Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juni 2017 - V ZB 106/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:010617BVZB106.16.0
bei uns veröffentlicht am01.06.2017
vorgehend
Landgericht Berlin, 13 O 302/14, 04.09.2015
Kammergericht, 27 U 129/15, 14.04.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 106/16
vom
1. Juni 2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berufungsbegründungsfrist kann nicht unter einer Bedingung verlängert
werden. Geschieht dies dennoch, ist nur die Bedingung unwirksam, die Fristverlängerung
ist hingegen wirksam.
BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 106/16 - Kammergericht
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2017:010617BVZB106.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. SchmidtRäntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. April 2016 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 310.700 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat gegen das ihr am 9. September 2015 zugestellte Urteil des Landgerichts fristgerecht Berufung eingelegt. Die am 10. November 2015 ablaufende Frist zur Begründung der Berufung ist wiederholt verlängert worden, und zwar erstmals bis zum 9. Dezember 2015 und weitere Male mit Zustimmung der Beklagten bis zum 8. Januar 2016 und 8. Februar 2016. Am 8. Februar 2016 hat der Prozessbevollmächtige der Klägerin erneut die Verlängerung der Frist bis zum 8. März 2016 beantragt und anwaltlich versichert, der Pro- zessbevollmächtigte der Beklagten habe der Fristverlängerung zugestimmt. Der Vorsitzende des Berufungssenats hat am 8. Februar 2016 verfügt: „Fristverlängerung wird mit der Maßgabe gewährt, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten seine Zustimmung erteilt hat.“ Mit am 8. März 2016 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin die Berufung begründet.
2
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Kammergericht mitgeteilt hatte, keine Zustimmung zu der am 8. März 2016 beantragten Fristverlängerung erteilt zu haben, hat die Klägerin vorsorglich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt. Diesen Antrag hat das Kammergericht zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 4. April 2016 hat es die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

3
Das Berufungsgericht meint, die Berufungsbegründung der Klägerin sei verspätet eingegangen. Die Berufungsbegründungsfrist sei am 8. Februar 2016 nicht wirksam verlängert worden. Die Fristverlängerung sei von der prozessualen Bedingung abhängig gemacht worden, dass der Prozessbevollmächtige der Beklagten zugestimmt habe. Daran fehle es. Zwar sei es offensichtlich zu einem Missverständnis zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien gekommen. Die Klägerin habe auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 8. Februar 2016 aber nicht vertrauen, sondern von einer wirksamen Fristverlängerung nur ausgehen dürfen, wenn sie sich sicher gewesen sei, dass die Zustimmung vorliege.

