vorgehend
Landgericht München I, 15 HKO 17112/05, 26.04.2006
Oberlandesgericht München, 7 U 3247/06, 04.10.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 277/06
vom
11. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Februar 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher
gemäß § 544 Abs. 7 ZPO beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. Oktober 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an den 23. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert: 320.758 €

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 544 Abs. 7 ZPO, weil das angefochtene Urteil auf entscheidungserheblichen Verletzungen des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) beruht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit gemäß § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
2
1. a) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt, wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rügt, u.a. darin, dass das Berufungsgericht den - in erster Instanz obsiegenden - Kläger nicht wenigstens in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass es seinen Antrag auf Parteivernehmung des Geschäftsführers der Beklagten und den dazu gehaltenen Vortrag nicht für einen "tauglichen Beweisantritt" halte (vgl. Sen.Urt. v. 8. Februar 1999 - II ZR 261/97, NJW 1999, 2123; BGH, Urt. v. 5. November 2003 - VIII ZR 380/02, NJW-RR 2004, 281). Auf entsprechenden Hinweis hätte er, wie die Nichtzulassungsbeschwerde ausführt, die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt, dass der behauptete Mehrwert seiner an die Beklagte veräußerten Geschäftsanteile auf der Ausübung der Option der Beklagten gegenüber der D. B. AG beruhe. Zudem hätte er seinen erstinstanzlichen Beweisantrag wiederholt, der Beklagten die Vorlage eines "Memorandums" vom 22. Dezember 2003 aufzugeben (§ 421 ZPO), aus dem sich das Gleiche ergebe.
3
b) Davon abgesehen liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ohnehin schon darin, dass das Berufungsgericht die beantragte Parteivernehmung abgelehnt hat, weil damit nicht unter Beweis gestellt sei, dass der behauptete Anteilsmehrwert auf die Optionsausübung der Beklagten zurückzuführen sei. Das Berufungsgericht verkürzt und entstellt damit den Vortrag des Klägers, der sich in den Vorinstanzen stets auf den genannten Zusammenhang berufen hat und sich hierauf ersichtlich auch bei seinem Beweisantritt berufen wollte, wie sich aus dem ersten Satz seines protokollierten Vortrags ergibt.
4
Ebenso wenig durfte das Berufungsgericht die beantragte Parteivernehmung deshalb ablehnen, weil der Kläger mit ihr "lediglich" unter Beweis gestellt habe, dem Geschäftsführer der Beklagten sei bei den Verhandlungen mit dem Kläger die bevorstehende Optionsausübung und die dadurch eintretende Wertsteigerung der Anteile des Klägers bekannt gewesen. Damit ist nicht nur eine "subjektive Einschätzung" des Geschäftsführers der Beklagten, sondern die (in sein Wissen gestellte) Tatsache der Werterhöhung neben der Behauptung unter Beweis gestellt, dass er die bis zum Bewertungsstichtag (31. Dezember 2003) zu erwartende (und eingetretene) Werterhöhung bei den Vertragsverhandlungen mit dem Kläger arglistig verschwiegen habe.
5
c) Zu Recht rügt die Nichtzulassungsbeschwerde des weiteren, dass das Berufungsgericht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG den erstinstanzlich mehrfach gestellten Beweisantrag, der Beklagten die Vorlage ihres Memorandums vom 22. Dezember 2003 aufzugeben (§ 421 ZPO), übergangen hat. Nach dem Vortrag des Klägers soll sich aus diesem an alle Gesellschafter der Beklagten gerichteten und ihm als Gesellschafter pflichtwidrig vorenthaltenen Memorandum ergeben, dass infolge der von den Gesellschaftern damals bis zum Jahresende 2003 zu beschließenden Ausübung der Rückkaufsoption eine erhebliche Wertsteigerung der Geschäftsanteile eintreten sollte.
6
Das Berufungsgericht hätte diesem erstinstanzlichen Beweisantrag des - in erster Instanz obsiegenden - Klägers nachgehen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 2005 - VI ZR 180/04, NJW 2006, 767, 769; BVerfG NJW 1982, 1636). Die Voraussetzungen der §§ 420 ff. ZPO lagen - unbeschadet derjenigen des § 142 ZPO (vgl. dazu Musielak/Stadler, ZPO 5. Aufl. § 142 Rdn. 1 m.N.) - vor. Für eine Vorlegungspflicht des Prozessgegners gemäß § 422 ZPO genügt ein Einsichtsrecht gemäß § 810 BGB (vgl. Musielak/Huber aaO § 422 Rdn. 1), das dem Kläger nach dieser Vorschrift schon deshalb zusteht, weil das besagte Memorandum den Gesellschafterbeschluss über die Ausübung der Rückkaufsoption betraf und dem Kläger pflichtwidrig vorenthalten wurde. Im Übrigen hat auch ein ausgeschiedener Gesellschafter wie der Kläger gemäß § 810 BGB Anspruch auf Einsicht in Geschäftsunterlagen, die für die Höhe seiner Abfindung relevant sind (vgl. Sen.Urt. v. 17. April 1989 - II ZR 258/88, NJW 1989, 3272 f.).
7
2. Die genannten Beweisantritte sind für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich. Hat die Beklagte dem Kläger vor oder bei Abschluss des Vertrages über den Erwerb seiner Geschäftsanteile deren Wertsteigerung verschwiegen , kann er im Wege des Schadensersatzes wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Beklagten die Differenz zwischen der vereinbarten und der gemäß § 14.2 der Satzung der Beklagten zu berechnenden Vergütung für die Übertragung seiner Geschäftsanteile nachfordern (vgl. auch BGH, Urt. v. 24. Juni 1998 - XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900 m.N.). Darauf zielt die vom Kläger erhobene Stufenklage (§ 254 ZPO) bzw. sein erstinstanzlich zuerkanntes Auskunftsbegehren aus § 242 BGB, das - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht den vollen Nachweis einer Pflichtverletzung der Beklagten sowie eines Schadensersatzanspruchs des Klägers dem Grunde nach voraussetzt. Soll die begehrte Auskunft zur Vorbereitung vertraglicher Schadensersatzansprüche aus einem Dauerschuldverhältnis dienen, so genügen dafür der begründete Verdacht einer Pflichtverletzung (vgl. BGH, Urt. v. 17. Juli 2002 - VIII ZR 64/01, NJW 2002, 3771) und die Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Schadens (vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 1964 - Ib ZR 199/62, MDR 1964, 570 = LM Nr. 19 zu § 242 (Be) BGB). Das gilt hier erst recht: Zwischen den Parteien bestand ein Gesellschaftsverhältnis, aus dem die Treuepflicht der Beklagten resultierte, den Kläger bis zu seinem Ausscheiden über Umstände, die seine mitgliedschaftlichen Vermögensinteressen berührten , vollständig und zutreffend zu informieren (vgl. Sen.Urt. v. 11. Dezember 2006 - II ZR 166/05, ZIP 2007, 268; v. 9. September 2002 - II ZR 198/00, ZIP 2003, 73 f.). Ein dagegen verstoßendes Verhalten der Beklagten hat der Kläger unter Beweis gestellt. Die entsprechenden Beweise hätten das Berufungsgericht auch auf der Grundlage seiner rechtsirrtümlichen Auffassung hinsichtlich des hier erforderlichen Beweismaßes erheben müssen. Sein Hinweis auf die im Konzern der Beklagten mit Wirkung zum 1. Januar 2004 beschlossenen Strukturmaßnahmen ist ohnehin nicht geeignet, die in dem Memorandum der Beklagten vom 27. Januar 2004 dargestellte Werterhöhung der "A-Shares" auf 1,039 Mio. € für das Jahr 2003 zu erklären. Ob die für das Auskunftsbegehren erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Schadensersatzanspruchs des Klägers dem Grunde nach besteht, wird der andere Senat des Be- rufungsgerichts, an das die Sache gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zurückzuverweisen ist, ggf. nach Beweisaufnahme zu entscheiden haben.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 26.04.2006 - 15 HKO 17112/05 -
OLG München, Entscheidung vom 04.10.2006 - 7 U 3247/06 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 142 Anordnung der Urkundenvorlegung


