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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 582/18
vom
21. März 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes mit Todesfolge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:210319B1STR582.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 21. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 10. April 2018, soweit es ihn betrifft , im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenkläger, an eine andere Jugendstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. und den nicht revidierenden Mitangeklagten J. jeweils wegen Betrugs und wegen Raubes mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Totschlag, den Mitangeklagten daneben auch wegen Diebstahls und vorsätzlichen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln, schuldig gesprochen. Den Angeklagten hat es zu einer Ein- heitsjugendstrafe von sechs Jahren und den Mitangeklagten zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Die gegen das Urteil mit der allgemeinen Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Der Rechtsfolgenausspruch hat dagegen keinen Bestand, weil die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken begegnet.
4
a) Die Jugendkammer hat – sachverständig beraten – das Vorliegen eines Hangs des Angeklagten zum übermäßigen Konsum von Cannabis mit der Begründung verneint, trotz des regelmäßigen Konsums von Cannabis sei der Substanzmissbrauch beim Angeklagten noch nicht so ausgeprägt, dass eine Suchterkrankung im Sinne eines Hangs vorliege, auf die das „kriminelle Verhalten“ zurückzuführen sei. Ein Hang im Sinne des § 64 StGB, also eine treibende oder beherrschende Neigung, Rauschgift in einem Umfang zu konsumieren, durch den Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt seien, sei beim Angeklagten nicht festzustellen, weil dieser derzeit körperlich gesund sei und in der Haft nicht an Entzugserscheinungen gelitten habe, sondern in der Lage sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen und soziale Kontakte zu seiner Familie und zu Mithäftlingen zu unterhalten.
5

b) Die Strafkammer ist danach bei ihrer Prüfung von einer zu engen Definition des Hangs ausgegangen.

6
Für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB genügt nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 2018 – 3 StR 299/18, juris Rn. 8; vom 7. November 2018 – 1StR 481/18, juris Rn. 4; vom 12. Januar 2017 – 1 StR 587/16, juris Rn. 9 und vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15, juris Rn. 5, jeweils mwN; Urteil vom 10. November 2004 – 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Ein Hang im Sinne des § 64 StGB kommt danach insbesondere bei Beschaffungskriminalität in Betracht (BGH, Beschlüsse vom 7. November 2018 – 1 StR 481/18, juris Rn. 4 und vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15, juris Rn. 5; Urteil vom 10. November 2004 – 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210, jeweils mwN). Erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit sowie der Arbeits- und Leistungsfähigkeit kommt zwar eine indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zu, weil diese in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen; deren Fehlen schließt aber nicht notwendigerweise die Annahme eines Hangs aus (BGH, Beschlüsse vom 27. November 2018 – 3 StR 299/18, juris Rn. 8; vom 7. November 2018 – 1 StR 481/18 Rn. 4; vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114 und vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15, juris Rn. 6, jeweils mwN). Auch stehen das Ausbleiben ausgeprägter Entzugssyndrome und Intervalle der Abstinenz dem Vorliegen eines Hangs nicht entgegen (BGH, Beschlüsse vom 27. November 2018 – 3 StR 299/18, juris Rn. 8; vom 7. November 2018 – 1 StR 481/18, juris Rn. 4; vom 12. April 2012 – 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271 und vom 30. März 2010 – 3 StR 88/10, NStZRR 2010, 216).
7
c) Daran gemessen liegt nach den bisher getroffenen Feststellungen ein Hang im Sinne des § 64 StGB beim Angeklagten zumindest nicht fern. Denn hiernach begann der Angeklagte bereits in der 7. Klasse mit dem Rauchen von Cannabis und konsumierte dies seit 2015 regelmäßig (UA S. 15 und 121) oder zumindest „einigermaßen“ regelmäßig (UA S. 90), zuletzt durchschnittlich ca. 1,5 Gramm täglich (UA S. 15). Ab dem Alter von 16 Jahren kam der gelegentliche Konsum von Ecstasy hinzu. Alkohol (vornehmlich Wodka und Raki) konsumierte der Angeklagte ab dem Alter von 15 Jahren an den Wochenenden regelmäßig, wobei er im Herbst 2016 zwei Mal mit Werten von ca. 2,7 Promille ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Auch nach den Feststellungen des Sachverständigen F. , denen sich das Landgericht angeschlossen hat, lagen beim Angeklagten ein zumindest phasenweiser schädlicher Gebrauch von Alkohol sowie ein Cannabisabusus (ICD-10: F12.1) vor (UA S. 92). Die verfahrensgegenständlichen Taten sind zudem als Beschaffungstaten anzusehen, weil der Angeklagte sie nach den Feststellungen des Landgerichts beging, um sich die für den Erwerb von Cannabis erforderlichen finanziellen Mittel zu verschaffen.
