Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - 5 StR 363/12

bei uns veröffentlicht am12.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Zu den Anforderungen an eine ausdrückliche Beauftragung im
BGH, Beschluss vom 12. September 2012 – 5 StR 363/12
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 12. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2012

beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten D. K. gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. April 2012 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision der Angeklagten M. K. wird das vorbezeichnete Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) dahingehend abgeändert, dass die Angeklagte wegen Beihilfe in 50 Fällen zum Vorenthalten und Veruntreuens von Arbeitsentgelt verurteilt wird, und
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Ihre weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 50 Fällen zu Gesamtgeldstrafen von 450 Tagessätzen verurteilt und jeweils 30 Tagessätze der verhängten Geldstrafen als Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als bezahlt bestimmt. Während die Revision des Angeklagten D. K. im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet ist, führt diejenige seiner Ehefrau M. K. zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist auch sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


2
Nach den Feststellungen war der Angeklagte D. K. Geschäftsführer der A. I. GmbH (im Folgenden: A. ), die unter anderem vertraglich die Reinigung und Überwachung von insgesamt elf Toilettenanlagen in großen Kaufhäusern in Hamburg und Umland übernommen hatte. Der A. oblag dabei, die Toiletten in den Warenhäusern ständig in einem sauberen und hygienisch einwandfreien Zustand zu halten, auftretende Verschmutzungen unverzüglich zu beseitigen sowie die Toilettenanlagen zu desinfizieren. Eine Vergütung für die A. haben die Kaufhäuser ausdrücklich ausgeschlossen. Das von der A. eingesetzte Personal (26 Mitarbeiter) wurde zunächst nach dem für das Gebäudereinigerhandwerk geltenden Mindestlohn beschäftigt. Um allerdings Lohnkosten zu sparen, wurden später in die Arbeitsverträge Regelungen aufgenommen, wonach – obwohl die Mitarbeiter ständig vor Ort sein mussten – lediglich die tatsächliche „Putzzeit“ als Arbeitszeit zählte. Diese wurde im Regelfall mit vier Stun- den pro Woche pauschal bestimmt und mit 125 € monatlich vergütet. Ab dem 1. April 2009 wurden schließlich neue Arbeitsverträge geschlossen, die Arbeitszeit unwesentlich heraufgesetzt und nunmehr als Entlohnung 128 € pro Monat vorgesehen. Zusätzlich erhielten die Arbeitnehmer einen Anteil von dem „Tellergeld“, dem vonden Benutzern freiwillig hinterlassenen Trinkgeld für die Benutzung der Toilettenanlage. Die A. meldete die Beschäftigten lediglich mit der offiziell gewährten Entlohnung bei der Minijob-Zentrale an und entrichtete auf dieser Basis Beiträge. Die Einkünfte der Arbeitnehmer aus dem „Tellergeld“ wurden verschwiegen.
3
Das Landgericht hat in 50 Fällen eine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB angenommen, weil die Angeklagten im Zeitraum 1. Juli 2007 bis 31. Juli 2009 jeweils monatlich gegenüber der AOK und unzutreffende Meldungen abgegeben und somit Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt knapp 128.000 € verkürzt haben. Dadurch, dass die A. dem Mindestlohn entsprechend den im Gebäudereinigungsgewerbe geltenden Tarifen unterliege, hätten sie nach diesen Regelungen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile an die für die Beschäftigten zuständigen Krankenkassen als Einzugsstellen entrichten müssen. Die Arbeitnehmer könnten dabei mit ihrer gesamten vor Ort eingesetzten Arbeitszeit den Mindestlohn beanspruchen, der zugleich die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge bilde. Der Angeklagte K. sei als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A. Arbeitgeber im Sinne des § 266a StGB. Die Angeklagte M. K. treffe diese Pflicht nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB, weil sie von ihrem Ehemann beauftragt worden sei, den Personalsektor eigenverantwortlich allein abzuwickeln , wobei die Personalverhältnisse in enger Abstimmung zwischen den Eheleuten geregelt worden seien.

II.


