Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - II ZR 169/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2017 durch die Richter Prof. Dr. Drescher, Wöstmann, Born, Sunder und Dr. Bernau
beschlossen:
Gründe:
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- 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer nicht erreicht wird. Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Wert des Beschwerdegegenstands für das beabsichtigte Revisionsverfahren über 19.003 € liegt und den Wert von 20.000 € übersteigt.
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- a) In die Wertberechnung einzustellen ist zunächst der Zahlungsantrag in Höhe von 7.487,33 €. Die geltend gemachten Zinsen bleiben gemäß § 4 Abs. 1 ZPO unberücksichtigt.
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- b) In die Wertberechnung einzustellen ist des Weiteren ein Betrag von gerundet 11.516 € als Teilbetrag von 19.003 €. Nur dieser Teilbetrag ist infolge darüber hinaus bestehender wirtschaftlicher Identität des Antrages auf Absicherung der Versorgungsansprüche mit dem Zahlungsantrag gemäß § 5 ZPO zu dessen Wert zu addieren.
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- aa) Der Antrag auf Absicherung der Versorgungsansprüche der Klägerin gegen das Risiko der Insolvenz durch Abschluss einer Rückdeckungsversicherung , der Klägerin die Versicherungsleistung aus dieser Versicherung einschließlich Zusatzversicherungen zu verpfänden und die hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber Dritten abzugeben, ist mit gerundet 19.003 € zu bewerten. Diese Wertberechnung ergibt sich aus §§ 3, 9 Abs. 1 ZPO. Bei der Wertbemessung nach § 3 ZPO ist die Wertung des § 9 Abs. 1 ZPO heranzuziehen. Es handelte sich bei den abzusichernden Versorgungsansprüchen der Klägerin um wiederkehrende Leistungen, die auf Dauer verlangt werden und nicht nur für eine bestimmte streitige Zeit. Maßgebend ist deshalb für die Wertberechnung der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Bezugs. Auszugehen ist dabei grundsätzlich von den ersten zwölf Monaten nach Klageerhebung (Wöstmann in MünchKommZPO, 5. Aufl., § 9 Rn. 9; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn. 5; Gehle in Prütting/Gehrlein, ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn. 7).
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- Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich nach der Pensionszusage die laufenden Rentenleistungen um 1 % jährlich nach Ablauf eines Jahres und im Folgenden jedes Jahr neu erhöhen. Bei sich verändernden Jahresbeträgen ist auf den höchsten Betrag in der streitigen Zeit abzustellen (BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16 Rn. 10 ff. zu § 8 ZPO; RGZ 160, 83, 86 zu § 9 ZPO aF; Wöstmann in MünchKommZPO, 5. Aufl., § 9 Rn. 9; Gehle in Prütting/Gehrlein, ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn. 7; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn. 5). Bezüglich des höchsten einzustellenden Jahreswerts kommt es dabei bei Rechten, bei denen kein Endzeitpunkt bestimmt ist, auf den gemäß § 9 Abs. 1 ZPO zu betrachtenden Zeitraum an (vgl. RG JW 1899, 1 Nr. 3 zu § 9 ZPO aF, sich dem anschließend RGZ 160, 83, 86; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 9 Rn. 10). Diese Auslegung des § 9 Abs. 1 ZPO wird durch seinen Zweck gerechtfertigt. § 9 ZPO schreibt im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Streitwertfestsetzung eine normative Bemessung vor (Wöstmann in MünchKommZPO, 5. Aufl., § 9 Rn. 1; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn. 1; Gehle in Prütting/Gehrlein, ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn. 1). Bei natürlichen Personen würde andernfalls - was die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall geltend gemacht hat - die Notwendigkeit bestehen, unter Heranziehung von Sterbetafeln den höchsten Wert zu ermitteln. Soweit z. B. anspruchsberechtigt eine Gesellschaft ist, würde eine sinnvolle Streitwertfestsetzung sogar gänzlich unmöglich werden. Dementsprechend ist die Wertbemessung im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin nicht nach dem Durchschnittswert und auch nicht nach dem höchsten, unter Berücksichtigung einer Sterbetafel letzten heranzuziehenden Monatswert in ferner Zukunft festzusetzen. Einzustel- len ist vielmehr der Betrag von 452,45 € (439,14 € zuzüglich dreimaliger 1 %-iger Erhöhung) monatlich.
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- bb) Da die Klägerin mit ihrem Antrag auf Absicherung und Verpfändung im Ergebnis den Erhalt der Rente sicherstellen will, kann ihr entsprechender Antrag nicht höher bewertet werden als ein entsprechender Zahlungsantrag selbst. Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 6 Satz 1 ZPO.
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- cc) Zu dem Zahlungsantrag konnte der Betrag von 19.003 € jedoch nicht vollständig addiert werden, da im Hinblick auf die Höhe des Zahlungsantrags insoweit eine wirtschaftliche Identität besteht, die einer Zusammenrechnung entgegensteht. Dabei ist im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerde davon auszugehen, dass der Sicherungsantrag auch den Zeitraum erfasst, für den der Zahlungsantrag gestellt worden ist. Jedenfalls lässt sich dem Antrag selbst eine Einschränkung nicht entnehmen. Eine solche ist auch nicht im Berufungsverfahren geltend gemacht worden.
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- c) Eine Erhöhung kommt auch nicht im Hinblick auf den Antrag auf die Verurteilung zum Nachweis einer entsprechenden Rückdeckungsversicherung in Betracht. Insoweit besteht wirtschaftliche Identität mit dem Antrag auf Abschluss einer Rückdeckungsversicherung.
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- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.12.2015 - 31 O 13913/15 -
OLG München, Entscheidung vom 30.05.2016 - 28 U 481/16 -
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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.
(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.