Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2017 - IX ZB 34/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:260117BIXZB34.16.0
bei uns veröffentlicht am26.01.2017
vorgehend
Amtsgericht Bremen, 13 C 232/11, 25.06.2014
Landgericht Bremen, 4 S 236/14, 05.04.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 34/16
vom
26. Januar 2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass einem ersten Antrag
auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stattgegeben wird, sofern er
erhebliche Gründe wie Arbeitsüberlastung oder Urlaubsabwesenheit dargelegt
hat.
ZPO § 233 Abs. 1 Satz 1 B, C
Der Rechtsanwalt muss sich nicht darüber vergewissern, ob seinem erstmaligen
Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stattgegeben wurde,
wenn er nach dem Inhalt der mitgeteilten Gründe auf eine Verlängerung vertrauen
durfte.
BGH, Beschluss vom 26. Januar 2017 - IX ZB 34/16 - LG Bremen
AG Bremen
ECLI:DE:BGH:2017:260117BIXZB34.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Möhring und die Richter Dr. Schoppmeyer und Meyberg
am 26. Januar 2017
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 5. April 2016 in der Fassung vom 22. Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bleiben außer Ansatz (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Der Streitwert wird auf 1.048,15 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die klagende Versicherungsgesellschaft nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Erstattung von Vorschusszahlungen in Anspruch, die sie an ihn für die Vertretung einer Versicherungsnehmerin in einem gerichtlichen Verfahren entrichtet hatte. Das Amtsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 25. Juni 2014 zur Zahlung von 1.048,15 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Kosten von 98,55 € verurteilt. Gegen das ihm am 7. Juli 2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 5. August 2016, der am selben Tag bei dem Landgericht Bremen eingegangen ist, Berufung eingelegt. Durch am 4. September 2014 verfassten und dem Landgericht zugegangenen Schriftsatz hat er unter Hinweis auf urlaubsbedingte Abwesenheit und damit einhergehende Arbeitsüberlastung beantragt, die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat zu verlängern. Schließlich hat der Kläger mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2014, ebenfalls an diesem Tage bei dem Landgericht eingegangen, die Berufung begründet und die Abweisung der Klage beantragt. Das Landgericht hat den Parteien durch Hinweisbeschluss vom 8. Juni 2015 mitgeteilt, dass es die Berufung des Beklagten als begründet erachte, und den Abschluss eines Vergleichs vorgeschlagen.
2
Durch Verfügung vom 8. März 2016 hat der Vorsitzende der Berufungskammer den Beklagten dahin unterrichtet, dass der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht bewilligt worden sei, weil sich die Akte noch bei dem Amtsgericht befunden habe. Folglich sei die Berufung nicht rechtzeitig begründet worden. Diese Verfügung ist dem Beklagten am 29. März 2016 zugegangen. Mit am 7. April 2016 verfassten und beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte einen Antrag auf Wiedereinsetzung inden vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt und begründet. Zwischenzeitlich hat das Landgericht die Berufung des Beklagten durch Beschluss vom 5. April 2016 als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieser verbietet es, einer Partei den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz aufgrund von Anforderungen zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen die Partei auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen musste (BGH, Beschluss vom 15. März 2005 - VI ZB 83/04, NJW-RR 2005, 792 mwN).
4
1. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Berufung des Beklagten sei unzulässig, weil sie nicht fristgerecht begründet worden sei. Da die Berufungsbegründungsfrist nicht verlängert worden sei, sei die Frist zur Begründung der Berufung mit Ablauf des 7. September 2014 verstrichen. Binnen dieser Frist sei keine Berufungsbegründung eingegangen. Vielmehr sei die Berufungsbegründung erst nach Fristablauf am 7. Oktober 2014 eingereicht worden.
5
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
6
a) Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass die Berufung des Beklagten nur dann wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen werden durfte, wenn sein Antrag auf Verlängerung dieser Frist abgelehnt worden war (BGH, Beschluss vom 3. Februar 1988 - IVb ZB 19/88, NJW-RR 1988, 581; vom 5. April 2001 - VII ZB 37/00, NJW-RR 2001, 931; vom 15. März 2005, aaO). Über die beantragte Fristverlängerung hat gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO der Vorsitzende des Berufungsspruchkörpers zu entscheiden. An einer ablehnenden - ebenso wie einer stattgebenden - Entscheidung fehlt es indessen.
7
Eine Entscheidung über den Verlängerungsantrag ist durch den Vorsitzenden nicht ergangen. Entsprechend seiner Mitteilung vom 8. März 2016 ist die beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht bewilligt worden , weil sich die Akte nach Eingang des Antrags noch bei dem Amtsgericht befunden hat. Demgemäß hat der Vorsitzende zwar keine Fristverlängerung gewährt, diese aber auch nicht abgelehnt. In dem Hinweis, dass dem Antrag nicht entsprochen worden sei, liegt keine Ablehnung der begehrten Fristverlängerung (BGH, Beschluss vom 15. März 2005, aaO S. 793). Eine Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung einer Berufungsbegründungsfrist kann grundsätzlich auch nach deren Ablauf ergehen, sofern der Antrag rechtzeitig gestellt worden ist (BGH, Urteil vom 30. September 1987 - IVb ZR 86/86, BGHZ 102, 37, 40; Beschluss vom 15. März 2005, aaO). Im Streitfall ist der Verlängerungsantrag fristgerecht am 4. September 2014 vor Ablauf der am Montag, dem 8. September 2014 endenden Berufungsbegründungsfrist angebracht worden. Bei dieser Sachlage ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um eine Entscheidung über das Fristverlängerungsgesuch zu treffen.
8
b) Sollte eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 7. Oktober 2014 im Streitfall ungeachtet der geltend gemachten erheblichen Gründe abgelehnt werden, würde sich die Frage einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen, die gemäß § 236 Abs. 2 ZPO auch von Amts wegen zu gewähren sein kann (BGH, Beschluss vom 15. März 2005 aaO).

