Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2015 - 3 StR 322/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:101115B3STR322.15.0
10.11.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 322/15
vom
10. November 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Vergewaltigung
ECLI:DE:BGH:2015:101115B3STR322.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. November 2015 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 30. April 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Vergewaltigung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg; auf die geltend gemachten sachlichrechtlichen Beanstandungen kommt es deshalb nicht mehr an.
2
Die Revision rügt zu Recht, dass die Strafkammer einen Beweisantrag mit fehlerhafter Begründung abgelehnt hat.
3
1. Dem liegt zugrunde:
4
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte zu zwei nicht näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen April und Juni 2008 in der gemeinsamen Ehewohnung seine Frau mit einer Waffe, die jedenfalls wie eine echte Schusswaffe aussah, bedrohte und hierdurch zwang, gegen ihren Willen den vaginalen Geschlechtsverkehr zu dulden. Der Angeklagte hat die Taten in der Hauptverhandlung bestritten. Seine Überzeugung stützt das Landgericht auf die Angaben der Nebenklägerin, denen es Glauben geschenkt hat.
5
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung unter anderem beantragt, zwei Personen als Zeugen zu der Behauptung zu vernehmen, seine Ehefrau habe kurz vor ihrer Trennung im Jahr 2011 ihnen gegenüber erklärt, dass sie alles daran setzen werde, den Angeklagten in den Knast zu bekommen. Dieser Umstand sei für die Bewertung der Glaubwürdigkeit der Zeugin von erheblicher Bedeutung. Das Landgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Beweistatsache sei aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung ohne Bedeutung. Es handele sich um eine bloße Indiztatsache, die zwar in einem Sachzusammenhang zum Gegenstand der Urteilsfindung stehe, aus der zwingende Folgerungen aber nicht zu ziehen seien und die Kammer "die möglichen Schlüsse" nicht ziehen wolle.
6
2. Diese Begründung trägt die Zurückweisung des Antrags nicht.
7
Zwar ist es dem Tatgericht grundsätzlich nicht verwehrt, Indiz- oder Hilfstatsachen als für die Entscheidung bedeutungslos zu betrachten, wenn es aus diesen eine mögliche Schlussfolgerung, die der Antragsteller erstrebt, nicht ziehen will. Hierzu hat es die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie erwiesen , in das aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangte Beweisergebnis einzustellen und im Wege einer prognostischen Betrachtung zu prüfen, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung - gegebenenfalls in Anwendung des Zweifelssatzes - in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220).
8
Diese antizipierende Würdigung ist in dem den Antrag ablehnenden Beschluss (§ 244 Abs. 6 StPO) näher darzulegen. Denn dieser hat zum einen den Antragsteller sowie die weiteren Prozessbeteiligten so weit über die Auffassung des Gerichts zu unterrichten, dass diese sich auf die neue Verfahrenslage einstellen und gegebenenfalls noch in der Hauptverhandlung das Gericht von der Erheblichkeit der Beweistatsache überzeugen oder aber neue Anträge mit demselben Beweisziel stellen können; zum anderen muss er dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen, ob der Beweisantrag rechtsfehlerfrei zurückgewiesen worden ist und ob die Feststellungen und Erwägungen des Ablehnungsbeschlusses mit denjenigen des Urteils übereinstimmen. Deshalb ist mit konkreten Erwägungen zu begründen, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich denjenigen, denen das Tatgericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Überzeugungsbildung ohne Einfluss geblieben ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 26. Januar 2000 - 3 StR 410/99, NStZ 2000, 267, 268; vom 7. April 2011 - 3 StR 497/10, NStZ 2011, 713, 714; Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 3 StR 135/13, NStZ 2014, 110). Nach diesen Maßstäben erweist es sich in aller Regel als rechtsfehlerhaft, wenn die Ablehnung wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit allein auf die inhaltsleere Aussage gestützt wird, die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache lasse keinen zwingenden, sondern lediglich einen möglichen Schluss zu, den das Gericht nicht ziehen wolle (vgl. LR/Becker aaO, § 244 Rn. 225).