III.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
5
1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat der Klägerin den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt ihren Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368 mwN).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Berufungsgericht hätte das Rechtsmittel nicht wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verwerfen dürfen (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Vorsitzende des Berufungssenats hat die Berufungsbegründungsfrist bis zum 8. März 2016 wirksam verlängert. Innerhalb dieser Frist ist die Berufungsbegründung eingegangen.
7
a) Nach § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO kann die Berufungsbegründungsfrist von dem Vorsitzenden auf Antrag verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne diese Einwilligung ist die Verlängerung nur bis zu einem Monat und nur dann zulässig, wenn nach der freien Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Ist die Berufungsbegründungsfrist , wie hier, bereits einmal ohne Zustimmung des Berufungsgegners um einen Monat verlängert worden, so kommt eine weitere Ver- längerung nur noch bei Vorliegen der Einwilligung des Gegners in Betracht. Diese muss nicht schriftlich und gegenüber dem Berufungsgericht erklärt werden ; sie kann vielmehr auch vom Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers eingeholt und gegenüber dem Gericht dargelegt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04, BGHZ 161, 86, 89; Beschluss vom 22. März 2005 - XI ZB 36/04, NJW-RR 2005, 865, 866; Beschluss vom 12. April 2006 - XII ZB 74/05, NJW 2006, 2192 Rn. 9).
8
b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zwar ausgegangen. Unzutreffend ist aber seine Auffassung, die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sei wegen Fehlens der Bedingung, unter der sie gewährt worden sei, unwirksam. Die Berufungsbegründungsfrist kann nicht unter einer Bedingung verlängert werden. Geschieht dies dennoch, ist nur die Bedingung unwirksam , die Fristverlängerung ist hingegen wirksam.
9
aa) Die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ist bedingungsfeindlich. Der Berufungsführer, der um eine solche Verlängerung nachsucht, muss anhand der Antwort des Gerichts zweifelsfrei feststellen können, wann die Frist abläuft. Dies folgt aus dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit. Dieses aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleitete Postulat setzt nicht nur Maßstäbe für die Erkennbarkeit des in Betracht kommenden Rechtsmittels, sondern auch für die Voraussetzungen, unter denen es zulässig ist (vgl. BVerfGK 16, 362, 366; BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 2 BvR 3071/14, juris Rn. 12; BGH, Urteil vom 28. Juli 2016 - I ZR 9/15, NJW 2017, 806 Rn. 11; jeweils mwN). Hierzu gehört, dass Fristen, von deren Einhaltung die Zulässigkeit eines Rechtsmittels abhängt, eindeutig bestimmbar sind. Daran fehlte es, wenn eine Fristverlängerung unter eine Bedingung gestellt werden könnte. Der Ablauf der Begründungsfrist wäre dann nämlich nicht kalendermäßig und damit klar bestimmbar , sondern hinge von dem Nachweis des Eintritts der gesetzten Bedin- gung ab. Von solchen Unwägbarkeiten dürfen die Rechtsmittelgerichte die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht abhängig machen.
10
bb) Die von dem Vorsitzenden des Berufungsgerichts bestimmte Bedingung , unter der die Fristverlängerung stehen sollte, ist daher unwirksam. Die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ist hingegen wirksam. Sie ist als unbedingt anzusehen.
11
Zwar ist die Prozesshandlung einer Partei, die von einer unzulässigen Bedingung abhängig gemacht wird, unwirksam (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92, VersR 1993, 713; BGH, Beschluss vom 26. September 2007 - XII ZB 80/07, FamRZ 2008, 43 Rn. 15 f.; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., Vor § 128 Rn. 20). Für Fristverlängerungen des Gerichts kann dies aber nicht gelten. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Fristverlängerung wirksam ist, ist vielmehr auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit rechtsfehlerhaft ergangener gerichtlicher Entscheidungen und auf Vertrauensschutzgesichtspunkte abzustellen. Danach darf eine Prozesspartei, der auf ihren rechtzeitig vor Fristablauf gestellten Antrag eine Fristverlängerung gewährt worden ist, grundsätzlich davon ausgehen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist (vgl. Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - VIII ZB 37/03, NJW 2004, 1460 mwN; Beschluss vom 12. Februar 2009 - VII ZB 76/07, NJW 2009, 1149 Rn. 13; Beschluss vom 19. Juli 2016 - II ZB 3/16, NJW-RR 2016, 1529 Rn. 14).
12
c) Schließlich ist unerheblich, dass die erforderliche Einwilligung des Prozessbevollmächtigen der Beklagen nicht vorgelegen hat (§ 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Auch ohne sie ist die bewilligte Fristverlängerung wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2003 - VIII ZB 37/03, NJW 2004, 1460, 1461; Be- schluss vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04, BGHZ 161, 86, 89; Beschluss vom 30. April 2008 - III ZB 85/07, NJW-RR 2008, 1162 Rn. 4). Ob das auch gilt, wenn der Vorsitzende von dem Rechtsmittelführer bewusst getäuscht worden ist, hat der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 1998 - VII ZB 21/98, NJW-RR 1999, 286, 287). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist es offensichtlich zu einem Missverständnis zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien über das Vorliegen des Einverständnisses gekommen.
13
3. Der die Berufung der Klägerin als unzulässig verwerfende Beschluss des Berufungsgerichts ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über das Rechtsmittel an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

IV.

