Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Feb. 2013 - III ZR 87/12

bei uns veröffentlicht am28.02.2013
vorgehend
Landgericht Köln, 5 O 575/09, 12.04.2011
Oberlandesgericht Köln, 7 U 99/11, 23.02.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 87/12
vom
28. Februar 2013
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Februar 2013 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und
Dr. Remmert

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln von 23. Februar 2012 - 7 U 99/11 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Streitwert: 500.000 €.

Gründe


1
Ein Revisionszulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) besteht nicht. Die grundsätzlichen Rechtsfragen hat der Senat bereits in seinen Urteilen vom 18. Oktober 2012 (III ZR 197/11, NJW 2013, 168 und III ZR 196/11, BeckRS 2012, 22332) zum Nachteil der Klägerin geklärt.
2
Nach den vorgenannten Senatsentscheidungen ergab sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bis zu den Entscheidungen in den Sachen Carmen Media (C-46/08, Slg. 2010, I-8149), Stoß u.a. (C-316/07 u.a., Slg. 2010, I-8069) und Winner Wetten (C-409/06, Slg.
2010, I-8015) vom 8. September 2010 nicht mit der für einen qualifizierten Rechtsverstoß im Sinne des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs erforderlichen Deutlichkeit, dass das auf den Glückspielstaatsvertrag 2004 gegründete Glückspiel- und Sportwettenmonopol mit dem Unionsrecht nicht vereinbar war (III ZR 197/11, NJW 2013, 168 Rn. 23 ff und III ZR 196/11, BeckRS 2012, 22332 Rn. 23 ff).
3
Allerdings folgte aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) die Europarechtswidrigkeit des Monopols , da das Gericht eine mit dem Grundgesetz nicht vereinbare Inkohärenz angenommen und zugleich betont hat, die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom Gerichtshof der Europäischen Union zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben (Senat aaO jew. Rn. 27). Gleichwohl konnte ein qualifizierter Verstoß infolge der Aufrechterhaltung des Monopols auch für die Folgezeit nicht angenommen werden, da das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsfrist zur gesetzlichen Neuregelung bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumt hatte, und die bayerischen Behörden die Maßgaben einhielten, die das Gericht zur Beseitigung der von ihm festgestellten Inkohärenz für die Interimszeit aufgestellt hatte (Senat aaO jew. Rn. 32). Letzteres gilt auch für die Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen. Dies haben die Verwaltungsgerichte und das Bundesverfassungsgericht bestätigt (z.B. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR 2428/06, WM 2007, 183, 185; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. November 2007 - 3 K 162/07, juris Rn. 29 ff).
4
Hiernach stellten die Maßnahmen der Beklagten bis zum 31. Dezember 2007 keinen qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht dar. Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln im Vorprozess datiert vom 14. September 2007, so dass eine Haftung des beklagten Landes auch wegen unionsrechtswidriger Entscheidungen seiner Gerichte ausscheidet.
5
Von Bedeutung konnte daher nur noch sein, dass die Beklagten auch nach dem 31. Dezember 2007 an ihrer Rechtsauffassung festhielten und die Beklagte zu 2 ihre Klage gegen die hiesige Klägerin im Vorprozess nicht zurücknahm. Ab dem 1. Januar 2008 galt der neue Glückspielstaatsvertrag (siehe nordrhein-westfälisches Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glückspielwesen in Deutschland vom 30. Oktober 2007, GV. NRW. S. 445). Hinsichtlich der Zeit zwischen dem 1. Januar 2008, den - den Glückspielstaatsvertrag 2004 betreffenden - Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union in den Sachen Carmen Media, Stoß u.a. und Winner Wetten (jeweils aaO) vom 8. September 2010 und dem Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. November 2010 (I ZR 156/07, ZfWG 2011, 41) hat die Beschwerde aber weder zulassungsrelevante Rechtsfehler des Berufungsgerichts noch Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder die Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung aufgezeigt.
6
Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist in dieser Sache ebenso entbehrlich wie in den Verfahren III ZR 197/11 und III ZR 196/11. Die in den Senatsurteilen vom 18. Oktober 2012 angeführten Gründe (aaO jew. Rn. 38) treffen auch hier zu. Die von der Beschwerde aufgeworfenen weiteren unionsrechtlichen Fragen, die ihrer Auffassung nach eine Vorlage erfordern, sind teilweise nicht klärungsbedürftig und teilweise nicht entscheidungserheblich.

7
Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 12.04.2011 - 5 O 575/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.02.2012 - 7 U 99/11 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 197/11
Verkündet am:
18. Oktober 2012
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AEUV Art. 56, 340; BGB § 839 B

a) Die Behörden im Freistaat Bayern haben nicht dadurch in hinreichend qualifizierter
Weise gegen Unionsrecht verstoßen, dass sie bis zum 31. Dezember
2007 den Vertrieb von Sportwetten durch andere Anbieter als die im Deutschen
Lotto- und Totoblock zusammen geschlossenen Lotterieunternehmen
der Länder untersagt haben. Auch ein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839
Abs. 1, Art. 34 Satz 1 GG scheidet insoweit aus, weil die Untersagungsverfügungen
zwar objektiv rechtswidrig waren, es jedoch am Verschulden der
Amtsträger fehlt.

b) Die bayerischen Verwaltungsgerichte, die die Untersagungsverfügungen und
die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehbarkeit nicht aufgehoben haben, haben
ebenfalls nicht in hinreichend qualifizierter Weise gegen Unionsrecht
verstoßen.

c) Auch der bayerische Gesetzgeber hat nicht in hinreichend qualifizierter Weise
gegen Unionsrecht verstoßen, indem er das Sportwettenmonopol bis zum
31. Dezember 2007 aufrechterhalten hat.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 197/11 - OLG München
LG Passau
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2012durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin, eine in Gibraltar ansässige Anbieterin von Sportwetten, macht gegen die Stadt P. (Beklagte zu 1) sowie gegen den Freistaat Bayern (Beklagter zu 2) aus eigenem und aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung europäischen Rechts geltend.
2
Die Klägerin verfügt über eine Erlaubnis der gibraltarischen Behörden für die Veranstaltung von Sportwetten. Die von ihr unter anderem in Bayern angebotenen Wetten vertrieb sie - neben ihrer Präsenz im Internet - auch über Wettbüros , welche von selbständigen Geschäftsbesorgern geführt wurden. Ein solcher Geschäftsbesorger (im Folgenden: Zedent) betrieb im Gebiet der Beklag- ten zu 1 ein Wettbüro und trat der Klägerin später seine Schadensersatzansprüche ab.
3
Mit Verfügung vom 21. April 2005 untersagte die Beklagte zu 1 dem Zedenten die Vermittlung von Sportwetten und ordnete die sofortige Vollziehung ihres Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 4 VwGO an. Sie stützte sich auf die Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes in Verbindung mit § 284 StGB und §§ 3, 5 Abs. 2 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (gültig vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2007) und führte an, dem Zedenten fehle die notwendige staatliche Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten.
4
Auf den gegen diese Verfügung gerichteten Widerspruch des Zedenten hob die Beklagte zu 1 zwar die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf, half dem Rechtsmittel jedoch im Übrigen nicht ab und legte den Vorgang der Regierung von N. als zuständiger Widerspruchsbehörde vor. Mit Bescheid vom 9. Juni 2006 wies die Regierung von Niederbayern den Widerspruch des Zedenten gegen die Untersagungsverfügung zurück und ordnete deren sofortige Vollziehung wieder an.
5
Der Zedent erhob daraufhin Klage gegen die Verfügung der Beklagten zu 1 vor dem Verwaltungsgericht R. und stellte den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 22. August 2006 wies das Verwaltungsgericht diesen Antrag zurück. Zum 1. Oktober 2006 stellte der Zedent die Vermittlung von Sportwetten der Klägerin ein. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2006 wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Zedenten gegen die Abweisung seines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zurück.

6
Die Klägerin sieht in dem Erlass der behördlichen Untersagungsverfügung , den im Folgenden ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sowie in der Schaffung beziehungsweise Aufrechterhaltung der Vorschriften des Staatsvertrags jeweils qualifizierte Verstöße gegen das Recht der Europäischen Union. Sie hat von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von zunächst 30.000 € als Ersatz eigenen Schadens und solchen des Zedenten im Jahr 2006 verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Klageforderung um 120.000 € (Schadensersatz für 2007) erhöht hat, ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin Schadensersatz weder nach den Grundsätzen des gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs noch aus § 839 BGB, Art. 34 GG oder aus enteignungsgleichem Eingriff verlangen.
9
Im Hinblick auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hat sich das Berufungsgericht die Auffassung des Landgerichts zu eigen gemacht, die Beklagten hätten zwar objektiv die europarechtlich gewährleistete Dienstleis- tungsfreiheit der Klägerin und des Zedenten verletzt. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, nach Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 genüge das in den deutschen Ländern bestehende Sportwettenmonopol nicht der für einen gerechtfertigten Eingriff in die europäische Dienstleistungsfreiheit erforderlichen Kohärenz, da Pferdewetten und bestimmte andere Glückspiele (z.B. Automatenspiele) der Gewerbefreiheit unterlägen, obgleich sie ein höheres Suchtpotential beinhalteten, als die dem Monopol unterfallenden Sportwetten. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz hat das Berufungsgericht gemeint, es fehle jedoch an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht. Bis zu den Urteilen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 sei die Rechtsfrage, ob das Sportwettenmonopol gegen europäisches Recht verstoße, nicht in dem Maße geklärt gewesen, als dass die Maßnahmen der Beklagten als offenkundige Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht einzustufen gewesen seien.
10
Auch durch das das bayerische Sportwettenmonopol betreffende Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 sei der Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Beklagten nicht entfallen oder auf Null reduziert worden. Weder habe das Bundesverfassungsgericht darin ausdrücklich die Verletzung unionsrechtlicher Vorschriften festgestellt, noch beinhalteten die Feststellungen denknotwendig eine solche. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union habe ausgeführt, dass sich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 sowie in einem Beschluss vom 2. August 2006 nicht zur Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Unionsrecht geäußert habe. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass die maßgebliche bayerische Norm nicht nichtig sei und während der eingeräumten Übergangsfrist Eingriffe in das Grundrecht nach Art. 12 GG rechtfertige. Dass eine solche Übergangs- frist auch auf europarechtlicher Ebene gerechtfertigt sein könne, habe der Gerichtshof der Europäischen Union erstmals in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 in Sachen "Winner Wetten" verneint.
11
Soweit die Klägerin den Verwaltungsgerichten vorwerfe, eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union unterlassen zu haben, stelle dies ebenfalls keinen offenkundigen Verstoß gegen europäisches Recht dar, da eine Vorlagepflicht nach Art. 234 EGV (nunmehr Art. 267 AEUV) für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht bestehe.
12
Ansprüche aus § 839 BGB, Art. 34 GG und enteignungsgleichem Eingriff schieden ebenfalls aus.

II.


13
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
14
1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als (gibraltarische) Veranstalterin von Sportwetten und die für sie auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungsverträgen tätigen (deutschen) Vermittler Dienstleistungen im Sinne von Art. 49 EG (jetzt Art. 56 AEUV) angeboten haben (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C 316/07 u.a. - Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409 Rn. 56 ff). Weiterhin steht aufgrund der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 (C-46/08 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422; Stoß aaO; C-409/06 - Winner Wetten - NVwZ 2010, 1419) fest, dass das in Bayern bis 2008 gemäß dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 20. Juni 2004 (BayGVBl. S. 230) geltende Sportwetten- monopol, aufgrund dessen ausschließlich die im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen Lotterieunternehmen der Länder Sportwetten ("ODDSET") anbieten und (über die Lottoannahmestellen sowie über das Internet ) vertreiben durften, und damit die darauf beruhenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen der Bediensteten zu 1 und 2 objektiv mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar waren: Die Regelungen, die der Eindämmung der Spielsucht dienen sollten, verstießen gegen das in den Urteilen des Gerichtshofs statuierte Kohärenzgebot, da eine Reihe von Glückspielen (insbesondere Automatenspiele), die nicht unter das staatliche Monopol fielen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol galt. Zudem beanstandete der Gerichtshof in den die Rechtslage in Schleswig-Holstein und Hessen betreffenden Entscheidungen Carmen Media und Stoß die Durchführung intensiver Werbekampagnen durch den Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten.
15
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch die Beklagten stelle keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das europäische Recht dar, wie er für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlich sei (so auch zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11, juris, Rn. 20 ff), ist im Ergebnis gleichfalls nicht zu beanstanden.
16
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert, wenn der betreffende Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnisse die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (z.B. EuGH, Urteile vom 13. März 2007 - C-524/04 - Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, Slg. 2007, I-2157 Rn. 118; vom 8. Oktober 1996 - C-178/94 u.a. - Dillenkofer u.a., Slg. 1996, I-4867 Rn. 25; vom 26. März 1996 - C-392/93 - British Telecommunications, Slg. 1996, I-1654 Rn. 42; vom 5. März 1996 - C-46/93 u.a. - Brasserie du Pêcheur Slg. 1996, I-1131 Rn. 45, 55 ; siehe auch Senatsbeschluss vom 26. April 2012 - III ZR 215/11, juris Rn. 12; Senatsbeschluss vom 24. Juni 2010 - III ZR 140/09, NJW 2011, 772 Rn. 7; Senatsurteile vom 22. Januar 2009 - III ZR 233/07, NJW 2009, 2534 Rn. 22 und vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 38). Diesem restriktiven Haftungsmaßstab liegt die Erwägung zugrunde, dass die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit, insbesondere bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen, nicht jedes Mal durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden darf, wenn Allgemeininteressen den Erlass von Maßnahmen gebieten, die die Interessen des Einzelnen beeinträchtigen können (EuGH, Urteile in Sachen British Telecommunications aaO Rn. 40 und Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 45; Senatsbeschluss vom 26. April 2012 aaO). Nur wenn der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann schon die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (EuGH, Urteile in Sachen Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation und Dillenkofer jew. aaO; Senat aaO).
17
Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen, die für den dem nationalen Gericht vorgelegten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen beziehungsweise zugefügt wurde oder nicht, die Frage, ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht, und die Frage, ob möglicherweise das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise eingeführt oder aufrecht erhalten wurden (z.B. EuGH, Urteile in Sachen Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation aaO Rn. 119; Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 56 sowie vom 4. Dezember 2003 - C-63/01 - Evans, Slg. 2003, I-14492 Rn. 86; Senat aaO mwN).
18
Die vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze zur Haftung eines Mitgliedstaats für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht gelten dabei für alle Staatsgewalten unabhängig davon, ob der schadensverursachende Verstoß dem Gesetzgeber, den Gerichten oder der Verwaltung des Mitgliedstaats anzulasten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - C-224/01 - Köbler, Slg. 2003, I-10290 Rn. 31 f).
19
b) Ob an den vorstehenden Kriterien gemessen ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert ist, haben die Tatsachengerichte unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere an Hand der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Leitlinien zu beurteilen (Senatsurteil vom 22. Januar 2009 - III ZR 233/07, NJW 2009, 2534 Rn. 23). Die insoweit eingeschränkte revisionsrechtliche Überprüfung des Berufungsurteils lässt im Ergebnis Rechtsfehler nicht erkennen.
20
aa) Da die Klägerin der Beklagten zu 1 keine über den bloßen Vollzug der vom Beklagten zu 2 getroffenen Regelungen hinausgehenden Verstöße vorwirft, hat sich das Berufungsgericht bei der Beurteilung des exekutiven und legislativen Handelns der Beklagten sowie des materiellrechtlichen Inhalts der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts R. und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Recht auf die Frage der Vereinbarkeit der in Bayern im maßgeblichen Zeitraum geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht beschränkt.
21
bb) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass vorliegend eine einfache Verletzung des Gemeinschaftsrechts zur Annahme eines qualifizierten Verstoßes nicht ausreicht. In Ermangelung einer abschließenden gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung auf dem Gebiet des Glücksspielrechts verblieb dem Beklagten zu 2 ein erheblicher Gestaltungsspielraum.
22
cc) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Berufungsgerichts , dass in dem in Rede stehenden Zeitraum die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Grenzen zulässiger staatlicher Glückspielmonopole noch nicht so präzise geklärt hatte, dass die in Bayern seinerzeit geltende Rechtslage aufgrund der Judikatur des Gerichtshofs als offenkundig mit dem europäischen Recht unvereinbar gewertet werden musste.
23
Erst in seinen Entscheidungen vom 8. September 2010 (C-46/08 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422; C-316/07 u.a. - Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409; C-409/06 - Winner Wetten - NVwZ 2010, 1419) hat sich der Gerichtshof mit der Rechtfertigung des deutschen Sportwettenmonopols und dessen konkreter Ausgestaltung befasst. In den vorangegangenen Entscheidungen zur staatlichen Regulierung und Monopolisierung von Sportwetten (Urteile vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli Slg. 2003, I-13076 = NJW 2004, 139; vom 21. Oktober 1999 - C-67/98 - Zenatti, Slg. 1999, I-7304 = EuZW 2000, 151; vom 21. September 1999 - C-124/97- Läärä, Slg. 1999, I-6104 = EuZW 2000, 148 und vom 24. März 1994 - C-275/92 - Schindler, Slg. 1994, I-1078 = NJW 1994, 2013) hat der Gerichtshof zwar abstrakte Grenzen für solche Reglementierungen aufgezeigt. Jedoch hat er zugleich betont, dass den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, festzulegen, welche Erfordernisse sich insbesondere bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien ergäben (Urteile in Sachen Gambelli aaO Rn. 63; Zenatti aaO Rn. 14 f, 33 f; Läärä aaO, Rn. 13 f, 35 f, 39; Schindler aaO, Rn. 60 f). Nähere Vorgaben zur Ausübung dieses Ermessens enthalten die Entscheidungen nicht. Dies trifft insbesondere auch auf die von der Revision angeführten Urteile in den Sachen Zenatti und Gambelli (jew. aaO) zu, die sich mit der Rechtslage in Italien befassen.
24
(1) In dem Fall Zenatti hat der Gerichtshof ausgeführt, die Begrenzung des Glückspielbetriebs zu den Zwecken, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in geordnete Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, diene europarechtlich legitimen Zielen (aaO Rn. 35). Der Gerichtshof hat die Zulässigkeit von Beschränkungen des Wettbetriebs negativ dahingehend abgegrenzt, dass sie wirklich dem Ziel dienen müssten, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und dass die Erzielung von Einnahmen für soziale Aktivitäten nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein dürfe (aaO Rn. 36). Schließlich hat der Gerichtshof betont, es sei Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften gerechtfertigten Zielen dienten und die in ihnen enthaltenen Beschränkungen verhältnismäßig seien (aaO Rn. 37). Nähere inhaltliche Vorgaben, welche (weiteren) Ziele im Bereich der Regulierung von Wetten eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können und welche Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zulässig sind, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Im Gegenteil hat der Gerichtshof, ebenso wie im Urteil in der Sache Lärää (aaO, Rn. 35 f, 39), den weiten Ermessens-, Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Zulassung von Lotterie- und Glückspielangeboten unterstrichen (Stein, Anmerkung zu dem Urteil in der Sache Zenatti, EuZW 2000, 153, 154). Insbesondere auch die Monopolisierung bei einem Anbieter hat der Gerichtshof nicht für unzulässig gehalten (siehe Urteil in der Sache Zenatti aaO, Rn. 32 f; Urteil in der Sache Lärää aaO Rn. 34 f). Die Unvereinbarkeit der bayerischen Rechtslage betreffend die Sportwetten mit der Dienstleistungsfreiheit ließ sich damit aus dem Urteil in der Sache Zenatti nicht ableiten.
25
(2) Dies gilt in gleicher Weise für das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Sache Gambelli. Darin hat der Gerichtshof zunächst unter Bezugnahme auf seine Entscheidungen in den Sachen Schindler, Lärää und Zenatti bekräftigt, dass den Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, Beschränkungen des Betriebs von Spielen und Wetten zu statuieren (aaO Rn. 63). Weiterhin hat er betont, dass solche Beschränkungen durch zwingende Gründe, wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (aaO Rn. 67). Allerdings hat er weiter ausgeführt, die Reglementierungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt seien, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, müssten auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie "kohärent" und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitrügen (aaO).
26
Obgleich zur Begründung der Europarechtswidrigkeit der im maßgeblichen Zeitraum in Bayern geltenden Rechtslage angeführt wurde, sie genüge nicht den Anforderungen der Kohärenz, konnte aus der "Gambelli-Entscheidung" noch nicht mit der notwendigen Klarheit abgeleitet werden, dass die in Rede stehenden Regelungen zu Sportwetten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten. Der Gerichtshof hat sich in diesem Urteil mit der Kohärenz, das heißt mit der Stimmigkeit, der dort maßgeblichen italienischen Rechtsvorschriften nur unter dem Gesichtspunkt befasst, dass der italienische Staat im Fiskalinteresse eine Politik der Ausweitung des Spielens und Wettens verfolge und sich in diesem Fall als Rechtfertigung seiner Reglementierungen nicht auf die öffentliche Sozialordnung und die Notwendigkeit berufen könne, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (aaO Rn. 68 f). Die Kohärenz unter dem für den vorliegenden Sachverhalt maßgebenden Aspekt , dass Glücksspiele, die nicht unter das staatliche Monopol fallen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol gilt, war in der "Gambelli-Entscheidung" hingegen auch nicht andeutungsweise angesprochen. Dieser Gesichtspunkt hat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erst in den Urteilen vom 8. September 2010 (Carmen Media aaO Rn. 67 f; Stoß aaO Rn. 100 ff, 106) Bedeutung erlangt. Dementsprechend ließ sich dem "Gambelli-Urteil" kein - zumindest kein einen qualifizierten Verstoß begründender - Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die fraglichen Regelungen einen ungerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten.
27
dd) Der Revision ist allerdings im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) habe sich ebenfalls nicht mit der für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlichen Deutlichkeit die Unvereinbarkeit des bayerischen Monopols für Sportwetten mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit er- geben, nicht mehr vom tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gedeckt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dort unter Bezugnahme auf Randnummer 62 der "Gambelli-Entscheidung" des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13076) ausgeführt, die - durch die seinerzeitigen bayerischen Regelungen nicht erfüllten - Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben, nach denen die Erzielung von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten nur nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund einer restriktiven Politik im Bereich von Wetten und Glückspielen sein dürfe (BVerfGE 115, 276, 316 f). Zuzugeben ist der Revision weiterhin, dass der Generalanwalt beim Gerichtshof Mengozzi in seinem Schlussantrag in der Sache "Stoß u.a." unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2008 ausgeführt hat, die Lektüre dieser Entscheidung lasse es als "unzweifelhaft" erscheinen, dass das (mit dem bayerischen übereinstimmende hessische und baden-württembergische) Sportwettenmonopol nicht die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt habe, um als kohärent und systematisch eingestuft zu werden (C-316/07, juris Rn. 64). Dies ist richtig. Zwar stellt die von der Revision angeführte Passage aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts lediglich ein obiter dictum dar. Ferner hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, ihm fehle die Zuständigkeit, einen möglichen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht zu prüfen (aaO S. 299 f). Gleichwohl hat es sich ausdrücklich dahingehend festgelegt, dass die von ihm festgestellten verfassungsrechtlichen Mängel der bestehenden Regelungen zum Sportwettenmonopol in gleicher Weise mit den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten europarechtlichen Vorgaben unvereinbar seien. Damit konnte für die Rechtsanwender in der Judikative und der Exekutive sowie für den Gesetzgeber auch der europarechtliche status quo nicht mehr zweifelhaft sein.

