Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 311/18
2 AR 176/18
vom
31. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u. a.
vertreten durch: Rechtsanwalt
Az.: 3 Rv 6 Ss 448/18 Oberlandesgericht Karlsruhe
5 Ds 610 Js 35887/16 Amtsgericht Chemnitz
3 Ls 310 Js 39008/15 Amtsgericht Mannheim
ECLI:DE:BGH:2018:311018B2ARS311.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 31. Oktober 2018 beschlossen:
Die nachträgliche Verbindung der Strafsachen 5 Ds 610 Js 35887/16 des Amtsgerichts – Strafrichter – Chemnitz und 3 Ls 310 Js 39008/15 des Amtsgerichts – Schöffengericht – Mannheim wird abgelehnt.

Gründe:

I.

1
Mit Anklageschrift vom 26. Oktober 2016 hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz in der Sache 610 Js 35887/16 Anklage zum Amtsgericht – Strafrichter – Chemnitz erhoben. Am 25. November 2016 hat dieses die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Nach Vorlage durch das Amtsgericht Chemnitz übernahm das Amtsgericht – Schöffengericht – Mannheim mit Beschluss vom 22. Februar 2017 das dortige Verfahren und verband es mit dem bei ihm anhängigen Verfahren 3 Ls 310 Js 39008/15 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung. Durch Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 7. Juni 2017 wurde der Angeklagte u. a. wegen der ihm mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Chemnitz zur Last gelegten Taten schuldig gesprochen.
2
Das Landgericht Mannheim hat mit Urteil vom 24. April 2018 über die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil entschieden. Dagegen hat der Angeklagte Revision zum Oberlandesgericht Karlsruhe eingelegt.
3
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die Sache mit Beschluss vom 2. August 2018 unter Hinweis auf die durch den Beschluss des Amtsgerichts – Schöffengericht – Mannheim nicht wirksam gewordene Verbindung der Ver- fahren dem Bundesgerichtshof zum Zwecke der Herbeiführung eines (nachträglichen ) Verbindungsbeschlusses vorgelegt. Es bezieht sich dabei auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 29. November 1996 – 2 StR 585/96 – (NStZ-RR 1997, 170) und vom 8. August 2001 – 2 StR 285/01 – (NStZ-RR 2002, 257), in denen der Senat jeweils die unwirksame Verbindung von Verfahren in der Revisionsinstanz durch Nachholung geheilt hat.

II.

4
Der Generalbundesanwalt hat dazu u. a. ausgeführt: „EineVerbindung der Verfahren durch den Bundesgerichtshof als gemeinschaftliches oberes Gericht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 StPO kommt nicht in Betracht. Das Oberlandesgericht Karlsruhe geht zwar zutreffend davon aus, dass der Verbindungsbeschluss des Amtsgerichts [– Schöffengericht –] Mannheim rechtsunwirksam war, da er nicht von dem hierfür zuständigen Gericht erlassen worden ist. Die Verbindung, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betraf, konnte nicht durch Vereinbarung der beteiligten Gerichte (§ 13 Abs. 2 StPO) herbeigeführt werden. Erforderlich war gemäß § 4 Abs. 2 StPO die Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts, nämlich des Bundesgerichtshofs, da das Amtsgericht Chemnitz und das Amtsgericht Mannheim zum Bezirk verschiedener Oberlandesgerichte gehören. Dieser Mangel ist gemäß § 6 StPO vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (vgl. Senat, Beschluss vom 8. August 2001 – 2 StR 285/01 m.w.N.). Dem steht auch die Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts Mannheim nicht entgegen (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 337 Rn. 6 m.w.N.). Die nicht wirksam gewordene Verbindung der Verfahren kann der Bundesgerichtshof jedoch nicht nachholen. Soweit der Bundesgerichtshof eine Verfahrensverbindung in der Revisionsinstanz nachgeholt hat, war er nicht nur – anders als hier – zugleich als Revisionsgericht auch Spruchkörper des gemeinschaftlichen oberen Gerichts nach § 4 Abs. 2 Satz 2 StPO. Er hat eine nachträgliche Verbindung von Verfahren zudem auch auf Fälle beschränkt, in denen diese zu dem Zweck erfolgt, die Sache insoweit einer endgültigen Entscheidung zuzuführen (Senat, aaO; dagegen keine Verfahrensverbindung: Senat, Beschluss vom 25. April 2007 – 2 StR 25/07 –, StraFo 2007, 327).“
5
Dem schließt sich der Senat an. Eine nachträgliche „Heilung“ fehlender Zuständigkeit durch den nicht gleichzeitig als Revisionsgericht zuständigen Bundesgerichtshof in einer Vielzahl von Fällen würde Verstöße gegen § 4 Abs. 2 StPO weitgehend sanktionslos lassen und dessen Anwendungsbereich damit unangemessen einschränken. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen hält der Senat die Nachholung einer Verfahrensverbindung in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 2 StPO für zulässig, nämlich wenn das Revisionsverfahren bei ihm anhängig ist und durch diese Verfahrensweise unter Ausschluss jeglicher Beschwer für den Angeklagten endgültig erledigt werden kann.
6
Dies setzt voraus, dass das Verfahren, soweit es infolge unwirksamer Verfahrensverbindung an einer Verfahrens- (oder: Sachurteils-) Voraussetzung fehlt, gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und zugleich insgesamt nach § 349 Abs. 2 StPO verfahren werden kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. November 1996 – 2 StR 585/96, aaO und vom 8. August 2001 – 2 StR 285/01, aaO).
7
Infolge der Unwirksamkeit des Verbindungsbeschlusses ist das zum Amtsgericht – Strafrichter – Chemnitz angeklagte Verfahren dort rechtshängig geblieben. Das Oberlandesgericht Karlsruhe als zuständiges Revisionsgericht wird das angefochtene Urteil deshalb insoweit aufzuheben und die Sache in entsprechender Anwendung des § 355 StPO an das Amtsgericht – Strafrichter – Chemnitzzurückzuverweisen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2018 – 4 StR 145/18; Senatsbeschluss vom 25. April 2007 – 2 StR 25/07, StraFo 2007, 327). Schäfer Appl Bartel Grube Schmidt