8
Auch für das Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs spricht nach den landgerichtlichen Feststellungen einiges, da der Angeklagte bei der Tat unter dem Einfluss von Alkohol und Cannabis stand und das Tatgeschehen in seinen wesentlichen Grundzügen seinem üblichen Vorgehen (der „Methode“, vgl. UA S. 74) entsprach, um sich in den Besitz von Drogen oder der für ihre Beschaffung erforderlichen Geldmittel zu bringen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2019 – 2 StR 521/18, juris Rn. 5 und vom 20. Februar 2018 – 3 StR 14/18, juris Rn. 4 mwN).
9
2. Über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss danach neu verhandelt und entschieden werden. Die Feststellungen können bestehen bleiben, weil es sich um einen reinen Wertungsfehler handelt und sie hiervon nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
10
Wegen des sich aus § 5 Abs. 3 JGG ergebenden sachlichen Zusammenhangs zwischen Strafe und Unterbringung ist der Rechtsfolgenausspruch insgesamt aufzuheben (BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2018 – 1 StR 261/18, juris Rn. 12; vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 314/15, StV 2016, 734 f. und vom 25. November 2014 – 5 StR 509/14, juris Rn. 4).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

8
Für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB genügt nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 - 1 StR 587/16, juris Rn. 9; Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Wenngleich erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommen und in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hangs aus (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; vom 2. April 2015 - 3 StR 103/15, juris Rn. 6). Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem Vorliegen eines Hangs nicht entgegen (BGH, Beschlüsse vom 12. April 2012 - 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271; vom 30. März 2010 - 3 StR 88/10, NStZ-RR 2010, 216). Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 3 StR 645/17, juris Rn. 8 mwN). Danach liegt nach den bisher getroffenen Feststellungen ein Hang nicht fern.
9
c) Wie das Landgericht an sich zutreffend angenommen hat, ist für einen Hang gemäß § 64 StGB eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer psychischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Konsum von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene aufgrund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2017 - 1 StR 613/16, Rn. 7; vom 26. Oktober 2016 - 4 StR 408/16, Rn. 6; vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113 und vom 21. August 2012 - 4 StR 311/12, RuP 2013, 34 f.). Letzteres ist der Fall bei der Begehung von zur Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienender Beschaffungstaten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2016 - 4 StR 408/16, Rn. 6 und vom 2. April 2015 - 3 StR 103/15, Rn. 5; Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt die Bejahung eines Hangs nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15 aaO; vom 21. August 2012 - 4 StR 311/12 aaO; vom 12. April 2012 - 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271 und vom 1. April 2008 - 4 StR 56/08, NStZRR 2008, 198 f.). Ebenso wenig ist für einen Hang erforderlich, dass beim Tä- ter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2017 - 1 StR 613/16, Rn. 7; vom 26. Oktober 2016 - 4 StR 408/16, Rn. 6; vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15 aaO und vom 25. Juli 2007 - 1 StR 332/07, NStZ-RR 2008, 7).
5
a) Zum einen ist das Landgericht von einem zu engen Begriff des Hangs ausgegangen. Hierfür ausreichend ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Nach den Feststellungen liegt es nahe, dass es sich bei der Tat um eine solche, der Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienende Kriminalität handelte. Der Angeklagte konsumierte ab dem Alter von 17 Jahren "regelmäßig" Haschisch. Auch nach Abschluss seiner Ausbildung im Jahr 2010 "trank er viel und nahm Drogen" (UA S. 4). Dementsprechend musste er schon im Alter von 15 Jahren wegen Besitzes und Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 45 JGG ermahnt werden, 2007 wurde er wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten und 2013 unter anderem wegen desselben Delikts zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Tat beging der Angeklagte mit seinen beiden Mittätern, um Betäubungsmittel und Geld zu erbeuten. Den Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten hat das Landgericht deshalb auch als "Hintergrund" der Tat und diese wiederum im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung betreffend den Mitangeklagten B. auch als "Beschaffungstat" eingeordnet (UA S. 26).