28
Dennoch haben die Beklagten nicht in hinreichend qualifizierter Weise gegen das europäische Recht verstoßen.
29
(1) Zwar hat die Verwaltung der Beklagten auch nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Untersagungsverfügung aufrecht erhalten und es der Klägerin beziehungsweise ihrem Geschäftsbesorger nicht - etwa durch Erteilung einer entsprechenden Genehmigung - ermöglicht, Sportwetten zu vertreiben. Ein qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist ihr gleichwohl nicht anzulasten. Denn die Bediensteten der Beklagten durften annehmen, dass es bis zu der vom Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung des Wett- und Glückspielrechts, die spätestens zum 1. Januar 2008 erfolgen musste, auch mit dem materiellen europäischen Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, das Angebot von Sportwetten den bisherigen Monopolinhabern vorzubehalten. Es kann deshalb auf sich beruhen , ob insoweit die Rechtsauffassung vertretbar war, während der vom Bundesverfassungsgericht zugestandenen Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 sei ein an sich materiell europarechtswidriger Regelungszustand aus zwingenden Gründen der Rechtssicherheit (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-409/06 - Winner Wetten, NVwZ 2010, 1419, Rn. 66 mwN) gemeinschaftsrechtlich hinnehmbar, wie dies in dem Verfahren "Winner Wetten" vor dem Gerichtshof offenbar alle Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, geltend gemacht haben (vgl. EuGH aaO Rn. 63; Schlussanträge des Generalanwalts Bot, juris, Rn. 79 ff; siehe ferner VGH Kassel NVwZ 2006, 1435, 1439; OVG Münster NVwZ 2006, 1078, 1080).
30
Das Bundesverfassungsgericht hat während der von ihm zugestandenen Übergangsfrist nicht die uneingeschränkte Fortgeltung der als verfassungswid- rig - und aufgrund der Parallelität der Kohärenzanforderungen zugleich als gemeinschaftsrechtswidrig - erkannten Rechtslage gebilligt. Vielmehr hat es für die Anwendbarkeit der bislang geltenden Normen Maßgaben statuiert, nach denen unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herzustellen war (BVerfGE 115, 276, 319). Danach durften zwar - vor dem Hintergrund , dass die Errichtung eines staatlichen Wettmonopols für sich genommen weder verfassungs- noch europarechtswidrig ist (vgl. BVerfGE aaO S. 309) - das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Unternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Beklagten zu 2 veranstaltet wurden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden, wobei das Bundesverfassungsgericht sogar eine Aufrechterhaltung der Strafbewehrung nicht für ausgeschlossen erachtete (aaO S. 319). Jedoch war damit zu beginnen, das Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Der Staat durfte insbesondere die Übergangszeit nicht zu einer expansiven Vermarktung von Wetten nutzen. Daher waren bis zu einer Neuregelung die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltungen sowie eine Werbung, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten aufforderte, untersagt. Ferner hatte die staatliche Lotterieverwaltung umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (aaO).
31
Das Bundesverfassungsgericht hat die in der gesetzlichen Regelung angelegten und dementsprechend in der Praxis realisierten Defizite bei der Verwirklichung der das Wettmonopol grundsätzlich rechtfertigenden, vorgenannten Ziele darin gesehen, dass es an einer aktiven Prävention fehlte (aaO S. 311 f) und vor allem, dass die Geschäftspraxis des Monopolanbieters nach ihrem tat- sächlichen Erscheinungsbild dem einer wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung entsprach (aaO S. 314 ff). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit die breit angelegte Werbung , in der das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt wurde (aaO S. 314), die breiten Vertriebswege und die fehlende aktiv kommunizierte Prävention beanstandet (aaO S. 315 f).
32
Der Behebung eben jener Defizite dienten die im Vorgriff auf entsprechende gesetzliche Neuregelungen für die Übergangszeit aufgestellten Maßgaben. Ihr Inhalt zielte darauf ab, genau die Mängel der bestehenden Rechtslage abzustellen, die maßgeblich zu deren Verfassungswidrigkeit führten. Da das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung nicht nur der Sache nach die Kriterien der "Gambelli-Entscheidung" angewandt, sondern zugleich - wie ausgeführt - die Parallelität der Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts zu den vom Europäischen Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten betont hatte (aaO S. 316 f), lag für die Verwaltung der Beklagten die Annahme nahe, dass, sofern diese Maßgaben beachtet werden, auch vor dem formellen Erlass der entsprechenden (Änderungs-)Gesetze in der Praxis ein Zustand hergestellt werden kann, der nicht nur mit dem Grundgesetz, sondern auch mit dem Europarecht in Einklang steht (so vor allem BayVGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 53, 64; die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2006, WM 2006, 2326, nicht zur Entscheidung angenommen). Im Übrigen wäre wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts die Einräumung einer Übergangszeit durch das Bundesverfassungsgericht nicht nur ins Leere gegangen, sondern sogar für den Rechtsanwender irreführend gewesen. Dass die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderten Maßgaben tatsächlich zügig und vollständig umgesetzt wurden, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, vom Bundesverfassungsgericht gebilligt , der bayerischen Verwaltung in ständiger Rechtsprechung attestiert (z.B. BayVGH, Beschlüsse vom 3. August 2006, NVwZ 2006, 1430, 1431 f; vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 35 f, 52; vom 2. Oktober 2007 - 24 CS 07.1986, juris Rn. 30 und vom 15. November 2007 - 24 CS 07.2792, juris Rn. 29 f; BVerfG WM 2006, 2326, 2327 zum Beschluss des BayVGH vom 23. August 2006; siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1840/05, juris Rn. 5).
33
(2) Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die mit dem Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung der Beklagten zu 1 befassten Verwaltungsgerichte des Beklagten zu 2. Anders als die Revision geltend macht, liegt auch kein hinreichend qualifizierter Verstoß von Bediensteten des Beklagten zu 2 gegen europäisches Gemeinschaftsrecht vor, weil der Bayerische Verwaltungsgerichtshof es unterlassen hat, das von dem Zedenten angestrengte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersagungsverfügung der Beklagten zu 1 gemäß Art. 234 Abs. 3 EG (jetzt Art. 267 Abs. 3 AEUV) auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage der Vereinbarkeit der in Bayern seinerzeit geltenden Regelungen über das Sportwettenmonopol mit dem europäischen Recht vorzulegen. Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO letztinstanzlich entscheidendes Gericht (siehe § 152 Abs. 1 VwGO), das nach den genannten Bestimmungen zur Vorlage an den Gerichtshof grundsätzlich verpflichtet ist, wenn über die Auslegung von Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht zu befinden ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs entfällt die Vorlageverpflichtung jedoch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sofern es, wie hier, jeder Partei unbenommen bleibt, ein Hauptverfahren entweder selbst einzuleiten oder dessen Einleitung zu verlangen, in dem jene im summarischen Verfahren vorläufig entschiedene Frage des Gemeinschaftsrechts erneut geprüft werden und den Gegenstand einer Vorlage bilden kann, (EuGH, Urteile vom 24. Mai 1977 - 107/76 - Hoffmann-La Roche, Slg. 1977, 957 Rn. 5 f und vom 27. Oktober 1982 - 35 und 36/82 - Morson u.a., Slg. 1982, 3723 Rn. 8 ff; siehe auch BVerfG NJW 2007, 1521, 1522).
34
Das hiernach bestehende Ermessen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs war entgegen der Auffassung der Klägerin schon deshalb nicht auf Null reduziert, weil aus den zuvor dargestellten Gründen ein offenkundiger Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht vorlag.
35
(3) Soweit die Legislative des Beklagten zu 2 betroffen ist, ist ein solcher Verstoß ebenfalls auszuschließen. Dabei kann dem Gesetzgeber insbesondere nicht vorgehalten werden, er habe schnellstmöglich, also noch vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Übergangszeit, eine "auch dem Buchstaben nach" gemeinschaftsrechtskonforme Gesetzeslage schaffen müssen. Zunächst durfte auch der Gesetzgeber davon ausgehen, dass schon vor Anpassung des Gesetzeswortlauts an die Vorgaben des Bundesverfassungsrechts die Exekutive willens und in der Lage ist, für die Übergangsphase einen Zustand herzustellen, der europarechtlich keinen durchgreifenden Bedenken (mehr) ausgesetzt ist. Zudem war ausreichende Zeit vonnöten, um den aus den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgenden (national- wie europarechtlichen ) Anpassungsbedarf sorgfältig zu ermitteln, die hieraus folgenden Handlungsoptionen herauszuarbeiten und sich - gegebenenfalls auch nach Abstimmung mit den Rechtssetzungsorganen des Bundes - unter Abwägung der jeweils in Rede stehenden Belange für eine Lösung zu entscheiden. So gab es für die Schaffung einer im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kohärenten Lösung für den Bereich der Sportwetten und Glücksspiele eine Vielzahl von denkbaren Lösungen, da den Mitgliedstaaten insoweit ein weiter Ermessensspielraum zusteht (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli, Slg. 2003, I-13076 Rn. 63 mwN). Hinzu kommt, dass die hier maßgeblichen Regelungen nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes von den Ländern zu schaffen waren und diese Regelungen, um einen - sinnvollen - bundeseinheitlichen Standard zu gewährleisten, in einem Staatsvertrag aller deutschen Länder enthalten waren. Aufgrund dieser Ausgangslage ist dem Beklagten zu 2 insbesondere nicht anzulasten, dass sie auf einen gesetzgeberischen "Alleingang" verzichtete und zusammen mit den übrigen Ländern wiederum eine - nunmehr den europarechtlichen Vorgaben entsprechende - bundeseinheitliche Regelung anstrebte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zu 2 - ebenso wie alle anderen Bundesländer - die bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumte Übergangsfrist ausschöpfte.
36
ee) Der weitere Hinweis der Revision auf den Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2005 (WM 2005, 1141) ist für ihre Rechtsauffassung unbehelflich. Das Bundesverfassungsgericht hat darin unter Bezugnahme auf die "Gambelli-Entscheidung" lediglich geäußert, "erhebliche Zweifel" an der Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht könnten "nicht … ausgeschlossen" werden (aaO S. 1142 f). Ein offenkundiger Verstoß der Beklagten gegen das Gemeinschaftsrecht lässt sich angesichts dieser zurückhaltenden Formulierung hieraus nicht ableiten.
37
ff) Die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens 2003/4350 durch die Europäische Kommission mit dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 4. April 2006 ist für die Rechtsposition der Klägerin ebenfalls unbehelflich.
Zwar mag sich hieraus ebenso wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht ergeben haben. Aus den vorstehenden Gründen scheidet jedoch gleichwohl ein hinreichend qualifizierter Verstoß der Beklagten gegen das europäische Recht aus. In dem Schreiben äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der in den einzelnen Bundesländern geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol mit der Dienstleistungsfreiheit nur unter den in der "Gambelli-Entscheidung" des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13076) angesprochenen Aspekten. Die Kommission bemängelte, dass nach ihr vorliegenden Erkenntnissen die Monopolveranstalter in Deutschland einen erheblichen Werbeaufwand für die Sportwetten betrieben. Unter Bezugnahme auf Randnummer 69 des "Gambelli-Urteils" (aaO) wies sie darauf hin, dass sich die Mitgliedstaaten zur Rechtfertigung von Reglementierungen von Wetten nicht auf die Notwendigkeit berufen dürften, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern , wenn ihre Behörden die Verbraucher zugleich dazu anreizten und ermunterten , an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zuflössen. Eben diese Defizite wurden jedoch abgestellt , so dass die Beklagten die Rechtspraxis vertretbar als gemeinschaftskonform ansehen konnten.
38
c) Eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist nicht erforderlich. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als vorlagebedürftig angesehene Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht mit der Erwägung verneint werden könne, die Mitgliedstaaten hätten sich für berechtigt halten dürfen, für eine Übergangszeit einen europarechtswidrigen Zustand aufrechtzuerhalten , stellt sich aus den unter b, dd (1) ausgeführten Gründen nicht.
Auch im Übrigen besteht keine Notwendigkeit, eine Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV einzuholen. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch im konkreten Einzelfall erfüllt sind, obliegt entsprechend den vom Gerichtshof hierfür entwickelten Leitlinien grundsätzlich den nationalen Gerichten (EuGH, Urteile vom 13. März 2007 - C-524/04 - Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation - Slg. 2007, I-2157 Rn. 116 und vom 12. Dezember 2006 - C-446/04 - Test Claimants in the FII Group Litigation, Slg. 2006, I-11814, Rn. 210 mwN). Unionsrechtliche Fragen, die über die bloße Anwendung der Grundsätze des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf den konkreten Sachverhalt hinausgehen, wirft der Fall nicht auf.
39
3. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG bestehen gleichfalls nicht.
40
Zwar handelten die Verwaltungsbediensteten der Beklagten objektiv pflichtwidrig, weil die Untersagungsverfügung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar war. Jedoch fällt ihnen insoweit aus den oben (2 b dd (1)) genannten Gründen keine Fahrlässigkeit zur Last, zumal sie sich bei ihrer Einschätzung der Rechtslage im Einklang mit der Rechtsprechung des für sie zuständigen Verwaltungsgerichtshofs befanden (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1995 - III ZR 160/94, NJW 1995, 2918, 2920).
41
Eine Haftung des Beklagten zu 2 wegen legislativen Unrechts kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber lediglich Aufgaben der Allgemeinheit wahrnimmt, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt, ihm daher grundsätzlich keine drittschützenden Amtspflichten im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegen (vgl. z.B. Senatsbe- schluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05, NVwZ 2007, 362 Rn. 23; Senatsurteile vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 32 und vom 7. Juni 1988 - III ZR 198/87, NJW 1989, 101). Die Amtshaftung für die Richter des Beklagten zu 2 scheitert an § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB.
42
4. Zu Recht haben die Vorinstanzen auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff verneint. Insoweit erhebt die Revision ebenfalls keine Rügen.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 04.11.2010 - 1 O 1118/09 -
OLG München, Entscheidung vom 15.07.2011 - 1 U 5279/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 196/11
Verkündet am:
18. Oktober 2012
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2012durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin, eine in Gibraltar ansässige Anbieterin von Sportwetten, macht gegen die Stadt L. (Beklagte zu 1) sowie gegen den Freistaat Bayern (Beklagter zu 2) aus eigenem und aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung europäischen Rechts geltend.
2
Die Klägerin verfügt über eine Erlaubnis der gibraltarischen Behörden für die Veranstaltung von Sportwetten. Die von ihr unter anderem in Bayern angebotenen Wetten vertrieb sie - neben ihrer Präsenz im Internet - auch über Wettbüros , welche von selbständigen Geschäftsbesorgern geführt wurden. Ein solcher Geschäftsbesorger (im Folgenden: Zedent) betrieb im Gebiet der Beklag- ten zu 1 ein Wettbüro und trat der Klägerin später seine Schadensersatzansprüche ab.
3
Mit Verfügung vom 7. Juli 2005 untersagte die Beklagte zu 1 dem Zedenten die Vermittlung von Sportwetten und ordnete die sofortige Vollziehung ihres Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an. Sie stützte sich auf die Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes in Verbindung mit § 284 StGB und §§ 3, 5 Abs. 2 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (gültig vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2007) und führte an, dem Zedenten fehle die notwendige staatliche Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten.
4
Auf den gegen diese Verfügung gerichteten Widerspruch des Zedenten hob die Beklagte zu 1 zwar die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf, half dem Rechtsmittel jedoch im Übrigen nicht ab und legte den Vorgang dem Landratsamt D. als zuständiger Widerspruchsbehörde vor. Mit Bescheid vom 7. Juni 2006 wies das Landratsamt den Widerspruch des Zedenten gegen die Untersagungsverfügung zurück und ordnete deren sofortige Vollziehung wieder an.
5
Der Zedent erhob daraufhin Klage gegen die Verfügung der Beklagten zu 1 vor dem Verwaltungsgericht R. und stellte den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 7. September 2006 wies das Verwaltungsgericht diesen Antrag zurück. Zum 1. Oktober 2006 stellte der Zedent die Vermittlung von Sportwetten der Klägerin ein. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2006 wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Zedenten gegen die Abweisung seines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zurück.

6
Die Klägerin sieht in dem Erlass der behördlichen Untersagungsverfügung , den im Folgenden ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sowie in der Schaffung beziehungsweise Aufrechterhaltung der Vorschriften des Staatsvertrags jeweils qualifizierte Verstöße gegen das Recht der Europäischen Union. Sie verlangt von den Beklagten für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2006 als Gesamtschuldnern die Zahlung von 30.000 € als Ersatz eigenen Schadens und solchen des Zedenten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin Schadensersatz weder nach den Grundsätzen des gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs noch aus § 839 BGB, Art. 34 GG oder aus enteignungsgleichem Eingriff verlangen.
9
Im Hinblick auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hat sich das Berufungsgericht die Auffassung des Landgerichts zu eigen gemacht, die Beklagten hätten zwar objektiv die europarechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit der Klägerin und des Zedenten verletzt. Das Landgericht hat hier- zu ausgeführt, nach Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 genüge das in den deutschen Ländern bestehende Sportwettenmonopol nicht der für einen gerechtfertigten Eingriff in die europäische Dienstleistungsfreiheit erforderlichen Kohärenz, da Pferdewetten und bestimmte andere Glückspiele (z.B. Automatenspiele) der Gewerbefreiheit unterlägen, obgleich sie ein höheres Suchtpotential beinhalteten, als die dem Monopol unterfallenden Sportwetten. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz hat das Berufungsgericht gemeint, es fehle jedoch an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht. Bis zu den Urteilen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 sei die Rechtsfrage, ob das Sportwettenmonopol gegen europäisches Recht verstoße, nicht in dem Maße geklärt gewesen, als dass die Maßnahmen der Beklagten als offenkundige Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht einzustufen gewesen seien.
10
Auch durch das das bayerische Sportwettenmonopol betreffende Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 sei der Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Beklagten nicht entfallen oder auf Null reduziert worden. Weder habe das Bundesverfassungsgericht darin ausdrücklich die Verletzung unionsrechtlicher Vorschriften festgestellt, noch beinhalteten die Feststellungen denknotwendig eine solche. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union habe ausgeführt, dass sich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 sowie in einem Beschluss vom 2. August2006 nicht zur Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Unionsrecht geäußert habe. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass die maßgebliche bayerische Norm nicht nichtig sei und während der eingeräumten Übergangsfrist Eingriffe in das Grundrecht nach Art. 12 GG rechtfertige. Dass eine solche Übergangsfrist auch auf europarechtlicher Ebene gerechtfertigt sein könne, habe der Ge- richtshof der Europäischen Union erstmals in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 in Sachen "Winner Wetten" verneint.
11
Soweit die Klägerin den Verwaltungsgerichten vorwerfe, eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union unterlassen zu haben, stelle dies ebenfalls keinen offenkundigen Verstoß gegen europäisches Recht dar, da eine Vorlagepflicht nach Art. 234 EGV (nunmehr Art. 267 AEUV) für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht bestehe.
12
Ansprüche aus § 839 BGB, Art. 34 GG und enteignungsgleichem Eingriff schieden ebenfalls aus.

II.


