Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 3 StR 516/18

bei uns veröffentlicht am19.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 516/18
vom
19. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:191218B3STR516.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am 19. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2018, soweit es ihn betrifft ,
a) im Fall II. 2. der Urteilsgründe (Tat vom 28. September 2017),
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und
c) in der Einziehungsentscheidung mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das vorgenannte Urteil, soweit es diesen Angeklagten betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass er des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist. 3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Der Angeklagte H. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit vorsätzlicher Körperverletzung und mit gefährlicher Körperverletzung, wegen "vorsätzlichen unerlaubten Besitzes von Munition und verbotenen Gegenständen nach § 2 Abs. 3 WaffG" sowie wegen "vorsätzlichen unerlaubten Besitzes in Tateinheit mit unerlaubter Mitnahme von verbotenen Gegenständen nach § 2 Abs. 3 WaffG" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen den Mitangeklagten H. hat es wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verhängt. Zudem hat das Landgericht gegen die beiden Angeklagten als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 4.000 € angeordnet. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten S. , mit welcher er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit einer Verfahrensrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten H. führt lediglich zur geringfügigen Korrektur des Schuldspruchs. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
I. 1. Die vom Angeklagten S. bezüglich des Falles II. 2. der Urteilsgründe erhobene Verfahrensrüge, mit welcher er die rechtsfehlerhafte Ableh- nung eines Beweisantrags rügt (§ 244 Abs. 6 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Variante 2 StPO), dringt durch.
3
a) Nach den Urteilsfeststellungen schlug am 28. September 2017 der Angeklagte H. gemäß dem mit dem Mitangeklagten S. verabredeten Tatplan, Geld oder geldwerte Gegenstände zu erlangen, in Gegenwart des gesondert verfolgten K. einem der beiden Tatopfer, dem A. T. , mit der Faust gegen dessen Auge. Das blutende Auge musste nach der Tat im Krankenhaus behandelt werden. Der Angeklagte S. , der zuvor eine unechte Pistole gegen Al. T. gerichtet hatte, stieß dessen Cousin A. T. mit einem Beil gegen die hintere Schulterseite und drohte beiden Opfern, sie mit dem Beil zu töten. Daher übergab Al. T. aus Furcht seine Halskette dem Angeklagten S. ; dem A. T. riss der Angeklagte S. eine ähnliche Kette vom Hals.
4
Die Angeklagten haben diesen Tatvorwurf in der Hauptverhandlung abgestritten. Seine Überzeugung stützt das Landgericht vornehmlich auf die Angaben der beiden Geschädigten.
5
b) Der Angeklagte S. hat in der Hauptverhandlung beantragt, den Zeugen Ke. zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, der Angeklagte H. habe nach der Tat nicht jenem gegenüber gesagt, "wenn er (der Angeklagte H. ) von der Polizei abgeholt werde, würden die anderen beiden ihn (den A. T. ) platt machen". Solches hatte aber der Geschädigte A. T. gegenüber einem polizeilichen Vernehmungsbeamten nach dessen Vermerk vom 4. Oktober 2017 geäußert. Damit hat die Verteidigung des Angeklagten S. - neben weiteren ähnlich gelagerten Beweisanträgen - ersichtlich die Glaubwürdigkeit des Zeugen A. T. angreifen wollen. Das Landgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Beweistatsache sei aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung ohne Bedeutung. Selbst wenn diese Tatsache erwiesen sei, folge daraus nicht, dass der Zeuge A. T. die Unwahrheit gesagt habe.
6
c) Diese Begründung trägt die Zurückweisung des Antrags nicht.
7
aa) Zwar darf das Tatgericht Indiz- oder Hilfstatsachen als für die Entscheidung tatsächlich bedeutungslos erachten (§ 244 Abs. 3 Satz 2 Variante 2 StPO), wenn es aus diesen eine mögliche Schlussfolgerung, die der Antragsteller erstrebt, nicht ziehen will. Hierzu ist die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie erwiesen, in das aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangte Beweisergebnis einzustellen und im Wege einer prognostischen Betrachtung zu prüfen, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung - gegebenenfalls in Anwendung des Zweifelsatzes - in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220). Diese antizipierende Würdigung ist in dem den Antrag ablehnenden Beschluss (§ 244 Abs. 6 StPO) näher darzulegen. Denn dieser hat zum einen den Antragsteller sowie die weiteren Prozessbeteiligten so weit über die Auffassung des Tatgerichts zu unterrichten ("formalisierter Dialog"), dass diese sich auf die neue Verfahrenslage einstellen und das Gericht von der Erheblichkeit der Beweistatsache überzeugen oder aber neue Anträge mit demselben Beweisziel stellen können; zum anderen muss der Ablehnungsbeschluss dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen, ob der Beweisantrag rechtsfehlerfrei zurückgewiesen worden ist sowie ob seine Feststellungen und Schlussfolgerungen mit denjenigen des Urteils übereinstimmen. Deshalb ist mit konkreten Erwägungen zu begründen, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserhebliche Schlussfolgerung ziehen will.
