Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Apr. 2013 - 5 StR 612/12

bei uns veröffentlicht am09.04.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 612/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. April 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Mai 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und hiervon vier Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten führt mit einer Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 6 StPO (siehe 3.) zum Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts nahm der Angeklagte im Zeitraum Dezember 2004 bis Januar 2007 bei insgesamt zehn unterschiedlichen Gelegenheiten an zur Tatzeit noch nicht 14 Jahre alten Jungen sexuelle Handlungen bis hin zum Oralverkehr vor. Die Strafkammer hat nicht auszuschließen vermocht, dass der Angeklagte einen der drei Geschädigten dessen Angaben entsprechend für 14 Jahre alt gehalten hat.
3
2. Zutreffend macht der Beschwerdeführer geltend, durch die fehlerhafte Annahme des Verhinderungsfalls des ordentlichen Vorsitzenden sei der Angeklagte seinem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entzogen worden. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts stellt sich die Feststellung des Verhinderungsfalls durch die stellvertretende Vorsitzende als unvertretbar und damit willkürlich dar.
4
a) Eine Verhinderung des ordentlichen Vorsitzenden war durch dessen an die stellvertretende Vorsitzende gerichtete E-Mail vom 4. Januar 2011 nicht ansatzweise dargetan. In dieser hatte er am Tag vor dem Ablauf der dreiwöchigen Frist des § 229 Abs. 1 StPO lediglich darauf hingewiesen, er befinde sich „weit weg von Berlin in alpiner Abgeschiedenheit“, die Front- scheibe seines Autos sei zerbrochen, zudem sei eines der Kinder krank; eine Prognose, wann er in Berlin sein werde, sei „im Moment nicht möglich“. Die E-Mail beschloss er mit dem Satz: „Treffen Sie eine weise Entscheidung!“ Angaben dazu, wo er sich zu diesem Zeitpunkt befand, hat der Vorsitzende weder in dieser E-Mail noch sonst gemacht. Auch war er für die stellvertretende Vorsitzende telefonisch nicht erreichbar und beantwortete eine ihm übersandte E-Mail bis zum Folgetag, dem Tag des Ablaufs der Drei-WochenFrist , nicht. Bei diesem Verhalten des Vorsitzenden liegt es fern, einen Verhinderungsfall gemäß § 192 Abs. 2 GVG anzunehmen. Dies gilt namentlich, weil die Strafkammer die Möglichkeit gehabt hätte, die Monatsfrist des § 229 Abs. 2 StPO in Anspruch zu nehmen und hierzu bei der gegebenen Verfahrenslage , in der keine seriösen entgegenstehenden Belange vorlagen, verpflichtet war.
5
b) Allerdings erscheint zweifelhaft, ob diese Rüge zum Erfolg zu führen vermag. Ihre Zulässigkeit könnte – etwa unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung oder eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Schneider in KK, StPO, 6. Aufl., § 238 Rn. 33) – letztlich daran scheitern, dass der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung der Feststellung des Verhinderungsfalls nicht widersprochen oder einen Besetzungseinwand erhoben, sondern vielmehr durch ein – in der Sache begründetes, vom Landgericht mit Unrecht verworfenes – Ablehnungsgesuch gegen den abwesenden ordentli- chen Vorsitzenden deutlich gemacht hat, gerade nicht länger mit diesem verhandeln zu wollen.
6
c) Dies braucht der Senat hier jedoch ebenso wenig zu entscheiden wie die Frage, in welchem Umfang die jedenfalls hinsichtlich der Taten zum Nachteil des Nebenklägers S. durchgreifende Rüge des § 261 StPO, mit der der Beschwerdeführer zu Recht die beweiswürdigende Berücksichtigung der nicht im Strengbeweisverfahren in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben der Nebenklagevertreterin beanstandet, zur Urteilsaufhebung führen muss.
7
3. Denn die Revision des Angeklagten hat jedenfalls mit der Öffentlichkeitsrüge in vollem Umfang Erfolg.
8
a) Dieser Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
9
Nachdem sich der Angeklagte bereits zur Sache eingelassen hatte, beantragte seine Verteidigerin am ersten Hauptverhandlungstag, während der beabsichtigten Einlassung des Angeklagten zu von ihm im Laufe des Ermittlungsverfahrens geleisteter Aufklärungshilfe, insbesondere zu einer umfänglichen V-Mann-Tätigkeit für das Landeskriminalamt Berlin, die Öffentlichkeit auszuschließen. Zur Begründung bezog sie sich sinngemäß auf die Vorschrift des § 171b GVG. Der öffentlichen Erörterung dieser Umstände stünden, so die Antragsbegründung, schutzwürdige Interessen des Ange- klagten entgegen, nämlich das Interesse, „nicht wegen seiner sich aus § 1 VerpflG ergebenden Tätigkeit öffentlichen Anfeindungen, Repressionen oder gar weitergehenden Angriffen ausgesetzt zu sein“. Zudem verwies die Verteidigerin in der Antragsbegründung auf § 172 Nr. 1 Variante 2 GVG. Diesem Antrag gab die Strafkammer mit Beschluss vom 19. Januar 2010 statt. Zur Begründung stützte sie sich zusätzlich auf § 172 Nr. 1a GVG und führte aus, dass die seitens des Angeklagten beabsichtigten Angaben womöglich allgemeine Schlüsse über den Einsatz von Vertrauenspersonen zulassen würden. Zudem sei „angesichts des angedeuteten Umfangs der geleisteten Aufklärungshilfe“ eine Gefährdung von Leib oder Leben des Angeklagten durch Personen, die er belastet hat, möglich. Im Rahmen der Ermessenserwägungen stellte die Strafkammer unter anderem darauf ab, dass die Öffent- lichkeit „lediglich für die Verhandlung von rechtsfolgerelevantenVorgängen, nicht aber für die Erörterung der Schuldfrage“ ausgeschlossen werde. Unter Bezugnahme auf diesen Beschluss wurde an diesem und an mehreren weiteren Hauptverhandlungstagen die Öffentlichkeit für die Dauer der Einlassung des Angeklagten zu diesem Themenkomplex ausgeschlossen.
10
Am 16. Verhandlungstag, dem 20. Juli 2010, beantragte die Verteidigerin des Angeklagten, die Öffentlichkeit auch während der Vernehmung des Polizeibeamten B. zur vom Angeklagten geleisteten Aufklärungshilfe aus den bereits hinsichtlich der Einlassung des Angeklagten angeführten Gründen auszuschließen. Die Strafkammer gab diesem Antrag durch Beschluss vom gleichen Tage statt, stützte dies auf § 172 Nr. 1a GVG und nahm im Übrigen Bezug auf den Beschluss vom 19. Januar 2010 über den Ausschluss der Öffentlichkeit während der Einlassung des Angeklagten. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung wurden zahlreiche andere Polizeibeamte zur vom Angeklagten geleisteten Aufklärungshilfe vernommen. Bei diesen Zeugen wurde zu Beginn der Vernehmung auf Antrag der Verteidigerin des Angeklagten die Öffentlichkeit aufgrund eines Gerichtsbeschlusses ausgeschlossen , in dessen Begründung wiederum jeweils auf den Beschluss vom 19. Januar 2010 Bezug genommen wurde. Einige dieser Vernehmungen wurden am Ende eines Hauptverhandlungstages unterbrochen und an einem späteren Hauptverhandlungstag fortgesetzt; dabei wurde die Öffentlichkeit aufgrund einer Anordnung des Vorsitzenden unter Bezugnahme auf den bereits gefassten Beschluss ausgeschlossen.
11
