Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Okt. 2017 - 3 StR 109/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:171017B3STR109.17.0
bei uns veröffentlicht am17.10.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 109/17
vom
17. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Volksverhetzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:171017B3STR109.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 17. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 14. September 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Volksverhetzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat es angeordnet , dass vier Monate der Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten, und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen nicht ankommt.

I.


2
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen verschickte der Angeklagte drei von dem gesondert verurteilten I. verfasste Briefe und einen von einer Person namens L. verfassten Text in Kenntnis des jeweiligen Inhalts, indem er diese einscannte und sodann per E-Mail unaufgefordert an mindestens 500 Personen versandte, von denen ihm nur ein Teil bekannt war. Alle Briefe hatten einen die Bundesrepublik Deutschland oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpfenden Inhalt. In zwei Briefen sowie dem Text von L. (Taten II.1. und II.3. der Urteilsgründe) wurde zudem der Holocaust geleugnet.
3
Das Landgericht hat dies jeweils als schwere Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole gemäß § 90a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB, in zwei Fällen in Tateinheit mit Volksverhetzung nach "§ 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 und Abs. 5 (i.d.F. vom 16.03.2011) StGB", gewertet.

II.


4
1. Der Schuldspruch wegen schwerer Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90a Abs. 3 StGB) hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
a) Das Landgericht ist zwar rechtsfehlerfrei zu der Bewertung gelangt, dass die von dem Angeklagten weitergeleiteten Texte einen die Bundesrepublik Deutschland beschimpfenden Inhalt im Sinne des § 90a Abs. 1 StGB aufweisen. Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass sich der Angeklagte durch die Taten absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze eingesetzt hat (§ 90a Abs. 3 StGB).
6
Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland sind gemäß § 92 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 StGB solche, die die Freiheit von fremder Botmäßigkeit aufheben, die staatliche Einheit beseitigen oder ein zur Bundesrepublik gehörendes Gebiet abtrennen wollen. Bestrebungen gegen Verfassungsgrundsätze entfaltet, wer einen der in § 92 Abs. 2 StGB enumerativ genannten Grundsätze beseitigen, untergraben oder außer Geltung setzen will (§ 92 Abs. 3 Nr. 3 StGB).
7
Hier lässt sich weder den Feststellungen noch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Das Landgericht hat lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt (UA S. 29 f.), dass die - nicht näher konkretisierte - Motivation des Angeklagten mit derjenigen des gesondert verfolgten I. übereinstimme und sich aus an I. gerichteten Briefen des Angeklagten ergebe, in denen dieser das Ende des "bundesdeutschen Krisensystems" bzw. die "Endzeitstimmung" in Bezug auf dieses "Regime" befürwortet habe. Aus den Urteilsgründen ergibt sich außerdem, dass der Angeklagte die Legitimation der Bundesrepublik anzweifelt und den Fortbestand des Deutschen Reiches propagiert.
8
Dem mag sich zwar entnehmen lassen, dass der Angeklagte die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland von fremder Botmäßigkeit leugnet. Eigene oder von dem Angeklagten unterstützte aktiv-tätige Bemühungen im Sinne eines Hinarbeitens auf einen derartigen Zustand ergeben sich daraus jedoch nicht (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. Mai 2016 - 3 StR 392/15, StV 2017, 379, 380). Auch eine etwaige durch die Briefe an I. vermittelte Vorfreude des Angeklagten auf einen Zusammenbruch oder ein Ende der Bundesrepublik in ihrer gegenwärtigen Form lässt keine eigenen Aktivitäten in diese Richtung erkennen. Solche werden auch nicht durch die hier in Rede stehende Verbreitung der Briefe von I. durch den Angeklagten belegt. Denn Grundtenor all dieser Briefe war, dass das Verbot der Holocaustleugnung als Sondergesetz gegen die Meinungsfreiheit verstoße und die darauf gestützte strafrechtliche Verfolgung ein Verbrechen sowie Willkür bedeute. Dass einer der in § 92 Abs. 2 StGB genannten Verfassungsgrundsätze beseitigt, außer Geltung gesetzt oder untergraben werden solle, ergibt sich daraus nicht. Schließlich vermögen auch die Ausführungen der Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung, wonach sowohl der Angeklagte als auch I. "seit Jahren rechtsradikales Gedankengut verbreiten und die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekämpfen" (UA S. 34), die Annahme des Qualifikationstatbestandes nicht zu tragen, weil diese Einschätzung nicht durch Tatsachen belegt ist.
9
b) Da nicht auszuschließen ist, dass weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung des Angeklagten nach § 90a Abs. 3 StGB tragen, hebt der Senat den Schuldspruch wegen schwerer Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole auf. Dies erfasst notwendig auch die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen Volksverhetzung in den Fällen II.1. und II.3. der Urteilsgründe, wenngleich das Landgericht insoweit rechtsfehlerfrei eine Leugnung des Holocaust im Sinne des § 130 Abs. 3 StGB bejaht hat.
10
2. Im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
11
a) Die Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole gemäß § 90a Abs. 1 StGB ist - ebenso wie die Leugnung des Holocaust nach § 130 Abs. 3 StGB - ein persönliches Äußerungsdelikt. Die Wiedergabe fremder Äußerungen ist nur dann tatbestandsmäßig, wenn sich der Täter die Äußerung ausdrücklich oder konkludent derart zu eigen macht, dass er selbst beschimpft oder böswillig verächtlich macht. Ob sich der Täter eine Äußerung auf solche Weise zu eigen macht, gehört zur Auslegung, die aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Die Bewertung des Inhalts einer Äußerung richtet sich ebenso wie die Frage des Zu-Eigen-Machens nach deren objektivem Sinngehalt, der nach dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittsempfängers zu ermitteln ist. Dabei können neben dem Wortlaut und dem Kontext der Äußerung auch außerhalb derselben liegende Umstände Bedeutung erlangen (BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 2002 - 3 StR 270/02, NStZ 2003, 145; vom 7. Februar 2002 - 3 StR 446/01, NStZ 2002, 592). Nicht erkennbar gewordene Umstände, beispielsweise eine weder in der Äußerung selbst noch in den Begleitumständen zum Ausdruck gekommene innere Einstellung des Täters, sind aus Sicht des Empfängerhorizonts dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Urteile vom 23. August 1979 - 4 StR 207/79, juris Rn. 7; vom 20. Juli 1961 - 3 StR 21/61, NJW 1961, 1932, 1933; vom 3. April 2008 - 3 StR 394/07, juris Rn. 8 [zu § 130 StGB, insoweit in BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 3 nicht abgedruckt]; Beschluss vom 14. April 2015 - 3 StR 602/14, NStZ 2015, 512, 513 [zu § 130 Abs. 1 StGB]).
12
Insoweit könnte die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich die Äußerungen von I. zu eigen gemacht, in den Fällen I.1. und I.2. der Urteilsgründe auf rechtliche Bedenken stoßen. Denn das Landgericht hat seine Bewertung in diesen Fällen im Wesentlichen auf entsprechende Bemerkungen des Angeklagten in - erst nach der dritten Tat verfassten und den Feststellun- gen zufolge nicht veröffentlichten - Antwortbriefen an I. gestützt. Auch das erst im dritten Fall (Fall II.3. der Urteilsgründe) an die Empfänger der von ihm weitergeleiteten Texte gerichtete Begleitschreiben des Angeklagten ist für die Beurteilung der ersten beiden Fälle (Fälle II.1. und II.2. der Urteilsgründe) ohne Bedeutung, weil die Empfänger der weitergeleiteten Texte zum Zeitpunkt der ersten beiden Taten hiervon noch keine Kenntnis hatten.
13
b) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen kommt als Tathandlung sowohl im Rahmen des § 90a Abs. 1 StGB als auch im Rahmen des § 130 Abs. 3 StGB neben einem Verbreiten von Schriften auch ein öffentliches Beschimpfen bzw. öffentliches Leugnen in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 88/14, NStZ 2015, 81, 83).
14
c) Falls die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer wiederum zu dem Ergebnis gelangt, dass durch die von dem Angeklagten in den Fällen II.1. und II.3. weitergeleiteten Texte der Holocaust geleugnet wird (§ 130 Abs. 3 StGB) und sich der Angeklagte die Texte zu eigen gemacht hat, ergibt sich seine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung unmittelbar aus § 130 Abs. 3 StGB; eines Rückgriffs auf § 130 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) StGB aF bedarf es insoweit nicht.
15
d) § 130 Abs. 5 StGB eröffnet u.a. für die weiteren Tathandlungen des Verbreitens und öffentlich Zugänglichmachens einer Schrift mit dem in § 130 Abs. 3 StGB bezeichneten Inhalt - die nicht zusätzlich den in § 130 Abs. 2 StGB beschriebenen Inhalt aufweisen muss - den Strafrahmen des Absatzes 2, der von Geldstrafe bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reicht.
16
e) Dem in Bezug auf § 90a StGB eingeschränkten Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist bei der Rechtsanwendung auf allen Ebenen Rechnung zu tragen. Es verlangt daher auch bei der Strafzumessung für eine verbotene Meinungsäußerung Beachtung (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2002 - 3 StR 270/02, NStZ 2003, 145, 146 mwN).
Becker Schäfer Gericke
Tiemann Hoch