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

4
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt: „Nach den Feststellungen absolvierte der Angeklagte nach seiner vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft am 17. Mai 2017 eine stationäre Drogenentwöhnungstherapie, die er nach sechs Wochen regelgerecht beendete. Bis zu seiner vorläufigen Festnahme am 7. November 2017 und der sich anschließenden Inhaftierung konsumierte der Angeklagte gelegentlich Cannabis und Kokain (UA S. 7, 24). Die Kammer hat das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB mit der Begründung verneint, nach den Ausführungen der Sachverständigen könne bei dem Angeklagten keine Suchtdiagnose gestellt werden, da über das Ergebnis der Haaranalyse, die einen gelegentlichen Konsum von Cannabis und Kokain ergeben habe (UA S. 24), keine weiteren belastbaren Befunde oder Befundberichte über Entzugserscheinungen, Therapien und Folgeerkrankungen vorlägen. Ein Hang könne somit nicht festgestellt werden (UA S. 29 f). Diese Begründung lässt befürchten, dass die Kammer bei ihrer Prüfung von einer zu engen Definition des Hanges ausgegangen ist. Für die Annahme eines Hangs ist nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer psychischen Abhängigkeit erreicht haben muss (Senat, Beschluss vom 20. September 2017 – 1 StR 348/17, juris Rn. 9 mwN). Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln im Sinne des § 64 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende aufgrund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (Senat, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 587/16, juris Rn. 9; Urteil vom 14. Oktober 2015 – 1 StR 415/15, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 – 3 StR 386/13, juris Rn. 10). Letzteres ist der Fall bei der Begehung von zur Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienender Beschaffungstaten (Senat, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 587/16; BGH, Beschlüsse vom 6. Juni 2017 – 2 StR 103/17; und vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15). Insoweit kann der Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum bereits die Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden erheblich beeinträchtigt ist, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommen. Wenngleich solche Beeinträchtigungen in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hanges aus (Senat, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, juris Rn. 14; BGH, Beschlüsse vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15, juris Rn. 6; und vom 1. April 2008 – 4 StR56/08, juris Rn. 6). Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz der Annahme eines Hangs nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, juris Rn. 12 mwN). Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, juris Rn. 12 mwN). Angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte sowohl Marihuana, als auch Kokain konsumierte und einer geregelten Arbeit weder vor, noch nach seiner Inhaftierung nachging, hätte für die Kammer Veranlassung bestanden, die Hintergründe näher zu beleuchten. Allein die Tatsache, dass der Angeklagte keine Suchtfolgen zeigte, vermag das Vorliegen eines Hangs nicht zu verneinen.“
5
a) Zum einen ist das Landgericht von einem zu engen Begriff des Hangs ausgegangen. Hierfür ausreichend ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Nach den Feststellungen liegt es nahe, dass es sich bei der Tat um eine solche, der Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienende Kriminalität handelte. Der Angeklagte konsumierte ab dem Alter von 17 Jahren "regelmäßig" Haschisch. Auch nach Abschluss seiner Ausbildung im Jahr 2010 "trank er viel und nahm Drogen" (UA S. 4). Dementsprechend musste er schon im Alter von 15 Jahren wegen Besitzes und Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 45 JGG ermahnt werden, 2007 wurde er wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten und 2013 unter anderem wegen desselben Delikts zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Tat beging der Angeklagte mit seinen beiden Mittätern, um Betäubungsmittel und Geld zu erbeuten. Den Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten hat das Landgericht deshalb auch als "Hintergrund" der Tat und diese wiederum im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung betreffend den Mitangeklagten B. auch als "Beschaffungstat" eingeordnet (UA S. 26).
8
Für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB genügt nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 - 1 StR 587/16, juris Rn. 9; Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Wenngleich erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommen und in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hangs aus (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; vom 2. April 2015 - 3 StR 103/15, juris Rn. 6). Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem Vorliegen eines Hangs nicht entgegen (BGH, Beschlüsse vom 12. April 2012 - 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271; vom 30. März 2010 - 3 StR 88/10, NStZ-RR 2010, 216). Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 3 StR 645/17, juris Rn. 8 mwN). Danach liegt nach den bisher getroffenen Feststellungen ein Hang nicht fern.