Am 19. Hauptverhandlungstag, dem 14. September 2010, wurde der Polizeibeamte H. zu der vom Angeklagten geleisteten Aufklärungshilfe vernommen. Die Strafkammer fasste auch insoweit einen gleichlautenden Beschluss über den Ausschluss der Öffentlichkeit unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 19. Januar 2010 und vernahm den Zeugen in nichtöffentli- cher Sitzung. Am Ende des Hauptverhandlungstages wurde die Vernehmung des Zeugen H. unterbrochen und der Zeuge zum nächsten Verhandlungstag zwecks Fortsetzung der Vernehmung geladen. Bei dieser wurde die Öffentlichkeit unter Bezugnahme auf den bereits gefassten Kammerbeschluss ausgeschlossen. Am Ende dieses Hauptverhandlungstages wurde festgestellt, dass der Zeuge H. unvereidigt bleibe. Er wurde sodann „im allseitigen Einverständnis entlassen“. Anschließend wurde die Öffentlich- keit wiederhergestellt. Am folgenden 21. Hauptverhandlungstag, dem 12. Oktober 2010, wurde der Zeuge H. erneut vernommen. Nachdem er in den Saal gerufen worden war, ordnete der Vorsitzende den Ausschluss der Öffentlichkeit an. Eine Bezugnahme auf den bei der vorangegangenen Vernehmung gefassten Gerichtsbeschluss erfolgte nicht. Sodann begann das Landgericht – ohne Belehrungen und Feststellungen zur Person – in nichtöffentlicher Sitzung mit der Vernehmung des Zeugen. Nachdem diese schließlich nach einiger Zeit unterbrochen worden war, wurde die Öffentlichkeit wieder hergestellt. Die Vernehmung des Zeugen H. wurde an einem weiteren Verhandlungstag, dem 22. Oktober 2010, wiederum in nichtöffentlicher Verhandlung fortgesetzt, wobei zu Beginn vom Vorsitzenden auf den Beschluss vom 14. September 2010 Bezug genommen wurde. Anschließend wurde erneut die Nichtvereidigung des Zeugen beschlossen und der Zeuge entlassen. Sodann wurde die Öffentlichkeit wieder hergestellt.
12
b) Die auf § 338 Nr. 6 StPO gestützte Rüge ist begründet. Die Ausschließung der Öffentlichkeit bei der Vernehmung des Zeugen H. war jedenfalls am 12. Oktober 2010 nicht durch einen den Anforderungen des § 174 Abs. 1 GVG entsprechenden Beschluss gedeckt.
13
Zwar gilt ein Beschluss, der die Ausschließung der Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung eines Zeugen anordnet, grundsätzlich bis zur Beendigung der Vernehmung und deckt den Öffentlichkeitsausschluss auch dann, wenn eine Vernehmung unterbrochen und an einem anderen Verhandlungstag fortgesetzt wird. Wenn jedoch derselbe Zeuge nach Beendigung der Vernehmung in der laufenden Hauptverhandlung nochmals unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen werden soll, ist grundsätzlich gemäß § 174 Abs. 1 GVG ein neuer Gerichtsbeschluss erforderlich und mithin eine Anordnung des Vorsitzenden nicht ausreichend, selbst wenn in dieser, was hier nicht geschehen ist, auf den vorausgegangenen Ausschließungsbeschluss Bezug genommen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2011 – 5 StR 263/11, StV 2012, 140 mwN).
14
Diesen Anforderungen ist hier nicht Genüge getan. Am 20. Hauptverhandlungstag , dem 28. September 2010, wurde am Ende der Vernehmung des Zeugen H. zunächst festgestellt, dass dieser unvereidigt bleibe, und der Zeuge sodann ohne den – bei anderen Vernehmungsunterbrechungen verwendeten – Zusatz „für heute“ entlassen. Damit war die Vernehmung des Zeugen abgeschlossen; für seine nochmalige Vernehmung in nichtöffentlicher Sitzung hätte es somit eines neuen Beschlusses gemäß § 174 Abs. 1 Satz 2 GVG bedurft. Wie sich aus dem Protokoll vom 12. Oktober 2010 ergibt, ist die Öffentlichkeit bei der an diesem Tag erfolgten erneuten Vernehmung des Zeugen H. indessen lediglich aufgrund einer Anordnung des Vorsitzenden ausgeschlossen worden, die zudem auch ihrerseits nicht etwa – anders als bei anderen fortgesetzten Vernehmungen – begründet worden war.
15
Die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannte Ausnahme für Fälle, in denen dem Protokoll zu entnehmen ist, dass die Entlassung des Zeugen sofort zurückgenommen wurde und die für den Ausschließungsgrund maßgebliche Interessenlage fortbestand, so dass sich die zusätzliche Anhörung zusammen mit der vorausgegangenen als eine einheitliche Vernehmung darstellt (vgl. BGH aaO; BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2007 – 3 StR 410/07, StV 2008, 126; BGH, Urteil vom 15. April 1992 – 2StR 574/91, NStZ 1992, 447), liegt nach dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 28. September 2010, das keine Ladung des Zeugen zu einem weiteren Termin und auch sonst keinen Hinweis auf eine sofortige Rücknahme der Entlassung enthält, nicht vor.
16
c) Der Rüge steht hier auch nicht entgegen, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit ursprünglich aufgrund eines Antrages der Verteidigerin des Angeklagten erfolgte. Ein insoweit in anderen Konstellationen womöglich denkbarer Rügeverlust infolge Verwirkung (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 – 5 StR 404/07, BGHR StPO § 338 Nr. 6 Ausschluss 5 mwN) scheidet im vorliegenden Fall bereits deshalb aus, weil der Ausschluss der Öffentlichkeit am 12. Oktober 2010 ohne Bezugnahme auf den vorherigen Gerichtsbeschluss und den Antrag des Beschwerdeführers erfolgte. Hierdurch fehlt nicht nur der formale Zusammenhang zu dem Antrag des Angeklagten ; es bleibt auch offen, ob der Zeuge in der fraglichen Vernehmung nur zu dem von Antrag und Gerichtsbeschluss umfassten Beweisthema oder aber auch zu anderen erheblichen Wahrnehmungen – etwa seinen Erkenntnissen im Rahmen der gegen den Angeklagten geführten Ermittlungen – befragt wurde.
17
d) Der Verfahrensfehler führt zur umfassenden Aufhebung des Urteils. Eine nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs denkbare Ausnahme eines auch für einen selbständigen Teil der Entscheidung – etwa den Rechtsfolgenausspruch – möglichen denkgesetzlichen Ausschlusses des Beruhens auf dem absoluten Revisionsgrund (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. März 2012 – 1 StR 34/12, NStZ 2012, 587, und vom 19. Juli 2007 – 3 StR 163/07, BGHR StPO § 338 Beruhen 2, jeweils mwN) kommt hier nicht in Betracht. Ein Einfluss des Verfahrensfehlers ist weder bezogen auf den Strafausspruch noch hinsichtlich des Schuldspruchs denkgesetzlich ausgeschlossen. Für einen dafür notwendigen klar begrenzten Gegenstand der in Frage stehenden Zeugenvernehmung sind hier keine ausreichend deutlichen Anhaltspunkte vorhanden. Daher steht hier einer freibeweislichen Klärung dieser Frage – ebenso wie einer entsprechenden Darlegungsobliegenheit des Revisionsführers – das revisionsrechtliche Rekonstruktionsverbot entgegen.
18
4. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Aufklärungspflicht es nicht gebietet, zur Feststellung der Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 StGB und der nach § 46b Abs. 2 StGB maßgeblichen Umstände zum Verlauf sich (mittelbar) aus den Angaben des Angeklagten ergebender Ermittlungsverfahren gegen Dritte ausufernd Beweis zu erheben. Solches widerspricht vielmehr dem Gebot zügiger und effektiver Verfahrensgestaltung.
Basdorf Sander Schneider Dölp Bellay

