Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2019 - 4 StR 85/19

bei uns veröffentlicht am17.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 85/19
vom
17. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:170719B4STR85.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2019 beschlossen:
Es wird festgestellt, dass der Angeklagte die gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. September 2018 eingelegte Revision wirksam zurückgenommen hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und wegen Vergewaltigung unter Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Schwelm vom 16. April 2013 (59 Ls 304 Js 27/12-63/12) und unter Einbeziehung der darin verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt; darüber hinaus hat es ihn wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen sowie wegen versuchter Nötigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seine Verteidiger rechtzeitig Revision eingelegt und das Rechtsmittel form- und fristgerecht begründet. Der Generalbundesanwalt hat am 18. Februar 2019 beantragt, das angegriffene Urteil im Fall II.1. der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin abzuändern, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen entfällt; insoweit sei Verfolgungsverjährung eingetreten; diese Änderung lasse den Strafausspruch jedoch unberührt, so dass die Revision im Übrigen zu verwerfen sei.
3
Mit an die Vorsitzende der Strafkammer adressiertem, an die Staatsanwaltschaft Bochum gerichtetem Schreiben vom 17. Mai 2019 erklärte der Angeklagte , dass er „sehr tief und intensiv über meine Tat nach gedacht“ habe und zu dem Schluss gekommen sei, dass er die Revision „zurückziehen“ und „mit ihnen Persönlichen sprechen und die ganze wahrheit von meiner seits ins Licht bringen“ wolle; auch sei er bereit, eine Therapie zu absolvieren und an sich zu arbeiten. Mit Verfügung vom 24. Mai 2019 leitete die Vorsitzende eine Ablichtung dieses Schreibens den Verteidigern des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft zu, wies darauf hin, dass sie das Schreiben des Angeklagten nicht als Rechtsmittelrücknahme, sondern lediglich als Ankündigung einer Rücknahme auslege, und bat um Mitteilung, ob die in dem Schreiben enthaltene Bitte des Angeklagten um ein persönliches Gespräch als Antrag auf mündliche Haftprüfung auszulegen sei. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt S. , teilte daraufhin mit, dass der Angeklagte „von seiner Überlegung, die Revisionzurückzuziehen abgerückt“ sei und fügte ein auf den 12. Juni 2019 datiertes Schreiben des Ange- klagten bei, in dem dieser erklärte, dass sein Verteidiger mit ihm den Antrag des Generalbundesanwalts vom 18. Februar 2019 erörtert und ihm erklärt habe, dass nach dessen Ausführungen „eine Chance, aber andererseits keine Garan- tie“ bestehe, weniger Strafe zu bekommen, und er aus diesem Grund die Revi- sion nicht zurücknehmen wolle.

II.

4
Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Da die Frage, ob eine wirksame Revisionsrücknahme vorliegt , von den Verfahrensbeteiligten unterschiedlich beurteilt wird, ist die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss festzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2019 – 3 StR 6/19; Beschluss vom 2. Juli 2019 – 2 StR 570/18).
5
1. Dass das Rechtsmittel von den Verteidigern des Angeklagten eingelegt und begründet worden war, ist für die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme ohne Belang; der erklärte Wille des Angeklagten hat stets Vorrang (vgl.BGH, Beschluss vom 18. August 1988 – 4 StR 316/88, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7; BGH, Beschluss vom 3. November 2011 – 2 StR 353/11, juris).
6
2. Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten wahrt die hierfür vorgesehene Form (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 302 Rn. 7 mwN) und ist inhaltlich eindeutig und zweifelsfrei auf die Beendigung des Revisionsverfahrens gerichtet. Dies belegt die gebotene Würdigung des Schreibens nach seinem Wortlaut und dem Gesamtsinn der Erklärung (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 1996 – 1 StR 487/96, NStZ 1997, 378). Der Angeklagte hat unter Hinweis auf seine aktuelle Situation zweifelsfrei seinen Willen zum Ausdruck gebracht, die Revision zurücknehmen und die Rechtskraft des Urteils herbeiführen zu wollen. Der Bedeutungsinhalt dieser Erklärung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass er mit der Rücknahmeerklärung den Wunsch nach einem persönlichen Gespräch verbunden hat. Dieser Wunsch ist nach dem Gesamtzu- sammenhang des Schreibens ersichtlich auf den darin enthaltenen Hinweis bezogen , zur Durchführung einer Therapie bereit zu sein. Damit ist der Wille des Angeklagten, das gegen ihn geführte Strafverfahren nunmehr endgültig zu einem Abschluss zu bringen und die Untersuchungshaft zu beenden, zusätzlich belegt.
7
An der mit Eingang seines Schreibens beim Landgericht am 20. Mai 2019 eintretenden Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Angeklagte nach Erörterung des Antrags des Generalbundesanwalts mit seinem Verteidiger in der Hoffnung auf eine mildere Strafe erklärt hat, die Revision nunmehr doch nicht zurücknehmen zu wollen. Ein Widerruf der – wirksamen – Rücknahmeerklärung war zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr möglich. Eine möglicherweise nachträglich eingetretene Willensänderung ist bedeutungslos (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 StR 410/17, NStZ 2018, 615, 616).
8
3. Mit Eingang der Rücknahmeerklärung ist das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. September 2018 rechtskräftig geworden. Die wirksam erklärte Rücknahme ist als Prozesshandlung weder widerruflich noch wegen Irrtums anfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 1988 – 4 StR 316/88, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7).