13
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
14
1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als (gibraltarische) Veranstalterin von Sportwetten und die für sie auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungsverträgen tätigen (deutschen) Vermittler Dienstleistungen im Sinne von Art. 49 EG (jetzt Art. 56 AEUV) angeboten haben (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C 316/07 u.a. - Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409 Rn. 56 ff). Weiterhin steht aufgrund der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 (C-46/08 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422; Stoß aaO; C-409/06 - Winner Wetten - NVwZ 2010, 1419) fest, dass das in Bayern bis 2008 gemäß dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 20. Juni 2004 (BayGVBl. S. 230) geltende Sportwettenmonopol , aufgrund dessen ausschließlich die im Deutschen Lotto- und Toto- block zusammengeschlossenen Lotterieunternehmen der Länder Sportwetten ("ODDSET") anbieten und (über die Lottoannahmestellen sowie über das Internet ) vertreiben durften, und damit die darauf beruhenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen der Bediensteten zu 1 und 2 objektiv mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar waren: Die Regelungen, die der Eindämmung der Spielsucht dienen sollten, verstießen gegen das in den Urteilen des Gerichtshofs statuierte Kohärenzgebot, da eine Reihe von Glückspielen (insbesondere Automatenspiele), die nicht unter das staatliche Monopol fielen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol galt. Zudem beanstandete der Gerichtshof in den die Rechtslage in Schleswig-Holstein und Hessen betreffenden Entscheidungen Carmen Media und Stoß die Durchführung intensiver Werbekampagnen durch den Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten.
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2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch die Beklagten stelle keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das europäische Recht dar, wie er für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlich sei (so auch zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11, juris, Rn. 20 ff), ist im Ergebnis gleichfalls nicht zu beanstanden.
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a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert, wenn der betreffende Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnisse die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (z.B. EuGH, Urteile vom 13. März 2007 - C-524/04 - Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, Slg. 2007, I-2157 Rn. 118; vom 8. Oktober 1996 - C-178/94 u.a. - Dillenkofer u.a., Slg. 1996, I-4867 Rn. 25; vom 26. März 1996 - C-392/93 - British Telecommunications, Slg. 1996, I-1654 Rn. 42; vom 5. März 1996 - C-46/93 u.a. - Brasserie du Pêcheur Slg. 1996, I-1131 Rn. 45, 55 ; siehe auch Senatsbeschluss vom 26. April 2012 - III ZR 215/11, juris Rn. 12; Senatsbeschluss vom 24. Juni 2010 - III ZR 140/09, NJW 2011, 772 Rn. 7; Senatsurteile vom 22. Januar 2009 - III ZR 233/07, NJW 2009, 2534 Rn. 22 und vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 38). Diesem restriktiven Haftungsmaßstab liegt die Erwägung zugrunde, dass die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit, insbesondere bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen, nicht jedes Mal durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden darf, wenn Allgemeininteressen den Erlass von Maßnahmen gebieten, die die Interessen des Einzelnen beeinträchtigen können (EuGH, Urteile in Sachen British Telecommunications aaO Rn. 40 und Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 45; Senatsbeschluss vom 26. April 2012 aaO). Nur wenn der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann schon die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (EuGH, Urteile in Sachen Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation und Dillenkofer jew. aaO; Senat aaO).
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Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen, die für den dem nationalen Gericht vorgelegten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen beziehungsweise zugefügt wurde oder nicht, die Frage, ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht, und die Frage, ob möglicherweise das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise eingeführt oder aufrecht erhalten wurden (z.B. EuGH, Urteile in Sachen Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation aaO Rn. 119; Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 56 sowie vom 4. Dezember 2003 - C-63/01 - Evans, Slg. 2003, I-14492 Rn. 86; Senat aaO mwN).
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Die vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze zur Haftung eines Mitgliedstaats für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht gelten dabei für alle Staatsgewalten unabhängig davon, ob der schadensverursachende Verstoß dem Gesetzgeber, den Gerichten oder der Verwaltung des Mitgliedstaats anzulasten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - C-224/01 - Köbler, Slg. 2003, I-10290 Rn. 31 f).
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b) Ob an den vorstehenden Kriterien gemessen ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert ist, haben die Tatsachengerichte unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere an Hand der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Leitlinien zu beurteilen (Senatsurteil vom 22. Januar 2009 - III ZR 233/07, NJW 2009, 2534 Rn. 23). Die insoweit eingeschränkte revisionsrechtliche Überprüfung des Berufungsurteils lässt im Ergebnis Rechtsfehler nicht erkennen.
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aa) Da die Klägerin der Beklagten zu 1 keine über den bloßen Vollzug der vom Beklagten zu 2 getroffenen Regelungen hinausgehenden Verstöße vorwirft, hat sich das Berufungsgericht bei der Beurteilung des exekutiven und legislativen Handelns der Beklagten sowie des materiellrechtlichen Inhalts der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts R. und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Recht auf die Frage der Vereinbarkeit der in Bayern im maßgeblichen Zeitraum geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht beschränkt.
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bb) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass vorliegend eine einfache Verletzung des Gemeinschaftsrechts zur Annahme eines qualifizierten Verstoßes nicht ausreicht. In Ermangelung einer abschließenden gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung auf dem Gebiet des Glücksspielrechts verblieb dem Beklagten zu 2 ein erheblicher Gestaltungsspielraum.
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cc) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Berufungsgerichts , dass in dem in Rede stehenden Zeitraum die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Grenzen zulässiger staatlicher Glückspielmonopole noch nicht so präzise geklärt hatte, dass die in Bayern seinerzeit geltende Rechtslage aufgrund der Judikatur des Gerichtshofs als offenkundig mit dem europäischen Recht unvereinbar gewertet werden musste.
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Erst in seinen Entscheidungen vom 8. September 2010 (C-46/08 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422; C-316/07 u.a. - Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409; C-409/06 - Winner Wetten - NVwZ 2010, 1419) hat sich der Gerichtshof mit der Rechtfertigung des deutschen Sportwettenmonopols und dessen konkreter Ausgestaltung befasst. In den vorangegangenen Entscheidungen zur staatlichen Regulierung und Monopolisierung von Sportwetten (Urteile vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli Slg. 2003, I-13076 = NJW 2004, 139; vom 21. Oktober 1999 - C-67/98 - Zenatti, Slg. 1999, I-7304 = EuZW 2000, 151; vom 21. September 1999 - C-124/97- Läärä, Slg. 1999, I-6104 = EuZW 2000, 148 und vom 24. März 1994 - C-275/92 - Schindler, Slg. 1994, I-1078 = NJW 1994, 2013) hat der Gerichtshof zwar abstrakte Grenzen für solche Reglementierungen aufgezeigt. Jedoch hat er zugleich betont, dass den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, festzulegen, welche Erfordernisse sich insbesondere bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien ergäben (Urteile in Sachen Gambelli aaO Rn. 63; Zenatti aaO Rn. 14 f, 33 f; Läärä aaO, Rn. 13 f, 35 f, 39; Schindler aaO, Rn. 60 f). Nähere Vorgaben zur Ausübung dieses Ermessens enthalten die Entscheidungen nicht. Dies trifft insbesondere auch auf die von der Revision angeführten Urteile in den Sachen Zenatti und Gambelli (jew. aaO) zu, die sich mit der Rechtslage in Italien befassen.
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(1) In dem Fall Zenatti hat der Gerichtshof ausgeführt, die Begrenzung des Glückspielbetriebs zu den Zwecken, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in geordnete Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, diene europarechtlich legitimen Zielen (aaO Rn. 35). Der Gerichtshof hat die Zulässigkeit von Beschränkungen des Wettbetriebs negativ dahingehend abgegrenzt, dass sie wirklich dem Ziel dienen müssten, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und dass die Erzielung von Einnahmen für soziale Aktivitäten nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein dürfe (aaO Rn. 36). Schließlich hat der Gerichtshof betont, es sei Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften gerechtfertigten Zielen dienten und die in ihnen enthaltenen Beschränkungen verhältnismäßig seien (aaO Rn. 37). Nähere inhaltliche Vorgaben, welche (weiteren) Ziele im Bereich der Regulierung von Wetten eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können und welcheMaßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zulässig sind, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Im Gegenteil hat der Gerichtshof, ebenso wie im Urteil in der Sache Lärää (aaO, Rn. 35 f, 39), den weiten Ermessens-, Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Zulassung von Lotterie- und Glückspielangeboten unterstrichen (Stein, Anmerkung zu dem Urteil in der Sache Zenatti, EuZW 2000, 153, 154). Insbesondere auch die Monopolisierung bei einem Anbieter hat der Gerichtshof nicht für unzulässig gehalten (siehe Urteil in der Sache Zenatti aaO, Rn. 32 f; Urteil in der Sache Lärää aaO Rn. 34 f). Die Unvereinbarkeit der bayerischen Rechtslage betreffend die Sportwetten mit der Dienstleistungsfreiheit ließ sich damit aus dem Urteil in der Sache Zenatti nicht ableiten.
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(2) Dies gilt in gleicher Weise für das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Sache Gambelli. Darin hat der Gerichtshof zunächst unter Bezugnahme auf seine Entscheidungen in den Sachen Schindler, Lärää und Zenatti bekräftigt, dass den Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, Beschränkungen des Betriebs von Spielen und Wetten zu statuieren (aaO Rn. 63). Weiterhin hat er betont, dass solche Beschränkungen durch zwingende Gründe, wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (aaO Rn. 67). Allerdings hat er weiter ausgeführt, die Reglementierungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt seien, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, müssten auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie "kohärent" und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitrügen (aaO).
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Obgleich zur Begründung der Europarechtswidrigkeit der im maßgeblichen Zeitraum in Bayern geltenden Rechtslage angeführt wurde, sie genüge nicht den Anforderungen der Kohärenz, konnte aus der "Gambelli-Entscheidung" noch nicht mit der notwendigen Klarheit abgeleitet werden, dass die in Rede stehenden Regelungen zu Sportwetten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten. Der Gerichtshof hat sich in diesem Urteil mit der Kohärenz, das heißt mit der Stimmigkeit, der dort maßgeblichen italienischen Rechtsvorschriften nur unter dem Gesichtspunkt befasst, dass der italienische Staat im Fiskalinteresse eine Politik der Ausweitung des Spielens und Wettens verfolge und sich in diesem Fall als Rechtfertigung seiner Reglementierungen nicht auf die öffentliche Sozialordnung und die Notwendigkeit berufen könne, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (aaO Rn. 68 f). Die Kohärenz unter dem für den vorliegenden Sachverhalt maßgebenden Aspekt , dass Glücksspiele, die nicht unter das staatliche Monopol fallen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol gilt, war in der "Gambelli-Entscheidung" hingegen auch nicht andeutungsweise angesprochen. Dieser Gesichtspunkt hat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erst in den Urteilen vom 8. September 2010 (Carmen Media aaO Rn. 67 f; Stoß aaO Rn. 100 ff, 106) Bedeutung erlangt. Dementsprechend ließ sich dem "Gambelli-Urteil" kein - zumindest kein einen qualifizierten Verstoß begründender - Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die fraglichen Regelungen einen ungerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten.
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dd) Der Revision ist allerdings im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) habe sich ebenfalls nicht mit der für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlichen Deutlichkeit die Unvereinbarkeit des bayerischen Monopols für Sportwetten mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit er- geben, nicht mehr vom tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gedeckt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dort unter Bezugnahme auf Randnummer 62 der "Gambelli-Entscheidung" des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13076) ausgeführt, die - durch die seinerzeitigen bayerischen Regelungen nicht erfüllten - Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben, nach denen die Erzielung von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten nur nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund einer restriktiven Politik im Bereich von Wetten und Glückspielen sein dürfe (BVerfGE 115, 276, 316 f). Zuzugeben ist der Revision weiterhin, dass der Generalanwalt beim Gerichtshof Mengozzi in seinem Schlussantrag in der Sache "Stoß u.a." unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2008 ausgeführt hat, die Lektüre dieser Entscheidung lasse es als "unzweifelhaft" erscheinen, dass das (mit dem bayerischen übereinstimmende hessische und baden-württembergische) Sportwettenmonopol nicht die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt habe, um als kohärent und systematisch eingestuft zu werden (C-316/07, juris Rn. 64). Dies ist richtig. Zwar stellt die von der Revision angeführte Passage aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts lediglich ein obiter dictum dar. Ferner hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, ihm fehle die Zuständigkeit, einen möglichen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht zu prüfen (aaO S. 299 f). Gleichwohl hat es sich ausdrücklich dahingehend festgelegt, dass die von ihm festgestellten verfassungsrechtlichen Mängel der bestehenden Regelungen zum Sportwettenmonopol in gleicher Weise mit den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten europarechtlichen Vorgaben unvereinbar seien. Damit konnte für die Rechtsanwender in der Judikative und der Exekutive sowie für den Gesetzgeber auch der europarechtliche status quo nicht mehr zweifelhaft sein.

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Dennoch haben die Beklagten nicht in hinreichend qualifizierter Weise gegen das europäische Recht verstoßen.
29
(1) Zwar hat die Verwaltung der Beklagten auch nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Untersagungsverfügung aufrecht erhalten und es der Klägerin beziehungsweise ihrem Geschäftsbesorger nicht - etwa durch Erteilung einer entsprechenden Genehmigung - ermöglicht, Sportwetten zu vertreiben. Ein qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist ihr gleichwohl nicht anzulasten. Denn die Bediensteten der Beklagten durften annehmen, dass es bis zu der vom Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung des Wett- und Glückspielrechts, die spätestens zum 1. Januar 2008 erfolgen musste, auch mit dem materiellen europäischen Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, das Angebot von Sportwetten den bisherigen Monopolinhabern vorzubehalten. Es kann deshalb auf sich beruhen , ob insoweit die Rechtsauffassung vertretbar war, während der vom Bundesverfassungsgericht zugestandenen Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 sei ein an sich materiell europarechtswidriger Regelungszustand aus zwingenden Gründen der Rechtssicherheit (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-409/06 - Winner Wetten, NVwZ 2010, 1419 Rn. 66 mwN) gemeinschaftsrechtlich hinnehmbar, wie dies in dem Verfahren "Winner Wetten" vor dem Gerichtshof offenbar alle Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, geltend gemacht haben (vgl. EuGH aaO Rn. 63; Schlussanträge des Generalanwalts Bot, juris, Rn. 79 ff; siehe ferner VGH Kassel NVwZ 2006, 1435, 1439; OVG Münster NVwZ 2006, 1078, 1080).
30
Das Bundesverfassungsgericht hat während der von ihm zugestandenen Übergangsfrist nicht die uneingeschränkte Fortgeltung der als verfassungswid- rig - und aufgrund der Parallelität der Kohärenzanforderungen zugleich als gemeinschaftsrechtswidrig - erkannten Rechtslage gebilligt. Vielmehr hat es für die Anwendbarkeit der bislang geltenden Normen Maßgaben statuiert, nach denen unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herzustellen war (BVerfGE 115, 276, 319). Danach durften zwar - vor dem Hintergrund , dass die Errichtung eines staatlichen Wettmonopols für sich genommen weder verfassungs- noch europarechtswidrig ist (vgl. BVerfGE aaO S. 309) - das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Unternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Beklagten zu 2 veranstaltet wurden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden, wobei das Bundesverfassungsgericht sogar eine Aufrechterhaltung der Strafbewehrung nicht für ausgeschlossen erachtete (aaO S. 319). Jedoch war damit zu beginnen, das Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Der Staat durfte insbesondere die Übergangszeit nicht zu einer expansiven Vermarktung von Wetten nutzen. Daher waren bis zu einer Neuregelung die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltungen sowie eine Werbung, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten aufforderte, untersagt. Ferner hatte die staatliche Lotterieverwaltung umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (aaO).
31
Das Bundesverfassungsgericht hat die in der gesetzlichen Regelung angelegten und dementsprechend in der Praxis realisierten Defizite bei der Verwirklichung der das Wettmonopol grundsätzlich rechtfertigenden, vorgenannten Ziele darin gesehen, dass es an einer aktiven Prävention fehlte (aaO S. 311 f) und vor allem, dass die Geschäftspraxis des Monopolanbieters nach ihrem tat- sächlichen Erscheinungsbild dem einer wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung entsprach (aaO S. 314 ff). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit die breit angelegte Werbung , in der das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt wurde (aaO S. 314), die breiten Vertriebswege und die fehlende aktiv kommunizierte Prävention beanstandet (aaO S. 315 f).
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Der Behebung eben jener Defizite dienten die im Vorgriff auf entsprechende gesetzliche Neuregelungen für die Übergangszeit aufgestellten Maßgaben. Ihr Inhalt zielte darauf ab, genau die Mängel der bestehenden Rechtslage abzustellen, die maßgeblich zu deren Verfassungswidrigkeit führten. Da das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung nicht nur der Sache nach die Kriterien der "Gambelli-Entscheidung" angewandt, sondern zugleich - wie ausgeführt - die Parallelität der Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts zu den vom Europäischen Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten betont hatte (aaO S. 316 f), lag für die Verwaltung der Beklagten die Annahme nahe, dass, sofern diese Maßgaben beachtet werden, auch vor dem formellen Erlass der entsprechenden (Änderungs-)Gesetze in der Praxis ein Zustand hergestellt werden kann, der nicht nur mit dem Grundgesetz, sondern auch mit dem Europarecht in Einklang steht (so vor allem BayVGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 53, 64; die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2006, WM 2006, 2326, nicht zur Entscheidung angenommen). Im Übrigen wäre wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts die Einräumung einer Übergangszeit durch das Bundesverfassungsgericht nicht nur ins Leere gegangen, sondern sogar für den Rechtsanwender irreführend gewesen. Dass die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderten Maßgaben tatsächlich zügig und vollständig umgesetzt wurden, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, vom Bundesverfassungsgericht gebilligt , der bayerischen Verwaltung in ständiger Rechtsprechung attestiert (z.B. BayVGH, Beschlüsse vom 3. August 2006, NVwZ 2006, 1430, 1431 f; vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 35 f, 52; vom 2. Oktober 2007 - 24 CS 07.1986, juris Rn. 30 und vom 15. November 2007 - 24 CS 07.2792, juris Rn. 29 f; BVerfG WM 2006, 2326, 2327 zum Beschluss des BayVGH vom 23. August 2006; siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1840/05, juris Rn. 5).
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(2) Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die mit dem Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung der Beklagten zu 1 befassten Verwaltungsgerichte des Beklagten zu 2. Anders als die Revision geltend macht, liegt auch kein hinreichend qualifizierter Verstoß von Bediensteten des Beklagten zu 2 gegen europäisches Gemeinschaftsrecht vor, weil der Bayerische Verwaltungsgerichtshof es unterlassen hat, das von dem Zedenten angestrengte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersagungsverfügung der Beklagten zu 1 gemäß Art. 234 Abs. 3 EG (jetzt Art. 267 Abs. 3 AEUV) auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage der Vereinbarkeit der in Bayern seinerzeit geltenden Regelungen über das Sportwettenmonopol mit dem europäischen Recht vorzulegen. Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO letztinstanzlich entscheidendes Gericht (siehe § 152 Abs. 1 VwGO), das nach den genannten Bestimmungen zur Vorlage an den Gerichtshof grundsätzlich verpflichtet ist, wenn über die Auslegung von Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht zu befinden ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs entfällt die Vorlageverpflichtung jedoch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sofern es, wie hier, jeder Partei unbenommen bleibt, ein Hauptverfahren entweder selbst einzuleiten oder dessen Einleitung zu verlangen, in dem jene im summarischen Verfahren vorläufig entschiedene Frage des Gemeinschaftsrechts erneut geprüft werden und den Gegenstand einer Vorlage bilden kann, (EuGH, Urteile vom 24. Mai 1977 - 107/76 - Hoffmann-La Roche, Slg. 1977, 957 Rn. 5 f und vom 27. Oktober 1982 - 35 und 36/82 - Morson u.a., Slg. 1982, 3723 Rn. 8 ff; siehe auch BVerfG NJW 2007, 1521, 1522).
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Das hiernach bestehende Ermessen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs war entgegen der Auffassung der Klägerin schon deshalb nicht auf Null reduziert, weil aus den zuvor dargestellten Gründen ein offenkundiger Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht vorlag.
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(3) Soweit die Legislative des Beklagten zu 2 betroffen ist, ist ein solcher Verstoß ebenfalls auszuschließen. Dabei kann dem Gesetzgeber insbesondere nicht vorgehalten werden, er habe schnellstmöglich, also noch vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Übergangszeit, eine "auch dem Buchstaben nach" gemeinschaftsrechtskonforme Gesetzeslage schaffen müssen. Zunächst durfte auch der Gesetzgeber davon ausgehen, dass schon vor Anpassung des Gesetzeswortlauts an die Vorgaben des Bundesverfassungsrechts die Exekutive willens und in der Lage ist, für die Übergangsphase einen Zustand herzustellen, der europarechtlich keinen durchgreifenden Bedenken (mehr) ausgesetzt ist. Zudem war ausreichende Zeit vonnöten, um den aus den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgenden (national- wie europarechtlichen ) Anpassungsbedarf sorgfältig zu ermitteln, die hieraus folgenden Handlungsoptionen herauszuarbeiten und sich - gegebenenfalls auch nach Abstimmung mit den Rechtssetzungsorganen des Bundes - unter Abwägung der jeweils in Rede stehenden Belange für eine Lösung zu entscheiden. So gab es für die Schaffung einer im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kohärenten Lösung für den Bereich der Sportwetten und Glücksspiele eine Vielzahl von denkbaren Lösungen, da den Mitgliedstaaten insoweit ein weiter Ermessensspielraum zusteht (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli, Slg. 2003, I-13076 Rn. 63 mwN). Hinzu kommt, dass die hier maßgeblichen Regelungen nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes von den Ländern zu schaffen waren und diese Regelungen, um einen - sinnvollen - bundeseinheitlichen Standard zu gewährleisten, in einem Staatsvertrag aller deutschen Länder enthalten waren. Aufgrund dieser Ausgangslage ist dem Beklagten zu 2 insbesondere nicht anzulasten, dass sie auf einen gesetzgeberischen "Alleingang" verzichtete und zusammen mit den übrigen Ländern wiederum eine - nunmehr den europarechtlichen Vorgaben entsprechende – bundeseinheitliche Regelung anstrebte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zu 2 - ebenso wie alle anderen Bundesländer - die bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumte Übergangsfrist ausschöpfte.
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ee) Der weitere Hinweis der Revision auf den Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2005 (WM 2005, 1141) ist für ihre Rechtsauffassung unbehelflich. Das Bundesverfassungsgericht hat darin unter Bezugnahme auf die "Gambelli-Entscheidung" lediglich geäußert, "erhebliche Zweifel" an der Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht könnten "nicht … ausgeschlossen" werden (aaO S. 1142 f). Ein offenkundiger Verstoß der Beklagten gegen das Gemeinschaftsrecht lässt sich angesichts dieser zurückhaltenden Formulierung hieraus nicht ableiten.
37
ff) Die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens 2003/4350 durch die Europäische Kommission mit dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 4. April 2006 ist für die Rechtsposition der Klägerin ebenfalls unbehelflich.
Zwar mag sich hieraus ebenso wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht ergeben haben. Aus den vorstehenden Gründen scheidet jedoch gleichwohl ein hinreichend qualifizierter Verstoß der Beklagten gegen das europäische Recht aus. In dem Schreiben äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der in den einzelnen Bundesländern geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol mit der Dienstleistungsfreiheit nur unter den in der "Gambelli-Entscheidung" des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13076) angesprochenen Aspekten. Die Kommission bemängelte, dass nach ihr vorliegenden Erkenntnissen die Monopolveranstalter in Deutschland einen erheblichen Werbeaufwand für die Sportwetten betrieben. Unter Bezugnahme auf Randnummer 69 des "Gambelli-Urteils" (aaO) wies sie darauf hin, dass sich die Mitgliedstaaten zur Rechtfertigung von Reglementierungen von Wetten nicht auf die Notwendigkeit berufen dürften, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern , wenn ihre Behörden die Verbraucher zugleich dazu anreizten und ermunterten , an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zuflössen. Eben diese Defizite wurden jedoch abgestellt , so dass die Beklagten die Rechtspraxis vertretbar als gemeinschaftskonform ansehen konnten.
38
c) Eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist nicht erforderlich. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als vorlagebedürftig angesehene Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht mit der Erwägung verneint werden könne, die Mitgliedstaaten hätten sich für berechtigt halten dürfen, für eine Übergangszeit einen europarechtswidrigen Zustand aufrechtzuerhalten , stellt sich aus den unter b, dd (1) ausgeführten Gründen nicht.
Auch im Übrigen besteht keine Notwendigkeit, eine Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV einzuholen. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch im konkreten Einzelfall erfüllt sind, obliegt entsprechend den vom Gerichtshof hierfür entwickelten Leitlinien grundsätzlich den nationalen Gerichten (EuGH, Urteile vom 13. März 2007 - C-524/04 - Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation - Slg. 2007, I-2157 Rn. 116 und vom 12. Dezember 2006 - C-446/04 - Test Claimants in the FII Group Litigation, Slg. 2006, I-11814, Rn. 210 mwN). Unionsrechtliche Fragen, die über die bloße Anwendung der Grundsätze des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf den konkreten Sachverhalt hinausgehen, wirft der Fall nicht auf.
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3. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG bestehen gleichfalls nicht.
40
Zwar handelten die Verwaltungsbediensteten der Beklagten objektiv pflichtwidrig, weil die Untersagungsverfügung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar war. Jedoch fällt ihnen insoweit aus den oben (2 b dd (1)) genannten Gründen keine Fahrlässigkeit zur Last, zumal sie sich bei ihrer Einschätzung der Rechtslage im Einklang mit der Rechtsprechung des für sie zuständigen Verwaltungsgerichtshofs befanden (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1995 - III ZR 160/94, NJW 1995, 2918, 2920).
41
Eine Haftung des Beklagten zu 2 wegen legislativen Unrechts kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber lediglich Aufgaben der Allgemeinheit wahrnimmt, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt, ihm daher grundsätzlich keine drittschützenden Amtspflichten im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegen (vgl. z.B. Senatsbe- schluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05, NVwZ 2007, 362 Rn. 23; Senatsurteile vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 32 und vom 7. Juni 1988 - III ZR 198/87, NJW 1989, 101). Die Amtshaftung für die Richter des Beklagten zu 2 scheitert an § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB.
42
4. Zu Recht haben die Vorinstanzen auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff verneint. Insoweit erhebt die Revision ebenfalls keine Rügen.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 30.11.2010 - 54 O 30/10 -
OLG München, Entscheidung vom 15.07.2011 - 1 U 392/11 -
Berichtigungsbeschluss
vom 24. Februar 2011
nach Seite 24 angefügt
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 156/07 Verkündet am:
18. November 2010
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. September 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 2. Februar 2006 insoweit abgeändert , als die Beklagte nach dem Unterlassungsantrag zu 1.1 (Angebot und Bewerbung von Glücksspielen und/oder Sportwetten) verurteilt worden ist. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin organisiert und veranstaltet Lotterie- und Glücksspiele in Nordrhein-Westfalen, unter anderem LOTTO, TOTO und die Sportwette ODDSET. Die Klägerin und die anderen 15 Landeslotteriegesellschaften sind gemeinsam Inhaber der am 27. August 1997 aufgrund Verkehrsdurchsetzung für die Veranstaltung von Lotterien und Glücksspielen eingetragenen Wortmarke 396 38 297 TOTO.
2
Die Beklagte zu 1 ist ein Glücksspiel- und Wettunternehmen mit Sitz in Gibraltar. Sie bietet auf der Internetseite "betandwin.com" - auch in deutscher Sprache - Sportwetten, Online-Kasinospiele und Lotterien an. Über den Menüpunkt "Sportwetten" kann unter anderem auf die Ergebnisse der deutschen Bundesliga gewettet werden. Eine bestimmte Fußballwette bezeichnet die Beklagte mit "supertoto" und mit "supertoto XXL". Zur Eröffnung eines Wettkontos muss sich der Spieler registrieren. Unter den zur Auswahl stehenden Ländern befindet sich auch Deutschland. Der Beklagte zu 2 ist organschaftlicher Vertreter der Beklagten zu 1. Die Beklagten verfügen über keine Erlaubnis deutscher Behörden für die Veranstaltung von Glücksspielen.
3
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagten begingen einen Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 284, 287 StGB, weil es sich bei ihrem Angebot um in Deutschland unerlaubte Glücksspiele bzw. Lotterien handele, für die sie über keine behördliche Genehmigung verfügten. Auf die Genehmigung durch ausländische Behörden komme es nicht an. Die Bezeichnungen "supertoto" und "supertoto XXL" verletzten die Marke TOTO der Klägerin.
4
Mit ihrer im Januar 2005 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, 1. die Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1.1 ohne behördliche Erlaubnis Glücksspiele und/oder Sportwetten anzubieten und/oder zu bewerben, wie nachstehend wiedergegeben [es folgen Abbildungen von acht über die Internetseite "betandwin.com" aufrufbaren Bildschirmseiten, von denen nachfolgend die ersten zwei eingefügt sind]: 1.2 im Zusammenhang mit Sportwetten die nachstehend wiedergegebenen Bezeichnungen zu verwenden: supertoto oder supertoto XXL oder 2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziffer 1.1 und 1.2 beschriebenen Handlungen in Nordrhein-Westfalen seit dem 9. August 2004 entstanden ist oder künftig noch entstehen wird; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze , die mit oder aufgrund von Handlungen nach Ziffer 1.1 und 1.2 seit dem 9. August 2004 durch die Entgegennahme von Wetten der Teilnehmer, die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben, erzielt worden sind.
5
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben die Auffassung vertreten, das staatliche Glücksspielmonopol und das seiner Absicherung dienende Normengeflecht - einschließlich der §§ 284, 287 StGB - verstießen gegen die höherrangige Dienst- und Niederlassungsfreiheit des Unionsrechts.
6
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, soweit sie auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtet war. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen (OLG Köln, ZUM 2008, 147).
7
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihr auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