9
So verhält es sich hier. Die Strafkammer hat keine konkreten Erwägungen mitgeteilt, aufgrund derer sie das von ihr bisher gefundene Beweisergebnis , das allein auf der Aussage der Nebenklägerin gründet, durch die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht als erschüttert angesehen hat. Die Bedeutungslosigkeit lag auch nicht auf der Hand (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 1990 - 5 StR 594/89, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 12; 23. September 1999 - 4 StR 700/98, StraFo 2000, 53, 54). Das Landgericht selbst hat einen Sachzusammenhang zwischen der Beweistatsache und dem Gegenstand der Urteilsfindung gesehen. Die unter Beweis gestellte Tatsache betraf tatsächlich einen die Glaubwürdigkeit der Zeugin in der vorliegenden Sache berührenden Umstand (vgl. Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, StraFo 2000, 53, 54 mwN). In der pauschalen Begründung, die vom Angeklagten behauptete Äußerung der Nebenklägerin, sie wolle den Angeklagten "in den Knast bringen", ließe keinen zwingenden Schluss zu, liegt daher ein Rechtsfehler.
10
3. Das Urteil beruht auf dem dargelegten Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO).
11
Weder vermag der Senat zu prüfen, ob das Landgericht im Rahmen seiner ihm obliegenden antizipierenden Würdigung den unter Beweis gestellten Behauptungen rechtsfehlerfrei keine Bedeutung zugemessen hat, noch kann ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller sein Prozessverhalten auf eine den Anforderungen entsprechende Begründung des Ablehnungsbeschlusses in einer für den Schuldspruch erheblichen Weise hätte einrichten können. Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 497/10
vom
7. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. April 2011,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 16. Juli 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

I.

2
Der Nebenkläger beanstandet mit seiner hiergegen gerichteten Revision die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts und erstrebt die Verurteilung des Angeklagten wegen eines Tötungsdelikts, zumindest wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
3
Nach den Feststellungen versetzte der Angeklagte in seiner Wohnung nach einem zunächst verbal ausgetragenen Streit dem Nebenkläger zwei Schläge mit einem Zimmermannshammer gegen den Kopf. Anschließend verließ er die Wohnung bis kurz vor deren Tür, kehrte jedoch um und schlug im Laufe des sich fortsetzenden Kampfgeschehens auf den Nebenkläger mit einer Haschischpfeife und einer Schwarzlichtröhre so heftig ein, dass beide Gegenstände zersplitterten und das Gehäuse der Röhre verbogen wurde.
4
Der Nebenkläger hat bekundet, er habe auf dem Sofa des Angeklagten geschlafen, als dieser mit dem Hammer auf ihn eingeschlagen habe. Durch die Schläge sei er erwacht und in Richtung der Wohnungstür geflüchtet. Dort habe der Angeklagte ihm weitere Schläge versetzt. Das Landgericht hat diese Angaben für widerlegt erachtet und seine Überzeugung auf die mit weiteren Beweisergebnissen in Einklang stehende Einlassung des Angeklagten gestützt.
5
Vor diesem Hintergrund beanstandet der Nebenkläger zu Recht, das Landgericht habe einen Beweisantrag rechtsfehlerhaft zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO).
6
1. Der Nebenkläger hat die Vernehmung des ihn behandelnden Arztes Dr. S. zum Beweis dafür beantragt, er habe diesem bereits am Tattag berichtet, er habe geschlafen; als er aufgewacht sei, habe ein Freund vor ihm gestanden und mit einem Hammer auf ihn eingeschlagen.
7
Die Strafkammer hat diesen Antrag durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die unter Beweis gestellte Tatsache sei für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung. Es könne dahinstehen, ob der Nebenkläger gegenüber dem behandelnden Arzt die behauptete Äußerung gemacht habe. Dies bedeute nicht zwingend, dass das Geschehen sich so abgespielt habe; denn "aufgrund des Ergebnisses der bisherigen Beweisaufnahme geht die Kammer, wie auch in der Erklärung nach § 257b StPO dargestellt, nicht davon aus, dass der Angeklagte den Zeugen A. im Schlaf mit den Hammerschlägen überrascht hat."