9
aa) Vorliegend durfte sich der Beklagte für die Entscheidung über seinen Berufungsbegründungsfristverlängerungsantrag auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlassen, wonach seinem ersten Fristverlängerungsantrag auf der Grundlage der geltend gemachten Gründe hätte stattgegeben werden müssen.
10
Zwar muss der Rechtsmittelführer grundsätzlich damit rechnen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen erwarten, dass einem ersten Verlängerungsantrag dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) vorgetragen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01, VersR 2001, 1579, 1580; vom 21. Februar 2000 - II ZB 16/99, VersR 2000, 1433, 1434; vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01, VersR 2002, 1576; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05, VersR 2006, 568 Rn. 6; vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06, NJW-RR 2008, 367 Rn. 9). Der erstmalige Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist war auf die als erheblich anerkannten Gründe der Arbeitsüberlastung (BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991 - XII ZB 48/91, NJW 1991, 2080, 2081; vom 13. Dezember 2005, aaO; vom 10. März 2009 - VIII ZB 55/06, NJW-RR 2009, 933 Rn. 12) sowie der Urlaubsabwesenheit (BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991, aaO; vom 10. März 2009, aaO; vom 5. Juni 2012 - VI ZB 16/12, NJW 2012, 2522 Rn. 7) gestützt worden. Mithin durfte der Beklagte darauf vertrauen, dass seinem Gesuch entsprochen wird.

11
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte nicht verpflichtet , sich vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist über eine Verlängerung dieser Frist durch Nachfrage bei Gericht zu vergewissern.
12
Eine Nachfragepflicht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn hierfür ein konkreter Anlass besteht. Ein solcher konkreter Anlass ist nicht schon dann gegeben, wenn der Anwalt in der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist noch keine auf seinen Schriftsatz bezogene Verfügung des Gerichts erhält. Der Rechtsanwalt muss sich nicht darüber vergewissern, ob seinem Antrag stattgegeben wurde. Für eine solche Rückfrage besteht kein erkennbarer Anlass , wenn der Anwalt - wie im Streitfall - mit der Verlängerung der Frist rechnen konnte (BGH, Beschluss vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98, VersR 1999, 1559, 1560; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05, VersR 2006, 568 Rn. 7; vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06, NJW-RR 2008, 367 Rn. 9; vom 5. Juni 2012, aaO Rn. 11). Über einen rechtzeitig bei Gericht eingegangen Fristverlängerungsantrag kann - wie ausgeführt - auch noch nach Ablauf der Frist entschieden werden, so dass nicht entscheidend ist, ob der Antrag am letzten Tag der Frist tatsächlich bearbeitet worden wäre (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2005, aaO). Mithin dürfte den Beklagten kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist treffen.
13
cc) Die versäumte Rechtshandlung wurde jedenfalls mit der am 7. Oktober 2014 bei dem Landgericht eingegangenen Berufungsbegründung innerhalb der insoweit maßgeblichen Frist von einem Monat (§ 236 Abs. 2 Satz 2, § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) nach Ende der am 8. September 2014 abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist nachgeholt.
14
dd) Nachdem dem Beklagten am 29. März 2016 die gerichtliche Verfügung vom 8. März 2016 über die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zugegangen ist, hat er am 7. April 2016 innerhalb der Frist von einem Monat (§ 236 Abs. 2 Satz 2, § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) nach Wegfall des Hindernisses (§ 234 Abs. 2 ZPO) einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Die Gewährung von Wiedereinsetzung scheitert nicht daran, dass vom Ende der versäumten Frist am 8. September 2014 bis zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags am 7. April 2016 ein Zeitraum von einem Jahr verstrichen war (§ 234 Abs. 3 ZPO).
15
Dem Beklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bereits gemäß § 236 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO von Amts wegen zu gewähren, ohne dass es auf die Beachtung der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO ankommt (vgl. Prütting /Gehrlein/Milger/Kazele, ZPO, 8. Aufl., § 234 Rn. 17). Eines fristgebundenen Wiedereinsetzungsantrags bedurfte es nicht, weil der Beklagte mit seinem Schriftsatz vom 7. Oktober 2014 die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO nachgeholt hatte und die Gründe für die unverschuldete Fristversäumung aktenkundig waren (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2000 - III ZB 8/00, NJW-RR 2000, 1590; vom 19. Dezember 2012 - XII ZB 169/12, NJW 2013, 471 Rn. 17). Im Streitfall sind diese Voraussetzungen erfüllt, weil das Gericht den rechtzeitig eingelegten Fristverlängerungsan- trag nicht rechtzeitig beschieden hat, der Anwalt aber nach den von ihm dargelegten Gründen davon ausgehen durfte, dass seinem Gesuch stattgegeben wird.
Kayser Gehrlein Möhring
Schoppmeyer Meyberg
Vorinstanzen:
AG Bremen, Entscheidung vom 25.06.2014 - 13 C 232/11 -
LG Bremen, Entscheidung vom 05.04.2016 - 4 S 236/14 -