8
A. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Unterlassungsansprüche bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
9
Die Unterlassungsansprüche seien aus §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 284 Abs. 1 und 4 StGB, § 1 SportwettenG NW begründet. Da die im Internet angebotenen Glücksspiele ohne die nach § 1 SportwettenG NW erforderliche Erlaubnis veranstaltet würden, sei § 284 StGB anwendbar.
10
Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in dem staatlichen Wettmonopol in Bayern einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit gesehen. Diese Entscheidung sei auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen übertragbar. In der vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 dürfe jedoch die Durchführung von Sportwetten durch private Unternehmen weiterhin untersagt werden, sofern ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits hergestellt werde.
11
Unionsrechtliche Gründe stünden einer Anwendung des objektiven Tatbestands des § 284 StGB nicht entgegen. Dabei könne offenbleiben, ob entsprechende Bedenken ohnehin nur in einem Verfahren auf behördliche Genehmigung geltend gemacht werden könnten. Beschränkungen der Grundfreiheiten aus Art. 43 und 49 EG aF (jetzt Art. 49 und 56 AEUV) könnten jedenfalls durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Dies sei der Fall, wenn die fraglichen Bestimmungen dem Ziel dienten, die sittlich und finanziell schädlichen Folgen der Wettleidenschaft einzudämmen, und nicht vorrangig darauf abzielten, dem Staat Einnahmen zu sichern.
12
Es könne nicht festgestellt werden, dass die in Nordrhein-Westfalen geltenden Regelungen und ihre praktische Umsetzung während der Übergangszeit nicht den vom Gerichtshof der Europäischen Union und vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen genügten. Hierfür sei es nicht erforderlich , die Eindämmung der Spielsucht gesetzlich zu verankern. Es sei Sache der Beklagten, Gründe dafür vorzutragen, dass § 284 StGB nicht zur Anwendung komme. Dies hätten die Beklagten nicht getan. Es bestehe keine Vermutung dafür, dass die verfassungs- und unionsrechtswidrigen Zustände nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts fortbestanden hätten. NordrheinWestfalen habe vielmehr in erheblichem Umfang Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht ergriffen, wie sich unter anderem aus Feststellungen in einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster ergebe.
13
Nicht maßgeblich sei, ob nicht nur im Bereich der Sportwetten, sondern im gesamten Glücksspielbereich die Spielsucht hinreichend bekämpft werde. Dieses Erfordernis könne nicht daraus abgeleitet werden, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die staatlichen Maßnahmen "kohärent und systematisch" zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen müssten.
14
Auch der gegen die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen gerichtete Unterlassungsantrag sei begründet. Dies gelte - ungeachtet einer möglichen Markenverletzung - schon deshalb, weil die Beklagten in Deutschland Sportwetten - gleich unter welcher Bezeichnung - nicht anbieten dürften.
15
Die geltend gemachten Schadensersatz- und Auskunftsansprüche stünden der Klägerin hingegen weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht zu, da ein ersatzfähiger Schaden nicht ersichtlich sei.
16
B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Klage ist auch hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu 1.1 (Angebot und Bewerbung von Glücksspielen und/oder Sportwetten) abzuweisen. Bezüglich des Antrags zu 1.2 (Verwendung der Bezeichnungen supertoto/ supertoto XXL) ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/22uv/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=9&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR141400004BJNE000805140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/22uv/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=9&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR141400004BJNE000302140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/22uv/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=9&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR141400004BJNE000402140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/22uv/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=9&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE048104307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/22uv/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=9&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE048104307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
17
I. Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung des Anbietens und Bewerbens von Glücksspielen und/oder Sportwetten nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 Abs. 1 und 4, § 287 StGB zu.
18
1. Die Frage, ob die Klägerin die begehrte Unterlassung beanspruchen kann, ist nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu beurteilen (BGHZ 141, 329, 336 - Tele-Info-CD; 175, 238 Rn. 14 - ODDSET, mwN), also nach den Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der 2008 geänderten Fassung i.V.m. §§ 284, 287 StGB und den Vorschriften für das Angebot und die Durchführung von Sportwetten in der gegenwärtig geltenden Fassung. Soweit der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, besteht er allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk; Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Rn. 17 = WRP 2008, 220 - Telefonaktion). Nichts anderes gilt für den Fall der Erstbegehungsgefahr, wenn sie auf einem Verhalten unter der Geltung früheren Rechts beruht (vgl. BGHZ 173, 188 Rn. 18 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Im Streitfall ist insofern auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der bis 2008 geltenden Fassung sowie auf die für Sportwetten geltende Rechtslage im Zeitpunkt der Vornahme der Verletzungshandlungen abzustellen.
19
Die für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG hat durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keine Änderung erfahren. Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass diese Richtlinie, die die vollständige Harmonisierung der verbraucherschützenden Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftsprakti- http://www.bet365.com/ - 9 - ken bezweckt, keinen vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Denn sie lässt - vorbehaltlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht - nationale Vorschriften unberührt, die sich auf Glücksspiele beziehen (Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2005/29/EG; vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rn. 11.6c). Hinsichtlich der die Durchführung von Sportwetten regelnden Vorschriften ist eine etwaige Änderung der Rechtslage durch das SportwettenUrteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276 = GRUR 2006, 688 = WRP 2006, 562) und das Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 zu beachten.
20
2. Im Streitfall kommt es auch auf die Rechtslage während der Übergangszeit an. Die Klägerin wendet sich gegen eine nach dem 28. März 2006 fortgesetzte Dauerhandlung der Beklagten, so dass es sich nicht um einen sogenannten Altfall handelt.
21
Die Klägerin hat als konkrete Verletzungshandlung das Angebot von Sportwetten und Glücksspielen unter der Internetadresse www.betandwin.com vorgetragen. Der entsprechende Internetauftritt ist Gegenstand des Klageantrags. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin nur den Internetauftritt zu einem bestimmten Zeitpunkt angreift.
22
Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision nichts anderes für den Zeitraum der beanstandeten Dauerhandlung (Internetauftritt), der für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr maßgeblich ist. Der Tatbestand des Berufungsurteils nimmt auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug. Dort wird - wie im Klageantrag - kein konkretes Datum für Verletzungshandlungen genannt. Vielmehr ist davon die Rede, dass die Beklagte zu 1 ein entsprechendes Internetangebot "betreibt". Die Entscheidung des Landgerichts ist zwar vor dem 28. März 2006 ergangen, so dass sich die dort erwähnten Tathandlungen auf einen Zeitraum beziehen, für den grundsätzlich die alte Rechtslage maßgeblich ist. Beschrieben ist aber eine Dauerhandlung ohne Angabe eines Enddatums. Nimmt das Berufungsgericht darauf uneingeschränkt Bezug, so liegt darin die Feststellung, dass die Dauerhandlung jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht , hier dem 16. Mai 2007, fortgesetzt wurde. Dieses Verständnis des Berufungsgerichts zeigt sich auch darin, dass es die Rechtslage während der Übergangszeit geprüft hat. Hierfür hätte kein Anlass bestanden, wenn nur Handlungen in Rede gestanden hätten, die vor dem 28. März 2006 begangen wurden. Denn solche Handlungen waren auch nach Ansicht des Berufungsgerichts mangels wirksamer Rechtsgrundlage nicht verboten und konnten deshalb keine Wiederholungsgefahr begründen.
23
Dauerhandlungen bilden einen einheitlichen Klagegrund, so dass auch die fortgesetzten Handlungsabschnitte zum Streitgegenstand gehören (vgl. v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 1009, 1013). Der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung am 16. Mai 2007 fiel in die Übergangszeit. Für die eine Wiederholungsgefahr begründende Dauerhandlung kommt es deshalb auch auf die Rechtslage während der Übergangszeit an.
24
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin kein Unterlassungsanspruch gegen das Sportwetten- und Glücksspielangebot der Beklagten im Internet zu. Soweit die fraglichen Handlungen in der Zeit vor dem 28. März 2006 begangen wurden, verstießen die in Nordrhein-Westfalen geltenden Regelungen über die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen gegen nationales Verfassungsrecht und gegen Unionsrecht (nachfolgend a). Aber auch die Handlungen, die in der Übergangszeit nach dem 28. März 2006 begangen wurden, waren keine unlauteren Wettbewerbshandlungen nach § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 284, 287 StGB (nachfolgend b). http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE361980601&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE002800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE002800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE365730601&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 11 -
25
a) Die Beklagte zu 1 hat durch die beanstandete Verletzungshandlung in der Zeit vor dem 28. März 2006 keinen Wettbewerbsverstoß i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 284, 287 StGB begangen.
26
aa) Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Sportwetten-Urteil vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) für die Rechtslage in Bayern entschieden , dass das dort errichtete staatliche Wettmonopol in seiner damaligen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung und die dadurch begründete Beschränkung der Vermittlung von Sportwetten einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellten und deshalb mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sind. Zugleich lag darin eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 49 und 56 AEUV. Diese verfassungsrechtliche Beurteilung trifft, wie das Bundesverfassungsgericht im Anschluss an sein Urteil vom 28. März 2006 entschieden hat, auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen gleichermaßen zu (Kammerbeschluss vom 2. August 2006 - 1 BvR 2677/04, WM 2006, 1646 Rn. 16; Kammerbeschluss vom 29. August 2006 - 1 BvR 2772/04, WM 2006, 1930 Rn. 17). Danach ist die Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen vor dem 28. März 2006 als mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar anzusehen, weil das nordrhein-westfälische Recht keine konsequente und aktive Ausrichtung des zulässigen Sportwettenangebots am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht materiell und strukturell gewährleistete (BVerfG, WM 2006, 1646 Rn. 17).
27
bb) Die Beklagte zu 1 hat daher mit ihrem Angebot von Sportwetten in der Zeit vor dem 28. März 2006 auch nicht unlauter i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 StGB gehandelt (vgl. für die Rechtslage in Bayern BGHZ 175, 238 Rn. 15 ff. - ODDSET; für Nordrhein-Westfalen BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 91/06 Rn. 14). Der Streitfall gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung dieser sogenannten "Altfälle". Auf besondere Umstände, die das Angebot oder die Durchführung von Sportwetten und Glücksspielen seitens der Beklagten zu 1 aus anderen Gründen als unlauter erscheinen ließen, wie Irreführung oder unangemessene unsachliche Einflussnahme, hat sich die Klägerin nicht berufen.
28
cc) Auch soweit sich die Klägerin gegen andere von der Beklagten vor dem 28. März 2006 angebotene Glücksspiele als Sportwetten wendet, fehlt es an einer unlauteren Wettbewerbshandlung.
29
(1) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts bietet die Beklagte zu 1 außer Sportwetten Lotterien und Kasinospiele an. Diese Glücksspiele waren nicht Gegenstand des SportwettenUrteils oder späterer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Damit fehlt insoweit eine das entsprechende staatliche Monopol für verfassungswidrig erklärende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dennoch könnte eine verfassungskonforme Auslegung des § 4 Nr. 11 UWG der Annahme eines Wettbewerbsverstoßes auch bei diesen Glücksspielangeboten entgegenstehen. Dies bedarf indes vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Unanwendbarkeit von § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 284, 287 StGB für die von der Beklagten veranstalteten Lotterien und Kasinospiele folgt bereits aus dem Unionsrecht.
30
(2) Die Beklagte zu 1 kann sich als in Gibraltar ansässiges Unternehmen beim Angebot gewerblicher Glücksspiele in Deutschland gemäß Art. 355 Abs. 3 AEUV auf die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 AEUV) berufen. Im Bereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten bestehen für die Unternehmen Gibraltars Beschränkungen allein im Hinblick auf den freien Warenverkehr, da Gibraltar nicht zum Zollgebiet der Union gehört (vgl. Jaeckel/Kotzur in Grabitz /Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Stand 2009, EGV Art. 299 [NizzaFassung ] Rn. 14).
31
(3) Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, verstieß das vor dem 28. März 2006 in Bayern und Nordrhein-Westfalen bestehende Verbot der privaten Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten auch gegen die Art. 49 und 56 AEUV (BGHZ 175, 238 Rn. 24 - ODDSET; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 77/06, GRUR-RR 2010, 359 Rn. 13 - Sportwetten im Internet). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht es den Mitgliedstaaten zwar frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und ggf. das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Doch müssen die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügen, die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben. Sie müssen insbesondere zur Verwirklichung eines oder mehrerer der geltend gemachten Ziele geeignet und erforderlich sein. Dabei sind nur Regelungen geeignet, die in kohärenter und systematischer Weise der Zielverwirklichung dienen (vgl. EuGH, Slg. 2009, I-7633 = NJW 2009, 3221 Rn. 59 ff. - Liga Portuguesa de Futebol Profissional u.a.; Slg. 2007, I-1891 = WRP 2007, 525 Rn. 48 f. - Placanica u.a.). Daran fehlt es, wenn ein Staatsmonopol nicht das Ziel verfolgt, die Spielgelegenheiten zu begrenzen, und die Finanzierung sozialer Tätigkeiten aus den Spieleinnahmen nicht nur nützliche Nebenfolge, sondern eigentlicher Zweck des Monopols ist (EuGH, WRP 2010, 859 Rn. 28 - Ladbrokes Betting & Gaming u.a.; Slg. 2003, I-13076 Rn. 67 ff. = NJW 2004, 139 - Gambelli u.a.). Diese Anforderungen erfüllte die Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen vor dem 28. März 2006 nicht.
32
Die vom Gerichtshof der Europäischen Union für Glücksspiele entwickelten Beurteilungsgrundsätze gelten gleichermaßen für Sportwetten und Lotterien (vgl. EuGH, Slg. 1999, I-7289 Rn. 16-19 = WRP 1999, 1272 - Zenatti; Slg. 1994 I-1039 Rn. 46 ff. = NJW 1994, 311 - Schindler). Dieselben Maßstäbe finden nach einem Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2009 auch auf Kasinospiele Anwendung (vgl. EuGH, NJW 2009, 3221 Rn. 22, 49 f. - Liga Portuguesa de Futebol Profissional u.a.). In jenem Vorabentscheidungsfall, an dem die hiesige Beklagte zu 1 als Klägerin des Ausgangsverfahrens beteiligt war, hat der Gerichtshof ihr gesamtes Online-Spieleangebot, das Sportwetten, Kasinospiele und Lotterien umfasste, unter dem einheitlichen Begriff "Glücksspiele über das Internet" zusammengefasst. Er hat in seinen nachfolgenden Erwägungen auch nicht zwischen diesen Spielangeboten differenziert.
33
Die Anwendung der vom Gerichtshof der Europäischen Union für Glücksspiele entwickelten Beurteilungsgrundsätze auf den konkreten Fall ist den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. EuGH, WRP 2010, 859 Rn. 38 - Ladbrokes Betting & Gaming u.a.; WRP 2007, 525 Rn. 58 f. - Placanica u.a.; NJW 2004, 139, Rn. 66 - Gambelli u.a.). Dementsprechend gibt der Streitfall keinen Anlass zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union.
34
(4) Die unionsrechtliche Beurteilung für die von der Beklagten zu 1 angebotenen Lotterien und Kasinospiele führt zu keinem anderen Ergebnis als für Sportwetten.
35