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3)

1.
die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder
2.
die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes beeinträchtigt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, wer ihre Freiheit von fremder Botmäßigkeit aufhebt, ihre staatliche Einheit beseitigt oder ein zu ihr gehörendes Gebiet abtrennt.

(2) Im Sinne dieses Gesetzes sind Verfassungsgrundsätze

1.
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
2.
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
3.
das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
4.
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
5.
die Unabhängigkeit der Gerichte und
6.
der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen (Absatz 1),
2.
Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
Bestrebungen gegen Verfassungsgrundsätze solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, einen Verfassungsgrundsatz (Absatz 2) zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 392/15
vom
4. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Verfassungsorganen u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:040516B3STR392.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4. Mai 2016 gemäß § 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 28. April 2015 aufgehoben. Der Angeklagte wird freigesprochen. 2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Verfassungsorganen in Tateinheit mit Beleidigung zu der Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, von denen zwei Monate als verbüßt gelten. Außerdem hat es ihm die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen "herzuleiten", für drei Jahre aberkannt.
2
Die auf mehrere Verfahrensrügen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zu dessen Freispruch.
3
1. Der Verurteilung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
4
Der Angeklagte fertigte spätestens am 24. Juni 2012 unter Verwendung einer Vorlage aus dem Internet ein "Fahndungsblatt" im DIN-A4-Format an, auf dem unter der Überschrift "Verräter am deutschen Volk - linke/grüne/islamophile Bande" 19 Portraitfotos von Bundes- und Landespolitikern angebracht sind, so die der Abgeordneten des Deutschen Bundestages T. und W. . Nach dem Text des Plakates sollen die abgebildeten Personen "wegen stillschweigender Duldung und Beteiligung an Morden, Vergewaltigungen, Kindesmissbrauch , Attentaten, Umvolkung und Finanzverbrechen an der eigenen Bevölkerung steckbrieflich gesucht" sein. Für Hinweise, die zum Ergreifen der Gesuchten führen, werden 100.000 € ausgelobt. Mitteilungen nehme das Bun- deskriminalamt oder jede Polizeidienststelle entgegen. Darunter folgt der Satz: "Vorsicht! Volksverräter machen von der Nazikeule rücksichtslos Gebrauch". Dieses "Fahndungsplakat" brachte der Angeklagte innen an der Heckscheibe seines PKW an und fuhr so zwei Wochen lang auf öffentlichen Straßen. Auch hielt er sich mit dem Fahrzeug auf Campingplätzen und öffentlichen Parkplätzen auf, wo Passanten das Blatt zur Kenntnis nahmen. Der Angeklagte beabsichtigte durch das Plakat, die darauf abgebildeten Amts- und Mandatsinhaber als Verbrecher darzustellen, "um das Vertrauen der Betrachter in die Geltung der Verfassung zu erschüttern und um sie anzuhalten, am von ihm erstrebten Umsturz der Verfassungsorgane und des Bestands der Bundesrepublik Deutschland mitzuwirken". Ihm war auch bewusst, dass der Text eine erhebliche Ehrkränkung darstellte.
5
Bei der rund ein Jahr später durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten wurden weitere Exemplare des "Fahndungsblattes" im DIN-A3-Format sichergestellt, deren künftige Veröffentlichung der Angeklagte geplant hatte.
6
Die Abgeordneten T. und W. haben die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach § 90b Abs. 2 StGB erteilt und Strafantrag nach § 194 Abs. 1 Satz 1 StGB gestellt.
7
2. Die Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch wegen verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Verfassungsorganen.
8
Der Tatbestand des § 90b Abs. 1 StGB fordert neben der Verunglimpfung der dort genannten staatlichen Organe oder ihrer Mitglieder und der hierdurch bewirkten konkreten Gefährdung des Ansehens des Gesamtstaates auf der subjektiven Tatbestandsseite, dass der Täter sich durch sein Verhalten absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt. Zwar muss sich diese Absicht des Täters nicht aus der Tathandlung, vorliegend dem öffentlichen Zurschaustellen des Plakates, selbst ergeben. Vielmehr genügt es, dass die Tat ein Mittel ist, mit der er eigene oder fremde Bestrebungen dieser Art voranbringen oder unterstützen will (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1979 - 3 StR 334/79, BGHSt 29, 159, 160 f.). Ob die Intention des Täters diese Voraussetzungen erfüllt, bemisst sich nach den Legaldefinitionen des § 92 StGB. Danach stellt es eine Bestrebung gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland dar, wenn ihr Träger darauf hinarbeitet, die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland von fremder Botmäßigkeit aufzuheben, ein zu ihr gehörendes Gebiet abzutrennen oder ihre staatliche Einheit zu beseitigen (§ 92 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 StGB). Gegen Verfassungsgrundsätze gerichtet sind Bestrebungen, die darauf angelegt sind, die in § 92 Abs. 2 StGB aufgeführten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Kraft zu setzen oder zu untergraben (§ 92 Abs. 3 Nr. 3 StGB).
9
