vorgehend
Amtsgericht Landshut, 9 C 2344/08, 20.04.2010
Landgericht Landshut, 33 T 1814/10, 12.07.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 174/10
vom
8. März 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beauftragt ein Insolvenzverwalter einen Anwalt der eigenen Kanzlei mit der Führung
eines Rechtsstreits vor einem auswärtigen Gericht, sind die Reisekosten des
beauftragten Anwalts vom Prozessgegner nicht zu erstatten (Fortführung BGH,
Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 44/04, ZIP 2006, 832).
BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZB 174/10 - LG Landshut
AG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 8. März 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 12. Juli 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 272,40 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger ist Rechtsanwalt in Chemnitz und machte als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Aktiengesellschaft aus Chemnitz beim Amtsgericht Landshut gegen die Beklagte eine Forderung in Höhe von 1.859,54 € aus Insolvenzanfechtung gemäß § 131 Abs. 1 InsO geltend. Die Schuldnerin hatte nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im dritten Monat vor Eingang des Insolvenzantrages zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf eine titulierte Forderung der Beklagten eine Zahlung an den Gerichtsvollzieher geleistet, die der Kläger zurückverlangt.

2
Der Kläger wurde in dem Rechtsstreit von einer Rechtsanwältin aus seiner Kanzlei vertreten. Diese nahm den Gerichtstermin in Landshut wahr. Das Gericht gab der Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 17. Juli 2009 statt.
3
Das Amtsgericht hat es im Kostenfestsetzungsverfahren abgelehnt, Fahrtkosten in Höhe von 212,40 € sowie 60 € Abwesenheitsgeld der Klägervertreterin gegen die Beklagte festzusetzen. Der Kläger sei als Rechtsanwalt in der Lage gewesen, einen Anwalt aus Landshut zu beauftragen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Festsetzungsbegehren weiter.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht meint, der Kläger sei in der Lage gewesen, einen Anwalt am Ort des Prozessgerichts zu beauftragen. Die Sache sei tatsächlich und rechtlich einfach gewesen. Auch in Landshut gebe es auf Insolvenzrecht spezialisierte Anwälte.
6
Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber, ein Anwalt am auswärtigen Gerichtsort müsse nur beauftragt werden, wenn ein eingehendes Mandantengespräch nicht erforderlich sei, wie bei einem Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung. Zwar sei der Kläger ohne weiteres in der Lage, auswärtige Rechtsanwälte ausreichend zu instruieren. Der hierdurch verursachte zusätzliche Arbeitsaufwand könne aber nur durch Einstellung zusätzlichen qualifizierten Personals aufgefangen werden. Es sei notwendig, dass er in mehr als 150 Fällen jährlich einen Rechtsanwalt der eigenen Sozietät beauftrage, weil diese über die notwendigen Kenntnisse im Insolvenzrecht verfügten und sich an die von ihm gewünschte Art der Bearbeitung hielten. Es bestehe für ihn keine Obliegenheit , weitere Mitarbeiter einzustellen, vielmehr habe der Prozessgegner die Mehrkosten zu tragen.
7
2. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts sind zutreffend. Weitere Kosten sind nicht festzusetzen. Die geltend gemachten Reisekosten sowie das Abwesenheitsgeld sind nicht erstattungsfähig, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO).
8
a) Die Zuziehung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt allerdings im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar. Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn gegebenenfalls mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe und der Annahme tun, dass zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der Rechtsanwalt zunächst auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen, die in aller Regel in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgt (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900; vom 13. Juli 2004 - X ZB 40/03, NJW 2004, 3187; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 44/04, ZIP 2006, 1416 Rn. 4 f; vom 13. Dezember 2007 - IX ZB 112/05, WM 2008, 422 Rn. 7 je mwN).