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


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Strafprozeßordnung - StPO | § 4 Verbindung und Trennung rechtshängiger Strafsachen


(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 13 Gerichtsstand bei zusammenhängenden Strafsachen


(1) Für zusammenhängende Strafsachen, die einzeln nach den Vorschriften der §§ 7 bis 11 zur Zuständigkeit verschiedener Gerichte gehören würden, ist ein Gerichtsstand bei jedem Gericht begründet, das für eine der Strafsachen zuständig ist. (2) Sind

Strafprozeßordnung - StPO | § 6 Prüfung der sachlichen Zuständigkeit


Das Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 355 Verweisung an das zuständige Gericht


Wird ein Urteil aufgehoben, weil das Gericht des vorangehenden Rechtszuges sich mit Unrecht für zuständig erachtet hat, so verweist das Revisionsgericht gleichzeitig die Sache an das zuständige Gericht.

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BESCHLUSS
2 StR 285/01
vom
8. August 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. August 2001
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 154 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Das Verfahren des Amtsgerichts Offenbach 111 Js 80645/00 27 Cs wird zu dem Verfahren des Landgerichts Meiningen 521 Js 16958/00 1 KLs verbunden. 2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 9. März 2001 wird
a) das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Fall II 1 der Urteilsgründe vorläufig eingestellt. Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
b) das vorgenannte Urteil dahin geändert, daß der Angeklagte wegen Vergewaltigung sowie wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Oktober 2000 (Js 18365.0/98) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wird. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die verbleibende Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin T. M. im Revisionsverfahren entstandenen notwenigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Oktober 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
1. Für die Verurteilung des Angeklagten im Fall II 1 der Urteilsgründe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten war das Landgericht nicht zuständig.
Gegen den Angeklagten ist wegen der Tat vom 3. Juni 2000 vom Amtsgericht Offenbach auf Antrag der Staatsanwaltschaft Darmstadt ein Strafbefehl erlassen worden. Auf Anregung der Staatsanwaltschaft Darmstadt legte das Amtsgericht, nachdem der Angeklagte wirksam Einspruch eingelegt hatte, die Vorgänge über die Staatsanwaltschaft Meiningen dem Landgericht Meiningen mit der Bitte um Verbindung mit dem dort gegen den Angeklagten anhängigen Verfahren vor. Dem entsprach das Landgericht durch Beschluß vom 5. Februar 2001.
Dieser Verbindungsbeschluß war rechtsunwirksam, da er nicht von dem hierfür zuständigen Gericht erlassen worden ist. Dieser Mangel ist gemäß § 6 StPO vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (BGH NStZ; 1996, 47 = BGHR StPO § 4 Verbindung 9; 2000, 435; NStZ-RR 1996, 232 f.; 1997, 170 f. = BGHR StPO § 4 Verbindung 12; BGH, Beschluß vom 9. Mai 2000 - 4 StR 105/00 jeweils m. w. N.). Die Verbindung, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betraf, konnte nicht durch Vereinbarung der beteiligten Gerichte (§ 13 Abs. 2 StPO) herbeigeführt werden (BGHSt 22, 232, 234). Erforderlich war die Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts (§ 4 Abs. 2 StPO), nämlich des Bundesgerichtshofs, da das Amtsgericht Offenbach und das Landgericht Meiningen zum Bezirk verschiedener Oberlandesgerichte gehören.
Die danach nicht wirksam vorgenommene Verbindung der beiden Verfahren hat der Senat nachgeholt, um die Sache insoweit einer endgültigen Erledigung zuzuführen (vgl. NStZ-RR 1997, 170, 171 = BGHR StPO § 4 Verbindung 1). 2. Der Senat hat das Verfahren nunmehr auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt, soweit der Angeklagte wegen der Tat vom 3. Juni 2000 (Fall II 1 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist. Mit der Einstellung entfällt die für diese Tat verhängte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten. Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkannt, da auszuschließen ist, daß das Landgericht ohne Berücksichtigung des vorläufig eingestellten Falls eine niedrigere Gesamtstrafe gebildet hätte und eine solche auch nicht mehr schuldangemessen wäre.
3. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jähnke Detter Bode Otten Elf

(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.

