Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Mai 2019 - 1 StR 178/19

bei uns veröffentlicht am21.05.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 178/19
vom
21. Mai 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:210519B1STR178.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 1.a und 2. auf dessen Antrag – am 21. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 5. Oktober 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und mit Hausfriedensbruch schuldig ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, mit vorsätzlicher Körperverletzung und mit Hausfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verschaffte sich der alleinstehende Angeklagte in der Nacht vom 11. auf den 12. Februar 2018 mit einem Ersatzschlüssel Zugang zur Wohnung seiner langjährigen Bekannten, der Nebenklägerin T. , zu der er sich hingezogen fühlte, und lauerte ihr dort, mit einer Skimütze in Form einer sog. Sturmhaube maskiert, auf. Er wollte sie – ohne erkannt zu werden – überfallen und derart einschüchtern, dass sie sich schutzsuchend an ihn wenden und bei ihm einziehen würde. Als die Nebenklägerin gegen 2.05 Uhr nichtsahnend in ihre Wohnung zurückkehrte, schloss sie ihre Wohnungstür von innen ab. Der Angeklagte schlug ihr sodann von hinten mit einem Gummihammer auf den Kopf. Im Laufe des Gerangels mit der sichwehrenden und schreienden Nebenklägerin brachte er diese zu Boden und setzte sich auf sie, um sie am Weglaufen zu hindern. Die Geschädigte auf diese Weise fixierend , versetzte der Angeklagte ihr mindestens vier weitere Schläge mit dem Gummihammer auf den Kopf und zwei Faustschläge in den Magen. Seine Versuche , die weiterhin von ihm zu Boden gedrückte Nebenklägerin mit mitgebrachten Klebestreifen zu knebeln, um sie am Schreien zu hindern, misslangen. Es gelang ihr kurzfristig, sich aus den Griffen des Angeklagten zu lösen und die Wohnungstür aufzuschließen, sodass die beiden zur Hilfe geeilten Nachbarinnen R. und J. in die Wohnung gelangten. Der Angeklagte schleuderte die Zeugin R. gegen einen Schrank. Anschließend rangen die drei Frauen mit dem Angeklagten, wobei er die Zeugin J. in den "Schwitzkasten" nahm und ihr mindestens einmal in den Magen schlug, um sie daran zu hindern, im Erdgeschoss die Polizei anzurufen. Die Zeugin J. konnte sich aber losreißen und gegen 2.33 Uhr die Polizei verständigen. Schließlich gelang es auch noch der Nebenklägerin, den Gummihammer in die Hand zu bekommen, diesen zu Abwehrschlägen gegen den Angeklagten einzusetzen und dann dem Angeklagten die Skimütze vom Kopf zu ziehen. Sie leidet bis heute unter den psychischen Auswirkungen der Tat.
3
2. Die Staatsanwaltschaft sah nach § 154a Abs. 1 StPO von der Verfolgung der zu Lasten der Zeuginnen R. und J. begangenen Körperverletzungen ab.
4
3. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht schloss der Angeklagte mit der Nebenklägerin einen "Adhäsionsvergleich", mit welchem er sich zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen verpflichtete ; damit sollten alle Ansprüche der Nebenklägerin aus der Tat vom 12. Februar 2018 abgegolten sein. Zudem waren sich nach Ziffer 4 des Vergleichs der Angeklagte und die Nebenklägerin "einig, dass der Abschluss dieses Vergleichs als bereits vollzogener Täter-Opfer-Ausgleich gewertet werden soll". Gleichwohl lehnte die Nebenklägerin die Aufnahme eines weiteren Zusatzes in den Vergleich, wonach durch ihn "eine Befriedung zwischen den Parteien eingetreten" sei, ab.

II.

5
Das Urteil hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung teilweise nicht stand.
6
1. Im Schuldspruch hat die tateinheitliche Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu entfallen: Die körperliche Misshandlung (§ 223 Abs. 1 StGB) der Geschädigten, welche der Angeklagte insbesondere durch die Faustschläge in deren Magen beging, wird innerhalb des rechtsfehlerfrei als eine Tat (§ 52 Abs. 1 StGB) gewürdigten Geschehens durch die Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 StGB) verdrängt (BGH, Beschlüsse vom 6. März 2018 – 2 StR 41/18 Rn. 2 und vom 19. Dezember 2018 – 3 StR 516/18Rn. 16). Im Übrigen hält der Schuldspruch einschließlich der ihn tragenden Feststellungen rechtlicher Nachprüfung stand.
7
2. Die Änderung des Schuldspruchs allein zieht hier nicht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Jedoch weist die Strafzumessung einen durchgreifenden Erörterungsmangel zum Nachteil des Angeklagten auf.
8
a) Das Landgericht hat das Vorliegen eines minder schweren Falles der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB mit einem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe) verneint und dabei die Voraussetzungen des vertypten Strafmilderungsgrundes nach § 46a Nr. 1 StGB als nicht gegeben angesehen: Da die Nebenklägerin den Vergleich nicht als "wirklich" friedensstiftend akzeptiert habe, fehle es an einem kommunikativen Prozess.
9
b) Zwar muss ein Vergleichsabschluss nicht bedeuten, dass das Opfer mit seiner Zustimmung diesen als friedensstiftenden Ausgleich ansieht (BGH, Urteil vom 13. September 2018 – 5 StR 107/18 Rn. 11; vgl. auch BGH, Urteile vom 19. Dezember 2002 – 1 StR 405/02, BGHSt 48, 134, 143 f., 147 und vom 6. Februar 2008 – 2 StR 561/07, BGHR StGB § 46a Voraussetzungen 1). Hier wurde indes in Ziffer 4 des im Adhäsionsverfahren geschlossenen Vergleichs die gesetzliche Bezeichnung des vertypten Milderungsgrundes aus § 46a Nr. 1 StGB im Wortlaut wiedergegeben ("Täter-Opfer-Ausgleich"); zudem wurde ausdrücklich aufgenommen, dass sich der Angeklagte und die Nebenklägerin einig sind, dass der Abschluss des Vergleichs als bereits vollzogener Täter-Opfer-Ausgleich gelten soll. Den sich daraus zum Verhalten der Nebenklägerin ergebenden Widerspruch hat das Landgericht nicht erörtert. Die Wiedergabe der gesetzlichen Bezeichnung des § 46a Nr. 1 StGB dokumentiert bereits eine "Befriedung" zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin, steht also im Widerspruch zu der von der Nebenklägerin erklärten Weigerung, einen Zusatz über die eingetretene Befriedung in den Vergleich aufzunehmen. Insoweit erweist sich die Vorgehensweise des Landgerichts, zur Bewertung des Vergleichsabschlusses allein auf die Nichtaufnahme eines entbehrlichen Zusatzes abzustellen, ohne sich mit dem gegenteiligen Inhalt des Adhäsionsvergleichs auseinanderzusetzen, als lückenhaft (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2018 – 1 StR 422/18 Rn. 29,

31).


10
3. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Erörterungsmangel nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen der nach Zurückverweisung zur Entscheidung berufenen Strafkammer, die den bisherigen nicht widersprechen, sind möglich und zur Motivation der Nebenklägerin , warum sie dem Vergleich trotz ihrer Vorbehalte zugestimmt hat, erforderlich.
Jäger Ri’inBGH Dr. Fischer Bär befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Jäger Leplow Pernice

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Strafgesetzbuch - StGB | § 46a Täter-Opfer-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung


Hat der Täter 1. in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder2. in einem Fall, in welchem die

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

2
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils führt zur Korrektur des Schuldspruchs. Eine vollendete gefährliche Körperverletzung verdrängt eine durch dieselbe natürliche Handlung begangene einfache Körperverletzung im Wege der Gesetzeseinheit, da § 224 StGB das speziellere Gesetz gegenüber § 223 Abs. 1 StGB darstellt (vgl. BeckOK StGB/Eschelbach, 37. Ed., Stand: 1. Februar 2018, § 224 Rn. 54; MüKoStGB/Hardtung, 3. Aufl. 2017, StGB, § 224 Rn. 59). Der Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener Körperverletzung musste daher entfallen.
16
1. Das Landgericht hat nicht bedacht, dass die vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) innerhalb des rechtsfehlerfrei als eine Tat (§ 52 Abs. 1 StGB) gewürdigten Geschehens durch die Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) verdrängt wird (BGH, Beschluss vom 6. März 2018 - 2 StR 41/18, juris Rn. 2).

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

11
„a) Die Erwägungen, mit denen das Schwurgericht eine Straf- rahmenverschiebung nach § 46a Nr. 1 StGB vorgenommen hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. (1) Zunächst zutreffend ist das Schwurgericht davon ausgegangen , dass der vertypte Strafmilderungsgrund des § 46a Nr. 1 StGB Anwendung finden kann, auch wenn wegen der Vermögenslage des Angeklagten, der eine langjährige Haftstrafe zu verbüßen haben wird, auf absehbare Zeit nicht mit einer über den abgetretenen Auszahlungsanspruch und die minimalen Leistungen während der Haftzeit hinausgehenden Zahlung von Schmerzensgeld zu rechnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Dezember 2015 – 2 StR 307/15, juris Rn. 18 f. mwN). Gleiches gilt, soweit der Angeklagte einzelne Umstände der Tatbegehung in Bezug auf seine Motivation zum Abbruch der Tötung beschönigt hat. Denn dadurch hat er seine Verantwortung für die Tat und deren Folgen nicht in Abrede gestellt. Auch die „Opfer-Eigenschaft“ des Nebenklägers hat er nicht bestrit- ten, soweit er Vermutungen zu dessen beruflichen Erfolgen angestellt hat. (2) Es fehlt jedoch vollständig an Feststellungen, aus welcher Motivation heraus das Opfer dem im Adhäsionsverfahren geschlossenen Vergleich zugestimmt hat (...). Diese waren hier nicht deshalb entbehrlich, weil Täter und Opfer – sei es persönlich oder vermittelt über ihre Anwälte – den Vergleich abgeschlossen haben. Denn allein die Tatsache einer vertraglichen Vereinbarung besagt nichts darüber, ob das Opfer diese als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert hat (BGH, Ur- teile vom 19. Dezember 2002 – 1 StR 405/02, BGHSt 48, 134, 147; vom 6. Februar 2008 – 2 StR 561/07, BGHR StGB § 46a Voraussetzungen 1). Den Urteilsgründen lässt sich insoweit auch bei wohlwollender kontextgebundener Lektüre keine friedensstiftende Akzeptanz des durch den Angriff auf sein Leben schwer gezeichneten Nebenklägers entnehmen. Dieser ist wegen der Tat des Angeklagten unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten: Er kann auf unbestimmte Zeit seine Arbeit nicht mehr ausüben, die Reinigung des Tatortes bezahlte eine Opferhilfe (UA S. 13), seine Möbel sind wegen der Verunreinigung mit Blut unbrauchbar geworden und mussten entsorgt werden (UA S. 13). Der Nebenkläger ist daher auf die Auszahlung des bei dem Angeklagten sichergestellten und bei der Staatskasse hinterlegten Betrages schon allein aus rein finanziellen Gründen angewiesen. Zudem erstrebt er aus (nachvollziehbarer) Furcht vor dem Angeklagten den Umzug in eine andere Wohnung und eine Namensänderung (UA S. 13). Bei dieser Sachlage spricht nichts dafür, er habe den Vergleich als friedensstiftenden Ausgleich annehmen wollen. Das gilt umso mehr, als er um die finanzielle Situation des Täters weiß und deshalb auch nicht ernsthaft mit weiteren essentiellen Zahlungen rechnen kann, die als hinreichendes Schmerzensgeld in Betracht zu ziehen wären. (3) Das Schwurgericht hat sich auch nicht erkennbar hinreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob es sich bei dem Vergleichsabschluss von Seiten des Angeklagten wirklich um ein „ernsthaftes Bemühen um Schadenswiedergutmachung“ (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 – 4 StR 290/11, juris Rn. 14 mwN) gehandelt hat oder nicht eher um ein taktisches Vorgehen in der Hoffnung auf eine milde Strafe. Dafür spricht schon, dass der Angeklagte von staatlichen Ersatzleistungen lebte (UA S. 4). Anhaltspunkte dafür, dass sich seine finanzielle Situation zwischen der Tat und der Urteilsverkündung grundlegend geändert hätte, sind nicht vorhanden. Die während der Haftzeit zu leistenden Raten und die Abtretung des Auszahlungsanspruchs von 4.000 EUR gegen die Staatskasse sind (...) nicht geeignet, die berechtigten Schmerzensgeldansprüche des Nebenklägers auch nur im Ansatz zu be- friedigen. Dass der über keinen Berufsabschluss verfügende Angeklagte nach seiner Entlassung aus der Haft eine Arbeit findet, die ihm eine essentielle Ratenleistung ermöglicht, ist na- hezu ausgeschlossen. „Hartz IV“-Leistungen sind unpfändbar. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Titel weitestgehend als wertlos. Für ein taktisches Vorgehen in der Hoffnung auf eine milde Strafe spricht darüber hinaus auch der Zeitpunkt des Vertragsschlusses am Ende der Hauptverhandlung kurz vor Schluss der Beweisaufnahme (UA S. 13).“ Dem schließt sich der Senat an.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
____________________
Bei Gewaltdelikten und Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist für
einen erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleich mit der zu Gunsten des Angeklagten
wirkenden Folge der Strafmilderung nach § 46a i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB regelmäßig
ein Geständnis zu verlangen.
BGH, Urt. vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02 - LG Konstanz -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 405/02
vom
19. Dezember 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
18. Dezember 2002 in der Sitzung am 19. Dezember 2002, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 15. Mai 2002 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, wirksam auf den Strafausspruch beschränkten Revision greift die Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrensrüge und der Sachbeschwerde die Bemessung der Freiheitsstrafe und die Strafaussetzung zur Bewährung an. Sie wendet sich insbesondere gegen die mit einem Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a Nr. 1 StGB begründete Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB. Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Nach den Feststellungen lernten sich der Angeklagte und die 20jährige Geschädigte in einer Diskothek kennen. Sie tauschten dort einvernehmlich Zärtlichkeiten aus. Sie verließen gemeinsam die Diskothek und gingen über einen Parkplatz zu einer nahegelegenen Autowaschanlage. In einer
Waschbox hielt der Angeklagte plötzlich mit einer Hand das Handgelenk der Geschädigten fest und drückte sie gegen die Wand. Gegen ihren erkennbaren Willen küßte er sie heftig, faßte unter ihr Oberteil und knetete fest ihre Brüste. Er zog ihre Hose bis zu den Knien herunter und führte zwei oder drei Finger seiner anderen Hand in ihre Scheide ein. Anschließend versuchte er mit seinem Penis von hinten in die Scheide einzudringen, was ihm nicht gelang; dafür führte er an ihr den Oralverkehr durch. Er fügte dem Tatopfer aufgrund dieser Behandlung Kratzwunden sowie erhebliche Schmerzen zu.
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung die von ihm an der Geschädigten vorgenommenen sexuellen Handlungen in der Waschbox eingeräumt. Er hat aber bestritten, Nötigungsmittel angewandt zu haben; alle sexuellen Handlungen seien einverständlich erfolgt. Die Kammer hat sich jedoch aufgrund der glaubhaften Aussage der Geschädigten von der Schuld des Angeklagten überzeugt.
2. Zur Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB hat die Strafkammer folgendes ausgeführt: Nach der Vernehmung des Tatopfers in der Hauptverhandlung sei der zunächst bestreitende Angeklagte mit einem gerichtlichen Hinweis gemäß § 155a StPO auf die Möglichkeiten des Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen worden. Er sei daraufhin von seiner ursprünglichen Einlassung insoweit abgewichen , als er ein „Mißverständnis bzw. ein Verschulden einräumte". Der Angeklagte habe sich bei dem Tatopfer – nach Auffassung der Kammer ernsthaft – entschuldigt. Er habe kein volles Geständnis abgelegt, was in Anbetracht der in der Hauptverhandlung anwesenden Familienangehörigen und Freunde des Angeklagten sowie seiner Verlobten nachvollziehbar sei. Er habe in der Hauptverhandlung ernsthaft angeboten, sich durch Vermittlung eines Sozialthera-
peuten mit dem Tatopfer an einen Tisch zu setzen und ihr durch ein Gespräch dabei zu helfen, die Sache endgültig zu verarbeiten. Ferner habe er sich bereit erklärt, zum Ausgleich des immateriellen Schadens ein Schmerzensgeld von 3.500 Euro zu bezahlen. Seine Familie habe diesen Betrag in der Hauptverhandlung zur Verfügung gestellt und der Geschädigten ausgehändigt, "die diesen Betrag durch ihren Beistand als gewissen Ausgleich akzeptiert" habe (UA S. 7). Zur weiteren Begründung hat die Strafkammer ausgeführt, ein TäterOpfer -Ausgleich könne in jeder Lage des Verfahrens erfolgen. Der Angeklagte habe erst durch den gerichtlichen Hinweis von der Möglichkeit eines TäterOpfer -Ausgleichs erfahren. Er habe zwar dem Tatopfer eine peinliche Befragung nicht erspart, habe sich aber am Ende der Beweisaufnahme darum bemüht , einen kommunikativen Prozeß mit der Geschädigten in die Wege zu leiten. Er habe auch seiner in der Hauptverhandlung anwesenden Familie zugesagt , den Betrag von 3.500 Euro durch Arbeitsleistungen zurückzuerstatten. Die Kammer habe - auch unter Beobachtung des in Haftsachen besonders zu berücksichtigenden Beschleunigungsgrundsatzes - davon abgesehen, die Hauptverhandlung zur Ermöglichung einer weiteren Kommunikation zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten auszusetzen.
3. Die Beschwerdeführerin trägt - insoweit enthält die Revisionsbegründung eine noch zulässige Verfahrensrüge nach § 261 StPO - vor, der Angeklagte habe im Ermittlungsverfahren Zeugen benannt, die bekunden sollten, die Geschädigte biete sich vor der Diskothek gegen Geld an. Nachdem sich dieses als falsch herausgestellt habe, sei dem Angeklagten, dem im gesamten Ermittlungs- und Hauptverfahren ein Verteidiger zur Seite gestanden habe, im Eröffnungsbeschluß ein Hinweis nach § 155a StPO auf einen Ausgleich gegeben worden. Dessen ungeachtet habe seine Verteidigung über zwei Verhand-
lungstage auf einen Freispruch abgezielt. Dies habe in einem Antrag auf Ein- holung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache gegipfelt, die Geschädigte habe die Unwahrheit gesagt. Das darin zum Ausdruck gekommene weitere Bestreiten des Angeklagten hätte nicht mit dem erneuten rechtlichen Hinweis gemäß § 155a StPO unterlaufen werden dürfen. Auch nach dem Hinweis habe sich der Angeklagte nur dahin eingelassen, es handele sich um ein Mißverständnis und es tue ihm leid. Er habe damit die vorsätzliche Mißachtung der sexuellen Selbstbestimmung relativiert und die Tat weiter in Abrede gestellt. Dies komme auch darin zum Ausdruck, daß der Verteidiger im Schlußvortrag Freispruch beantragt habe. Nach dem gerichtlichen Hinweis hätten sich mehrere im Gerichtssaal anwesende Familienmitglieder entfernt und 2.500 Euro beigebracht. Erst nach den Schlußvorträgen habe der Vater des Angeklagten dem Vertreter der Nebenklage 2.500 Euro in Anwesenheit des Tatopfers übergeben. Der Vater habe zugesichert, im Laufe des Tages weitere 1.000 Euro zu übergeben und habe auf Drängen des Nebenklägervertreters zugesagt, die Kosten des Adhäsionsverfahrens und die bis dahin angefallenen Gebühren zu übernehmen. Aufgrund dieser Umstände seien wesentliche Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs nicht erfüllt. Der Angeklagte habe seine schädigende Handlung niemals eingeräumt.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet. Die Bejahung der Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a StGB durch das Landgericht begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. 1. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Übernahme des im Jugendstrafrecht erfolgreich angewandten Täter-Opfer-Ausgleichs (§ 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, §
45 Abs. 2 Satz 2 JGG) in das allgemeine Strafrecht die Absicht, auch im Er- wachsenenstrafrecht die Belange des Opfers von Straftaten stärker in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken. Gleichzeitig kann der Täter auf diesem Wege besser als mit bloßer Bestrafung zur Einsicht in die Verwerflichkeit seines Tuns und zur Übernahme von Verantwortung für die Folgen seiner Straftat veranlaßt werden (BTDrucks. 12/6853 S. 21). § 46a StGB will einen Anreiz für Ausgleichsbemühungen seitens des Täters schaffen, dem Opfer durch sein persönliches Einstehen für die Folgen der Tat, durch immaterielle Leistungen oder auch durch materielle Schadensersatzleistungen Genugtuung zu verschaffen. Allerdings will die Norm mit den Anforderungen an einen friedensstiftenden Ausgleich auch in dem aus generalpräventiver Sicht erforderlichen Umfang sicherstellen, daß nicht jede Form des Schadensausgleichs ausnahmslos und ohne Rücksicht auf den Einzelfall dem Täter zugute kommt (BTDrucks. aaO S. 21). Der Gesetzgeber hat zwar mit § 46a StGB - ähnlich mit § 31 BtMG für aufklärungsbereite Betäubungsmittelstraftäter - für um Ausgleich und Wiedergutmachung bemühte Beschuldigte den Anreiz eines Strafmilderungsgrundes geschaffen; die Vorschrift soll aber kein Instrument zur einseitigen Privilegierung reuiger Täter sein (Schöch, 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft S. 309, 323; zur Gefahr, daß die Vorschrift entgegen den gesetzgeberischen Intentionen doch zu einem Freikauf durch den Täter führen kann, vgl. BGH Beschl. vom 14. Dezember 1999 - 4 StR 554/99 - , StV 2000, 129). 2. § 46a Nr. 1 StGB macht das Angebot an den Täter und das Opfer, mit Hilfe eines Vermittlers oder einer sonstigen auf Ausgleich ausgerichteten Kommunikation eine von allen Beteiligten einverständlich getragene Regelung zu finden, die geeignet ist, Konflikte beizulegen, die zu der Straftat geführt haben oder durch sie verursacht wurden. Ergeben die Ausgleichsbemühungen,
daß die Wiedergutmachung ganz oder zum überwiegenden Teil aus materiellen Leistungen in Form von Schadensersatz oder Schmerzensgeld bestehen, so verlangt § 46a Nr. 2 StGB, daß der Täter diese tatsächlich erbracht und dafür erhebliche persönliche Anstrengungen unternommen und Verzicht geleistet hat. Beide Alternativen des § 46a StGB beschreiben selbständige Voraussetzungen , die übereinstimmend einen Schadensausgleich bezwecken. Der Tatrichter kann die Strafmilderung für den Täter nach den Umständen des Einzelfalles auf jede der beiden Alternativen stützen; liegen jedoch die Voraussetzungen für beide Alternativen vor, können sie nebeneinander festgestellt werden (Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 46a Rdn. 4a). Der Unterschied zwischen Nr. 1 und Nr. 2 besteht darin, daß Nr. 2 für die materiellen Wiedergutmachungsleistungen den Eintritt des Erfolges (d.h. die geleistete Zahlung) verlangt , während sich Nr. 1 unter Umständen mit den mit dem erstrebten Erfolg verbundenen Ausgleichsbemühungen (hinsichtlich der materiellen Leistungen deren Zusage) begnügt (Schöch aaO S. 309 ff., 319, 323, 335).
a) Der Gesetzgeber hat sich in § 46a Nr. 1 StGB inhaltlich an der im Jugendstrafrecht geltenden Konfliktregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 JGG und den dort zur Verfügung stehenden jugendspezifischen Modellen des formalisierten Täter-Opfer-Ausgleichs orientiert. Bei der Übernahme des Täter-OpferAusgleichs in das allgemeine Strafrecht hat er sich wegen der Vielfalt der nach Landesrecht geregelten Verfahren und wegen der nur bedingt möglichen Übertragbarkeit auf kein formalisiertes Verfahren festgelegt. Bei dieser Konzeption ist er auch anläßlich der Einführung der verfahrensrechtlichen Grundnormen der § 155a und § 155b StPO geblieben (Gesetz vom 20. Dezember 1999; BGBl. I S. 2491), mit denen er den in das materielle Strafrecht eingestellten Täter-Opfer-Ausgleich verfahrensrechtlich verankern und stärken wollte (BTDrucks. 14/1928 S. 8).
Der 1. Strafsenat hat schon kurz nach Inkrafttreten die Vorschrift des § 46a StGB dahin ausgelegt, daß dessen Wortlaut - entgegen der Entwurfsbegründung - offen läßt, ob die Lösung des der Tat zugrundeliegenden Gesamtkonflikts "stets" unter Anleitung eines Dritten anzustreben ist oder ob dies nur "tunlichst" geschehen soll. Dafür hat der Senat aber in ständiger Rechtsprechung zumindest einen "kommunikativen Prozeß zwischen Täter und Opfer" verlangt, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Tat verursachten Folgen gerichtet sein muß. Er hat damit gegenüber dem in Täter-OpferAusgleichs -Verfahren von fachkundigen Personen vermittelten "Gespräch als Medium parteiautonomer Konfliktregulierung" (Messmer, Täter-OpferAusgleich , Zwischenbilanz und Perspektiven, Bonner Symposium, 1991, S. 127) einen offeneren Kommunikationsbegriff gewählt, um auch anderen Kommunikationsformen zur Schadenswiedergutmachung Raum zu lassen. Sofern ein Verfahren nicht offensichtlich für einen Täter-Opfer-Ausgleich ungeeignet ist, sollen Staatsanwaltschaft und Gericht nach § 155a StPO grundsätzlich in die Prüfung eintreten, ob ein Ausgleich zwischen Beschuldigtem und Verletztem erreicht werden kann. Dies gilt nach § 155a Satz 1 und 2 StPO ausdrücklich für jedes Stadium des Verfahrens (BTDrucks. aaO S. 8). Schwerpunkt der durch Dritte vermittelten Ausgleichsbemühungen wird nach dem gesetzgeberischen Willen aber das Ermittlungsverfahren mit der dazu neu geschaffenen Möglichkeit der Einstellung des Verfahrens nach § 153 a Abs. 1 Nr. 5 StPO sein. In der Hauptverhandlung kann der Tatrichter ebenfalls noch auf den Täter-Opfer-Ausgleich hinwirken, jedoch wird das in diesem Verfahrensstadium bei einem bestreitenden oder schweigenden Angeklagten nur eingeschränkt möglich und angezeigt sein.
b) Die Eignung eines Verfahrens für den Täter-Opfer-Ausgleich und das Maß des zu verlangenden kommunikativen Prozesses sind abhängig von dem
zugrundeliegenden Delikt, vom Umfang der beim Tatopfer eingetretenen Schä- digungen und damit von dem Grad der persönlichen Betroffenheit des Opfers. Schwere - auf einzelne Opfer bezogene - Gewaltdelikte, insbesondere Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung (etwa Vergewaltigung, sexuelle Nötigung , sexueller Mißbrauch von Kindern) sind nicht prinzipiell vom Täter-OpferAusgleich ausgeschlossen. Allerdings wird in diesen Fällen der kommunikative Prozeß seltener durch ein persönliches Gespräch zwischen Täter und Opfer geprägt sein. Für den erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleich wird eher eine über Angehörige, den Verteidiger und den Nebenklägervertreter oder den Beistand vermittelte Kommunikation ausreichen. Um der Gefahr zu begegnen, daß der Täter die Vergünstigung des § 46a i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB durch "ein routiniert vorgetragenes Lippenbekenntnis" oder einen Anwaltsschriftsatz erlangt, oder das Opfer während der Kommunikation Pressionen aussetzt und dem Tatrichter bei Sexualstraftaten oder Körperverletzungsdelikten "ein versöhntes Opfer" präsentiert, hat der Tatrichter seine Feststellungen zum erfolgreichen oder nicht erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleich in den Urteilsgründen darzulegen. Dabei wird er insbesondere den Willen des Opfers zur Versöhnung und die Frage einer erzielten Genugtuung zu berücksichtigen haben (vgl. König, Anm. zum Urt. vom 25. Mai 2001 - 2 StR 78/01 - JR 2002, 251, 253). aa) Nach dem Wortlaut des § 46a StGB ist ein bestimmtes Prozeßverhalten des Beschuldigten nicht ausdrücklich gefordert. Da es aber beim TäterOpfer -Ausgleich um eine strafrechtliche Konfliktskontrolle geht, muß der Beschuldigte prinzipiell - im Einzelfall in Abwägung zwischen dem Ziel der Schuldmilderung und dem nemo-tenetur-Prinzip - akzeptieren, daß er für das am Opfer begangene Unrecht einzustehen hat; dazu gehört auch, daß er die Opferrolle respektiert. Der rechtliche Konflikt über die Rollenverteilung von Täter und Opfer kann nicht jedesmal von den Beteiligten neu und individuell
festgelegt werden (Rössner, Bonner Symposium aaO S. 210, 217). Das bedeutet , daß ein explizit bestreitender Beschuldigter von einer Überweisung an eine nach landesrechtlichen Vorschriften für den Täter-Opfer-Ausgleich zuständige geeignete Stelle oder von einer durch Dritte vermittelten friedensstiftenden Kommunikation ausgeschlossen bleiben muß. Dagegen kann neben dem geständigen Täter auch der schweigende Täter in die Kommunikation einbezogen werden (vgl. Hartmann, Staatsanwaltschaft und Täter-OpferAusgleich , 1998, S. 68). bb) Dem entspricht, daß der Bundesgerichtshof für den kommunikativen Prozeß verlangt, daß das Verhalten des Täters im Verfahren "Ausdruck der Übernahme von Verantwortung" ist, um die friedensstiftende Wirkung der Schadenswiedergutmachung zu entfalten (Senat, Beschl. vom 25. Juli 1995 - 1 StR 205/95 -, NStZ 1995, 492, 493; BGH, Beschl. vom 20. Februar 2001 - 4 StR 551/00 - , StV 2001, 346; BGH, Beschl. vom 25. Oktober 2000 - 5 StR 399/00 - , NStZ 2001, 200; kritisch zu dieser Wortwahl Schöch aaO S. 326; König, Anm. zu BGH, Urt. vom 25. Mai 2001 - 2 StR 78/01, JR 2002, 251, 252). Hieran hält der Senat fest. Im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung kann nur dem Täter die Strafmilderung nach § 46a i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zuteil werden , der gegenüber seinem Opfer eine konstruktive Leistung erbringt, die diesem Genugtuung verschafft. Jedenfalls für Gewaltdelikte und Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung , die sich gegen einzelne Opfer gerichtet haben, wird für einen erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleich mit der zu Gunsten des Angeklagten wirkenden Folge der Strafmilderung nach § 46a i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB regelmäßig ein Geständnis zu verlangen sein. Oftmals wird dem Opfer gerade ein Bekennen des Täters zu seiner Tat im Strafverfahren besonders wichtig sein, so daß oh-
ne ein Geständnis die angestrebte Wiedergutmachung kaum denkbar sein wird (BGH, Beschl. vom 20. September 2002 - 2 StR 336/02 -, StV 2002, 649). Es obliegt dem Tatrichter, unter Beachtung dieses Maßstabs nach den Umständen des Einzelfalls in wertender Betrachtung festzustellen, inwieweit der Täter freiwillig Verantwortung für sein Handeln übernimmt. Dies wird namentlich der Fall sein, wenn er die Haltung des Opfers zu respektieren lernt und diese zu seinem eigenen Verhalten in Bezug setzt (Oberlies, Streit 1999 S. 110). Eine solche Einzelfallprüfung ist erforderlich, um der in der tatrichterlichen Rechtsprechung zu beobachtenden Entwicklung des Täter-Opfer-Ausgleichs zu einem Freikauf von der Verantwortung zu Lasten der Opfer entgegenzuwirken. cc) Die Strafmilderung nach § 46a Nr. 1 StGB läßt bei einem Täter, dem es erkennbar auf die Aussöhnung ankommt und dessen persönliche Leistungen sich als "Ausdruck der Übernahme von Verantwortung" erweisen, im Einzelfall auch schon das "Bemühen um umfassenden Ausgleich" ausreichen. Im Fall eines materiellen Ausgleichs steht der Annahme ausreichender Bemühungen nicht von vornherein entgegen, daß der Täter den finanziellen Ausgleich durch seinen Verteidiger und etwa erst zu einem Zeitpunkt veranlaßt hat oder sich dazu verpflichtet hat, zu dem ihn das Opfer bereits auf Zahlung in Anspruch genommen hat (BGH, Beschl. vom 14. Dezember 1999 - 4 StR 554/99, StV 2000, 129; BGH, Beschl. vom 17. Juni 1998 - 1 StR 249/98; StV 1999, 89). dd) Aus der Sicht des Opfers ist es für die verlangte Kommunikation unabdingbar , daß der Verletzte in den Dialog mit dem Täter über die zur Wiedergutmachung erforderlichen Leistungen einbezogen wird. Ein erfolgreicher Täter -Opfer-Ausgleich im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB setzt grundsätzlich voraus, daß das Opfer die Leistungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert (BGH, Urt. vom 31. Mai 2002 - 2 StR 73/02 -, NStZ 2002, 646). Dies
ergibt sich schon daraus, daß überhaupt nur angemessene und nachhaltige Leistungen die erlittenen Schädigungen ausgleichen und zu einer Genugtuung für das Opfer führen können (ebenso Oberlies, Streit 2000 S. 99, 110). Läßt sich das Tatopfer - etwa weil das Delikt oder Art und Umfang der Schädigungen ihm einen Ausgleich unmöglich machen - auf einen kommunikativen Prozeß nicht ein, so ist - wie es der 1999 eingeführte § 155a Satz 3 StPO ausdrücklich klargestellt - das Verfahren für die Durchführung eines Täter-OpferAusgleichs nicht geeignet (vgl. BTDrucks. 14/1928 S. 8). Grundsätzlich kann nichts anderes gelten für die in § 46a Nr. 1 StGB genannten "Bemühungen" des Täters, die im Einzelfall ausreichen können, um zu einem erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleich zu gelangen. Verweigert der Verletzte auch insoweit seine Zustimmung, so hat dies der Täter trotz der herabgesetzten Anforderungen an einen erfolgreichen Ausgleich hinzunehmen, denn ohne Zustimmung des Opfers fehlt bereits die Basis für sein Bemühen (offengelassen für den Fall des nicht festgestellten entgegenstehenden Willens von Bankangestellten als Opfer eines Banküberfalls, denen der Täter Schmerzensgeld angeboten und Schadensersatz an die Banken geleistet hatte, von BGH, Urt. vom 25. Mai 2001 - 2 StR 78/01 - , NStZ 2002, 364 mit Anm. Kühl/Häger JZ 2002, 363; Dölling/Hartmann NStZ 2002, 366 und König JR aaO S. 252). Allein auf die Sicht "eines vernünftigen Dritten" kann es nicht ankommen (Schöch aaO S. 322; Oberlies aaO S. 107; a.A. Kilchling NStZ 1996, S. 309, 314 unter Berufung auf SK-Horn § 46a Rdn. 3). Dem Tatrichter wird vielmehr auferlegt, unter Berücksichtigung der Interessen des Opfers und des Täters in wertender Betrachtung zu entscheiden, "wie sich das Tatopfer etwa in dem Fall zu den Bemühungen des Angeklagten stellt und welche Folgen die Schmerzensgeldverpflichtung für den Angeklagten hat, aber auch wie sicher
deren Erfüllung ist" (BGH, Beschl. vom 22. August 2001 - 1 StR 333/01 - , NStZ 2002, 29). ee) Kommt es nach diesem Maßstab zu einer Kommunikation zwischen Täter und Opfer, ist der Täter-Opfer-Ausgleich gelungen, wenn das Tatopfer in die Kommunikation einbezogen ist und dieses die erbrachten Leistungen oder Bemühungen nach Form und Inhalt als Wiedergutmachung akzeptiert hat (BGH, Urt. vom 31. Mai 2002 - 2 StR 73/02 -, NStZ 2002, 646). Als Fälle eines fehlgeschlagenen Ausgleichs sind solche Ergebnisse einer Kommunikation anzusehen, bei denen eine Einigung wegen unterschiedlicher Vorstellungen über die immateriellen oder materiellen Leistungen nicht zustande gekommen oder deren Vereinbarungen nicht eingehalten worden sind. (1) Eine Ausgleichsvereinbarung ist schon dann nicht erfolgreich, wenn der Täter die ideelle Komponente seiner Wiedergutmachung nicht erfüllt, er etwa eine Entschuldigung nur formal abgibt und das Tatopfer diese deshalb nicht annimmt. Gleiches gilt für Arbeitsleistungen, die der Täter zu Gunsten des Tatopfers persönlich oder gegenüber gemeinnützigen Einrichtungen anbietet. Ein vollwertiger Täter-Opfer-Ausgleich liegt auch nicht vor, wenn ein vom Tatopfer getragener Aussöhnungsversuch zwischen Verwandten, Freunden oder den beauftragten Anwälten nicht zustande kommt. (2) Für die materielle Wiedergutmachung genügt allein die Erfüllung von dem Tatopfer nach dem Zivilrecht ohnehin zustehenden Schadensersatzansprüchen nicht (BGH, Urt. vom 25. Mai 2001 - 2 StR 78/01 -, NStZ 2002, 364). Der Täter muß einen über die rein rechnerische Kompensation hinausgehenden Beitrag erbringen (BGH, Urt. vom 18. November 1999 - 4 StR 435/99 - , NStZ 2000, 205). Andererseits kann aber im Einzelfall ein Ausgleich erfolgreich sein, wenn der Täter sein gesamtes Vermögen zur Schadenswiedergutma-
chung zur Verfügung stellt und so persönlichen Verzicht leistet und den Geschädigten zum überwiegenden Teil entschädigt (BGH, Beschl. vom 19. Oktober 1999 - 1 StR 515/99 - , NStZ 2000, 83). (3) Die Vereinbarung und die Zahlung von Schmerzensgeld müssen sich an den zivilrechtlichen Schmerzensgeldansprüchen messen lassen. Eine Vereinbarung über ein Schmerzensgeld, das in einem Mißverhältnis zu den zivilrechtlich zu realisierenden Schadensersatz- und Schmerzensgeldleistungen steht, kann nicht zu einem erfolgreichen Ausgleich führen (Oberlies aaO S. 110). Akzeptiert etwa das Tatopfer einer Vergewaltigung unter dem Druck des Strafverfahrens eine von dem Verteidiger des Angeklagten und dem Nebenklägervertreter vereinbarte schriftliche Abrede, weil sie befürchtet, ansonsten keinerlei Ersatzleistungen von dem Angeklagten zu erhalten, reicht dies nicht aus (BGH, Urt. vom 31. Mai 2002 - 2 StR 73/02 -, NStZ 2002, 646). (4) Findet eine an den dargestellten Maßstäben zu messende Kommunikation statt, äußert sich das Tatopfer aber nicht zu dem vereinbarten Ausgleich oder den Bemühungen des Täters, so kann daraus nicht in jedem Fall auf eine ausdrückliche Ablehnung der Verletzten mit der Konsequenz eines nicht erfolgreichen Ausgleichs geschlossen werden. In diesem Fall müssen sich die Urteilsgründe dazu verhalten, ob darin der verständliche Wunsch nach "Nichtbefassung" im Sinne einer Ablehnung zu sehen ist. Mit der Ausgestaltung der Vorschrift als "vertyptem Strafmilderungsgrund" wollte der Gesetzgeber einen nachhaltigen Anreiz für Ausgleichsbemühungen im Strafrecht schaffen. Das verbietet nach Auffassung des Senats in diesen Fällen ein allzu enges Verständnis der Vorschrift jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen ein kommunikativer Prozeß zwischen Täter und Opfer stattgefunden hat; dies wird vornehmlich für Taten im Familienverbund oder innerhalb sonstiger persönlicher
Beziehungen zu gelten haben (Senat, Urt. vom 27. August 2002 - 1 StR 204/02 -, StV 2002, 654).
c) Nach der als prozessuale Grundnorm anzusehenden Vorschrift des § 155a Satz 1 StPO "sollen" die Staatsanwaltschaft und das Gericht in jedem Stadium des Verfahrens prüfen, ob ein Ausgleich zwischen Beschuldigtem und Verletztem erreichbar ist (vgl. BTDrucks. 14/1928 S. 8). In der Hauptverhandlung ist es dem Tatrichter je nach den Umständen des Einzelfalles nicht verwehrt , zur Anbahnung oder Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs die Hauptverhandlung zu unterbrechen. Allerdings ergibt die Verfahrensvorschrift des § 155a StPO (vgl. auch den unverändert gebliebenen § 265 Abs. 3 StPO) keinen Anspruch des Angeklagten auf Unterbrechung oder Aussetzung der Hauptverhandlung.
d) Auf der Grundlage dieser Maßstäbe hat der Tatrichter die wesentlichen Einzelheiten über den erfolgreichen oder den nicht erfolgreichen Ausgleich einschließlich der Frage der Zustimmung oder der Verweigerung des Tatopfers in den Urteilsgründen in dem Umfang darzulegen, daß sie die revisionsgerichtliche Überprüfung - insbesondere unter Beachtung der Opferinteressen - ermöglichen. Die Urteilsgründe müssen die "wertende Betrachtung" und die Ausübung tatrichterlichen Ermessens erkennen lassen, ob der Tatrichter die Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs annimmt und danach von der so eröffneten Milderungsmöglichkeit Gebrauch macht. 3. Das Landgericht hat diese Maßstäbe nicht ausreichend beachtet. Die Urteilsgründe belegen die Voraussetzungen eines erfolgreichen Täter-OpferAusgleichs nicht.

a) Ein ernsthaftes, auf einen Ausgleich mit der Geschädigten gerichtetes Bemühen des Angeklagten nach § 46a Nr. 1 StGB ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Nach den bisherigen Feststellungen hat die Strafkammer in der Hauptverhandlung mit ihrem wiederholten Hinweis nach § 155a StPO nach durchgeführter Beweisaufnahme einschließlich der Einvernahme des Tatopfers auf den Täter-Opfer-Ausgleich hingewirkt. Dies ist zwar nach dessen Satz 1 StPO rechtlich zulässig. Allerdings hätte die Strafkammer bei dieser Sachlage näher darlegen müssen, woher sie die Überzeugung nimmt, es sei dem Angeklagten zu diesem späten Zeitpunkt um eine friedensstiftende Kommunikation gegangen. Dazu bestand Anlaß, weil sich bereits aus dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen ergab, daß der Angeklagte versucht hat, das Tatopfer herabzuwürdigen. Auch nachdem sich diese Behauptung als nachweislich falsch herausgestellt hatte und ihm im Eröffnungsbeschluß ein Hinweis auf den Täter-Opfer-Ausgleich gegeben worden war, hat er in der Hauptverhandlung die Geschädigte der falschen Aussage bezichtigt. Er hat ihr auch die Vernehmung in der Hauptverhandlung nicht erspart. Er hat sogar noch den Beweisantrag gestellt, ein Sachverständiger werde zu dem Ergebnis gelangen, sie habe in ihrer Vernehmung die Unwahrheit gesagt. Erst danach hat der Angeklagte die gegen den Willen der Geschädigten durchgeführten sexuellen Handlungen als "Mißverständnis" bezeichnet und sich entschuldigt. Seine Bereitschaft, sich durch Vermittlung eines Therapeuten mit der Geschädigten an einen Tisch zu setzen, um "ihr dabei durch ein Gespräch dabei zu helfen, die Sache endgültig zu verarbeiten", zeigt nicht ohne weiteres auf, daß das Verhalten des Angeklagten sich als Übernahme von Verantwortung für seine Tat erweist. Dafür spricht letztlich auch, daß sein Verteidiger im Schlußvortrag Freispruch beantragt hat. Angesichts dieser Umstände liegt eine Strafmilderung nach § 46a StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB eher fern.

b) Nach den Urteilsgründen genügt auch die Zahlung des Schmerzensgeldes von 3.500 Euro den Anforderungen des § 46a Nr. 1 StGB nicht. Die Urteilsgründe teilen lediglich mit, der Angeklagte müsse einen Betrag von 3.500 Euro an seine Familie zurückzahlen, die diesen Betrag als Schmerzensgeld zur Verfügung gestellt und der Geschädigten ausgehändigt habe. Demgegenüber sprechen die von der Revision mitgeteilten tatsächlichen Umstände zur Sammlung, der Übergabe und dem Vorzählen des Geldes in Gegenwart der Geschädigten eher dafür, daß die Familie den Angeklagten "freigekauft" hat. Die Strafkammer räumt nicht aus, daß diese Form des Aushandelns des „Preises“ eine einseitig dem Täter günstige Strafmilderung bewirkt hat, damit aber die Genugtuungsfunktion des Täter-Opfer-Ausgleichs auf seiten des Tatopfers nicht erfüllt wurde.
c) Aus den Urteilsgründen ergibt sich schließlich kein Anhalt dafür, daß die Geschädigte den Täter-Opfer-Ausgleich "ernsthaft mitgetragen" und diesen als friedensstiftende Konfliktregelung "innerlich akzeptiert" hat. Die Urteilsgründe teilen dazu vielmehr mit, die Geschädigte habe "diesen Betrag durch ihren Beistand auch als gewissen Ausgleich akzeptiert". Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit Elf

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

29
Deshalb hat das Tatgericht regelmäßig auch Feststellungen dazu zu treffen , wie sich das Opfer zu den Bemühungen des Täters gestellt hat (BGH, Urteil vom 24. August 2017 – 3 StR 233/17, StRR 2018, Nr. 4, 16 Rn. 15 mwN). Angesichts des von der Geschädigten mit dem Angeklagten abgeschlossenen umfassenden Vergleichs und den nur geringfügigen körperlichen Verletzungen durch das Tatgeschehen liegt allerdings fern, dass sie die hohen Schmerzensgeldzahlungen und sonstigen finanziellen Leistungen des Angeklagten nicht als „friedensstiftenden Ausgleich“ akzeptiert haben könnte.Mit ihrem späteren, die Entschuldigung des Angeklagten ablehnenden Verhalten in der Hauptverhandlung könnte sie sich daher mit ihrem früherem Verhalten in Widerspruch gesetzt haben; einen bereits eingetretenen friedensstiftenden Ausgleich könnte dies nicht mehr beseitigen.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.