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Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

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(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist, 1. durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs.

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(1) Auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten soll verpflichtet werden, wer, ohne Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches) zu sein, 1. bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung

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(1) Über die Ausschließung der Öffentlichkeit ist in nicht öffentlicher Sitzung zu verhandeln, wenn ein Beteiligter es beantragt oder das Gericht es für angemessen erachtet. Der Beschluß, der die Öffentlichkeit ausschließt, muß öffentlich verkündet w

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

(1) Bei Entscheidungen dürfen Richter nur in der gesetzlich bestimmten Anzahl mitwirken.

(2) Bei Verhandlungen von längerer Dauer kann der Vorsitzende die Zuziehung von Ergänzungsrichtern anordnen, die der Verhandlung beizuwohnen und im Falle der Verhinderung eines Richters für ihn einzutreten haben.

(3) Diese Vorschriften sind auch auf Schöffen anzuwenden.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, soweit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten, eines Zeugen oder eines durch eine rechtswidrige Tat (§ 11 Absatz 1 Nummer 5 des Strafgesetzbuchs) Verletzten zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde. Das gilt nicht, soweit das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände überwiegt. Die besonderen Belastungen, die für Kinder und Jugendliche mit einer öffentlichen Hauptverhandlung verbunden sein können, sind dabei zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt bei volljährigen Personen, die als Kinder oder Jugendliche durch die Straftat verletzt worden sind.

(2) Die Öffentlichkeit soll ausgeschlossen werden, soweit in Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuchs) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuchs), wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuchs) oder wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuchs ein Zeuge unter 18 Jahren vernommen wird. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3) Die Öffentlichkeit ist auszuschließen, wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 vorliegen und der Ausschluss von der Person, deren Lebensbereich betroffen ist, beantragt wird. Für die Schlussanträge in Verfahren wegen der in Absatz 2 genannten Straftaten ist die Öffentlichkeit auszuschließen, ohne dass es eines hierauf gerichteten Antrags bedarf, wenn die Verhandlung unter den Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 oder des § 172 Nummer 4 ganz oder zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 darf die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen werden, soweit die Personen, deren Lebensbereiche betroffen sind, dem Ausschluss der Öffentlichkeit widersprechen.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 4 sind unanfechtbar.

(1) Auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten soll verpflichtet werden, wer, ohne Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches) zu sein,

1.
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, beschäftigt oder für sie tätig ist,
2.
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, einem Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen, beschäftigt oder für sie tätig ist oder
3.
als Sachverständiger öffentlich bestellt ist.

(2) Die Verpflichtung wird mündlich vorgenommen. Dabei ist auf die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung hinzuweisen.

(3) Über die Verpflichtung wird eine Niederschrift aufgenommen, die der Verpflichtete mit unterzeichnet. Er erhält eine Abschrift der Niederschrift; davon kann abgesehen werden, wenn dies im Interesse der inneren oder äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland geboten ist.

(4) Welche Stelle für die Verpflichtung zuständig ist, bestimmt

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 bei Behörden oder sonstigen Stellen nach Bundesrecht die jeweils zuständige oberste Dienstaufsichtsbehörde oder, soweit eine Dienstaufsicht nicht besteht, die oberste Fachaufsichtsbehörde,
2.
in allen übrigen Fällen diejenige Behörde, die von der Landesregierung durch Rechtsverordnung bestimmt wird.