III.

9
Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO).
10
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Revision des Angeklagten aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift genannten Gründen – von der Schuldspruchkorrektur im Fall II.1. der Urteilsgründe abgesehen – im Übrigen auch unbegründet gewesen wäre.
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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 302 Zurücknahme und Verzicht


(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausges

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(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 6/19
vom
19. Februar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:190219B3STR6.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Februar 2019 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 13. August 2018 wirksam zurückgenommen worden ist.
2. Die mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 erneut eingelegte Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung , wegen Diebstahls sowie wegen versuchten Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat die Verteidigerin des Angeklagten mit Schriftsatz vom 20. August 2018 fristgerecht Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 1. November 2018 "mit ausdrücklicher Ermächtigung" des Angeklagten zurückgenommen. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 hat der Angeklagte persönlich "gegen die Rücknahme und das […] Urteil […] Beschwerde" eingelegtund sinngemäß ausgeführt, er habe die Verteidigerin nicht zur Rücknahme des Rechtsmittels ermächtigt.
2
Der Angeklagte hat die Revision durch seine Verteidigerin wirksam zurückgenommen und ist deshalb des Rechtsmittels verlustig; seine erneut eingelegte Revision ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "1. Die am 20. August 2018 eingelegte Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen worden. Die Verteidigerin hatte im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 - 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185 und vom 20. Februar 2017 - 1 StR 552/16, NStZ 2017, 487, 488). Die Verteidigerin hat mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 dargelegt, unter welchen Umständen sie der Angeklagte unter anderem am 1. November 2018 über ihre Rechtsanwalts - und Notargehilfin zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt hatte. Dementsprechend habe sie noch am 1. November 2018 die Revision zurückgenommen und den Angeklagten hierüber mit Schreiben vom selben Tag informiert (Sachakte Band III, S. 29 f.). Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des von der Verteidigerin beigebrachten Schreibens an den Mandanten vom 1. November 2018 (Sachakte Band III, S. 31) ein schlüssiges Bild ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Februar 2005 - 3 StR 12/05, NStZ 2005, 583; BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 - 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185 und vom 14. Mai 1992 - 1 StR 264/92, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6). 2. Der Angeklagte hat die der Verteidigerin erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2016 - 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185, 186 und vom 8. Oktober 2015 - 2 StR 103/15, NStZ-RR 2016, 180). Das vom Angeklagten selbst verfasste Schreiben vom 4. Dezember 2018 ging dem Landgericht jedoch erst am 13. Dezember 2018 (Sachakte Band III, S. 21) und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung am 1. November 2018 (Sachakte Band III, S. 3) zu. 3. Da der Angeklagte durch das Schreiben vom 4. Dezember 2018 die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen hat, ist die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss festzustellen (Senat, Beschluss vom 14. Juni 2018 - 3 StR 61/18, NStZ-RR 2018, 290, 291).
4. Soweit das Schreiben des Angeklagten vom 4. Dezember 2018 als erneute Revisionseinlegung anzusehen ist, ist diese unzulässig und gemäß § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen. Die wirksame Rücknahmeerklärung führt zum Verlust des Rechtsmittels (Senat, aaO)."
3
Dem stimmt der Senat zu.
Schäfer Wimmer Tiemann Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 570/18
vom
2. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2019:020719B2STR570.18.2