8
Nach diesen Maßstäben erweist es sich in aller Regel als rechtsfehlerhaft , wenn die Ablehnung wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit allein auf die Aussage gestützt wird, die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache ließe keinen zwingenden, sondern lediglich einen möglichen Schluss zu, den das Gericht nicht ziehen wolle (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 - 3 StR 322/15, NStZ-RR 2016, 117 f.; vom 9. Juli 2015 - 1 StR 141/15, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 29; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 225).
9
bb) An diesen Grundsätzen gemessen hält der Ablehnungsbeschluss der Überprüfung nicht stand.
10
(1) Der Antrag ist seinem Wortlaut nach zwar auf eine sogenannte Negativtatsache gerichtet. Dennoch stellt er eine bestimmte Tatsache unter Beweis, denn er ist bei verständiger Auslegung dahin zu verstehen (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 117 mwN), der Angeklagte H. habe nach der Tat nur zu anderen Personen Kontakt aufgenommen oder im Falle eines Zusammentreffens mit Ke. habe er diesem anderes berichtet.
11
(2) Das Tatgericht hat nicht begründet, warum es dem Zeugen A. T. zum Tatgeschehen weiterhin geglaubt hat, auch wenn dieser zum Randgeschehen gelogen haben sollte. Es hätte die für die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen sprechenden Gesichtspunkte und gegebenenfalls die weiteren Umstände , auf die es in den Urteilsgründen rechtsfehlerfrei seine Überzeugungsbildung gestützt hat (§ 261 StPO), bereits in seinem Ablehnungsbeschluss mitteilen müssen. Freilich kann und muss die Beschlussbegründung in der Regel weder die Ausführlichkeit noch die Tiefe der Beweiswürdigung der späteren Urteilsgründe aufweisen; die wesentlichen Hilfstatsachen wären indes jedenfalls in Grundzügen mitzuteilen gewesen. Nur dann hätte sich die Verteidigung auf die Umstände, die nach Ansicht des Landgerichts für die Glaubwürdigkeit des Zeugen A. T. sprachen, einstellen und diese gegebenenfalls mit weiteren Beweisanträgen angreifen können.
12
cc) Das Urteil beruht auf dem Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Es ist nicht auszuschließen, dass der Antragsteller auf eine den Anforderungen des § 244 Abs. 6 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Variante 2 StPO genügende Begründung des Ablehnungsbeschlusses in einer für den Schuldspruch erheblichen Weise hätte reagieren können, naheliegend mit weiteren Beweisanträgen. Dem Beschluss hat er zwar entnehmen können, dass das Landgericht den Zeugen ungeachtet einer Lüge zum Nachtatgeschehen für glaubwürdig gehalten hat. Der Angeklagte S. hatte jedoch ein berechtigtes Interesse daran, die dafür maßgeblichen Umstände zu erfahren, um diese zum Gegenstand seines weiteren Prozessverhaltens machen zu können.
13
2. Die Verfahrensrüge betrifft nicht die beiden Waffendelikte (§ 52 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. b WaffG, § 53 StGB), welche der Angeklagte nach Würdigung der Kammer glaubhaft gestanden hat.
14
3. Die Aufhebung des Falls II. 2. der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und der Einziehungsentscheidung (Einziehung des Werts der Taterträge nach Veräußerung der Halsketten) nach sich. Der Senat schließt indes aus, dass die Strafzumessung zu Fall II. 2. die Straffindung bei den Waffendelikten beeinflusst hat. Die beiden diesbezüglichen Einzelstrafen von je sechs Monaten Freiheitsstrafe bleiben damit bestehen.
15
II. Der Schuldspruch hinsichtlich derVerurteilung des Angeklagten H. hält der sachlichrechtlichen Prüfung nicht im vollen Umfang stand. Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Körperverletzung entfällt.
16
1. Das Landgericht hat nicht bedacht, dass die vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) innerhalb des rechtsfehlerfrei als eine Tat (§ 52 Abs. 1 StGB) gewürdigten Geschehens durch die Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) verdrängt wird (BGH, Beschluss vom 6. März 2018 - 2 StR 41/18, juris Rn. 2).
17
2. Es ist indes auszuschließen, dass das Landgericht ohne diesen Rechtsfehler auf eine geringere Freiheitsstrafe erkannt hätte. Denn dem Umstand , dass der Angeklagte H. mit dem Faustschlag die am schwersten wiegende Körperverletzung herbeiführte, hat das Landgericht auch bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses weiterhin rechtsfehlerfrei maßgebliches Gewicht beimessen dürfen.
Schäfer Spaniol Tiemann Berg Leplow