4
Die Einwendungen gegen das landgerichtliche Urteil sind unbegründet , soweit sie die Geltung des Mindestlohns für die Arbeitsverhältnisse betreffen. Die Revision der Angeklagten M. K. hat aber insoweit Erfolg , als das Landgericht angenommen hat, diese sei Beauftragte im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Dies führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung der gegen sie verhängten Strafe.
5
1. Entgegen der Auffassung der Revision hat die Strafkammer ohne Rechtsverstoß angenommen, dass die Arbeitnehmer dem Mindestlohn für Gebäudereiniger unterliegen. Sie hat dabei weder die in den Verträgen vorgegebene noch die tatsächlich erbrachte Reinigungszeit, sondern die gesamte von den Arbeitnehmern vor Ort abgeleistete Zeit als unter den Mindestlohn fallende Arbeitszeit gewertet. Nach den Verträgen mit den Kaufhäusern waren nämlich die Überwachung der Toiletten und deren unverzügliche Reinigung im Falle ihrer Verschmutzung geschuldet. Diesen Aufgabenbereich hatten die von der A. Beschäftigten zu erfüllen.
6
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die bei der A. Beschäftigten im Tatzeitraum einen Anspruch auf den Mindestlohn für gewerblich Beschäftigte im Gebäudereinigungshandwerk hatten. Grundlage für den Mindestlohn im Tatzeitraum war – wie das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat – der Lohntarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung, der mit Wirkung vom 1. April 2004 für allgemeinverbindlich erklärt wurde (vgl. dazu auch BAGE 122, 244 Rn.12). Durch die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Gebäudereinigungshandwerk vom 27. Februar 2008 wurden dann der Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung vom 9. Oktober 2007 für bindend erklärt und der Mindestlohn von 7,87 € mit Wirkung vom 1. März 2008 auf 8,15 € erhöht (BAnZ 2008, S. 762).
7
Entgegen der Auffassung der Verteidigung unterfallen die Arbeitnehmer der A. diesen Regelungen im Gebäudereinigungshandwerk. Die Gebäudereinigung ist nach § 18 Abs. 2 HwO ein zulassungsfreies Handwerk, das unter Nr. 33 in der Anlage B genannt ist. Die A. war deshalb auch von dem vorgenannten Tarifvertrag erfasst, der von der Gebäudereinigerinnung abgeschlossen wurde (vgl. hierzu auch Kluth, GewArch 2009, 329; Schiefer/Galperin, DB 2009, 1238). Im Verhältnis zu den Kaufhäusern als den Auftraggebern der A. wurden die Reinigungsarbeiten jedenfalls handwerksmäßig ausgeübt. Danach waren die Toiletten ständig sauber zu halten und zu desinfizieren. Dies stellt – wie das Landgericht umfassend und rechtsfehlerfrei ausgeführt hat – keine Reinigungstätigkeit einfacher Art dar.
8
Damit kommt es nicht auf die Frage an, ob einfache Reinigungsarbeiten der Gebäudereinigung, die auch als „Reinigung nach Hausfrauenart“ bezeichnet werden, überhaupt unter die Mindestlohnregelungen fallen (so Schiefer/Galperin, Kluth aaO; zweifelnd Rieble, DB 2009, 789). Es ist weiterhin unerheblich, dass die A. in ihren geänderten Arbeitsverträgen jeweils „Reinigung nach Hausfrauenart“ als Vertragsgegenstand bezeichnet hat. Maßgeblich ist nämlich nicht die Bezeichnung der Tätigkeit in den Arbeitsverträgen , sondern ihre tatsächliche Ausgestaltung, wie sie auch vertraglich vorausgesetzt wurde (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar 2010 – 5 AZR 106/09, ZTR 2010, 424 Rn. 18). Hier mussten die Arbeitnehmer die gegenüber den Kaufhäusern geschuldete professionelle Reinigung der Toiletten und die Gewährleistung von Sauberkeit und Hygiene erbringen. Dieses Anforderungsprofil war – ungeachtet der individuellen Vorkenntnisse der einzelnen Arbeitnehmer – nicht mit einer „Reinigungstätigkeit nach Hausfrauenart“, sondern nur handwerksmäßig zu erfüllen (vgl. auch BAG, Urteil vom 20. September 1989 – 4 AZR 377/89).
9