(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 254 Stufenklage


Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 810 Einsicht in Urkunden


Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitz befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 421 Vorlegung durch den Gegner; Beweisantritt


Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, dem Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 422 Vorlegungspflicht des Gegners nach bürgerlichem Recht


Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann.

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bei uns veröffentlicht am 09.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 198/00 Verkündet am: 9. September 2002 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 166/05 Verkündet am: 11. Dezember 2006 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GmbHG § 46 Nr. 5 a) Au
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 227/12 Verkündet am: 26. September 2013 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 121/15 Verkündet am: 14. Juni 2016 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, dem Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, dem Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 180/04 Verkündet am:
20. Dezember 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Auch nach In-Kraft-Treten des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember
1992 ist Vertragspartner eines Kassenpatienten, der in einer Krankenhausambulanz
behandelt wird, grundsätzlich der zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte
Krankenhausarzt.

b) Werden in den Räumlichkeiten des Krankenhauses durch angestellte Ärzte des
Krankenhausträgers ambulante Operationen durchgeführt, ohne dass die behandelnden
Ärzte oder der die Ambulanz betreibende Chefarzt zur vertragsärztlichen
Versorgung ermächtigt sind, haftet grundsätzlich der Krankenhausträger.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 180/04 - OLG Jena
LGMeiningen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 2. Juni 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. Sie hat den früheren Beklagten zu 1 als operierenden Arzt und die Beklagte zu 2 als Trägerin des Kreiskrankenhauses B. S. auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen fehlgeschlagener ärztlicher Behandlung in Anspruch genommen.
2
Die Klägerin begab sich am 8. Mai 1998 wegen eines schnellenden Fingers in die Handsprechstunde des Chefarztes Dr. G. in der Ambulanz im Kreiskrankenhaus der Beklagten zu 2. Sie wurde vom bei der Beklagten zu 2 ange- stellten Oberarzt Dr. K. untersucht. Dieser verabredete für den 13. Juli 1998 eine ambulante Operation, die vom Beklagten zu 1, einem ebenfalls bei der Beklagten zu 2 angestellten Oberarzt, durchgeführt wurde. Dessen Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 116 SGB V war mit Ablauf des 31. Dezember 1997 erloschen. Dr. K. verfügte nur über eine Ermächtigung für "besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, eingeschränkt auf Problemfälle der Traumatologie", die nicht die Durchführung der an der Klägerin vorgenommenen Operation erfasste. Die Beklagte zu 2 hatte für ihre chirurgische Klinik mit Standort B. L., nicht aber für das Kreiskrankenhaus in B. S. eine Mitteilung nach § 115 b Abs. 2 Satz 2 SGB V abgegeben.
3
Der linke Daumen der Klägerin blieb postoperativ trotz einer am 12. August 1998 vom Beklagten zu 1 durchgeführten Revisionsoperation, die mit einem anschließenden stationären Krankenhausaufenthalt verbunden war, nur eingeschränkt beweglich.
4
Das Landgericht hat der Klage gegen beide Beklagte stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu 1 nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten zu 2 die gegen sie gerichtete Klage abgewiesen. Nach Zulassung der Revision durch den erkennenden Senat verfolgt die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagte zu 2 weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Beklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagte) sei nicht Vertragspartnerin der Klägerin geworden. Die vertragliche Gestaltung bei der medizinischen Versorgung von Mitgliedern einer gesetzlichen Kranken- kasse werde von dem im Sozialgesetzbuch V geregelten Zusammenwirken der Krankenkassen und der Ärzte zur Sicherung der medizinischen Grundversorgung geprägt. Vertragspartner des Kassenpatienten sei deshalb bei der ambulanten Behandlung ausschließlich der an der kassenärztlichen Versorgung beteiligte Arzt. Zwar bestehe für Krankenhäuser gemäß § 115 b Abs. 2 Satz 1 SGB V eine gesetzliche Zulassung für ambulantes Operieren. Die dafür erforderliche Mitteilung der Beklagten nach § 115 b Abs. 2 Satz 2 SGB V habe aber für das Krankenhaus B. S. nicht vorgelegen. Die Beklagte habe auch nicht einen Anschein dafür gesetzt, selbst Partner des Behandlungsvertrages zu sein, sondern lediglich den Betrieb der Ambulanz mit personellen und sachlichen Mitteln unterstützt.
6
Dass die Zulassung des Beklagten zu 1 abgelaufen gewesen sei und die Zulassung des Dr. K. die vorgenommene Behandlung nicht erfasst habe, begründe nicht einen Vertragsschluss mit der Beklagten. Wegen der rechtlichen Trennung zwischen Ambulanz und Krankenhaus berührten Wirksamkeitshindernisse nur das in Aussicht genommene Vertragsverhältnis. Selbst die Ermöglichung oder Duldung einer unzulässigen Praxis bei der ambulanten Behandlung von Kassenpatienten durch nachgeordnete Ärzte eines Krankenhauses führten nicht zu einer vertraglichen Mithaftung des Krankenhausträgers.