Die Urteilsgründe belegen - auch in einer Gesamtschau - nicht die Absicht des Angeklagten, sich mit dem "Fahndungsblatt" für Bestrebungen dieser Art einzusetzen. Das Landgericht zieht den Schluss auf die Absicht des Angeklagten , den Betrachter des Plakats anzuhalten, am "Umsturz der Verfassungsorgane und des Bestands der Bundesrepublik Deutschland mitzuwirken", aus einer Gesamtbetrachtung von Inhalt und Aufmachung des "Fahndungsblatts" , vom Angeklagten verfassten "Email-Schreiben" sowie nicht näher konkretisierten Einlassungen dazu. Dabei verweist es auf ein auf dem Computer des Angeklagten sichergestelltes Schreiben an ein "Internationales Handelszentrum" aus dem Jahr 2011, mit dem er alle, die die "Vollendung der Einheit und Freiheit des deutschen Volkes" erstrebten, zur Teilnahme an einer Sitzung zum "Volks-Reichstag" einlud. Außerdem hatte er im September 2013 eine "eidesstattliche Versicherung" formuliert, in der er seine Auffassung begründete, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht existiere und das deutsche Reich niemals aufgelöst worden sei, und kundtat, dass er nicht der Rechtsordnung der "Verwaltungsorganisation Bundesrepublik Deutschland" unterliege, es sei denn, er stelle sich freiwillig in den Dienst der BRD, was er aber seit 1990 nie getan habe. Diesen Schreiben lässt sich indes allenfalls entnehmen, dass der Angeklagte die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland von fremder Botmäßigkeit leugnet. Eigene oder von ihm unterstützte Aktivitäten gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 92 Abs. 1 StGB ergeben sich daraus nicht. Sie sind auch dem "Fahndungsplakat" selbst nicht zu entnehmen. Ebenso wenig belegen die vom Angeklagten angefertigten Schreiben, dass der Angeklagte darauf hin arbeitete, einen der in § 92 Abs. 2 konkret benannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder zu untergraben.
10
Der Senat schließt es aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen zu Bestrebungen des Angeklagten im Sinne des § 90b Abs. 1, § 92 StGB, die mit dem "Fahndungsblatt" vorangebracht oder unterstützt werden sollten, getroffen werden können. Daher ist der Angeklagte vom Vorwurf der verfassungsfeindlichen Verunglimpfung von Verfassungsorganen freizusprechen.
11
3. Soweit das "Fahndungsblatt" eine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB der darauf abgebildeten Personen enthält, ist Verfolgungsverjährung eingetreten, so dass insoweit einer Verurteilung des Angeklagten ein Verfahrenshindernis entgegensteht. Das Verbreiten des "Fahndungsblatt" stellt sich als ein Presseinhaltsdelikt dar, für das die kurze presserechtliche Verjährung gilt, die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits eingetreten war. Im Einzelnen :
12
Da sich die presserechtliche Verjährung wegen ihres jedenfalls auch prozessualen Charakters nach dem Recht des Gerichtsorts (BGH, Urteil vom 24. März 1999 - 3 StR 240/98, BGHSt 45, 41, 43 mwN) bestimmt, ist vorliegend das Landespressegesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern anwendbar. § 22 Abs. 1 dieses Gesetzes sieht für die Verfolgung strafbarer Handlungen, die durch die Veröffentlichung oder Verbreitung von Druckwerken begangen werden, bei Vergehen wie dem der Beleidigung eine Verjährungsfrist von sechs Monaten vor. Nach § 6 Abs. 1 LPrG M-V sind Druckwerke im Sinne des Gesetzes unter anderem alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellte und zur Verbreitung bestimmte Schriften. Ein solches Vervielfältigungsverfahren ist im- mer dann gegeben, wenn im Wege technischer Herstellung nicht bloß eine Mehrheit von Abschriften, sondern eine zwar nicht unbegrenzte, aber doch beliebig vermehrbare Vielzahl von Vervielfältigungen bereitgestellt werden kann. Als Druckwerke gelten deshalb auch die Vervielfältigungen mit dem Drucker des Heimcomputers oder eines Kopierers, bei denen Handarbeit zwar unterstützend mitwirkt, bei entsprechender Programmierung des Gerätes mit einem Knopfdruck aber eine Vielzahl von Exemplaren maschinell produziert werden kann. Ist diese Voraussetzung erfüllt, ist es nicht entscheidend, ob im konkreten Fall eine Vielzahl von Exemplaren tatsächlich hergestellt wurde (BGH aaO, S. 44 f.).
13
Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe und dem für die Prüfung der Verjährung freibeweislich verwertbaren Akteninhalt ist zu entnehmen, dass der Angeklagte das "Fahndungsblatt" anhand einer aus dem Internet heruntergeladenen Vorlage an seinem Heimcomputer gefertigt und sodann ausgedruckt hat. Dafür, dass es ihm ohne Weiteres möglich war, eine Vielzahl weiterer derartiger Plakate herzustellen, spricht zudem der Umstand, dass bei der Hausdurchsuchung mehrere Exemplare gefunden worden sind. Somit handelt es sich bei dem "Fahndungsblatt" um ein Druckwerk im Sinne von § 22 Abs. 1 LPrG M-V, so dass für damit begangene Vergehen, die nicht vom Ausnahmekatalog des § 22 Abs. 1 Satz 2 LPrG M-V erfasst sind, die sechsmonatige Verjährungsfrist gilt. Diese war - selbst wenn man nicht auf den ersten Verbreitungsakt am 24. Juni 2012 abstellen will - jedenfalls mit dem 8. Januar 2013 und damit zum Zeitpunkt der ersten möglichen Unterbrechungshandlung - der Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Rostock vom 3. Mai 2013 - bereits abgelaufen.
14
Auch wenn einer Aburteilung wegen verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Verfassungsorganen ebenfalls die kurze presserechtliche Verjährung entgegenstünde, ist das Verfahren nicht wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen, sondern der Angeklagte insgesamt freizusprechen. Hinsichtlich des Vorwurfs einer Straftat nach § 90b Abs. 1 StGB hat - da insoweit Entscheidungsreife vorliegt - der Freispruch Vorrang (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 260 Rn. 44). Kann aber bei tateinheitlichem Zusammentreffen eines schwereren und eines leichteren Tatvorwurfs der schwerere, hier der der verfassungsfeindlichen Verunglimpfung von Verfassungsorganen, nicht nachgewiesen werden und ist der leichtere wegen Vorliegens eines unbehebbaren Verfahrenshindernisses nicht mehr verfolgbar, so hat die Sachentscheidung Vorrang vor der Verfahrensentscheidung, weil der schwerer wiegende Vorwurf den Urteilsausspruch bestimmt (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - 5 StR 14/04, BGHSt 50, 16, 30 mwN). Deshalb ist der Angeklagte insgesamt mit der entsprechenden Kostenfolge freizusprechen (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO). RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Becker Schäfer Mayer Spaniol