8
Die in Bezug genommene Erklärung nach § 257b StPO lautet - soweit hier von Relevanz - wie folgt: "Es wird nicht davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Zeugen A. mit Hammerschlägen im Schlaf überrascht hat."
9
2. Diese Begründung trägt die Zurückweisung des Beweisantrags nicht.
10
a) Zwar ist es dem Tatgericht grundsätzlich nicht verwehrt, Indiz- oder Hilfstatsachen als für die Entscheidung bedeutungslos zu betrachten, wenn es aus diesen eine mögliche Schlussfolgerung, die der Antragsteller erstrebt, nicht ziehen will. Jedoch hat der Beschluss, mit dem das Tatgericht die Erhebung eines Beweises wegen Unerheblichkeit der Beweistatsache ablehnt, zum einen den Antragsteller sowie die weiteren Prozessbeteiligten so weit über die Auffassung des Gerichts zu unterrichten, dass diese sich auf die neue Verfahrenslage einstellen und gegebenenfalls noch in der Hauptverhandlung das Gericht von der Erheblichkeit der Beweistatsache überzeugen oder aber neue Anträge mit demselben Beweisziel stellen können; zum anderen muss er dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen, ob der Beweisantrag rechtsfehlerfrei zurückge- wiesen worden ist und ob die Feststellungen und Erwägungen des Ablehnungsbeschlusses mit denjenigen des Urteils übereinstimmen. Deshalb ist u.a. mit konkreten Erwägungen zu begründen, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich denjenigen , denen das Tatgericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Überzeugungsbildung ohne Einfluss blieb (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 26. Januar 2000 - 3 StR 410/99, NStZ 2000, 267, 268; vom 3. Dezember 2004 - 2 StR 156/04, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 26).
11
b) Diese Grundsätze gelten auch für Beschlüsse, mit denen Beweisanträge des Nebenklägers zurückgewiesen werden. Zwar hat der 5. Strafsenat in seiner Entscheidung vom 28. April 2010 (5 StR 487/09, NStZ 2010, 714) - nicht tragend - angemerkt, ungeachtet des auch dem Nebenkläger nach § 397 Abs. 1 Satz 3 StPO zugebilligten Beweisantragsrechts erscheine eine weniger restriktive Anwendung der gesetzlich vorgesehenen Ablehnungsgründe auf Beweisanträge des Nebenklägers als beim Angeklagten vertretbar. Dem kann der Senat jedoch nicht folgen.
12
Gegen die vom 5. Strafsenat erwogene Auffassung sprechen bereits der eindeutige Wortlaut und die Systematik der Strafprozessordnung. § 397 Abs. 1 Satz 3 StPO bestimmt, dass dem Nebenkläger das Beweisantragsrecht zusteht, und verweist auf § 244 Abs. 3 bis 6 StPO. Dieser Regelung sind Einschränkungen nicht zu entnehmen; der Gesetzgeber hat - im Gegensatz etwa zu der Normierung der Rechtsmittelbefugnis des Nebenklägers in § 400 Abs. 1 StPO - darauf verzichtet, Reichweite und Grenzen der dem Nebenkläger eingeräumten Befugnis zur Stellung von Beweisanträgen gesondert auszugestalten (vgl.
Bock, HRRS 2011, 119, 120). Auch den Materialien zum Opferschutzgesetz vom 18. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2496), mit dem das Beweisantragsrecht in § 397 Abs. 1 StPO ausdrücklich aufgenommen wurde, kann ein entsprechender Wille nicht entnommen werden; vielmehr ist der Gesetzgeber bewusst dem Bundesrat nicht gefolgt, der sich gegen das Beweisantragsrecht des Nebenklägers gewandt hatte (BT-Drucks. 10/5305, S. 29, 33; vgl. hierzu auch LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 397 Rn. 8 mwN). Zuletzt hat der Gesetzgeber mit dem 2. Opferrechtsreformgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2280) u.a. den § 397 StPO redaktionell umgestaltet. Dabei hat er allerdings das Beweisantragsrecht von Nebenklägern nicht etwa eingeschränkt, sondern deren Verfahrensrechte insgesamt noch weiter gestärkt (vgl. BT-Drucks. 16/12098, S. 1 f.). Schließlich führt die Berücksichtung von Sinn und Zweck des Regelungsgefüges nicht zu einem anderen Ergebnis. Dem 5. Strafsenat ist zwar dahin zuzustimmen, dass das Beweisantragsrecht für den Angeklagten mit Blick auf seine Stellung im Strafverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Dies gilt indes in ähnlicher Weise für den Nebenkläger, dessen Interesse an der Wahrheitsfindung nicht von vornherein geringer zu bewerten ist. Eine gegen den Wortlaut und den gesetzgeberischen Willen restriktive Auslegung des § 397 Abs. 1 Satz 3 StPO, die dazu führen könnte, die wirksame Wahrnehmung der berechtigten Interessen durch den Nebenkläger zu beeinträchtigen, ist deshalb nicht veranlasst.