II.

7
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. Das Berufungsgericht ist unter Anwendung der vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 363, 367 f.; 105, 189, 194; 120, 376, 382 ff.; 124, 128, 131ff.) zu der Auffassung gelangt, die Klägerin sei jedenfalls nicht in vertragliche Beziehungen zu der Beklagten getreten , weil die ambulante Versorgung von Kassenpatienten in erster Linie Aufgabe der zugelassenen Kassenärzte bzw. des zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen Chefarztes sei. Nach dieser Rechtsprechung tritt der Kassenpatient , der zur ambulanten Behandlung in ein Krankenhaus überwiesen wird, in vertragliche Beziehungen nur zu dem die Ambulanz kraft kassenärztlicher Zulassung gemäß den geltenden Vorschriften (früher § 368 a Abs. 8 RVO, nachfolgend §§ 95, 116 SGB V) betreibenden Chefarzt, nicht aber in eine solche zu dem Krankenhausträger. Dies gilt auch dann, wenn die Überweisung des Hausarztes auf das Krankenhaus lautet und die Behandlung in der Krankenhausambulanz von einem nachgeordneten Krankenhausarzt durchgeführt wird (vgl. BGHZ 100, 363, 367 ff.; 124, 128, 132 f.; ebenso BGHZ 105, 189, 192 ff. für Privatpatienten). Auch der Umstand, dass der Krankenhausträger eine unzulässige Praxis der Behandlung von überwiesenen Kassenpatienten durch nachgeordnete Ärzte des Krankenhauses organisatorisch ermöglicht und geduldet hat, führt nicht zu seiner vertraglichen Mithaftung aus dem Behandlungsvertrag zwischen dem beteiligten Chefarzt und dem in seine Ambulanz überwiesenen Kassenpatienten. An den Krankenhausträger ist dieser Patient nicht überwiesen. Dieser bleibt deshalb Patient des zur Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung zugelassenen Chefarztes, und nur für diesen rechnet die Krankenkasse über die kassenärztliche Vereinigung ab (BGHZ 100, 363, 370 f.). Etwas anderes gilt allerdings bei der Haftung gegenüber dem Kassenpatienten einer vom Krankenhaus getragenen Institutsambulanz (vgl. BGHZ 120, 376, 385).
9
2. Diese Rechtsprechung beruht auf der Gesetzeslage vor dem 1. Januar 1993, an welchem das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) in Kraft getreten ist. Hintergrund war das damalige System einer weitgehenden Trennung von ambulanter und stationärer Krankenpflege.
Die ambulante Versorgung von Kassenpatienten war in erster Linie Aufgabe der zugelassenen Kassenärzte und, wenn sie im Krankenhaus anfiel, der an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten Chefärzte. Das Krankenhaus als Institution konnte eine ambulante Behandlung grundsätzlich nur in Notfällen übernehmen , für die weder ein Kassenarzt noch ein "beteiligter" Chefarzt zur Verfügung stand (vgl. BGHZ 100, 363, 366; 105, 189, 194; 124, 128, 132).
10
Die für die frühere Rechtslage entwickelten Grundsätze werden der Gesetzeslage nach In-Kraft-Treten des Gesundheitsstrukturgesetzes nicht mehr in vollem Umfang gerecht. Die Gesetzesänderung verfolgte nämlich das Ziel, eine teure vollstationäre Versorgung zu vermeiden, wenn medizinisch eine ambulante Durchführung bisher stationär erbrachter Eingriffe möglich ist (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BT-Drucksache 12/3608, S. 103). Daher sind Krankenhäuser nunmehr von Gesetzes wegen zur ambulanten Durchführung der Operationen zugelassen, die in einem dreiseitigen Vertrag zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemeinsam, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder den Bundesverbänden der Krankenhausträger gemeinsam und den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen aufgrund der Ermächtigung aus § 115 b Abs. 1 SGB V vereinbart wurden. Einer separaten Zulassung durch Entscheidung der Zulassungsinstanzen nach § 96 SGB V bedarf es nicht, jedoch ist für das Wirksamwerden der Zulassung eine Mitteilung des Krankenhausträgers an die in § 115 b Abs. 2 Satz 2 SGB V genannten Stellen erforderlich (vgl. BSG MedR 2000, 242, 243; Hess in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht , Stand 1. Juni 2005, SGB V, § 115 b, Rn. 4). Da es sich beim ambulanten Operieren nach § 115 b SGB V um einen Teil der Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V und - anders als bei der ambulanten Operation durch nach § 116 SGB V ermächtigte Krankenhausärzte - nicht um einen Teil der vertragsärztlichen Versorgung handelt, bedarf es auch einer Überweisung durch einen Vertragsarzt nicht; der Versicherte darf das Krankenhaus vielmehr unmittelbar aufsuchen (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 12/3608, S. 103; Hess in Kasseler Kommentar, aaO, Rn. 6; Jung in Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung, Stand: September 1994, § 115 b, Rn. 5).
11
Hier gehörte die bei der Klägerin durchgeführte Operation zu dem Katalog nach § 115 b SGB V. Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte nach den Feststellungen der Instanzgerichte für eine andere von ihr betriebene Klinik in B. L. eine Mitteilung nach § 115 b Abs. 2 SGB V für derartige Operationen abgegeben hat.
12
3. a) Seit dem 1. Januar 1993 ist die ambulante operative Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten nicht mehr in erster Linie Aufgabe der zugelassenen Vertragsärzte. Vielmehr soll nach der Intention des Gesetzgebers und der neuen rechtlichen Ausgestaltung die ambulante Operation als Krankenhausleistung in Verantwortung des Krankenhausträgers gegenüber der vertragsärztlichen Ermächtigung des einzelnen Krankenhausarztes den Regelfall darstellen (Kern NJW 1996, 1561, 1564). Dem gemäß ist für die Zulassung eines Krankenhausarztes zur ambulanten Operation nach § 116 SGB V kein Raum, wenn die Leistungen, die Gegenstand der Ermächtigung sein sollen, vom Krankenhaus bereits auf der Grundlage des § 115 b SGB V angeboten und erbracht werden (vgl. BSG aaO; vgl. auch BSG MedR 1997, 286; Kruschinsky in Noftz u.a., SGB V Gesetzliche Krankenversicherung, Stand XII/01, K § 116, Rn. 21; Hess in Kasseler Kommentar, aaO; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung - Sozialgesetzbuch V, Stand: 1. März 2005, § 115 b Rn. 4).
13
Da der Gesetzgeber dem Krankenhausträger die Entscheidungsfreiheit darüber einräumt, ob und in welchem Umfang er ambulante Operationen anbie- tet, kann ohne Feststellung besonderer Umstände des Einzelfalles, die eine solche Zuschreibung rechtfertigen, allerdings nicht davon ausgegangen werden , dass die von einem Krankenhausträger für eines seiner Krankenhäuser abgegebene Mitteilung auch für alle anderen in seiner Trägerschaft gilt (vgl. BSG MedR 2000, 242, 243 f.). Somit fehlt es an einer Erklärung der Beklagten nach § 115 b SGB V für das hier betroffene Krankenhaus.
14
b) Für den Patienten erschließt sich nach der Gesetzesänderung wegen des gleichen Zugangswegs zum Behandelnden nicht, ob er bei einer ambulanten Operation im Krankenhaus vertragsärztliche oder Krankenhausleistungen in Anspruch nimmt. Der gesetzlich Versicherte benötigt nämlich nicht mehr eine Überweisung zur Inanspruchnahme ambulanter Operationsleistungen als Krankenhausleistung ; auch für die Inanspruchnahme einer ambulanten Operation als vertragsärztliche Leistung durch einen ermächtigten Krankenhausarzt ist eine Überweisung nur dann erforderlich, wenn die Ermächtigung des Krankenhausarztes eine entsprechende Einschränkung enthält, was der Patient nicht überprüfen kann (vgl. Steege in Noftz u.a., aaO, K § 115 b, Rn. 17 und Kruschinsky in Noftz u.a., aaO, § 116, Rn. 17; Hencke in Peters, aaO, Rn. 6 und § 116, Rn. 5). Der Patient wird daher im Regelfall - wie bisher - als seinen Vertragspartner denjenigen Arzt ansehen, dem aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht die Honorierung zusteht (vgl. Senatsurteil BGHZ 100, 363, 371).