(a) Für Online-Lotterien sind Besonderheiten, die zu einer abweichenden Bewertung Anlass geben, weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Es ist davon auszugehen, dass bei Sportwetten mit festen Gewinnquoten eine spezifische Gefahr der Begleitkriminalität einschließlich des Sportwettbetrugs besteht, während Lotterien größere Betrugsgefahren durch manipulierte Spielgeräte oder durch Einflussnahme auf den Spielverlauf aufweisen (vgl. BVerfGE 115, 276 Rn. 103, 106). Die Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters gefährdet die Spieler bei Festquoten-Sportwetten stärker als etwa bei Lotterien, bei denen der Veranstalter nur den Einsatz der Spieler abzüglich eines gewissen Anteils auskehrt (vgl. BVerfGE 115, 276 Rn. 104). Während dem Spieler die Zufallsabhängigkeit einer Lotterieziehung bewusst ist, können ihn Sportwetten im Hinblick auf die vermeintliche Möglichkeit, das Ergebnis aufgrund eigener Fachkunde bere- chenbar zu machen, zu höheren Einsätzen verleiten, obwohl die vom Wettveranstalter festgelegte Quote vorhersehbare Chancen und Risiken bereits berücksichtigt. Die Spieler können das mit einer Sportwette verbundene spezifische Spannungserlebnis, das die Attraktivität dieses Glücksspiels maßgeblich prägt, bei einer Lotterieziehung nicht in vergleichbarer Weise erreichen. Andererseits sind Risiko und Gewinnchance bei Sportwetten aufgrund der fest vereinbarten Gewinnquoten transparenter, so dass ein geringeres Risiko der Übervorteilung der Spieler durch Täuschung über die Gewinnchancen besteht als bei anderen Glücksspielen (BVerfGE 115, 276 Rn. 103). Insgesamt ist davon auszugehen, dass das Gefahrenpotential von Lotterien geringer oder allenfalls ebenso groß wie das von Sportwetten ist. Damit weisen Lotterien keine Besonderheiten auf, die stärkere Beschränkungen ihres Angebots durch private Unternehmen rechtfertigen könnten als für Sportwetten.
36
(b) Allerdings erscheint es nicht fernliegend, dass Kasinospiele ein höheres Suchtpotential als Sportwetten und Lotterien aufweisen (vgl. BVerfGE 115, 276 Rn. 100). Dann wäre der Gesetzgeber auch unionsrechtlich berechtigt, diese Spielegattung einem schärferen Regelungsregime zu unterstellen. Von dieser Möglichkeit hat Nordrhein-Westfalen aber weder vor dem Sportwetten-Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch während der Übergangszeit Gebrauch gemacht. Für die von der Beklagten angebotenen Kasinospiele im Internet galten während des gesamten für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Zeitraums in Nordrhein-Westfalen dieselben Vorschriften wie für Sportwetten. Insbesondere bestand weder eine Erlaubnismöglichkeit für Private noch gab es eine Vorschrift des Landesrechts, die es ausgeschlossen hätte, der Klägerin eine Erlaubnis für Online-Kasinospiele zu erteilen, für deren Vermarktung dann auch keine besonderen Beschränkungen gegolten hätten. Für Kasinospiele fehlte es ebenso wie für Sportwetten an Regelungen, die eine konsequente und aktive Ausrichtung des zulässigen Sportwettenangebots an den Zielen der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht materiell und http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE365730601&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wjh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=8&numberofresults=430&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002430951BJNE005602305&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - strukturell gewährleisteten (vgl. BVerfG, WM 2006, 1646 Rn. 17). Unter diesen Umständen bestand auch für den Sektor Kasinospiele vor dem 28. März 2006 keine kohärente und systematische Regelung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Die §§ 284, 287 StGB und der bundeseinheitlich seit 1. Juli 2004 geltende Lotteriestaatsvertrag verhinderten auch im Bereich der Kasinospiele nicht eine ausschließlich der Einnahmeerzielung dienende, expansive staatliche Glücksspielwerbung (vgl. BVerfGE 115, 276 Rn. 127 ff.). Entsprechende Regelungen des Landesrechts gab es in NordrheinWestfalen ebenfalls nicht (vgl. Gesetz über die Veranstaltung und Durchführung von Lotterien und Ausspielungen durch das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 2005). Aufgrund dieses Regelungsdefizits konnte das private Angebot von Kasinospielen nicht als unlauter angesehen werden, auch wenn grundsätzlich ein generelles oder unter Umständen auch ein auf private Anbieter beschränktes Verbot von Kasinospielen zulässig gewesen wäre.
37
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin selbst Kasinospiele angeboten hat. Die Unverhältnismäßigkeit der konkreten Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols erfasst auch den Ausschluss anderer als der vom Staat angebotenen Wetten. Denn auch dieser ist nur zulässig, wenn das Monopol unionsrechtlich gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 115, 276 Rn. 143 f.).
38
b) Auch soweit sich die Klägerin gegen den Internetauftritt der Beklagten während der Übergangszeit ab dem 28. März 2006 wendet, liegt kein Wettbewerbsverstoß der Beklagten vor.
39
aa) Für die Zeit nach der Entscheidung vom 28. März 2006 hat das Bundesverfassungsgericht gemäß § 35 BVerfGG bestimmt, die damals geltenden Regelungen des bayerischen Staatslotteriegesetzes dürften übergangsweise, längstens aber bis zum 31. Dezember 2007, angewandt werden, sofern der Freistaat Bayern unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herstelle. Das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von privat veranstalteten Wetten könnten weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden (BVerfGE 115, 276 Rn. 157 f.). Für die einschlägigen Regelungen des nordrhein -westfälischen Landesrechts galten während der Übergangszeit dieselben Grundsätze (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR 2428/06, NJW 2007, 1521 Rn. 26).
40
bb) Es kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht im Streitfall verfahrensfehlerhaft zu der Feststellung gelangt ist, die vom Bundesverfassungsgericht formulierten Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Sportwettenmonopols während der Übergangszeit seien in Nordrhein-Westfalen erfüllt. Jedenfalls kann das angegriffene Angebot von Glücksspielen durch die Beklagten im Internet während der Übergangszeit nicht als unlauter i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG 2004 i.V.m. § 284 Abs. 1 und 4 StGB angesehen werden.
41
Im Hinblick auf nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergangene Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union bestehen gewichtige Zweifel, ob die Erfüllung der Bedingungen der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts durch die Klägerin in NordrheinWestfalen für die unionsrechtliche Beurteilung von Beschränkungen im Glücksspielsektor erheblich ist. Der Gerichtshof hat entschieden, dass aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts ein nationales Sportwettenmonopol auch für eine Übergangszeit nicht weiter angewandt werden darf, wenn es nach den Feststellungen eines nationalen Gerichts mit Beschränkungen verbunden ist, die mit der Niederlassungsfreiheit und dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbar sind, weil sie nicht dazu beitragen, die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-409/06, RiW 2010, 720 Rn. 69 = GewArch 2010, 442 - Winner Wetten GmbH). Berechtigten Anlass, auf eine fehlende kohärente und systematische Begrenzung schließen zu können, hat das nationale Gericht bei einem staatlichen Monopol für Sportwetten und Lotterien, das bezweckt, der Spielsucht und Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entgegenzuwirken, wenn - andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern mit Erlaubnis betrieben werden dürfen und - in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotential als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine Politik der Angebotserweiterung betreiben, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, RiW 2010, 719 Rn. 71 = GewArch 2010, 448 - Carmen Media Group).
42
Für eine unionsrechtliche Inkohärenz spricht auch, dass Werbemaßnahmen des Monopolinhabers für andere von ihm angebotene Arten von Glücksspielen nicht darauf begrenzt sind, Verbraucher zu seinem Angebot hinzulenken , sondern darauf abzielen, sie zwecks Einnahmenmaximierung zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07 u.a., WRP 2010, 1338 Rn. 106 f. - Markus Stoß u.a.).
43
Das Berufungsgericht ist von einem abweichenden Verständnis der unionsrechtlichen Forderung nach einer "kohärenten und systematischen" Begrenzung der Wetttätigkeiten ausgegangen, indem es seine Prüfung auf das Regelungssystem für Sportwetten begrenzt und die Vorschriften für andere Glücksspiele sowie ihre tatsächliche Handhabung von vornherein außer Betracht gelassen hat. Infolgedessen hat es keine Feststellungen getroffen, die dem Senat eine Beurteilung auf der Grundlage der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ermöglichen.
44
Diese Feststellungen waren auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Gesetzgeber in Nordrhein-Westfalen keine Gesetzgebungskompetenz für alle Glücksspielarten hat. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaats kann ihn nicht davon entbinden, seinen unionsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Vielmehr haben Bund und Länder gemeinsam ihre Pflichten zu erfüllen (vgl. EuGH, RiW 2010, 719 Rn. 69 f. - Carmen Media Group).
45
cc) Gleichwohl bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Anbieten von Sportwetten, Online-Kasinospielen und Lotterien im Internet durch die Beklagten während der Übergangszeit kann schon nach nationalem Recht nicht als unlauter i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG 2004 i.V.m. § 284 Abs. 1 und 4 StGB angesehen werden.
46
(1) Die Unlauterkeit eines Wettbewerbsverhaltens kann nur dann mit einem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift begründet werden, wenn die Vorschrift für den Handelnden verbindlich ist (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.24). Handelt es sich um eine Norm des Strafrechts, hängt ihre Verbindlichkeit unter anderem davon ab, ob sie dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG entspricht. Danach ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben , dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. BVerfGE 78, 374 ff.; 381; 75, 329 ff., 340; 25, 269 ff., st. Rspr.).
47
(2) Für die Übergangszeit vom 28. März 2006 bis zum 31. Dezember 2007 genügen §§ 284, 287 StGB diesen Anforderungen nicht (ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 11. Juli 2008 - 1 Ss 24/08; KG, Urteil vom 23. Juli 2009 - (2) 1 Ss 541/08, ZfWG 2010, 94; vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 30. September 2008 - 1 Ws 152/07, juris). Zwar mögen die §§ 284, 287 StGB als solche das Bestimmtheitsgebot erfüllen. Während der Übergangszeit bestand aber aufgrund des Sportwetten-Urteils des Bundesverfassungsgerichts eine besondere Situation. Die bisherige Rechtslage blieb auch aus ordnungsrechtlicher Sicht nur mit der Maßgabe anwendbar, dass unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits hergestellt wurde.
48
Danach durfte der Staat während der Übergangszeit insbesondere das Angebot staatlicher Wettveranstaltung nicht erweitern und keine Werbung betreiben, die über eine sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten auffordert; zudem war umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (vgl. BVerfGE 115, 276 Rn. 157, 160). Die vom Bundesverfassungsgericht für einen ordnungsrechtlichen Eingriff formulierten Anforderungen stellten zugleich schon wegen der erheblich höheren Eingriffsintensität für den Betroffenen jedenfalls die Mindestvoraussetzungen auch für eine Strafbarkeit nach § 284 StGB dar. Damit würde aber die Strafbarkeit nach § 284 StGB von der tatsächlichen Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch die zuständigen Verwaltungsbehörden abhängen. Das ist indes mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren. Danach darf der Gesetzgeber es nicht den Organen der vollziehenden Gewalt überlassen, die Voraussetzungen der Strafbarkeit zu bestimmen (vgl. BVerfGE 47, 109 ff., 120). Nicht in Rede steht hier ein Fall auch im Strafrecht unvermeidlicher Verwendung von wertausfüllungsbedürftigen Begriffen oder Generalklauseln , bei denen keine überspannten Anforderungen an die Bestimmtheit gestellt werden dürfen (vgl. Eser/Hecker in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Aufl., § 1 Rn. 16 ff.). http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE294720001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE302580101&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ioh/## - 21 -
49
(3) Zudem ist bei der Auslegung des Begriffs der Unlauterkeit auf die verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen Rücksicht zu nehmen. Die Auslegung muss insbesondere die Tragweite der Grundrechte berücksichtigen und darf im Ergebnis nicht zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung grundrechtlicher Freiheiten führen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 1. August 2001 - 1 BvR 1188/92, GRUR 2001, 1058 = WRP 2001, 1160, 1161). Die wettbewerbsrechtliche Unterlassungspflicht stellt zwar keinen vergleichbar schwerwiegenden Eingriff in die Grundfreiheiten dar wie eine Kriminalstrafe. Die Lauterkeit des Wettbewerbs verlangt, dass ein Gewerbetreibender nicht ohne weiteres auf Kosten seiner Mitbewerber das Risiko rechtswidrigen Handelns eingeht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - I ZR 172/99, GRUR 2002, 269, 270 = WRP 2002, 323 - Sportwetten-Genehmigung). Er muss sich über die Entwicklung der rechtlichen Grundlagen seiner Tätigkeit auf dem Laufenden halten. Voraussetzung dafür ist aber, dass ihm dies mit zumutbarem Aufwand möglich ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Juli 1992 - 1 BvR 310/90 u. 1 BvR 238/92, GRUR 1993, 751 - Großmarkt-Werbung I; Kammerbeschluss vom 4. Juni 1998 - 1 BvR 2652/95, GRUR 1999, 247, 249 - Metro). Gerichtliche Unterlassungsgebote sind damit an dem Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit zu messen.
50
Steht fest, dass die Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit privater Wettanbieter bedeutete, kann von den betroffenen Unternehmern nicht verlangt werden, dass sie in der Folgezeit schon aus Gründen der Vorsicht ihr Angebot einstellen. Daran ändert auch nichts, dass zu erwarten gewesen sein mag, die Länder würden bestrebt sein, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts möglichst schnell Rechnung zu tragen. Denn auch eine solche Erwartung konnte nicht die Unsicherheit darüber beseitigen, ob und wann welches Bundesland tatsächlich ausreichende Maßnahmen umgesetzt hatte. Die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse konnten die Be- klagten nicht mit zumutbarem Aufwand verfolgen. Die Beklagten bieten ihre Glücksspiele über das Internet bundesweit und darüber hinaus in vielen anderen Staaten an. Sie hätten in allen 16 Bundesländern beobachten müssen, ob und wann den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts jeweils Rechnung getragen wurde, um dann gegebenenfalls mit geeigneten Maßnahmen ihr Angebot räumlich einzugrenzen. Dies geht über die zumutbaren Sorgfaltsanforderungen hinaus, die an einen Unternehmer gestellt werden können.
51
(4) Unter diesen Umständen konnte der angegriffene Internetauftritt auch während der Übergangszeit nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 StGB verstoßen. Vergeblich wendet die Klägerin dagegen ein, nach dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2006 (NJW 2007, 1521) stehe mit Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 BVerfGG) die Fortgeltung des § 284 StGB und des Lotteriestaatsvertrags für Nordrhein-Westfalen fest. Bei der Entscheidung vom 7. Dezember 2006 handelt es sich um einen Sportwetten betreffenden Nichtannahmebeschluss, der keine Sachentscheidung ist. Er entfaltet keine materielle Rechtskraft und stellt keine Entscheidung i.S.v. § 31 Abs. 1 BVerfGG dar. Erst recht kommt diesem Beschluss keine Gesetzeskraft nach Absatz 2 dieser Vorschrift zu, die nur bestimmten der von Absatz 1 erfassten Entscheidungen innewohnt (vgl. Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge , Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand 2009, § 31 Rn. 49, 84). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Nichtannahmebeschluss vom 7. Dezember 2006 die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster unbeanstandet gelassen, das Land Nordrhein-Westfalen habe bereits entsprechend den Vorgaben des Sportwetten-Urteils ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits hergestellt. Das konnte für sich allein aber weder zur Einhaltung des Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG) durch § 284 StGB noch zur künftigen Zumutbarkeit verbotsgemäßen Verhaltens für die Beklagte zu 1 führen.
dd) Die verfassungsrechtliche Beurteilung hängt nicht davon ab, ob sich
52
die Beklagte zu 1 als Gesellschaft mit Sitz in Gibraltar auf das Grundrecht aus Art. 12 GG berufen kann. Denn die aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgende Verfassungswidrigkeit des Sportwettenmonopols ist der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung generell zu Grunde zu legen, unabhängig davon , ob sich der Unterlassungsanspruch gegen eine deutsche oder eine ausländische Gesellschaft richtet (BGHZ 175, 238 Rn. 23 - ODDSET).
53
c) Da es schon an einem die Wiederholungsgefahr begründenden Wettbewerbsverstoß fehlt, bedarf keiner Entscheidung, ob das Verhalten der Beklagten nach heutiger Rechtslage verboten wäre. Mit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags am 1. Januar 2008 ist das staatliche Sportwettenmonopol auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt worden. Handlungen der Beklagten nach diesem Zeitpunkt konnte die Klägerin naturgemäß vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz am 16. Mai 2007 nicht vortragen. Aus der die Frage des Wegfalls der Wiederholungsgefahr nach einer Gesetzesänderung betreffenden Entscheidung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 3. Dezember 2009 (III ZR 73/09, MMR 2010, 173 Rn. 11 f.), die sich der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausdrücklich anschließt, kann die Klägerin in diesem Zusammenhang nichts für sich ableiten.
54
II. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten aus dem Unterlassungsantrag zu 1.2 (Verwendung der Bezeichnungen supertoto/supertoto XXL) allein mit Rechtsbruch begründet. Die Klägerin stützt diesen Antrag jedoch ausschließlich auf markenrechtliche Ansprüche. Das Berufungsgericht hätte ihm schon deshalb - unabhängig vom tatsächlichen Fehlen eines Rechtsbruchs - nicht aus Wettbewerbsrecht stattgeben dürfen.
55
Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu der von der Klägerin behaupteten Markenverletzung getroffen hat, ist der Senat hinsichtlich des Un- terlassungsantrags zu 1.2 an einer eigenen Sachentscheidung gehindert. Insoweit wird die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Schaffert
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 02.02.2006 - 31 O 605/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.09.2007 - 6 U 63/06 -
BESCHLUSS
I ZR 156/07
vom
24. Februar 2011
in dem Rechtsstreit
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:

Das Urteil vom 18. November 2010 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit
gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt:
Im zweiten Absatz des Urteilstenors in der dritten und fünften Zeile
muss es heißen "als die Beklagten verurteilt worden sind" statt
"als die Beklagte … verurteilt worden ist".

Bornkamm Pokrant Büscher

Kirchhoff Koch

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 02.02.2006 - 31 O 605/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.09.2007 - 6 U 63/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 197/11
Verkündet am:
18. Oktober 2012
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AEUV Art. 56, 340; BGB § 839 B

a) Die Behörden im Freistaat Bayern haben nicht dadurch in hinreichend qualifizierter
Weise gegen Unionsrecht verstoßen, dass sie bis zum 31. Dezember
2007 den Vertrieb von Sportwetten durch andere Anbieter als die im Deutschen
Lotto- und Totoblock zusammen geschlossenen Lotterieunternehmen
der Länder untersagt haben. Auch ein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839
Abs. 1, Art. 34 Satz 1 GG scheidet insoweit aus, weil die Untersagungsverfügungen
zwar objektiv rechtswidrig waren, es jedoch am Verschulden der
Amtsträger fehlt.

b) Die bayerischen Verwaltungsgerichte, die die Untersagungsverfügungen und
die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehbarkeit nicht aufgehoben haben, haben
ebenfalls nicht in hinreichend qualifizierter Weise gegen Unionsrecht
verstoßen.

c) Auch der bayerische Gesetzgeber hat nicht in hinreichend qualifizierter Weise
gegen Unionsrecht verstoßen, indem er das Sportwettenmonopol bis zum
31. Dezember 2007 aufrechterhalten hat.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 197/11 - OLG München
LG Passau
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2012durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin, eine in Gibraltar ansässige Anbieterin von Sportwetten, macht gegen die Stadt P. (Beklagte zu 1) sowie gegen den Freistaat Bayern (Beklagter zu 2) aus eigenem und aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung europäischen Rechts geltend.
2
Die Klägerin verfügt über eine Erlaubnis der gibraltarischen Behörden für die Veranstaltung von Sportwetten. Die von ihr unter anderem in Bayern angebotenen Wetten vertrieb sie - neben ihrer Präsenz im Internet - auch über Wettbüros , welche von selbständigen Geschäftsbesorgern geführt wurden. Ein solcher Geschäftsbesorger (im Folgenden: Zedent) betrieb im Gebiet der Beklag- ten zu 1 ein Wettbüro und trat der Klägerin später seine Schadensersatzansprüche ab.
3
Mit Verfügung vom 21. April 2005 untersagte die Beklagte zu 1 dem Zedenten die Vermittlung von Sportwetten und ordnete die sofortige Vollziehung ihres Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 4 VwGO an. Sie stützte sich auf die Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes in Verbindung mit § 284 StGB und §§ 3, 5 Abs. 2 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (gültig vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2007) und führte an, dem Zedenten fehle die notwendige staatliche Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten.
4
Auf den gegen diese Verfügung gerichteten Widerspruch des Zedenten hob die Beklagte zu 1 zwar die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf, half dem Rechtsmittel jedoch im Übrigen nicht ab und legte den Vorgang der Regierung von N. als zuständiger Widerspruchsbehörde vor. Mit Bescheid vom 9. Juni 2006 wies die Regierung von Niederbayern den Widerspruch des Zedenten gegen die Untersagungsverfügung zurück und ordnete deren sofortige Vollziehung wieder an.
5
Der Zedent erhob daraufhin Klage gegen die Verfügung der Beklagten zu 1 vor dem Verwaltungsgericht R. und stellte den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 22. August 2006 wies das Verwaltungsgericht diesen Antrag zurück. Zum 1. Oktober 2006 stellte der Zedent die Vermittlung von Sportwetten der Klägerin ein. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2006 wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Zedenten gegen die Abweisung seines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zurück.

6
Die Klägerin sieht in dem Erlass der behördlichen Untersagungsverfügung , den im Folgenden ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sowie in der Schaffung beziehungsweise Aufrechterhaltung der Vorschriften des Staatsvertrags jeweils qualifizierte Verstöße gegen das Recht der Europäischen Union. Sie hat von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von zunächst 30.000 € als Ersatz eigenen Schadens und solchen des Zedenten im Jahr 2006 verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Klageforderung um 120.000 € (Schadensersatz für 2007) erhöht hat, ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin Schadensersatz weder nach den Grundsätzen des gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs noch aus § 839 BGB, Art. 34 GG oder aus enteignungsgleichem Eingriff verlangen.
9
Im Hinblick auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hat sich das Berufungsgericht die Auffassung des Landgerichts zu eigen gemacht, die Beklagten hätten zwar objektiv die europarechtlich gewährleistete Dienstleis- tungsfreiheit der Klägerin und des Zedenten verletzt. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, nach Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 genüge das in den deutschen Ländern bestehende Sportwettenmonopol nicht der für einen gerechtfertigten Eingriff in die europäische Dienstleistungsfreiheit erforderlichen Kohärenz, da Pferdewetten und bestimmte andere Glückspiele (z.B. Automatenspiele) der Gewerbefreiheit unterlägen, obgleich sie ein höheres Suchtpotential beinhalteten, als die dem Monopol unterfallenden Sportwetten. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz hat das Berufungsgericht gemeint, es fehle jedoch an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht. Bis zu den Urteilen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 sei die Rechtsfrage, ob das Sportwettenmonopol gegen europäisches Recht verstoße, nicht in dem Maße geklärt gewesen, als dass die Maßnahmen der Beklagten als offenkundige Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht einzustufen gewesen seien.
10
Auch durch das das bayerische Sportwettenmonopol betreffende Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 sei der Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Beklagten nicht entfallen oder auf Null reduziert worden. Weder habe das Bundesverfassungsgericht darin ausdrücklich die Verletzung unionsrechtlicher Vorschriften festgestellt, noch beinhalteten die Feststellungen denknotwendig eine solche. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union habe ausgeführt, dass sich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 sowie in einem Beschluss vom 2. August 2006 nicht zur Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Unionsrecht geäußert habe. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass die maßgebliche bayerische Norm nicht nichtig sei und während der eingeräumten Übergangsfrist Eingriffe in das Grundrecht nach Art. 12 GG rechtfertige. Dass eine solche Übergangs- frist auch auf europarechtlicher Ebene gerechtfertigt sein könne, habe der Gerichtshof der Europäischen Union erstmals in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 in Sachen "Winner Wetten" verneint.
11
Soweit die Klägerin den Verwaltungsgerichten vorwerfe, eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union unterlassen zu haben, stelle dies ebenfalls keinen offenkundigen Verstoß gegen europäisches Recht dar, da eine Vorlagepflicht nach Art. 234 EGV (nunmehr Art. 267 AEUV) für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht bestehe.
12
Ansprüche aus § 839 BGB, Art. 34 GG und enteignungsgleichem Eingriff schieden ebenfalls aus.

II.


13
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
14
1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als (gibraltarische) Veranstalterin von Sportwetten und die für sie auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungsverträgen tätigen (deutschen) Vermittler Dienstleistungen im Sinne von Art. 49 EG (jetzt Art. 56 AEUV) angeboten haben (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C 316/07 u.a. - Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409 Rn. 56 ff). Weiterhin steht aufgrund der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 (C-46/08 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422; Stoß aaO; C-409/06 - Winner Wetten - NVwZ 2010, 1419) fest, dass das in Bayern bis 2008 gemäß dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 20. Juni 2004 (BayGVBl. S. 230) geltende Sportwetten- monopol, aufgrund dessen ausschließlich die im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen Lotterieunternehmen der Länder Sportwetten ("ODDSET") anbieten und (über die Lottoannahmestellen sowie über das Internet ) vertreiben durften, und damit die darauf beruhenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen der Bediensteten zu 1 und 2 objektiv mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar waren: Die Regelungen, die der Eindämmung der Spielsucht dienen sollten, verstießen gegen das in den Urteilen des Gerichtshofs statuierte Kohärenzgebot, da eine Reihe von Glückspielen (insbesondere Automatenspiele), die nicht unter das staatliche Monopol fielen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol galt. Zudem beanstandete der Gerichtshof in den die Rechtslage in Schleswig-Holstein und Hessen betreffenden Entscheidungen Carmen Media und Stoß die Durchführung intensiver Werbekampagnen durch den Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten.
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2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch die Beklagten stelle keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das europäische Recht dar, wie er für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlich sei (so auch zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11, juris, Rn. 20 ff), ist im Ergebnis gleichfalls nicht zu beanstanden.
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a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert, wenn der betreffende Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnisse die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (z.B. EuGH, Urteile vom 13. März 2007 - C-524/04 - Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, Slg. 2007, I-2157 Rn. 118; vom 8. Oktober 1996 - C-178/94 u.a. - Dillenkofer u.a., Slg. 1996, I-4867 Rn. 25; vom 26. März 1996 - C-392/93 - British Telecommunications, Slg. 1996, I-1654 Rn. 42; vom 5. März 1996 - C-46/93 u.a. - Brasserie du Pêcheur Slg. 1996, I-1131 Rn. 45, 55 ; siehe auch Senatsbeschluss vom 26. April 2012 - III ZR 215/11, juris Rn. 12; Senatsbeschluss vom 24. Juni 2010 - III ZR 140/09, NJW 2011, 772 Rn. 7; Senatsurteile vom 22. Januar 2009 - III ZR 233/07, NJW 2009, 2534 Rn. 22 und vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 38). Diesem restriktiven Haftungsmaßstab liegt die Erwägung zugrunde, dass die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit, insbesondere bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen, nicht jedes Mal durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden darf, wenn Allgemeininteressen den Erlass von Maßnahmen gebieten, die die Interessen des Einzelnen beeinträchtigen können (EuGH, Urteile in Sachen British Telecommunications aaO Rn. 40 und Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 45; Senatsbeschluss vom 26. April 2012 aaO). Nur wenn der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann schon die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (EuGH, Urteile in Sachen Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation und Dillenkofer jew. aaO; Senat aaO).
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Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen, die für den dem nationalen Gericht vorgelegten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen beziehungsweise zugefügt wurde oder nicht, die Frage, ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht, und die Frage, ob möglicherweise das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise eingeführt oder aufrecht erhalten wurden (z.B. EuGH, Urteile in Sachen Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation aaO Rn. 119; Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 56 sowie vom 4. Dezember 2003 - C-63/01 - Evans, Slg. 2003, I-14492 Rn. 86; Senat aaO mwN).
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Die vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze zur Haftung eines Mitgliedstaats für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht gelten dabei für alle Staatsgewalten unabhängig davon, ob der schadensverursachende Verstoß dem Gesetzgeber, den Gerichten oder der Verwaltung des Mitgliedstaats anzulasten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - C-224/01 - Köbler, Slg. 2003, I-10290 Rn. 31 f).
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b) Ob an den vorstehenden Kriterien gemessen ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert ist, haben die Tatsachengerichte unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere an Hand der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Leitlinien zu beurteilen (Senatsurteil vom 22. Januar 2009 - III ZR 233/07, NJW 2009, 2534 Rn. 23). Die insoweit eingeschränkte revisionsrechtliche Überprüfung des Berufungsurteils lässt im Ergebnis Rechtsfehler nicht erkennen.
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aa) Da die Klägerin der Beklagten zu 1 keine über den bloßen Vollzug der vom Beklagten zu 2 getroffenen Regelungen hinausgehenden Verstöße vorwirft, hat sich das Berufungsgericht bei der Beurteilung des exekutiven und legislativen Handelns der Beklagten sowie des materiellrechtlichen Inhalts der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts R. und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Recht auf die Frage der Vereinbarkeit der in Bayern im maßgeblichen Zeitraum geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht beschränkt.
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bb) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass vorliegend eine einfache Verletzung des Gemeinschaftsrechts zur Annahme eines qualifizierten Verstoßes nicht ausreicht. In Ermangelung einer abschließenden gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung auf dem Gebiet des Glücksspielrechts verblieb dem Beklagten zu 2 ein erheblicher Gestaltungsspielraum.
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cc) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Berufungsgerichts , dass in dem in Rede stehenden Zeitraum die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Grenzen zulässiger staatlicher Glückspielmonopole noch nicht so präzise geklärt hatte, dass die in Bayern seinerzeit geltende Rechtslage aufgrund der Judikatur des Gerichtshofs als offenkundig mit dem europäischen Recht unvereinbar gewertet werden musste.
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Erst in seinen Entscheidungen vom 8. September 2010 (C-46/08 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422; C-316/07 u.a. - Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409; C-409/06 - Winner Wetten - NVwZ 2010, 1419) hat sich der Gerichtshof mit der Rechtfertigung des deutschen Sportwettenmonopols und dessen konkreter Ausgestaltung befasst. In den vorangegangenen Entscheidungen zur staatlichen Regulierung und Monopolisierung von Sportwetten (Urteile vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli Slg. 2003, I-13076 = NJW 2004, 139; vom 21. Oktober 1999 - C-67/98 - Zenatti, Slg. 1999, I-7304 = EuZW 2000, 151; vom 21. September 1999 - C-124/97- Läärä, Slg. 1999, I-6104 = EuZW 2000, 148 und vom 24. März 1994 - C-275/92 - Schindler, Slg. 1994, I-1078 = NJW 1994, 2013) hat der Gerichtshof zwar abstrakte Grenzen für solche Reglementierungen aufgezeigt. Jedoch hat er zugleich betont, dass den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, festzulegen, welche Erfordernisse sich insbesondere bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien ergäben (Urteile in Sachen Gambelli aaO Rn. 63; Zenatti aaO Rn. 14 f, 33 f; Läärä aaO, Rn. 13 f, 35 f, 39; Schindler aaO, Rn. 60 f). Nähere Vorgaben zur Ausübung dieses Ermessens enthalten die Entscheidungen nicht. Dies trifft insbesondere auch auf die von der Revision angeführten Urteile in den Sachen Zenatti und Gambelli (jew. aaO) zu, die sich mit der Rechtslage in Italien befassen.
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(1) In dem Fall Zenatti hat der Gerichtshof ausgeführt, die Begrenzung des Glückspielbetriebs zu den Zwecken, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in geordnete Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, diene europarechtlich legitimen Zielen (aaO Rn. 35). Der Gerichtshof hat die Zulässigkeit von Beschränkungen des Wettbetriebs negativ dahingehend abgegrenzt, dass sie wirklich dem Ziel dienen müssten, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und dass die Erzielung von Einnahmen für soziale Aktivitäten nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein dürfe (aaO Rn. 36). Schließlich hat der Gerichtshof betont, es sei Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften gerechtfertigten Zielen dienten und die in ihnen enthaltenen Beschränkungen verhältnismäßig seien (aaO Rn. 37). Nähere inhaltliche Vorgaben, welche (weiteren) Ziele im Bereich der Regulierung von Wetten eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können und welche Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zulässig sind, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Im Gegenteil hat der Gerichtshof, ebenso wie im Urteil in der Sache Lärää (aaO, Rn. 35 f, 39), den weiten Ermessens-, Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Zulassung von Lotterie- und Glückspielangeboten unterstrichen (Stein, Anmerkung zu dem Urteil in der Sache Zenatti, EuZW 2000, 153, 154). Insbesondere auch die Monopolisierung bei einem Anbieter hat der Gerichtshof nicht für unzulässig gehalten (siehe Urteil in der Sache Zenatti aaO, Rn. 32 f; Urteil in der Sache Lärää aaO Rn. 34 f). Die Unvereinbarkeit der bayerischen Rechtslage betreffend die Sportwetten mit der Dienstleistungsfreiheit ließ sich damit aus dem Urteil in der Sache Zenatti nicht ableiten.
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(2) Dies gilt in gleicher Weise für das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Sache Gambelli. Darin hat der Gerichtshof zunächst unter Bezugnahme auf seine Entscheidungen in den Sachen Schindler, Lärää und Zenatti bekräftigt, dass den Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, Beschränkungen des Betriebs von Spielen und Wetten zu statuieren (aaO Rn. 63). Weiterhin hat er betont, dass solche Beschränkungen durch zwingende Gründe, wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (aaO Rn. 67). Allerdings hat er weiter ausgeführt, die Reglementierungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt seien, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, müssten auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie "kohärent" und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitrügen (aaO).
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Obgleich zur Begründung der Europarechtswidrigkeit der im maßgeblichen Zeitraum in Bayern geltenden Rechtslage angeführt wurde, sie genüge nicht den Anforderungen der Kohärenz, konnte aus der "Gambelli-Entscheidung" noch nicht mit der notwendigen Klarheit abgeleitet werden, dass die in Rede stehenden Regelungen zu Sportwetten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten. Der Gerichtshof hat sich in diesem Urteil mit der Kohärenz, das heißt mit der Stimmigkeit, der dort maßgeblichen italienischen Rechtsvorschriften nur unter dem Gesichtspunkt befasst, dass der italienische Staat im Fiskalinteresse eine Politik der Ausweitung des Spielens und Wettens verfolge und sich in diesem Fall als Rechtfertigung seiner Reglementierungen nicht auf die öffentliche Sozialordnung und die Notwendigkeit berufen könne, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (aaO Rn. 68 f). Die Kohärenz unter dem für den vorliegenden Sachverhalt maßgebenden Aspekt , dass Glücksspiele, die nicht unter das staatliche Monopol fallen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol gilt, war in der "Gambelli-Entscheidung" hingegen auch nicht andeutungsweise angesprochen. Dieser Gesichtspunkt hat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erst in den Urteilen vom 8. September 2010 (Carmen Media aaO Rn. 67 f; Stoß aaO Rn. 100 ff, 106) Bedeutung erlangt. Dementsprechend ließ sich dem "Gambelli-Urteil" kein - zumindest kein einen qualifizierten Verstoß begründender - Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die fraglichen Regelungen einen ungerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten.
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dd) Der Revision ist allerdings im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) habe sich ebenfalls nicht mit der für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlichen Deutlichkeit die Unvereinbarkeit des bayerischen Monopols für Sportwetten mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit er- geben, nicht mehr vom tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gedeckt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dort unter Bezugnahme auf Randnummer 62 der "Gambelli-Entscheidung" des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13076) ausgeführt, die - durch die seinerzeitigen bayerischen Regelungen nicht erfüllten - Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben, nach denen die Erzielung von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten nur nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund einer restriktiven Politik im Bereich von Wetten und Glückspielen sein dürfe (BVerfGE 115, 276, 316 f). Zuzugeben ist der Revision weiterhin, dass der Generalanwalt beim Gerichtshof Mengozzi in seinem Schlussantrag in der Sache "Stoß u.a." unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2008 ausgeführt hat, die Lektüre dieser Entscheidung lasse es als "unzweifelhaft" erscheinen, dass das (mit dem bayerischen übereinstimmende hessische und baden-württembergische) Sportwettenmonopol nicht die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt habe, um als kohärent und systematisch eingestuft zu werden (C-316/07, juris Rn. 64). Dies ist richtig. Zwar stellt die von der Revision angeführte Passage aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts lediglich ein obiter dictum dar. Ferner hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, ihm fehle die Zuständigkeit, einen möglichen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht zu prüfen (aaO S. 299 f). Gleichwohl hat es sich ausdrücklich dahingehend festgelegt, dass die von ihm festgestellten verfassungsrechtlichen Mängel der bestehenden Regelungen zum Sportwettenmonopol in gleicher Weise mit den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten europarechtlichen Vorgaben unvereinbar seien. Damit konnte für die Rechtsanwender in der Judikative und der Exekutive sowie für den Gesetzgeber auch der europarechtliche status quo nicht mehr zweifelhaft sein.