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 2 Grundsätze des Umgangs mit Waffen oder Munition, Waffenliste


(1) Der Umgang mit Waffen oder Munition ist nur Personen gestattet, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. (2) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 (Waffenliste) Abschnitt 2 zu diesem Gesetz genannt sind, bedarf der Erlaubnis

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(1) Der Umgang mit Waffen oder Munition ist nur Personen gestattet, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

(2) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 (Waffenliste) Abschnitt 2 zu diesem Gesetz genannt sind, bedarf der Erlaubnis.

(3) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 zu diesem Gesetz genannt sind, ist verboten.

(4) Waffen oder Munition, mit denen der Umgang ganz oder teilweise von der Erlaubnispflicht oder von einem Verbot ausgenommen ist, sind in der Anlage 2 Abschnitt 1 und 2 genannt. Ferner sind in der Anlage 2 Abschnitt 3 die Waffen und Munition genannt, auf die dieses Gesetz ganz oder teilweise nicht anzuwenden ist.

(5) Bestehen Zweifel darüber, ob ein Gegenstand von diesem Gesetz erfasst wird oder wie er nach Maßgabe der Begriffsbestimmungen in Anlage 1 Abschnitt 1 und 3 und der Anlage 2 einzustufen ist, so entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde. Antragsberechtigt sind