15
c) Darf somit der gesetzlich versicherte Patient aufgrund der §§ 115 b, 116 SGB V davon ausgehen, dass es einen sozialrechtlich befugten Behandler für die Durchführung der ambulanten Operation gibt, nämlich entweder das Krankenhaus oder einen ermächtigten Krankenhausarzt, so darf eine Unklarheit - wie im Streitfall - darüber, ob er vertragsärztliche Leistungen oder Krankenhausleistungen in Anspruch genommen hat, haftungsrechtlich nicht zu seinen Lasten gehen. Der Tatrichter muss deshalb in solchen Fällen klären, ob in die konkrete Behandlung eingebundene Ärzte oder der - wie hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - die Ambulanz betreibende Chefarzt, dem das Handeln dieser Ärzte gegebenenfalls gemäß § 278 BGB zuzurechnen wäre , eine kassenärztliche Ermächtigung für die konkret durchgeführte Operation besaßen. Wenn nämlich in den Räumlichkeiten des Krankenhauses durch angestellte Ärzte des Krankenhausträgers ambulante Operationen durchgeführt werden, ohne dass die behandelnden Ärzte oder der Chefarzt zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt sind, wird aufgrund des gesetzlichen Leitbildes der Anschein erweckt, dass zumindest der Krankenhausträger als von Gesetzes wegen grundsätzlich zur ambulanten Operation zugelassener Leistungsträger sozialrechtlich befugt ist. Deshalb muss dem gesetzlich Versicherten in dem Fall, dass keine anderen sozialrechtlich als befugt anzusehenden Ärzte zu ermitteln sind, jedenfalls der Krankenhausträger als zumindest aufgrund eines Organisationsverschuldens nach § 823 Abs. 1 BGB Haftender zur Verfügung stehen.
16
Dies entspricht zum einen dem sich aus den §§ 115 b, § 116 SBG V ergebenden Grundsatz, dass der Durchführung ambulanter Operationen im Krankenhaus als Krankenhausleistungen ein Vorrang gegenüber der vertragsärztlichen Leistung durch nach § 116 SGB V ermächtigte Krankenhausärzte einzuräumen ist (vgl. BSG MedR 2000, 242, 243). Zum anderen belastet es den Krankenhausträger nicht über Gebühr. Aufgrund der Verträge mit seinen angestellten Ärzten über die Überlassung von Operationsräumen und der - auch hier vom Berufungsgericht festgestellten - Unterstützung mit personellen und sachlichen Mitteln sowie der nach § 120 Abs. 1 Satz 3 SGB V auch im Falle der Operation durch einen nach § 116 SGB V ermächtigten Krankenhausarzt über den Krankenhausträger erfolgenden Abrechnung der ärztlichen Tätigkeit (vgl. hierzu BSGE 69, 1 ff.) hat er nämlich jederzeit einen Überblick darüber, in welchem Bereich und für welche zeitliche Dauer ein ermächtigter Krankenhausarzt zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Wenn er es dennoch zulässt, dass ambulante Operationen durch nicht oder nicht mehr nach § 116 SGB V ermächtigte angestellte Krankenhausärzte durchgeführt werden, muss er dafür haftungsrechtlich einstehen. Dem stehen die Ausführungen des erkennenden Senats in BGHZ 100, 363, 370 im Hinblick auf die veränderte Gesetzeslage nicht entgegen, weil damals eine ambulante Operation grundsätzlich nur von einem zugelassenen Kassenarzt und nicht von einem Krankenhaus vorgenommen werden durfte. Demgegenüber kommt aus den dargelegten Gründen nunmehr eine Haftung des Krankenhausträgers durchaus in Betracht.
17
4. Zudem rügt die Revision zu Recht, das Berufungsgericht habe den unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin übergangen, die Beklagte habe beide Operationen mit der Krankenkasse der Klägerin abgerechnet. Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, die Abrechnung der Behandlungsleistungen des Beklagten zu 1 sei mit der Krankenkasse der Klägerin von dem Beklagten zu 1 über die kassenärztliche Vertragsnummer des Dr. K. erfolgt. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin hat es mit der Begründung zurückgewiesen , diese sei dem anders lautenden Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr entgegengetreten. Dass die Klägerin auf das detaillierte Vorbringen der Gegenpartei nicht reagiert habe, lasse den Schluss darauf zu, dass das ursprüngliche Vorbringen nicht mehr aufrechterhalten werde.
18
Das Berufungsgericht hat insoweit verkannt, dass mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz gelangt und vom Berufungsgericht in dem von §§ 529 ff. ZPO vorgegebenen Rahmen zu berücksichtigen ist (vgl. BGHZ 158, 269, 278). Im Hinblick darauf hätte es den Vortrag nicht übergehen dürfen. Wird ein in erster Instanz gestellter Beweisantrag im Berufungsrechtszug nicht wiederholt, obwohl ihm dort erst seine eigentliche Bedeutung zukommt, und sind keine Umstände dafür zu erkennen, dass die Partei auf ihn bewusst nicht mehr zurückgreifen will, so hat das Gericht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO nachzufragen, bevor es den Antrag für nicht mehr gestellt erachtet (vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 1997 - VI ZR 133/96 - VersR 1997, 1422, 1423). Dies muss auch gelten, wenn sowohl der entsprechende Vortrag als auch der Beweisantrag übergangen sind. Nach Lage des Falles spricht nichts dafür, dass die Klägerin ihren Vortrag fallen lassen wollte, zumal die Revision zu Recht darauf hinweist, dass eine unmittelbare Abrechnung mit der Krankenkasse eher für eine Haftung der Beklagten spricht. Die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen der ermächtigten Krankenhausärzte werden nämlich vom Krankenhausträger für diese mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet (§ 120 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Handelt es sich jedoch um eine Institutsambulanz, also eine Krankenhausleistung, erfolgt die Abrechnung der Vergütung unmittelbar mit der Krankenkasse (vgl. Hencke in Peters, aaO, § 115 b, Rn. 5; Hess in Kasseler Kommentar, aaO, Rn. 5; Steege in Noftz u.a., aaO, K § 115 b, Rn. 7, 23).
19
5. Ebenso hat die Revision Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob eine Haftung der Beklagten wegen einer fehlerhaften Revisionsoperation begründet ist.
20
Bei der Revisionsoperation handelt es sich um eine stationäre Krankenhausbehandlung. Unabhängig davon, ob die Entscheidung zum Verbleib der Patientin über Nacht bereits zu Beginn der Behandlung getroffen wurde, liegt nämlich eine - einheitliche - vollstationäre Krankenhausbehandlung vor (vgl. BSGE 92, 223, 229 f. Rn. 21, 23 und BSG, Urteil vom 8. September 2004 - B 6 KA 14/03 R - GesR 2005, 39).
21
Die Revision hat insoweit geltend gemacht, nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, die die Klägerin zum Gegenstand ihres erstinstanzlichen Vortrags gemacht habe, sei die Revisionsoperation nicht ausreichend gewesen, wenn bei dem Eingriff "nur ein Anteil des Ringbands A 1" entfernt worden sei. Eine abschließende Klärung sei wegen des fehlenden OPBerichts nicht möglich gewesen. Auch der Privatgutachter Dr. Sch. habe die Revisionsoperation als fehlerhaft bezeichnet. Das erstinstanzliche Gericht musste diese Frage nicht klären, weil es der Klage auch gegen die Beklagte stattgegeben hat. Das Berufungsgericht hätte aber den entsprechenden Vortrag nicht übergehen dürfen, weil im Falle einer fehlerhaften Revisionsoperation eine Haftung der Beklagten aus dem Behandlungsvertrag und aus §§ 823, 831 BGB in Betracht kommt.