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Dennoch haben die Beklagten nicht in hinreichend qualifizierter Weise gegen das europäische Recht verstoßen.
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(1) Zwar hat die Verwaltung der Beklagten auch nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Untersagungsverfügung aufrecht erhalten und es der Klägerin beziehungsweise ihrem Geschäftsbesorger nicht - etwa durch Erteilung einer entsprechenden Genehmigung - ermöglicht, Sportwetten zu vertreiben. Ein qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist ihr gleichwohl nicht anzulasten. Denn die Bediensteten der Beklagten durften annehmen, dass es bis zu der vom Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung des Wett- und Glückspielrechts, die spätestens zum 1. Januar 2008 erfolgen musste, auch mit dem materiellen europäischen Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, das Angebot von Sportwetten den bisherigen Monopolinhabern vorzubehalten. Es kann deshalb auf sich beruhen , ob insoweit die Rechtsauffassung vertretbar war, während der vom Bundesverfassungsgericht zugestandenen Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 sei ein an sich materiell europarechtswidriger Regelungszustand aus zwingenden Gründen der Rechtssicherheit (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-409/06 - Winner Wetten, NVwZ 2010, 1419, Rn. 66 mwN) gemeinschaftsrechtlich hinnehmbar, wie dies in dem Verfahren "Winner Wetten" vor dem Gerichtshof offenbar alle Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, geltend gemacht haben (vgl. EuGH aaO Rn. 63; Schlussanträge des Generalanwalts Bot, juris, Rn. 79 ff; siehe ferner VGH Kassel NVwZ 2006, 1435, 1439; OVG Münster NVwZ 2006, 1078, 1080).
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Das Bundesverfassungsgericht hat während der von ihm zugestandenen Übergangsfrist nicht die uneingeschränkte Fortgeltung der als verfassungswid- rig - und aufgrund der Parallelität der Kohärenzanforderungen zugleich als gemeinschaftsrechtswidrig - erkannten Rechtslage gebilligt. Vielmehr hat es für die Anwendbarkeit der bislang geltenden Normen Maßgaben statuiert, nach denen unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herzustellen war (BVerfGE 115, 276, 319). Danach durften zwar - vor dem Hintergrund , dass die Errichtung eines staatlichen Wettmonopols für sich genommen weder verfassungs- noch europarechtswidrig ist (vgl. BVerfGE aaO S. 309) - das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Unternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Beklagten zu 2 veranstaltet wurden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden, wobei das Bundesverfassungsgericht sogar eine Aufrechterhaltung der Strafbewehrung nicht für ausgeschlossen erachtete (aaO S. 319). Jedoch war damit zu beginnen, das Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Der Staat durfte insbesondere die Übergangszeit nicht zu einer expansiven Vermarktung von Wetten nutzen. Daher waren bis zu einer Neuregelung die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltungen sowie eine Werbung, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten aufforderte, untersagt. Ferner hatte die staatliche Lotterieverwaltung umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (aaO).
31
Das Bundesverfassungsgericht hat die in der gesetzlichen Regelung angelegten und dementsprechend in der Praxis realisierten Defizite bei der Verwirklichung der das Wettmonopol grundsätzlich rechtfertigenden, vorgenannten Ziele darin gesehen, dass es an einer aktiven Prävention fehlte (aaO S. 311 f) und vor allem, dass die Geschäftspraxis des Monopolanbieters nach ihrem tat- sächlichen Erscheinungsbild dem einer wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung entsprach (aaO S. 314 ff). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit die breit angelegte Werbung , in der das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt wurde (aaO S. 314), die breiten Vertriebswege und die fehlende aktiv kommunizierte Prävention beanstandet (aaO S. 315 f).
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Der Behebung eben jener Defizite dienten die im Vorgriff auf entsprechende gesetzliche Neuregelungen für die Übergangszeit aufgestellten Maßgaben. Ihr Inhalt zielte darauf ab, genau die Mängel der bestehenden Rechtslage abzustellen, die maßgeblich zu deren Verfassungswidrigkeit führten. Da das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung nicht nur der Sache nach die Kriterien der "Gambelli-Entscheidung" angewandt, sondern zugleich - wie ausgeführt - die Parallelität der Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts zu den vom Europäischen Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten betont hatte (aaO S. 316 f), lag für die Verwaltung der Beklagten die Annahme nahe, dass, sofern diese Maßgaben beachtet werden, auch vor dem formellen Erlass der entsprechenden (Änderungs-)Gesetze in der Praxis ein Zustand hergestellt werden kann, der nicht nur mit dem Grundgesetz, sondern auch mit dem Europarecht in Einklang steht (so vor allem BayVGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 53, 64; die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2006, WM 2006, 2326, nicht zur Entscheidung angenommen). Im Übrigen wäre wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts die Einräumung einer Übergangszeit durch das Bundesverfassungsgericht nicht nur ins Leere gegangen, sondern sogar für den Rechtsanwender irreführend gewesen. Dass die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderten Maßgaben tatsächlich zügig und vollständig umgesetzt wurden, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, vom Bundesverfassungsgericht gebilligt , der bayerischen Verwaltung in ständiger Rechtsprechung attestiert (z.B. BayVGH, Beschlüsse vom 3. August 2006, NVwZ 2006, 1430, 1431 f; vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 35 f, 52; vom 2. Oktober 2007 - 24 CS 07.1986, juris Rn. 30 und vom 15. November 2007 - 24 CS 07.2792, juris Rn. 29 f; BVerfG WM 2006, 2326, 2327 zum Beschluss des BayVGH vom 23. August 2006; siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1840/05, juris Rn. 5).
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(2) Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die mit dem Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung der Beklagten zu 1 befassten Verwaltungsgerichte des Beklagten zu 2. Anders als die Revision geltend macht, liegt auch kein hinreichend qualifizierter Verstoß von Bediensteten des Beklagten zu 2 gegen europäisches Gemeinschaftsrecht vor, weil der Bayerische Verwaltungsgerichtshof es unterlassen hat, das von dem Zedenten angestrengte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersagungsverfügung der Beklagten zu 1 gemäß Art. 234 Abs. 3 EG (jetzt Art. 267 Abs. 3 AEUV) auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage der Vereinbarkeit der in Bayern seinerzeit geltenden Regelungen über das Sportwettenmonopol mit dem europäischen Recht vorzulegen. Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO letztinstanzlich entscheidendes Gericht (siehe § 152 Abs. 1 VwGO), das nach den genannten Bestimmungen zur Vorlage an den Gerichtshof grundsätzlich verpflichtet ist, wenn über die Auslegung von Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht zu befinden ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs entfällt die Vorlageverpflichtung jedoch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sofern es, wie hier, jeder Partei unbenommen bleibt, ein Hauptverfahren entweder selbst einzuleiten oder dessen Einleitung zu verlangen, in dem jene im summarischen Verfahren vorläufig entschiedene Frage des Gemeinschaftsrechts erneut geprüft werden und den Gegenstand einer Vorlage bilden kann, (EuGH, Urteile vom 24. Mai 1977 - 107/76 - Hoffmann-La Roche, Slg. 1977, 957 Rn. 5 f und vom 27. Oktober 1982 - 35 und 36/82 - Morson u.a., Slg. 1982, 3723 Rn. 8 ff; siehe auch BVerfG NJW 2007, 1521, 1522).
34
Das hiernach bestehende Ermessen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs war entgegen der Auffassung der Klägerin schon deshalb nicht auf Null reduziert, weil aus den zuvor dargestellten Gründen ein offenkundiger Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht vorlag.
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(3) Soweit die Legislative des Beklagten zu 2 betroffen ist, ist ein solcher Verstoß ebenfalls auszuschließen. Dabei kann dem Gesetzgeber insbesondere nicht vorgehalten werden, er habe schnellstmöglich, also noch vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Übergangszeit, eine "auch dem Buchstaben nach" gemeinschaftsrechtskonforme Gesetzeslage schaffen müssen. Zunächst durfte auch der Gesetzgeber davon ausgehen, dass schon vor Anpassung des Gesetzeswortlauts an die Vorgaben des Bundesverfassungsrechts die Exekutive willens und in der Lage ist, für die Übergangsphase einen Zustand herzustellen, der europarechtlich keinen durchgreifenden Bedenken (mehr) ausgesetzt ist. Zudem war ausreichende Zeit vonnöten, um den aus den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgenden (national- wie europarechtlichen ) Anpassungsbedarf sorgfältig zu ermitteln, die hieraus folgenden Handlungsoptionen herauszuarbeiten und sich - gegebenenfalls auch nach Abstimmung mit den Rechtssetzungsorganen des Bundes - unter Abwägung der jeweils in Rede stehenden Belange für eine Lösung zu entscheiden. So gab es für die Schaffung einer im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kohärenten Lösung für den Bereich der Sportwetten und Glücksspiele eine Vielzahl von denkbaren Lösungen, da den Mitgliedstaaten insoweit ein weiter Ermessensspielraum zusteht (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli, Slg. 2003, I-13076 Rn. 63 mwN). Hinzu kommt, dass die hier maßgeblichen Regelungen nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes von den Ländern zu schaffen waren und diese Regelungen, um einen - sinnvollen - bundeseinheitlichen Standard zu gewährleisten, in einem Staatsvertrag aller deutschen Länder enthalten waren. Aufgrund dieser Ausgangslage ist dem Beklagten zu 2 insbesondere nicht anzulasten, dass sie auf einen gesetzgeberischen "Alleingang" verzichtete und zusammen mit den übrigen Ländern wiederum eine - nunmehr den europarechtlichen Vorgaben entsprechende - bundeseinheitliche Regelung anstrebte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zu 2 - ebenso wie alle anderen Bundesländer - die bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumte Übergangsfrist ausschöpfte.
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ee) Der weitere Hinweis der Revision auf den Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2005 (WM 2005, 1141) ist für ihre Rechtsauffassung unbehelflich. Das Bundesverfassungsgericht hat darin unter Bezugnahme auf die "Gambelli-Entscheidung" lediglich geäußert, "erhebliche Zweifel" an der Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht könnten "nicht … ausgeschlossen" werden (aaO S. 1142 f). Ein offenkundiger Verstoß der Beklagten gegen das Gemeinschaftsrecht lässt sich angesichts dieser zurückhaltenden Formulierung hieraus nicht ableiten.
37
ff) Die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens 2003/4350 durch die Europäische Kommission mit dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 4. April 2006 ist für die Rechtsposition der Klägerin ebenfalls unbehelflich.
Zwar mag sich hieraus ebenso wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht ergeben haben. Aus den vorstehenden Gründen scheidet jedoch gleichwohl ein hinreichend qualifizierter Verstoß der Beklagten gegen das europäische Recht aus. In dem Schreiben äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der in den einzelnen Bundesländern geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol mit der Dienstleistungsfreiheit nur unter den in der "Gambelli-Entscheidung" des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13076) angesprochenen Aspekten. Die Kommission bemängelte, dass nach ihr vorliegenden Erkenntnissen die Monopolveranstalter in Deutschland einen erheblichen Werbeaufwand für die Sportwetten betrieben. Unter Bezugnahme auf Randnummer 69 des "Gambelli-Urteils" (aaO) wies sie darauf hin, dass sich die Mitgliedstaaten zur Rechtfertigung von Reglementierungen von Wetten nicht auf die Notwendigkeit berufen dürften, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern , wenn ihre Behörden die Verbraucher zugleich dazu anreizten und ermunterten , an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zuflössen. Eben diese Defizite wurden jedoch abgestellt , so dass die Beklagten die Rechtspraxis vertretbar als gemeinschaftskonform ansehen konnten.
38
c) Eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist nicht erforderlich. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als vorlagebedürftig angesehene Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht mit der Erwägung verneint werden könne, die Mitgliedstaaten hätten sich für berechtigt halten dürfen, für eine Übergangszeit einen europarechtswidrigen Zustand aufrechtzuerhalten , stellt sich aus den unter b, dd (1) ausgeführten Gründen nicht.
Auch im Übrigen besteht keine Notwendigkeit, eine Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV einzuholen. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch im konkreten Einzelfall erfüllt sind, obliegt entsprechend den vom Gerichtshof hierfür entwickelten Leitlinien grundsätzlich den nationalen Gerichten (EuGH, Urteile vom 13. März 2007 - C-524/04 - Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation - Slg. 2007, I-2157 Rn. 116 und vom 12. Dezember 2006 - C-446/04 - Test Claimants in the FII Group Litigation, Slg. 2006, I-11814, Rn. 210 mwN). Unionsrechtliche Fragen, die über die bloße Anwendung der Grundsätze des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf den konkreten Sachverhalt hinausgehen, wirft der Fall nicht auf.
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3. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG bestehen gleichfalls nicht.
40
Zwar handelten die Verwaltungsbediensteten der Beklagten objektiv pflichtwidrig, weil die Untersagungsverfügung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar war. Jedoch fällt ihnen insoweit aus den oben (2 b dd (1)) genannten Gründen keine Fahrlässigkeit zur Last, zumal sie sich bei ihrer Einschätzung der Rechtslage im Einklang mit der Rechtsprechung des für sie zuständigen Verwaltungsgerichtshofs befanden (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1995 - III ZR 160/94, NJW 1995, 2918, 2920).
41
Eine Haftung des Beklagten zu 2 wegen legislativen Unrechts kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber lediglich Aufgaben der Allgemeinheit wahrnimmt, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt, ihm daher grundsätzlich keine drittschützenden Amtspflichten im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegen (vgl. z.B. Senatsbe- schluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05, NVwZ 2007, 362 Rn. 23; Senatsurteile vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 32 und vom 7. Juni 1988 - III ZR 198/87, NJW 1989, 101). Die Amtshaftung für die Richter des Beklagten zu 2 scheitert an § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB.
42
4. Zu Recht haben die Vorinstanzen auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff verneint. Insoweit erhebt die Revision ebenfalls keine Rügen.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 04.11.2010 - 1 O 1118/09 -
OLG München, Entscheidung vom 15.07.2011 - 1 U 5279/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 196/11
Verkündet am:
18. Oktober 2012
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2012durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin, eine in Gibraltar ansässige Anbieterin von Sportwetten, macht gegen die Stadt L. (Beklagte zu 1) sowie gegen den Freistaat Bayern (Beklagter zu 2) aus eigenem und aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung europäischen Rechts geltend.
2
Die Klägerin verfügt über eine Erlaubnis der gibraltarischen Behörden für die Veranstaltung von Sportwetten. Die von ihr unter anderem in Bayern angebotenen Wetten vertrieb sie - neben ihrer Präsenz im Internet - auch über Wettbüros , welche von selbständigen Geschäftsbesorgern geführt wurden. Ein solcher Geschäftsbesorger (im Folgenden: Zedent) betrieb im Gebiet der Beklag- ten zu 1 ein Wettbüro und trat der Klägerin später seine Schadensersatzansprüche ab.
3
Mit Verfügung vom 7. Juli 2005 untersagte die Beklagte zu 1 dem Zedenten die Vermittlung von Sportwetten und ordnete die sofortige Vollziehung ihres Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an. Sie stützte sich auf die Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes in Verbindung mit § 284 StGB und §§ 3, 5 Abs. 2 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (gültig vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2007) und führte an, dem Zedenten fehle die notwendige staatliche Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten.
4
Auf den gegen diese Verfügung gerichteten Widerspruch des Zedenten hob die Beklagte zu 1 zwar die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf, half dem Rechtsmittel jedoch im Übrigen nicht ab und legte den Vorgang dem Landratsamt D. als zuständiger Widerspruchsbehörde vor. Mit Bescheid vom 7. Juni 2006 wies das Landratsamt den Widerspruch des Zedenten gegen die Untersagungsverfügung zurück und ordnete deren sofortige Vollziehung wieder an.
5
Der Zedent erhob daraufhin Klage gegen die Verfügung der Beklagten zu 1 vor dem Verwaltungsgericht R. und stellte den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 7. September 2006 wies das Verwaltungsgericht diesen Antrag zurück. Zum 1. Oktober 2006 stellte der Zedent die Vermittlung von Sportwetten der Klägerin ein. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2006 wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Zedenten gegen die Abweisung seines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zurück.

6
Die Klägerin sieht in dem Erlass der behördlichen Untersagungsverfügung , den im Folgenden ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sowie in der Schaffung beziehungsweise Aufrechterhaltung der Vorschriften des Staatsvertrags jeweils qualifizierte Verstöße gegen das Recht der Europäischen Union. Sie verlangt von den Beklagten für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2006 als Gesamtschuldnern die Zahlung von 30.000 € als Ersatz eigenen Schadens und solchen des Zedenten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin Schadensersatz weder nach den Grundsätzen des gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs noch aus § 839 BGB, Art. 34 GG oder aus enteignungsgleichem Eingriff verlangen.
9
Im Hinblick auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hat sich das Berufungsgericht die Auffassung des Landgerichts zu eigen gemacht, die Beklagten hätten zwar objektiv die europarechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit der Klägerin und des Zedenten verletzt. Das Landgericht hat hier- zu ausgeführt, nach Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 genüge das in den deutschen Ländern bestehende Sportwettenmonopol nicht der für einen gerechtfertigten Eingriff in die europäische Dienstleistungsfreiheit erforderlichen Kohärenz, da Pferdewetten und bestimmte andere Glückspiele (z.B. Automatenspiele) der Gewerbefreiheit unterlägen, obgleich sie ein höheres Suchtpotential beinhalteten, als die dem Monopol unterfallenden Sportwetten. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz hat das Berufungsgericht gemeint, es fehle jedoch an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht. Bis zu den Urteilen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 sei die Rechtsfrage, ob das Sportwettenmonopol gegen europäisches Recht verstoße, nicht in dem Maße geklärt gewesen, als dass die Maßnahmen der Beklagten als offenkundige Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht einzustufen gewesen seien.
10
Auch durch das das bayerische Sportwettenmonopol betreffende Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 sei der Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Beklagten nicht entfallen oder auf Null reduziert worden. Weder habe das Bundesverfassungsgericht darin ausdrücklich die Verletzung unionsrechtlicher Vorschriften festgestellt, noch beinhalteten die Feststellungen denknotwendig eine solche. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union habe ausgeführt, dass sich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 sowie in einem Beschluss vom 2. August2006 nicht zur Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Unionsrecht geäußert habe. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass die maßgebliche bayerische Norm nicht nichtig sei und während der eingeräumten Übergangsfrist Eingriffe in das Grundrecht nach Art. 12 GG rechtfertige. Dass eine solche Übergangsfrist auch auf europarechtlicher Ebene gerechtfertigt sein könne, habe der Ge- richtshof der Europäischen Union erstmals in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 in Sachen "Winner Wetten" verneint.
11
Soweit die Klägerin den Verwaltungsgerichten vorwerfe, eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union unterlassen zu haben, stelle dies ebenfalls keinen offenkundigen Verstoß gegen europäisches Recht dar, da eine Vorlagepflicht nach Art. 234 EGV (nunmehr Art. 267 AEUV) für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht bestehe.
12
Ansprüche aus § 839 BGB, Art. 34 GG und enteignungsgleichem Eingriff schieden ebenfalls aus.

II.