(1) Für zusammenhängende Strafsachen, die einzeln nach den Vorschriften der §§ 7 bis 11 zur Zuständigkeit verschiedener Gerichte gehören würden, ist ein Gerichtsstand bei jedem Gericht begründet, das für eine der Strafsachen zuständig ist.

(2) Sind mehrere zusammenhängende Strafsachen bei verschiedenen Gerichten anhängig gemacht worden, so können sie sämtlich oder zum Teil durch eine den Anträgen der Staatsanwaltschaft entsprechende Vereinbarung dieser Gerichte bei einem unter ihnen verbunden werden. Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, so entscheidet, wenn die Staatsanwaltschaft oder ein Angeschuldigter hierauf anträgt, das gemeinschaftliche obere Gericht darüber, ob und bei welchem Gericht die Verbindung einzutreten hat.

(3) In gleicher Weise kann die Verbindung wieder aufgehoben werden.

(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.

Das Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 285/01
vom
8. August 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. August 2001
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 154 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Das Verfahren des Amtsgerichts Offenbach 111 Js 80645/00 27 Cs wird zu dem Verfahren des Landgerichts Meiningen 521 Js 16958/00 1 KLs verbunden. 2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 9. März 2001 wird
a) das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Fall II 1 der Urteilsgründe vorläufig eingestellt. Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
b) das vorgenannte Urteil dahin geändert, daß der Angeklagte wegen Vergewaltigung sowie wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Oktober 2000 (Js 18365.0/98) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wird. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die verbleibende Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin T. M. im Revisionsverfahren entstandenen notwenigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Oktober 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
1. Für die Verurteilung des Angeklagten im Fall II 1 der Urteilsgründe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten war das Landgericht nicht zuständig.
Gegen den Angeklagten ist wegen der Tat vom 3. Juni 2000 vom Amtsgericht Offenbach auf Antrag der Staatsanwaltschaft Darmstadt ein Strafbefehl erlassen worden. Auf Anregung der Staatsanwaltschaft Darmstadt legte das Amtsgericht, nachdem der Angeklagte wirksam Einspruch eingelegt hatte, die Vorgänge über die Staatsanwaltschaft Meiningen dem Landgericht Meiningen mit der Bitte um Verbindung mit dem dort gegen den Angeklagten anhängigen Verfahren vor. Dem entsprach das Landgericht durch Beschluß vom 5. Februar 2001.
Dieser Verbindungsbeschluß war rechtsunwirksam, da er nicht von dem hierfür zuständigen Gericht erlassen worden ist. Dieser Mangel ist gemäß § 6 StPO vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (BGH NStZ; 1996, 47 = BGHR StPO § 4 Verbindung 9; 2000, 435; NStZ-RR 1996, 232 f.; 1997, 170 f. = BGHR StPO § 4 Verbindung 12; BGH, Beschluß vom 9. Mai 2000 - 4 StR 105/00 jeweils m. w. N.). Die Verbindung, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betraf, konnte nicht durch Vereinbarung der beteiligten Gerichte (§ 13 Abs. 2 StPO) herbeigeführt werden (BGHSt 22, 232, 234). Erforderlich war die Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts (§ 4 Abs. 2 StPO), nämlich des Bundesgerichtshofs, da das Amtsgericht Offenbach und das Landgericht Meiningen zum Bezirk verschiedener Oberlandesgerichte gehören.
Die danach nicht wirksam vorgenommene Verbindung der beiden Verfahren hat der Senat nachgeholt, um die Sache insoweit einer endgültigen Erledigung zuzuführen (vgl. NStZ-RR 1997, 170, 171 = BGHR StPO § 4 Verbindung 1). 2. Der Senat hat das Verfahren nunmehr auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt, soweit der Angeklagte wegen der Tat vom 3. Juni 2000 (Fall II 1 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist. Mit der Einstellung entfällt die für diese Tat verhängte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten. Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkannt, da auszuschließen ist, daß das Landgericht ohne Berücksichtigung des vorläufig eingestellten Falls eine niedrigere Gesamtstrafe gebildet hätte und eine solche auch nicht mehr schuldangemessen wäre.
3. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jähnke Detter Bode Otten Elf