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 83/04
vom
15. März 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erfordert nicht die Feststellung, daß
die Berufung rechtzeitig eingelegt worden ist.
BGH, Beschluß vom 15. März 2005 - VI ZB 83/04 - LG Berlin
AG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß der 58. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 1. November 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 2.817,45 €.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten aus einem Verkehrsunfall vom 2. November 1998 aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Tochter A. auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2004 abgewiesen. Dieses Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 14. Mai 2004 zugestellt worden. Der Kläger hat am 14. Juni 2004 Berufung eingelegt und am 14. Juli 2004 um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gebeten. Am 16. Juli 2004 teilte die Richterin K.-W. der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten des Klägers telefo-
nisch mit, es sei unklar, wann das amtsgerichtliche Urteil zugestellt worden sei. Ein Empfangsbekenntnis liege nicht vor. Darauf erklärte die Büroangestellte S., sie könne derzeit keine Auskunft über das Zustellungsdatum geben, weil die Akte für sie nicht greifbar sei; sie werde jedoch noch am selben Tage das Empfangsbekenntnis per Fax direkt an das Landgericht übermitteln. Mit Schreiben vom 22. Juli 2004, abgesandt am 23. Juli 2004, wiederholte die Richterin ihren Hinweis. Gleichzeitig wies sie darauf hin, daß über den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht entschieden werden könne, solange die Rechtzeitigkeit der Berufungseinlegung nicht geklärt sei. Mit Schreiben vom 2. August 2004, abgesandt am 4. August 2004, teilte der Richter W. der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten mit, bisher sei weder die gerichtliche Anfrage vom 16. Juli 2004 noch das Schreiben vom 22. Juli 2004 beantwortet worden. Deswegen könne die beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht gewährt werden. Die Kammer beabsichtige, die Berufung durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen. Am 13. August 2004 ging die Berufungsbegründung beim Landgericht ein. Am 16. August 2004 wurde das Empfangsbekenntnis vom 14. Mai 2004 per Telefax übermittelt. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2004 wies der Vorsitzende der Zivilkammer den Prozeßbevollmächtigten des Klägers darauf hin, eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sei aus den am 16. Juli 2004 telefonisch sowie mit Schreiben vom 22. Juli und 2. August 2004 mitgeteilten Gründen nicht gewährt worden. Da das Empfangsbekenntnis erst am 16. August 2004 und somit nach Ablauf der beantragten zu verlängernden Frist eingegangen sei, sei auch eine nachträgliche Fristverlängerung nicht in Betracht gekommen. Mit Beschluß vom 1. November 2004, dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 11. November 2004, hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgerecht begründet worden sei. Die Berufungsbegründungsfrist habe am 14. Juli 2004 geendet. Dem stehe der am
14. Juli 2004 gestellte Verlängerungsantrag nicht entgegen. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers sei darauf hingewiesen worden, daß eine Verlängerung nicht in Betracht komme, weil die Rechtzeitigkeit der Berufung nicht überprüft werden könne. Der Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist sei durch Verfügung der stellvertretenden Vorsitzenden vom 2. August 2004, spätestens mit der Verfügung des Vorsitzenden der Kammer vom 7. Oktober 2004 abgelehnt worden. Ohne Darlegung des Zeitpunkts der Urteilszustellung durch den Kläger sei eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht in Betracht gekommen, da die Möglichkeit bestanden habe, daß die Frist zur Einlegung der Berufung nicht eingehalten worden sei. Aufgrund der erteilten richterlichen Hinweise und der am 7. Oktober 2004 erfolgten Ablehnung habe der Kläger auch nicht auf eine Fristverlängerung vertrauen dürfen. Ob sein Vortrag zutreffe, das Empfangsbekenntnis sei am 23. Juli 2004 per Telefax übermittelt worden, könne dahinstehen, denn aufgrund des Schreibens vom 2. August 2004 habe er gewußt, daß es jedenfalls nicht zur Akte gelangt sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, weil der Kläger einen solchen Antrag nicht gestellt habe. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluß verletzt den Kläger in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprin-
zip). Dieser verbietet es, einer Partei den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz aufgrund von Anforderungen zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen die Partei auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f. = NJW 1989, 1147; BVerfGE 88, 118, 123 f. = NJW 1993, 1635; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, 1005). 1. Das Berufungsgericht hat die Berufung verfahrensfehlerhaft als unzulässig verworfen. Wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hätte die Berufung nur dann verworfen werden dürfen, wenn der Antrag des Klägers auf Verlängerung dieser Frist abgelehnt gewesen wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 1982 - II ZB 7/81 - VersR 1982, 1191, 1192; vom 3. Februar 1988 - IV b ZB 19/88 - NJW-RR 1988, 581 und vom 5. April 2001 - VII ZB 37/00 - VersR 2003, 222). Das war hier nicht der Fall. Über die beantragte Fristverlängerung hat gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO der Vorsitzende zu entscheiden. Daran fehlt es. Die telefonische Mitteilung des Gerichts vom 16. Juli 2004 und die Schreiben vom 22. Juli und 2. August 2004 lassen schon nicht erkennen, daß sie von dem Vorsitzenden oder seinem Vertreter herrühren. Zudem handelt es sich inhaltlich nicht um Entscheidungen, sondern um gerichtliche Hinweise, denn es wird lediglich mitgeteilt, daß über den Verlängerungsantrag nicht entschieden werden könne, weil das Empfangsbekenntnis nicht vorliege. Auch das Schreiben des Vorsitzenden vom 7. Oktober 2004 enthält keine Entscheidung über die beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist. Dieses Schreiben enthält einen Hinweis darauf, daß und weshalb dem Antrag nicht entsprochen worden sei. Eine Ablehnung der begehrten Fristverlängerung liegt darin schon deswegen nicht, weil dem Kläger noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird und eine Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung einer Rechtsmittelbegründungsfrist grundsätzlich auch noch nach deren
Ablauf ergehen kann, sofern der Antrag rechtzeitig gestellt worden ist (BGHZ [GSZ] 83, 217; vgl. auch BGHZ 102, 37, 38). 2. Die noch ausstehende Entscheidung über die Fristverlängerung muß im Streitfall nachgeholt werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfordert die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht die Feststellung , daß die Berufung rechtzeitig eingelegt worden ist. Es bedarf dazu auch keiner Darlegung durch den Rechtsmittelführer. Die Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels stellt sich erst, wenn über dessen Zulässigkeit zu entscheiden ist. Stellt sich dabei heraus, daß die Frist zur Einlegung der Berufung nicht gewahrt ist, ist diese unabhängig davon, ob die Begründungsfrist verlängert worden ist, als unzulässig zu verwerfen. 3. Sollte eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. August 2004 im Streitfall abgelehnt werden, würde sich die Frage einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen, die gemäß § 236 Abs. 2 ZPO gegebenenfalls auch von Amts wegen zu gewähren sein kann (vgl. Zöller /Greger, ZPO, 25. Aufl., § 236, Rdnr. 5). Dabei wäre zu berücksichtigen, daß das Empfangsbekenntnis vom 14. Mai 2004 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht erst am 16. August 2004, sondern bereits am 23. Juli 2004 per Telefax bei Gericht eingegangen ist. Es war, wie sich aus Blatt 74 in Verbindung mit Blatt 118 der Gerichtsakte ergibt, zwar an das Amtsgericht adressiert , aber so, wie mit der Richterin K.-W. am 16. Juli 2004 telefonisch besprochen , an das Landgericht unter dessen Faxnummer übermittelt worden. Bei dieser Sachlage durfte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers darauf vertrauen , daß seinem rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entsprochen werden würde (vgl. BVerfGE 79, 372 = NJW
1989, 1147; BGH, Beschluß vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - NJW 1999, 430 m.w.N.). Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 37/00
vom
5. April 2001
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kann eine Berufung nicht als
unzulässig verworfen werden, bevor über einen Antrag auf Fristverlängerung entschieden
worden ist.
BGH, Beschluß vom 5. April 2001 - VII ZB 37/00 - Kammergericht
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. April 2001 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß,
Hausmann und Dr. Wiebel