III.

22
Nach alldem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der erkennende Senat ist an einer eigenen Entscheidung gehindert , weil es nach den vorstehenden Ausführungen weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts bedarf. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Meiningen, Entscheidung vom 04.06.2003 - 2 O 945/01 -
OLG Jena, Entscheidung vom 02.06.2004 - 4 U 630/03 -

(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.

Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann.

Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitz befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem anderen oder zwischen einem von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 166/05
Verkündet am:
11. Dezember 2006
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ist ein GmbH-Gesellschafter
grundsätzlich verpflichtet, seinen Mitgesellschafter über Vorgänge,
die dessen mitgliedschaftliche Vermögensinteressen berühren und ihm nicht
bekannt sein können, vollständig und zutreffend zu informieren. Unterlässt er
dies, kann sich daraus ein Schadensersatzanspruch ergeben.

b) Wird an einen Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Wissen eines Mitgesellschafters
ein Geschäftsführergehalt gezahlt, kann der Mitgesellschafter nur
dann einen Schadensersatzanspruch geltend machen, wenn er nicht aufgrund
der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten ist, die Zahlung zu
genehmigen. Dafür ist maßgebend, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer
eine Arbeitsleistung erbringt, die unter Berücksichtigung der Ausgestaltung
des Gesellschaftsvertrages vernünftigerweise nur gegen eine gesonderte
Vergütung zu erwarten ist.
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2006 - II ZR 166/05 - KG
LG Berlin
II. Zivilsenat Der des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 11. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn
und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klage stattgegeben worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Kammergerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht einen ihr von ihrem Ehemann abgetretenen Schadensersatzanspruch geltend. Der Ehemann der Klägerin (im Folgenden: Zedent ), der Beklagte und W. Sch. waren zu gleichen Anteilen Gesellschafter der S. GmbH. Der Zedent hat seinen Geschäftsanteil mittlerweile veräußert. Kurz vor dem Verkauf sprach er den Beklagten auf die wirtschaftliche Situation der GmbH an. Der Beklagte antwortete , es sei mit keinem Gewinn zu rechnen. Nicht erwähnt wurde, dass an den Mitgesellschafter und -geschäftsführer Sch. Geschäftführergehälter i.H.v. 113.534,20 DM im Jahre 1999 und 25.180,69 DM im Jahre 2000 gezahlt worden waren.
2
Der Zedent veräußerte seinen Geschäftsanteil zum Nennwert. Die Klägerin hat behauptet, dass ihr Ehemann dabei von den Zahlungen an Sch. nichts gewusst habe und dass er sich einen entsprechenden Gewinnanspruch vorbehalten hätte, wenn er von diesen - ihrer Auffassung nach unberechtigten - Zahlungen gewusst hätte. Sie hält den Beklagten wegen Verletzung eines Auskunftsvertrages , jedenfalls aber wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zum Schadensersatz in Höhe eines Drittels der Zahlungen an Sch. für verpflichtet.
3
Das Landgericht hat die auf Zahlung dieses Drittels und eines weiteren Betrages gerichtete Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr in Höhe des Drittels stattgegeben. Dagegen richtet sich die von dem erkennenden Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet und führt unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
5
I. Das Berufungsgericht hat, soweit es der Klage stattgegeben hat, zur Begründung ausgeführt: Zwischen dem Zedenten und dem Beklagten sei kein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Wohl aber sei der Beklagte wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zum Schadensersatz verpflichtet. Der Beklagte habe den Zedenten darüber informieren müssen, dass hinter dessen Rücken dem Mitgesellschafter Sch. eine Vergütung gezahlt worden sei. Der Einwand des Beklagten, die Zahlungen an Sch. seien nicht unberechtigt gewesen, weil Sch. einen Anspruch auf eine - in diesem Umfang angemessene - Vergütung gehabt habe, beruhe auf Hypothesen und sei deshalb unbeachtlich.
6
II. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
1. Zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen dem Zedenten und dem Beklagten sei kein selbständiger, eine Haftung des Beklagten auslösender Auskunftsvertrag zustande gekommen. Die von der Klägerin dazu vorgetragenen Umstände - Frage des Zedenten an den damals noch mit ihm befreundeten Beklagten anlässlich eines gemeinsamen Mittagessens in einer Pizzeria nach den Bilanzen der GmbH und Antwort des Beklagten: "Da kommt ja sowie nichts bei heraus, das wird sowieso Null sein" - reichen für das Zustandekommen eines Auskunftsvertrages nicht aus.
8
2. Nicht von den getroffenen Feststellungen gedeckt ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe mit seiner Antwort auf die Frage des Zedenten nach der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen und sei deshalb dem Zedenten und nun der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet.
9
a) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein Gesellschafter aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht grundsätzlich verpflichtet ist, einen Mitgesellschafter über Vorgänge, die dessen mitgliedschaftliche Vermögensinteressen berühren und ihm nicht bekannt sein können, vollständig und zutreffend zu informieren (so für die BGB-Gesellschaft Sen.Urt. v. 9. September 2002 - II ZR 198/00, ZIP 2003, 73, 74; zur gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zwischen Mitgesellschaftern s. auch BGHZ 65, 15, 18 f.). Dazu gehört auch die Offenlegung etwaiger verdeckter Gewährungen von Sondervorteilen an einen dritten Mitgesellschafter. Denn solche Sondervorteile können einen Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft auslösen, der in der Bilanz zu aktivieren ist und damit den Gewinn und die Liquidität der Gesellschaft vergrößert bzw. einen Verlust verringert. Zutreffend ist auch die Annahme, dass die Zahlung eines Geschäftsführergehalts ohne zugrunde liegenden Gesellschafterbeschluss gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG unzulässig ist. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein solcher Gesellschafterbeschluss nicht gefasst worden.
10
b) Das Verschweigen der an den Mitgesellschafter Sch. geleisteten Zahlungen kann aber nur dann zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten führen, wenn diese Zahlungen nicht nur gegen die gesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung verstoßen haben, sondern auch in der Sache unberechtigt waren. Ein verdeckter Sondervorteil lag darin nämlich nur dann, wenn der Leistung keine gleichwertige Gegenleistung gegenüber stand (vgl. Senat, BGHZ 111, 224, 227 f.; Urt. v. 13. November 1995 - II ZR 113/94, ZIP 1996, 68). Deckten sich dagegen der Wert der Leistung ganz oder teilweise mit dem Wert der Gegenleistung, kann der Zedent, hinter dessen Rücken das Geschäftsführergehalt gewährt worden ist, aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten sein, die Gehaltszahlung im entsprechenden Umfang zu genehmigen.
11
Danach kommt es darauf an, ob der Gesellschafter Sch. eine Arbeitsleistung für die Gesellschaft erbracht hat, die unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages, insbesondere des Gewinnverteilungsschlüssels , und der Beiträge der Mitgesellschafter vernünftigerweise nur gegen eine gesonderte Vergütung zu erwarten war. In diesem Fall hätte sich eine gewissenhafte , nach kaufmännischen Grundsätzen handelnde und die berechtigten Belange aller Gesellschafter berücksichtigende Gesellschafterversammlung dem Wunsch nach einer entsprechenden Vergütung nicht verschlossen. Dann aber sind die Mitgesellschafter auch verpflichtet, der Gehaltszahlung in der entsprechenden Höhe nachträglich zuzustimmen (zur Stimmpflicht aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht s. BGHZ 98, 276, 278 ff.; Sen.Urt. v. 23. März 1987 - II ZR 244/86, BB 1987, 1200).
12
Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Leistungen des Gesellschafters Sch. eine gesonderte Vergütung - ggf. in der gezahlten Höhe - gerechtfertigt haben. Es hat gemeint, das sei unerheblich, weil Sch. und der Beklagte durch die Zahlungen hinter dem Rücken des Zedenten verhindert hätten , dass diese Frage im Vorhinein in der Gesellschafterversammlung habe geklärt werden können. Darauf kommt es indes nicht an. Entscheidend ist allein , ob Sch. tatsächlich einen Anspruch gegen seine Mitgesellschafter auf Bewilligung einer Geschäftsführervergütung hatte. Dass Sch. und der Beklagte nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts gegen § 46 Nr. 5 GmbHG verstoßen haben, indem sie die Vergütung ohne Wissen des Klägers veranlasst haben, spielt dagegen nur für die Beweislast eine Rolle. Dass trotz des Verstoßes gegen die gesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung kein unzulässiger Sondervorteil gewährt worden ist, hat derjenige zu beweisen, der gegen die Kompetenzordnung verstoßen hat, hier also der Beklagte.
13
c) Dieser Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Aufklärungspflicht setzt weiter voraus, dass der Mitgesellschafter Sch. zu dem Zeitpunkt , als sich der Zedent nach den Bilanzen erkundigt hat, überhaupt in der Lage war, den erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Denn nur dann hätte in der Bilanz ein entsprechender Rückzahlungsanspruch aktiviert werden dürfen, so dass die Lage der Gesellschaft besser gewesen wäre, als von dem Beklagten dargestellt.
14
3. Eine Haftung des Beklagten kommt auch noch aus einem anderen Gesichtspunkt in Betracht. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte zusammen mit dem Mitgesellschafter Sch. hinter dem Rücken des Zedenten die Gehaltszahlungen vorgenommen. Die Pflichtverletzung des Beklagten liegt dann nicht erst in dem Verschweigen dieses Umstandes anlässlich der Frage des Zedenten nach den Bilanzen. Vielmehr kann sich eine Schadensersatzpflicht schon aus dem Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung nach § 46 Nr. 5 GmbHG in Form der nicht durch einen Gesellschafterbeschluss gedeckten Gehaltszahlung an Sch. ergeben. Auf die Frage, ob der daraus folgende Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft werthaltig war, kommt es dabei nicht an. Zu prüfen ist aber auch hier, ob der Leistung an Sch. eine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstand , so dass der Zedent verpflichtet war, sie zu genehmigen.
15
4. Danach ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit - ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
16
a) Dabei wird das Berufungsgericht auch die Rüge der Revision zu beachten haben, die bisherigen Feststellungen seien nicht fehlerfrei getroffen worden.
17
Allerdings hat das Berufungsgericht - anders als die Revision meint - nicht nach der Beweislast entschieden, als es angenommen hat, die durch den Sachvortrag des Beklagten genährte Vermutung, die Zahlung des Geschäftsführergehalts an Sch. sei mit dem Zedenten nicht abgestimmt gewesen, habe sich durch die Vernehmung des Zeugen Sch. zur Gewissheit verstärkt. Auch durfte das Berufungsgericht bei seiner Beweiswürdigung den Umstand berücksichtigen, dass sowohl der Beklagte als auch der Zeuge Sch. den entscheidenden Sachverhalt nur sehr vage dargestellt haben.
18
Fehlerhaft war aber, sich allein auf diesen Umstand und die Angaben des im ersten Rechtszug als Zeugen vernommenen Zedenten zu stützen und damit die gegenteilige - zweitinstanzliche - Aussage des Zeugen Sch. als widerlegt anzusehen. Zwar steht es nach § 398 Abs. 1 ZPO grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es einen in erster Instanz vernommenen Zeugen ein zweites Mal vernehmen will. Dieses Ermessen kann sich jedoch - das gilt u.a., wenn es auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit ankommt - auf eine Pflicht zur wiederholten Vernehmung reduzieren. Hier hat das Berufungsgericht ohne persönlichen Eindruck von der Auskunftsperson der Aussage des Zedenten zum einen schon deshalb ein anderes Gewicht beigemessen, als es das Landgericht getan hatte, weil es diese Aussage der zweitinstanzlichen Aussage des Gegenzeugen vorgezogen hat. Zum anderen fehlte es im ersten Rechtszug an einer den förmlichen Anforderungen genügenden Zeugenvernehmung , da der Zedent - den hier streitigen Punkt betreffend - weitgehend nur informatorisch angehört worden war. Das Berufungsgericht hätte deshalb neben Sch. auch den Zedenten als Zeugen vernehmen müssen. Nur so hätte es sich ein abschließendes Urteil darüber bilden können, welche der beiden Sachdarstellungen als bewiesen anzusehen ist.