(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 25/07
vom
25. April 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Betrugs
zu 2.: Beihilfe zur Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. April 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juni 2006, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe wegen Betrugs zu einer Einzelfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an das Amtsgericht - Schöffengericht - Limburg an der Lahn zurückverwiesen. 3. Auf die im Fall 1 der Urteilsgründe gegen den Angeklagten S. verhängte Freiheitsstrafe ist die in der Dominikanischen Republik erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 3:1 anzurechnen. 4. Auf die Revision des Angeklagten E. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 5. Im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit- tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 6. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
1. Hinsichtlich des vom Landgericht gegen den Angeklagten S. als Fall 2 der Urteilsgründe abgeurteilten Sachverhalts bestand, wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, das Verfahrenshindernis fehlender gerichtlicher Zuständigkeit, das vom Senat gemäß § 6 StPO von Amts wegen zu berücksichtigen ist (BGHR StPO § 4 Verbindung 9, 12; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2000 - 4 StR 105/00; Senatsbeschluss vom 8. August 2001 - 2 StR 285/01). Der Verbindungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2005 war unwirksam, weil die Verbindung auch die sachliche Zuständigkeit betraf und daher von dem gemeinschaftlichen oberen Gericht hätte vorgenommen werden müssen (§ 4 Abs. 2 StPO). Die Sache ist insoweit daher bei dem Amtsgericht - Schöffengericht - Limburg an der Lahn rechtshängig geblieben , das das Hauptverfahren eröffnet hat; an dieses ist sie in entsprechender Anwendung des § 355 StPO zurückzuverweisen (BGH, Beschluss vom 21. März 2000 - 1 StR 609/99).
2
2. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils gegen den Angeklagten S. einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Die vom Landgericht nur in den Urteilsgründen dargelegte, im Übrigen rechtsfehlerfreie Anordnung der Anrechnung von in der Dominikanischen Republik erlittener Auslieferungshaft im Verhältnis 3:1 gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 StGB war zur Klarstellung in die Entscheidungsformel aufzunehmen.
3
3. Auch hinsichtlich des Angeklagten E. hält der Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue im Fall 1 der Urteilsgründe im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
4
Die Beweiswürdigung, auf welche das Landgericht seine Annahme gestützt hat, der Angeklagte habe den Haupttäter W. in dessen Entschluss bestärkt , entgegen seiner Vermögensbetreuungspflicht Geldanlagen mit Mitteln der Fa. F. bei dem (angeblichen) Investmentunternehmen des Angeklagten S. vorzunehmen, begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Schlussfolgerungen des Landgerichts sind möglich und nahe liegend; zwingend müssen sie nicht sein.
5
Zum Vorsatz des Angeklagten hat das Landgericht ausdrücklich nur festgestellt , dieser habe es für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass der Haupttäter W. seine Vermögensbetreuungspflicht verletze (UA S. 3, 17, 94/95), er habe aber ebenso wie W. "damit (gerechnet), dass das angelegte Kapital wieder zu F. zurückkommen werde" (UA S. 110, 125). Damit ist jedenfalls nur der Vorsatz eines Gefährdungsschadens festgestellt.
6
Soweit die Feststellungen des Landgerichts einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorstellungsbild des Haupttäters W. und des Angeklagten E. als dessen Gehilfen hinsichtlich des der Fa. F. entstandenen Vermögensnachteils vermissen lassen, ergibt sich mit hinreichender Sicherheit aus dem Zusammenhang der Feststellungen, dass der Vorsatz beider Beteiligten (auch) den Eintritt einer konkreten Vermögensgefährdung umfasste. Anders als in dem dem Senatsurteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, zur Veröffentlichung in BGHSt 51, 100 bestimmt - zugrunde liegenden Fall lag hier auch, entgegen den missverständlichen Formulierungen des Landgerichts, nicht nur der bedingte Vorsatz eines Gefährdungsschadens vor; vielmehr war nach den Feststellungen ersichtlich direkter Vorsatz gegeben. Dies liegt im Hinblick darauf auf der Hand, dass die beiden geschäftserfahrenen Beteiligten entgegen ausdrücklichen internen Anweisungen der Fa. F. Anlagegeschäfte bei einem ihnen gänzlich unbekannten amerikanischen (angeblichen) Investment-Unternehmen in Höhe von fünf Millionen Euro tätigten und hierbei Renditehoffnungen von 20-40 % für einen Anlagezeitraum von fünf Tagen hegten. Es war daher für den Haupttäter W. ebenso wie für den Angeklagten offensichtlich, dass es sich um eine Hochrisiko-Anlage mit erheblicher, nahe liegender Verlustgefahr handelte. Daher kommt es hier trotz der lückenhaften und unklaren Ausführungen des Landgerichts im Ergebnis auf den vom Senat im Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05 - entschiedenen Rechtssatz nicht an, wonach ein nur bedingter Vorsatz eines Gefährdungsschadens für die Strafbarkeit nach § 266 Abs. 1 StGB nicht ausreicht.
7
4. Dagegen hält der Strafausspruch gegen den Angeklagten E. der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
a) Das Landgericht hat einen Fall des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB angenommen, weil ein Vermögensverlust großen Ausmaßes verursacht worden sei (UA S. 125). Hierbei hat es übersehen, dass der Gehilfenvorsatz des Angeklagten sich nach den Feststellungen nur auf einen Gefährdungsschaden bezog (vgl. oben 3). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht eine bloße Gefährdung aber für einen "Verlust" im Sinne von § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB nicht aus (BGHSt 48, 354, 356 ff.; BGH NStZ 2002, 547, vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 263 Rdn. 122 m.w.N.).
9
b) Im Übrigen hat das Landgericht übersehen, dass bei dem Angeklagten das strafbegründende persönliche Merkmal der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB nicht vorlag, so dass § 28 Abs. 1 StGB Anwendung finden muss. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts entfiel hier eine doppelte Strafrahmenmilderung nicht schon deshalb, weil die Gehilfenstellung des Angeklagten allein auf dem Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht beruhte (vgl. BGHSt 26, 53, 55; 41, 1 f.; Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 80 m.w.N.). Das Landgericht hat vielmehr ausdrücklich und insoweit rechtsfehlerfrei festgestellt, der Angeklagte habe W. "psychische Beihilfe" durch Bestärkung des Tatentschlusses geleistet (UA S. 123). Für eine der Sache nach mittäterschaftliche Stellung des Angeklagten ergeben sich aus den Feststellungen keine Anhaltspunkte.
10
Über die Strafe für den Angeklagten E. ist daher neu zu entscheiden. Bode Otten Fischer Roggenbuck Appl