Das Gericht kann für die Verhandlung oder für einen Teil davon die Öffentlichkeit ausschließen, wenn

1.
eine Gefährdung der Staatssicherheit, der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit zu besorgen ist,
1a.
eine Gefährdung des Lebens, des Leibes oder der Freiheit eines Zeugen oder einer anderen Person zu besorgen ist,
2.
ein wichtiges Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs- oder Steuergeheimnis zur Sprache kommt, durch dessen öffentliche Erörterung überwiegende schutzwürdige Interessen verletzt würden,
3.
ein privates Geheimnis erörtert wird, dessen unbefugte Offenbarung mit Strafe bedroht ist,
4.
eine Person unter 18 Jahren vernommen wird.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Über die Ausschließung der Öffentlichkeit ist in nicht öffentlicher Sitzung zu verhandeln, wenn ein Beteiligter es beantragt oder das Gericht es für angemessen erachtet. Der Beschluß, der die Öffentlichkeit ausschließt, muß öffentlich verkündet werden; er kann in nicht öffentlicher Sitzung verkündet werden, wenn zu befürchten ist, daß seine öffentliche Verkündung eine erhebliche Störung der Ordnung in der Sitzung zur Folge haben würde. Bei der Verkündung ist in den Fällen der §§ 171b, 172 und 173 anzugeben, aus welchem Grund die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Soweit die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen wird, dürfen Presse, Rundfunk und Fernsehen keine Berichte über die Verhandlung und den Inhalt eines die Sache betreffenden amtlichen Schriftstücks veröffentlichen.

(3) Ist die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit oder aus den in §§ 171b und 172 Nr. 2 und 3 bezeichneten Gründen ausgeschlossen, so kann das Gericht den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Tatsachen, die durch die Verhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Schriftstück zu ihrer Kenntnis gelangen, zur Pflicht machen. Der Beschluß ist in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen. Er ist anfechtbar. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

5 StR 263/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 17. August 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten E. und Z. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. Dezember 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit diese Angeklagten verurteilt worden sind.
2. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das genannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben. Die weitergehende Revision dieses Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten E. und A. wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und zu Freiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten Z. hat es wegen sexueller Nötigung verurteilt und unter Einbeziehung anderweitig verhängter Freiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten festgesetzt.

I.


2
Die Revisionen der Angeklagten E. und Z. greifen mit der Rüge einer Verletzung des § 338 Nr. 6 StPO durch. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Juli 2011 hinsichtlich beider Rechtsmittel zutreffend ausgeführt:
3
„1. Die Revision macht erfolgreich geltend, dass vor der erneuten Vernehmung der Nebenklägerin am 30. Juni 2010 für den erfolgten Ausschluss der Öffentlichkeit ein neuer Gerichtsbeschluss gemäß §§ 174 Abs. 1 Satz 2, 171b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GVG erforderlich gewesen wäre, ein solcher jedoch nicht ergangen und verkündet worden ist und auch durch die Bezugnahme des Vorsitzenden auf den vorausgegangenen Ausschließungsbeschluss der Strafkammer vom 11. Juni 2010 nicht ersetzt werden konnte.
4
2. Die vom Landgericht getroffenen Entscheidungen über den Ausschluss der Öffentlichkeit sind zwar nach § 171b Abs. 3 GVG insoweit unanfechtbar und deshalb der Revision entzogen (§ 336 Satz 2 StPO), als es sich um die in § 171b Abs. 1 Satz 1 GVG aufgeführten Voraussetzungen für den Ausschluss handelt. Doch kann in einem solchen Fall die Revision  wie hier  darauf gestützt werden, die Ausschließung der Öffentlichkeit sei nicht durch einen den Anforderungen des § 174 Abs. 1 GVG entsprechenden Beschluss gedeckt (vgl. BGH StV 1990, 10; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 171b GVG Rdnr. 12).
5
3. Die Strafkammer hat mit Beschluss vom 11. Juni 2010 die Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung der Nebenklägerin gemäß §§ 174 Abs. 1 Satz 2, 171b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GVG ausgeschlossen. Zwar gilt ein Beschluss, der die Ausschließung der Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung eines Zeugen anordnet, grundsätzlich bis zur Beendigung des Verfahrens und deckt auch den Öffentlichkeitsausschluss, wenn eine Vernehmung unterbrochen und an einem anderen Verhandlungstag fortgesetzt wird (vgl. BGH NStZ 1992, 447). Doch wenn derselbe Zeuge in der laufenden Hauptverhandlung nochmals unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen werden soll, ist grundsätzlich gemäß §§ 171b, 174 Abs. 1 Satz 2 GVG ein neuer Gerichtsbeschluss erforderlich und mithin eine Anordnung des Vorsitzenden, in der auf einen vorausgegangenen Ausschließungsbeschluss Bezug genommen wird, nicht ausreichend (vgl. BGH NStZ 1992, 447; 2008, 476; 2009, 286, 287; NStZ-RR 2009, 213, 214).
6
4. So lag es hier. Die Nebenklägerin wurde ausweislich des Sitzungsprotokolls am 18. Juni 2010 im Einvernehmen sämtlicher Verfahrensbeteiligter als Zeugin entlassen (PB S. 17). Damit ist ihre Vernehmung abgeschlossen gewesen und ihre nochmalige Vernehmung am 30. Juni 2010 in nichtöffentlicher Sitzung hat einen neuen Gerichtsbeschluss gemäß § 174 Abs. 1 Satz 2 GVG erfordert. Ein solcher ist ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vor der Vernehmung der Zeugin am 30. Juni 2010 nicht ergangen und nicht verkündet worden. In der Sitzungsniederschrift ist insoweit jeweils vermerkt: ‚Die Öffentlichkeit wurde gemäß Beschluss der Kammer vom 11.06.2010, Anlage 3 zum Protokoll, für die Dauer der Vernehmung der Zeugin K. ausgeschlossen’ (PB Bl. 20, 21). Das Protokoll ist im Hinblick auf die sonstige Protokollierung von Beschlüssen in diesem Punkt auch weder lückenhaft noch widersprüchlich (vgl. dazu BGH NStZ-RR 2009, 213, 214). Im Übrigen ist die Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsgegenerklärung vom 25. Mai 2011 dem Vortrag des Beschwerdeführers nicht entgegengetreten, sondern hat ausgeführt, dass die Verfahrenstatsachen insoweit zutreffend wiedergegeben seien. Durch das Protokoll ist daher bewiesen (§ 274 Satz 1 StPO), dass vor der Vernehmung der Zeugin am 30. Juni 2010 der infolge ihrer zuvor angeordneten Entlassung zwingend vorgeschriebene Beschluss des Gerichts nach § 174 Abs. 1 Satz 2 GVG nicht ergangen , jedenfalls aber nicht verkündet worden ist.
7
5. Es liegt auch nicht die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannte Ausnahme von der Notwendigkeit eines erneuten Gerichtsbeschlusses vor (vgl. BGH StV 2008, 126, 127; NStZ 1992, 447). Danach kann ein solcher entbehrlich sein, wenn dem Protokoll zu entnehmen ist, dass die Entlassung des Zeugen sofort zurückgenommen wurde und die für den Ausschließungsbeschluss maßgebliche Interessenlage fortbestand, sodass sich die zusätzliche Anhörung zusammen mit der vorausgegangenen als eine einheitliche Vernehmung darstellt (BGH NStZ 1992, 447). So lag der Fall hier aufgrund des zeitlichen Abstands und der weiteren Beweisaufnahme zwischen den Vernehmungen ersichtlich nicht (die zu § 171b StGB ergangenen Entscheidungen  vgl. BGH StV 1990, 9 und 10  betrafen jeweils anders gelagerte Sachverhalte ).“

II.