9
b) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt, sofern schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kann einmal anzunehmen sein, wenn es sich bei der Partei um ein Unternehmen handelt , das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2003 - I ZB 18/03, NJW-RR 2004, 856 f; vom 4. Juli 2005 - II ZB 14/04, NJW-RR 2005, 1591, 1592; vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 8 mwN). Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch kann zum anderen entbehrlich sei, wenn die Sache vom Kläger selbst oder von Mitarbeitern bearbeitet wird, die in der Lage sind, einen am Gerichtsort seine Kanzlei unterhaltenden Prozessbevollmächtigten umfassend über das Streitverhältnis in Kenntnis zu setzen. Dies kann anzunehmen sein, wenn es sich um rechtskundiges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist (BGH, Beschluss vom 9. September 2004 - I ZB 5/04, NJW-RR 2004, 1724, 1725; vom 25. März 2004 - I ZB 28/03, NJW-RR 2004, 857 f; vom 13. Dezember 2007, aaO).
10
Der Bundesgerichtshof hat deshalb angenommen, dass die Beauftragung eines am Sitz des Insolvenzverwalters ansässigen Hauptbevollmächtigten zur Führung eines Rechtsstreits vor einem auswärtigen Gericht in aller Regel keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. ZPO darstellt (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004, aaO S. 3188; vom 13. Juni 2006, aaO Rn. 6; vgl. für einen Steuerberater auch BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 8 f).
11
Ein als Rechtsanwalt zugelassener Insolvenzverwalter ist ohne weiteres imstande, einen am Prozessgericht tätigen Rechtsanwalt sachgerecht über den Gegenstand des jeweiligen Verfahrens zu unterrichten (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004, aaO; vom 4. Juli 2005 - II ZB 14/04, NZI 2006, 183, 184; vom 13. Juni 2006, aaO Rn. 6, 8; vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 9). Dies gilt jedenfalls für den hier vorliegenden Rechtsstreit, der nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht umfangreich und schwierig gewesen ist. Unter diesen Umständen war ein eingehendes persönliches Mandantengespräch weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Im Anschluss an eine schriftliche Informationserteilung hätten Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens schriftlich, fernmündlich oder mit Hilfe anderer moderner Kommunikationsmittel erfolgen können. Das wird vom Rechtsbeschwerdeführer auch ausdrücklich bestätigt. Die Beauftragung des am Sitz des Insolvenzverwalters ansässigen Prozessbevollmächtigten stellt demnach keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO dar (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006, aaO Rn. 8; vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 9).
12
c) Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 2006 (IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 mwN) ergibt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die Organisationsstruktur des Büros des Klägers nichts anderes. Der Bundesgerichtshof hat dort angenommen, dass ein Krankenversicherer, die über qualifiziertes Personal verfügt, um auswärtige Rechtsanwälte ausreichend informieren zu können, bei jährlich anfallenden 120 bis 150 Gerichtsverfahren berechtigt ist, stets denselben Hauptprozessbevollmächtigten zu beauftragen, dem er alle Fälle, in denen es nach endgültiger Leistungsablehnung zum Rechtsstreit kommt, dadurch zur weiteren weitgehend eigenständigen Bearbeitung überlässt. Aus diesem Grunde seien dort weder Mandantengespräche noch schriftliche Instruktionen erforderlich. Der Krankenversicherer sei nicht verpflichtet, eine andere Organisationsform zu wählen.
13
Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Situation bei einem Krankenversicherer unterscheidet sich grundlegend von derjenigen bei einem Insolvenzverwalter. Die im Laufe eines Insolvenzverfahrens möglicherweise nötig werdenden Prozesse sind in rechtlicher Hinsicht äußerst vielfältig, selbst innerhalb des Bereichs der Insolvenzanfechtung. Es handelt sich, anders als bei einem Krankenversicherer, nicht um stets dieselbe Struktur der zu führenden Prozesse. Der Verwalter kann auftretende Fragen nicht einem Anwaltsbüro zur selbständigen Beurteilung und Erledigung überlassen. Er muss gemäß seinen Verpflichtungen als Insolvenzverwalter vielmehr selbständig die Zweckmäßigkeit des weiteren Vorgehens in jedem Einzelfall selbst prüfen. Wenn er die Prozessführung einem anderen Anwalt überträgt, muss er ihn entsprechend unterrichten sowie die erforderlichen Unterlagen individuell zusammenstellen und zur Verfügung stellen. Das kann gegenüber einem auswärtigen, in Insolvenzsachen erfahrenen Anwalt in gleicher Weise geschehen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
AG Landshut, Entscheidung vom 20.04.2010 - 9 C 2344/08 -
LG Landshut, Entscheidung vom 12.07.2010 - 33 T 1814/10 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Insolvenzordnung - InsO | § 131 Inkongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 40/03
vom
13. Juli 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Beauftragung eines am Sitz des Insolvenzverwalters ansässigen Hauptbevollmächtigten
zur Führung eines Rechtsstreits vor einem auswärtigen Gericht
stellt in der Regel keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung im
Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. ZPO dar; auch fiktive Reisekosten des
Insolvenzverwalters sind in einem solchen Fall in der Regel nicht zu erstatten.