b) Die von den bei der A. angestellten Reinigungskräften in den Toilettenanlagen zugebrachte Zeit ist in vollem Umfang Arbeitszeit. Ihre Tätigkeit dort hat das Landgericht nicht nur als eine (unter Umständen geringer vergütbare – vgl. BAG EzA BGB 2002, § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 4) Arbeitsbereitschaft , sondern als Vollarbeit gewertet. Nach der Rechtsprechung unterscheidet sich die Arbeitsbereitschaft, die in Zeiten wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung geleistet wird (BAG, Urteil vom 17. Juli 2008 – 6 AZR 505/07, PersV 2009, 27; BAGE 109, 254, 260) von der Vollarbeitsleistung , die von dem Arbeitnehmer eine ständige Aufmerksamkeit und Arbeitsbelastung verlangt. Letzteres trifft auf die Toilettenpflege in Warenhäusern zu. Eine bloß wache Aufmerksamkeit umschreibt das Anforderungsprofil nur unzureichend, weil die Reinigungskraft im Blick auf den in den Toilettenanlagen herrschenden erheblichen Besucherverkehr eine ständige Kontrollaufgabe zu bewältigen hat, die nach den Feststellungen des Landgerichts durch ständige Nachreinigungen immer wieder unterbrochen wurde. Mithin liegt auch keine den Arbeitnehmer weniger beanspruchende bloße Arbeitsbereitschaft vor, weil die hierfür typischen Phasen der Entspannung (vgl. BAG aaO) fehlen. Deshalb hat das Landgericht das Aufgabenfeld der Arbeitnehmer der A. rechtsfehlerfrei als der Vollarbeit „Toilettenreini- gung“ unterfallende Tätigkeit gewertet, zumal die Beschäftigten gerade nicht – wie von der Verteidigung behauptet – die Möglichkeit einer freien Zeiteintei- lung und die Gelegenheit zur Erledigung ihrer eigenen Angelegenheiten hatten.
10
c) Das Landgericht hat die unterste Lohnstufe in Ansatz gebracht. Der dort vorgesehene Mindestlohn hätte den Arbeitnehmern jedenfalls vergütet werden müssen. Er bildet deshalb auch die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge. Bei Tariflohnunterschreitungen ist die Höhe der Beitragsschuld nämlich nicht nach dem vereinbarten, sondern nach dem geschuldeten Lohn zu berechnen (BSGE 93, 119).
11
d) Es beschwert die Angeklagten nicht, dass der Anteil des den Ar- beitnehmern zufließenden „Tellergeldes“ vom Landgericht nicht berücksich- tigt wurde, das gegenüber den Sozialversicherungsträgern jedoch gleichfalls nicht namhaft gemacht wurde. Das „Tellergeld“ dürfte allerdings Lohncharakter aufweisen. Da es den von den Kaufhäusern nicht vergüteten Reinigungsbetrieben zustand, die mit den bei ihnen beschäftigten Reinigungskräften Aufteilungsvereinbarungen trafen, könnte der dem Arbeitnehmer verbleiben- de Anteil des „Tellergeldes“ einen aus dem Arbeitsverhältnis vermittelten Vermögenszuwachs darstellen. Der Senat kann diese Frage aber offen lassen. Läge nämlich das den Arbeitnehmern zugeflossene „Tellergeld“ (zusammen mit den regulär bezogenen Einkünften) unter dem Mindestlohn, bliebe dieser maßgebend. Wäre die Summe aus „Tellergeld“ und Lohn für die einzelnen Arbeitnehmer höher, würde sich nur der Schuldumfang gegen- über dem vom Landgericht angenommenen erhöhen. Hierin läge dann kein Fehler zum Nachteil der Angeklagten.
12
2. Die Zurechnung der Arbeitgeberstellung nach § 266a Abs. 1 und 2 StGB zu Lasten der Angeklagten M. K. hält dagegen revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht rechtsfehlerfrei begründet wurden.
13
a) Es bestehen hier schon durchgreifende Bedenken, ob das Landgericht in genügender Form dargestellt hat, dass die Angeklagte ausdrücklich beauftragt wurde. Zwar ist ein solcher Auftrag auch formfrei möglich (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 34). Er muss jedoch zweifelsfrei erfolgen und ausreichend konkret sein, damit für den Beauftragten das Ausmaß der von ihm zu erfüllenden Pflichten eindeutig erkennbar ist. Hierzu enthält das landgerichtliche Urteil indessen keine Ausführungen. Es beschränkt sich auf die Feststellung, dass eine Beauftragung erfolgt ist. Zu deren näherem Inhalt sowie zu den Umständen dieser Beauftragung verhält es sich nicht. Das Revisionsgericht vermag deswegen nicht zu prüfen, ob die inhaltlichen Voraussetzungen einer Beauftragung zutreffend angenommen wurden.
14
b) Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt im Übrigen die Annahme einer Beauftragung im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB fernliegend erscheinen. An ihr Vorliegen sind – wie schon die ansonsten nicht zu rechtfertigende Gleichstellung mit Organen und Betriebsleitern (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB) verdeutlicht – strenge Anforderungen zu stellen (vgl. auch Marxen/Böse in Nomos-Kommentar, StGB, 3. Aufl., § 14 Rn. 7 ff.). Mit der Beauftragung wird eine persönliche Normadressatenstellung des Beauftragten begründet, die ihm (strafbewehrt) die Erfüllung betriebsbezogener Pflichten überbürdet. Die bloße Einräumung von Leitungsbefugnissen reicht hierfür ebenso wenig aus wie die Einbeziehung in eine unternehmerische Mitverantwortung (Perron aaO Rn. 35; Marxen/Böse aaO Rn. 60).
15
