Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2007 - 3 StR 384/07

published on 01/10/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2007 - 3 StR 384/07
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 384/07
vom
1. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 1. Oktober
2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 16. Mai 2007
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, der Beihilfe zum Diebstahl und der Begünstigung schuldig ist;
b) im Strafausspruch zum Fall II. Tatkomplex 6 der Urteilsgründe und im Ausspruch über die aus den in den Tatkomplexen II. 6 und 7 verhängten Einzelstrafen gebildete Gesamtstrafe aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem amtsgerichtlichen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Au- ßerdem hat es gegen ihn wegen Beihilfe zum Diebstahl in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch im Fall II. Tatkomplex 6 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts rissen die Mitangeklagten Cr. , Ca. und A. sowie die gesondert Verfolgten P. , Cat. und B. in einer Filiale der Deutschen Post AG in R. einen Geldautomaten aus seiner Verankerung, transportierten ihn mit einem LKW in ein entfernt gelegenes Waldstück und schweißten ihn dort auf. Sodann teilten sie das in dem Geldautomaten enthaltene Geld unter sich auf und fuhren mit einem zuvor gestohlenen PKW aus dem Waldstück in eine nahe gelegene Ortschaft. Dort stellten sie den PKW ab. Sodann rief einer der Täter den Angeklagten an und bat ihn, sie abzuholen. Der Angeklagte, der zuvor an vergleichbaren Diebstählen der Bande teilgenommen hatte, wegen einer Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe aber nicht mehr an solchen mitwirken wollte, begab sich mit seinem PKW zu dem angegebenen Treffpunkt. Obwohl die Kleidung der Täter wegen des Aufschweißens des Geldautomaten auffällig roch und der Angeklagte hieraus den Schluss zog, dass diese wieder nach dem früheren Muster einen Geldautomaten entwendet hatten, brachte er die Täter mit seinem PKW nach H. .
4
b) Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat sich der Angeklagte danach nicht wegen Beihilfe zum Diebstahl gemäß §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, 3, § 27 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Der Diebstahl war zu dem Zeit- punkt, in dem der Angeklagte tätig wurde, bereits beendet. Beihilfe zum Diebstahl kann jedoch nur bis zu dessen Beendigung geleistet werden, auch sukzessive Mittäterschaft kommt dann nicht mehr in Betracht (BGH NStZ-RR 1999, 208; NStZ 2003, 32, 33).
5
Ein Diebstahl ist beendet, wenn der Dieb den Gewahrsam an den entwendeten Gegenständen nach den Umständen des Einzelfalls gefestigt und gesichert hat (BGH NStZ 2001, 88, 89). Dies war hier bereits der Fall, als der Angeklagte angerufen wurde und sich zu den Tätern begab. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Diebesgut nicht mehr im unmittelbaren Herrschaftsbereich des Berechtigten, es war diesem vielmehr bereits entzogen. Direkte Eingriffsmöglichkeiten eines bereiten Eigentümers bestanden nicht mehr. Die neue Sachherrschaft der Täter war gefestigt, zumal diese sich nicht nur vom eigentlichen Tatort sondern sogar schon aus dem Waldstück entfernt hatten, in welchem sie zuvor den gestohlenen Geldautomaten aufgeschweißt und die Beute unter sich aufgeteilt hatten.
6
c) Der Angeklagte ist auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen lediglich der Begünstigung gemäß § 257 Abs. 1 StGB schuldig.
7
Der Angeklagte trug objektiv dazu bei, die durch die Vortat erlangten Vorteile zu sichern, indem er die Täter nach Beendigung des Diebstahls mit seinem PKW abholte und nach H. brachte. Subjektiv handelte er in der erforderlichen Vorteilssicherungsabsicht, da es ihm darauf ankam, seine Landsleute, deren Kleidung nach dem Schweißvorgang auffällig roch, mit dem Diebesgut in Sicherheit zu bringen.
8
d) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zum Schuldspruch getroffen werden können, die zu einer ande- ren rechtlichen Bewertung der Tat führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO). Dem steht § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen , da sich der geständige Angeklagte auch bei einem entsprechenden rechtlichen Hinweis nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
9
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der Einzelstrafe , auf die das Landgericht im Fall II. Tatkomplex 6 der Urteilsgründe erkannt hat, sowie der Gesamtstrafe, die aus den in den Fällen II. Tatkomplexe 6 und 7 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen gebildet worden ist. Die zum Strafausspruch rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben, da sie von der Änderung des Schuldspruchs nicht berührt werden (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende weitere Feststellungen hierzu darf der neue Tatrichter treffen , soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Wer einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe.

(3) Wegen Begünstigung wird nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Dies gilt nicht für denjenigen, der einen an der Vortat Unbeteiligten zur Begünstigung anstiftet.

(4) Die Begünstigung wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn der Begünstiger als Täter oder Teilnehmer der Vortat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte. § 248a gilt sinngemäß.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.