BGH, Beschl. v. 13. Juli 2004 - X ZB 40/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens und den Richter Asendorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Wert: 184,25 €.

Gründe:


I. Der Kläger ist Rechtsanwalt mit Sitz in St. und zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der W. GmbH & Co. KG in St. bestellt. Er beauftragte einen mit ihm in einer Sozietät verbundenen Rechtsanwalt damit, die Beklagte zugunsten der Insolvenzmasse vor dem Landgericht Heilbronn auf Zahlung von 48.000,-- DM zu verklagen. Dieser Rechtsanwalt beauftragte einen Rechtsanwalt mit Sitz in Stuttgart als Unterbevollmächtigten zur Vertretung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht. Der Rechts-
streit endete mit einem Vergleich; danach hatten die Beklagte 2/3 und der Kläger 1/3 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Rechtspfleger die vom Kläger geltend gemachten Mehrkosten wegen der Einschaltung des Unterbevollmächtigten in Höhe von 706,-- € abgesetzt.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hat das Oberlandesgericht durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Der Kläger erstrebt mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde die Aufhebung des oberlandesgerichtlichen Beschlusses sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses , soweit ihm die Erstattung der Kosten des Unterbevollmächtigten versagt worden ist, sowie die Festsetzung dieser Kosten auf 184,25 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten und einem 10 %igen Zuschlag auf diese Reisekosten. Dazu vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, erst oberhalb des so ermittelten Betrages liege eine nicht erstattungsfähige Überschreitung der fiktiven Reisekosten vor.
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Erstattung von fiktiven Anwaltsreisekosten oder der Kosten des Unterbevollmächtigten komme hier nicht in Betracht, weil ein zum Insolvenzverwalter bestellter Rechtsanwalt einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt über Distanz beauftragen und schriftlich oder telefonisch informieren könne. Da der Kläger am Termin nicht teilge-
nommen habe, könnten die Reisekosten auch dann nicht geltend gemacht werden , wenn diese an sich erstattungsfähig gewesen wären.
2. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde sind unbegründet.
Die Erstattung von Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts, der anstelle des Hauptbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, entstanden sind, beurteilt sich nach der allgemeinen Vorschrift des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Für die Erstattungsfähigkeit der durch die Zuziehung des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten kommt es deshalb allein darauf an, ob dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899).
Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den am Wohnort der Partei ansässigen Rechtsanwalt Termine beim Prozeßgericht wahrnimmt, sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten, nämlich Tage- oder Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten nach § 28 BRAGO, erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (BGH, aaO m.w.N.).
Notwendige Voraussetzung für die Erstattung von Kosten des Unterbevollmächtigten ist danach zunächst, daß die dem Hauptbevollmächtigten im Falle eigener Terminswahrnehmung zustehenden Reisekosten dem Grunde nach zu erstatten wären. Bei der Erstattung von Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts kommt es gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO auf die Notwendigkeit von dessen Zuziehung an.
Die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar (BGH, aaO, S. 900 m.w.N.). Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsorts aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn gegebenenfalls mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe und in der Annahme tun, daß zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der Rechtsanwalt zunächst auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen. Diese kann in aller Regel nur in einem persönlichen, mündlichen Gespräch erfolgen (BGH, aaO).
An einer Notwendigkeit im Sinne von § 91 ZPO kann es jedoch fehlen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandatengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich
sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter anderem regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 901; Beschl. v. 10.04.2003 - I ZB 36/02, NJW 2003, 2027, 2028).