1.
Hersteller, Importeure, Erwerber oder Besitzer des Gegenstandes, soweit sie ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung nach Satz 1 glaubhaft machen können,
2.
die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder.
Die nach Landesrecht zuständigen Behörden sind vor der Entscheidung zu hören. Die Entscheidung ist für den Geltungsbereich dieses Gesetzes allgemein verbindlich. Sie ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 322/15
vom
10. November 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Vergewaltigung
ECLI:DE:BGH:2015:101115B3STR322.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. November 2015 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 30. April 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Vergewaltigung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg; auf die geltend gemachten sachlichrechtlichen Beanstandungen kommt es deshalb nicht mehr an.
2
Die Revision rügt zu Recht, dass die Strafkammer einen Beweisantrag mit fehlerhafter Begründung abgelehnt hat.
3
1. Dem liegt zugrunde:
4
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte zu zwei nicht näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen April und Juni 2008 in der gemeinsamen Ehewohnung seine Frau mit einer Waffe, die jedenfalls wie eine echte Schusswaffe aussah, bedrohte und hierdurch zwang, gegen ihren Willen den vaginalen Geschlechtsverkehr zu dulden. Der Angeklagte hat die Taten in der Hauptverhandlung bestritten. Seine Überzeugung stützt das Landgericht auf die Angaben der Nebenklägerin, denen es Glauben geschenkt hat.
5
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung unter anderem beantragt, zwei Personen als Zeugen zu der Behauptung zu vernehmen, seine Ehefrau habe kurz vor ihrer Trennung im Jahr 2011 ihnen gegenüber erklärt, dass sie alles daran setzen werde, den Angeklagten in den Knast zu bekommen. Dieser Umstand sei für die Bewertung der Glaubwürdigkeit der Zeugin von erheblicher Bedeutung. Das Landgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Beweistatsache sei aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung ohne Bedeutung. Es handele sich um eine bloße Indiztatsache, die zwar in einem Sachzusammenhang zum Gegenstand der Urteilsfindung stehe, aus der zwingende Folgerungen aber nicht zu ziehen seien und die Kammer "die möglichen Schlüsse" nicht ziehen wolle.
6
2. Diese Begründung trägt die Zurückweisung des Antrags nicht.
7
Zwar ist es dem Tatgericht grundsätzlich nicht verwehrt, Indiz- oder Hilfstatsachen als für die Entscheidung bedeutungslos zu betrachten, wenn es aus diesen eine mögliche Schlussfolgerung, die der Antragsteller erstrebt, nicht ziehen will. Hierzu hat es die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie erwiesen , in das aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangte Beweisergebnis einzustellen und im Wege einer prognostischen Betrachtung zu prüfen, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung - gegebenenfalls in Anwendung des Zweifelssatzes - in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220).
8
Diese antizipierende Würdigung ist in dem den Antrag ablehnenden Beschluss (§ 244 Abs. 6 StPO) näher darzulegen. Denn dieser hat zum einen den Antragsteller sowie die weiteren Prozessbeteiligten so weit über die Auffassung des Gerichts zu unterrichten, dass diese sich auf die neue Verfahrenslage einstellen und gegebenenfalls noch in der Hauptverhandlung das Gericht von der Erheblichkeit der Beweistatsache überzeugen oder aber neue Anträge mit demselben Beweisziel stellen können; zum anderen muss er dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen, ob der Beweisantrag rechtsfehlerfrei zurückgewiesen worden ist und ob die Feststellungen und Erwägungen des Ablehnungsbeschlusses mit denjenigen des Urteils übereinstimmen. Deshalb ist mit konkreten Erwägungen zu begründen, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich denjenigen, denen das Tatgericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Überzeugungsbildung ohne Einfluss geblieben ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 26. Januar 2000 - 3 StR 410/99, NStZ 2000, 267, 268; vom 7. April 2011 - 3 StR 497/10, NStZ 2011, 713, 714; Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 3 StR 135/13, NStZ 2014, 110). Nach diesen Maßstäben erweist es sich in aller Regel als rechtsfehlerhaft, wenn die Ablehnung wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit allein auf die inhaltsleere Aussage gestützt wird, die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache lasse keinen zwingenden, sondern lediglich einen möglichen Schluss zu, den das Gericht nicht ziehen wolle (vgl. LR/Becker aaO, § 244 Rn. 225).