8
Die Revision des Angeklagten A. ist zum Schuldspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
9
1. Das Landgericht hat sich aufgrund der als glaubhaft bewerteten Aussage der Nebenklägerin und des – später freilich widerrufenen und teilweise wieder bestätigten – Geständnisses dieses Angeklagten davon überzeugt , dass der Angeklagte am 18. Januar 2010 dem Mitangeklagten E. gestattet hatte, zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs mit der 18 Jahre alten Nebenklägerin seine Wohnung zu nutzen und dass die drei Angeklagten in unterschiedlicher Beteiligung die junge Frau sexuell nötigten. Das Landgericht hat die Tathandlungen des Angeklagten A. , Kneten der nackten Brüste, Festhalten der Nebenklägerin auf dem Bett im Zusammenhang mit der Ausübung gewaltsam vollzogenen Geschlechtsverkehrs durch den Mitangeklagten E. und eigener vaginaler Verkehr mit der Nebenklägerin bis zum für ihn unüberwindbaren Widerstand der jungen Frau in vollem Einklang mit dem Geständnis festgestellt. Die Annahme mittäterschaftlicher Körperverletzung beruht auf einer nachvollziehbaren Bewertung fehlerfrei festgestellter, im Wesentlichen auf dem Geständnis aufbauender Umstände (UA S. 21, 37 bis 39). In Übereinstimmung mit der Auffassung des Generalbundesanwalts ist deshalb auszuschließen, dass sich Fehler des Landgerichts bei der Würdigung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin auf die Entscheidung über den Schuldspruch hinsichtlich dieses Angeklagten ausgewirkt haben können.
10
2. Die dem Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 StGB entnommene Strafe hält der – freilich eingeschränkten (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1980 – 2StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349) sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand.
11
a) Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte A. schon im Haftprüfungstermin am 29. April 2010 – mithin vor der am 7. Mai 2010 erfolgten Eröffnung des Hauptverfahrens – teilgeständige, sich in wesentlichen Punkten mit der Aussage der Nebenklägerin deckende Angaben über das Tatgeschehen gemacht hat (UA S. 37). Vor dem Hintergrund erheblicher Qualitätsmängel in der Aussage der Nebenklägerin (mangelnde Aussagekonstanz, nicht auszuschließende taktische Lügen), wäre es notwendig gewesen, diese frühen Angaben des Angeklagten dahingehend zu würdigen, ob sie hinsichtlich des Verbrechens gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB einen Aufklärungserfolg im Sinne des § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB bewirkt haben (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 46b Rn. 14).
12
b) Die Würdigung des in der Hauptverhandlung abgelegten Geständnisses weist Wertungsfehler zu Lasten des Angeklagten auf.
13
Schon die Bewertung als bloßes Teilgeständnis begegnet Bedenken, zumal sich der Angeklagte hinsichtlich des „Anpackens“ der Nebenklägerin über deren Aussage in der Hauptverhandlung hinaus selbst belastet hat (UA S. 21, 27, 30). Das Landgericht hat nicht ersichtlich erwogen, dass das Geständnis nach den UA S. 39 getroffenen Feststellungen wegen des Drucks der Mittäter gesteigerter Schuldeinsicht entsprungen und hinsichtlich der Mitangeklagten eine – auch jenseits des § 46b Abs. 1 StGB – gemäß § 46 StGB zu erwägende Aufklärungshilfe bewirkt haben könnte (vgl. Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 46b Rn. 6).
14
c) Die Strafe muss deshalb hinsichtlich des Angeklagten A. neu bemessen werden. Dies hat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu geschehen, die freilich um solche ergänzt werden können, die den bisher getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.

III.


15
Zu der neu vorzunehmenden umfassenden Beweiswürdigung hinsichtlich der Angeklagten E. und Z. bemerkt der Senat:
16
Sollte das Geständnis des Angeklagten A. – nach neuerlicher kritischer Prüfung – mit als Grundlage der Beweisführung herangezogen werden können, lägen hinsichtlich der Aussage der Nebenklägerin die Voraussetzungen der Konstellation Aussage-gegen-Aussage nicht vor. Gleichwohl sind die Qualitätsmängel der Zeugenaussage der Nebenklägerin nicht lediglich – wie im angefochtenen Urteil – isoliert, sondern in einer Gesamtschau zu bewerten (vgl. Brause, NStZ 2007, 505, 512), in die freilich auch die die Aussage stützenden Umstände einzubeziehen sein werden.
17
Soweit erneut bewiesen werden sollte, dass die Nebenklägerin vor den sie bedrängenden Handlungen der Angeklagten einem Anrufer mitteilte, „sie müssten jetzt loslegen, sie wollten jetzt ficken“ (UAS. 13), wird angesichts des hierdurch eindeutig erklärten Einverständnisses mit nachfolgenden sexuellen Handlungen zu erwägen sein, dass bei der späteren ersten ablehnenden Äußerung der Nebenklägerin dem Angeklagten E. nicht – wiebisher angenommen – „spätestens“ klar geworden sein musste, dass es zu keinem freiwilligen Geschlechtsverkehr kommen werde. Der Zeitpunkt der Vorsatzbildung wird angesichts des zuvor ausdrücklich geäußerten Willens der Nebenklägerin zur Vornahme des Geschlechtsverkehrs näherer Prüfung und Bewertung bedürfen.
18
Die vom Tatgericht vorgenommenen Sachverhaltsannahmen zugunsten der Angeklagten ohne kritische Prüfung erschweren ersichtlich seine Beweisführung. Der Senat weist darauf hin, dass eine Wahrunterstellung nur veranlasst ist, soweit keine begründete Aussicht besteht, dass behauptete, die Angeklagten begünstigende Fallgestaltungen durch eine Beweisaufnahme ausgeschlossen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2004 – 3 StR 112/04, NStZ 2004, 614, 615).
Raum Brause Schaal Schneider Bellay