4
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt: „Nach den Feststellungen absolvierte der Angeklagte nach seiner vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft am 17. Mai 2017 eine stationäre Drogenentwöhnungstherapie, die er nach sechs Wochen regelgerecht beendete. Bis zu seiner vorläufigen Festnahme am 7. November 2017 und der sich anschließenden Inhaftierung konsumierte der Angeklagte gelegentlich Cannabis und Kokain (UA S. 7, 24). Die Kammer hat das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB mit der Begründung verneint, nach den Ausführungen der Sachverständigen könne bei dem Angeklagten keine Suchtdiagnose gestellt werden, da über das Ergebnis der Haaranalyse, die einen gelegentlichen Konsum von Cannabis und Kokain ergeben habe (UA S. 24), keine weiteren belastbaren Befunde oder Befundberichte über Entzugserscheinungen, Therapien und Folgeerkrankungen vorlägen. Ein Hang könne somit nicht festgestellt werden (UA S. 29 f). Diese Begründung lässt befürchten, dass die Kammer bei ihrer Prüfung von einer zu engen Definition des Hanges ausgegangen ist. Für die Annahme eines Hangs ist nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer psychischen Abhängigkeit erreicht haben muss (Senat, Beschluss vom 20. September 2017 – 1 StR 348/17, juris Rn. 9 mwN). Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln im Sinne des § 64 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende aufgrund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (Senat, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 587/16, juris Rn. 9; Urteil vom 14. Oktober 2015 – 1 StR 415/15, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 – 3 StR 386/13, juris Rn. 10). Letzteres ist der Fall bei der Begehung von zur Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienender Beschaffungstaten (Senat, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 587/16; BGH, Beschlüsse vom 6. Juni 2017 – 2 StR 103/17; und vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15). Insoweit kann der Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum bereits die Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden erheblich beeinträchtigt ist, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommen. Wenngleich solche Beeinträchtigungen in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hanges aus (Senat, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, juris Rn. 14; BGH, Beschlüsse vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15, juris Rn. 6; und vom 1. April 2008 – 4 StR56/08, juris Rn. 6). Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz der Annahme eines Hangs nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, juris Rn. 12 mwN). Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, juris Rn. 12 mwN). Angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte sowohl Marihuana, als auch Kokain konsumierte und einer geregelten Arbeit weder vor, noch nach seiner Inhaftierung nachging, hätte für die Kammer Veranlassung bestanden, die Hintergründe näher zu beleuchten. Allein die Tatsache, dass der Angeklagte keine Suchtfolgen zeigte, vermag das Vorliegen eines Hangs nicht zu verneinen.“
5
a) Zum einen ist das Landgericht von einem zu engen Begriff des Hangs ausgegangen. Hierfür ausreichend ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Nach den Feststellungen liegt es nahe, dass es sich bei der Tat um eine solche, der Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienende Kriminalität handelte. Der Angeklagte konsumierte ab dem Alter von 17 Jahren "regelmäßig" Haschisch. Auch nach Abschluss seiner Ausbildung im Jahr 2010 "trank er viel und nahm Drogen" (UA S. 4). Dementsprechend musste er schon im Alter von 15 Jahren wegen Besitzes und Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 45 JGG ermahnt werden, 2007 wurde er wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten und 2013 unter anderem wegen desselben Delikts zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Tat beging der Angeklagte mit seinen beiden Mittätern, um Betäubungsmittel und Geld zu erbeuten. Den Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten hat das Landgericht deshalb auch als "Hintergrund" der Tat und diese wiederum im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung betreffend den Mitangeklagten B. auch als "Beschaffungstat" eingeordnet (UA S. 26).
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Für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB genügt nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 - 1 StR 587/16, juris Rn. 9; Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Wenngleich erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommen und in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hangs aus (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; vom 2. April 2015 - 3 StR 103/15, juris Rn. 6). Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem Vorliegen eines Hangs nicht entgegen (BGH, Beschlüsse vom 12. April 2012 - 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271; vom 30. März 2010 - 3 StR 88/10, NStZ-RR 2010, 216). Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 3 StR 645/17, juris Rn. 8 mwN). Danach liegt nach den bisher getroffenen Feststellungen ein Hang nicht fern.