(1) Im Sinne dieses Gesetzes beeinträchtigt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, wer ihre Freiheit von fremder Botmäßigkeit aufhebt, ihre staatliche Einheit beseitigt oder ein zu ihr gehörendes Gebiet abtrennt.

(2) Im Sinne dieses Gesetzes sind Verfassungsgrundsätze

1.
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
2.
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
3.
das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
4.
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
5.
die Unabhängigkeit der Gerichte und
6.
der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen (Absatz 1),
2.
Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
Bestrebungen gegen Verfassungsgrundsätze solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, einen Verfassungsgrundsatz (Absatz 2) zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3)

1.
die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder
2.
die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3)

1.
die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder
2.
die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

8
a) Die Auslegung des Inhalts einer Schrift im Sinne des § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat sich wegen des Charakters der Vorschrift als Verbreitungsdelikt an seinem objektiven Sinngehalt, Zweck und Erklärungswert zu orientieren, wie sie von einem verständigen, unvoreingenommenen Durchschnittsleser oder -hörer aufgefasst werden. Ob die Schrift die inhaltlichen Anforderungen des objektiven Tatbestands erfüllt, muss sich demnach in erster Linie aus ihr selbst ergeben. Umstände, die in der Schrift selbst keinen Niederschlag gefunden haben, bleiben grundsätzlich außer Betracht. Insbesondere subjektive Zielsetzungen, Mo- tive, Absichten, Vorstellungen oder Neigungen des Täters müssen zumindest "zwischen den Zeilen" erkennbar sein (vgl. Miebach/Schäfer in MünchKomm StGB § 130 Rdn. 57). Lässt eine Äußerung mehrere Deutungen zu, von denen nur eine strafbar ist, so darf die zur Bestrafung führende Interpretation nur zugrunde gelegt werden, wenn die anderen Deutungsmöglichkeiten, insbesondere solche, die mit der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) vereinbar wären, mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden können (vgl. BVerfG NJW 1994, 2943).