Entscheidend ist vielmehr, dass gesetzliche Arbeitgeberpflichten in die eigenverantwortliche Entscheidungsgewalt des Beauftragten übergehen (Bosch in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB, 2009, § 14 Rn. 16). Im Rahmen einer solchen Prüfung kann indiziell auch von Bedeutung sein, ob der Betrieb aufgrund seiner Größe überhaupt eine personelle Aufteilung der Verantwortlichkeitsbereiche erforderlich macht. In diesem Sinne kann auch der Gedanke der Sozialadäquanz der Beauftragung herangezogen werden (vgl. dazu Regierungsentwurf eines Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten , BT-Drucks. V/1319 S. 65; Perron, aaO, Rn. 36; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 14 Rn. 13; Göhler/Gürtler, 16. Aufl., OWiG, § 9 Rn. 32). Die Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB führt nämlich zu einer jedenfalls partiellen Verlagerung strafbewehrter Pflichten vom primär zuständigen Organ auf nachgeordnete Mitarbeiter (vgl. Schünemann in LK, 12. Aufl., § 14 Rn. 68). Deshalb darf auch nicht ohne weiteres von der Übertragung von Leitungsbefugnissen auf die Begründung einer Normadressatenstellung geschlossen werden. Vielmehr ist zu prüfen, ob – wie etwa im Hinblick auf die betriebliche Struktur oder die Vorerfahrungen der handelnden Personen – eine sachliche Notwendigkeit für eine derart weitgehende Aufgabenübertragung bestanden haben könnte. Je weniger eine solche erkennbar ist, umso ferner liegt es, eine Übertragung genuiner Arbeitgeberpflichten anzunehmen. Die sinnvolle Aufgabenabschichtung zwischen Organ und Beauftragtem liegt dem Tatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB als Grundidee zugrunde (vgl. BT-Drucks. 10/318 S. 15), weil es für den Beauftragten regelmäßig nur unter dieser Voraussetzung möglich sein wird, im Aufgabenbereich des eigentlichen Organs selbständig zu handeln (vgl. Schünemann, aaO, Rn. 62). Fehlt dem mit solchen Aufgaben Betrauten die eigene Entscheidungsfreiheit, dann handelt er nicht wie ein organschaftlicher Vertreter, sondern allenfalls als dessen Gehilfe.
16
Im vorliegenden Fall mag zwar die Angeklagte M. K. für den Personalsektor, was Einstellungen, Arbeitsanweisungen und Vereinnahmung des „Tellergeldes“ angeht, zuständig gewesen sein, weil ihr der Mitangeklag- te insoweit eine Leitungsbefugnis eingeräumt hat. Dies lässt aber noch nicht den Schluss zu, dass sie damit sämtliche mit den Personalangelegenheiten zusammenhängenden betrieblichen Pflichten übernommen hat. Hiergegen spricht entscheidend, dass dem Angeklagten D. K. die „Büroarbeit“ vorbehalten blieb. Neben finanziellen Fragen kann die „Büroarbeit“ aber im Wesentlichen nur die dem Betrieb gegenüber Behörden obliegenden Aufgaben betroffen haben, wozu im hervorgehobenen Maße auch die Erfüllung der Arbeitgeberpflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern zählt. Nach den Urteilsfeststellungen beschränkte sich die Rolle der AngeklagtenM. K. vorrangig auf diejenige einer fachlichen Vorgesetzten gegenüber dem Reinigungspersonal. Dies genügt aber nicht den Anforderungen an eine Beauftragung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Dasselbe gilt für den Umstand, dass beide Angeklagte als Eheleute ersichtlich vertrauensvoll zusammengearbeitet haben.
17
3. Aus den gleichen Gründen scheidet auch eine Qualifizierung der Angeklagten als „Teilbetriebsleiterin“im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB aus. Da es für diese Zurechnungsvorschrift keiner ausdrücklichen Beauftragung bedarf, sondern sich die Übertragung auch konkludent aus der Betrauung mit der vollständigen oder teilweisen Leitung des Betriebs ergibt (BGH, Urteil vom 4. Juli 1989 – VI ZR 23/89, DB 1989, 2272), können die inhaltlichen Voraussetzungen im Vergleich zur ausdrücklichen Beauftragung im Sinne der Nr. 2 jedenfalls nicht schwächer sein (vgl. auch Radtke in MK, StGB, 2. Aufl., § 14 Rn. 96).
18
4. Der Senat sieht hier allerdings von einer Zurückverweisung ab. Es erscheint ausgeschlossen, dass sich im vorliegenden Fall eine Beauftragtenstellung der Angeklagten M. K. in einem neuen tatrichterlichen Verfahren noch erweisen ließe. Auf der Grundlage der Feststellungen liegt aber sicher eine Beihilfe der in vollem Umfang in das Tatgeschehen einbezogenen Angeklagten zu jedem der einzelnen Fälle vor, weil sie die Arbeitnehmer entsprechend eingesetzt und überwacht, mithin also für den Arbeitsablauf Sorge getragen hat. Der Senat kann dabei ausschließen, dass sich die umfänglich geständige Angeklagte gegen den Vorwurf der Beihilfe anders als geschehen hätte verteidigen können.