14
Den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat derSenat nach der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts bestimmt. Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 04.09.2015 - 13 O 302/14 -
KG, Entscheidung vom 14.04.2016 - 27 U 129/15 -

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 6/04
vom
9. November 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
ZPO (1.1.2002) § 520 Abs. 2 Satz 2
Die Einwilligung des Berufungsbeklagten in die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
bedarf nicht der Schriftform, sondern kann vom Prozeßbevollmächtigten
des Berufungsklägers eingeholt und gegenüber dem Gericht anwaltlich versichert
werden.
BGH, Beschluß vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen sowie die
Richter Dr. Appl und Dr. Ellenberger
am 9. November 2004

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 2. Dezember 2003 aufgehoben.
Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 26. Juni 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.
Der Gegenstandswert beträgt 6.000 €.

Gründe:


I.


Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat gegen d as die Klage abweisende Urteil des Landgerichts fristgerecht Berufung eingelegt. Auf seinen Antrag hat der Vorsitzende des zuständigen Zivilsenats des Kammergerichts die Begründungsfrist um einen Monat bis zum
16. Oktober 2003 verlängert. Zugleich hat er darauf hingewiesen, daß eine weitere Verlängerung nur mit Einwilligung des Gegners, die dem Gericht vor Fristablauf schriftsätzlich vorliegen müsse, bewilligt werden dürfe. Am 16. Oktober 2003 hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin wegen Arbeitsüberlastung eine weitere Fristverlängerung bis zum 23. Oktober 2003 beantragt und mitgeteilt, der gegnerische Prozeßbevollmächtigte habe dieser Verlängerung zugestimmt. Nach einem gerichtlichen Hinweis vom 17. Oktober 2003, daß die Frist ohne Vorlage der schriftsätzlichen Zustimmung der Gegenseite nicht verlängert werden könne, hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten dem Gericht am 20. Oktober 2003 schriftlich mitgeteilt, daß er einer Fristverlängerung bis zum 23. Oktober 2003 zustimme. Am 23. Oktober 2003 ist die Berufungsbegründung bei Gericht eingegangen.
Nachdem der Vorsitzende des zuständigen Zivilsenat s am 24. Oktober 2003 darauf hingewiesen hatte, daß die Begründungsfrist nicht verlängert werden könne, weil die schriftsätzliche Zustimmung der Gegenseite erst nach Ablauf der bisherigen Frist eingegangen sei, hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin am 29. Oktober 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, daß der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten der beantragten Fristverlängerung am 16. Oktober 2003 telefonisch zugestimmt habe. Die Vorlage der schriftlichen Zustimmung vor Fristablauf sei nicht erforderlich und vom Kammergericht in vergleichbaren früheren Fällen auch nie verlangt worden.
Das Kammergericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbe-
schwerde erstrebt die Klägerin die Aufhebung dieses Beschlusses und die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
1. Sie ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß gewahrt sein müssen (BGHZ 151, 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22; Senat, Beschluß vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, NJW 2004, 2222, 2223), sind erfüllt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Frage, ob die Einwilligung gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO in schriftlicher Form erklärt und dem Gericht vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zugehen muß, ist, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht, für eine Vielzahl von Verfahren bedeutsam und bedarf grundsätzlicher Klärung.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

a) Das Kammergericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im wesentlichen ausgeführt, die Begründungsfrist habe nicht über den 16. Oktober 2003 hinaus verlängert werden können, weil die hierfür gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderliche Einwilligung der Beklagten erst nach Ablauf der verlängerten Begründungsfrist bei Gericht einge-
gangen sei. Die Einwilligung sei gemäß § 183 Satz 1 BGB eine vorherige Zustimmung und müsse dem Gericht vor Ablauf der Begründungsfrist in schriftlicher Form zugehen. Da hierauf bereits bei der Fristverlängerung bis zum 16. Oktober 2003 hingewiesen worden sei, könne Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.