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 6 0 2 / 1 4
vom
14. April 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 14. April
2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 9. September 2013 dahin geändert, dass
a) die Angeklagte M. schuldig ist der Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und mit Volksverhetzung in zwei Fällen;
b) die Verurteilung des Angeklagten H. wegen Beihilfe zur öffentlichen Aufforderung zu Straftaten entfällt. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 3. Die Angeklagten haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte M. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und mit Volksverhetzung in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten unter Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung verurteilt. Den Angeklagten H. hat es der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, zum Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, zur öffentlichen Aufforderung zu Straftaten, zur Volksverhetzung und zur Gewaltdarstellung schuldig gesprochen und gegen ihn eine Bewährungsstrafe von fünf Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Nach den Feststellungen betrieben die Angeklagten zusammen mit mehreren nicht revidierenden Mitangeklagten seit Anfang des Jahres 2011 das Internetradio "I. ", dessen Zweck in der Verbreitung von rechtsextremen Liedern bestand. Deren Inhalte überschritten - was dem gemeinsamen Willen der Gruppe entsprach - in einer nicht unerheblichen Zahl an Fällen die Schwelle zur Strafbarkeit, etwa weil sie volksverhetzenden oder Gewalt verherrlichenden Charakter hatten. Das Programm des Radios bestand vor allem aus moderierten Sendungen, in denen die Moderatoren auch Zuhörerwünsche berücksichtigten , sowie aus einer sogenannten Dauerschleife. Unter den Mitgliedern von Radio "I. " bestand die allseits akzeptierte Absprache, dass die Kommentare der Moderatoren selbst eher zurückhaltend sein und keine strafbaren Inhalte haben sollten.
3
Die Angeklagte M. nahm in der Gruppierung zusammen mit einer Mitangeklagten die führende Rolle ein und moderierte auch selbst eigene Sendungen, in der sie inkriminierte Lieder abspielte. Der Angeklagte H. war für die Finanzen des Radios zuständig und moderierte selbst nicht.
4
II. Die Revision der Angeklagten M.
5
Der Schuldspruch hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit das Landgericht die Angeklagte M. tateinheitlich zur Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen verurteilt hat; daneben tragen die Urteilsgründe in einem Fall nicht die Verurteilung wegen Volksverhetzung. Im Einzelnen:
6
1. Die Verurteilung wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 Abs. 1 StGB) hat die Strafkammer auf das Abspielen des Titels "Blut und Ehre" der Gruppe Schwarze Division Sachsen in der von der Angeklagten M. am 11. Mai 2011 moderierten Sendung gestützt. Der Inhalt des Textes wird lediglich insoweit mitgeteilt, als deutlich hörbar die Parole "Deutschland Heil dir, Sieg Heil, Sieg Heil, Sieg Heil" (UA S. 42) sowie "Blut und Ehre" (UA S. 69) gesungen werde.
7
Diese Feststellungen belegen nicht, dass es sich bei dem Lied um ein Propagandamittel im Sinne von § 86 StGB handelte. Hierunter fallen nur solche Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB), deren Inhalte gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen (§ 86 Abs. 2 StGB) und die aufgrund dessen eine aktiv kämpferische, aggressive Tendenz in diese Richtung erkennen lassen (BGH, Urteile vom 23. Juli 1969 - 3 StR 326/68, BGHSt 23, 64, 72; vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09, NJW 2010, 163, 165). Kritik, Ablehnung und politisches Wunschdenken reichen ebenso wenig wie wissenschaftliche Abhandlungen , Dokumentationen oder belletristische Darstellungen, wenn und soweit ihnen der werbende, aufwieglerische Charakter fehlt, welcher der Propaganda eignet. Die verfassungsfeindliche Zielsetzung muss in der Schrift selbst verkörpert sein, wobei auf den verständigen Durchschnittsleser(-hörer) abzustellen ist (BGH, Urteil vom 23. Juli 1969 - 3 StR 326/68, BGHSt 23, 64, 73; MüKoStGB/Steinmetz, 2. Aufl., § 86 Rn. 13).
8
Die in den Urteilsgründen dargestellten Textfragmente erschöpfen sich in der Wiedergabe von Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen ("Sieg Heil", "Blut und Ehre"). Deren Verwendung alleine hebt eine Schrift noch nicht zum Propagandamittel und macht nähere Ausführungen zu dem propagandistischen Zusammenhang nicht entbehrlich (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09, NJW 2010, 163, 165). Das erforderliche aggressivkämpferische Element lässt sich den Urteilsgründen indes nicht entnehmen. Soweit das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung interpretierend ausführt, der Liedtext knüpfe an die Rassenideologie ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen an, die "als nachahmenswert dargestellt" werde, belegt auch dies den in Abgrenzung zum bloßen Wunschdenken erforderlichen aufwieglerischen Charakter nicht.
9
2. Hinsichtlich der Verurteilung wegen Volksverhetzung (§ 130 StGB) in drei Fällen gilt:
10
a) Im Fall des Abspielens des Liedes "Ausländerhure" der Gruppe "Kraftschlag" in der von der Angeklagten am 29. April 2011 moderierten Sendung tragen die Feststellungen nicht die Verurteilung wegen Volksverhetzung. § 130 StGB setzt sowohl im Äußerungstatbestand nach Abs. 1 als auch im Rahmen des Verbreitungstatbestandes (Abs. 2) voraus, dass sich der Inhalt der Schrift gegen einen Teil der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe richtet. Als - vorliegend allein in Betracht kommend - Teil der Bevölkerung ist eine von der übrigen Bevölkerung auf Grund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale politischer, nationaler, ethnischer, rassischer, religiöser, weltanschaulicher, sozialer, wirtschaftlicher , beruflicher oder sonstiger Art unterscheidbare Gruppe von Personen zu verstehen, die zahlenmäßig von einiger Erheblichkeit und somit individuell nicht mehr unterscheidbar sind (BGH, Urteil vom 3. April 2008 - 3 StR 394/07, BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 3). Nicht ausreichend ist es, wenn bei der Verwendung von Sammelbegriffen der Personenkreis so groß und unüberschaubar ist und mehrere, sich teilweise deutlich unterscheidende Einstellungen oder politische Richtungen umfasst, dass eine Abgrenzung von der Gesamtbevölkerung aufgrund bestimmter Merkmale nicht möglich ist (BGH, Urteil vom 3. April 2008 - 3 StR 394/07, BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 3 mwN; MüKoStGB/Schäfer aaO § 130 Rn. 30, 34 f. mwN).
11
So liegt es hier. Die in dem Lied verwendete Gruppenbezeichnung "Ausländerhuren" ist für sich betrachtet vage. Welche abgrenzbare Gruppe von Frauen konkret angesprochen ist, lässt sich weder aus dem im Urteil auszugsweise wiedergegebenen Liedtext noch im Gesamtzusammenhang des Urteils eindeutig herleiten. Dahinstehen kann, ob der in dem Lied verwendete Begriff "Ausländerbanden" ausreichend bestimmt im Sinne der vorstehenden Maßstäbe ist. Bezüglich dieser Gruppe belegen die Urteilsgründe jedenfalls weder ein Aufstacheln zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen noch einen Angriff auf die Menschenwürde mittels Beschimpfens, böswilligen Verächtlichmachens oder Verleumdung.