III.


19
Die Umstellung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Feststellungen zum Strafausspruch, die von der dem Schuldspruch zugrunde liegenden fehlerhaften Würdigung unberührt bleiben, können allerdings aufrechterhalten werden. Das neue Tatgericht ist aber nicht gehindert, neue Feststellungen zu treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Dies schließt auch die Befugnis ein, Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, die eine Anpassung der bislang rechtsfehlerfrei bemessenen Tagessatzhöhe erfordern.
Raum Schaal Schneider König Bellay

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - 5 StR 363/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - 5 StR 363/12

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - 5 StR 363/12 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Strafgesetzbuch - StGB | § 14 Handeln für einen anderen


(1) Handelt jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,2. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder3. als gesetzlicher Vertreter eines an

Handwerksordnung - HwO | § 18


(1) Wer den selbständigen Betrieb eines zulassungsfreien Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes als stehendes Gewerbe beginnt oder beendet, hat dies unverzüglich der Handwerkskammer, in deren Bezirk seine gewerbliche Niederlassung liegt, an

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - 5 StR 363/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - 5 StR 363/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Jan. 2010 - 5 AZR 106/09

bei uns veröffentlicht am 20.01.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2008 - 10 Sa 14/08 - aufgehoben.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - 5 StR 363/12.

Landgericht Augsburg Entscheidung, 15. Jan. 2014 - 2 Qs 1002/14

bei uns veröffentlicht am 15.01.2014

Gründe Die zulässige sofortige Beschwerde hat den im Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet. 1. a. Die Anklage gegen die Angeklagte S. P. war mit der Maßgabe der rechtlichen Einordnung als Gehilfin zur Hau

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Apr. 2016 - 5 StR 332/15

bei uns veröffentlicht am 07.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 332/15 vom 7. April 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt u.a. ECLI:DE:BGH:2016:070416U5STR332.15.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgericht

Referenzen

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

(1) Wer den selbständigen Betrieb eines zulassungsfreien Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes als stehendes Gewerbe beginnt oder beendet, hat dies unverzüglich der Handwerkskammer, in deren Bezirk seine gewerbliche Niederlassung liegt, anzuzeigen. Bei juristischen Personen sind auch die Namen der gesetzlichen Vertreter, bei Personengesellschaften die Namen der vertretungsberechtigten Gesellschafter anzuzeigen.

(2) Ein Gewerbe ist ein zulassungsfreies Handwerk im Sinne dieses Gesetzes, wenn es handwerksmäßig betrieben wird und in Anlage B Abschnitt 1 zu diesem Gesetz aufgeführt ist. Ein Gewerbe ist ein handwerksähnliches Gewerbe im Sinne dieses Gesetzes, wenn es handwerksähnlich betrieben wird und in Anlage B Abschnitt 2 zu diesem Gesetz aufgeführt ist.

(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlage B zu diesem Gesetz dadurch zu ändern, daß es darin aufgeführte Gewerbe streicht, ganz oder teilweise zusammenfaßt oder trennt, Bezeichnungen für sie festsetzt oder die Gewerbegruppen aufteilt, soweit es die technische und wirtschaftliche Entwicklung erfordert.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2008 - 10 Sa 14/08 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2008 - 3 Ca 397/07 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 12. September 2005 zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

2

Der beklagte Zweckverband betreibt ua. eine Abendrealschule. Nach baden-württembergischem Landesrecht sind Abendrealschulen Ersatzschulen, die Berufstätige vorwiegend in Abendkursen in einem Lehrgang von mindestens zwei Jahren zum Realschulabschluss führen. In sie wird nur aufgenommen, wer die Pflicht zum Besuch der Grundschule und einer auf ihr aufbauenden weiterführenden Schule erfüllt hat. Der Unterricht an Abendrealschulen, der grundsätzlich von Lehrkräften erteilt werden soll, die die Befähigung zum Lehramt an Realschulen nachweisen können, orientiert sich am Bildungsplan der Realschule. Er umfasst die Fächer Deutsch, Pflichtfremdsprachen, Mathematik, Geschichte sowie die Fächerverbünde Erdkunde/Wirtschaftskunde/Gemeinschaftskunde und Naturwissenschaftliches Arbeiten. Zur Abschlussprüfung wird nur zugelassen, wer mindestens das letzte Schuljahr der Abendrealschule ordnungsgemäß besucht hat.