13
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
14
1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als (gibraltarische) Veranstalterin von Sportwetten und die für sie auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungsverträgen tätigen (deutschen) Vermittler Dienstleistungen im Sinne von Art. 49 EG (jetzt Art. 56 AEUV) angeboten haben (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C 316/07 u.a. - Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409 Rn. 56 ff). Weiterhin steht aufgrund der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 (C-46/08 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422; Stoß aaO; C-409/06 - Winner Wetten - NVwZ 2010, 1419) fest, dass das in Bayern bis 2008 gemäß dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 20. Juni 2004 (BayGVBl. S. 230) geltende Sportwettenmonopol , aufgrund dessen ausschließlich die im Deutschen Lotto- und Toto- block zusammengeschlossenen Lotterieunternehmen der Länder Sportwetten ("ODDSET") anbieten und (über die Lottoannahmestellen sowie über das Internet ) vertreiben durften, und damit die darauf beruhenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen der Bediensteten zu 1 und 2 objektiv mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar waren: Die Regelungen, die der Eindämmung der Spielsucht dienen sollten, verstießen gegen das in den Urteilen des Gerichtshofs statuierte Kohärenzgebot, da eine Reihe von Glückspielen (insbesondere Automatenspiele), die nicht unter das staatliche Monopol fielen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol galt. Zudem beanstandete der Gerichtshof in den die Rechtslage in Schleswig-Holstein und Hessen betreffenden Entscheidungen Carmen Media und Stoß die Durchführung intensiver Werbekampagnen durch den Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten.
15
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch die Beklagten stelle keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das europäische Recht dar, wie er für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlich sei (so auch zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11, juris, Rn. 20 ff), ist im Ergebnis gleichfalls nicht zu beanstanden.
16
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert, wenn der betreffende Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnisse die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (z.B. EuGH, Urteile vom 13. März 2007 - C-524/04 - Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, Slg. 2007, I-2157 Rn. 118; vom 8. Oktober 1996 - C-178/94 u.a. - Dillenkofer u.a., Slg. 1996, I-4867 Rn. 25; vom 26. März 1996 - C-392/93 - British Telecommunications, Slg. 1996, I-1654 Rn. 42; vom 5. März 1996 - C-46/93 u.a. - Brasserie du Pêcheur Slg. 1996, I-1131 Rn. 45, 55 ; siehe auch Senatsbeschluss vom 26. April 2012 - III ZR 215/11, juris Rn. 12; Senatsbeschluss vom 24. Juni 2010 - III ZR 140/09, NJW 2011, 772 Rn. 7; Senatsurteile vom 22. Januar 2009 - III ZR 233/07, NJW 2009, 2534 Rn. 22 und vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 38). Diesem restriktiven Haftungsmaßstab liegt die Erwägung zugrunde, dass die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit, insbesondere bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen, nicht jedes Mal durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden darf, wenn Allgemeininteressen den Erlass von Maßnahmen gebieten, die die Interessen des Einzelnen beeinträchtigen können (EuGH, Urteile in Sachen British Telecommunications aaO Rn. 40 und Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 45; Senatsbeschluss vom 26. April 2012 aaO). Nur wenn der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann schon die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (EuGH, Urteile in Sachen Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation und Dillenkofer jew. aaO; Senat aaO).
17
Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen, die für den dem nationalen Gericht vorgelegten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen beziehungsweise zugefügt wurde oder nicht, die Frage, ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht, und die Frage, ob möglicherweise das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise eingeführt oder aufrecht erhalten wurden (z.B. EuGH, Urteile in Sachen Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation aaO Rn. 119; Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 56 sowie vom 4. Dezember 2003 - C-63/01 - Evans, Slg. 2003, I-14492 Rn. 86; Senat aaO mwN).
18
Die vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze zur Haftung eines Mitgliedstaats für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht gelten dabei für alle Staatsgewalten unabhängig davon, ob der schadensverursachende Verstoß dem Gesetzgeber, den Gerichten oder der Verwaltung des Mitgliedstaats anzulasten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - C-224/01 - Köbler, Slg. 2003, I-10290 Rn. 31 f).
19
b) Ob an den vorstehenden Kriterien gemessen ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert ist, haben die Tatsachengerichte unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere an Hand der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Leitlinien zu beurteilen (Senatsurteil vom 22. Januar 2009 - III ZR 233/07, NJW 2009, 2534 Rn. 23). Die insoweit eingeschränkte revisionsrechtliche Überprüfung des Berufungsurteils lässt im Ergebnis Rechtsfehler nicht erkennen.
20
aa) Da die Klägerin der Beklagten zu 1 keine über den bloßen Vollzug der vom Beklagten zu 2 getroffenen Regelungen hinausgehenden Verstöße vorwirft, hat sich das Berufungsgericht bei der Beurteilung des exekutiven und legislativen Handelns der Beklagten sowie des materiellrechtlichen Inhalts der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts R. und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Recht auf die Frage der Vereinbarkeit der in Bayern im maßgeblichen Zeitraum geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht beschränkt.
21
bb) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass vorliegend eine einfache Verletzung des Gemeinschaftsrechts zur Annahme eines qualifizierten Verstoßes nicht ausreicht. In Ermangelung einer abschließenden gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung auf dem Gebiet des Glücksspielrechts verblieb dem Beklagten zu 2 ein erheblicher Gestaltungsspielraum.
22
cc) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Berufungsgerichts , dass in dem in Rede stehenden Zeitraum die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Grenzen zulässiger staatlicher Glückspielmonopole noch nicht so präzise geklärt hatte, dass die in Bayern seinerzeit geltende Rechtslage aufgrund der Judikatur des Gerichtshofs als offenkundig mit dem europäischen Recht unvereinbar gewertet werden musste.
23
Erst in seinen Entscheidungen vom 8. September 2010 (C-46/08 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422; C-316/07 u.a. - Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409; C-409/06 - Winner Wetten - NVwZ 2010, 1419) hat sich der Gerichtshof mit der Rechtfertigung des deutschen Sportwettenmonopols und dessen konkreter Ausgestaltung befasst. In den vorangegangenen Entscheidungen zur staatlichen Regulierung und Monopolisierung von Sportwetten (Urteile vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli Slg. 2003, I-13076 = NJW 2004, 139; vom 21. Oktober 1999 - C-67/98 - Zenatti, Slg. 1999, I-7304 = EuZW 2000, 151; vom 21. September 1999 - C-124/97- Läärä, Slg. 1999, I-6104 = EuZW 2000, 148 und vom 24. März 1994 - C-275/92 - Schindler, Slg. 1994, I-1078 = NJW 1994, 2013) hat der Gerichtshof zwar abstrakte Grenzen für solche Reglementierungen aufgezeigt. Jedoch hat er zugleich betont, dass den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, festzulegen, welche Erfordernisse sich insbesondere bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien ergäben (Urteile in Sachen Gambelli aaO Rn. 63; Zenatti aaO Rn. 14 f, 33 f; Läärä aaO, Rn. 13 f, 35 f, 39; Schindler aaO, Rn. 60 f). Nähere Vorgaben zur Ausübung dieses Ermessens enthalten die Entscheidungen nicht. Dies trifft insbesondere auch auf die von der Revision angeführten Urteile in den Sachen Zenatti und Gambelli (jew. aaO) zu, die sich mit der Rechtslage in Italien befassen.
24
(1) In dem Fall Zenatti hat der Gerichtshof ausgeführt, die Begrenzung des Glückspielbetriebs zu den Zwecken, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in geordnete Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, diene europarechtlich legitimen Zielen (aaO Rn. 35). Der Gerichtshof hat die Zulässigkeit von Beschränkungen des Wettbetriebs negativ dahingehend abgegrenzt, dass sie wirklich dem Ziel dienen müssten, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und dass die Erzielung von Einnahmen für soziale Aktivitäten nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein dürfe (aaO Rn. 36). Schließlich hat der Gerichtshof betont, es sei Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften gerechtfertigten Zielen dienten und die in ihnen enthaltenen Beschränkungen verhältnismäßig seien (aaO Rn. 37). Nähere inhaltliche Vorgaben, welche (weiteren) Ziele im Bereich der Regulierung von Wetten eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können und welcheMaßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zulässig sind, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Im Gegenteil hat der Gerichtshof, ebenso wie im Urteil in der Sache Lärää (aaO, Rn. 35 f, 39), den weiten Ermessens-, Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Zulassung von Lotterie- und Glückspielangeboten unterstrichen (Stein, Anmerkung zu dem Urteil in der Sache Zenatti, EuZW 2000, 153, 154). Insbesondere auch die Monopolisierung bei einem Anbieter hat der Gerichtshof nicht für unzulässig gehalten (siehe Urteil in der Sache Zenatti aaO, Rn. 32 f; Urteil in der Sache Lärää aaO Rn. 34 f). Die Unvereinbarkeit der bayerischen Rechtslage betreffend die Sportwetten mit der Dienstleistungsfreiheit ließ sich damit aus dem Urteil in der Sache Zenatti nicht ableiten.
25
(2) Dies gilt in gleicher Weise für das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Sache Gambelli. Darin hat der Gerichtshof zunächst unter Bezugnahme auf seine Entscheidungen in den Sachen Schindler, Lärää und Zenatti bekräftigt, dass den Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, Beschränkungen des Betriebs von Spielen und Wetten zu statuieren (aaO Rn. 63). Weiterhin hat er betont, dass solche Beschränkungen durch zwingende Gründe, wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (aaO Rn. 67). Allerdings hat er weiter ausgeführt, die Reglementierungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt seien, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, müssten auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie "kohärent" und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitrügen (aaO).
26
Obgleich zur Begründung der Europarechtswidrigkeit der im maßgeblichen Zeitraum in Bayern geltenden Rechtslage angeführt wurde, sie genüge nicht den Anforderungen der Kohärenz, konnte aus der "Gambelli-Entscheidung" noch nicht mit der notwendigen Klarheit abgeleitet werden, dass die in Rede stehenden Regelungen zu Sportwetten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten. Der Gerichtshof hat sich in diesem Urteil mit der Kohärenz, das heißt mit der Stimmigkeit, der dort maßgeblichen italienischen Rechtsvorschriften nur unter dem Gesichtspunkt befasst, dass der italienische Staat im Fiskalinteresse eine Politik der Ausweitung des Spielens und Wettens verfolge und sich in diesem Fall als Rechtfertigung seiner Reglementierungen nicht auf die öffentliche Sozialordnung und die Notwendigkeit berufen könne, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (aaO Rn. 68 f). Die Kohärenz unter dem für den vorliegenden Sachverhalt maßgebenden Aspekt , dass Glücksspiele, die nicht unter das staatliche Monopol fallen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol gilt, war in der "Gambelli-Entscheidung" hingegen auch nicht andeutungsweise angesprochen. Dieser Gesichtspunkt hat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erst in den Urteilen vom 8. September 2010 (Carmen Media aaO Rn. 67 f; Stoß aaO Rn. 100 ff, 106) Bedeutung erlangt. Dementsprechend ließ sich dem "Gambelli-Urteil" kein - zumindest kein einen qualifizierten Verstoß begründender - Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die fraglichen Regelungen einen ungerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten.
27
dd) Der Revision ist allerdings im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) habe sich ebenfalls nicht mit der für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlichen Deutlichkeit die Unvereinbarkeit des bayerischen Monopols für Sportwetten mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit er- geben, nicht mehr vom tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gedeckt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dort unter Bezugnahme auf Randnummer 62 der "Gambelli-Entscheidung" des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13076) ausgeführt, die - durch die seinerzeitigen bayerischen Regelungen nicht erfüllten - Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben, nach denen die Erzielung von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten nur nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund einer restriktiven Politik im Bereich von Wetten und Glückspielen sein dürfe (BVerfGE 115, 276, 316 f). Zuzugeben ist der Revision weiterhin, dass der Generalanwalt beim Gerichtshof Mengozzi in seinem Schlussantrag in der Sache "Stoß u.a." unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2008 ausgeführt hat, die Lektüre dieser Entscheidung lasse es als "unzweifelhaft" erscheinen, dass das (mit dem bayerischen übereinstimmende hessische und baden-württembergische) Sportwettenmonopol nicht die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt habe, um als kohärent und systematisch eingestuft zu werden (C-316/07, juris Rn. 64). Dies ist richtig. Zwar stellt die von der Revision angeführte Passage aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts lediglich ein obiter dictum dar. Ferner hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, ihm fehle die Zuständigkeit, einen möglichen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht zu prüfen (aaO S. 299 f). Gleichwohl hat es sich ausdrücklich dahingehend festgelegt, dass die von ihm festgestellten verfassungsrechtlichen Mängel der bestehenden Regelungen zum Sportwettenmonopol in gleicher Weise mit den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten europarechtlichen Vorgaben unvereinbar seien. Damit konnte für die Rechtsanwender in der Judikative und der Exekutive sowie für den Gesetzgeber auch der europarechtliche status quo nicht mehr zweifelhaft sein.

28
Dennoch haben die Beklagten nicht in hinreichend qualifizierter Weise gegen das europäische Recht verstoßen.
29
(1) Zwar hat die Verwaltung der Beklagten auch nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Untersagungsverfügung aufrecht erhalten und es der Klägerin beziehungsweise ihrem Geschäftsbesorger nicht - etwa durch Erteilung einer entsprechenden Genehmigung - ermöglicht, Sportwetten zu vertreiben. Ein qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist ihr gleichwohl nicht anzulasten. Denn die Bediensteten der Beklagten durften annehmen, dass es bis zu der vom Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung des Wett- und Glückspielrechts, die spätestens zum 1. Januar 2008 erfolgen musste, auch mit dem materiellen europäischen Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, das Angebot von Sportwetten den bisherigen Monopolinhabern vorzubehalten. Es kann deshalb auf sich beruhen , ob insoweit die Rechtsauffassung vertretbar war, während der vom Bundesverfassungsgericht zugestandenen Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 sei ein an sich materiell europarechtswidriger Regelungszustand aus zwingenden Gründen der Rechtssicherheit (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-409/06 - Winner Wetten, NVwZ 2010, 1419 Rn. 66 mwN) gemeinschaftsrechtlich hinnehmbar, wie dies in dem Verfahren "Winner Wetten" vor dem Gerichtshof offenbar alle Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, geltend gemacht haben (vgl. EuGH aaO Rn. 63; Schlussanträge des Generalanwalts Bot, juris, Rn. 79 ff; siehe ferner VGH Kassel NVwZ 2006, 1435, 1439; OVG Münster NVwZ 2006, 1078, 1080).
30
Das Bundesverfassungsgericht hat während der von ihm zugestandenen Übergangsfrist nicht die uneingeschränkte Fortgeltung der als verfassungswid- rig - und aufgrund der Parallelität der Kohärenzanforderungen zugleich als gemeinschaftsrechtswidrig - erkannten Rechtslage gebilligt. Vielmehr hat es für die Anwendbarkeit der bislang geltenden Normen Maßgaben statuiert, nach denen unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herzustellen war (BVerfGE 115, 276, 319). Danach durften zwar - vor dem Hintergrund , dass die Errichtung eines staatlichen Wettmonopols für sich genommen weder verfassungs- noch europarechtswidrig ist (vgl. BVerfGE aaO S. 309) - das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Unternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Beklagten zu 2 veranstaltet wurden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden, wobei das Bundesverfassungsgericht sogar eine Aufrechterhaltung der Strafbewehrung nicht für ausgeschlossen erachtete (aaO S. 319). Jedoch war damit zu beginnen, das Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Der Staat durfte insbesondere die Übergangszeit nicht zu einer expansiven Vermarktung von Wetten nutzen. Daher waren bis zu einer Neuregelung die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltungen sowie eine Werbung, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten aufforderte, untersagt. Ferner hatte die staatliche Lotterieverwaltung umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (aaO).
31
Das Bundesverfassungsgericht hat die in der gesetzlichen Regelung angelegten und dementsprechend in der Praxis realisierten Defizite bei der Verwirklichung der das Wettmonopol grundsätzlich rechtfertigenden, vorgenannten Ziele darin gesehen, dass es an einer aktiven Prävention fehlte (aaO S. 311 f) und vor allem, dass die Geschäftspraxis des Monopolanbieters nach ihrem tat- sächlichen Erscheinungsbild dem einer wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung entsprach (aaO S. 314 ff). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit die breit angelegte Werbung , in der das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt wurde (aaO S. 314), die breiten Vertriebswege und die fehlende aktiv kommunizierte Prävention beanstandet (aaO S. 315 f).
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Der Behebung eben jener Defizite dienten die im Vorgriff auf entsprechende gesetzliche Neuregelungen für die Übergangszeit aufgestellten Maßgaben. Ihr Inhalt zielte darauf ab, genau die Mängel der bestehenden Rechtslage abzustellen, die maßgeblich zu deren Verfassungswidrigkeit führten. Da das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung nicht nur der Sache nach die Kriterien der "Gambelli-Entscheidung" angewandt, sondern zugleich - wie ausgeführt - die Parallelität der Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts zu den vom Europäischen Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten betont hatte (aaO S. 316 f), lag für die Verwaltung der Beklagten die Annahme nahe, dass, sofern diese Maßgaben beachtet werden, auch vor dem formellen Erlass der entsprechenden (Änderungs-)Gesetze in der Praxis ein Zustand hergestellt werden kann, der nicht nur mit dem Grundgesetz, sondern auch mit dem Europarecht in Einklang steht (so vor allem BayVGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 53, 64; die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2006, WM 2006, 2326, nicht zur Entscheidung angenommen). Im Übrigen wäre wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts die Einräumung einer Übergangszeit durch das Bundesverfassungsgericht nicht nur ins Leere gegangen, sondern sogar für den Rechtsanwender irreführend gewesen. Dass die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderten Maßgaben tatsächlich zügig und vollständig umgesetzt wurden, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, vom Bundesverfassungsgericht gebilligt , der bayerischen Verwaltung in ständiger Rechtsprechung attestiert (z.B. BayVGH, Beschlüsse vom 3. August 2006, NVwZ 2006, 1430, 1431 f; vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 35 f, 52; vom 2. Oktober 2007 - 24 CS 07.1986, juris Rn. 30 und vom 15. November 2007 - 24 CS 07.2792, juris Rn. 29 f; BVerfG WM 2006, 2326, 2327 zum Beschluss des BayVGH vom 23. August 2006; siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1840/05, juris Rn. 5).
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(2) Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die mit dem Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung der Beklagten zu 1 befassten Verwaltungsgerichte des Beklagten zu 2. Anders als die Revision geltend macht, liegt auch kein hinreichend qualifizierter Verstoß von Bediensteten des Beklagten zu 2 gegen europäisches Gemeinschaftsrecht vor, weil der Bayerische Verwaltungsgerichtshof es unterlassen hat, das von dem Zedenten angestrengte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersagungsverfügung der Beklagten zu 1 gemäß Art. 234 Abs. 3 EG (jetzt Art. 267 Abs. 3 AEUV) auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage der Vereinbarkeit der in Bayern seinerzeit geltenden Regelungen über das Sportwettenmonopol mit dem europäischen Recht vorzulegen. Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO letztinstanzlich entscheidendes Gericht (siehe § 152 Abs. 1 VwGO), das nach den genannten Bestimmungen zur Vorlage an den Gerichtshof grundsätzlich verpflichtet ist, wenn über die Auslegung von Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht zu befinden ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs entfällt die Vorlageverpflichtung jedoch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sofern es, wie hier, jeder Partei unbenommen bleibt, ein Hauptverfahren entweder selbst einzuleiten oder dessen Einleitung zu verlangen, in dem jene im summarischen Verfahren vorläufig entschiedene Frage des Gemeinschaftsrechts erneut geprüft werden und den Gegenstand einer Vorlage bilden kann, (EuGH, Urteile vom 24. Mai 1977 - 107/76 - Hoffmann-La Roche, Slg. 1977, 957 Rn. 5 f und vom 27. Oktober 1982 - 35 und 36/82 - Morson u.a., Slg. 1982, 3723 Rn. 8 ff; siehe auch BVerfG NJW 2007, 1521, 1522).
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Das hiernach bestehende Ermessen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs war entgegen der Auffassung der Klägerin schon deshalb nicht auf Null reduziert, weil aus den zuvor dargestellten Gründen ein offenkundiger Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht vorlag.
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(3) Soweit die Legislative des Beklagten zu 2 betroffen ist, ist ein solcher Verstoß ebenfalls auszuschließen. Dabei kann dem Gesetzgeber insbesondere nicht vorgehalten werden, er habe schnellstmöglich, also noch vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Übergangszeit, eine "auch dem Buchstaben nach" gemeinschaftsrechtskonforme Gesetzeslage schaffen müssen. Zunächst durfte auch der Gesetzgeber davon ausgehen, dass schon vor Anpassung des Gesetzeswortlauts an die Vorgaben des Bundesverfassungsrechts die Exekutive willens und in der Lage ist, für die Übergangsphase einen Zustand herzustellen, der europarechtlich keinen durchgreifenden Bedenken (mehr) ausgesetzt ist. Zudem war ausreichende Zeit vonnöten, um den aus den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgenden (national- wie europarechtlichen ) Anpassungsbedarf sorgfältig zu ermitteln, die hieraus folgenden Handlungsoptionen herauszuarbeiten und sich - gegebenenfalls auch nach Abstimmung mit den Rechtssetzungsorganen des Bundes - unter Abwägung der jeweils in Rede stehenden Belange für eine Lösung zu entscheiden. So gab es für die Schaffung einer im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kohärenten Lösung für den Bereich der Sportwetten und Glücksspiele eine Vielzahl von denkbaren Lösungen, da den Mitgliedstaaten insoweit ein weiter Ermessensspielraum zusteht (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli, Slg. 2003, I-13076 Rn. 63 mwN). Hinzu kommt, dass die hier maßgeblichen Regelungen nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes von den Ländern zu schaffen waren und diese Regelungen, um einen - sinnvollen - bundeseinheitlichen Standard zu gewährleisten, in einem Staatsvertrag aller deutschen Länder enthalten waren. Aufgrund dieser Ausgangslage ist dem Beklagten zu 2 insbesondere nicht anzulasten, dass sie auf einen gesetzgeberischen "Alleingang" verzichtete und zusammen mit den übrigen Ländern wiederum eine - nunmehr den europarechtlichen Vorgaben entsprechende – bundeseinheitliche Regelung anstrebte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zu 2 - ebenso wie alle anderen Bundesländer - die bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumte Übergangsfrist ausschöpfte.
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ee) Der weitere Hinweis der Revision auf den Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2005 (WM 2005, 1141) ist für ihre Rechtsauffassung unbehelflich. Das Bundesverfassungsgericht hat darin unter Bezugnahme auf die "Gambelli-Entscheidung" lediglich geäußert, "erhebliche Zweifel" an der Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht könnten "nicht … ausgeschlossen" werden (aaO S. 1142 f). Ein offenkundiger Verstoß der Beklagten gegen das Gemeinschaftsrecht lässt sich angesichts dieser zurückhaltenden Formulierung hieraus nicht ableiten.
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ff) Die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens 2003/4350 durch die Europäische Kommission mit dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 4. April 2006 ist für die Rechtsposition der Klägerin ebenfalls unbehelflich.
Zwar mag sich hieraus ebenso wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht ergeben haben. Aus den vorstehenden Gründen scheidet jedoch gleichwohl ein hinreichend qualifizierter Verstoß der Beklagten gegen das europäische Recht aus. In dem Schreiben äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der in den einzelnen Bundesländern geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol mit der Dienstleistungsfreiheit nur unter den in der "Gambelli-Entscheidung" des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13076) angesprochenen Aspekten. Die Kommission bemängelte, dass nach ihr vorliegenden Erkenntnissen die Monopolveranstalter in Deutschland einen erheblichen Werbeaufwand für die Sportwetten betrieben. Unter Bezugnahme auf Randnummer 69 des "Gambelli-Urteils" (aaO) wies sie darauf hin, dass sich die Mitgliedstaaten zur Rechtfertigung von Reglementierungen von Wetten nicht auf die Notwendigkeit berufen dürften, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern , wenn ihre Behörden die Verbraucher zugleich dazu anreizten und ermunterten , an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zuflössen. Eben diese Defizite wurden jedoch abgestellt , so dass die Beklagten die Rechtspraxis vertretbar als gemeinschaftskonform ansehen konnten.
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c) Eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist nicht erforderlich. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als vorlagebedürftig angesehene Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht mit der Erwägung verneint werden könne, die Mitgliedstaaten hätten sich für berechtigt halten dürfen, für eine Übergangszeit einen europarechtswidrigen Zustand aufrechtzuerhalten , stellt sich aus den unter b, dd (1) ausgeführten Gründen nicht.
Auch im Übrigen besteht keine Notwendigkeit, eine Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV einzuholen. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch im konkreten Einzelfall erfüllt sind, obliegt entsprechend den vom Gerichtshof hierfür entwickelten Leitlinien grundsätzlich den nationalen Gerichten (EuGH, Urteile vom 13. März 2007 - C-524/04 - Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation - Slg. 2007, I-2157 Rn. 116 und vom 12. Dezember 2006 - C-446/04 - Test Claimants in the FII Group Litigation, Slg. 2006, I-11814, Rn. 210 mwN). Unionsrechtliche Fragen, die über die bloße Anwendung der Grundsätze des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf den konkreten Sachverhalt hinausgehen, wirft der Fall nicht auf.
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3. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG bestehen gleichfalls nicht.
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Zwar handelten die Verwaltungsbediensteten der Beklagten objektiv pflichtwidrig, weil die Untersagungsverfügung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar war. Jedoch fällt ihnen insoweit aus den oben (2 b dd (1)) genannten Gründen keine Fahrlässigkeit zur Last, zumal sie sich bei ihrer Einschätzung der Rechtslage im Einklang mit der Rechtsprechung des für sie zuständigen Verwaltungsgerichtshofs befanden (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1995 - III ZR 160/94, NJW 1995, 2918, 2920).
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Eine Haftung des Beklagten zu 2 wegen legislativen Unrechts kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber lediglich Aufgaben der Allgemeinheit wahrnimmt, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt, ihm daher grundsätzlich keine drittschützenden Amtspflichten im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegen (vgl. z.B. Senatsbe- schluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05, NVwZ 2007, 362 Rn. 23; Senatsurteile vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 32 und vom 7. Juni 1988 - III ZR 198/87, NJW 1989, 101). Die Amtshaftung für die Richter des Beklagten zu 2 scheitert an § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB.
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4. Zu Recht haben die Vorinstanzen auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff verneint. Insoweit erhebt die Revision ebenfalls keine Rügen.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 30.11.2010 - 54 O 30/10 -
OLG München, Entscheidung vom 15.07.2011 - 1 U 392/11 -