19
b) Im Rahmen des neu eröffneten Berufungsverfahrens wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob die von der Klägerin eingeräumten Gespräche über die Frage einer Vergütung für den Mitgeschäftsführer Sch. im Rahmen von - nach § 10 der Satzung auch formlos möglichen - Gesellschafterversammlungen geführt worden sind und der Sache nach einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss darstellen. Anders als die Revisionserwiderung meint, unterlag Sch. bei dieser Beschlussfassung keinem Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG (vgl. BGHZ 18, 205, 210). Einer förmlichen Feststellung des Beschlusses durch einen Versammlungsleiter bedarf es in der GmbH nicht (BGHZ 76, 154, 155 f.; 88, 320, 329).
Goette Kurzwelly Gehrlein Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 05.02.2004 - 28 O 394/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 14.04.2005 - 23 U 70/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 198/00 Verkündet am:
9. September 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verlangt von dem Gesellschafter einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts, daß er seine Mitgesellschafter im Rahmen
der Auseinandersetzung über Umstände, die deren mitgliedschaftliche Vermögensinteressen
berühren, zutreffend und vollständig informiert.
BGH, Urteil vom 9. September 2002 - II ZR 198/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 9. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly
und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung eines restlichen Honoraranteils in Höhe von 188.701,91 DM = 96.481,75
Die Parteien sind Rechtsanwälte. Sie hatten 1988 zur gemeinschaftlichen Berufsausübung eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, die am 30. November 1993 endete. Der Sozietätsvertrag sah vor, daß sämtliche Ein-
nahmen aus der Berufstätigkeit der Parteien einschließlich der Vergütung für die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker der Sozietät zufließen und nach Abzug der Betriebsausgaben zwischen den Parteien hälftig geteilt werden sollten.
Nach Beendigung der Sozietät kam es zwischen den Parteien zum Streit über die Auseinandersetzungsrechnung. Eine wesentliche Rolle spielte dabei die Frage, ob und inwieweit die Vergütung des Beklagten als Testamentsvollstrecker für den Nachlaß Dr. H. zugunsten der Sozietät zu berücksichtigen war. Der Beklagte übte das Amt des Testamentsvollstreckers in jener Sache vom 25. April 1991 bis zum 25. April 1996 aus. Nachdem er in einem Schreiben vom 6. Februar 1996 ausgeführt hatte, daß sich aus dem Mandat Dr. H. "- unter Vernachlässigung aller Bedenken - höchstens per 30. November 1993 ein Gesamttestamentsvollstreckerhonorar von 267.967,00 DM" brutto ergeben würde, schlossen die Parteien am 6. März 1996 einen Vergleich, der u.a. folgende Bestimmungen enthält:
"4. Herr R. zahlt an Herrn Dr. G. als dessen Anteil an den Gewinnen aus nach dem 30.11.1993 bei ihm eingegangenen Honoraren für Mandate, die der früheren Sozietät vor dem vorgenannten Stichtag erteilt worden waren, einen Betrag von 90.000,00 DM ...
5. Mit der Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle wechselseitigen Ansprüche der Herren R. und Dr. G. aus der früher zwischen ihnen bestehenden Sozietät und deren Beendigung abgegolten, unabhängig davon, ob sie bekannt sind oder nicht."
Am 24. Juni 1996 ging der Beklagte in einem Entwurf seiner Testa- mentsvollstrecker-Schlußrechnung von einer Bruttovergütung von 1.220.386,90 DM aus, unter dem 12. November 1996 rechnete er gegenüber der Erbengemeinschaft Dr. H. seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker und die sich daran anschließende Abwicklung des Nachlasses mit 1.403.750,00 DM brutto ab. Im Rahmen eines im Januar 1997 von den Erben Dr. H. gegen den Beklagten eingeleiteten Verfahrens auf Rechnungslegung schloß dieser am 29. Juli 1998 mit den Erben einen Vergleich, der ihm eine Vergütung von insgesamt 1.150.000,00 DM brutto zugestand.
Der Kläger sieht sich vom Beklagten über die Höhe der Testamentsvollstreckervergütung getäuscht. Er hat den Vergleich vom 6. März 1996 deshalb angefochten und Zahlung der Hälfte des der Sozietät nach seinen Berechnungen noch zustehenden Betrages von 377.403,83 DM von dem Beklagten verlangt.
Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Zurückverweisung der Sache.
I. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, seinem Zahlungsverlangen stehe der Vergleich der Parteien vom 6. März 1996 entgegen. Der Vergleich habe nach Inhalt, Vorgeschichte , Sinn und Zweck und letztlich auch der Ausgleichsklausel alle gegen-
seitigen Ansprüche aus der gemeinsamen beruflichen Tätigkeit erfassen sollen. Er sei wirksam, weil das Mandat Dr. H. nicht Grundlage, sondern Gegenstand des Vergleichs gewesen sei und eine arglistige Täuschung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Berufungsverhandlung - Parteivernehmung des Beklagten - nicht festgestellt werden könne. Mit Rücksicht auf die Ausgleichsklausel könne der Kläger Zahlung auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß oder nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage verlangen.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat übersehen, daß der Beklagte, wie die Revision mit Recht rügt, dem Kläger bei Abschluß des Vergleichs einen für seine Willensbildung wesentlichen Umstand arglistig verschwiegen hat.
II. 1. Der Beklagte hat dem Kläger verschwiegen, daß seine Angaben über die Höhe des insgesamt aus der Testamentsvollstreckung für die Sozietät der Parteien höchstens zu erwartenden Honorars nicht auf einer gründlichen Prüfung der Sach- und Rechtslage beruhte. Er hat die vom Kläger im Schreiben vom 25. Oktober 1995 geäußerte Vorstellung von einem der Gesellschaft zustehenden Vergütungsanteil von 551.660,00 DM brutto mit Schreiben vom 6. Februar 1996, nur wenige Wochen vor Vergleichsschluß also, als unzutreffend zurückgewiesen und als höchstens erreichbar einen Bruttobetrag von 267.967,00 DM genannt, ohne dabei oder in den Vergleichsverhandlungen darauf hinzuweisen, daß er sich bei Abschluß des Vergleichs noch gar nicht ernsthaft mit der Abrechnung des Mandats befaßt hatte. Letzteres ergibt sich aus seiner Aussage vor dem Berufungsgericht, der zufolge er sich erstmals mit dem Ende der Testamentsvollstreckung Ende April 1996 Gedanken über die Abrechnung des Mandats gemacht hatte.