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. September 2000 aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Beklagte hat gegen das am 6. März 2000 zugestellte Urteil des Landgerichts am 7. April 2000 Berufung eingelegt. Am 4. Mai 2000 hat die Beklagte Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zugleich hat sie den Antrag gestellt, die Begründungfrist "auf einen Monat nach Bekanntgabe der Wiedereinsetzungsentscheidung zu verlängern". Mit Beschluß vom 22. August 2000, der Beklagten zugegangen am 11. September 2000, hat das Berufungsgericht der Beklagten Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Am 22. September 2000 hat die Beklagte ihre Berufung begründet. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, der Lauf der Begründungsfrist sei durch die Ver-
säumung der Berufungsfrist und das dadurch ausgelöste Wiedereinsetzungsverfahren nicht berührt worden. Das Fristverlängerungsgesuch vom 4. Mai 2000 habe sich ersichtlich nicht auf die am 8. Mai 2000 ablaufende Frist bezogen. Auch hätte es nur zu einer am 7. Juni 2000 ablaufenden Frist führen können , die durch die am 22. September 2000 eingegangene Begründung nicht eingehalten worden sei.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es ist allerdings richtig, daß der Lauf der Berufungsbegründungsfrist jedenfalls dann unberührt bleibt, wenn innerhalb der Frist weder das Rechtsmittel verworfen noch über den wegen der Fristversäumung gestellten Wiedereinsetzungsantrag entschieden wird (BGH, Beschluß vom 9. Januar 1989 - II ZB 11/88 BGHR ZPO § 238 Abs. 1 Satz 1 - Berufungsbegründungsfrist 1). Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, daß die Berufung nur dann wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen werden durfte, wenn der Antrag der Beklagten auf Verlängerung dieser Frist abgelehnt worden war (BGH, Beschluß vom 3. Februar 1988 - IVb ZB 19/88, NJW-RR 1988, 581). Zuständig dafür ist gemäß § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO der Vorsitzende. Den Akten ist nicht zu entnehmen, daß dieser über den Antrag auf Fristverlängerung entschieden hat. In dem Hinweis des Berufungsgerichts im Verwerfungsbeschluß, der Antrag der Beklagten hätte nur zu einer am 7. Juni 2000 ablaufenden Frist führen können, liegt nicht zugleich die Ablehnung der Verlängerung. Über den Verlängerungsantrag ist noch nicht entschieden worden. Das muß nachgeholt werden. In diesem Zusammenhang ist
darauf hinzuweisen, daß sich der Fristverlängerungsantrag vom 4. Mai 2000 nach seinem Wortlaut und nach den gesamten Umständen eindeutig auf die am 8. Mai 2000 ablaufende Berufungsbegründungsfrist bezog. Es ist nicht ersichtlich , warum eine Fristverlängerung nur bis zum 7. Juni 2000 hätte erfolgen können. Der Antrag auf Fristverlängerung nennt kein bestimmtes Datum. Dessen bedarf es auch nicht (MünchKomm/ZPO-Rimmelspacher § 519 Rdn. 14). Der Verlängerungsantrag ist auf die Bewilligung einer Frist gerichtet, die einen Monat nach Zugang der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist endet. Nur wenn eine Fristverlängerung bis zum 22. September 2000 oder darüber hinaus abgelehnt wird, stellt sich die Frage der Wiedereinsetzung in den v origen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Ullmann Thode Haß Hausmann Wiebel

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 16/99
vom
21. Februar 2000
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Februar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die Richter Prof. Dr. Henze,
Dr. Kurzwelly, Kraemer sowie die Richterin Münke

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 23. August 1999 wird der Beschluß des 23. Zivilsenates des Kammergerichts vom 14. Juli 1999 aufgehoben. Den Klägern wird wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1998 (28 O 148/98 - LG Berlin) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Gegenstandswert: 270.900,-- DM.