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 2. Juli 2019 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 23. Januar 2018 eingelegte Revision des Angeklagten wirksam zurückgenommen worden ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten Revision eingelegt und diese am 8. Mai 2018 begründet. Mit einem handschriftlich verfassten Schreiben vom 9. Juli 2018 hat der Angeklagte gegenüber dem Landgericht erklärt: „Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich mit sofortiger Wirkung meinen Wider- spruch/Einspruch sowie die Revision von meiner Verurteilung zurückziehe!! Ich nehme das Urteil von 5 Jahren und 9 Monate an… Ich habe damals Mist gebaut , den ich nicht wieder rückgängig machen kann. Ich möchte mich nun meinem Fehler stellen. Ich bitte daher darum meine Verurteilung nun rechtskräftig werden zu lassen“. Auf eine durch das Landgericht veranlasste Rückfrage er- klärte der Angeklagte gegenüber der Justizvollzugsanstalt, dass er das Schreiben nicht selbst verfasst habe, sondern von einem Mitgefangenen habe schrei- ben lassen; er wolle „weiterhin, dass die Revision bestehen bleibt“. Vor diesem Hintergrund vertritt der Verteidiger die Auffassung, dass die Revision nicht rechtswirksam zurückgenommen worden sei. Überdies spreche der Angeklagte auch nicht „hinreichend“ die deutsche Sprache, um die „Inhalte von Schriftsätzen zur Kenntnis zu nehmen“.
2
2. Die Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1). Da der Verteidiger dies in Zweifel gezogen hat, ist die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss festzustellen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 30. November 2005 – 2 StR 522/05, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 11, und vom 8. Oktober 2015 – 2 StR 103/15, NStZ-RR 2016, 180; BGH, Beschluss vom 19. Februar 2019 – 3 StR 6/19, BeckRS 2019, 4519).
3
a) Dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, ist für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ohne Belang; der erklärte Wille des Angeklagten geht stets vor (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 1988 – 4 StR 316/88, BGHR StPO § 302 Abs.1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 und Senat, Beschluss vom 3. November 2011 – 2 StR 353/11, BeckRS 2011, 27090).
4
b) Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten wahrt die hierfür erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 302 Rn. 7 mwN). Er hat sich hierfür nach eigenen Angaben eines Mitgefangenen als Schreibhilfe bedient und das Schreiben sodann eigenhändig unterzeichnet, was ein freibeweislicher Abgleich mit seiner Unterschrift unter dem Protokoll über seine polizeiliche Beschuldigtenvernehmung bestätigt (Bl. 80 d.A.). Dass dem Angeklagten von dem – nicht näher bekannt gemachten – Mitgefangenen absprachewid- rig eine Rücknahmeerklärung untergeschoben worden sei, wird nicht geltend gemacht.
5
c) Die Rücknahmeerklärung ist inhaltlich eindeutig und zweifelsfrei auf die Beendigung des Revisionsverfahrens sowie auf den Eintritt der Rechtskraft gerichtet. Dies belegt die gebotene Würdigung von Wortlaut und Gesamtsinn der Erklärung (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 1996 – 1 StR 487/96, BeckRS 1996, 31090889). Hiermit ist der Vortrag des Beschwerdeführers, mit der Erklärung sei allein eine Beanstandung des Haftregimes nach § 119 Abs. 5 StPO gemeint gewesen, unvereinbar.
6
d) Der Senat schließt aus, dass der Angeklagte eine Erklärung unterschrieben hat, die ihm wegen unzureichender Sprachkenntnisse unbekannt gewesen war. Dies liegt schon eingedenk seines nahezu vierzigjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet und seiner langjährigen beruflichen Einbindung hier nicht nahe (vgl. UA S. 4). Entsprechend waren im Ermittlungsverfahren weder bei Beschuldigtenvernehmungen noch bei Verteidigergesprächen mangelnde Sprachkenntnisse offenbar geworden (vgl. Bl. 80 d.A.). Besonders Gewicht kommt im Rahmen dieser freibeweislichen Würdigung dem Beschluss der Strafkammer vom 5. Oktober 2017 zu (Anlage 1 zum Hauptverhandlungsprotokoll ). Das Landgericht hat hier die Sprachkenntnisse des Angeklagten im Einzelnen gewürdigt und nachvollziehbar dargelegt, dass der Angeklagte der deutschen Sprache mächtig ist. Insbesondere habe der Angeklagte in der von der Strafkammer durchgeführten Haftprüfung Deutsch gesprochen und „den deutlichen Eindruck erweckt“, er verstehe die Verfahrensabläufe. Ausweislich des Protokolls über diese durchgeführte Haftprüfung ließ sich der Angeklagte dort ohne Dolmetscher näher zur Sache ein (Bl. 499 d.A.).
7
e) Die wirksame Rücknahmeerklärung ist nach ihrem Eingang bei Gericht unwiderruflich und unanfechtbar geworden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. Dezember 1994 – 2 StR 461/94, NStZ 1995, 356, 357, vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341 und vom 17. Oktober 2017 – 2 StR 410/17, NStZ 2018, 615, 616). Eine möglicherweise nachträglich eingetretene Willensänderung ist bedeutungslos.
8
3. Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO).
Appl Eschelbach Zeng Meyberg Wenske