Die Beauftragung des am Sitz des Insolvenzverwalters ansässigen Hauptbevollmächtigten stellt hier keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO dar. Der Kläger hätte sich zur Kostenersparnis eines in der Nähe des Prozeßgerichts residierenden Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen müssen. Auch die fiktiven Reisekosten des Klägers zu einem am Sitz des Prozeßgerichts tätigen Rechtsanwalt sind nicht zu erstatten.
Weil der Kläger Rechtsanwalt ist, ist davon auszugehen, daß er einen Rechtsanwalt mit Sitz am Prozeßgericht sachgerecht schriftlich zu informieren in der Lage ist. Wie bei sachkundigen Mitarbeitern einer Rechtsabteilung, die die Sache bearbeitet haben, war auch hier ein eingehendes persönliches Mandantengespräch weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Nach der schriftlichen Übermittlung der erforderlichen Informationen konnten vielmehr Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens schriftlich oder telefonisch erfolgen. Damit war angesichts moderner Kommunikationsformen eine Verzögerung nicht verbunden. Besonderheiten des Sachverhalts, die eine persönliche Kontaktaufnahme erfordert hätten, sind nicht ersichtlich. Das ergibt sich auch aus dem Antrag des Prozeßbevollmäch-
tigten des Klägers vom 5. März 2003, den Kläger vom angeordneten persönlichen Erscheinen zu entbinden, weil voll umfänglich schriftsätzlich vorgetragen worden sei und weitere Umstände dem Kläger nicht bekannt seien; dem Kläger seien die Informationen lediglich aus den ihm vorliegenden Unterlagen und Aussagen der benannten Zeugen bekannt. Läßt der Kläger selbst vortragen, zur Sache nichts sagen zu können, so ist auch ein persönliches Informationsgespräch des Klägers mit seinem Prozeßbevollmächtigten nicht notwendig.
3. Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 18/03
vom 18. Dezember 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auswärtiger Rechtsanwalt IV
Ein Verband zur Verfolgung gewerblicher Interessen i.S. von § 13 Abs. 2
Nr. 2 UWG ist in der Regel ebenso wie ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung
in der Lage, einen Prozeßbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts
schriftlich zu instruieren. Beauftragt der Verband dennoch einen auswärtigen
Rechtsanwalt mit der Prozeßführung, sind dessen im Zusammenhang
mit der Reise zum Prozeßgericht entstandene Auslagen im allgemeinen
keine notwendigen Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
oder -verteidigung.
BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 – I ZB 18/03 – OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2003 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm,
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 30. Juni 2003 wird auf Kosten des Verfügungsklägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 325,70 esetzt.

Gründe:


I. Der Verfügungskläger ist der in Berlin ansässige Verein Sozialer Wettbewerb e.V., zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs, gehört. In einem wettbewerbsrechtlichen Streit mit dem Verfügungsbeklagten beauftragte der Verfügungskläger die Rechtsanwälte einer in Berlin ansässigen Sozietät, die für ihn beim Landgericht Bonn eine Beschlußverfügung erwirkten und nach Widerspruch den Verhandlungstermin vor dem Landgericht wahrnahmen. Im Termin erkannte der Verfügungsbeklagte die gegen ihn ergangene einstweilige Verfügung als endgültige und abschließende Regelung an. Das Landgericht erlegte ihm daraufhin die weiteren Kosten des Verfügungsverfahrens auf.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Verfügungskläger beantragt, auch die Kosten der Reise seines Berliner Prozeßbevollmächtigten zum Verhandlungstermin in Bonn sowie ein Tage- und Abwesenheitsgeld festzusetzen. Das Landgericht hat diesem Antrag entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsbeklagten hat das Oberlandesgericht die begehrte Festsetzung – abzüglich eines Anteils ersparter Kosten für eine schriftliche Unterrichtung eines Bonner Prozeßbevollmächtigten – abgelehnt.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde des Verfügungsklägers, mit der er seinen Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der genannten Positionen weiterverfolgt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Mit Recht hat das Beschwerdegericht die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Berliner statt eines Bonner Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen.
Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt davon ab, ob es für den Verfügungskläger notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Berlin ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Diese Frage hat das Beschwerdegericht zutreffend verneint.