13
c) Nach dem aufgezeigten Maßstab genügen die Ausführungen des Landgerichts in dem genannten Beschluss nicht. Dieser enthält ausschließlich einen pauschalen Hinweis auf das "Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme", der auch durch die in Bezug genommene Erklärung nach § 257b StPO nicht näher konkretisiert wird. Damit ließ er zum einen den Antragsteller über die konkrete Einschätzung der Strafkammer über die Beweislage und die insoweit bestehende Verfahrenssituation im Ungewissen. Zum anderen ist dem Senat die rechtliche Nachprüfung dahin verwehrt, ob das Landgericht die Voraussetzungen des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO rechtsfehlerfrei angenommen und ohne Rechtsfehler von der Vernehmung des Zeugen Dr. S. in der Hauptverhandlung abgesehen hat.
14
3. Das Urteil beruht auf dem dargelegten Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Weder vermag der Senat zu prüfen, ob das Landgericht im Rahmen seiner antizipierenden Würdigung der unter Beweis gestellten Behauptung rechtsfehlerfrei keine Bedeutung zugemessen hat, noch kann ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller sein Prozessverhalten auf eine den Anforderungen entsprechende Begründung des Ablehnungsbeschlusses in einer für den Schuldspruch erheblichen Weise hätte einrichten können.

II.

15
Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Becker Pfister von Lienen Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 135/13
vom
1. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 4. auf dessen Antrag - am
1. Oktober 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 19. Oktober 2012, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten Sch. wir das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.1 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die insoweit getroffenen Feststellungen aufrecht erhalten. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten Sch. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Den Angeklagten Sch. hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen wenden sich die Revisionen der Beschwerdeführer. Der Angeklagte S. erhebt mehrere Verfahrensbeanstandungen und rügt die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte Sch. erhebt die allgemeine Sachrüge.

I.


2
Die Revision des Angeklagten S. hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Dieser liegt zugrunde:
3
Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Angeklagte als Mittäter zusammen mit dem Mitangeklagten J. in Österreich mindestens 1,5 kg Heroin erworben und diese durch einen Kurier nach Deutschland habe bringen lassen, wo sie gewinnbringend verkauft werden sollten. Von dem Umstand, dass sich in dem "kofferartigen Behältnis", das die Angeklagten in Österreich übernommen und an den Kurier übergeben hätten, Heroin befunden habe, hat sich das Landgericht - da trotz polizeilicher Überwachung die observierenden Beamten die Betäubungsmittel nicht gesehen hätten - insbesondere dadurch überzeugt, dass der Mitangeklagte J. zeitnah zu dieser Fahrt nach Österreich nur sechs Tage später dem gesondert Verfolgten M. ca. 500 Gramm Heroin zum Verkauf an Drittabnehmer und zum teilweisen Eigenkonsum überbracht habe. Der Mitangeklagte J. hat dazu erklärt, das Heroin habe zwar ihm gehört, aber nicht aus Österreich gestammt.
4
Vor diesem Hintergrund beanstandet der Angeklagte S. zu Recht, das Landgericht habe einen Beweisantrag rechtsfehlerhaft zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO).
5
1. Der Angeklagte S. hat in der Hauptverhandlung unter anderem beantragt, Telefonate, aufgezeichnete Innenraumgespräche aus dem vom Mitangeklagten J. genutzten PKW sowie GPS-Aufzeichnungen für diesen PKW in Augenschein zu nehmen, zum Beweis der Tatsache, dass der Mitangeklagte J. schon vor der Fahrt nach Österreich ein Treffen mit einem Betäubungsmittellieferanten in Rotterdam vereinbart hatte, er nach der Wiedereinreise aus Österreich von Augsburg aus direkt nach Rotterdam gefahren sei, dass er selbst, der Angeklagte S. , sich bei dieser Fahrt nicht in dem Auto befunden habe, und dass der Mitangeklagte J. von Rotterdam aus direkt zu der Adresse in Emstek gefahren sei, die auch der Kurier aus Österreich angesteuert habe. Erklärtes Beweisziel dieses Antrages war es, eine gleichwertige Alternative zu der von der Strafkammer angenommenen Indizienkette dergestalt aufzuzeigen, dass der Mitangeklagte J. das Heroin auch in Rotterdam - und damit ohne Beteiligung des Angeklagten S. - erworben und von dort in die Bundesrepublik eingeführt haben könnte.
6
Das Landgericht hat diesen Beweisantrag mit folgender Begründung als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos zurückgewiesen: "Ob J. auch an- dere Möglichkeiten hatte, sich Heroin zu beschaffen, ist kein zwingender Schluss dafür, dass das sichergestellte Heroin nicht auch aus der 'ÖsterreichFahrt' stammen kann."
7
2. Diese Begründung trägt die Zurückweisung des Beweisantrags nicht.
8
Zwar ist es dem Tatgericht grundsätzlich nicht verwehrt, Indiz- oder Hilfstatsachen als für die Entscheidung bedeutungslos zu betrachten, wenn es aus diesen eine mögliche Schlussfolgerung, die der Antragsteller erstrebt, nicht ziehen will. Hierzu hat es die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie erwiesen , in das aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangte Beweisergebnis einzustellen und im Wege einer prognostischen Betrachtung zu prüfen, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung - gegebenenfalls in Anwendung des Zweifelssatzes - in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220).
9
Der Beschluss, mit dem das Tatgericht die Erhebung eines Beweises wegen Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache ablehnt, hat zum einen den Antragsteller sowie die weiteren Prozessbeteiligten so weit über die Auffassung des Gerichts zu unterrichten, dass diese sich auf die neue Verfahrenslage einstellen und gegebenenfalls noch in der Hauptverhandlung das Gericht von der Erheblichkeit der Beweistatsache überzeugen oder aber neue Anträge mit demselben Beweisziel stellen können; zum anderen muss er dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen, ob der Beweisantrag rechtsfehlerfrei zurückgewiesen worden ist und ob die Feststellungen und Erwägungen des Ablehnungsbeschlusses mit denjenigen des Urteils übereinstimmen. Deshalb ist mit konkreten Erwägungen zu begründen, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich denjenigen, denen das Tatgericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Überzeugungsbildung ohne Einfluss geblieben ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 26. Januar 2000 - 3 StR 410/99, NStZ 2000, 267, 268; vom 7. April 2011 - 3 StR 497/10, NStZ 2011, 713, 714). Nach diesen Maßstäben erweist es sich in aller Regel als rechtsfehlerhaft , wenn die Ablehnung wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit allein auf die inhaltsleere Aussage gestützt wird, die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache lasse keinen zwingenden sondern lediglich einen möglichen Schluss zu, den das Gericht nicht ziehen wolle (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2006 - 4 StR 251/06, NStZ-RR 2007, 84, 85; LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 225).
10
So verhält es sich hier. Die Strafkammer hat keine konkreten Erwägungen mitgeteilt, aufgrund derer sie das von ihr bisher gefundene Beweisergebnis - das Heroin stammte aus Österreich - durch die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht als erschüttert angesehen hat. In der pauschalen Begründung, weitere Beschaffungsmöglichkeiten des Mitangeklagten J. ließen keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass das Heroin nicht doch - und damit unter Beteiligung des Angeklagten S. - in Österreich erworben worden sei, liegt - wie dargelegt - ein Rechtsfehler, der vorliegend umso schwerer wiegt, weil der Angeklagte erklärtermaßen mit seinem Beweisantrag nur Tatsachen aufzeigen wollte, die einen nach seinem Vortrag gleichwertigen möglichen Schluss auf ein anderes, für ihn günstigeres Geschehen - der Mitangeklagte habe die Betäubungsmittel allein in den Niederlanden erworben - erlauben sollten. Das Landgericht hätte deshalb - gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Grundsatzes "in dubio pro reo" - konkret darlegen müssen, warum die aufgezeigte andere Beschaffungsmöglichkeit seine ebenfalls nur auf Indizien beruhende Schluss- folgerung, das Heroin stamme aus Österreich, nicht in entscheidungserheblicher Weise entkräften konnte. Dies gilt hier insbesondere, weil der in der Beweiswürdigung als bedeutsam herangezogene enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Beschaffung und Einfuhr einerseits und der Sicherstellung der Betäubungsmittel andererseits in beiden Sachverhaltsalternativen gleichermaßen bestand.
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3. Das Urteil beruht auf dem dargelegten Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Weder vermag der Senat zu prüfen, ob das Landgericht im Rahmen seiner ihm obliegenden antizipierenden Würdigung den unter Beweis gestellten Behauptungen rechtsfehlerfrei keine Bedeutung zugemessen hat, noch kann ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller sein Prozessverhalten auf eine den Anforderungen entsprechende Begründung des Ablehnungsbeschlusses in einer für den Schuldspruch erheblichen Weise hätte einrichten können.

II.


12
Die Revision des Angeklagten Sch. hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
13
1. Im Fall II.1 der Urteilsgründe hält die tateinheitlich ausgesprochene Verurteilung wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
14
Das Landgericht hat insoweit festgestellt, der Angeklagte Sch. sei im April 2011 zusammen mit dem Mitangeklagten J. nach Rotterdam gefahren, wo dieser von seinem Lieferanten für 26.000 € ein Kilogramm Kokain erworben habe. Diese Betäubungsmittel hätten sie selbst oder - "was wahrscheinlicher sein dürfte" - unter Einschaltung eines unbekannt gebliebenen Kuriers am frühen Morgen des Folgetages in die Bundesrepublik eingeführt. Der Angeklagte Sch. habe dem Mitangeklagten J. durch seine Anwesenheit Sicherheit bei dem Geldtransport vermittelt und ihm geholfen, den Eindruck einer unverdächtigen Urlaubsreise zu erwecken.
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Diese Feststellungen tragen zwar die Verurteilung wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, nicht aber die wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Voraussetzung der Strafbarkeit wegen Beihilfe zu einer Straftat ist, dass der Gehilfe durch eine Handlung die Verwirklichung des Tatbestandes durch den Haupttäter objektiv fördert (SSW-StGB/Murmann, 1. Aufl., § 27 Rn. 3). Dies wird indes durch die Feststellungen nicht belegt. Da die Strafkammer sich nicht davon hat überzeugen können, dass der Angeklagte Sch. zusammen mit dem Mitangeklagten J. das in Rotterdam übernommene Kokain selbst in die Bundesrepublik Deutschland einführte - anders ist die Wendung, dass die Einfuhr durch einen unbekannt gebliebenen Kurier wahrscheinlicher sei, nicht zu verstehen - hätte es konkreter Feststellungen dazu bedurft, dass und gegebenenfalls durch welche Handlung der Angeklagte Sch. die mittels eines Kuriers vollzogene Einfuhrtat des Mitangeklagten J. gefördert haben könnte. Daran fehlt es.
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2. Der Senat schließt angesichts des in dem angefochtenen Urteil mitgeteilten Beweisergebnisses aus, dass in einem neuen Rechtsgang insoweit wei- tere, den Angeklagten Sch. belastende Feststellungen getroffen werden könnten, und ändert den Schuldspruch entsprechend. Die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs nötigt zur Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafe, weil diese aus dem nach § 27, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG bemessen worden ist. Die Aufhebung der Einzelstrafe im Fall II.1 der Urteilsgründe bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Die hierzu rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können jedoch bestehen bleiben; das neue Tatgericht kann insoweit weitere, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen treffen.
Becker RiBGH Hubert und RiBGH Mayer befinden sich im Urlaub und sind daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.