Gründe:

I.

Gegen das ihnen am 7. Januar 1999 zugestellte erstinstanzliche Urteil haben die Kläger am 28. Januar 1999 Berufung eingelegt. Zugleich haben sie Akteneinsicht mit der Begründung beantragt, die Bevollmächtigten im Berufungsverfahren seien erst in diesem Verfahren beauftragt worden. Auf Antrag der Kläger ist die bis Montag, den 01. März 1999, laufende Berufungsbegründungsfrist um einen Monat und damit bis zum 1. April 1999 verlängert worden.
Mit dem Verlängerungsantrag haben die Kläger an den bis dahin nicht beschiedenen Antrag auf Akteneinsicht erinnert. Daraufhin wurde den Klägern zwar Akteneinsicht bewilligt, aber nicht tatsächlich gewährt. Auf Bitten des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, ihm die Gerichtsakten zur Einsicht für drei Tage in seinen Kanzleiräumen zu überlassen, wurde ihm mitgeteilt, die Akteneinsicht könne derzeit wegen Versendung der Akten nicht gewährt werden. Am 25. März 1999 wurden dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger die Akten für drei Tage zur Einsicht in seiner Kanzlei überlassen. Sie gelangten am 30. März 1999 an das Kammergericht zurück. Mit Schriftsatz vom 6. April 1999, bei Gericht eingegangen am selben Tage, haben die Kläger die Berufung begründet. Nach Hinweis des Gerichts auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und hierzu die Kopie eines Schriftsatzes vom 25. März 1999, in dem um weitere Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 6. April 1999 gebeten wird, sowie eine Kopie des Postausgangsbuches vorgelegt, auf dem dieser Schriftsatz am 25. März 1999 als Postausgang notiert ist. Auf die Mitteilung des Gerichts, daß ihrem Verlängerungsantrag nicht entsprochen werden könne, weil dieser bisher nicht zu den Gerichtsakten gelangt sei, haben die Kläger eidesstattliche Versicherungen ihres Prozeßbevollmächtigten und seiner Fachgehilfin vorgelegt, nach denen der in Kopie vorgelegte Schriftsatz vom 25. März 1999 am selben Tag in einen Postbriefkasten eingeworfen worden ist. Dieser in Kopie vorliegende Schriftsatz enthält im Anschriftenfeld statt der richtigen Postleitzahl 10781 die Postleitzahl 14057 und s tatt des neuen Senatsaktenzeichens (23 U 800/99) das Aktenzeichen des bis Mitte März 1999 für den Rechtsstreit zuständigen Senats (19 U 800/99).
Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger.

II.