1. Allerdings handelt es sich – wie der Bundesgerichtshof entschieden hat – im allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900 f.; Beschl. v. 12.12.2002 – I ZB 29/02, WRP 2003, 391, 392 –
Auswärtiger Rechtsanwalt I; Beschl. v. 10.4.2003 – I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 – Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 9.10.2003 – VII ZB 45/02, BGH-Rep 2004, 70, 71; Beschl. v. 18.12.2003 – I ZB 21/03, Umdruck S. 4 – Auswärtiger Rechtsanwalt III). Eine Ausnahme besteht indessen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter anderem regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH NJW 2003, 898, 901; GRUR 2003, 725, 726 – Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 18.12.2003 – I ZB 21/03, Umdruck S. 5 – Auswärtiger Rechtsanwalt III). In einem solchen Fall ist davon auszugehen, daß der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist unter diesen Voraussetzungen weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Nach der schriftlichen Übermittlung der erforderlichen Informationen können Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens ebenfalls schriftlich oder telefonisch erfolgen. Diese Grundsätze gelten auch für das Verfügungsverfahren (BGH GRUR 2003, 725, 726 – Auswärtiger Rechtsanwalt II).
2. Ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, der sich – wie der Verfügungskläger – damit befaßt, Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu verfolgen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG), ist wie ein Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung zu behandeln. Ein solcher Verband muß personell und sachlich so ausgestattet sein, daß er das Wettbewerbsgeschehen beobachten und bewer-
ten kann; er muß auch ohne anwaltlichen Rat in der Lage sein, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße zu erkennen und abzumahnen (vgl. BGH, Urt. v. 12.4.1984 – I ZR 45/82, GRUR 1984, 691, 692 = WRP 1984, 405 – Anwaltsabmahnung; BGHZ 126, 145, 147 – Verbandsausstattung II; Urt. v. 27.4.2000 – I ZR 287/97, GRUR 2000, 1093, 1094 = WRP 2000, 1275 – Fachverband). Dies bedeutet nicht, daß ein solcher Verband einen Mitarbeiter beschäftigen muß, der über eine juristische Ausbildung verfügt. Auch ein juristischer Laie kann sich im Rahmen seiner beruflichen Praxis die erforderlichen Kenntnisse der Regeln des lauteren Geschäftsverkehrs aneignen, um den Tätigkeitsbereich des Verbands betreffende, durchschnittlich schwierige Wettbewerbsverstöße zu erkennen und gegebenenfalls selbst abzumahnen (vgl. BGH GRUR 2000, 1093, 1095 – Fachverband).
Ein Wettbewerbsverband, der über eine diesen Anforderungen genügende persönliche Ausstattung verfügt, ist ebenso wie ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung regelmäßig in der Lage, einen Prozeßbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts schriftlich zu instruieren. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es in den von einem Wettbewerbsverband aufgegriffenen Fällen typischerweise um die rechtliche Beurteilung einer Werbemaßnahme geht, die im Tatsächlichen unstreitig ist und die sich normalerweise auch unschwer dokumentieren läßt. Diese Beurteilung des Regelfalls schließt es nicht aus, die Mehrkosten, die durch die Zuziehung eines am Sitz des Verbandes ansässigen Rechtsanwalts entstehen, ausnahmsweise dann als notwendig anzuerkennen, wenn dargetan wird, daß zum Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts eine persönliche Kontaktaufnahme unverzichtbar erschien.
3. Die im Zusammenhang mit der Reise zum Prozeßgericht entstandenen Auslagen des Berliner Prozeßbevollmächtigten sind danach im Streitfall keine notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Der Verfügungs-
kläger hätte einen Bonner Rechtsanwalt beauftragen und ihm die erforderlichen Informationen schriftlich zukommen lassen können. Besonderheiten des Sachverhalts , die ein persönliches Gespräch des Mandanten mit dem Prozeßbevollmächtigten erfordert hätten, sind nicht ersichtlich.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 5/04
vom
9. September 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterbevollmächtigter II
Zur Frage, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Geschäftsort als Hauptbevollmächtigten
zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durch Führen
eines Regreßprozesses notwendig ist, wenn das klagende Versicherungsunternehmen
an einem anderen Ort als demjenigen, an dem der Schadensfall bearbeitet
worden ist, eine Rechtsabteilung eingerichtet hat.