(1) Über die Ausschließung der Öffentlichkeit ist in nicht öffentlicher Sitzung zu verhandeln, wenn ein Beteiligter es beantragt oder das Gericht es für angemessen erachtet. Der Beschluß, der die Öffentlichkeit ausschließt, muß öffentlich verkündet werden; er kann in nicht öffentlicher Sitzung verkündet werden, wenn zu befürchten ist, daß seine öffentliche Verkündung eine erhebliche Störung der Ordnung in der Sitzung zur Folge haben würde. Bei der Verkündung ist in den Fällen der §§ 171b, 172 und 173 anzugeben, aus welchem Grund die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Soweit die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen wird, dürfen Presse, Rundfunk und Fernsehen keine Berichte über die Verhandlung und den Inhalt eines die Sache betreffenden amtlichen Schriftstücks veröffentlichen.

(3) Ist die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit oder aus den in §§ 171b und 172 Nr. 2 und 3 bezeichneten Gründen ausgeschlossen, so kann das Gericht den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Tatsachen, die durch die Verhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Schriftstück zu ihrer Kenntnis gelangen, zur Pflicht machen. Der Beschluß ist in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen. Er ist anfechtbar. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

5 StR 404/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 4. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Dezember
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Richterin
alsVertreterinderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizhauptsekretärin ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinnenderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16. März 2007 im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt ist, und im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und unter Einbeziehung der am 23. November 2004 vom Amtsgericht Tiergarten in Berlin verhängten Freiheitsstrafen (ein Jahr zwei Monate und neun Monate) nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erkannt. Hinsichtlich eines weiteren Tatvorwurfs des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat es den Angeklagten freigesprochen. Die gegen die Verurteilung mit einer Verfahrens - und der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten führt zur Änderung des Schuldspruchs und Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
2
1. Das Landgericht hat sich auf der Grundlage der überwiegend geständigen Angaben des Angeklagten und der Aussage des Zeugen N. H. von dem folgenden Tatgeschehen überzeugt:
3
a) N. H. , ein entfernter Verwandter des Angeklagten und spätestens ab 2003 Mitglied einer in Brandenburg mit Drogen handelnden Bande um die gesondert Verfolgten R. und A. , wandte sich im Frühjahr 2003 an den Angeklagten. Der Zeuge hoffte, dass der Angeklagte, der damals einen Club in Göttingen betrieb, ihm jemanden benennen könne, der in den Niederlanden zur Beschaffung von Drogen in der Lage sei. N. H. wollte seine Stellung in der Bande verbessern, indem er einen von R. und A. gewünschten Ankauf von Amphetamintabletten in großer Menge aus den Niederlanden zu vermitteln versuchte. Dies gelang ihm mit Hilfe des Angeklagten. Dieser erklärte sich schließlich bereit, ihm zu helfen , weil N. H. ihn einerseits permanent anrief oder aufsuchte und ihn bedrängte, andererseits aber auch, weil N. H. ihm Geld in Höhe von 3.000 Euro schuldete und ihm gesagt hatte, dass er die Schulden bei Gelingen des beabsichtigten Drogengeschäfts tilgen könne. Ein im kriminellen Milieu Göttingens einflussreicher Bosnier übergab dem Angeklagten die Mobiltelefonnummer des in den Niederlanden lebenden N. . Der Angeklagte reichte diese Telefonnummer an N. H. weiter. Auf dessen Bitten trat der Angeklagte später gegenüber R. , A. und N. H. in einem Göttinger Cafe als scheinbar souveräner und professioneller Drogenboss auf.
4
Nachdem am 19. Juni 2003 zwischen R. und A. auf der einen und N. auf der anderen Seite die Lieferung von 5.000 Ecstasytabletten zu je einem Euro verabredet worden war, rief der Angeklagte am 23. oder 24. Juni 2003 bei N. H. an und teilte mit, dass N. ihn davon unterrichtet hätte, dass die bestellten Drogen (Wirkstoffgehalt 250 g MDMA Base) in Leipzig abgeholt werden könnten. Wenige Tage nach deren Übernahme durch N. H. rief N. den Angeklagten erneut an und forderte von ihm die Zahlung des restlichen Kaufpreises, falls R. und A. nicht alsbald zahlen würden. Der Angeklagte fuhr sodann nach Brandenburg an der Havel, um die Angelegenheit direkt mit R. und A. zu klären. R. teilte dem Angeklagten mit, N. H. und A. hätten den Restkaufpreis in einem Casino verspielt, und sicherte zu, die restliche Schuld dem N. überweisen zu lassen. Dieser teilte dem Angeklagten schließlich den Eingang von 2.250 Euro telefonisch mit.
5
b) Anfang Juli 2003 lehnte der Angeklagte eine Mitwirkung an einem von N. H. für R. und A. gewünschten Kauf von 1 kg Amphetamin ab. Der dafür zur Verfügung stehende Kaufpreis von 3.000 Euro erschien dem Angeklagten zu gering. Der schließlich von N. H. als 1 kg Amphetamin für 3.000 Euro übernommene Stoff erwies sich als Zucker.
6
2. Das Landgericht hat ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten hinsichtlich der 5.000 Ecstasytabletten mangels Bandenzugehörigkeit des Angeklagten und fehlenden Eigeninteresses abgelehnt. Die in Aussicht gestellte Rückzahlung von 3.000 Euro durch N. H. genüge für die Annahme eines eigenen Interesses des Angeklagten am konkreten Drogengeschäft nicht.
7
Das Landgericht hat die gefundene Strafe dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG entnommen.
8
Hinsichtlich des zweiten Tatvorwurfs hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
9
3. Die gemäß § 338 Nr. 6 StPO erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig.
10