Die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Kläger hat in der Sache Erfolg. 1. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger am 25. März 1999 einen Schriftsatz mit einem Verlängerungsantrag auf dem Postweg abgesandt hat. Die Kläger haben dies durch eidesstattliche Versicherungen ihres Prozeßbevollmächtigten und dessen Mitarbeiterin sowie durch Vorlage eines Auszuges aus dem Postausgangsbuch ihres Prozeßbevollmächtigten in Kopie glaubhaft gemacht. Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben spricht nicht, daß der Schriftsatz bis heute nicht zu den Gerichtsakten gelangt ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Schriftsatz entweder auf dem Postweg in Verlust geraten, von Bediensteten des Gerichts versehentlich in andere Akten eingeordnet worden oder auf andere Weise bei Gericht verlorengegangen ist. Dem steht nicht entgegen, daß der Schriftsatz eine unzutreffende Postleitzahl enthielt. Die weitergehenden Angaben in der Anschrift sind korrekt wiedergegeben. Unter diesen Umständen hat die unzutreffende Postleitzahl lediglich die vom Berufungsgericht zu Recht unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 15. April 1999 (IX ZB 57/98, Beschlußausfertigung S. 3 ff., 4/5) angesprochene Folge, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger nicht von einem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht am nächsten Werktag
ausgehen konnte; er mußte vielmehr mit einigen Tagen Verzögerung rechnen. Einer solchen Verzögerung kann hier jedoch keine Bedeutung beigemessen werden, weil der Prozeßbevollmächtigte den Schriftsatz nicht kurzfristig, sondern eine Woche vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist abgesandt hat. 2. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger durfte auch darauf vertrauen, daß seinem Verlängerungsantrag vom 25. März 1999 stattgegeben würde. Der Rechtsmittelkläger trägt zwar generell das Risiko dafür, daß der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt ; demgemäß kann der Rechtsmittelführer im Wiedereinsetzungsverfahren grundsätzlich nicht mit Erfolg geltend machen, er habe mit der Fristverlängerung rechnen dürfen (st. Rspr., vgl. u.a. BGHZ 83, 217 ff., 222; BGH, Beschl. v. 11. November 1998 - VIII ZB 24/98, NJW 1999, 430). Etwas anderes gilt aber dann, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Bewilligung der Fristverlängerung gerechnet werden konnte (st. Rspr., vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 2. Februar 1983 - VIII ZB 1/83, NJW 1983, 1741; BGH, Beschl. v. 11. November 1998 - VIII ZB 24/98, NJW 1999, 430). Zwar ist das bisher nur für den Fall eines ersten Antrages auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entschieden worden (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 4. Juli 1996 - VII ZB 14/96, NJW 1996, 3155). Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, daß es erheblichen Bedenken begegnet, diesen Grundsatz ohne Einschränkung auf einen weiteren Verlängerungsantrag zu übertragen; das würde letztlich zu einer Verwässerung der Regelung über die Rechtsmittelbegründungsfrist führen. Im vorliegenden Fall ist den Klägern jedoch ausnahmsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn es liegen außergewöhnliche,
von ihnen nicht zu vertretende Umstände vor, die den Prozeßbevollmächtigten der Kläger berechtigten, darauf zu vertrauen, daß seinem zweiten Verlängerungsantrag stattgegeben würde. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger hatte bereits mit Einlegung der Berufung am 28. Januar 1999 Akteneinsicht beantragt. Diese ist ihm trotz mehrfacher Erinnerungen erst am 25. März 1999, also eine Woche vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, gewährt worden. Dadurch wurde die Vorbereitung der Berufungsbegründung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin erheblich behindert, weil er vor den Osterfeiertagen mit Arbeit überlastet war. Nur während der Feiertage konnte er das Verfahren in Ruhe bearbeiten und die Berufungsbegründungsschrift fertigstellen. Diesen Umständen mußte Rechnung getragen werden, um sicherzustellen, daß den Klägern ausreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt wird. Dabei fiel auch ins Gewicht, daß eine wesentliche Verzögerung des Rechtsstreits nicht eintrat. Denn der Klägervertreter hatte nur eine Verlängerung um einen Werktag erbeten, so daß die Frist nicht am Gründonnerstag, sondern am Dienstag nach Ostern abgelaufen wäre. Der Umstand, daß der Gegenseite gemäß § 225 Abs. 2 ZPO rechtliches Gehör einzuräumen war, ändert an dieser Beurteilung nichts. Zum einen konnte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger darauf vertrauen, daß im Hinblick auf die Verzögerung der Akteneinsicht die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Beklagte zügig (gegebenenfalls fernmündlich) erfolgte. Zum anderen war nicht zu erwarten, daß die Beklagte gewichtige Gründe gegen die beantragte Fristverlängerung um einen Werktag vorbringen würde. Solche Gründe hat die Beklagte in ihren Stellungnahmen zu dem Wiedereinsetzungsgesuch und der sofortigen Beschwerde der Kläger auch nicht dargelegt.
3. Vor diesem Hintergrund stellt es auch kein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Kläger dar, daß er sich vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht danach erkundigt hat, ob sein zweiter Verlängerungsantrag bei Gericht eingegangen und positiv beschieden worden war. Kann nämlich der Rechtsmittelkläger mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, daß seinem Verlängerungsantrag stattgegeben wird, liefe eine solche Erkundigungspflicht auf die Verpflichtung hinaus, die Briefbeförderung zu überwachen, um die Fristwahrung sicherzustellen. Eine solche Sorgfaltspflicht obliegt dem Prozeßbevollmächtigten jedoch nicht (BVerfG, Beschl. v. 28. Februar 1989 - 1 BvR 649/88, NJW 1989, 1147; BGH, Beschl. v. 2. Februar 1983 - VIII ZB 1/83, NJW 1983, 1741; v. 12. März 1986 - VIII ZB 6/86, VersR 1986, 787/788). 4. Aufgrund der sofortigen Beschwerde war dem Wiedereinsetzungsgesuch der Kläger somit zu entsprechen.
Röhricht Henze Kurzwelly
Kraemer Münke
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2. Im vorliegenden Fall durfte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die Entscheidung über seinen Berufungsbegründungsfristverlänge- rungsantrag auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlassen , wonach seinem Verlängerungsantrag hätte stattgegeben werden müssen. Zwar muss der Rechtsmittelführer grundsätzlich damit rechnen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im allgemeinen erwarten, dass einem ersten Verlängerungsantrag dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund vorgetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2000 - II ZB 16/99 - VersR 2000, 1433 und vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01 - VersR 2002, 1576; v. Pentz, NJW 2003, 858, 865; Born, NJW 2005, 2042, 2047). Vorliegend handelte es sich um die erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist; nach dem Inhalt des Antrags war er nach üblicher Praxis ausreichend mit dem Hinweis auf die Arbeitsüberlastung durch eine Vielzahl von Terminen begründet worden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991 - XII ZB 48/91 - NJW 1991, 2080, 2081 und vom 5. Juli 1989 - IVb ZB 53/89 - NJW-RR 1989, 1280). Durfte der Klägervertreter hiernach die Bewilligung eines erstmals gestellten und ausreichend begründeten Gesuchs auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erwarten, so ist ihm kein Vorwurf daraus zu machen, dass er sich nicht innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist erkundigt hat, ob dem Verlängerungsantrag stattgegeben wurde.
9
aa) Zwar kann der Klägerin kein Verschulden ihrer Prozessvertreter insoweit angelastet werden, als diese auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertrauten, nachdem sie einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579, 1580; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - VersR 2006, 568; vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Demgemäß waren die Prozessbevollmächtigten der Klägerin grundsätzlich auch nicht verpflichtet, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 12. März 1986 - VIII ZB 6/86 - VersR 1986, 787, 788; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560).
12
b) Der Beklagten ist jedoch, wie von ihr vorsorglich beantragt, aus prozessökonomischen Gründen ohne vorherige Entscheidung über den Verlängerungsantrag (Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - VIII ZB 73/05, juris, Tz. 7) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, falls sich ihre Behauptung als zutreffend erweisen sollte, ihr Prozessbevollmächtigter habe am 6. Februar 2006 - rechtzeitig vor Fristablauf - einen Antrag auf Fristverlängerung bei dem Berufungsgericht eingereicht und diesen damit begründet, er sei als einziger Sachbearbeiter wegen des derzeitigen Fristendrucks und häufiger berufs- und urlaubsbedingter Abwesenheit nicht in der Lage, die Berufung fristgerecht zu begründen. Denn ein Anwalt kann bei einem ersten Verlängerungsantrag regelmäßig darauf vertrauen, dass die beantragte Fristverlängerung um drei Wochen erfolgt, wenn - wie hier - einer der Gründe des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO dargelegt wird (Senatsbeschluss vom 11. September 2007, aaO, Tz. 7 f.; BGH, Beschluss vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01, VersR 2001, 1579, unter 1).
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b) Der Beklagte hat durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Büroangestellten W. glaubhaft gemacht, dass Frau W. am 23. Dezember 2011 den später in Kopie zur Gerichtsakte eingereichten Schriftsatz mit dem darin enthaltenen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nach Unterzeichnung durch Rechtsanwalt W. einkuvertiert und noch am selben Tag nachmittags zur Post gebracht hat. Danach durften die Prozessbevollmächtigten des Beklagten davon ausgehen, dass der Antrag rechtzeitig vor der am 9. Januar 2012 ablaufenden Berufungsbegründungsfrist beim Landgericht eingehen würde. Ihnen kann nicht vorgeworfen werden, auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vertraut zu haben, nachdem sie einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01, VersR 2001, 1579, 1580; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05, VersR 2006, 568 Rn. 6; vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06, juris Rn. 6 und vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06, VersR 2008, 234 Rn. 9). Die in der Begründung des Fristverlängerungsantrags angegebene urlaubsbedingte Abwesenheit in der Zeit vom 24. Dezember 2011 bis zum 8. Januar 2012 ist ein erheblicher Grund im Sinne von § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
6
2. Im vorliegenden Fall durfte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die Entscheidung über seinen Berufungsbegründungsfristverlänge- rungsantrag auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlassen , wonach seinem Verlängerungsantrag hätte stattgegeben werden müssen. Zwar muss der Rechtsmittelführer grundsätzlich damit rechnen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im allgemeinen erwarten, dass einem ersten Verlängerungsantrag dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund vorgetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2000 - II ZB 16/99 - VersR 2000, 1433 und vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01 - VersR 2002, 1576; v. Pentz, NJW 2003, 858, 865; Born, NJW 2005, 2042, 2047). Vorliegend handelte es sich um die erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist; nach dem Inhalt des Antrags war er nach üblicher Praxis ausreichend mit dem Hinweis auf die Arbeitsüberlastung durch eine Vielzahl von Terminen begründet worden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991 - XII ZB 48/91 - NJW 1991, 2080, 2081 und vom 5. Juli 1989 - IVb ZB 53/89 - NJW-RR 1989, 1280). Durfte der Klägervertreter hiernach die Bewilligung eines erstmals gestellten und ausreichend begründeten Gesuchs auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erwarten, so ist ihm kein Vorwurf daraus zu machen, dass er sich nicht innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist erkundigt hat, ob dem Verlängerungsantrag stattgegeben wurde.
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aa) Zwar kann der Klägerin kein Verschulden ihrer Prozessvertreter insoweit angelastet werden, als diese auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertrauten, nachdem sie einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579, 1580; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - VersR 2006, 568; vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Demgemäß waren die Prozessbevollmächtigten der Klägerin grundsätzlich auch nicht verpflichtet, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 12. März 1986 - VIII ZB 6/86 - VersR 1986, 787, 788; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560).