BGH, Beschl. v. 9. September 2004 - I ZB 5/04 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. September 2004
durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant,
Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 1. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 458,20 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin ist ein in Hamburg ansässiges Versicherungsunternehmen. Ihre Rechtsabteilung befindet sich in Köln. Sie hat das beklagte Speditionsunternehmen aus abgetretenem Recht vor dem Landgericht München I wegen des Verlustes von Transportgut auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe
von 6.176,92 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin beantragt, neben den von ihr verauslagten Gerichtskosten und den bei ihren Prozeßbevollmächtigten in Hamburg angefallenen Kosten auch die Kosten ihres Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts festzusetzen. Das Landgericht hat dem Antrag insoweit nicht entsprochen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Kostenfestsetzungsantrag in dem Umfang weiter, in dem er in den Vorinstanzen keinen Erfolg hatte. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Der Grundsatz, wonach die Zuziehung eines am Sitz der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen sei, könne nur mit der Notwendigkeit eines persönlichen Mandantengesprächs begründet werden. Bei einem gewöhnlichen Schadensfall könne der Versicherer seinen Prozeßbevollmächtigten jedoch im Regelfall durch Übersenden der Schadensakte unterrichten. Ein persönliches Mandantengespräch finde in der Regel nicht statt und sei hier von der
Klägerin auch nicht behauptet worden. Da die Klägerin als Transportversicherer Schadensersatz aus abgetretenem Recht geltend mache, habe sie keine persönliche Sachkenntnis gehabt und die Klage daher vollständig auf schriftliche Unterlagen gestützt. In Fällen wie dem vorliegenden seien Sachbearbeiter tätig, die den Versicherungsfall vorgerichtlich abschließend zu bearbeiten hätten. Es könne auch unterstellt werden, daß bei der Bearbeitung des Versicherungsfalls die im Unternehmen der Klägerin zur Verfügung stehenden Beratungsmöglichkeiten ausgenutzt würden und der Sachbearbeiter daher erforderlichenfalls mit der Rechtsabteilung telefoniere.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430).

a) Kosten eines Unterbevollmächtigten sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Sinne dieser Vorschrift, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden und als solche erstattungsfähig wären (BGH NJW 2003, 898, 899). Reisekosten des am Geschäftsort der Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig , wenn dessen Beauftragung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war, sondern ein am Ort des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.

b) Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozeßkosten i.S. des § 91 ZPO notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH NJW 2003, 898; BGH NJW-RR 2004, 430).
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 - Auswärtiger Rechtsanwalt I).
3. a) Die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei ist danach in der Regel als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzusehen, weil ein persönliches Informations- und Beratungsgespräch zwischen Partei und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinnvoll ist (vgl. BGH, Beschl. v. 23.3.2004 - VIII ZB 145/03, FamRZ 2004, 866 m.w.N.). Dabei ist bei einem klagenden Versicherungsunternehmen, das laufend eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten
zu führen hat, auch das Interesse zu berücksichtigen, mit besonders sachkundigen Rechtsanwälten seines Vertrauens am Ort zusammenzuarbeiten.

b) Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht erforderlich sein wird (vgl. BGH NJW 2003, 898, 901; BGH, Beschl. v. 10.4.2003 - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 = NJW 2003, 2027 - Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 18/03, GRUR 2004, 448 = WRP 2004, 495 = NJW-RR 2004, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV).
aa) Dies kann der Fall sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH GRUR 2004, 448 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV, m.w.N.). Der Umstand, daß die Klägerin eine eigene Rechtsabteilung hat, steht hier jedoch der Annahme, daß die Beauftragung des unterbevollmächtigten Rechtsanwalts eine notwendige Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung war, nicht entgegen.
