Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2007 - XII ZB 80/07

bei uns veröffentlicht am26.09.2007
vorgehend
Amtsgericht Darmstadt, 52 F 2260/04, 23.08.2006
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 6 UF 200/06, 02.05.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 80/07
vom
26. September 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 621 a Abs. 1, 516, 565
Die Rücknahme eines Rechtsmittels ist bedingungsfeindlich; sie kann auch
nicht von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht werden.
Sie ist ferner grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar. Dies gilt auch
dann, wenn sie aufgrund eines für das Gericht und den Verfahrensgegner offensichtlichen
Irrtums des Rechtsmittelführers über tatsächliche oder rechtliche
Umstände erklärt wurde.
BGH, Beschluss vom 26. September 2007 - XII ZB 80/07 - OLG Frankfurt am Main
AG Darmstadt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. Mai 2007 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Gegen den ihm am 28. August 2006 zugestellten Beschluss des Familiengerichts , mit dem seinem Antrag auf Regelung des Umgangs mit seinem Kind nur eingeschränkt stattgegeben wurde, legte der Antragsteller mit Faxschreiben seiner damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 27. September 2006 Beschwerde ein.
2
Nach erstmaliger Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 30. November 2006 verlängerte der Vorsitzende des Berufungsgerichts die Begründungsfrist auf den weiteren, am 30. November 2006 eingegangenen Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers im Einverständnis mit der Beteiligten zu 2 erneut bis zum 2. Januar 2007.
3
Mit am 4. Dezember 2006 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 2. Dezember 2006 erklärte der Antragsteller, er nehme seine Beschwerde zurück , weil seine Verfahrensbevollmächtigte versäumt habe, die Beschwerde innerhalb der gesetzlichen Frist zu begründen. Ferner teilte er mit, seiner Verfahrensbevollmächtigten deshalb das Mandat entzogen zu haben. Da er sich nunmehr nur noch selbst vertrete, sei Schriftwechsel nur noch mit ihm zu führen.
4
Mit weiterem, am 11. Dezember 2006 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 10. Dezember 2006 erklärte der Antragsteller, er wolle an seiner Beschwerde festhalten. Vorsorglich fechte er seine Rücknahmeerklärung an, weil er irrtümlich davon ausgegangen sei, die "am 23. Oktober 2006 ablaufende" Beschwerdebegründungsfrist sei versäumt. Von den beiden beantragten und gewährten Fristverlängerungen habe er erst jetzt erfahren. Zugleich begründete er seine Beschwerde.
5
Das Oberlandesgericht verwarf die Beschwerde als unzulässig. Die Rücknahmeerklärung des Antragstellers sei wirksam und könne weder durch Widerruf noch durch Anfechtung rückgängig gemacht werden. Soweit das Schreiben vom 10. Dezember 2006 als erneute befristete Beschwerde auszulegen sei, sei die Rechtsmittelfrist abgelaufen.
6
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

7
Die nach §§ 621e Abs. 3 Satz 2, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil es - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - an einem Zulassungsgrund nach § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Ein solcher ist auch erforderlich, soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen einen ein Rechtsmittel als unzulässig verwerfenden Beschluss richtet (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22).
8
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Denn sämtliche von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Fragen sind bereits höchstrichterlich im Sinne der angefochtenen Entscheidung geklärt. Insbesondere hat das Berufungsgericht dem Antragsteller auch nicht den Zugang zur Beschwerdeinstanz aufgrund überspannter Anforderungen versagt (vgl. BGHZ 151, 221, 226 f.).
9
1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass das eine Beschwerdebegründung enthaltende Schreiben des Antragstellers vom 10. Dezember 2006 zwar als erneute Beschwerdeeinlegung angesehen werden kann, aber nicht geeignet war, die am 28. September 2006 abgelaufene Frist zur Einlegung der Beschwerde zu wahren. Zutreffend ist ferner, dass die Erklärung der Rücknahme der am 27. September 2006 eingelegten Beschwerde in der vorliegenden Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) gemäß § 78 Abs. 3 ZPO nicht dem Anwaltszwang unterlag und die Rücknahme eines Rechtsmittels grundsätzlich weder widerrufen noch angefochten werden kann (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2006 - XII ZB 71/04 - FamRZ 2007, 375). Insoweit erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
10
2. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde allein geltend, ein die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigender Rechts- und Verfahrensfehler des Beschwerdegerichts bestehe darin, dass es die Auslegungsbedürftigkeit der Rücknahmeerklärung nicht erkannt habe. Es sei für das Gericht und für die Beteiligte zu 2 offensichtlich gewesen, dass die Rücknahme nur für den - in Wirklichkeit nicht vorliegenden - Fall einer bereits eingetretenen Versäumung der Begründungsfrist habe erklärt werden sollen. Zumindest aber könne die Beteiligte zu 2 sich hier wegen des offensichtlichen Irrtums des Antragstellers nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf die Rücknahme der Beschwerde berufen. Die angefochtene Entscheidung verstoße daher gegen den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Artt. 2, 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG), demzufolge die Prüfung der materiellen Rechtslage, soweit irgend möglich, nicht beeinträchtigt werden dürfe.
11
a) Rücknahmeerklärungen unterliegen als Prozesshandlungen der uneingeschränkten Nachprüfung - auch auf ihre Auslegung hin - durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1996 - XII ZR 14/95 - FamRZ 1996, 1142). Dieses hat verfahrensrechtliche Erklärungen frei zu würdigen und dabei unter Heranziehung aller für das Beschwerdegericht erkennbaren Umstände und unter Beachtung der durch die gewählten Bezeichnungen bestehenden Auslegungsgrenzen darauf abzustellen, welcher Sinn ihnen aus objektiver Sicht beizumessen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZB 38/05 - MDR 2006, 1126 m.w.N.).
12
Hier hat das Beschwerdegericht jedoch zu Recht keinen Anlass gesehen , der Rücknahmeerklärung des Antragstellers einen vom Wortlaut abweichenden Sinn beizulegen. Die Formulierung "nehme ich die durch meine Verfahrensbevollmächtigte … eingelegte Beschwerde vom 27.09.2006 gegen den Beschluss des Amtsgericht Darmstadt, Familiengericht vom 23.08.06 (52 F 2260/04 UG) hiermit zurück", wobei das Wort "zurück" durch Fettdruck in der Mitte einer neuen Zeile hervorgehoben ist, ist aus objektiver Sicht eindeutig.
13
Die Erklärung der Rücknahme wird auch nicht durch die nachfolgende Begründung ("weil meine Verfahrensbevollmächtigte versäumt hat, die Beschwerde innerhalb der gesetzlichen Frist zu begründen") relativiert.
14
Zwar war für das Gericht und auch für die Beteiligte zu 2 offensichtlich, dass der Antragsteller einem Irrtum unterlag, soweit er davon ausging, die Begründungsfrist sei bereits versäumt. Dies stellt jedoch lediglich einen unbeachtlichen Motivirrtum dar, nicht jedoch einen Irrtum über den Inhalt oder die Tragweite seiner Rücknahmeerklärung.
15
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt auch eine Auslegung oder Umdeutung der Rücknahmeerklärung dahingehend, dass die Beschwerde nur für den Fall tatsächlich versäumter Begründungsfrist zurückgenommen werde, nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass eine solche Auslegung bereits angesichts des Wortlauts der Erklärung ("nehme ich … zurück, weil …" und nicht etwa: "nehme ich … zurück, falls …") fern liegt, wäre dies, wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, eine bedingte Rücknahme. Die Rücknahme eines Rechtsmittels ist aber bedingungsfeindlich; sie kann nicht einmal, was in Bezug auf andere Prozesshandlungen ausnahmsweise zulässig sein kann, von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht werden (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 1989 - IVb ZB 135/88 - FamRZ 1990, 147, 148 f. m.N.). Andernfalls könnte der Rechtsmittelkläger beispielsweise seine Erklärung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, in ein Hilfsverhältnis zu seinem Rechtsmittelantrag stellen und auf diese Weise eine ihm nachteilige rechtskraftfähige Entscheidung von vornherein vermeiden.
16
Ist aber eine bedingte Rücknahmeerklärung unzulässig und deshalb wirkungslos , verbietet sich eine solche Auslegung, weil sie dem wirklichen Willen der Partei, das Verfahren zu beenden, zuwiderliefe. Dies gilt auch dann, wenn dieser Wille - wie hier - auf einem Motivirrtum beruhte.
17
Aus den gleichen Gründen verbietet sich auch eine Umdeutung der erklärten Rücknahme in eine bedingte Rücknahme. Die Umdeutung einer Prozesshandlung in eine andere setzt nämlich stets voraus, dass sie als solche unwirksam ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2006 - XII ZB 176/03 - FamRZ 2007, 375), während die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer anderen , dem gleichen Zweck dienenden Prozesshandlung erfüllt sind (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2002 - XII ZB 46/02 - FuR 2002, 432; Senatsurteil vom 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - ZIP 2001, 305, 307 m.w.N.). Hier ist das Gegenteil der Fall: Die vom Antragsteller erklärte Rücknahme ist wirksam; als bedingte Rücknahme wäre sie es nicht.
18
c) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde ferner darauf, dass Verfahrensvorschriften kein Selbstzweck seien und die Klärung materieller Rechtsfragen möglichst nicht an Formalien scheitern solle. Denn die unwiderruflich verfahrensbeendende Wirkung der Rücknahme einer Klage oder eines Rechtsmittels ist kein Formalismus, sondern unerlässlich, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Prozesshandlungen der Parteien, die die Einleitung oder Beendigung eines Verfahrens betreffen, vertragen keinen Schwebezustand (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 1989 - IVb ZB 135/88 - FamRZ 1990, 147, 148 f. m.N.). Die Klärung materieller Rechtsfragen muss aufgrund der Parteimaxime zurückstehen, wenn die das Verfahren betreibende Partei ihren darauf gerichteten Antrag wirksam zurückgenommen hat.
19
d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde vermag auch der Grundsatz von Treu und Glauben hier keine andere Entscheidung zu rechtfertigen.
20
Lediglich für den Fall, dass eine durch einen Prozessbevollmächtigten erklärte Rücknahme zu dem wirklichen Willen des Rechtsmittelführers in Widerspruch stand und der Irrtum des Prozessbevollmächtigten, auf dem diese Erklärung beruhte, für den Rechtsmittelgegner und das Gericht offensichtlich war, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Gegner sich nach Treu und Glauben nicht auf die Rücknahme berufen kann und diese als unwirksam zu behandeln ist (BGH, Beschluss vom 21. März 1977 - II ZB 5/77 - VersR 1977, 574; vgl. auch Senatsbeschluss vom 2. Dezember 1987 - IVb ZB 125/87 - FamRZ 1988, 496).
21
Damit ist der vorliegende Fall indes nicht vergleichbar. Denn hier hat nicht ein Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter die Rücknahme entgegen dem wirklichen Willen des Rechtsmittelführers erklärt. Vielmehr hat der Antragsteller die Rücknahme selbst erklärt, und dies entsprach auch seinem wirklichen , wenn auch auf einem offensichtlichen Motivirrtum beruhenden Willen. In einem solchen Fall kann die Frage, ob das Verfahren durch die Rücknahme beendet wurde, entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht davon abhängig gemacht werden, ob dies bei vernünftiger Betrachtung aus der Sicht eines sachkundigen Dritten dem objektiven Interesse des Antragstellers entsprochen hätte. Denn andernfalls würde die Frage der Beendigung des Verfahrens letztlich von der Zulässigkeit des Rechtsmittels abhängen, die aber nur im Rahmen eines (noch) anhängigen Rechtsmittelverfahrens geprüft werden darf.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 23.08.2006 - 52 F 2260/04 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 02.05.2007 - 6 UF 200/06 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 71/04
vom
13. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Auslegung und Umdeutung einer Klagerücknahme in eine einseitige Erledigungserklärung
sowie zum Widerruf einer Klagerücknahme.