a) Zwar trägt die Revision vor, dass das Landgericht mit der folgenden Anordnung des Vorsitzenden anstatt durch Gerichtsbeschluss, wie es § 174 Abs. 1 Satz 2 GVG vorsieht, die Öffentlichkeit ungesetzlich beschränkt hat: „Im Einverständnis mit dem Angeklagten und dem Verteidiger wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit ausgeschlossen, da anderenfalls eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eintreten kann.“ Diese – im Übrigen mit dem Wortlaut der in § 172 GVG genannten Ausschließungsgründe nicht vollständig übereinstimmende – Anordnung begründet nach tradiertem Verständnis (vgl. RGSt 64, 385, 388 m.w.N.) den geltend gemachten absoluten Revisionsgrund (BGH NStZ 1999, 371 [4 StR 585/98]), und zwar sogar bei eigener Antragstellung des Angeklagten auf Ausschluss der Öffentlichkeit (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 338 Rdn. 46 m.w.N.), daher auch hier, bei erklärtem Einverständnis des Angeklagten.
11
Der Senat braucht nicht näher zu prüfen, ob die in dieser Rechtsauffassung zum Ausdruck kommende Bedeutung des Öffentlichkeitsgrundsatzes in dieser Verfahrenslage heutigen Vorstellungen von Verfahrensgerechtigkeit in unerträglichem Maß widerspricht und Anlass zur Prüfung einer Verwirkung einer darauf gerichteten Verfahrensrüge gegeben ist (vgl. Basdorf StV 1997, 488, 492; Mosbacher JR 2007, 387, 389; vgl. auch BGH NJW 2006, 3579, 3580). Der Senat weist lediglich auf Folgendes hin: Der Angeklagte hat hier nach Prüfung der Sach- und Rechtslage durch seinen Verteidiger ausdrücklich sein Einverständnis mit einer bestimmten verfahrensbezogenen Entscheidung – Ausschluss der Öffentlichkeit – als mit seinen Interessen übereinstimmend erklärt. Warum er dann im Revisionsverfahren berechtigt sein soll, in bewusster Abkehr von seinem in der Hauptverhandlung sachgerecht bekundeten Willen die Aufhebung des Sachurteils – zumal nicht etwa wegen einer sachlich verfehlten Einschränkung der Öffentlichkeit , sondern allein wegen eines formalen Fehlers – zu erlangen, er- scheint widersprüchlich und erschließt sich weder aus der Interessenlage des Angeklagten noch aus dem Bedürfnis nach Einhaltung wesentlicher unverzichtbarer Verfahrensgrundsätze.
12
b) Jedenfalls genügt das Revisionsvorbringen nicht dem Erfordernis vollständigen Tatsachenvortrags nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Wegen der besonderen Fallkonstellation des Teilfreispruchs hätte es weiteren Vortrags bedurft, um den Senat in die Lage zu versetzen, zu prüfen, ob § 338 Nr. 6 StPO deshalb unanwendbar ist, weil das Beruhen des Urteils auf dem Fehler denkgesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. BGHR StPO § 338 Aufhebungsumfang 1; § 338 Nr. 6 StPO Ausschluss 3; BGH NStZ 1999, 371 [1 StR 636/98]; Meyer-Goßner aaO § 338 Rdn. 50b). Die Revision hätte hierzu ausnahmsweise jedenfalls pauschal den Gegenstand der Aussage des Zeugen Ar. mitteilen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2004 – 4 StR 67/04; BGH, Beschluss vom 8. August 2007 – 2 StR 224/07). Nur in dessen Kenntnis könnte in der Sache entschieden werden, ob die unter Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung erfolgte Zeugenvernehmung überhaupt zur Verurteilung des Angeklagten herangezogen worden ist und nicht etwa allein den der Freisprechung des Angeklagten anheim fallenden Tatkomplex betroffen hat (vgl. dazu UA S. 10 f., 13). Das Verbot einer Rekonstruktion der Hauptverhandlung, das primär Verfahrensrügen grundlegend einschränkt, die auf eine Verletzung des § 261 StPO gestützt sind, wird durch die hier verlangte Vortragspflicht nicht berührt, zumal keine Wiedergabe des Inhalts der Zeugenaussage im Einzelnen verlangt wird, sondern eine eher pauschale Bezeichnung des Vernehmungsgegenstands ausreichen wird.
13
4. Die Sachrüge nötigt zur Änderung des Schuldspruchs und Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
14
a) Das Landgericht hat bei seiner Subsumtion übersehen, dass die bei dem Angeklagten fehlende Bandenzugehörigkeit ein strafschärfendes per- sönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB darstellt (BGH, Beschluss vom 3. April 1992 – 4 StR 131/92, StV 1992, 379 [L]; Weber, BtMG 2. Aufl. § 30 Rdn. 75; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 28 Rdn. 9; vgl. auch BGHSt [GS] 12, 220, 226; BGHSt 46, 120, 128), was wegen der beim Teilnehmer in einem solchen Fall vorzunehmenden Tatbestandsverschiebung (vgl. BGHSt 6, 308, 310; BGHR StGB § 28 Abs. 2 Merkmal 2; BGH NStZRR 2007, 279, 280) hier eine Anwendung des § 30a Abs. 1 BtMG zum Nachteil des Angeklagten ausschließt. Auf die in der Sache unzutreffenden Einwände der Revision gegen die Annahme des Landgerichts, R. , A. und N. H. hätten sich zu einer Bande von Betäubungsmittelhändlern zusammengeschlossen, kommt es demnach nicht an.
15
b) Der Senat ist indes nicht gehalten, den Schuldspruch – wie es danach folgerichtig geboten wäre – auf Beihilfe zum Grunddelikt, dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG), umzustellen. Das Landgericht ist nämlich bei seiner Subsumtion rechtsfehlerhaft zugunsten des Angeklagten von Beihilfe statt von Täterschaft ausgegangen. Dies ist vom Revisionsgericht dahingehend zu korrigieren, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) zu verurteilen ist.
16
aa) Dieser Eingriff des Revisionsgerichts ist auch bei der hier alleinigen Urteilsanfechtung durch den Angeklagten zulässig und geboten, weil auch dadurch noch eine Beschwer des Angeklagten beseitigt wird (vgl. Meyer -Goßner aaO § 354 Rdn. 17) und ansonsten das Revisionsgericht genötigt wäre, einen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten zu vertiefen, was nicht Gegenstand seines Rechtsmittelangriffs sein kann.
17