(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 285/01
vom
8. August 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. August 2001
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 154 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Das Verfahren des Amtsgerichts Offenbach 111 Js 80645/00 27 Cs wird zu dem Verfahren des Landgerichts Meiningen 521 Js 16958/00 1 KLs verbunden. 2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 9. März 2001 wird
a) das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Fall II 1 der Urteilsgründe vorläufig eingestellt. Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
b) das vorgenannte Urteil dahin geändert, daß der Angeklagte wegen Vergewaltigung sowie wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Oktober 2000 (Js 18365.0/98) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wird. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die verbleibende Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin T. M. im Revisionsverfahren entstandenen notwenigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Oktober 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
1. Für die Verurteilung des Angeklagten im Fall II 1 der Urteilsgründe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten war das Landgericht nicht zuständig.
Gegen den Angeklagten ist wegen der Tat vom 3. Juni 2000 vom Amtsgericht Offenbach auf Antrag der Staatsanwaltschaft Darmstadt ein Strafbefehl erlassen worden. Auf Anregung der Staatsanwaltschaft Darmstadt legte das Amtsgericht, nachdem der Angeklagte wirksam Einspruch eingelegt hatte, die Vorgänge über die Staatsanwaltschaft Meiningen dem Landgericht Meiningen mit der Bitte um Verbindung mit dem dort gegen den Angeklagten anhängigen Verfahren vor. Dem entsprach das Landgericht durch Beschluß vom 5. Februar 2001.
Dieser Verbindungsbeschluß war rechtsunwirksam, da er nicht von dem hierfür zuständigen Gericht erlassen worden ist. Dieser Mangel ist gemäß § 6 StPO vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (BGH NStZ; 1996, 47 = BGHR StPO § 4 Verbindung 9; 2000, 435; NStZ-RR 1996, 232 f.; 1997, 170 f. = BGHR StPO § 4 Verbindung 12; BGH, Beschluß vom 9. Mai 2000 - 4 StR 105/00 jeweils m. w. N.). Die Verbindung, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betraf, konnte nicht durch Vereinbarung der beteiligten Gerichte (§ 13 Abs. 2 StPO) herbeigeführt werden (BGHSt 22, 232, 234). Erforderlich war die Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts (§ 4 Abs. 2 StPO), nämlich des Bundesgerichtshofs, da das Amtsgericht Offenbach und das Landgericht Meiningen zum Bezirk verschiedener Oberlandesgerichte gehören.
Die danach nicht wirksam vorgenommene Verbindung der beiden Verfahren hat der Senat nachgeholt, um die Sache insoweit einer endgültigen Erledigung zuzuführen (vgl. NStZ-RR 1997, 170, 171 = BGHR StPO § 4 Verbindung 1). 2. Der Senat hat das Verfahren nunmehr auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt, soweit der Angeklagte wegen der Tat vom 3. Juni 2000 (Fall II 1 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist. Mit der Einstellung entfällt die für diese Tat verhängte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten. Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkannt, da auszuschließen ist, daß das Landgericht ohne Berücksichtigung des vorläufig eingestellten Falls eine niedrigere Gesamtstrafe gebildet hätte und eine solche auch nicht mehr schuldangemessen wäre.
3. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jähnke Detter Bode Otten Elf