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Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt: „Nach den Feststellungen absolvierte der Angeklagte nach seiner vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft am 17. Mai 2017 eine stationäre Drogenentwöhnungstherapie, die er nach sechs Wochen regelgerecht beendete. Bis zu seiner vorläufigen Festnahme am 7. November 2017 und der sich anschließenden Inhaftierung konsumierte der Angeklagte gelegentlich Cannabis und Kokain (UA S. 7, 24). Die Kammer hat das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB mit der Begründung verneint, nach den Ausführungen der Sachverständigen könne bei dem Angeklagten keine Suchtdiagnose gestellt werden, da über das Ergebnis der Haaranalyse, die einen gelegentlichen Konsum von Cannabis und Kokain ergeben habe (UA S. 24), keine weiteren belastbaren Befunde oder Befundberichte über Entzugserscheinungen, Therapien und Folgeerkrankungen vorlägen. Ein Hang könne somit nicht festgestellt werden (UA S. 29 f). Diese Begründung lässt befürchten, dass die Kammer bei ihrer Prüfung von einer zu engen Definition des Hanges ausgegangen ist. Für die Annahme eines Hangs ist nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer psychischen Abhängigkeit erreicht haben muss (Senat, Beschluss vom 20. September 2017 – 1 StR 348/17, juris Rn. 9 mwN). Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln im Sinne des § 64 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende aufgrund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (Senat, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 587/16, juris Rn. 9; Urteil vom 14. Oktober 2015 – 1 StR 415/15, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 – 3 StR 386/13, juris Rn. 10). Letzteres ist der Fall bei der Begehung von zur Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienender Beschaffungstaten (Senat, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 587/16; BGH, Beschlüsse vom 6. Juni 2017 – 2 StR 103/17; und vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15). Insoweit kann der Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum bereits die Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden erheblich beeinträchtigt ist, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommen. Wenngleich solche Beeinträchtigungen in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hanges aus (Senat, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, juris Rn. 14; BGH, Beschlüsse vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15, juris Rn. 6; und vom 1. April 2008 – 4 StR56/08, juris Rn. 6). Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz der Annahme eines Hangs nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, juris Rn. 12 mwN). Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, juris Rn. 12 mwN). Angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte sowohl Marihuana, als auch Kokain konsumierte und einer geregelten Arbeit weder vor, noch nach seiner Inhaftierung nachging, hätte für die Kammer Veranlassung bestanden, die Hintergründe näher zu beleuchten. Allein die Tatsache, dass der Angeklagte keine Suchtfolgen zeigte, vermag das Vorliegen eines Hangs nicht zu verneinen.“
5 StR 87/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 12. April 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. April 2012

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 9. Dezember 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist,
b) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen 1, 7 und 10 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafausspruch.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung in drei Fällen sowie wegen Sachbeschädigung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verurteilung wegen Brandstiftung in drei Fällen beschränkten Revision. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts legte der Angeklagte neben den sieben rechtskräftig als Sachbeschädigungen ausgeurteilten Brandlegungen zwischen Februar 2009 und Juni 2011 drei Brände, indem er einen Papierstapel in einem Kellerverschlag des auch von ihm bewohnten Mehrfamilienhauses (Fall 1), den in einem an der Rückwand eines Restaurants stehenden Müllcontainer befindlichen Abfall (Fall 7) und im Eigentum anderer Mieter stehende Gegenstände in einem Kellerverschlag eines wiederum auch von ihm selbst bewohnten Mehrfamilienhauses (Fall 10) entzündete. In allen Fällen entstand aufgrund der vom Angeklagten billigend in Kauf genommenen Flammen- und Rauchentwicklung erheblicher Gebäudeschaden. Bei Begehung der Taten befand sich der an einer Alkoholabhängigkeit leidende Angeklagte jeweils – zumindest nicht ausschließbar – in erheblich alkoholisiertem Zustand, weshalb die Strafkammer eine erhebliche Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB angenommen hat.
3
Eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat das sachverständig beratene Landgericht mit der Begründung abgelehnt, bei dem Angeklagten bestehe zwar eine Alkoholabhängigkeit, ein Hang im Sinne des § 64 StGB liege jedoch nicht vor. Der Angeklagte sei stets in der Lage gewesen, seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Sein erhöhter Alkoholkonsum sei nicht Ursache, sondern Folge von Antriebsmangel und Strukturverlust im Alltag. Er habe zu keinem Zeitpunkt an Entzugserscheinungen gelitten und sei in der Lage gewesen, seinen Konsum aufzuschieben.
4
2. Die Erwägungen der Strafkammer zur Ablehnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Ihnen liegt ein zu enges Verständnis des Begriffs des Hanges zu übermäßigem Rauschmittelkonsum zugrunde. Ein Hang im Sinne des § 64 StGB setzt eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung voraus, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen, wobei auch das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem nicht entgegenstehen (BGH, Beschlüsse vom 9. November2011 – 2StR 427/11 – und vom 30. März 2010 – 3 StR 88/10, NStZ-RR 2010, 216; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 64 Rn. 9 mwN).