12
b) Nicht zu beanstanden ist die Verurteilung nach § 130 Abs. 2 StGB wegen der in den Sendungen vom 8. April und 8. Mai 2011 abgespielten Lieder. Zwar belegen die Feststellungen entgegen der Auffassung des Landgerichts hinsichtlich des in der Sendung vom 8. April 2011 abgespielten Stückes "Negeraufstand in Kuba" keinen volksverhetzenden Inhalt im Sinne des Straf- tatbestandes. Allerdings tragen die Feststellungen zu den in dieser Sendung abgespielten Stücken der Gruppe "Landser" ("Afrika Lied", "Xenophobia") den Schuldspruch.
13
Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte habe neben § 130 Abs. 2 StGB auch den Tatbestand des Abs. 1 verwirklicht. In Abgrenzung zu dem Verbreitungsdelikt des Abs. 2 (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2008 - 3 StR 394/07, juris Rn. 8), handelt es sich hierbei um ein persönliches Äußerungsdelikt (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 StR 184/00, BGHSt 46, 212, 224; MüKoStGB/Schäfer aaO, § 130 Rn. 9). In dem Verbreiten oder Zugänglichmachen einer fremden Erklärung liegt nur dann eine eigene Äußerung des Verbreitenden, wenn dieser sich den Inhalt erkennbar zu Eigen macht (Hörnle, NStZ 2002, 113, 116; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 130 Rn. 37; SK-StGB/Stein/Rudolphi, 148. Lfg., § 130 Rn. 4; S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 130 Rn. 5; vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. Februar 1990 - 3 StR 278/89, NJW 1990, 2828, 2831). Die Beurteilung, ob in der Verbreitung oder dem Zugänglichmachen einer fremden Äußerung zugleich eine eigene Äußerung zu sehen ist, das Handeln also als Ausdruck eigener Missachtung und Feindseligkeit erscheint, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Besonderheiten des Einzelfalles kennzeichnenden Umstände zu treffen (BGH, Urteil vom 14. Januar 1981 - 3 StR 440/80, NStZ 1981, 258; LK/Kraus aaO, § 130 Rn. 37).
14
Derartige Umstände belegen die Urteilsgründe nicht. Dass das Radio rechtsextrem ausgerichtet und die Angeklagte M. im Tatzeitraum entsprechend politisch eingestellt war, vermag die erforderliche nach außen erkennbare innere Übernahme der Liedinhalte noch nicht herzustellen. Überdies ist nach den Urteilsgründen auch nicht auszuschließen, dass es sich bei den inkriminierten Stücken um als solche auch in der Anmoderation kenntlich gemachte Hörerwünsche gehandelt hatte.
15
3. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend neu gefasst, da auch zum Ausdruck zu bringen war, dass die Angeklagte M. - wie vom Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen - als Rädelsführerin (§ 129 Abs. 4 StGB) in der kriminellen Vereinigung gehandelt hatte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - 3 StR 233/14, juris Rn. 59 mwN).
16
4. Einer Aufhebung des Strafausspruches bedarf es nicht. Auf die Wahl des Strafrahmens, den das Landgericht zutreffend § 129 Abs. 4 StGB entnommen hat, haben die dargestellten Rechtsfehler keinen Einfluss. Der Senat kann auch ausschließen, dass sie sich im Rahmen der konkreten Strafzumessung für die Angeklagte nachteilig ausgewirkt haben. Die Strafkammer hat lediglich allgemein strafschärfend berücksichtigt, dass die Angeklagte tateinheitlich zum Verstoß gegen § 129 StGB weitere Delikte verwirklicht hat. Diese Erwägung trägt auch nach Wegfall der Verurteilung gemäß § 86 StGB und der Volksverhetzung (§ 130 StGB) in einem Fall. Eine wesentliche Verringerung des Schuldumfangs ist hierdurch nicht eingetreten, zumal die Angeklagte durch das Abspielen des Liedes "Blut und Ehre" zwar nicht gegen § 86 StGB verstoßen , aber - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - vorsätzlich Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet hat (§ 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
17
III. Die Revision des Angeklagten H.
18
Hinsichtlich des Angeklagten H. hält der Schuldspruch einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit dieser tateinheitlich zu seiner Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung nach den Grundsätzen zum uneigentlichen Organisationsdelikts auch wegen Beihilfe zur öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§§ 111, 27 StGB) und Beihilfe zur Volksverhetzung in Form des § 130 Abs. 1 StGB verurteilt worden ist. Hierzu gilt:
19
1. Die Feststellungen tragen nicht den Schluss, dass der Angeklagte seine Förderhandlungen vorsätzlich in Bezug auf eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) erbracht hat. § 111 StGB ist ein Äußerungsdelikt (Fischer, StGB, 62. Aufl., § 111 Rn. 2; LK/Rosenau, § 111 Rn. 14). Aufgrund dessen ist - wie auch im Fall des § 130 Abs. 1 StGB - bei der Veröffentlichung einer fremden Erklärung zu fordern, dass der Veröffentlichende diese unmissverständlich zu seiner eigenen machen will (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 1990 - 3 StR 278/89, NJW 1990, 2828, 2831; OLG Frankfurt, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 3 Ss 317/02, NStZ-RR 2003, 327, 328; Fischer aaO, § 111 Rn. 2a). In dem bloßen Abspielen eines Liedes ist ein derartiges zu Eigen machen noch nicht zu sehen. Dahingestellt bleiben kann, ob der im Urteil wiedergegebene Kommentar der Mitangeklagten N. , den diese während der Moderation zu dem von ihr in der Sendung vom 16. April 2011 abgespielten Lied "Tret´ einfach rein" der Gruppe "Reichssturm" abgab, im Rahmen einer Gesamtwürdigung den Schluss auf ein zu Eigen machen rechtfertigen würde. Dass der Angeklagte mit einem derartigen Kommentar rechnete oder einen solchen zumindest für möglich hielt und billigte, belegen die Urteilsgründe nicht; hiergegen spricht zudem, dass es der gemeinsamen, von allen Mitgliedern ak- zeptierten Absprache entsprach, die Äußerungen der Moderatoren während der Sendungen strafrechtlich unverfänglich zu halten.
20
2. Soweit die Strafkammer eine strafbare Beihilfe zur Volksverhetzung angenommen hat, ist dies hinsichtlich § 130 Abs. 2 StGB ohne Rechtsfehler. Für eine Beihilfe zum Äußerungsdelikt des § 130 Abs. 1 StGB fehlt es entsprechend obiger Ausführungen allerdings am Gehilfenvorsatz des Angeklagten.
21
3. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Angesichts der auch hier vom Landgericht nur allgemein angestellten und von den Urteilsgründen getragenen Erwägung, dass sich zu Lasten des Angeklagten dessen tateinheitliche Beihilfe zu den von den Moderatoren verwirklichten Delikten ausgewirkt hat, schließt der Senat aus, dass sich die dargestellten Rechtsfehler im Rahmen der konkreten Strafzumessung für den Angeklagten nachteilig ausgewirkt haben.
22
IV. Der jeweils nur geringfügige Erfolg der Rechtsmittel gibt keinen Anlass , die Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und ihrer Auslagen teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker RiBGH Hubert befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Spaniol