3

Der 1959 geborene Kläger, der den akademischen Grad eines „Magister Artium“ besitzt, aber nicht über die Befähigung zum Lehramt an Realschulen verfügt, unterrichtete an der Abendrealschule des Beklagten vom 12. September 2005 bis zum 30. Juni 2008. Grundlage der Zusammenarbeit war zuletzt der Honorarvertrag vom 5. Februar 2007, der ua. Folgendes regelt:

        

„§ 1 Tätigkeit

        

Der Auftragnehmer verpflichtet sich, Unterricht in den Fächern

        

Geschichte/Gemeinschaftskunde und Biologie

        
        

Abendrealschule Ober- und Unterkurs

        
        

zu erteilen.

        

§ 2 Zeit, Ort und Inhalt der Tätigkeit

        

Die Unterrichtszeiten werden zu Beginn der Tätigkeit einvernehmlich geregelt.

        

Grundlage für den Unterricht ist der Bildungsplan für Realschulen. Im Übrigen ist der Auftragnehmer in der inhaltlichen und methodischen Gestaltung des Unterrichts frei.

        

Der Unterricht wird in den Räumen der M, erteilt.

        

Der Auftragnehmer verpflichtet sich ferner, an den Lehrerkonferenzen teilzunehmen.

        

Der Auftragnehmer wird übernommene Lehrtätigkeit persönlich ausüben.

        

§ 3 Honorar

        

Der Auftragnehmer erhält für seine Leistungen ein Honorar nur für tatsächlich erteilten Unterricht. Der Honorarsatz für eine geleistete Unterrichtsstunde beträgt derzeit 22,11 €. Bei tariflichen Erhöhungen für Lehrkräfte an Realschulen erfolgt eine Anpassung des Honorarsatzes.

        

Die Fahrtkosten werden nach dem Landesreisekostengesetz Baden-Württemberg erstattet.

        

Es erfolgt keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Es besteht kein Urlaubsanspruch.

        

...

        

§ 4 Anzeige und Nachleistung bei Verhinderung

        

Im Falle der Erkrankung oder sonstigen Verhinderung verpflichtet sich der Auftragnehmer, den Schulleiter der Abendrealschule unverzüglich d.h. vor Unterrichtsbeginn, zu verständigen.

        

§ 5 Status/Beginn und Beendigung

        

Durch diesen Vertrag wird ein Arbeitsverhältnis nicht begründet. Der Auftragnehmer ist auch nicht arbeitnehmerähnliche Person. Die Tätigkeit ist nebenberuflich.

        

Der Vertrag wird mit Wirkung ab 01.09.2006 geschlossen. Er kann mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt.

        

Für die Kündigung gilt Schriftform.

        

§ 6 Verfallklausel

        

Alle wechselseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden.

        

…“   

4

Zu einem an das Regierungspräsidium F gerichteten „Antrag“ des Beklagten vom 22. August 2006 auf „Anstellung“ des Klägers teilte dieses dem Beklagten mit Schreiben vom 13. September 2006 mit, eine Unterrichtsgenehmigung für Lehrkräfte, die nicht über die Lehrbefähigung an Realschulen verfügen, sei nicht möglich. Die Unterrichtstätigkeit des Klägers wurde aber von dem Regierungspräsidium F wie in der Vergangenheit auch für das Schuljahr 2007/2008 geduldet.

5

Mit seiner am 29. Oktober 2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht und vorgetragen, außer ihm würden alle beim Beklagten tätigen Lehrkräfte als Arbeitnehmer beschäftigt. Er sei demselben Regelungswerk unterworfen und habe sich, auch wenn er in einem Nebenfach unterrichte, an die geltenden Vorschriften zu halten. In der zeitlichen Lage seines Unterrichts sei er an die Vorgaben des Beklagten gebunden.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 12. September 2005 zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger sei als freier Mitarbeiter beschäftigt worden. Er sei nicht an einen Lehrplan gebunden gewesen, der Unterricht orientiere sich nur am Bildungsplan für Realschulen. Außerdem fänden in den vom Kläger unterrichteten Nebenfächern keine zentral gestellten schriftlichen Abschlussprüfungen statt. Neben dem Kläger sei bis zum Schuljahr 2007/2008 noch ein weiterer Nebenfachlehrer als Honorarkraft eingesetzt worden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

10

Im Laufe des Rechtsstreits hat der Beklagte Kündigungen zum 30. Juni, 31. August und 30. September 2008 ausgesprochen, wegen deren Wirksamkeit ein Kündigungsschutzverfahren beim Arbeitsgericht Freiburg anhängig ist.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet.