5
Danach lässt sich die Verneinung eines Hanges nicht mit dem vom Sachverständigen festgestellten Alkoholabhängigkeitssyndrom in Einklang bringen: Der Sachverständige hat hierzu weiter ausgeführt, dass sich der Tagesablauf des Angeklagten jedenfalls zum Teil nach seinem Alkoholkonsum gerichtet habe, die gemessenen Alkoholwerte auf eine erhebliche Alkoholgewöhnung hindeuteten, eine gewisse Verwahrlosung des Angeklagten eingetreten sei und dieser bisher nicht mit dem Trinken aufgehört habe, obwohl dies seit längerem sein Wunsch sei. Das seitens der Strafkammer herangezogene Fehlen einer erheblichen Einschränkung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit hindert die Annahme eines Hanges nicht (BGH, Beschluss vom 9. November 2011 – 2 StR 427/11). Gleiches gilt für die Fähigkeit, den Konsum „aufzuschieben“. Es ist nicht Voraussetzungdes Hanges, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht ; vielmehr ist es auch ausreichend, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2009 – 5 StR 586/08, NStZ-RR 2009,

137).


6
3. Neben der Beanstandung der unterbliebenen Maßregelanordnung hebt der Senat auch die Aussprüche über die Einzelfreiheitsstrafen in den von der Revision erfassten Fällen – die wegen der Sachbeschädigungen verhängten, nicht angefochtenen Einzelgeldstrafen bleiben bestehen – sowie den Gesamtstrafausspruch auf, da nicht auszuschließen ist, dass das Land- gericht im Falle der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt auf niedrigere Strafen erkannt hätte. Auf diese Weise wird eine sachgerechte Abstimmung von Maßregel und Strafe ermöglicht. Der Senat kann zudem nicht ausschließen, dass sich die fehlerhafte Beurteilung des Hanges auf die Feststellung der Voraussetzungen der §§ 21, 49 StGB, insbesondere auf die Versagung der Strafrahmenverschiebung ausgewirkt hat. Das neue Tatgericht wird deshalb unter Befragung eines Sachverständigen zu prüfen haben, ob dem Angeklagten die bei Tatbegehung vorhandene Trunkenheit trotz seiner Alkoholabhängigkeit uneingeschränkt vorwerfbar ist und inwieweit er in allen Fällen mit vergleichbaren Straftaten rechnen musste (BGH, Beschlüsse vom 20. April 2005 – 5 StR 147/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 38, und vom 27. Januar2004 – 3 StR 479/03, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 33).
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 88/10
vom
30. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 30. März
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 1. Dezember 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht - von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat, - den Verfall von Wertersatz angeordnet hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und zu seinen Lasten einen Geldbetrag von 3.500 Euro für verfallen erklärt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Urteil begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgesehen hat. Das Landgericht hat dies damit begründet, der Angeklagte habe keinen Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Diese rechtliche Bewertung wird indes von den insoweit widersprüchlichen Feststellungen nicht getragen. Zwar hat das sachverständig beratene Landgericht festgestellt, der Angeklagte habe seinen Kokain - und Cannabiskonsum stets steuern können. Er habe aus freiem Willen und nur in geselliger Runde zu Drogen gegriffen; ebenso habe er den Konsum über einen längeren Zeitraum ganz eingestellt und auch in der Haft nur anfangs unter leichteren Entzugserscheinungen gelitten. Andererseits hat es aber "aufgrund des jahrelangen Drogenkonsums" des Angeklagten eine "Drogenentwöhnungstherapie im Rahmen des § 35 BtMG für sinnvoll" erachtet. Dies wiederum legt die Annahme einer zumindest psychischen Abhängigkeit im Sinne einer auf Disposition beruhenden oder durch Übung erworbenen intensiven Neigung des Angeklagten zum Betäubungsmittelkonsum und damit eines Hangs im Sinne von § 64 StGB nahe; das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz stünden dem nicht entgegen (vgl. hierzu Fischer, StGB 57. Aufl. § 64 Rdn. 9 m. w. N.).
