Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2016 - 3 StR 211/16

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:260716B3STR211.16.0
published on 26/07/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2016 - 3 StR 211/16
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 211/16
vom
26. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:260716B3STR211.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 25. Februar 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen und dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Seine hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision hat Erfolg.
2
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen schlug der Angeklagte am 4. Juni 2013 der Geschädigten, seiner damaligen Lebensgefährtin, in der gemeinsamen Wohnung mit einer Kleiderstange gegen deren Arme, Beine und Hinterkopf. Im Anschluss hieran erwirkte die Geschädigte eine einstweilige Anordnung, nach der es dem Angeklagten untersagt war, sich der Geschädigten zu nähern oder sonst mit ihr in Kontakt zu treten. Trotz Kenntnis von diesen Verboten nahm der Angeklagte danach in der Zeit bis zum 26. September 2013 in insgesamt 23 Fällen Kontakt zu der Geschädigten auf. In einem dieser Fälle äußerte er am Telefon, er werde das Haus der Zeugin und ihres Vaters anzünden , wenn er die Kinder nicht sehen dürfe. In einem weiteren Fall trat oder schlug er, einen Schreckschussrevolver in der Hand haltend, gegen die Hauseingangstür und schrie: "Komm raus, sonst bring' ich Dich um!"
3
Die - sachverständig beratene - Strafkammer hat angenommen, der Angeklagte sei bei allen Taten wegen einer krankhaften seelischen Störung schuldunfähig gewesen. Er habe die wahnhafte Vorstellung entwickelt, der seinerzeit dreijährige Sohn der Geschädigten trage die Schuld an einer Fehlgeburt der Geschädigten und habe somit sein ungeborenes Kind getötet. Aufgrund der Art seiner Einlassung stehe fest, dass die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten während der Taten aufgehoben gewesen sei. Zudem wäre er nicht in der Lage gewesen, sein Handeln selbst bei vorhandener Unrechtseinsicht zu steuern.
4
1. Die Maßregelanordnung nach § 63 StGB hält materiellrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur angeordnet werden, wenn unter anderem zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung im Sinne einer der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruht. In diesem Zusammenhang ist darzulegen, wie sich die festgestellte, einem Merkmal der §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden Zustand zurückzuführen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 - 1 StR 265/15, NStZ-RR 2016, 76; vom 21. Juni 2016 - 5 StR 214/16, juris Rn. 4).
6
b) Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht; diese belegen einen für die festgestellten Straftaten ursächlichen Zustand im Sinne des § 63 StGB nicht.
7
Zur Begründung der Annahme, der Angeklagte sei von Anfang Juni bis Ende September 2013 aufgrund der jeweils aktuell ausgeprägten wahnhaften Störung schuldunfähig gewesen, hat das Landgericht maßgeblich auf den Eindruck abgestellt, den der Angeklagte in den vom Sachverständigen mit ihm geführten Explorationsgesprächen im September 2015 und Januar 2016 sowie in der Hauptverhandlung im Februar 2016 gemacht hat. Aus dem geschilderten Verhalten erschließt sich aber nicht der Zustand des Angeklagten während des etwa zwei bis zweieinhalb Jahre zurückliegenden Tatzeitraums. Hierzu hätte es näherer Ausführungen bedurft, welche die Urteilsgründe nicht enthalten. Betreffend den Zustand des Angeklagten im Tatzeitraum hat das Landgericht wesentlich nicht auf eine psychotische Erkrankung, sondern den damaligen Alkoholund Drogenkonsum des Angeklagten abgestellt. In diesem Zusammenhang hat es dem Sachverständigen folgend ausgeführt, beim Angeklagten liege ein Missbrauch und eine Abhängigkeit von Drogen und Alkohol vor. Das Verhältnis zwischen diesem Befund und der diagnostizierten Wahnerkrankung zur Tatzeit wird durch die Urteilsgründe jedoch nicht näher dargelegt. Daneben hat das Landgericht lediglich pauschal ausgeführt, die Taten des Angeklagten stünden in ursächlichem Zusammenhang mit der bei ihm festgestellten wahnhaften Störung und der darauf beruhenden fehlenden Einsichtsfähigkeit sowie der fehlenden Selbstkontrolle. Auch dies genügt hier nicht. Eine nähere Begründung wäre insoweit u.a. deshalb erforderlich gewesen, weil nach der Aussage der Ge- schädigten diese und der Angeklagte sich gegen Ende des Jahres 2013, mithin nach den hier festgestellten Anlasstaten, wieder versöhnten, und in der Folgezeit erneut zusammen wohnten. Somit liegt es nicht fern, dass jedenfalls die Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz möglicherweise nicht auf die Erkrankung des Angeklagten zurückzuführen, sondern maßgeblich von seiner Motivation getragen waren, die Beziehung mit der Geschädigten fortzusetzen. Mit diesem Gesichtspunkt hätte sich die Strafkammer auseinandersetzen müssen.
8
2. Der Senat war durch den Umstand, dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hat, nicht gehindert, auch den Freispruch aufzuheben; denn durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I, S. 1327) wurde der frühere Rechtszustand dahin geändert, dass es gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO möglich ist, in einer neuen Hauptverhandlung an Stelle der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus den Täter schuldig zu sprechen und eine Strafe zu verhängen. Dies bedeutet, dass auf die Revision des Angeklagten in Fällen wie dem vorliegenden ein Freispruch aufgehoben werden kann. Die Aufhebung (auch) des Freispruchs entspricht im vorliegenden Fall dem Ziel des Gesetzgebers zu vermeiden, dass nach einer erfolgreichen Revision eines Angeklagten gegen die alleinige Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen angenommener Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB die Tat ohne strafrechtliche Sanktion bleibt, wenn sich in der neuen Hauptverhandlung herausstellt, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat schuldfähig war. Das Gericht bleibt jedoch gehindert, nach Aufhebung einer isoliert angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erneut die Unterbringung anzuordnen und zugleich erstmals Strafe zu verhängen (BGH, Beschlüsse vom 24. Oktober 2013 - 3 StR 349/13, juris Rn. 8; vom 5. August 2014 - 3 StR 271/14, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 2 Freispruch 1).
9
3. Die Sache bedarf nach alldem neuer Verhandlung und Entscheidung, wobei es sich empfehlen dürfte, einen neuen Sachverständigen hinzuzuziehen. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass die Verurteilung nach § 4 Satz 1 GewSchG wegen einer Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG voraussetzt, dass das Strafgericht die materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung überprüft und dabei deren tatbestandliche Voraussetzungen eigenständig feststellt (BGH, Beschluss vom 28. November 2013 - 3 StR 40/13, BGHSt 59, 94). Das neue Tatgericht wird schließlich auch die Neufassung des § 63 StGB durch das Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften (BGBl. I, S. 1610 f.) in den Blick zu nehmen haben, das am 1. August 2016 in Kraft treten wird.
Becker Schäfer Mayer
Spaniol Tiemann
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer bestimmten vollstreckbaren

1.
Anordnung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder 3, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 1, zuwiderhandelt oder
2.
Verpflichtung aus einem Vergleich zuwiderhandelt, soweit der Vergleich nach § 214a Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Satz 1 oder 3 dieses Gesetzes, jeweils auch in Verbindung mit § 1 Absatz 2 Satz 1 dieses Gesetzes, bestätigt worden ist.
Die Strafbarkeit nach anderen Vorschriften bleibt unberührt.

(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,

1.
die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
2.
sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
3.
zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
4.
Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
5.
Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen,
soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung widerrechtlich gedroht hat oder
2.
eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
a)
in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder
b)
eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.