Die Beschwer des Angeklagten liegt in Folgendem: Der Angeklagte ist durch die Verurteilung wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus einem mit zwei Jahren Freiheitsstrafe beginnenden Strafrahmen verurteilt worden. Bei dem Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge würde die Strafe dagegen aus einem mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr beginnenden Strafrahmen entnommen werden und eröffnete dem Angeklagten die zusätzliche Chance, bei der Anwendung der neu zu prüfenden Vorschrift des § 29a Abs. 2 BtMG eine noch mildere Sanktion zu erreichen. Im Blick auf die bisher noch im untersten Bereich des Strafrahmens gefundene Strafe kann dem Umstand, dass der Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG über den bisher vom Landgericht angewandten hinausreicht , keine Bedeutung zukommen.
18
bb) Der Angeklagte ist auf der Grundlage der fehlerfrei getroffenen Feststellungen des täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig.
19
(1) Das Landgericht hat das Merkmal der Eigennützigkeit des Handeltreibens (vgl. BGHSt [GS] 50, 252, 256; Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 212 m.w.N.) zu Unrecht verneint. Der Angeklagte hätte eigennützig gehandelt, falls er seine Tatbeiträge auch geleistet hätte, weil er sich einen persönlichen Vorteil versprochen hat, durch den er materiell besser gestellt wird (vgl. BGHSt 34, 124, 126; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 48).
20
So liegt es hier. Der Angeklagte war Inhaber eines nicht liquiden Zahlungsanspruchs gegen N. H. über 3.000 Euro. Nur eine erfolgreiche Durchführung des Rauschgiftgeschäfts hätte die Zahlungsfähigkeit des Schuldners des Angeklagten hergestellt und zur Begleichung der Schuld geführt. In diesem, dem Angeklagten glaubhaft bekannt gewordenen Geschehensablauf liegt ein Vermögensvorteil für den Angeklagten als Gläubiger, den der Angeklagte durch seine Vermittlungstätigkeit mit verfolgt hat. Er handelte demnach eigennützig.
21
(2) Im Übrigen belegen die Feststellungen eine so wesentliche Förderung des Rauschgiftgeschäfts insgesamt (erfolgreiche Vermittlung des Lieferanten im Ausland; Mitwirkung bei der Übergabe und der Bezahlung des Rauschgifts), dass eine täterschaftliche Begehungsweise auf der Hand liegt (vgl. BGH NJW 2007, 1220; zur Aufnahme in BGHSt bestimmt).
22
(3) An der Schuldspruchänderung ist der Senat durch § 265 Abs. 1 StPO nicht gehindert. Schon die Anklage lautete auf täterschaftliches Handeltreiben.
23
5. Demnach sind die Strafe und die Gesamtstrafe neu zu bestimmen. Der Aufhebung von Feststellungen bedurfte es bei dem hier vorliegenden Wertungsfehler nicht, so dass der neue Tatrichter die Strafe auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu bestimmen haben wird, die freilich um solche Feststellungen ergänzt werden dürfen, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 34/12
vom
21. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2012 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Juli 2011 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts merkt der Senat im Hinblick auf den Schriftsatz der Verteidigung des Angeklagten E. vom 19. März 2012 an: 1. Es kann dahinstehen, ob - im Hinblick auf die völlige Unwesentlichkeit - durch die Verlesung der Aussagegenehmigung für den Zeugen P. (Haftrichter) in nicht öffentlicher Verhandlung überhaupt die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens (§ 338 Nr. 6 StPO) verletzt wurden. Der Bestand des Urteils wird hiervon jedenfalls nicht berührt, weil ein Einfluss des etwaigen Verfahrensfehlers auf das Urteil denkgesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 25. Juli 1995 - 1 StR 342/95; BGH, Beschluss vom 31. Juli 1992 - 4 StR 250/92). Entscheidend ist, dass der Zeuge zuvor bereits ausgesagt hatte. Nur die Aussage, nicht aber die Aussagegenehmigung wird zur Urteilsfindung verwertet. Die Verlesung einer Aussagegenehmigung, die auch mündlich erteilt werden kann und den Rechtskreis des Angeklagten nicht berührt (vgl. u.a. BGH NJW 1952, 151), ist nicht geboten und daher entbehrlich. Ihr Vorliegen kann im Übrigen auch von dem Zeugen selbst bei seiner Verneh- mung mitgeteilt worden sein (wozu sich die Revision nicht verhält, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn die mit Schreiben vom 14. Juli 2011 erbetene Aussagegenehmigung war bereits am 18. Juli 2011 schriftlich erteilt worden (vgl. Anlage 18 zum Protokoll vom 27. Juli 2011). Da der Zeuge P. erst am 26. Juli 2011 vernommen wurde, lag zum Zeitpunkt seiner Vernehmung die Aussagegenehmigung bereits vor. Eine fehlende Aussagegenehmigung würde ohnehin nur zu einem Beweisgewinnungs -, aber nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Auch daraus ergibt sich, dass auf einer - unterstellt verfahrensfehlerhaften - Verlesung einer erteilten Aussagegenehmigung das Urteil denkgesetzlich nicht beruht. 2. Soweit materiell-rechtlich beanstandet wird, es sei in dem angefochtenen Urteil der für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§§ 29 ff. BtMG) erforderliche Eigennutz nicht festgestellt worden, trifft dies nicht zu. Abgesehen davon, dass bei Rauschgiftgeschäften über 10 kg Heroin die Bejahung von Eigennutz bereits dann nahe liegt, wenn schon - wie hier - der hinsichtlich des Handeltreibens nur als Gehilfe abgeurteilte Kurier einen Kurier- lohn von 3.000 € erhalten sollte (UA S. 21), ist im vorliegenden Fall ohnehin in den Urteilsgründen ausdrücklich festgehalten, dass die drei revidierenden Angeklagten übereingekommen waren, die "zehn Kilogramm Heroinzubereitung gewinnbringend weiterzuverkaufen" (UA S. 20). 3. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt auch darauf hingewiesen, dass das Landgericht rechtsfehlerfrei die verschiedenen Angaben der Angeklagten würdigen durfte.
Soweit die Verteidigung des Angeklagten E. vorträgt, der Angeklagte habe sich früher nur pauschal für unschuldig erklärt, trifft dies für seine haftrichterliche Vernehmung vom 29. Juli 2010 so nicht zu. Dort ließ er sich wie folgt ein: "Wie bereits bei der Polizei gesagt, habe ich nichts mit der Sache zu tun. Ich bin nicht schuldig. Es kann nicht sein, dass in dem Auto, in dem ich mit G. fuhr, Drogenrückstände gefunden wurden" (SAO I Bl. 329). Nack Rothfuß Hebenstreit Jäger Sander

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.