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BGHR: ja

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 8/00
vom
24. Mai 2000
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2000 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und
Galke

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2000 aufgehoben.
Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil der X. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 11. Januar 1999 gewährt.
Beschwerdewert: 74.167 DM

Gründe


I.


Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung sowie wegen fehlerhafter Beratung beim Kauf einer Eigentumswohnung Schadensersatz. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Am
letzten Tag der Berufungsfrist reichte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin beim Berufungsgericht einen Schriftsatz vom 16. Juni 1999 ein, der mit "Berufung" überschrieben ist und in dem es heißt:
"In dem Rechtsstreit ... (volles Rubrum) lege ich namens und in Vollmacht der von mir vertretenen Klägerin Berufung gegen das am 11. Januar 1999 verkündete Urteil des Landgerichts ... ein. Die Einlegung der Berufung wird von der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die Klägerin und Berufungsklägerin abhängig gemacht. In der Anlage überreiche ich den Prozeßkostenhilfeantrag meiner Mandantin nebst Anlagen für das Gericht. Die exakten Anträge für die Berufung und die Berufungsbegründung bleiben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Das Gericht wird höflich darum ersucht, für die Begründung des Prozeßkostenhilfeantrags dem Unterzeichner einen Schriftsatznachlaß von zwei Wochen zu gewähren."
Mit Schriftsatz vom 30. Juni 1999, bei Gericht eingegangen am 1. Juli 1999, erfolgte eine Berufungsbegründung. Nachdem das Oberlandesgericht der Klägerin durch Beschluß vom 3. Dezember 1999, der dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 10. Dezember 1999 zugestellt wurde, Prozeßkostenhilfe bewilligt hatte, hat es durch den angefochtenen Beschluß vom 27. Januar 2000 die Berufung als unzulässig verworfen. Es hat den Schriftsatz der Klägerin vom 16. Juni 1999 nur als Antrag auf Prozeßkostenhilfe angesehen und deshalb nach der Gewährung von Prozeßkostenhilfe innerhalb einer Frist von zwei Wochen einen Wiedereinsetzungsantrag, verbunden mit der Einlegung einer Berufung und deren Begründung, für notwendig gehalten. Für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen fehlten die Voraussetzungen. Die Klägerin vertritt dagegen in ihrer sofortigen Beschwerde die Auffassung, mit ihrem Schriftsatz vom 16. Juni 1999 bereits eine unbedingte Berufung eingelegt und sich lediglich die weitere Durchführung des Berufungsverfahrens für den Fall der Verweigerung von Prozeßkostenhilfe vorbehalten zu haben.