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 353/11
vom
3. November 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. November 2011

beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 16. März 2011 wirksam zurückgenommen ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Hausfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten fristgerecht Revision eingelegt und diese am 3. Juni 2011 begründet. Mit seinem am 25. Juli 2011 bei der Staatsanwaltschaft Limburg und am 8. August 2011 beim Revisionsgericht eingegangenen eigenhändigen Schreiben vom 25. Juli 2011 hat der Angeklagte erklärt: "Nach reiflicher Überlegung stelle ich immer mehr fest, dass ich die Revision zurück ziehen möchte und so schnell wie möglich die Therapie § 64 antreten möchte. Möchten Sie bitte die nötigen Schritte in die Wege leiten." Das Schreiben enthielt die Angabe des Aktenzeichens des Schwurgerichtsverfahrens. Als Betreff war angegeben "Revision zurück ziehen".
2
Der Verteidiger vertritt in seinem Schriftsatz vom 17. August 2011 die Auffassung, eine rechtswirksame Rücknahme der Revision sei nicht erfolgt. Der Wortlaut der Erklärung sei nicht eindeutig. Der Angeklagte habe nur zum Ausdruck bringen wollen, dass die Revision bereits lange andauern würde und er zeitnah in Therapie möchte.
3
2. Die Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, ist für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ohne Belang, da der erklärte Wille des Angeklagten stets vorgeht (vgl. BGHR StPO, § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 mwN; vgl. auch Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 302 Rn. 4 mwN). Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten wahrt die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner aaO Rn. 7) und ist eindeutig und zweifelsfrei.
4
Der Angeklagte war sich der Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung bewusst; es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er bei Abgabe seiner Erklärung verhandlungsunfähig war. Die vom Landgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen festgestellte eingeschränkte strafrechtliche Verantwortlichkeit beruhte auf einer auf die Tatzeit beschränkte, nicht ausschließbaren erheblichen Alkohol- und Betäubungsmittelintoxikation des Angeklagten (UA S. 35 f.). Der Senat hat daher keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme. Diese ist unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO, § 302 Abs. 1 Rücknahme 2, 5; BGHSt 10, 245, 247).
5
Da der Verteidiger des Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel zieht, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge förmlich fest. Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO).

Fischer Appl Schmitt Krehl Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 410/17
vom
17. Oktober 2017
in dem Sicherungsverfahren
gegen
ECLI:DE:BGH:2017:171017B2STR410.17.0


Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. Oktober 2017
beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Kassel vom 2. Juni 2017 wirksam zurückgenommen worden ist.
Die (erneut eingelegte) Revision des Beschuldigten gegen das vorgenannte Urteil wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat am 2. Juni 2017 die Unterbringung des Beschuldig1 ten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Gegen dieses Urteil legte der Verteidiger des Angeklagten Revision ein.
2
Mit Schreiben vom 7. Juli 2017, beim Landgericht eingegangen am 10. Juli 2017, nahm der Beschuldigte die Revision zurück und erklärte, dass er das „Urteil vom 2. Juni 2017 (…) anerkenne“ und „explizit nicht in Revision gehen“ wolle.
3
Mit Schreiben vom 18. Juli 2017, beim Landgericht eingegangen am 21. Juli 2017, teilte der Beschuldigte mit, dass er den „Revisionsantrag“ nunmehr „doch aufrechterhalten möchte“ und fügte hinzu, dass er „zur Not“ erneut Revision einlege. Mit am 24. Juli 2017 beim Landgericht eingegangenem Schreiben vom 20. Juli 2017 teilte der Verteidiger mit, dass das Rechtsmittel nicht zurückgenommen werde. Mit Schriftsatz vom 21. August 2017 begründete der Verteidiger die Revision fristgemäß.
1. Bei dieser Sachlage ist eine feststellende Klärung der Wirksamkeit der
4
Revisionsrücknahme durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 2005 – 2 StR 522/05, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 11; BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 4 StR 491/15, NStZ-RR 2016, 180, 181). Der Beschuldigte hat mit seinem Schreiben vom 7. Juli 2017 die zuvor eingelegte Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).

