Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2019 - 4 StR 513/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 15. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
a) der Angeklagte des Betruges in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren in vier Fällen, der Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung in fünf Fällen sowie der Beihilfe zum versuchten Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung schuldig ist;
b) die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.600 Euro angeordnet ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§§ 74, 109 Abs. 2 Satz 1 JGG).
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Betruges in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren in vier Fällen, sowie der Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung in fünf Fällen sowie der Beihilfe zum ver- suchten Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung“ zu der „Einheitsjugend- strafe“ von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt; ferner hat es „die Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 2.600 Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel erzielt lediglich einen geringen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Beschluss des Landgerichts vom 11. Dezember 2018, mit dem eine Abtrennung „der in der Anklage vom 28.3.2018 – 71 Js – angeklagten Fälle 13 und 14 betr. den PKW BMW 318D zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung“ sowie derenEinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO angeordnet worden ist, begründet für das Revisionsverfahren kein Verfahrenshindernis und steht deshalb einer Aburteilung auch des Falles II.10. der Urteilsgründe nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2014 – 4 StR 69/14, NJW 2015, 181; Beschluss vom 8. Oktober 2013 – 4 StR 339/13, StraFo 2013, 510).
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- Aufgrund einer missverständlichen Formulierung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 20. November 2018 hat das Landgericht mit Beschluss vom 11. Dezember 2018 und damit während der Anhängigkeit des Revisionsverfahrens beim Senat die Fälle 13 und 14 der Anklageschrift vom 28. März 2018 gemäß § 154 Abs. 2 StPO „mit Zustimmung der Staatsanwalt- schaft“ eingestellt. Den in der Anklage unter Nr. 14 angeklagten Fall hat das Landgericht jedoch im angefochtenen Urteil unter Ziffer II.10. der Urteilsgründe abgeurteilt. Insoweit geht die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO ins Leere; denn der Fall II.10. der Urteilsgründe war zur Zeit der Beschlussfassung durch das Landgericht nicht bei diesem, sondern seit der Vorlage der Akten gemäß § 347 Abs. 2 StPO am 22. November 2018 beim Senat anhängig (vgl. zur Zu- ständigkeit weiter BGH, Beschluss vom 11. November 1993 – 4 StR 629/93; s. auch zur Unwirksamkeit von Verbindungsbeschlüssen, die gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 StPO verstoßen, zuletzt BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 – 2 ARs 311/18, NStZ-RR 2019, 23 mwN).
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- 2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts in den Fällen II.5. bis 10. der Urteilsgründe sowie deren rechtliche Würdigung machen nicht deutlich, ob das Landgericht hinsichtlich der mitabgeurteilten Urkundenfälschung von einer Mittäterschaft des Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) oder von einer Beihilfe (§ 27 StGB) ausgegangen ist. Die Feststellungen tragen jedenfalls auch insoweit die Annahme einer Beihilfestrafbarkeit des Angeklagten. Der Senat hat den Schuldspruch in diesen Fällen entsprechend geändert. Er kann ein Beruhen des Strafausspruchs ausschließen, weil die Jugendkammer sich bei der Bemessung der Jugendstrafe maßgeblich an dem Erziehungsgedanken orientiert und eine etwaige täterschaftliche Verwirklichung des § 267 StGB bei der Strafzumessung nicht aufgegriffen hat.
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- 3. Der Umstand, dass das Landgericht den Angeklagten bei der Begrün- dung schädlicher Neigungen „als wichtiges Rädchen einer kriminellen Vereinigung“ (UA 15) bezeichnet hat, andererseits aber eine Bandenabrede bei keiner der Taten festzustellen vermochte (UA 11), beschwert den Angeklagten nicht.
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- 4. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts hat das Landgericht den anzuwendenden Strafrahmen richtig bestimmt (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1, § 105 Abs. 3 Satz 1 JGG).
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- 5. Der Senat hat den Maßnahmenausspruch an die gesetzliche Überschrift in § 73c StGB nF angepasst.
Feilcke Paul
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Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.
(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, die §§ 70c, 72a bis 73 und 81a entsprechend anzuwenden. Die Bestimmungen des § 70a sind nur insoweit anzuwenden, als sich die Unterrichtung auf Vorschriften bezieht, die nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.
(2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2, 3, §§ 52, 52a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74 und 79 Abs. 1 entsprechend. § 66 ist auch dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. § 55 Abs. 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Entscheidung im beschleunigten Verfahren des allgemeinen Verfahrensrechts ergangen ist. § 74 ist im Rahmen einer Entscheidung über die Auslagen des Antragstellers nach § 472a der Strafprozessordnung nicht anzuwenden.
(3) In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden findet § 407 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
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wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Ist die Revision rechtzeitig eingelegt und sind die Revisionsanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form angebracht, so ist die Revisionsschrift dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen. Diesem steht frei, binnen einer Woche eine schriftliche Gegenerklärung einzureichen. Wird das Urteil wegen eines Verfahrensmangels angefochten, so gibt der Staatsanwalt in dieser Frist eine Gegenerklärung ab, wenn anzunehmen ist, dass dadurch die Prüfung der Revisionsbeschwerde erleichtert wird. Der Angeklagte kann die Gegenerklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgeben.
(2) Nach Eingang der Gegenerklärung oder nach Ablauf der Frist sendet die Staatsanwaltschaft die Akten an das Revisionsgericht.
(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.
(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt, - 3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.
(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
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die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder - 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.