12

I. Die Revision ist zulässig.

13

Der Kläger hat zwar die Fristen zur Einlegung und Begründung der Revision (§ 74 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG) versäumt. Auf seinen rechtzeitig (§ 234 Abs. 1 und 2 ZPO) gestellten Antrag ist ihm aber nach § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung der Revision, die eine Notfrist ist (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 548 ZPO) und die Frist zur Begründung der Revision einzuhalten. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage, rechtzeitig Revision einzulegen und die Revision zu begründen. Er hat innerhalb der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss vom 3. Februar 2009 (- 5 AZA 1/09 -) bewilligt worden ist.

14

II. Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht angenommen, zwischen den Parteien habe bis zum 30. Juni 2008 kein Arbeitsverhältnis bestanden.

15

1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) daran, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses alsbald festgestellt werde (vgl. nur Senat 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 167 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3). Trotz der zeitlichen Begrenzung ist der Feststellungsantrag nicht auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet. Ob zwischen den Parteien zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist zwischen ihnen nach wie vor streitig und Vorfrage der noch beim Arbeitsgericht anhängigen Kündigungsschutzklage. Diese kann überhaupt nur dann Erfolg haben, wenn zum Zeitpunkt der Kündigungen ein Arbeitsverhältnis bestand (vgl. Senat 28. November 2007 - 5 AZR 952/06 - Rn. 12 f., EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4).

16

2. Die Klage ist begründet. Zwischen den Parteien hat seit 12. September 2005 zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden.

17

a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, die der Senat zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters aufgestellt hat.

18

Hiernach unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (Senat 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10; 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - BAGE 115, 1; 16. Februar 2000 - 5 AZB 71/99 - BAGE 93, 310). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - aaO; 22. April 1998 - 5 AZR 342/97 - BAGE 88, 263). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben (vgl. Senat 22. August 2001 - 5 AZR 502/99 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 109 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 86; 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - BAGE 84, 108). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - aaO; 30. September 1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36).

19

b) Diese Grundsätze gelten auch für Unterrichtstätigkeiten. Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden (Senat 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 167 = EzA BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3; 9. Juli 2003 - 5 AZR 595/02 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 158). Aufgrund dieser typisierenden Betrachtungsweise hat der Senat bereits entschieden, dass Lehrer an Abendgymnasien regelmäßig Arbeitnehmer des Schulträgers sind (12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - BAGE 84, 124).

20

c) Das Vertragsverhältnis der Parteien ist danach als Arbeitsverhältnis einzuordnen.

21

aa) Der Kläger unterrichtet an einer allgemeinbildenden Schule. Abendrealschulen sind Schulen, die Berufstätige vorwiegend in Abendkursen in einem Lehrgang von mindestens zwei Jahren zum Realschulabschluss führen, § 2 der Verordnung der Landesregierung Baden-Württemberg über die Abendrealschulen vom 16. Juli 1968 (GBl. BaWü 1968, 320; VO 1968). Als Ersatzschulen unterliegen sie den Bestimmungen des Privatschulgesetzes (§§ 1, 5 VO 1968) und damit der staatlichen Schulaufsicht. Fächerkanon und Abschlussprüfung sind detailliert durch Verordnung des Kultusministeriums geregelt (zuletzt: Verordnung des Kultusministeriums Baden-Württemberg über die Abschlussprüfung an Abendrealschulen vom 5. September 2006, GBl. BaWü 2006, 297; VO 2006).

22

Nach § 2 Abs. 2 des Honorarvertrags muss der Kläger seinem Unterricht den Bildungsplan für Realschulen zugrunde legen. Er erteilt nicht bloß - wie in dem der Entscheidung des Senats vom 9. März 2005 (- 5 AZR 493/04 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 167 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3) zugrunde liegenden Fall - Zusatzunterricht, sondern Pflichtunterricht (vgl. § 3 Abs. 1 VO 2006). Das räumt der Beklagte in seiner Revisionserwiderung auch ein. Zudem ist der Kläger zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet (§ 2 Abs. 5 Honorarvertrag), ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; vgl. auch Senat 16. Juli 1997 - 5 AZR 312/96 - zu II der Gründe, BAGE 86, 170).