a) Die Rücknahmeerklärung des Beschuldigten wahrt die hierfür erforder5 liche Form (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 302 Rn. 7 mwN). Der Inhalt der Erklärung ist zweifelsfrei auf die Beendigung des Revisionsverfahrens und den Eintritt der Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils gerichtet.

b) Der Beschuldigte war bei der Abgabe seiner Rücknahmeerklärung
6
verhandlungs- und damit prozessual handlungsfähig.
aa) Die prozessuale Handlungsfähigkeit setzt bei Abgabe einer Rechts7 mittelrücknahmeerklärung voraus, dass der Beschuldigte die Tragweite seiner Erklärung erkennt. Der Beschuldigte muss sich in einem Zustand geistiger Freiheit und Klarheit befinden, in dem er seine Interessen vernünftig abwägen
und wahrnehmen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 4 StR 491/15, aaO; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 302 Rn. 8a). Eine etwaige Geschäfts- oder Schuldunfähigkeit des Beschuldigten schließt seine prozessuale Handlungsfähigkeit nicht zwingend aus. Die Annahme einer Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung kommt erst in Betracht, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei Abgabe der Erklärung nicht in der Lage war, Bedeutung und Tragweite der Rechtsmittelrücknahme zu erfassen (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341; MeyerGoßner /Schmitt, aaO, § 302 Rn. 8a). Zweifel an der prozessualen Handlungsfähigkeit gehen hierbei zu Lasten des Beschuldigten (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, aaO; BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07).
bb) Gemessen hieran hat der Senat keine Zweifel an der Verhandlungs8 und prozessualen Handlungsfähigkeit des Beschuldigten bei Abgabe der Rücknahmeerklärung.
Das handschriftlich gefertigte Schreiben vom 7. Juli 2017 enthält keine
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Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte Inhalt und Bedeutung der Rücknahmeerklärung vor dem Hintergrund der prozessualen Lage verkannt haben könnte. Unter Bezugnahme auf die durch seinen Verteidiger eingelegte Revision ist die Erklärung inhaltlich und sprachlich präzise gefasst, wobei der Beschuldigte das zutreffende Aktenzeichen wiedergibt. Durch die Formulierung bringt der Beschuldigte seinen Willen zum Ausdruck, das Revisionsverfahren zu beenden und die Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils herbeizuführen.
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Das sachverständig beratene Landgericht hat zwar festgestellt, dass der Beschuldigte an einer psychischen Erkrankung in Form einer bipolaren affektiven Störung leidet, die mit wahnhaftem Erleben einhergeht, das die Bereiche Sexualität und Gewalt umfasst; der Beschuldigte litt unter Vergewaltigungsfantasien , die zum Tatzeitpunkt zu einer Aufhebung der Einsichtsfähigkeit geführt haben. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beschuldigte bei Abgabe der Rechtsmittelrücknahmeerklärung – wie vom Verteidiger in seinem Schriftsatz vom 12. Oktober 2017 behauptet – in einem wahnhaften Zustand befunden habe und deshalb nicht in der Lage gewesen sei, die Tragweite seiner Prozesserklärung zu erkennen, bestehen hingegen nicht.
2. Die wirksame Rücknahmeerklärung ist nach ihrem Eingang bei Gericht
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unwiderruflich und unanfechtbar geworden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. Dezember 1994 – 2 StR 461/94, NStZ 1995, 356, 357; vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, aaO).
3. Die von dem Beschuldigten (hilfsweise) erneut eingelegte Revision ist
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unzulässig, da eine wirksame Rücknahmeerklärung regelmäßig den Verzicht auf die Wiederholung des Rechtsmittels enthält (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, aaO mwN; BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16).
Krehl Eschelbach Zeng Bartel Grube

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.