II.


Die nach § 519 b Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Klägerin hat zwar, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht entschieden hat, die Berufungsfrist versäumt. Hiergegen ist ihr jedoch von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
1. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts hat die Klägerin unter dem 16. Juni 1999 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und nicht lediglich einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren gestellt. Anders kann die ausdrückliche Erklärung in dem Schriftsatz "lege ich Berufung ein" nicht verstanden werden. Dafür spricht zudem die Überschrift "Berufung" und das nur für eine Rechtsmitteleinlegung notwendige volle Rubrum. Die nachfolgende Einschränkung, die Einlegung der Berufung werde von der Gewährung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, nimmt die Erklärung zur Einlegung eines Rechtsmittels trotz der gleichzeitigen Bitte um Schriftsatznachlaß für die Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, auf die das Oberlandesgericht maßgeblich abstellt, nicht (vollständig) zurück, sondern stellt sie, wie in dem Fall BGHZ 4, 54 oder in den Fallgestaltungen der Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92 - VersR 1993, 713 und vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823, lediglich unter eine Bedingung. Das mag die Klägerin zwar, wie in der Beschwerdebegründung ausgeführt , ebenfalls - in anderer Richtung - anders verstanden haben. Entscheidend ist aber allein der objektive Erklärungswert, wie er dem Berufungsgericht innerhalb der Berufungsfrist erkennbar war. Spätere "klarstellende" Parteierklärun-
gen können dafür nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - NJW 1995, 2563, 2564; Beschluß vom 11. August 1998 - XII ZB 50/98 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung, unbedingte 4). Der Wortlaut der Berufungsschrift vom 16. Juni 1999, der auf die Einlegung der Berufung Bezug nimmt und diese an die Gewährung von Prozeßkostenhilfe knüpft, nicht lediglich die Durchführung des Berufungsverfahrens (zu einer solchen Fallgestaltung vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO) und auch nicht etwa einen Wiedereinsetzungsantrag ankündigt (so in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 1993 - XII ZR 142/92 - FamRZ 93, 1427), ist aber insoweit eindeutig. Als bedingte Berufungserklärung war das Rechtsmittel vom 16. Juni 1999 allerdings unzulässig (vgl. BGHZ 4, 54 f.; BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 aaO; vom 24. Juni 1999 aaO; a.A. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 518 Rn. 17).
2. Die unter dem 30. Juni 1999 erfolgte Berufungsbegründung der Klägerin ist indes als erneute Einlegung der Berufung anzusehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. Mai 1993 aaO; Beschluß vom 19. November 1997 - XII ZB 157/97 - NJW-RR 1998, 507). Der Schriftsatz entspricht - in Verbindung mit dem vorausgegangenen Berufungsschriftsatz vom 16. Juni 1999 - inhaltlich den Anforderungen des § 518 Abs. 2 ZPO an die Einlegung einer Berufung. Im Gegensatz zu diesem läßt er auch den unbedingten Willen der Klägerin zur Durchführung der Berufung erkennen, schon deswegen, weil er die Gewährung von Prozeßkostenhilfe nicht abwartet, außerdem auch auf die "unter dem 16. Juni 1999 eingelegte Berufung" verweist und jeden Hinweis auf eine Abhängigkeit des Rechtsmittels von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe vermeidet. Zu diesem Zeitpunkt war die Berufungsfrist (§ 516 ZPO) freilich abgelaufen, die
zweite Berufung darum nunmehr verspätet und deswegen gleichfalls unzulässig.
3. Wegen dieser Versäumung der Berufungsfrist muß der Klägerin jedoch gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Einer bedürftigen Partei, die innerhalb der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäßen Prozeßkostenhilfeantrag gestellt hat, ist nach der Entscheidung hierüber auf Antrag regelmäßig Wiedereinsetzung zu gewähren, da die Partei dann ohne ihr Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten (§ 233 ZPO; st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluß vom 11. November 1992 - XII ZB 118/92 - NJW 1993, 732, 733; vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823); das gilt auch dann, wenn das zulässige Prozeßkostenhilfegesuch mit einer unwirksamen Berufungseinlegung verbunden wurde (BGH, Beschluß vom 24. Juni 1999 aaO) oder die Berufungsbegründung schließlich - unwirksam - ohne Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erfolgte (vgl. BGH, Beschluß vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271). Im Streitfall bedurfte es, was das Berufungsgericht nicht beachtet hat, eines (fristgebundenen ) Wiedereinsetzungsantrags indessen nicht, weil die Klägerin schon vor der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mit ihrem - Berufung und Berufungsbegründung enthaltenden - Schriftsatz vom 30. Juni 1999 die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt hatte und die Gründe für die unverschuldete Fristversäumung aktenkundig waren. Diese vom Berufungsgericht unterlassene Entscheidung kann jetzt der Bundesgerichtshof als Beschwerdegericht treffen (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 aaO). Dadurch wird der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluß des Berufungsgerichts gegenstandslos (BGHZ 98, 325, 328), was durch dessen Aufhebung klargestellt wird.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke
17
Bei dieser Sachlage hätte das Oberlandesgericht gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO von Amts wegen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erwägen und, weil den Prozessbevollmächtigten des Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch kein Verschulden i.S.d. § 233 ZPO trifft, gewähren müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 16).