3
Auf dem Rechtsfehler beruht das Urteil, denn da das Landgericht weiter festgestellt hat, dass der Angeklagte den aus den Taten erzielten Gewinn zumindest teilweise zur Finanzierung seines Drogenkonsums benötigte und im Übrigen therapiebereit ist, lassen sich auch die weiteren Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 64 StGB nicht ausschließen. Die Maßregel ginge einer Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG vor (BGH StV 2008, 405 und 2009, 353).
4
Über die Anordnung der Maßregel muss deshalb (wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen) neu verhandelt und entschieden werden; es werden hierzu insgesamt neue Feststellungen zu treffen sein. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, stünde der Anordnung der Maßregel nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Landgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.).
5
2. Auch die Verfallsanordnung hat keinen Bestand. Das Landgericht hat sie als zwingende Rechtsfolge angesehen, ohne zu prüfen, ob der Wert der insgesamt 3.500 Euro, die der Angeklagte nach den - von der Aufhebung unberührten - Feststellungen zum Tatgeschehen in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe als Provisionen erlangt hat, in dessen Vermögen noch vorhanden sind (§ 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB). Ein Wegfall der Bereicherung liegt nach den Umständen nicht fern; in diesem Falle wäre der Wertersatzverfall nicht zwingend anzuordnen, sondern läge im tatrichterlichen Ermessen.
6
Ergänzend bemerkt der Senat, dass eine Verfallsanordnung unmittelbar auf §§ 73 Abs. 1, 73 a Satz 1 StGB zu stützen wäre. Die Frage des erweiterten Verfalls gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 73 d StGB stellt sich hier nicht, denn als Anknüpfungstaten kommen (nur) die abgeurteilten Fälle II. 1. bis 3. der Urteilsgründe in Betracht.
Sost-Scheible Pfister Hubert
Schäfer Mayer

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

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Auf der Grundlage dieser Feststellungen erweist sich die fehlende Erörterung der Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB als rechtsfehlerhaft. Soweit die Strafkammer § 64 Satz 1 StGB möglicherweise deswegen nicht erkennbar geprüft hat, weil der Angeklagte nach seinen Angaben seit seiner Inhaftierung nicht mehr konsumierte, hätte sie der Beurteilung ein zu enges Verständnis des Hangs zugrunde gelegt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 7. November 2018 – 1 StR 481/18, juris Rn. 4; vom 26. Oktober 2016 – 4 StR 408/16, juris Rn. 6, jeweils mwN). Ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang und der Anlasstat liegt bei Delikten , die – wie hier – begangen werden, um den Drogenkonsum zu finanzieren , in besonderer Weise nahe (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20. Februar 2018 – 3 StR 14/18, juris Rn. 4 jeweils mwN). Den Urteilsgründen lassen sich auch keine Umstände entnehmen, welche die Prognose zuließen, dass eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB nicht bestehe. Hiergegen spricht bereits, dass der Angeklagte während seiner Inhaftierung an einer Selbsthilfegruppe teilnahm, um sich auf eine Therapie vorzubereiten.
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Überdies ist das Landgericht von einem zu engen und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis von dem erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen Hang und Anlasstaten ausgegangen. Insoweit ist es nicht erforderlich , dass der Hang die alleinige Ursache oder "bestimmender Auslöser" für die Anlasstat ist. Vielmehr ist ein solcher Zusammenhang bereits dann zu bejahen , wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1996 - 2 StR 470/96, BGHR StGB § 64 Zusammenhang , symptomatischer 1; vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09, BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 5). Typisch für Taten mit einem derartigen Symptomcharakter sind Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel selbst oder - wie hier - Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. August 2013 - 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75; vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; vom 12. Januar 2017 - 1 StR 604/16, juris Rn. 17).

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.

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Die fehlerhafte Ablehnung der Maßregelanordnung zieht gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 JGG wegen des dort vorgegebenen sachlichen Zusammenhangs zwischen Strafe und Unterbringung die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 314/15, StV 2016, 734 f.; vom 25. November 2014 – 5 StR 509/14 Rn. 4 und vom 12. März 2012 – 3 StR 42/12 Rn. 2).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 314/15
vom
27. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Oktober 2015
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 19. März 2015, soweit es ihn betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Krefeld zu der Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Während die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten zum Schuldspruch keinen Erfolg hat, kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB mit rechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt. Dies führt gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 JGG auch zur Aufhebung des Strafausspruchs.