b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfu ng nicht stand.
aa) Die Klägerin war ohne ihr Verschulden und das ihres Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) gehindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO). Ihr Prozeßbevollmächtigter durfte darauf vertrauen, daß seinem Verlängerungsantrag vom 16. Oktober 2003 stattgegeben würde. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsanwalt erwarten kann, daß nach einer bereits bewilligten Fristverlängerung auch einem zweiten Antrag auf Fristverlängerung entsprochen wird, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend entschieden (vgl. Senat, Beschluß vom 6. November 2001 - XI ZB 14/01, BGHR ZPO § 233 Fristverlängerung 22; BGH, Beschluß vom 21. Februar 2000 - II ZB 16/99, NJW-RR 2000, 947, 948). Sie bedarf auch hier keiner generellen Klärung, weil das Vertrauen des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin auf die Bewilligung der beantragten Fristverlängerung jedenfalls aufgrund der konkreten Umstände des Falles gerechtfertigt war. Der Vorsitzende des zuständigen Zivilsenats des Kammergerichts hatte ihm gleichzeitig mit der ersten Fristverlängerung mitgeteilt, daß eine weitere Verlängerung die Einwilligung des Gegners voraussetze. Dies durfte der Prozeßbevollmächtigte so verstehen, daß der Vorsitzende bei der Ausübung seines Ermessens gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Falle der Einwilligung des Gegners keine besonderen Anforderungen an den zwei-
ten Verlängerungsantrag stellen werde, wenn der Berufungskläger einen erheblichen Grund im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO für eine Fristverlängerung darlege. Das ist hier geschehen; der Berufungskläger hat mit Arbeitsüberlastung seines Prozeßbevollmächtigten einen erheblichen Grund für eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vorgetragen (vgl. Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 520 Rdn. 8).
bb) Daß der Vorsitzende bei der ersten Fristverlän gerung die Rechtsauffassung vertreten hatte, die Einwilligung des Gegners müsse dem Gericht vor Fristablauf schriftsätzlich vorliegen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Da diese Ansicht unzutreffend war, durfte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin gleichwohl erwarten, daß seinem Verlängerungsantrag entsprochen würde.
Die Einwilligung gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO bed arf nicht der Schriftform, sondern kann - wie im vorliegenden Fall geschehen - vom Prozeßbevollmächtigten des Berufungsklägers eingeholt und gegenüber dem Gericht anwaltlich versichert werden (Gerken, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO 3. Aufl. § 520 Rdn. 37, 41; a.A.: Rimmelspacher, in: MK/ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsband § 520 Rdn. 11; Albers, in: Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 62. Aufl. § 520 Rdn. 11). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO, der, anders als § 566 Abs. 2 Satz 4 ZPO für die Einwilligung in die Sprungrevision, keine Schriftform verlangt. Die Schriftformbedürftigkeit des Verlängerungsantrages (BGHZ 93, 300, 303 f.) ist auf die Einwilligung nicht übertragbar. Der rechtzeitige Eingang eines Verlängerungsantrages oder einer Begründungsschrift hindert den Eintritt der formellen Rechtskraft. Damit hierüber im Interesse der Rechtssicherheit Klarheit besteht, bedarf
der Verlängerungsantrag der Schriftform (BGHZ 93, 300, 303). Die Einwilligung gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat keine vergleichbare Bedeutung für den Eintritt der formellen Rechtskraft. Eine bewilligte Fristverlängerung ist auch dann wirksam, wenn die erforderliche Einwilligung nicht vorliegt (BGH, Beschluß vom 18. November 2003 - VIII ZB 37/03, NJW 2004, 1460, 1461). Hinzu kommt, daß das durch das Zivilprozeßreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 2001, S. 1887) eingeführte Einwilligungserfordernis die Voraussetzungen einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gegenüber der früheren Rechtslage ohnehin verschärft hat und die entsprechende Regelung für die Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist (§ 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 ZPO) durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I 2004, S. 2198) bereits wieder gelockert worden ist. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlaß, an die Einwilligung gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO erhöhte Anforderungen zu stellen und sie als schriftformbedürftig anzusehen.

c) Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuhe ben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO) und gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren.
Nobbe Joeres Mayen
Appl Ellenberger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 36/04
vom
22. März 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO (Fassung: 1. Januar 2002) §§ 233 Ff, 520
Das Vertrauen auf die Bewilligung der beantragten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
ist nicht gerechtfertigt, wenn der Prozeßbevollmächtigte des Berufungsklägers
die ihm gegenüber erklärte, gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderliche
Einwilligung des Gegners in dem Verlängerungsantrag nicht erwähnt.
BGH, Beschluß vom 22. März 2005 - XI ZB 36/04 - OLG Bremen
LG Bremen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Dr. Joeres, Dr. Müller, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Appl und
Dr. Ellenberger
am 22. März 2005

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 8. Juli 2004 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert beträgt 161.587,18 €.

Gründe:


I.


Der Kläger hat gegen das seine Klage abweisende Ur teil des Landgerichts fristgerecht Berufung eingelegt. Auf seinen ersten - ohne Zustimmung des Beklagten gestellten - Antrag hat der Vorsitzende des zuständigen Zivilsenats die Begründungsfrist um einen Monat bis zum 26. Mai 2004 verlängert. Am 26. Mai 2004 um 17.25 Uhr reichte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers per Telefax einen zweiten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen weiteren Monat bis zum 26. Juni 2004 ein, den er mit Arbeitsüberlastung begründete.

Der Senatsvorsitzende lehnte diesen Antrag am 1. J uni 2004 ab, weil die gemäß § 520 Abs. 2 ZPO erforderliche Einwilligung des Gegners nicht binnen der am 26. Mai 2004 abgelaufenen Frist dargetan worden sei. Diese Verfügung wurde dem Prozeßbevollmächtigen des Klägers am 15. Juni 2004 zugestellt, der mit Telefax vom 17. Juni 2004 die schriftliche Einverständniserklärung des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 26. Mai 2004 vorlegte.
Am 29. Juni 2004 hat der Kläger seine Berufung beg ründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe auf die Gewährung der beantragten Fristverlängerung vertrauen dürfen, weil die Zustimmung des gegnerischen Prozeßbevollmächtigten objektiv vorgelegen habe. Daß dem Gericht im Antrag vom 26. Mai 2004 diese Zustimmung nicht mitgeteilt und die Zustimmungserklärung nicht mitübersandt worden sei, beruhe darauf, daß die zuständige und sonst immer zuverlässige Bürokraft seines Prozeßbevollmächtigten die ihr insofern erteilte Einzelweisung versehentlich nicht beachtet habe. Sie sei angewiesen worden, den Fristverlängerungsantrag zu schreiben und auf das vorliegende Einverständnis der Gegenseite hinzuweisen sowie den Fristverlängerungsantrag vorab per Telefax unter Beifügung der Einverständniserklärung abzusenden. Sein Prozeßbevollmächtigter habe den Fristverlängerungsantrag im Vertrauen darauf unterzeichnet, daß er ordnungsgemäß vorbereitet worden sei.
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsant rag zurückgewiesen und gleichzeitig die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verworfen. Zur Begründung hat es im wesentli-
chen ausgeführt, der Kläger sei nicht ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Insbesondere könne der Kläger seinen Wiedereinsetzungsantrag nicht darauf stützen, daß er mit der Ablehnung seines zweiten Fristverlängerungsantrages nicht habe rechnen müssen. Da die Berufungsbegründungsfrist bereits erstmals um einen Monat verlängert gewesen sei, sei für eine weitere Fristverlängerung nach § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Einwilligung des Gegners notwendig gewesen. Nachdem der Kläger das Vorliegen dieser unverzichtbaren Voraussetzung für eine erneute Fristverlängerung nicht vorgetragen habe - und zwar weder bis zum Fristablauf noch bis zur Entscheidung des Vorsitzenden vom 1. Juni 2004 -, sei die Ablehnung des Fristverlängerungsantrages zu Recht erfolgt. Die Verfügung des Vorsitzenden werde nicht dadurch gesetzeswidrig, daß dem Kläger die Einwilligung des Gegners tatsächlich bei Stellung des Fristverlängerungsantrages vorgelegen habe. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, weil der Prozeßbevollmächtigte des Klägers es zu vertreten habe, daß die vorliegende Zustimmung des Gegners im Antrag weder erwähnt noch diesem beigefügt worden sei.
Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die A ufhebung dieses Beschlusses und die Bewilligung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 N r. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die
Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß gewahrt sein müssen (Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, WM 2004, 1407, 1408 m.w.Nachw. zur Veröffentlichung in BGHZ 159, 135 vorgesehen und vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04, NJW 2005, 72, 73 m.w.Nachw. zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ), sind nicht erfüllt.
1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat d ie Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Rechtsbeschwerde formuliert zwar die für grundsätzlich gehaltene Zulassungsfrage , ob „einem Berufungskläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren ist, wenn bei einem rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gestellten Fristverlängerungsantrag die nach § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderliche Einwilligung des Gegners tatsächlich vorliegt und diese nur aufgrund eines Versehens einer Büroangestellten dem Gericht nicht mitgeteilt wird“. In Rechtsprechung und Literatur ist aber bereits geklärt, daß ein berechtigtes Vertrauen auf die Gewährung einer beantragten Fristverlängerung die Vollständigkeit des Verlängerungsantrages voraussetzt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 1992 - VIII ZB 28/92, NJW 1993, 134, 135 und vom 4. Dezember 1997 - V ZB 26/97, NJW-RR 1998, 573, 574; Stein/Jonas/Herbert Roth, ZPO 22. Aufl. § 233 Rdn. 33 Stichwort Fristverlängerung; Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 233 Rdn. 23 Stichwort Fristverlängerung; Musielak/Grandel, ZPO 4. Aufl. § 233 Rdn. 28; jeweils m.w. Nachw.). Dazu gehört, wie das Oberlandesgericht zu Recht angenommen hat, die Darlegung der Einwilligung des Gegners (vgl. Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen 6. Aufl.
Rdn. 142; Wieczorek/Schütze/Uwe Gerken, ZPO 3. Aufl. § 520 Rdn. 37), wenn dieser sie nicht unmittelbar gegenüber dem Gericht erklärt hat.
2. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist au ch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die angefochtene Entscheidung verletzt kein Verfahrensgrundrecht des Klägers (vgl. BGHZ 154, 288, 296 zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; Senatsbeschluß vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, WM 2004, 1407, 1408 m.w.Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ 159, 135 vorgesehen).

a) Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungs vollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 f.; 41, 332, 334 f.; 69, 381, 385; BVerfG NJW 2001, 2161, 2162 und NJW 2005, 814, 815; BGHZ 151, 221, 227). Deshalb darf ein Gericht einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von überspannten Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozeßbevollmächtigten versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen die Partei auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG NJW-RR 2002, 1004; BGHZ 151, 221, 227 f.; BGH, Beschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02, FamRZ 2003, 1271).
Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht ni cht verstoßen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts
zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt. Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach darf ein Rechtsanwalt die Anfertigung von Rechtsmittelschriften nicht seinem Büropersonal überlassen, ohne das Arbeitsergebnis auf Richtigkeit und Vollständigkeit selbst sorgfältig zu überprüfen (BGH, Beschluß vom 20. Februar 1995 - II ZB 16/94, NJW 1995, 1499; Urteil vom 1. Dezember 1997 - II ZR 85/97, NJW 1998, 908; jeweils m.w.Nachw.). Dasselbe gilt für Anträge auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (BGH, Beschluß vom 11. Februar 1998 - VIII ZB 50/97, NJW 1998, 2291, 2292). Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers kann sich deshalb zu seiner Entschuldigung nicht darauf berufen, die Büroangestellte, die die Antragsschrift geschrieben habe, habe die Einwilligung des Gegners versehentlich nicht erwähnt. Dies entlastet den Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht, weil er die Antragsschrift nicht selbst sorgfältig auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft hat.

b) Der angefochtene Beschluß verletzt auch nicht d ie Ansprüche des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und auf ein faires Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. hierzu BVerfGE 93, 99, 113; BVerfG NJW 2005, 814, 815; Senatsbeschluß vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, WM 2004, 1407, 1409, zur Veröffentlichung in BGHZ 159, 135 vorgesehen). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht den Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht bereits vor der Bescheidung seines Verlängerungsantrages darauf hingewiesen hat, daß in diesem Antrag die erforderliche Einwilligung des Gegners nicht erwähnt war. Einen gerichtlichen Hinweis, der ihm die Vorlage der Einwilligung des Gegners
noch innerhalb der am 26. Mai 2004 ablaufenden Frist ermöglicht hätte, konnte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nicht erwarten, weil er den Verlängerungsantrag erst so spät gestellt hatte, daß mit seiner Vorlage an den Vorsitzenden nicht mehr innerhalb der Frist zu rechnen war. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers durfte auch nicht darauf vertrauen , der Vorsitzende werde selbst ermitteln, ob die Einwilligung des Gegners vorliege. Hierzu bestand kein Anlaß, weil der Antragsschrift nicht zu entnehmen war, daß der Gegner bereits von dem Verlängerungsantrag unterrichtet worden war. Der Vorsitzende mußte deshalb nicht die fern liegende Möglichkeit in Erwägung ziehen, der Prozeßbevollmächtigte des Klägers habe die Einwilligung des Gegners zwar eingeholt, aber in der Antragsschrift nicht erwähnt. Er konnte vielmehr davon ausgehen, der Prozeßbevollmächtigte des Klägers habe das Einwilligungserfordernis übersehen. Ob eine Fristverlängerung noch zulässig gewesen wäre, wenn die vor Fristablauf erteilte Einwilligung dem Vorsitzenden nach Fristablauf, aber noch vor seiner Entscheidung über den Verlängerungsantrag bekannt geworden wäre, kann dahinstehen. Entscheidend ist, daß der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mangels Darlegung der Einwilligung auf die Gewährung der Fristverlängerung nicht vertrauen durfte.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Joeres Müller Mayen
Appl Ellenberger
9
Da die Berufungsbegründungfrist bereits zuvor über einen Monat hinaus verlängert worden war, konnte diese Frist nur mit Einwilligung des Gegners erneut verlängert werden (§ 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss diese Einwilligung nicht schriftlich und gegenüber dem Berufungsgericht erklärt werden; sie kann vielmehr auch vom Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers eingeholt werden (BGH Beschluss vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04 - FamRZ 2005, 267). In diesem Fall muss die Erteilung der Einwilligung in dem Fristverlängerungsantrag dargelegt werden (BGH Beschluss vom 22. März 2005 - XI ZB 36/04 - FamRZ 2005, 1082 m.w.N.).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