Der Beklagte hätte dem Kläger offenbaren müssen, daß seine Zahlenangaben nur eingeschränkt verläßlich waren und unter dem Vorbehalt standen, daß sie auch bei eingehender Befassung mit den für die Berechnung des Testamentsvollstreckerhonorars maßgeblichen Einzelheiten und Regeln Bestand haben würden. Das ergab sich aus der Treuepflicht, die Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüber den Mitgesellschaftern obliegt (st. Rspr., vgl. BGHZ 30, 195, 201; 44, 40; 64, 253, 257; 68, 81, 82) und bis zur vollständigen Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses fortdauert (MünchKomm. BGB/Ulmer, 3. Aufl. § 705 Rdn. 182 f.; § 738 Rdn. 4; Baumbach/ Hopt, HGB 30. Aufl. § 109 Rdn. 23 f.). Die Treuepflicht verlangt von den Gesellschaftern , die Belange der Mitgesellschafter nicht zu beeinträchtigen. Hierzu gehört es, Mitgesellschafter über Vorgänge vollständig und zutreffend zu informieren , die deren mitgliedschaftliche Vermögensinteressen berühren, ihnen aber nicht bekannt sein können.
Für den Kläger war von Bedeutung, ob und in welcher Höhe der Gesellschaft noch Ansprüche aus dem Mandat Dr. H. zustanden, da er an solchen Ansprüchen zur Hälfte beteiligt war. Als nicht mit der Testamentsvollstrekkung befaßter Gesellschafter hatte er, zumal die Sozietät seit mehr als zwei Jahren beendet war, keine zuverlässige eigene Kenntnis von den für die Honorarberechnung maßgebenden Umständen, wie Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit und Wert des Nachlasses, sondern war auf Angaben des Beklagten angewiesen.
2. Der Beklagte handelte arglistig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist Arglist gegeben, wenn im Bewußtsein ihrer Bedeutung für die Entschließung des Vertragspartners und der Möglichkeit ihrer Unrichtigkeit
Angaben ohne tatsächliche Grundlage "ins Blaue hinein" gemacht werden (BGHZ 63, 382, 388; BGH, Urt. v. 16. März 1977 - VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055; BGH, Urt. v. 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303). Die Angabe des Beklagten, das Bruttohonorar werde höchstens 267.967,00 DM betragen, war objektiv unrichtig, wie sein nach gründlicher Befassung mit der Materie im Juni 1996 gefertigter Entwurf einer Schlußrechnung zeigt. Sie erfolgte , da ihr nach der eigenen Aussage des Beklagten eine eingehende rechtliche Prüfung nicht zu Grunde lag, ohne tatsächliche Anhaltspunkte "ins Blaue hinein", obwohl der Beklagte unter den gegebenen Umständen mit der Möglichkeit ihrer Unrichtigkeit rechnete und ihm als Rechtsanwalt auch ihre Bedeutung für die Vergleichsentscheidung des Klägers selbstverständlich bewußt war. Die Anfechtung des Klägers greift daher durch.
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es, gegebenenfalls nach ergänzender Anhörung der Parteien, über Grund und Höhe der eingeklagten Forderungen entscheidet.
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.