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1. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des Hangs, des symptomatischen Zusammenhangs sowie der Gefährlichkeit für gegeben erachtet. Demgegenüber hat es - dem Sachverständigen folgend - die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) verneint und dies vor allem mit dem fehlenden Schulabschluss des Angeklagten, dem frühen Beginn seiner sozialen Auffälligkeiten , insbesondere seines Suchtmittelgebrauchs, sowie mit seiner Impulsivität , Aggressivität und Reizbarkeit begründet.
3
Dies hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn diese Kriterien werden teilweise durch die Feststellungen nicht belegt, teilweise sind sie für sich nicht geeignet, gegen die konkrete Aussicht zu sprechen, der - therapiewillige - Angeklagte könnte durch den Vollzug der Maßregel geheilt und jedenfalls über eine erhebliche Zeitspanne vor einem Rückfall bewahrt werden, so dass zu erwarten steht, dass bei erfolgreichem Verlauf der Therapie seine Gefährlichkeit aufgehoben oder deutlich herabgesetzt werden wird (vgl. zu diesen Maßstäben BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 3 StR 513/12, BGHR StGB § 64 Satz 2 Erfolgsaussicht 1). Im Einzelnen:
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a) Allein ein fehlender Schulabschluss spricht nicht für eine intellektuelle Behinderung, die wegen ihrer Schwere dazu führen könnte, dass der Angeklagte in einer Entziehungsanstalt nicht behandelbar wäre (vgl. BGH aaO; MüKoStGB/van Gemmeren, 2. Aufl., § 64 Rn. 68).
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b) Darüber hinaus ist zwar von dem zu Therapierenden ein gewisses Maß an Introspektionsfähigkeit sowie Kränkungs- und Frustrationstoleranz zu fordern (vgl. Dannhorn, NStZ 2012, 414, 417). Dass es daran dem Angeklagten mangelt, wird aber durch die Feststellungen zu dessen persönlichen Werdegang nicht belegt. Den Urteilsgründen ist insoweit nur zu entnehmen, dass im Jahre 2010 ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 45 Abs. 2 JGG eingestellt worden und dass es zwischen dem Angeklagten und seinem Vater - wegen seines Drogenkonsums (!) - zu massiven, teils sogar gewalttätigen Streitigkeiten gekommen war. Auch die verfahrensgegenständlichen Straftaten, die im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen zwei Personengruppen begangen wurden, belegen keine den Angeklagten von anderen Gewalttätern unterscheidende höhere Aggressivität oder Reizbarkeit. Die Maßregel des § 64 StGB steht aber auch Gewalttätern offen.
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c) Schließlich kommt es unter dem Aspekt der Verfestigung eines Konsumverhaltens weniger auf dessen Beginn als auf dessen Dauer an. Ein sechs Jahre andauernder Suchtmittelgebrauch vermag für sich betrachtet das Verdikt der Unbehandelbarkeit nicht zu begründen. Dies gilt umso mehr, als das Urteil keine Feststellung dahin enthält, dass sich der Angeklagte zuvor bereits einmal einer Therapie unterzogen hätte.
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2. Die fehlerhafte Ablehnung der Maßregelanordnung zieht gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 JGG die Aufhebung auch des Strafausspruchs nach sich (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2014 - 5 StR 509/14, juris Rn. 4).
Dieser ist jedoch auch für sich genommen nicht bedenkenfrei. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts unter Ziffer 2 und 3 der Antragsschrift vom 24. August 2015.
Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol
4
2. Bereits wegen des durch § 5 Abs. 3 JGG vorgegebenen sachlichen Zusammenhangs zwischen Strafe und Unterbringung ist der Strafausspruch aufzuheben. Insoweit hätten jedoch auch für sich genommen Bedenken bestanden. Ausweislich der Feststellungen (UA S. 4) hat der Angeklagte die im angefochtenen Urteil bei der Prüfung der schädlichen Neigungen (UA S. 26) sowie bei der Bemessung der Jugendstrafe (UA S. 28) in Ansatz gebrachten Hafterfahrungen erst nach der verfahrensgegenständlichen Tat gemacht. Gleiches gilt für die Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe, sofern sich die in den Urteilsgründen angesprochene „Erzwingungshaft“ (UA S. 26) hierauf beziehen sollte. Davon bleibt unberührt, dass die vier Verurteilungen des Angeklagten wegen nach der erlittenen Untersuchungshaft und während des laufenden Verfahrens begangener Straftaten nach allgemeinen Regeln zu berücksichtigen sein werden.