9
So verhält es sich hier. Die Strafkammer hat keine konkreten Erwägungen mitgeteilt, aufgrund derer sie das von ihr bisher gefundene Beweisergebnis , das allein auf der Aussage der Nebenklägerin gründet, durch die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht als erschüttert angesehen hat. Die Bedeutungslosigkeit lag auch nicht auf der Hand (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 1990 - 5 StR 594/89, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 12; 23. September 1999 - 4 StR 700/98, StraFo 2000, 53, 54). Das Landgericht selbst hat einen Sachzusammenhang zwischen der Beweistatsache und dem Gegenstand der Urteilsfindung gesehen. Die unter Beweis gestellte Tatsache betraf tatsächlich einen die Glaubwürdigkeit der Zeugin in der vorliegenden Sache berührenden Umstand (vgl. Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, StraFo 2000, 53, 54 mwN). In der pauschalen Begründung, die vom Angeklagten behauptete Äußerung der Nebenklägerin, sie wolle den Angeklagten "in den Knast bringen", ließe keinen zwingenden Schluss zu, liegt daher ein Rechtsfehler.
10
3. Das Urteil beruht auf dem dargelegten Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO).
11
Weder vermag der Senat zu prüfen, ob das Landgericht im Rahmen seiner ihm obliegenden antizipierenden Würdigung den unter Beweis gestellten Behauptungen rechtsfehlerfrei keine Bedeutung zugemessen hat, noch kann ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller sein Prozessverhalten auf eine den Anforderungen entsprechende Begründung des Ablehnungsbeschlusses in einer für den Schuldspruch erheblichen Weise hätte einrichten können. Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 4 1 / 1 5
vom
9. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2015 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 30. Oktober 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders) schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten hat keinen Bestand, weil das Landgericht einen Beweisantrag des Angeklagten unter Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt hat. Dem liegt folgendes Prozessgeschehen zu Grunde:
3
Der Verteidiger des Angeklagten stellte in der Hauptverhandlung vom 21. Oktober 2014 einen Antrag auf Einnahme eines Augenscheins und Einholung eines fachärztlichen Gutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Zeugin D. entgegen ihrer Aussage vom 21. Oktober 2014, an den Ober- schenkeln kaum Varizen zu haben, tatsächlich an beiden Oberschenkeln ungewöhnlich massiv ausgeprägte Varizen, wie vom Angeklagten angegeben, aufweist. Die Ausführung dieses Beweisantrags werde nicht nur ergeben, dass die Zeugin an beiden Oberschenkeln ungewöhnlich massiv ausgeprägte Varizen hat, sondern auch, dass die Aussage der Zeugin, der Angeklagte habe sie niemals unbekleidet gesehen, nicht richtig ist.
4
Das Landgericht wies diesen Beweisantrag zurück, weil es für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung sei, ob sich an beiden Oberschenkeln der Zeugin ungewöhnlich massiv ausgeprägte Varizen befänden oder nicht. Die behauptete Tatsache sei nur eine bedeutungslose Indiztatsache , die selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen könne. Die beantragte Beweisaufnahme könne nur zur Feststellung führen, dass die Oberschenkel der Zeugin zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme Varizen aufweisen oder nicht. Selbst wenn sich die unter Beweis gestellte Tatsache bestätigen würde, wäre dies für die Sachverhaltsannahmen und den Urteilsspruch nicht relevant, da daraus keine zwingenden Rückschlüsse auf die mutmaßliche Täterschaft des Angeklagten oder den Tatablauf gezogen werden könnten. Überdies könne selbst im Fall sichtbarer Varizen nicht der zwingende Schluss gezogen werden, dass diese zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt bereits bestanden hätten. Da der Schluss von dieser Tatsache auf unmittelbar erhebliche Umstände, insbesondere die mutmaßliche Täterschaft des Angeklagten, nicht zwingend, sondern nur möglich sei und die Kammer diesen Schluss nicht ziehen wolle, sei die insoweit unter Beweis gestellte Tatsache weder für die Schuld- noch für die Straffrage von Bedeutung.