23

bb) Darüber hinaus kann der Kläger nicht im Wesentlichen frei seine Arbeitszeit bestimmen, sondern ist bei der Gestaltung der Arbeitszeit eingebunden in die Unterrichtsabläufe beim Beklagten. Seinen Unterricht muss er zwischen 18:00 Uhr und 21:30 Uhr erteilen. Den Wochentag für seine Unterrichtstätigkeit kann er nicht frei wählen. Der Dienstagabend geht unstreitig auf einen Vorschlag des Beklagten bei Beginn des Vertragsverhältnisses zurück, welcher auf einer damals an diesem Tag bestehenden Lücke beruhte. Nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Sachvortrag des Beklagten könnte der Kläger zwar hinsichtlich des Wochentags einen anderen Terminsvorschlag machen bzw. hätte er bei Beginn des Vertragsverhältnisses Wünsche äußern können. Der Beklagte hat aber selbst nicht behauptet, dem Kläger hinsichtlich der Unterrichtstage bei Beginn des Vertragsverhältnisses oder in der Folgezeit freie Wahl gelassen zu haben.

24

Außerdem muss der Kläger an den Lehrerkonferenzen teilnehmen (§ 2 Abs. 4 Honorarvertrag), Erkrankungen oder sonstige Verhinderungen dem Schulleiter vor Unterrichtsbeginn mitteilen (§ 4 Honorarvertrag) und kann nicht außerhalb der Schulferien mit dem Unterricht aussetzen. Zudem vertritt er nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts verhinderte Lehrer, wenngleich mit Unterricht in seinen eigenen Fächern.

25

d) Dagegen fallen die sonstigen Umstände, auf die das Landesarbeitsgericht abgestellt hat, nicht entscheidend ins Gewicht.

26

aa) Die „Dichte des Regelwerks“, dem ein Lehrer an einer allgemeinbildenden Schule bei seiner Unterrichtstätigkeit unterliegt, ist für die Frage der Weisungsgebundenheit kein taugliches, weil nicht messbares Kriterium. Der Senat hat zwar seine typisierende Unterscheidung zwischen Lehrern an allgemeinbildenden Schulen einerseits und außerhalb schulischer Lehrgänge Unterrichtenden andererseits ua. darauf gestützt, dass für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen - auch des zweiten Bildungswegs - ein dichtes Regelwerk von Vorschriften bestehe (vgl. Senat 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 84, 124). Innerhalb des Unterrichts an allgemeinbildenden Schulen aber nochmals nach einer bestimmten „Dichte“ zu differenzieren, ist nicht möglich. Auch wenn der Kläger im Rahmen der Orientierung an dem Bildungsplan für Realschulen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von ihm genutzte Freiräume hatte, steht das einem Arbeitsverhältnis nicht entgegen.

27

bb) Ohne Belang ist das Fehlen zentral gestellter Abschlussprüfungen in den vom Kläger unterrichteten Nebenfächern. Auch die mündliche Prüfung und die Kompetenzprüfung, bei denen der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mitwirkte, unterliegen der staatlichen Regelung (§ 5 VO 2006).

28

cc) Das Fehlen einer Erziehungsaufgabe bei Unterricht im zweiten Bildungsweg ist wegen des Alters der Schüler kein taugliches Kriterium für die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft der dort tätigen Lehrkräfte (Senat 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - BAGE 84, 124). Unerheblich ist ferner, dass Nebenarbeiten wie Elternabende, Klassenfeste oder Schulausflüge nicht anfallen. Das betrifft nicht nur den Kläger, sondern in gleicher Weise die im Arbeitsverhältnis stehenden Lehrkräfte des Beklagten. An der Abendrealschule findet nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur ein vom jeweiligen Klassenlehrer ausgerichtetes Abschlussfest statt. Ansonsten gibt es weder Elternabende noch Schulausflüge und Klassenfeste.

29

e) Der Inhalt des festgestellten Arbeitsverhältnisses richtet sich grundsätzlich nach den Honorarverträgen der Parteien. Sollte ihr Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2008 hinaus fortbestehen, ist der Kläger als Lehrer für die zuletzt vereinbarten Fächer mit der in diesen Fächern im Ober- und Unterkurs anfallenden Stundenzahl (teilzeit-)beschäftigt. Hinsichtlich der Vergütung haben die Parteien eine solche nach Stunden verabredet, wobei die Vergütung eines als freier Mitarbeiter angestellten Lehrers pauschal nach bestimmten Honorarsätzen je geleisteter Unterrichtseinheit regelmäßig nur für den Fall einer tatsächlich gegebenen freien Mitarbeit vereinbart ist. Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, ist für dessen gesamte Dauer die Höhe der Vergütung nicht bestimmt. Sofern nicht eine tarifliche Vergütungsregelung unmittelbar gilt, wird die übliche Vergütung geschuldet (Senat 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 - BAGE 100, 1).

30

III. Der Beklagte hat gem. § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Sappa    

        

    Kremser    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.