Die Rechtsabteilung befindet sich nicht am Sitz der Klägerin, wo die Rechtssache bearbeitet worden ist, und war im übrigen mit der Sache auch zu keiner Zeit befaßt. Die Möglichkeit, gegebenenfalls fernmündlich bei einer an einem anderen Ort eingerichteten Rechtsabteilung Rechtsrat einzuholen, kann - entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts - ein persönliches Gespräch mit einem Anwalt am Ort nicht ersetzen. Auf die Frage, ob es nach der Unternehmensorganisation der Klägerin Aufgabe ihrer Rechtsabteilung in Köln war, Sachbearbeitern am Sitz des Unternehmens in Hamburg in Einzelfällen telefonische Rechtsauskünfte zu erteilen, kommt es danach nicht an.
bb) Die Klägerin muß sich als Versicherungsunternehmen bei der Beurteilung , ob ihre Aufwendungen zur Rechtsverfolgung notwendig waren, auch nicht so behandeln lassen, als hätte sie eine Rechtsabteilung an dem Ort, an dem sie Schadensfälle bearbeiten läßt. Denn im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, welche Organisation als zweckmäßiger anzusehen sein könnte (vgl. BGH NJW-RR 2004, 430). Der Prozeßgegner hat es hinzunehmen, daß er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (BGH, Beschl. v. 25.3.2004 - I ZB 28/03, GRUR 2004, 623 = WRP 2004, 777 = NJW-RR 2004, 857 - Unterbevollmächtigter

I).


cc) Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch kann auch dann entbehrlich sein, wenn die Sache von Mitarbeitern bearbeitet worden ist, die in der Lage sind, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu unterrichten. Dies kann anzunehmen sein, wenn es sich bei den mit der Sache befaßten Mitarbeitern um rechtskundiges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist (vgl. BGH GRUR 2004, 623 - Unterbevollmächtigter I). Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin waren im vorliegenden Fall jedoch keine rechtskundigen Mitarbeiter tätig. Allein aus ihrer gewerblichen Tätigkeit und ihrer Rechtsform ergibt sich nichts anderes (vgl. BGH, Beschl. v. 9.10.2003 - VII ZB 45/02, BGH-Rep 2004, 70, 71).
dd) Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß im vorliegenden Fall bereits im Zeitpunkt der Beauftragung der Hauptbevollmächtigten feststand, daß es sich um einen einfach
gelagerten Fall handelte und deshalb ein eingehendes Mandantengespräch entbehrlich sein werde.
Welche Schwierigkeiten das Führen eines Rechtsstreits aufwirft, ist für Rechtsunkundige regelmäßig nicht überschaubar und hängt darüber hinaus wesentlich vom Verhalten der Gegenseite während des Prozesses ab (BGH NJW 2003, 898, 901). Im vorliegenden Fall gilt nicht bereits deshalb etwas anderes , weil es sich um einen Regreßprozeß handelte. Die Einstandspflicht eines Versicherers hängt nicht von denselben Voraussetzungen ab wie sein etwaiger Regreßanspruch gegenüber dem Schädiger. Ein Versicherungsnehmer hat für einen nachgewiesenen Schaden nach Maßgabe des Versicherungsvertrages Ersatz zu leisten. Für das Führen eines Regreßprozesses sind demgegenüber neben der Feststellung des Schadenseintritts weitere Voraussetzungen zu prüfen wie etwa die Frage, ob den Schädiger ein Verschulden am Schadenseintritt trifft, ob er eine Haftungsbeschränkung geltend machen oder sich auf Verjährung berufen kann (BGH, Beschl. v. 13.5.2004 - I ZB 3/04, Umdr. S. 6). In Fällen der vorliegenden Art wird danach - auch unter Berücksichtigung der oben (Abschnitt II. 2. b)) dargelegten Grundsätze - in der Regel davon auszugehen sein, daß die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Geschäftsort zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
4. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Die Sache war an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen trifft.
v. Ungern-Sternberg Bornkamm Pokrant
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 28/03
vom
25. März 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Unterbevollmächtigter
Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch, das die Zuziehung eines
am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts
als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig
erscheinen läßt, kann nicht mit der Begründung als entbehrlich angesehen
werden, einem Unternehmen, das nicht über eine eigene Rechtsabteilung
verfügt, sei die Einrichtung einer solchen jedenfalls zuzumuten.