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3)

1.
die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder
2.
die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 8 8 / 1 4
vom
19. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am
einstimmig beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 25. Oktober 2013 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Fall B. III. der Urteilsgründe aufgehoben und der Angeklagte freigesprochen; in diesem Umfang fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) in den Fällen B. IV. 1. bis 4., 6., 8. und 9. der Urteilsgründe sowie im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in 22 Fällen, davon in 19 Fällen in Tateinheit mit Sachbeschädigung, in einem dieser Fälle zusätzlich in Tateinheit mit Volksverhetzung, wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Munition und wegen Sachbeschädigung unter Einbeziehung eines Urteils des Amtsgerichts Kronach vom 30. September 2011 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die im einbezogenen Urteil ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis sowie die festgesetzte Sperrfrist aufrechterhalten. Gegen diese Verurteilung richtet sich die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat - nach antragsgemäß zu gewährender Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist - den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
2
I. Soweit für vorliegende Entscheidung von Bedeutung hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen: Im April 2011 gründete der Angeklagte von einem Computer in Tschechien aus auf dem Internet-Videoportal YouTube eine Plattform mit der Bezeichnung "Arische Musikfraktion". Auf diese lud er u.a. Abbildungen von Hakenkreuzen hoch. Während der Betriebsdauer von mindestens drei Monaten, während der der Angeklagte als Betreiber eine ständige Zugriffsmöglichkeit auf die Plattform hatte, wurden durch mindestens zwei Personen von Deutschland aus deren Inhalte abgerufen (B. III. der Urteilsgründe

).