b) Ob der Kläger die Klage unverzüglich gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F.
zurückgenommen hat, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem er Kenntnis
von dem Wegfall des Klageanlasses erlangt hat (Anschluss an BGH Beschluss
vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03 - NJW-RR 2005, 217).
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2006 - XII ZB 71/04 - OLG Jena
LG Erfurt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2006 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 24. Februar 2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: bis 2.000 €

Gründe:


I.

1
Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm nach Klagerücknahme auf Antrag des Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind.
2
Der Kläger erhob am 11. Februar 2003 Klage, die dem Beklagten am 20. Februar 2003 zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 5. März 2003, der am 6. März 2003 bei Gericht eingegangen ist, teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, die Forderung sei am 3. März 2003 bezahlt worden und erklärte: "Vor diesem Hintergrund wird die Klage hiermit zurückgenommen und Antrag gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gestellt."
3
Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 27. März 2003 beantragt hatte , dem Kläger gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, widerrief der Kläger mit Schriftsatz vom 14. April 2003, gestützt auf eine analoge Anwendung des § 290 ZPO, die Klagerücknahme wegen Irrtums und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
4
Mit Beschluss vom 18. Juni 2003 legte das Landgericht dem Kläger gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auf. Die sofortige Beschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Fragen zugelassen, ob eine in Verkennung des tatsächlichen Vorliegens der Voraussetzungen des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO unter Hinweis auf diese Vorschrift erklärte Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung nach § 91 a ZPO umgedeutet werden könne , und ob eine erst nach Erhalt der nötigen Informationen seitens des Gerichtes erklärte Klagerücknahme stets noch "unverzüglich" im Sinne der Vorschrift erfolgt sei.
5
Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Kläger den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt werden.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
Das Beschwerdegericht hat dem Kläger, nachdem er die Klage zurückgenommen hatte, auf Antrag des Beklagten zu Recht gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
8
1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts konnte der Kläger die Klagerücknahme nicht wegen Irrtums analog § 290 ZPO widerrufen, da die Wirksamkeit einer Prozesshandlung von einem Irrtum des Handelnden nicht berührt werde. Eine Umdeutung bzw. Auslegung der Widerrufserklärung in eine Erledigungserklärung komme im Hinblick auf die Eindeutigkeit der abgegebenen Erklärung nicht in Betracht. Auch der Antrag des Klägers, dem Beklagten die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen, zeige, dass der Kläger die Klage habe zurücknehmen wollen. Denn Voraussetzung für diesen Kostenantrag sei die Klagerücknahme. Zwar deute der Antrag darauf hin, dass der Kläger von einem Wegfall des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit ausgegangen sei. Tatsächlich sei jedoch die Zahlung nach Zustellung der Klage an den Beklagten und damit nach Rechtshängigkeit erfolgt. Den Zeitpunkt der Zustellung habe der Kläger vor Abgabe seiner Klagerücknahmeerklärung über das Gericht in Erfahrung bringen können. Die vom Gesetz geforderte unverzügliche Rücknahme der Klage nach Wegfall des Klagegrundes sei so lange gewahrt, bis diese Auskunft vom Gericht erteilt worden sei. Das Gericht sei im Hinblick auf die Regelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO insoweit zur Auskunftserteilung verpflichtet.
9
2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Auslegung der in dem Schriftsatz vom 5. März 2003 enthaltenen Klagerücknahmeerklärung in eine Erledigungserklärung nicht in Betracht kommt.
10
Voraussetzung der Auslegung ist eine Auslegungsbedürftigkeit der Erklärung. Hat diese nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt, ist für eine Auslegung kein Raum (BGHZ 25, 318, 319). Das ist hier der Fall. Der Wortlaut der Erklärung "… wird die Klage hiermit zurückgenommen …" ist eindeutig. Der Wille zur Klagerücknahme wird durch den gleichzeitig gestellten Antrag, dem Beklagten die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen, bekräftigt.
Denn dieser Antrag setzt die Rücknahme der Klage voraus. Schließlich geht auch aus der Begründung des Widerrufs im Schriftsatz vom 14. April 2003 hervor , dass der Kläger die Klage zurücknehmen wollte, weil er davon ausging, die Zahlung des Beklagten sei vor Zustellung der Klage erfolgt.
11
3. Auch eine Umdeutung der Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung kommt nicht in Betracht. Zwar können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch Prozesshandlungen in entsprechender Anwendung des § 140 BGB umgedeutet werden (Senatsurteil vom 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - NJW 2001, 1217, 1218 m.w.N.). Die Umdeutung setzt aber stets eine unwirksame Parteihandlung voraus. Daran fehlt es hier. Die vom Kläger vor Beginn der mündlichen Verhandlung erklärte Klagerücknahme war wirksam. Lediglich sein Antrag, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen, war unbegründet, weil der Anlass zur Einreichung der Klage nicht vor, sondern erst nach Rechtshängigkeit weggefallen ist.
12
4. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Klagerücknahme nicht wegen Irrtums angefochten oder widerrufen werden kann.
13
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die für Willenserklärungen geltenden Vorschriften über Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit wegen Willensmängeln auf Prozesshandlungen weder direkt noch entsprechend anwendbar (BGHZ 80, 389, 392; Senatsurteil vom 8. Dezember 1993 - XII ZR 133/92 - NJW-RR 1994, 386, 387; BGH, Urteil vom 6. März 1985 - VIII ZR 123/84 - NJW 1985, 2335; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. vor § 128 Rdn. 288, 291 m.w.N.). Prozesshandlungen können nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Restitutionsgrundes im Sinne des § 580 ZPO oder soweit das Gesetz dies ausdrücklich gestattet, wie z.B. § 290 ZPO für das Geständnis, widerrufen werden (BGHZ 80, 389, 393 ff.; Stein-Jonas/Leipold aaO Rdn. 286 m.w.N.).
14
Eine analoge Anwendung des § 290 ZPO auf die Erklärung der Klagerücknahme ist im Hinblick auf den Ausnahmecharakter dieser Vorschrift ausgeschlossen. Darüber hinaus sind Geständnis und Klagerücknahme in ihrer verfahrensrechtlichen Bedeutung und Wirkung nicht vergleichbar. Das Geständnis betrifft den tatsächlichen Streitstoff, der im Regelfall die Grundlage der Sachentscheidung bildet. Die Klagerücknahme beendet die Rechtshängigkeit des Rechtsstreits, ohne dass es auf den tatsächlichen Streitstoff noch ankommt. Dem Gesichtspunkt der Wahrheitsfindung in Bezug auf den tatsächlichen Streitstoff, der letztlich der Regelung des § 290 ZPO zugrunde liegt, kommt insoweit keine Bedeutung zu (BGHZ aaO).