Wird ein Urteil aufgehoben, weil das Gericht des vorangehenden Rechtszuges sich mit Unrecht für zuständig erachtet hat, so verweist das Revisionsgericht gleichzeitig die Sache an das zuständige Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 145/18
vom
17. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:170718B4STR145.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2018 gemäß § 349 Abs. 4, § 355 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 15. Dezember 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Hinsichtlich der Tat II.1 der Urteilsgründe (Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld - - vom 11. September 2014) wird die Sache an das Amtsgericht – Strafrichter – Bielefeld zurückgegeben; in diesem Umfang fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. 3. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet sich die mit der nicht ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen schlug und trat der Angeklagte, der an einer hebephrenen Schizophrenie leidet und sich bereits von März 1999 bis Mai 2002 im Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus befand, im Zeitraum von Juni 2013 bis Juni 2016 in drei Fällen jeweils auf andere Personen ein. In zwei weiteren Fällen versuchte er, andere körperlich durch Schläge bzw. einen Kopfstoß anzugreifen. Schließlich durchtrennte er ein Fahrradschloss mit einem Seitenschneider und nahm das Fahrrad an sich, ließ es aber im Zuge der nachfolgenden Flucht zurück. Die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht seines Tuns einzusehen, war bedingt durch die hebephrene Schizophrenie bei allen Taten jedenfalls erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB, möglicherweise auch vollständig aufgehoben.

II.


3
Hinsichtlich der Tat II.1 der Urteilsgründe hat das angefochtene Urteil schon deshalb keinen Bestand, weil das Landgericht insoweit für die Entscheidung nicht zuständig war. Dieser Mangel ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. November 2017 – 4 StR 306/17 Rn. 4 f.; vom 1. Dezember 2005 – 4 StR 426/05, NStZ-RR 2006, 85 [Ls.]).
4
Das Landgericht Paderborn hat das beim Amtsgericht – Strafrichter – Bielefeld gegen den Angeklagten aufgrund der Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 11. September 2014 anhängige und durch Beschluss vom 16. Mai 2017 eröffnete Verfahren gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung nach Vorlage durch das Amtsgericht mit Beschluss vom 10. Juli 2017 übernommen und zu dem beim Landgericht anhängigen Verfahren hinzuverbunden. Dieser Verbindungsbeschluss ist unwirksam, weil er nicht von dem hierfür gemäß § 4 Abs. 2 StPO zuständigen Gericht erlassen worden ist. Die Verbindung von Strafsachen, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betrifft, kann nicht durch Vereinbarung der beteiligten Gerichte, sondern in Fällen, in denen – wie hier – die verschiedenen Gerichte nicht alle zu dem Bezirk des ranghöheren gehören, nur durch Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts (§ 4 Abs. 2 Satz 2 StPO) herbeigeführt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 22. November 2017 – 4 StR 306/17 aaO; vom 11. Juli 2013 – 3 StR 166/13, NStZ-RR 2013, 378; vom 26. Juli 1995 – 2 StR 74/95, BGHR StPO § 4 Verbindung 9). Gemeinschaftliches oberes Gericht für das zum Landgerichtsbezirk Bielefeld gehörende Amtsgericht Bielefeld und das Landgericht Paderborn ist das Oberlandesgericht Hamm. Infolge der Unwirksamkeit des Verbindungsbeschlusses ist das zum Amtsgericht – Strafrichter – Bielefeld angeklagte Verfahren dort rechtshängig geblieben. Der Senat gibt die Sache insoweit in entsprechender Anwendung des § 355 StPO an das Amtsgericht – Strafrichter – Bielefeld zurück.

III.


5
Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht belegen, dass die Anlasstaten im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB begangen wurden.
6
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht.
7
2. Nimmt der Tatrichter – wie hier – eine erheblich verminderte Einsichtsfähigkeit des Täters an, so muss er darüber befinden, ob diese zum Fehlen der Unrechtseinsicht geführt oder ob der Täter gleichwohl das Unrecht der Tat eingesehen hat. Denn eine verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Einsicht zur Folge hat. Nur unter dieser Voraussetzung führt eine verminderte Einsichtsfähigkeit – je nachdem, ob das Fehlen der Einsicht dem Täter zum Vorwurf gereicht – zur Anwendung von § 20 StGB oder § 21 StGB. Sieht der Täter dagegen trotz seiner erheblich verminderten Einsichtsfähigkeit das Unrecht seines Tuns tatsächlich ein, handelt er in vollem Umfang schuldhaft (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 2016 – 4 StR 215/16, NStZ-RR 2016, 271 [Ls.]; vom 17. April 2014 – 2 StR 405/12, BGHR StGB § 20 Einsichtsfähigkeit 4; vom 20. November 2012 – 1 StR 504/12, BGHR StGB § 63 Schuldunfähigkeit 5; Urteile vom 13. November 1990 – 1 StR 514/90, BGHR StGB § 20 Einsichtsfähigkeit 3; vom 2. Februar 1966 – 2 StR 529/65, BGHSt 21, 27, 28). Dass dem Angeklagten bei den vollendeten und versuchten Körperverletzungen und dem versuchten Diebstahl jeweils die Einsicht in das Unrecht seines Handelns tatsächlich fehlte, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Zu der Frage der Steuerungsfähigkeit verhalten sich die Urteilsgründe weder im Rahmen der Feststellungen noch bei den Erwägungen zur Beweiswürdigung. Soweit bei den Ausführungen zur Gefährlichkeitsprognose an einer Stelle von der Verminderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit die Rede ist, fehlen zu letzterem jegliche näheren Darlegungen.