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2. Die Ablehnung des Beweisantrags durch das Landgericht hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsache abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihr aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Bedeutung für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch beimisst. Erforderlich sind hierzu regelmäßig eine Würdigung der bis dahin durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen sowie konkrete Erwägungen, aus denen sich ergibt, warum das Gericht aus den behaupteten Tatsachen keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen würde. Die Würdigung erlaubt eine Beweisantizipation , bei der die unter Beweis gestellte Tatsache ohne Abstriche zu berücksichtigen ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. § 244 Rn. 56 mN). Geht es um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, bedarf es der Begründung, warum die zu beweisende Tatsache das Gericht auch im Falle ihres Nachweises unbeeinflusst ließe. Die Anforderungen an die Begründung entsprechen grundsätzlich den Darlegungserfordernissen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen (BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2006 – 4 StR 251/06, NStZ-RR 2007, 84, 85 mwN).
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Dem genügt der Beschluss des Landgerichts nicht. Er setzt sich nicht damit auseinander, welche Bedeutung eine Bestätigung der Beweisbehauptung für die Glaubwürdigkeit der Zeugin haben würde, denn die Zeugin hat auf die Frage des Angeklagten, ob sie auffällige, ganz schwere Varizen an den Oberschenkeln habe, wie ihm beim Vaginalverkehr aufgefallen sei, bekundet, dort keine ausgeprägten Krampfadern zu haben (UA S. 54). Das Landgericht hätte in der Beschlussbegründung ausführen müssen, dass es selbst dann, wenn sich diese Antwort der Zeugin als falsch erweisen sollte, an seiner Überzeugung , dass der Angeklagte die Taten, so wie sie von der Zeugin geschildert wurden, begangen hat, nichts ändert. Der Beweisantrag zielte nicht darauf ab, aus dem Vorhandensein ungewöhnlich massiv ausgeprägter Krampfadern im Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme einen Rückschluss auf den Zustand der Oberschenkel bei Tatbegehung zuzulassen, wovon die Kammer offenbar ausgegangen ist, sondern es sollte nachgewiesen werden, dass die Zeugin in einem Punkt, nämlich zum Zustand ihrer Oberschenkel zur Zeit der Hauptverhandlung , die Unwahrheit gesagt hat. Dies hat die Kammer verkannt.
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Auf diesem Verfahrensfehler beruht der Schuldspruch für beide Taten. Der Senat kann letztendlich nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass das Landgericht trotz gewichtiger gegen den Angeklagten sprechender Umstände zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Der gesamte Schuldspruch nebst den zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) unterliegt daher der Aufhebung.
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3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
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Das Landgericht hat bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ausgeführt, dass es sich als erheblich nachteilig auswirke, dass der Angeklagte bereits einschlägig wegen Vergewaltigung vorbestraft sei und diesbezüglich eine relativ rasche Rückfallgeschwindigkeit vorliege. Diese Erwägung ist nicht zu beanstanden.
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Rechtsfehlerhaft ist jedoch die daran anschließende Überlegung, es sei in diesem Zusammenhang "ferner als ungünstig zu bewerten, dass der Angeklagte den Inhalt dieses rechtskräftigen Straferkenntnisses in der hiesigen Hauptverhandlung in Abrede stellte und behauptete, man habe ihm schon damals etwas untergeschoben". Mit einem zulässigen Verteidigungsverhalten des Angeklagten kann dessen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten oder dessen hangbedingte Gefährlichkeit nicht begründet werden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. März 2015 – 1 StR 3/15 und vom 21. August 2014 – 1 StR 320/14, NStZ-RR 2015, 9 mwN). Raum Rothfuß Jäger Mosbacher Fischer

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

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Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils führt zur Korrektur des Schuldspruchs. Eine vollendete gefährliche Körperverletzung verdrängt eine durch dieselbe natürliche Handlung begangene einfache Körperverletzung im Wege der Gesetzeseinheit, da § 224 StGB das speziellere Gesetz gegenüber § 223 Abs. 1 StGB darstellt (vgl. BeckOK StGB/Eschelbach, 37. Ed., Stand: 1. Februar 2018, § 224 Rn. 54; MüKoStGB/Hardtung, 3. Aufl. 2017, StGB, § 224 Rn. 59). Der Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener Körperverletzung musste daher entfallen.