15
b) Da im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Restitutionsgrundes ersichtlich und auch nicht vorgetragen ist, konnte der Kläger die Klagerücknahme nicht wirksam widerrufen.
16
5. Die vom Beschwerdegericht weiter als grundsätzlich angesehene Frage , ob eine Klagerücknahme, die erst nach Mitteilung des Zustellungsdatums der Klage durch das Gericht erklärt werde, stets noch "unverzüglich" im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO sei, stellt sich nach Streichung des Wortes "unverzüglich" in der Vorschrift durch das 1. Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198 - 1. JuMoG) ab 1. September 2004 nicht mehr.
17
a) Für die Zeit davor hat der Bundesgerichtshof die Frage nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden (BGH Beschluss vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03 - NJW-RR 2005, 217). Danach ist für die Beurteilung, ob der Kläger die Klage unverzüglich zurückgenommen hat, an den Zeitpunkt anzuknüpfen , zu dem er davon Kenntnis erlangt hat, dass der Anlass zur Einreichung der Klage vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit weggefallen ist. Der Kläger muss folglich Kenntnis davon haben, dass die Zustellung der Klage nach Wegfall des Klagegrundes erfolgt ist. Erst dann obliegt es ihm, die Klage unverzüglich zurückzunehmen, um die Rechtsfolge des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F. auszulösen. Diese Kenntnis kann sich der Kläger durch Anfrage bei dem Gericht verschaffen.
18
b) Davon ist das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall zu Recht ausgegangen. Entgegen der Ansicht des Klägers musste er die Klage nicht sofort nach Kenntniserlangung vom Wegfall des Klagegrundes zurücknehmen, um "unverzüglich" im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F. zu handeln. Vielmehr konnte er zunächst bei dem Gericht Auskunft darüber einholen, ob und gegebenenfalls wann die Klage zugestellt worden ist.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 07.07.2003 - 3 O 298/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 24.02.2004 - 5 W 465/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 38/05
vom
15. März 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur eindeutigen Erklärung der Berufungsrücknahme.
BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZB 38/05 - OLG Hamm
LG Münster
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 15. März 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Juli 2005 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Streitwert: 125.000 €

Gründe:


1
I. Die Parteien streiten um die Erbberechtigung nach der 1991 verstorbenen Großmutter der Klägerin und Mutter der Drittwiderbeklagten.
2
Das Landgericht hat die Klage auf Feststellung der Alleinerbenstellung der Klägerin und Herausgabe des der Beklagten und der Drittwiderbeklagten erteilten gemeinschaftlichen Erbscheins abgewiesen. Die gegen die Klägerin gerichtete Widerklage auf Auskunft über die erzielten Mieteinnahmen aus dem Nachlassgrundstück hat es ebenfalls abgewie- sen. Der auch gegenüber der Drittwiderbeklagten erhobenen Widerklage auf Auskunftserteilung hat es stattgegeben.
3
Dagegen hat ihr damaliger gemeinsamer Prozessbevollmächtigter für die Klägerin und die Drittwiderbeklagte ("Namens der Berufungsklägerinnen" ) unter Vorlage einer Urteilsabschrift Berufung eingelegt. Im Eingang der Berufungsschrift ist die entsprechende jeweilige Parteibezeichnung mit "Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsklägerin" bzw. mit "Drittwiderbeklagte und Berufungsklägerin" aufgeführt.
4
In einem späteren Schriftsatz hat ihr Prozessbevollmächtigter erklärt : "… nehmen wir die namens der Klägerin und Drittwiderbeklagten zur Fristwahrung eingelegte Berufung hiermit zurück."
5
Auf Rückfrage der Berichterstatterin hat er anschließend mitgeteilt, seine vorgenannte Erklärung sei so zu verstehen, "dass die Berufung namens der Drittwiderbeklagten … zurückgenommen wurde. Die Berufung für die Klägerin und Widerbeklagte … ist nicht zurückgenommen worden".
6
Anschließend hat er die Berufung der Klägerin begründet.
7
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht ihre Berufung als unzulässig verworfen, weil auch "die namens der Klägerin" eingelegte Berufung wirksam zurückgenommen worden sei. Vor dem Hintergrund der verwandten Parteibezeichnungen sei die Rücknahmeer- klärung eindeutig dahin zu verstehen, dass die Klägerin und auch die Drittwiderbeklagte gemeint gewesen seien. Der fehlende Artikel vor "Drittwiderbeklagten" begründe keine Zweifel. Die objektiv nicht veranlasste Rückfrage ändere an der eindeutigen Berufungsrücknahme nichts. Es sei unzulässig, dieser Erklärung nachträglich - im Lichte der nachfolgenden Mitteilung des Prozessbevollmächtigten - einen anderen Sinn zu geben.
8
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
9
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (BGHZ 151, 42, 43; 221, 223; 155, 21, 22; BGH, Beschlüsse vom 22. November 2005 - XI ZB 43/04 - in juris dokumentiert - und vom 24. Juni 2003 - VI ZB 10/03 - NJW 2003, 2991 unter II), sind nicht erfüllt.
10
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Beschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht erforderlich.
11
Zutreffend 1. geht die Rechtsbeschwerde allerdings davon aus, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ein Eingreifen des Bundesgerichtshofs erfordert, wenn die angefochtene Entscheidung Verfahrensgrundrechte einer Partei - etwa auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) - verletzt und darauf beruht (BGHZ 154, 288, 296; 159, 135, 139 f. zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
12
2. Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier indes nicht vor. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht der Klägerin den Zugang zur Berufungsinstanz nicht aufgrund von überspannten Anforderungen versagt (vgl. hierzu BVerfGE 41, 323, 326 ff.; 41, 332, 334 ff.; 69, 381, 385; BVerfG NJW 2001, 2161, 2162; BGHZ 151, 221, 227 f.).
13
a) Rücknahmeerklärungen unterliegen als Prozesshandlungen der uneingeschränkten Nachprüfung - auch auf ihre Auslegung hin - durch das Revisionsgericht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1996 - XII ZR 14/95 - FamRZ 1996, 1142 unter 2). Dieses hat verfahrensrechtliche Erklärungen frei zu würdigen und dabei unter Heranziehung aller für das Berufungsgericht erkennbaren Umstände und unter Beachtung der durch die gewählten Bezeichnungen bestehenden Auslegungsgrenzen darauf abzustellen , welcher Sinn ihnen aus objektiver Sicht beizumessen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1979 - VI ZR 45/78 - VersR 1979, 373 unter II und Beschluss vom 16. Juli 1998 - VII ZB 7/98 - VersR 1998, 1529 unter 2; Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. § 546 Rdn. 11 m.w.N.).
14
b) Diese Nachprüfung ergibt, dass hier der Prozessbevollmächtigte auch die Rücknahme des von ihm für die Klägerin - und nicht nur des für die Drittwiderbeklagte - eingelegten Rechtsmittels erklärt hat.

15
Die Wirksamkeit einer Berufungsrücknahme setzt voraus - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeht -, dass sie, wenn auch nicht unbedingt ausdrücklich, so doch eindeutig erklärt wird. Der Rechtsmittelführer muss klar und unzweideutig zum Ausdruck bringen, dass er das Verfahren nicht mehr fortsetzen und ohne Entscheidung des Rechtsmittelgerichts beenden will (allgemeine Ansicht, vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. September 1987 - IVb ZB 59/86 - NJW-RR 1989, 195 unter II 2 und Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 315/94 - NJW-RR 1996, 885 unter II 2; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl. Aktualisierungsband § 516 Rdn. 9; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 516 Rdn. 4). Das war hier der Fall.
16
aa) DerProzessbevollmächtigte hat namens beider Berufungsklägerinnen "Berufung" eingelegt und unter Wiederholung der in der Berufungsschrift - in Übereinstimmung mit dem Rubrum der angefochtenen Entscheidung - zutreffend wiedergegebenen beiden Parteibezeichnungen - Klägerin und Drittwiderbeklagte - auch für beide das Rechtsmittel zurückgenommen. Bereits die Angabe der Parteibezeichnungen beider Rechtsmittelführer lassen an der gebotenen Klarheit keine Zweifel aufkommen , dass auch die Rücknahmeerklärung auf beide Rechtsmittel zu beziehen ist.
17
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dem Wortlaut des Schriftsatzes nicht zu entnehmen, dass nur "eine" Berufung zurückgenommen wurde, was dann nur die der Drittwiderbeklagten gewesen sein könne. Die Schriftsätze zur Einlegung wie zur Rücknahme führen nur die Rechtsmittelbezeichnung "Berufung" in der Einzahl auf. Für wen entsprechende prozessuale Erklärungen abgegeben werden sollten, muss sich dann notwendigerweise aus den darauf bezogenen Parteibezeichnungen ergeben. Es handelt sich - was auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt - um die Berufungen zweier Parteien aus verschiedenen Parteistellungen mit ganz unterschiedlichen Angriffszielen. Erst die zusätzliche Parteibenennung ermöglicht bei der gewählten Formulierung in den Schriftsätzen eine Zuordnung, die hier mit der erforderlichen Deutlichkeit bei Einlegung und Rücknahme erkennbar in gleicher Weise erfolgt ist.
18
Für eine irrtümliche Bezeichnung der Drittwiderbeklagten auch als "Klägerin" ist dem Rücknahmeschriftsatz nichts zu entnehmen. Erst recht wäre ein solcher Irrtum für Rechtsmittelgegner und Gericht nicht "ganz offensichtlich" gewesen. Nur in solchen Fällen kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aber in Betracht kommen, eine Rücknahme als unwirksam zu behandeln (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 1987 - IVb ZB 125/87 - BGHR ZPO § 515 Abs. 2 Erklärung 1 und 21. März 1977 - II ZB 5/77 - VersR 1977, 574; MünchKomm-ZPO/ Rimmelspacher, aaO). Dafür ist aber weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
19
bb) Es trifft ferner nicht zu, dass bei anderer Sicht der Dinge als der der Rechtsbeschwerde überhaupt keine Berufung zurückgenommen worden wäre. Im Gegenteil macht die Annahme einer nur auf die Drittwiderbeklagte beschränkte Rücknahmeerklärung wenig Sinn, weil diese dann der Beklagten Auskunft über den Nachlass zu geben hätte, auch wenn die Klägerin mit der begehrten Feststellung ihrer Alleinerbenstellung Erfolg haben würde. Die Angriffsinteressen der Klägerin und die der Drittwiderbeklagten sind insoweit gleichgerichtet, als beide jedwede erb- rechtliche Berechtigung der Beklagten verneinen. Eine rechtskräftig festgestellte Auskunftsverpflichtung der Drittwiderbeklagten trotz fehlender Nachlassbeteiligung der Beklagten ist deswegen nicht plausibel. Der Vorwurf der Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht habe rechtsirrig - gleichsam nur formal - auf Parteibezeichnungen abgestellt, ist mithin nicht haltbar.
20
cc) Das wird durch den unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten noch verstärkt, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin und der Drittwiderbeklagten habe ihr mit Schreiben unter dem Datum des Rücknahmeschriftsatzes erklärt, die fristwahrend eingelegte Berufung werde mit gleicher Post zurückgenommen. In einem anschließenden Telefongespräch mit ihrem Prozessvertreter habe er dann mitgeteilt, die Klägerin und ihre Mutter wollten nicht länger streiten und hätten vereinbart, eine wirtschaftliche Lösung zu erreichen.
21
Auch vor diesem Hintergrund geht die Rüge der Rechtsbeschwerde ins Leere, das Berufungsgericht habe sich rechtsirrig nur mit den Parteibezeichnungen befasst. Die erforderliche Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände lässt an der von ihm festgestellten Rücknahme beider Berufungen keine Zweifel. Die spätere anders lautende Interpretation seitens des Prozessbevollmächtigten - auf die vom Berufungsgericht zutreffend als nicht veranlasst angesehene Rückfrage seitens des Gerichts - konnte den eindeutigen Erklärungen nachträglich keinen anderen Sinn verleihen (vgl. Zöller/Greger, aaO vor § 128 Rdn. 25).
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 28.02.2005 - 11 O 452/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 19.07.2005 - 10 U 43/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 176/03
vom
13. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Kosten des abgeschlossenen selbständigen Beweisverfahrens werden
nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren von der Kostengrundentscheidung
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2006 - XII ZB 176/03 - OLG Frankfurt
LG Wiesbaden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2006 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, die Richter
Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 1. August 2003 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Beschwerdewert: 879,28 €.

Gründe:


I.

1
Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm in der Kostenentscheidung nach Klagerücknahme im Hauptsacheverfahren auch die den Beklagten im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt worden sind.
2
Der Kläger und sein inzwischen verstorbener von ihm allein beerbter Vater hatten mit den Rechtsvorgängern der Beklagten einen Pachtvertrag über ein Hotelrestaurant abgeschlossen. Nach dessen Beendigung leitete der Kläger gegen die Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren ein, um eine angebliche Wertsteigerung des Pachtobjekts durch von ihm und seinem Vater vorgenommene Umbauten feststellen zu lassen. Mit der nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens erhobenen Klage hat der Kläger, gestützt auf das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Sachverständigengutachten, von den Beklagten Zahlung in Höhe der angeblichen Wertsteigerung verlangt. Nach einem in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis des Gerichts auf die Aussichtslosigkeit der Klage hat er diese mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.
3
In einem Rechtsstreit mit umgekehrtem Rubrum hat der Kläger mit dem im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Anspruch hilfsweise die Aufrechnung erklärt.
4
Auf Antrag der Beklagten hat das Landgericht dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der den Beklagten im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Kostenentscheidung aufzuheben , soweit die Kosten des Beweisverfahrens dem vorliegenden Verfahren zugeordnet wurden. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

II.

5
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie hat aber im Ergebnis keinen Erfolg.
6
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in NJW-RR 2004, 70 veröffentlicht ist, meint, der Kostenausspruch nach einer Klagerücknahme erfasse auch ohne vorangegangene Fristsetzung zur Klageerhebung gemäß § 494 a ZPO analog die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, wenn - wie hier - die Parteien beider Verfahren und der Streitgegenstand identisch seien. Sinn und Zweck des § 494 a ZPO und die Interessenlage der Parteien geböten dessen entsprechende Anwendung. Der Regelung liege zugrunde, dass es zu einer unbilligen Härte für den Antragsgegner führen könne, wenn der Antragsteller nach der Durchführung des Beweisverfahrens von der Einleitung des Hauptverfahrens absehe und es deshalb zu keiner Kostengrundentscheidung über die Hauptsache und damit über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens komme. Für diesen Fall solle der Antragsgegner, der im selbständigen Beweisverfahren Kosten aufgewandt habe, so gestellt werden, als habe er in der Hauptsache obsiegt.
7
Die Interessenlage sei im vorliegenden Fall, in dem der Kläger von sich aus Klage erhoben, diese aber wieder zurückgenommen habe, vergleichbar. Der Antragsgegner habe, nachdem die Klage erhoben worden sei, jedenfalls zunächst keine Möglichkeit mehr, nach § 494 a ZPO vorzugehen, weil die Anordnung zur Klageerhebung voraussetze, dass eine Klage noch nicht anhängig sei. Durch die Rücknahme der Klage entfalle aber auch die Möglichkeit, dass im Rahmen des Hauptverfahrens über den sachlichen Streit und damit über die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen entschieden werde.
8
Zwar könne der Kläger nach der Klagerücknahme die Klage jederzeit erneut erheben und eine ihm inhaltlich günstige Entscheidung erwirken. Die Möglichkeit , dass der Antragsteller die dem Antragsgegner in einem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auch dann zu tragen habe, wenn er letztlich in einem Hauptverfahren sachlich obsiege, habe der Gesetzgeber aber mit der Regelung des § 494 a ZPO bewusst in Kauf genommen. Auch nach dieser Bestimmung wirke sich die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr auf die Kostenentscheidung aus, wenn der Antragsteller die ihm gesetzte Frist zur Klageerhebung versäumt habe.
9
Da es nach § 494 a ZPO nur darauf ankomme, ob der Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist eine Hauptsacheklage erhoben habe, sei es unbeachtlich , dass der Kläger mit dem Anspruch, der Gegenstand der zurückgenommenen Klage gewesen sei, in einem anderen Verfahren mit umgekehrtem Rubrum hilfsweise die Aufrechnung erklärt habe. Die Beklagten seien deshalb auch nicht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses gehindert gewesen, eine Anordnung nach § 494 a Abs. 1 ZPO zu erwirken. Denn bei der nur hilfsweise erklärten Aufrechnung stehe nicht einmal fest, ob es überhaupt zu einer Überprüfung des zur Aufrechnung gestellten Anspruchs komme. Dem Antragsgegner könne in einem solchen Fall nicht zugemutet werden mit der Festsetzung seiner Kosten abzuwarten.
10
2. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
Ob die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren von der Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst werden, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
12
a) Nach der bisher wohl überwiegenden Auffassung erstreckt sich die Kostengrundentscheidung nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren (§ 269 Abs. 3 Satz 2 und 3 ZPO) nicht auf die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Gebühren und Auslagen (OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 1028; OLG Köln BauR 2003, 290 und MDR 2002, 1391; OLG Koblenz NJW 2003, 3281, 3282; OLG München MDR 1999, 893 und NJW-RR 1998, 1078; OLG Schleswig JurBüro 1995, 36; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 64. Aufl. § 91 Rdn. 198; Musielak/Wolst ZPO 4. Aufl. § 91 Rdn. 65; Zöl- ler/Greger ZPO 26. Aufl. § 269 Rdn. 18 b). Zur Begründung wird ausgeführt: Eine Berücksichtigung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bei den Kosten des Hauptsacheverfahrens sei grundsätzlich nur möglich, wenn im Hauptsacheverfahren eine abschließende Entscheidung über den Streitgegenstand erfolge. Das sei bei der Klagerücknahme nicht der Fall. Denn der Rechtsstreit sei gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO als nicht anhängig geworden anzusehen. Der Kläger könne somit die zurückgenommene Klage erneut erheben und damit den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens erneut einführen. Erst in diesem Prozess werde dann über diejenigen Tatsachen und Beweisfragen sachlich mitentschieden, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens gewesen seien. Je nach Ausgang dieses Verfahrens und der dort getroffenen Kostengrundentscheidung fielen die Kosten des Beweisverfahrens dem Kläger oder dem Beklagten zur Last. Im Hinblick auf diese Möglichkeit könnten die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht von der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst werden.
13
Dem Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens sei es freilich unbenommen, zur Realisierung der ihm im dortigen Verfahren entstandenen Kosten eine Kostengrundentscheidung gemäß § 494 a ZPO im selbständigen Beweisverfahren zu erwirken. Einige Vertreter dieser Auffassung halten § 494 a ZPO für unmittelbar (OLG Köln BauR 2003, 290), einige für analog (Zöller /Herget aaO § 494 a Rdn. 4 a; Musielak/Huber aaO § 494 a Rdn. 4 a, 7 und Foerste § 269 Rdn. 23) anwendbar.
14
b) Eine andere - auch vom Beschwerdegericht vertretene Auffassung - geht davon aus, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens seien analog § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V. mit § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO dem Kläger mit der Kostengrundentscheidung nach Klagerücknahme aufzuerlegen, wenn keine Frist gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO gesetzt worden sei und die Parteien und der Streitgegenstand identisch seien (OLG Düsseldorf aaO 351; OLG Hamburg MDR 2002, 1093 lässt offen, ob § 494 a Abs. 2 ZPO analog oder § 269 Abs. 3 ZPO direkt anwendbar ist). Für diesen Fall liege eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die nach Sinn und Zweck des § 494 a ZPO und der Interessenlage der Beteiligten eine entsprechende Anwendung des § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO rechtfertige. Mit der Einfügung des § 494 a ZPO durch das am 1. April 1991 in Kraft getretene Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I 2847) habe eine Kostenlastentscheidung zugunsten des Antragsgegners ermöglicht werden sollen, wenn der Antragsteller kein Hauptsacheverfahren eingeleitet habe. Bei der Klagerücknahme werde zwar mangels einer Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache nicht über den sachlichen Streit der Parteien entschieden. Das stehe jedoch einer entsprechenden Anwendung des § 494 a Abs. 2 ZPO nicht entgegen, da der Gesetzgeber das Fehlen einer Sachentscheidung in den Fällen des § 494 a Abs. 2 ZPO bewusst hingenommen habe. Gleiches gelte für die in der fehlenden Entscheidung über den sachlichen Streit liegende Gefahr, dass in einem späteren Rechtsstreit zur Hauptsache eine inhaltlich abweichende Entscheidung ergehe, die eine von § 494 a Abs. 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung veranlasst hätte.
15
c) Nach einer weiteren Ansicht werden die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bei Klagerücknahme direkt von der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst, wenn die Parteien und der Streitgegenstand identisch sind (OLG Karlsruhe Beschluss vom 17. Januar 2005 - 15 W 22/04 - Juris in der Rechtsbeschwerde vom Bundesgerichtshof Beschluss vom 21. Juli 2005 - VII ZB 44/05 - ZfBR 2005, 360 insoweit offen gelassen; OLG Stuttgart Rechtspfleger 1988, 117; OLG Celle JurBüro 1984, 1581; MünchKomm /Schreiber ZPO 2. Aufl. § 494 a Rdn. 1; MünchKomm/Lüke aaO § 269 Rdn. 51; Schreiber NJW 1991, 2600, 2602; Hansens NJW 1991, 953, 958). Zur Begründung wird ausgeführt, nach Klageerhebung sei für eine Anwendung von § 494 a ZPO kein Raum mehr. Von diesem Zeitpunkt an seien vielmehr die allgemeinen Regeln über die Kostentragungspflicht, wie § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO bei Klagerücknahme und § 91 ZPO bei Klageabweisung, anwendbar. Zu den danach festzusetzenden Kosten des Rechtsstreits gehörten die Kosten des vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens ebenso wie die Kosten einer im Hauptsacheverfahren durchgeführten Beweisaufnahme. Der Einwand der Gegenansicht, eine Zuordnung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zum Hauptsacheprozess sei nur möglich, wenn in dem Rechtsstreit eine abschließende Entscheidung getroffen werde, greife nicht. Er finde weder im Gesetz eine Stütze, noch werde er durch die Erwägung gerechtfertigt, das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens könne in einem erneuten Verfahren verwertet und dort je nach Umfang des Obsiegens oder Unterliegens berücksichtigt werden. Denn auch bei einer Beweiserhebung im Hauptprozess, der durch Klagrücknahme beendet worden sei, sei es stets möglich, dass die Ergebnisse der Beweiserhebung in einem erneuten Hauptprozess benutzt und verwertet würden, ohne dass sich dies dort kostenrechtlich auswirke.
16
Der Fall einer Klagerücknahme werde darüber hinaus vom Wortlaut des § 494 a Abs. 2 ZPO nicht erfasst. Die Vorschrift könne auch nicht dahin ausgelegt werden, dass sie diesen Fall regele. Denn sie sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und deshalb auf die Fälle zu beschränken, in denen der Antragsteller keine Klage erhoben habe.
17
Für eine analoge Anwendung von § 494 a Abs. 2 ZPO bestehe kein Bedürfnis , weil die Kosten der Beweissicherung bei Klagerücknahme im Hauptverfahren bereits von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst würden.
18
3. Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.
19
a) Die Kostenentscheidung nach Rücknahme der Klage folgt aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Danach trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits. Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören grundsätzlich die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten, wenn die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptprozesses identisch sind (st. Rspr. BGHZ 132, 96, 104; BGH Beschlüsse vom 9. Februar 2006 - VII ZB 59/05 - NJW-RR 2006, 810; vom 21. Juli 2005 - VII ZB 44/05 - aaO; vom 22. Juli 2004 - VII ZB 9/03 - BauR 2004, 1809; vom 24. Juni 2004 - VII ZB 11/03 - NJW 2004, 3121; vom 24. Juni 2004 - VII ZB 34/03 - BauR 2004, 1487).
20
Die Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens beruht darauf, dass gemäß § 493 Abs. 1 ZPO die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleichsteht, wenn sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, berufen hat.
21
b) Die Rücknahme der Hauptsacheklage ändert an der einmal begründeten Zugehörigkeit der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens nichts.
22
aa) Insbesondere bedarf es zur Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens keiner abschließenden Entscheidung über den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren.
23
Der von der Gegenansicht angeführte Grundsatz, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens dürften nur dann der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren folgen, wenn in diesem Verfahren über den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens entschieden werde, besteht nicht. Vielmehr gilt der Grundsatz, dass über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens stets im Hauptsacheverfahren zu entscheiden ist und nur ausnahmsweise, wenn trotz Fristsetzung keine Hauptsacheklage erhoben worden ist, eine Kostenentscheidung gemäß § 494 a ZPO ergehen darf (BGH Beschluss vom 24. Juni 2004 - VII ZB 11/03 - aaO). § 494 a ZPO ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck weder direkt noch analog anwendbar, wenn die Klage im Hauptsacheverfahren zurückgenommen wird und die Parteien und der Streitgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens identisch sind. Sinn und Zweck des § 494 a ZPO ist es, die Lücke zu schließen, die entsteht , wenn der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens nach der Beweisaufnahme auf eine Hauptsacheklage verzichtet. Der Antragsteller soll dadurch nicht der Kostenpflicht entgehen, die sich bei Abweisung einer solchen Klage ergeben würde. Als Ausnahmevorschrift ist § 494 a ZPO eng auszulegen. Er ist deshalb grundsätzlich auf die Fälle zu beschränken, in denen der Antragsteller keine Klage erhoben hat (BGH Beschluss vom 24. Juni 2004 - VII ZB 11/03 - aaO m.w.N.). Soweit es heißt (s. BT-Drucks. 11/8283, 48), die Formulierung solle auch die Fälle erfassen, in denen die Klage zurückgenommen worden sei, findet diese Auffassung nach einhelliger Ansicht im Wortlaut des § 494 a ZPO keinen hinreichenden Ausdruck (BGH Beschluss vom 22. Mai 2003 - VII ZB 30/02 - NJW-RR 2003, 1240,1241; Hansens aaO; Schreiber aaO 2602; Zöller/Herget aaO § 494 a Rdn. 4 a). Sie steht auch nicht in Einklang mit dem Ziel des § 494 a ZPO, eine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nur ausnahmsweise für den Fall zu ermöglichen, dass keine Hauptsacheklage erhoben worden ist.
24
Eine sachbezogene abschließende Entscheidung in der Hauptsache ist schließlich auch nicht deshalb Voraussetzung für eine Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, weil der Kläger nach einer Klagerücknahme erneut Klage erheben kann und die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens dort entsprechend der Entscheidung in der Hauptsache aufgeteilt werden können. Gleiches gilt für die Kosten einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht. Auch diese Kosten bleiben nach Klagerücknahme Kosten des Rechtsstreits, obwohl das Beweisergebnis in einem späteren über denselben Streitgegenstand geführten Prozess von den Parteien erneut verwertet werden kann.
25
Auch die Fiktion des § 269 Abs. 3 ZPO, wonach der Rechtsstreit bei Klagerücknahme als nicht anhängig geworden anzusehen ist, kann an der Zugehörigkeit der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten der Hauptsache nichts ändern. Denn der Rechtsstreit bleibt wegen der Kosten anhängig (§ 269 Abs. 3 Satz 2 Abs. 4, 5 ZPO). Die bis dahin entstandenen Kosten werden von der Kostenentscheidung deshalb stets umfasst (vgl. BGH Beschluss vom 13. Mai 2004 - V ZB 59/03 - NJW 2004, 2309,2310; OLG Celle aaO).
26
bb) Gegen eine getrennte Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren nach § 269 Abs. 3 ZPO und im selbständigen Beweisverfahren gemäß § 494 a ZPO in Fällen der vorliegenden Art spricht darüber hinaus der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung. Diesem Grundsatz wird auch in den Fällen Rechnung getragen, in denen die Hauptsacheklage hinter dem Verfahrensgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens zurückbleibt und deshalb über einen Teil des selbständigen Beweisverfahrens keine Entscheidung getroffen wird. Auch in diesen Fällen sind die gesamten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens Kosten des Hauptsacheverfahrens, obwohl nur über einen Teil sachlich entschieden wird und über den nicht rechtshängig gemachten weiteren Teil in einem anderen Prozess entschieden werden kann (BGH Beschlüsse vom 22. Juli 2004 aaO, vom 24. Juni 2004 - VII ZB 11/03 - aaO, vom 9. Februar 2006 aaO). Gleiches gilt für den Fall, dass das Beweisergebnis des selbständigen Beweisverfahrens bei der Entscheidung insgesamt oder teilweise nicht verwertet worden ist (BGH Beschlüsse vom 22. Mai 2003 aaO, vom 24. Juni 2004 - VII ZB 34/03 - aaO).
27
4. Ausgehend von diesen Grundsätzen werden im vorliegenden Fall die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO erfasst. Die Parteien und der Streitgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens sind identisch. Der Kläger hat sich zur Begründung der Klage auf das selbständige Beweisverfahren berufen, dessen Akten von dem Landgericht beigezogen worden sind.
28
5. Die von dem Kläger im Rechtstreit mit umgekehrtem Rubrum erklärte Hilfsaufrechnung mit Ansprüchen, die auch Gegenstand der vorliegenden Klage sind, lässt die Zuordnung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des vorliegenden Hauptverfahrens unberührt. Wie oben dargelegt entfällt die Zugehörigkeit der Kosten nicht dadurch, dass in einem anderen Rechtsstreit möglicherweise eine Sachentscheidung über den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens ergeht.
Hahne Weber-Monecke Fuchs Ahlt Vézina
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 26.05.2003 - 1 O 97/02 -
OLG Frankfurt, Entscheidung vom 01.08.2003 - 19 W 29/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 46/02
vom
17. April 2002
in dem Prozeßkostenhilfeverfahren
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. April 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dr. Ahlt

beschlossen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht Oldenburg zur weiteren Behandlung zurückgegeben.

Gründe:

Das Landgericht hat die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 17. Januar 2001, mit dem diesem Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin versagt worden war, durch Beschluß vom 17. Januar 2002 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich das als weitere Beschwerde bezeichnete und beim Landgericht eingelegte Rechtsmittel des Antragstellers. Das Oberlandesgericht hat die Sache dem Bundesgerichtshof mit der Begründung vorgelegt, gegen eine nach dem 1. Januar 2002 ergangene Beschwerdeentscheidung des Landgerichts komme nur die Rechtsbeschwerde in Betracht. Dies rechtfertigt die Vorlage nicht. Der Umstand, daß die Rechtsmittel der sofortigen und der weiteren Beschwerde gegen im zweiten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Land-
gerichte nach der hier anzuwendenden Neufassung der Zivilprozeûordnung nicht mehr gegeben sind (§ 567 Abs. 1 ZPO), rechtfertigt es nicht, ein gleichwohl als sofortige und/oder weitere Beschwerde bezeichnetes unstatthaftes Rechtsmittel in eine ebenfalls unstatthafte Rechtsbeschwerde umzudeuten. Abgesehen davon, daû das Rechtsmittel nicht beim Rechtsbeschwerdegericht eingelegt wurde (§ 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO), sondern beim Landgericht, und die Rechtsmittelschrift auch nicht die Erklärung enthält, daû Rechtsbeschwerde eingelegt werde (§ 575 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO), kommt hier eine Umdeutung in entsprechender Anwendung des § 140 BGB schon deshalb nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen einer anderen, dem gleichen Zweck dienenden Prozeûhandlung nicht erfüllt sind (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - NJW 2001, 1217, 1218; Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. Einleitung III Rdn. 20). Als Rechtsbeschwerde wäre das vorliegende Rechtsmittel nämlich offensichtlich unstatthaft, weil das Beschwerdegericht sie in seinem Beschluû nicht zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), und im übrigen unzulässig, weil sie
nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt wurde (§ 78 Abs. 1 ZPO; vgl. Zöller/Gummer ZPO 23. Aufl. § 575 Rdn. 4).
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 219/98 Verkündet am:
6. Dezember 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Umdeutung eines Rechtsmittels, das der Rechtsmittelkläger eingelegt hat in der
irrtümlichen Annahme, er sei im Wege der Rechtsnachfolge - hier: im Wege einer
Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG - Partei geworden, in einen Beitritt als Nebenintervenient
verbunden mit dem Einlegen des Rechtsmittels in dieser Eigenschaft.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - OLG Bamberg
LG Würzburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und
die Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Berufungsklägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 18. Mai 1998 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Geschäftsführer der Klägerin überließ der Klägerin ein ihm gehörendes Grundstück zur Nutzung, auf dem die Klägerin mehrere Betriebs- und Bürogebäude errichtete. Im Jahre 1984 mietete die beklagte T. B. AG einen Teil der Gewerberäume an. Der Mietvertrag wurde auf Vermieterseite von dem Geschäftsführer der Klägerin unterschrieben, die Parteien streiten aber darüber, ob er persönlich oder die Klägerin Vertragspartner der T. B. AG geworden ist.
Eine Anlage zum Mietvertrag enthielt Angaben über die durchzuführenden Schönheitsreparaturen. In dem Mietvertrag war geregelt, daß das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses "gleichwertig renoviert" zurückzugeben sei. Das Mietobjekt wurde am 31. Mai 1994 nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückgegeben. Mit der Klage macht die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend wegen nach ihrer Behauptung nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen , außerdem verlangt sie für neun Monate eine Mietausfallentschädigung. Das Landgericht hat die beklagte T. B. AG unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an die Klägerin 79.490 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Nachdem die vorliegende Klage bereits rechtshängig war, sind Unternehmensteile der beklagten T. B. AG im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die T. B. KG Brauereibetriebsgesellschaft übertragen worden. Gegen das landgerichtliche Urteil ging eine Berufung ein, in der die T. B. KG als Beklagte und Berufungsklägerin bezeichnet und geltend gemacht wird, die T. B. KG sei aufgrund des Spaltungs- und Übernahmevertrages Rechtsnachfolgerin der T. B. AG und deshalb ohne weiteres Partei des vorliegenden Rechtsstreits geworden. Das Rubrum solle entsprechend berichtigt werden. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen haben die T. B. AG und die T. B. KG Revision eingelegt, mit der sie eine Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache erreichen wollen.

Entscheidungsgründe:

Die sowohl von der T. B. AG als auch von der T. B. KG eingelegte Revision, die als einheitliches Rechtsmittel zu behandeln ist, führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht führt aus, die T. B. KG könne nicht als Rechtsnachfolgerin der T. B. AG angesehen werden, weil ein Teil der Vermögensgegenstände der AG bei dieser verblieben sei und die AG somit weiterbestehe. Im Gegensatz zu dieser Rechtslage habe die T. B. KG in ihren Schriftsätzen unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, sie betrachte sich als Partei des Rechtsstreits und habe in dieser Eigenschaft Berufung eingelegt. Es handele sich somit um ein Rechtsmittel einer an dem Prozeß nicht beteiligten Gesellschaft. Das Vorbringen der T. B. KG könne auch nicht dahin umgedeutet werden, daß sie im Wege der Nebenintervention auf seiten der T. B. AG dem Rechtsstreit beitreten und als Nebenintervenientin Berufung einlegen wolle. Die T. B. KG habe nämlich klar zum Ausdruck gebracht, daß sie nicht "als Dritte einem zwischen zwei anderen geführten Rechtsstreit beitreten" wolle. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten einer rechtlichen Überprüfung stand. 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufungsschrift sei dahin zu verstehen, daß nicht die T. B. AG, sondern die T. B. KG das Rechtsmittel eingelegt habe, und zwar als Partei, weil sie die Ansicht vertreten habe, sie sei aufgrund der Ausgliederung Rechtsnachfolgerin der T. B. AG geworden und in
dieser Eigenschaft anstelle der T. B. AG als beklagte Partei in den Rechtsstreit eingetreten. Zwar kann der Senat, weil es sich um die Auslegung einer Prozeßerklärung handelt, das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis ohne Einschränkung überprüfen (Senatsurteil vom 5. Mai 1993 - XII ZR 124/92 - NJW-RR 1993, 1091, 1092 m.N.). Die Auslegung des Berufungsgerichts ist jedoch zutreffend. Aus der Berufungsschrift ergibt sich nicht, daß die T. B. AG an dem Entschluß, Berufung einzulegen, überhaupt beteiligt und daß sie bereit war, das mit der Durchführung eines Rechtsmittels verbundene Kostenrisiko zu übernehmen. 3. Nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die T. B. KG sei nicht als Rechtsnachfolgerin der T. B. AG Partei des vorliegenden Rechtsstreits geworden. Welche prozessualen Auswirkungen eine Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung oder Ausgliederung) nach § 123 UmwG auf einen noch anhängigen Rechtsstreit des übertragenden Rechtsträgers haben kann, ist bisher noch nicht in Einzelheiten geklärt (vgl. zu dem Problem Karsten Schmidt in Festschrift für Henkel, 1995, 749, 769 ff. m.N.; ders. Handelsrecht, 5. Aufl. 1999, § 8 I 7 = S. 238). Zur Entscheidung des vorliegenden Falles ist eine umfassende Klärung dieses Problemkreises nicht erforderlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG und um einen s ogenannten Passivprozeß des übertragenden Rechtsträgers - der T. B. AG -, in dem gegen diesen ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wurde. Jedenfalls in dieser Fallkonstellation kommt ein ipso-jure-Eintreten des übernehmenden Rechtsträgers in den Prozeß im Wege der Rechtsnachfolge nicht in Betracht. Zwar wird in der Literatur auch im Zusammenhang mit der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG zu-
nehmend von "partieller Gesamtrechtsnachfolge" oder "geteilter Gesamtrechtsnachfolge" gesprochen (vgl. Teichmann in Lutter [Hrsg.], Umwandlungsgesetz , 2. Aufl. 2000 § 123 Rdn. 8 und 9 mit zahlreichen Nachweisen). Diese Bezeichnung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich jedenfalls bei der Ausgliederung nicht um den Übergang des gesamten Vermögens eines untergegangenen Rechtsträgers handelt, sondern um eine besondere Übertragungsart , die es gestattet, statt der Einzelübertragung verschiedener Vermögensgegenstände eine allein durch den Parteiwillen zusammengefaßte Summe von Vermögensgegenständen (einschließlich der Verbindlichkeiten: § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) in einem Akt zu übertragen (Teichmann aaO Rdn. 10 m.N.). Aus dem Umstand, daß das Gesetz diese Art der Übertragung möglich gemacht hat, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß diese Art der Übertragung prozessual andere Folgen hat als eine Einzelübertragung. Im vorliegenden Fall hat die T. B. KG im Zusammenhang mit der Ausgliederung eine gegen die T. B. AG bereits eingeklagte Verbindlichkeit übernommen. Dem würde bei einer Einzelübertragung eine Schuldübernahme entsprechen. Bei einer Schuldübernahme während des Prozesses käme ein Eintreten des übernehmenden Schuldners im Wege der Rechtsnachfolge nicht in Betracht. In der Literatur ist lediglich erörtert worden, ob im Falle der befreienden Schuldübernahme der Prozeß in analoger Anwendung des § 265 ZPO gegen den alten Schuldner mit Wirkung für den neuen Schuldner weitergeführt werden kann. Auch dies hat der Bundesgerichtshof jedoch abgelehnt (BGHZ 61, 140 f.) mit der Folge, daß der Kläger mit Rücksicht auf die privative Schuldübernahme die Klage zurücknehmen, die Hauptsache für erledigt erklären oder von sich aus für einen Parteiwechsel auf der Beklagtenseite sorgen muß (BGHZ aaO S. 144; vgl. auch in einer Anmerkung zu dieser Entscheidung Karsten Schmidt, JuS 1977, 411). Das Bundesarbeitsgericht hat seine abwei-
chende Ansicht hierzu in einer Entscheidung zum Betriebsübergang nach § 613 a BGB ausdrücklich mit Besonderheiten des Arbeitsrechts begründet (BAG, Urteil vom 15. Dezember 1976 - 5 AZR 600/75 - AP Nr. 1 zu § 325 ZPO = BB 1977, 395, 396). Auch das Bundesarbeitsgericht hat aber keinen Parteiwechsel angenommen, sondern lediglich die Fortsetzung des Prozesses gegen den alten Beklagten in analoger Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO für zulässig erachtet (vgl. hierzu Zeuner, Festschrift für Schwab, 1990, S. 575 ff.). Eine kumulative Schuldübernahme führt erst recht nicht zu einem Parteiwechsel in einem anhängigen Prozeß. Das Berufungsgericht hat zutreffend und in der Revisionsinstanz nicht angegriffen ausgeführt, daß bei der Ausgliederung der übertragende Rechtsträger fortbesteht und daß für seine vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung entstandenen Verbindlichkeiten er und der übernehmende Rechtsträger als Gesamtschuldner haften (§ 133 Abs. 1 Satz 1 UmwG). Die Ausgliederung hindert die Klägerin somit nicht, ihren Anspruch nach wie vor (auch) gegen den übertragenden Rechtsträger - die T. B. AG - geltend zu machen. Dann muß es ihr aber auch möglich sein, den bereits anhängigen Prozeß gegen diesen Rechtsträger weiter zu betreiben. Die Ausgliederung kann nicht zur Folge haben, daß der Gläubiger, dem nun als Gesamtschuldner neben dem alten Schuldner ein neuer Schuldner haftet, gezwungen ist, den wegen dieses Anspruchs bereits rechtshängigen Prozeß nur noch gegen den neuen Schuldner weiterzuverfolgen. Da die T. B. KG in erster Instanz nicht Partei war und auch nicht als Rechtsnachfolgerin der beklagten T. B. AG Partei geworden ist, konnte sie nicht als Partei Berufung einlegen.
4. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts kann die Berufungsschrift aber dahin umgedeutet werden, daß die T. B. KG dem Rechtsstreit auf seiten der beklagten T. B. AG als Nebenintervenientin beigetreten ist und in ihrer Eigenschaft als Nebenintervenientin Berufung eingelegt hat. § 66 Abs. 2 ZPO bestimmt ausdrücklich, daß der Beitritt als Nebenintervenient auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels erfolgen kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt in entsprechender Anwendung des § 140 BGB auch im Verfahrensrecht der Grundsatz, daß eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige, wirksame und vergleichbare umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (Senatsurteil vom 1. Juni 1983 - IVb ZR 365/81 - FamRZ 1983, 892, 893 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 1. Oktober 1986 - IVb ZB 83/86 - BGHR BGB § 140 Verfahrensrecht 1; vgl. auch Lüke in Münchner Kommentar ZPO Einl. Rdn. 281; BGH, Beschluß vom 6. März 1986 - I ZB 12/85 - VersR 1986, 785, 786; Zöller/Gummer, ZPO 22. Aufl. vor § 511 Rdn. 35; Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. Einl. III Rdn. 20). Diese Voraussetzungen für eine Umdeutung sind vorliegend gegeben. Die T. B. KG wollte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung einlegen, weil sie aufgrund der Ausgliederung für den der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch im Außenverhältnis als Gesamtschuldnerin, im Innenverhältnis allein haftete. Aus den dargelegten Gründen konnte sie nicht als Partei Berufung einlegen. Dagegen konnte sie ohne weiteres als Nebenintervenientin dem Rechtsstreit beitreten und in dieser Eigenschaft Berufung einlegen. Die Voraussetzungen für einen Beitritt als Nebenintervenientin
sind erfüllt. Daß die T. B. KG im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse daran hatte, daß die Klage auf eine Berufung hin insgesamt abgewiesen würde, ergibt sich aus ihrer Haftung für die eingeklagte Forderung. Aus der Sicht der T. B. KG war es gleichgültig, ob sie als Partei oder als Nebenintervenientin Berufung einlegen würde. Daß sie es als Partei getan hat, beruhte lediglich darauf, daß sie die - nicht ganz einfach zu beurteilende - rechtliche Situation falsch eingeschätzt hat. Hätte sie erkannt, daß sie nicht Partei des Prozesses geworden ist, hätte sie vernünftigerweise ihren Beitritt als Streithelferin der beklagten T. B. AG erklärt. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, eine Umdeutung komme wegen des eindeutigen Wortlautes der Berufungsschrift nicht in Betracht. Wäre der Berufungsschrift im Wege der Auslegung zu entnehmen, daß die T. B. KG dem Rechtsstreit im Grunde als Nebenintervenientin habe beitreten wollen, käme eine Umdeutung gar nicht in Betracht, weil die Möglichkeit einer Auslegung in eine zulässige Prozeßerklärung der Umdeutung einer unzulässigen Prozeßerklärung in eine zulässige grundsätzlich vorgeht. Zwar hat die Berufungsklägerin im Verlauf des Berufungsverfahrens dezidiert die Ansicht vertreten, die Berufung sei von der T. B. AG eingelegt worden. Daraus kann man jedoch nicht schließen, eine Umdeutung in eine Berufung der T. B. KG als Nebenintervenientin widerspreche dem ausdrücklichen Willen der Berufungsklägerin, was eine Umdeutung ausschließen würde (zu dem Ausschluß der Umdeutung einer materiell-rechtlichen Erklärung in einem solchen Falle vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 1970 - V ZR 42/68 - NJW 1971, 420 m.N.). Die Berufungsklägerin hat diese Ansicht nämlich erkennbar nur vertreten, weil das Gericht die von ihr in erster Linie angestrebte Rubrumsberichtigung abgelehnt hat, weil sie an die Möglichkeit einer Umdeu-
tung nicht gedacht hat und weil sie deshalb befürchten mußte, die Berufung werde als unzulässig verworfen, wenn sie als Berufung der KG und nicht der AG angesehen werde. Anhaltspunkte dafür, daß die Berufungsklägerin entgegen ihren Interessen einer entsprechenden Umdeutung widersprochen hätte, wenn sie - z.B. auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts hin - an eine solche Umdeutung gedacht hätte, sind nicht ersichtlich. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin steht der Zulässigkeit der Umdeutung nicht entgegen. Das Interesse der Klägerin an einer Ablehnung der Umdeutung geht nicht hinaus über das Interesse jeder in erster Instanz siegreichen Partei daran, daß das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig wird. Dieses Interesse reicht nicht aus, um es aus Sicht der Klägerin als unzumutbar erscheinen zu lassen, daß im Wege der Umdeutung des von der T. B. KG eingelegten Rechtsmittels eine Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache herbeigeführt wird. 5. Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es auf die zulässige Berufung der Nebenintervenientin hin die notwendigen tatsächlichen Feststellungen nachholen und in der Sache über die Berufung entscheiden kann. Blumenröhr Krohn Gerber Sprick Weber-Monecke