8
3. Auch im Übrigen begegnen die Ausführungen zur verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
9
Die Diagnose einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis führt für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr stets die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (st. Rspr.; vgl. Beschlüsse vom 12. Oktober 2016 – 4 StR 78/16, StV 2017, 588; vom 23. August 2012 – 1 StR 389/12, NStZ 2013, 98; vom 24. April 2012 – 5 StR 150/12, NStZ-RR 2012, 239; vom 29. Mai 2012 – 2 StR 139/12, NStZRR 2012, 306, 307). Feststellungen dazu, ob und in welcher Weise die hebephrene Schizophrenie des Angeklagten Auswirkungen auf die Begehung der einzelnen festgestellten Taten hatte, hat das Landgericht nicht getroffen. Die von der Strafkammer allein mitgeteilte, nicht näher konkretisierte gutachterliche Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen, wonach der Angeklagte bei zwischenmenschlichen Konflikten zu raptusartigen, aggressiven Ausbrüchen neige, ist nicht geeignet, eine Beeinflussung der von dem Angeklagten begangenen Taten durch dessen psychotische Erkrankung tragfähig zu belegen.
10
4. Die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB kann daher nicht bestehen bleiben. Mit Blick auf die Vorschrift des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO ist auch der Freispruch des Angeklagten aufzuheben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2014 – 3 StR 271/14, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 2 Freispruch 1; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 275/13 Rn. 18, insoweit in NStZ 2014, 36 nicht abgedruckt ; vom 12. Oktober 2016 – 4 StR 78/16 aaO).
11
Der Senat weist darauf hin, dass es auch bei der Verwertung früherer psychiatrischer Diagnosen im Rahmen der Schuldfähigkeitsbeurteilung grundsätzlich erforderlich ist, die den jeweiligen Diagnosen zugrundeliegenden Anknüpfungstatsachen mitzuteilen. Der neu mit der Sache befasste Tatrichter wird gehalten sein, eingehendere Feststellungen als bisher zu dem Verlauf und den Ausprägungen der psychischen Erkrankung des Angeklagten zu treffen.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 25/07
vom
25. April 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Betrugs
zu 2.: Beihilfe zur Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. April 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juni 2006, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe wegen Betrugs zu einer Einzelfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an das Amtsgericht - Schöffengericht - Limburg an der Lahn zurückverwiesen. 3. Auf die im Fall 1 der Urteilsgründe gegen den Angeklagten S. verhängte Freiheitsstrafe ist die in der Dominikanischen Republik erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 3:1 anzurechnen. 4. Auf die Revision des Angeklagten E. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 5. Im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit- tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 6. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
1. Hinsichtlich des vom Landgericht gegen den Angeklagten S. als Fall 2 der Urteilsgründe abgeurteilten Sachverhalts bestand, wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, das Verfahrenshindernis fehlender gerichtlicher Zuständigkeit, das vom Senat gemäß § 6 StPO von Amts wegen zu berücksichtigen ist (BGHR StPO § 4 Verbindung 9, 12; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2000 - 4 StR 105/00; Senatsbeschluss vom 8. August 2001 - 2 StR 285/01). Der Verbindungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2005 war unwirksam, weil die Verbindung auch die sachliche Zuständigkeit betraf und daher von dem gemeinschaftlichen oberen Gericht hätte vorgenommen werden müssen (§ 4 Abs. 2 StPO). Die Sache ist insoweit daher bei dem Amtsgericht - Schöffengericht - Limburg an der Lahn rechtshängig geblieben , das das Hauptverfahren eröffnet hat; an dieses ist sie in entsprechender Anwendung des § 355 StPO zurückzuverweisen (BGH, Beschluss vom 21. März 2000 - 1 StR 609/99).
2
2. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils gegen den Angeklagten S. einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Die vom Landgericht nur in den Urteilsgründen dargelegte, im Übrigen rechtsfehlerfreie Anordnung der Anrechnung von in der Dominikanischen Republik erlittener Auslieferungshaft im Verhältnis 3:1 gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 StGB war zur Klarstellung in die Entscheidungsformel aufzunehmen.
3
