtsanwalts gegen die Regelung des § 43a Abs. 4 BRAO führt grundsätzlich weder zur rückwirkenden Nichtigkeit des Anwaltsvertrags noch lässt er den Anspruch auf gesetzliche Gebühren entfallen, wenn der Verstoß zu einem Zeitpunkt geschieht, in dem der Rechtsanwalt die Gebühren bereits verdient hat. In diesem Fall hat der Rechtsanwalt die das Mandatsverhältnis prägenden Dienstleistungen bereits erbracht. Mit dem Wegfall der vertraglichen Grundlage wäre den Belangen des Mandanten nicht gedient. Es kann im Gegenteil in dessen Interesse liegen, dass diese vertragliche Grundlage - etwa im Hinblick auf Schadensersatzansprüche wegen Schlechtleistung - erhalten bleibt. Durch das Verbot des § 43a Abs. 4 BRAO soll das Vertrauensverhältnis des Anwalts zum Mandanten, die Wahrung der Unabhängigkeit des Anwalts und das Interesse des Gemeinwohls in Gestalt der in der Rechtspflege gebotenen Geradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung geschützt werden. Es soll sichergestellt werden, dass der Anwalt nur einer Seite dient und sich nicht zum Vertreter widerstreitender Interessen macht (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 27; BVerfG NJW 2003, 2520, 2521; BVerfG ZEV 2006, 413, 414; Feuerich /Weyland/Vossebürger, BRAO 7. Aufl. § 43a Rn. 54; Hartung in Hartung /Römermann, Berufs- und Fachanwaltsordnung 4. Aufl. § 3 BORA Rn. 59). Soweit anwaltliche Dienstleistungen bereits erbracht sind, bevor der Anwalt gegenläufige Interessen vertreten hat, ist es zum Schutze des Mandanten nicht geboten, dem Anwaltsvertrag rückwirkend die rechtliche Anerkennung zu versagen. Bestätigt wird dies dadurch, dass der Rechtsanwalt, sobald er erkennt, widerstreitende Interessen zu vertreten, gemäß § 3 Abs. 4 BORA die Pflicht hat, unverzüglich seine Mandanten davon zu unterrichten und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden (vgl. Hartung, aaO § 3 BORA Rn. 158 ff). Für die Vergangenheit bleiben sie bestehen. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Rechtsanwalt auch solche Honoraransprüche verlieren würde, die er erlangt hat, bevor ein Verstoß gegen widerstreitende Interessen vorlag. Eine entsprechende Sanktion kann § 43a Abs. 4 BRAO nicht entnommen werden. Die gegenteilige Auffassung der Revisionsbegründung verkennt, dass die Vorschrift nicht die Bestrafung eines "Überläufers" durch die rückwirkende Entziehung des gesamten Honoraranspruchs bezweckt, sondern vielmehr den Anwalt zukunftsgerichtet dazu anhalten soll, widerstreitende Interessen nicht zu vertreten. Die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB - wollte man sie auf den Verstoß gegen § 43a BRAO anwenden (dafür Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts 7. Aufl. Rn. 638) - ist deshalb jedenfalls nicht rückwirkend anwendbar.