11
Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine Beschränkung der Revisionszulassung. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass sich eine Eingrenzung der Zulassung der Revision auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann. Nach dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit müssen die Parteien allerdings zweifelsfrei erkennen können , welches Rechtsmittel für sie in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist (vgl. BVerfGE 108, 341, 349; BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - I ZR 162/13, GRUR 2015, 498 Rn. 13 = WRP 2015, 569 - Combiotik ). Die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision reicht nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen (BGH, GRUR 2015, 498 Rn. 12 - Combiotik, mwN).
15
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt auch eine Auslegung oder Umdeutung der Rücknahmeerklärung dahingehend, dass die Beschwerde nur für den Fall tatsächlich versäumter Begründungsfrist zurückgenommen werde, nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass eine solche Auslegung bereits angesichts des Wortlauts der Erklärung ("nehme ich … zurück, weil …" und nicht etwa: "nehme ich … zurück, falls …") fern liegt, wäre dies, wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, eine bedingte Rücknahme. Die Rücknahme eines Rechtsmittels ist aber bedingungsfeindlich; sie kann nicht einmal, was in Bezug auf andere Prozesshandlungen ausnahmsweise zulässig sein kann, von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht werden (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 1989 - IVb ZB 135/88 - FamRZ 1990, 147, 148 f. m.N.). Andernfalls könnte der Rechtsmittelkläger beispielsweise seine Erklärung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, in ein Hilfsverhältnis zu seinem Rechtsmittelantrag stellen und auf diese Weise eine ihm nachteilige rechtskraftfähige Entscheidung von vornherein vermeiden.
16
bb) Einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand hält dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, die verfügte Fristverlängerung entfalte keine Rechtswirkungen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit rechtsfehlerhaft ergangener gerichtlicher Entscheidungen und auf Vertrauensschutzgesichtspunkte abzustellen. Danach darf jedenfalls eine Prozesspartei, der auf ihren rechtzeitig vor Fristablauf gestellten Antrag eine Fristverlängerung gewährt worden ist, grundsätzlich davon ausgehen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist (vgl. nur BGH, Beschl. v. 18. November 2003, VIII ZB 37/03, NJW 2004, 1460 m.w.N.). Das gilt bei unklarer Rechtslage selbst dann, wenn die Fristverlängerung von einem funktionell unzuständigen Gericht gewährt (BGH, Beschl. v. 21. Dezember 2004, KVZ 3/04, NJW-RR 2005, 769) wurde, und im Übrigen auch dann, wenn der Verlängerungsantrag erst kurz vor Fristablauf gestellt wurde. Die auf einen rechtzeitigen Antrag hin bewilligte Fristverlängerung kommt der Partei nur dann nicht zu Gute, wenn die Verlängerung schlechthin und offensichtlich ausgeschlossen war (vgl. Senat, Beschl. v. 5. Juli 2007, V ZB 48/06, NJW-RR 2008, 146). Hiervon abzurücken, sieht der Senat – entgegen der Argumentation der Beklagten in der mündlichen Revisionsver- handlung – keine Veranlassung. Ob diese Kriterien auch Geltung bei der Beantwortung der anders gelagerten Frage beanspruchen können, unter welchen Voraussetzungen die Bindungswirkung einer von dem Berufungsgericht zu Unrecht ausgesprochene Revisionszulassung zu verneinen ist, braucht hier nicht erörtert zu werden.
14
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, in erster Linie auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit verfahrensfehlerhafter gerichtlicher Entscheidungen sowie insbesondere auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes abzustellen. Danach darf die Prozesspartei, der eine beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gewährt worden ist, grundsätzlich darauf vertrauen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist. Grenzen ergeben sich allerdings aus dem Gebot der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Im Hinblick darauf kann eine Partei ein schützenswertes Vertrauen in die Wirksamkeit einer Verlängerung der Berufungsbegründungs- frist grundsätzlich nicht bilden, wenn die Verlängerung nach Ablauf der Frist erfolgt und sie bis zu deren Ablauf keinen Antrag gestellt hat. Eine solche Verlängerung ist unwirksam (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1991 - VI ZB 26/91, BGHZ 116, 377; Beschluss vom 12. Februar 2009 - VII ZB 76/07, NJW 2009, 1149 Rn. 13). Gegen die Bildung eines schützenswerten Vertrauens in die Wirksamkeit der Fristverlängerung spricht vorliegend zudem, dass der Vorsitzende des Berufungsgerichts mit der Verlängerungsverfügung auf das zutreffende , von der Angabe in der Berufungsschrift abweichende Zustelldatum der erstinstanzlichen Entscheidung nach Aktenlage hingewiesen hat.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

4
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es auch unerheblich, ob die erforderliche Einwilligung des Gegners (§ 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO) für eine Fristverlängerung in der beantragten Weise vorgelegen hat, denn auch ohne sie ist eine bewilligte Fristverlängerung wirksam (vgl. BGHZ 161, 86, 89 m.w.N.).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.