3. Auch hinsichtlich des Angeklagten E. hält der Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue im Fall 1 der Urteilsgründe im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
4
Die Beweiswürdigung, auf welche das Landgericht seine Annahme gestützt hat, der Angeklagte habe den Haupttäter W. in dessen Entschluss bestärkt , entgegen seiner Vermögensbetreuungspflicht Geldanlagen mit Mitteln der Fa. F. bei dem (angeblichen) Investmentunternehmen des Angeklagten S. vorzunehmen, begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Schlussfolgerungen des Landgerichts sind möglich und nahe liegend; zwingend müssen sie nicht sein.
5
Zum Vorsatz des Angeklagten hat das Landgericht ausdrücklich nur festgestellt , dieser habe es für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass der Haupttäter W. seine Vermögensbetreuungspflicht verletze (UA S. 3, 17, 94/95), er habe aber ebenso wie W. "damit (gerechnet), dass das angelegte Kapital wieder zu F. zurückkommen werde" (UA S. 110, 125). Damit ist jedenfalls nur der Vorsatz eines Gefährdungsschadens festgestellt.
6
Soweit die Feststellungen des Landgerichts einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorstellungsbild des Haupttäters W. und des Angeklagten E. als dessen Gehilfen hinsichtlich des der Fa. F. entstandenen Vermögensnachteils vermissen lassen, ergibt sich mit hinreichender Sicherheit aus dem Zusammenhang der Feststellungen, dass der Vorsatz beider Beteiligten (auch) den Eintritt einer konkreten Vermögensgefährdung umfasste. Anders als in dem dem Senatsurteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, zur Veröffentlichung in BGHSt 51, 100 bestimmt - zugrunde liegenden Fall lag hier auch, entgegen den missverständlichen Formulierungen des Landgerichts, nicht nur der bedingte Vorsatz eines Gefährdungsschadens vor; vielmehr war nach den Feststellungen ersichtlich direkter Vorsatz gegeben. Dies liegt im Hinblick darauf auf der Hand, dass die beiden geschäftserfahrenen Beteiligten entgegen ausdrücklichen internen Anweisungen der Fa. F. Anlagegeschäfte bei einem ihnen gänzlich unbekannten amerikanischen (angeblichen) Investment-Unternehmen in Höhe von fünf Millionen Euro tätigten und hierbei Renditehoffnungen von 20-40 % für einen Anlagezeitraum von fünf Tagen hegten. Es war daher für den Haupttäter W. ebenso wie für den Angeklagten offensichtlich, dass es sich um eine Hochrisiko-Anlage mit erheblicher, nahe liegender Verlustgefahr handelte. Daher kommt es hier trotz der lückenhaften und unklaren Ausführungen des Landgerichts im Ergebnis auf den vom Senat im Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05 - entschiedenen Rechtssatz nicht an, wonach ein nur bedingter Vorsatz eines Gefährdungsschadens für die Strafbarkeit nach § 266 Abs. 1 StGB nicht ausreicht.
7
4. Dagegen hält der Strafausspruch gegen den Angeklagten E. der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
a) Das Landgericht hat einen Fall des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB angenommen, weil ein Vermögensverlust großen Ausmaßes verursacht worden sei (UA S. 125). Hierbei hat es übersehen, dass der Gehilfenvorsatz des Angeklagten sich nach den Feststellungen nur auf einen Gefährdungsschaden bezog (vgl. oben 3). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht eine bloße Gefährdung aber für einen "Verlust" im Sinne von § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB nicht aus (BGHSt 48, 354, 356 ff.; BGH NStZ 2002, 547, vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 263 Rdn. 122 m.w.N.).
9
b) Im Übrigen hat das Landgericht übersehen, dass bei dem Angeklagten das strafbegründende persönliche Merkmal der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB nicht vorlag, so dass § 28 Abs. 1 StGB Anwendung finden muss. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts entfiel hier eine doppelte Strafrahmenmilderung nicht schon deshalb, weil die Gehilfenstellung des Angeklagten allein auf dem Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht beruhte (vgl. BGHSt 26, 53, 55; 41, 1 f.; Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 80 m.w.N.). Das Landgericht hat vielmehr ausdrücklich und insoweit rechtsfehlerfrei festgestellt, der Angeklagte habe W. "psychische Beihilfe" durch Bestärkung des Tatentschlusses geleistet (UA S. 123). Für eine der Sache nach mittäterschaftliche Stellung des Angeklagten ergeben sich aus den Feststellungen keine Anhaltspunkte.
10
Über die Strafe für den Angeklagten E. ist daher neu zu entscheiden. Bode Otten Fischer Roggenbuck Appl