BGH, Beschl. v. 25. März 2004 - I ZB 28/03 - LG Dortmund
AG Kamen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 19. September 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde beträgt 160,08

Gründe:


I. Die Klägerin hat als Versicherer der D. Spedition GmbH die Beklagte aus gemäß § 67 VVG übergegangenem Recht auf Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung eines Transportauftrags in Anspruch genommen. Sie hat einer an ihrem Geschäftssitz Hamburg ansässigen Rechtsanwältin Hauptvollmacht erteilt. Den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Kamen hat ein dort ansässiger Rechtsanwalt in Untervoll-
macht wahrgenommen. Die Klägerin, die mit ihrer Klage in vollem Umfang erfolgreich war, hat Festsetzung ihrer Kosten einschließlich der Kosten des Unterbevollmächtigten in Höhe von insgesamt 728,24
Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat mit Beschluß vom 14. Juli 2003 die der Klägerin zu erstattenden Kosten in Höhe von 568,16 Dabei hat sie neben den Gerichtskosten nur die Kosten eines am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts sowie eine Informationspauschale in Höhe von 15 erstattungsfähige Kosten angesehen. Gegen diesen Beschluß , der ihr am 31. Juli 2003 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der die Klägerin ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Kosten des Unterbevollmächtigten weiterverfolgt.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts (§ 53 BRAGO) entstanden sind, richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, Umdr. S. 5). Kosten eines Unterbevollmächtigten sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Sinne dieser Vorschrift, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nach § 28 BRAGO erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden
und als solche erstattungsfähig wären (BGH NJW 2003, 898, 899). Reisekosten des am Geschäftsort der Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war, sondern ein am Ort des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.
Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Fall, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht , daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht erforderlich sein wird (BGH NJW 2003, 898, 901; Beschl. v. 10.4.2003 - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 - Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 18/03, WRP 2004, 495, 496 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV). Ein solches Mandantengespräch kann entbehrlich sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH WRP 2004, 495, 496 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV, m.w.N.).
2. Das Beschwerdegericht hat diese Grundsätze im Ausgangspunkt nicht verkannt. Es ist allerdings von der Entbehrlichkeit eines eingehenden Mandantengesprächs ausgegangen, ohne Feststellungen dazu zu treffen, ob die Klägerin über eine die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt. Zur Begründung hat es angeführt, es sei unerheblich, ob die Klägerin über eine eigene Rechtsabteilung verfüge, welche die Sache bearbeitet habe, weil ihr jedenfalls die Einrichtung einer solchen zuzumuten sei. Es könne einer Partei nicht erlaubt werden , den Aufwand für an sich einzustellendes geschultes Personal auf ihre jeweilige Prozeßgegner abzuwälzen, indem sie sich sogenannter Hausanwälte bediene und deren Kosten als Verkehrsanwälte erstattet verlange.

Dieser Auffassung kann, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt, nicht zugestimmt werden. Der Bundesgerichtshof hat nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts auch dann regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. ZPO anzusehen ist, wenn ein Haftpflichtversicherer Partei ist, der keine eigene Rechtsabteilung unterhält, sondern bei rechtlichen Schwierigkeiten einen Hausanwalt an seinem Geschäftsort beauftragt (BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, Umdr. S. 7/8). Dies folgt daraus, daß es im Rahmen der Kostenerstattung auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei ankommt und nicht darauf, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält (BGH aaO). Der Prozeßgegner hat es hinzunehmen , daß er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten.
3. Der angefochtene Beschluß ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen dazu trifft, ob schon im Zeitpunkt der Beauftragung der Hauptbevollmächtigten feststand, daß ein eingehendes Mandantengespräch nicht erforderlich sein werde, weil die Klägerin über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, die die Sache bearbeitet hat. Sollte die Klägerin nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, kann ein eingehendes persönliches Mandantengespräch auch dann entbehrlich gewesen sein, wenn die Sache von Mitarbeitern bearbeitet worden ist, die in der Lage waren, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Davon kann auszugehen sein, wenn es sich bei den mit der Sache befaßten Mitarbeitern um
rechtskundiges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Selbst bei Vorhandensein einer Rechtsabteilung kann eine sachgerechte und die Interessen der Partei vollständig wahrende Prozeßführung die mündliche Besprechung tatsächlicher und rechtlicher Fragen mit dem Prozeßbevollmächtigten allerdings erforderlich machen, wenn der zu beurteilende Fall Besonderheiten aufweist und es sich daher nicht um ein Routinegeschäft handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 18.2.2003 - XI ZB 10/02, JurBüro 2003, 427 = AnwBl 2003, 311).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann