Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 314/15
vom
27. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Oktober 2015
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 19. März 2015, soweit es ihn betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Krefeld zu der Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Während die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten zum Schuldspruch keinen Erfolg hat, kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB mit rechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt. Dies führt gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 JGG auch zur Aufhebung des Strafausspruchs.
2
1. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des Hangs, des symptomatischen Zusammenhangs sowie der Gefährlichkeit für gegeben erachtet. Demgegenüber hat es - dem Sachverständigen folgend - die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) verneint und dies vor allem mit dem fehlenden Schulabschluss des Angeklagten, dem frühen Beginn seiner sozialen Auffälligkeiten , insbesondere seines Suchtmittelgebrauchs, sowie mit seiner Impulsivität , Aggressivität und Reizbarkeit begründet.
3
Dies hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn diese Kriterien werden teilweise durch die Feststellungen nicht belegt, teilweise sind sie für sich nicht geeignet, gegen die konkrete Aussicht zu sprechen, der - therapiewillige - Angeklagte könnte durch den Vollzug der Maßregel geheilt und jedenfalls über eine erhebliche Zeitspanne vor einem Rückfall bewahrt werden, so dass zu erwarten steht, dass bei erfolgreichem Verlauf der Therapie seine Gefährlichkeit aufgehoben oder deutlich herabgesetzt werden wird (vgl. zu diesen Maßstäben BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 3 StR 513/12, BGHR StGB § 64 Satz 2 Erfolgsaussicht 1). Im Einzelnen:
4
a) Allein ein fehlender Schulabschluss spricht nicht für eine intellektuelle Behinderung, die wegen ihrer Schwere dazu führen könnte, dass der Angeklagte in einer Entziehungsanstalt nicht behandelbar wäre (vgl. BGH aaO; MüKoStGB/van Gemmeren, 2. Aufl., § 64 Rn. 68).
5
b) Darüber hinaus ist zwar von dem zu Therapierenden ein gewisses Maß an Introspektionsfähigkeit sowie Kränkungs- und Frustrationstoleranz zu fordern (vgl. Dannhorn, NStZ 2012, 414, 417). Dass es daran dem Angeklagten mangelt, wird aber durch die Feststellungen zu dessen persönlichen Werdegang nicht belegt. Den Urteilsgründen ist insoweit nur zu entnehmen, dass im Jahre 2010 ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 45 Abs. 2 JGG eingestellt worden und dass es zwischen dem Angeklagten und seinem Vater - wegen seines Drogenkonsums (!) - zu massiven, teils sogar gewalttätigen Streitigkeiten gekommen war. Auch die verfahrensgegenständlichen Straftaten, die im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen zwei Personengruppen begangen wurden, belegen keine den Angeklagten von anderen Gewalttätern unterscheidende höhere Aggressivität oder Reizbarkeit. Die Maßregel des § 64 StGB steht aber auch Gewalttätern offen.
6
c) Schließlich kommt es unter dem Aspekt der Verfestigung eines Konsumverhaltens weniger auf dessen Beginn als auf dessen Dauer an. Ein sechs Jahre andauernder Suchtmittelgebrauch vermag für sich betrachtet das Verdikt der Unbehandelbarkeit nicht zu begründen. Dies gilt umso mehr, als das Urteil keine Feststellung dahin enthält, dass sich der Angeklagte zuvor bereits einmal einer Therapie unterzogen hätte.
7
2. Die fehlerhafte Ablehnung der Maßregelanordnung zieht gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 JGG die Aufhebung auch des Strafausspruchs nach sich (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2014 - 5 StR 509/14, juris Rn. 4).
Dieser ist jedoch auch für sich genommen nicht bedenkenfrei. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts unter Ziffer 2 und 3 der Antragsschrift vom 24. August 2015.
Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol

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Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 5 Die Folgen der Jugendstraftat


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 513/12
vom
22. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
22. Januar 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 13. August 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die auf die - nicht ausgeführte - Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt ist. Das Rechtsmittel hat auf die Sachbeschwerde den aus der Entschei- dungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Indes kann das Urteil nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgelehnt hat. Die Prognose, es bestehe bei dem Angeklagten für eine Behandlung in einer Entziehungsanstalt keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne von § 64 Satz 2 StGB, ist nicht rechtsfehlerfrei begründet.
3
a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts , dass Anordnung und Vollzug der Maßregel die konkrete Aussicht voraussetzen, die süchtige Person zu heilen oder über eine erhebliche Zeitspanne vor einem Rückfall in den Rauschmittelkonsum zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB). Erforderlich ist die Prognose, dass bei erfolgreichem Verlauf der Therapie die Gefährlichkeit aufgehoben oder deutlich herabgesetzt wird (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 64 Rn. 19 mwN).
4
b) Die sich daraus ergebenden rechtlichen Anforderungen an die Bejahung einer konkreten Erfolgsaussicht hat das Landgericht indes verkannt.
5
Bedenken bestehen bereits insofern, als die Strafkammer davon ausgeht , dass die Therapiekonzepte im Maßregelvollzug eine differenzierte intellektuelle und sprachliche Auseinandersetzung mit der Suchtproblematik erfordern , und die Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung des Angeklagten wegen seiner "intellektuellen Minderbegabung" ablehnt. Eine erhebliche intellektuelle Behinderung, die wegen ihrer Schwere dazu führen könnte, dass der An- geklagte in einer Entziehungsanstalt nicht behandelbar wäre (vgl. MüKoStGB/van Gemmeren, 2. Aufl., § 64 Rn. 68), ist nicht festgestellt.
6
Auch der Hinweis der Strafkammer auf Defizite des Angeklagten in der Beherrschung der deutschen Sprache vermag die Ablehnung einer Erfolgsaussicht nicht zu tragen. Mangelnde Sprachkenntnisse von Ausländern haben zwar als in der Persönlichkeit des Täters begründete, nicht suchtbezogene Umstände für die Unterbringungsanordnung eine, wenn auch im Einzelnen hinsichtlich ihrer Erheblichkeit nicht einheitlich beurteilte, Bedeutung (vgl. MüKoStGB, aaO, Rn. 71 sowie LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 141 f., jew. mwN; BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1996 - 2 StR 528/96, StV 1998, 74; Urteil vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 411/07, StV 2008, 138, 139 sowie Beschluss vom 10. Juli 2012 - 2 StR 85/12, NStZ 2012, 689; vgl. auch BT-Drucks. 16/1344 S. 12 f.). Bei weitgehender Sprachunkundigkeit kann die Annahme, eine Behandlung habe keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht, nahe liegen (vgl. Fischer, aaO, Rn. 23a, 24 mwN). Derartige Sprachdefizite sind hier jedoch nicht festgestellt: Der - zunächst in Griechenland aufgewachsene - 31-jährige Angeklagte besuchte ab seinem 9. Lebensjahr eine Grund- und Hauptschule bzw. die Sonderschule sowie Berufsschulen in Deutschland und arbeitete hier mehrere Jahre lang. Danach liegt es nahe, dass er zumindest über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügt; dies genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2001 - 3 StR 209/01, NStZ-RR 2002, 7). Darauf, dass der Angeklagte, wie das Landgericht in der Begründung seiner Prognoseentscheidung ausführt, weder die deutsche noch die griechische Schriftsprache beherrscht, kann es für die Beurteilung der Erfolgsaussicht nicht ankommen.
7
Die Erklärung des Angeklagten, dass er eine Behandlung im Maßregelvollzug ablehne, kann die Verneinung eines Therapieerfolges hier ebenfalls nicht begründen. Zwar kann fehlende Therapiebereitschaft, die der Anordnung der Unterbringung gemäß § 64 StGB weiterhin grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl. LK, aaO, Rn. 138 ff.), ein gegen die erforderliche konkrete Erfolgsaussicht sprechendes Indiz sein (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2009 - 3 StR 516/09, NStZ-RR 2010, 141 sowie Beschluss vom 3. Juli 2012 - 5 StR 313/12, NStZ-RR 2012, 307). Vorliegend steht einer solchen Bedeutung indes entgegen, dass sich der Angeklagte bereit erklärt hat, bei Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG an einer Suchtbehandlung teilzunehmen. Angesichts dessen hätte die Verneinung einer Erfolgsaussicht der Maßregel im Sinne von § 64 StGB zumindest näherer Darlegung bedurft (vgl. MüKoStGB, aaO, Rn. 75). Der pauschale Hinweis des Landgerichts auf unterschiedliche Therapiekonzeptionen reicht dazu nicht aus. Die Therapie im Maßregelvollzug hat im Übrigen gegenüber der nach § 35 BtMG Vorrang (vgl. Fischer, aaO, Rn. 26).
8
2. Diese Rechtsmängel entziehen der negativen Prognose des Landgerichts zur Erfolgsaussicht einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt die Grundlage. Da der Angeklagte die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362), das Landgericht die Voraussetzungen der Maßregelanordnung gemäß § 64 Satz 1 StGB rechtsfehlerfrei bejaht hat und die Unterbringung nach den bisherigen Feststellungen auch nicht aus anderem Grunde von vornherein ausscheidet, bedarf die Frage ihrer Anordnung - wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - der nochmaligen Prüfung und Entscheidung durch einen neuen Tatrichter. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5 sowie Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 3 StR 275/08, NStZ-RR 2009, 48).
9
3. Der Strafausspruch wird durch die Teilaufhebung des Urteils nicht berührt. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht im Falle der Unterbringung gegen den Angeklagten auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
Tolksdorf Pfister Hubert Mayer Spaniol

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.

(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

4
2. Bereits wegen des durch § 5 Abs. 3 JGG vorgegebenen sachlichen Zusammenhangs zwischen Strafe und Unterbringung ist der Strafausspruch aufzuheben. Insoweit hätten jedoch auch für sich genommen Bedenken bestanden. Ausweislich der Feststellungen (UA S. 4) hat der Angeklagte die im angefochtenen Urteil bei der Prüfung der schädlichen Neigungen (UA S. 26) sowie bei der Bemessung der Jugendstrafe (UA S. 28) in Ansatz gebrachten Hafterfahrungen erst nach der verfahrensgegenständlichen Tat gemacht. Gleiches gilt für die Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe, sofern sich die in den Urteilsgründen angesprochene „Erzwingungshaft“ (UA S. 26) hierauf beziehen sollte. Davon bleibt unberührt, dass die vier Verurteilungen des Angeklagten wegen nach der erlittenen Untersuchungshaft und während des laufenden Verfahrens begangener Straftaten nach allgemeinen Regeln zu berücksichtigen sein werden.