3
Im Mai 2012 spannte der Angeklagte mindestens drei Tage lang für Außenstehende sichtbar über die Innenfläche eines Fensters seiner Wohnung eine Fahne, die eine schwarze, eckig gestaltete Triskele (Dreifuß) in weißem Kreis auf rotem Grund zeigte. Dabei war ihm bewusst und von ihm beabsichtigt, dass die Fahne aufgrund ihrer Aufmachung und ihrer Farbgestaltung zum einem der Hakenkreuzfahne, zum anderen dem Banner der verbotenen Jugendorganisation "White Youth" der "Blood and Honour Divison Deutschland", dessen Triskelenschenkel lediglich in die andere Richtung zeigen, zum Verwechseln ähnlich sah (Fall B. I. der Urteilsgründe).
4
Im selben Monat ließen sich der Angeklagte und sein Bekannter S. von einem Dritten fotografieren, wobei beide die rechte Hand zum Hitlergruß ausstreckten und der Angeklagte in der linken Hand eine der vorbeschriebenen entsprechende Fahne hielt. Das Foto stellte der Angeklagte am selben Abend in sein Facebook-Profil sowie das des S. ein, wo es für mindestens eine Stunde für alle Nutzer sichtbar war, die mit zumindest einem der beiden als Freunde verlinkt waren. Dies waren beim Angeklagten mindestens 40, bei S. 844 Personen (B. II. 1. der Urteilsgründe).
5
Schließlich malte der Angeklagte zwischen März und April 2012 in Kronach (Fälle B. IV. 1. bis 11.) an fremde Gebäude und Verkehrsschilder mit roter und schwarzer Farbe Zeichen, insbesondere Hakenkreuze, sowie Schriftzüge, vornehmlich "NS", wobei er den Buchstaben "S" mit Ausnahme eines Falles jeweils als Sigrune, mithin mit drei geraden Strichen darstellte.
6
II. Der Schuldspruch kann teilweise keinen Bestand haben. Nach den zu Fall B. III. getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte nicht wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht ; insoweit ist er freizusprechen. In den Fällen B. IV. 1. bis 4., 6., 8. und. 9. beruht die Überzeugung des Landgerichts von der Täterschaft des Angeklagten auf einer rechtsfehlerhaften, da widersprüchlichen Beweiswürdigung; insoweit ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Im Einzelnen:
7
1. Durch das Einfügen von Hakenkreuzen in die von ihm eingerichtete Internetplattform "Arische Musikfraktion" im Fall B. III. der Urteilsgründe verwendete der Angeklagte Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1979 - 3 StR 182/79, BGHSt 29, 73, 83 f.) zwar öffentlich (§ 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Da er dies in Tschechien tat, fehlt es jedoch an dem Tatbestandsmerkmal der Inlandstat im Sinne dieser Vorschrift. Dessen Auslegung bestimmt sich nach §§ 3, 9 StGB. Danach muss im Inland entweder die Tathandlung begangen bzw. unterlassen worden oder ein zum Tatbestand gehörender Erfolg eingetreten bzw. beabsichtigt gewesen sein (§ 9 Abs. 1 StGB).
8
a) Das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 86a StGB (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 1970 - 3 StR 2/70, BGHSt 23, 267, 268) umschreibt keinenzum Tatbestand gehörenden Erfolg, so dass eine Inlandstat über § 9 Abs. 1 Var. 3 oder 4 StGB nicht begründet werden kann. Selbst wenn man der Ansicht zustimmen wollte, dass die Frage nach dem Erfolgsort im Sinne des § 9 Abs. 1 StGB normspezifisch am Schutzzweck der jeweiligen Strafvorschrift ausgerichtet werden muss (so BGH, Urteil vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 242 zur objektiven Bedingung der Strafbarkeit des abstrakten Gefährdungsdelikts des § 323a StGB), die Regelung mithin nicht nur auf Erfolgsdelikte im Sinne der allgemeinen Deliktslehre abstellt, ist jedenfalls an dem Ort, an dem die hervorgerufene abstrakte Gefahr in eine konkrete umgeschlagen ist oder gar nur umschlagen kann, kein zum Tatbestand gehörender Erfolg eingetreten (ebenso S/S-Eser, StGB, 29. Aufl., § 9 Rn. 6a; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 9 Rn. 2; Satzger, NStZ 1998, 112, 114 f.; offengelassen für den Fall, dass sich die abstrakte Gefahr realisiert hat, von BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 StR 184/00, BGHSt 46, 212, 221). Dieser muss vielmehr in einer von der tatbestandsmäßigen Handlung räumlich und/oder zeitlich abtrennbaren Außenweltsveränderung bestehen (Hilgendorf, NJW 1997, 1873, 1876). Das Argument, diese Auffassung konterkariere die Bemühung, den Schutz bestimmter Rechtsgüter durch die Schaffung von abstrakten Gefährdungsdelikten zu erhöhen (so Heinrich, GA 1999, 72, 81), vermag nicht zu überzeugen. Gerade die diesen Schutz ausmachende Vorverlagerung der Strafbarkeit kann Anlass sein, diese - schon mit Blick auf völkerrechtliche Fragen (vgl. hierzu Roegele, Deutscher Strafrechtsimperialismus, 2014, 53 ff., 132 ff.) - nicht ausnahmslos auf Sachverhalte mit internationalem Bezug zu erstrecken. Auch soweit die Gegenmeinung betont, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 9 StGB durch das 2. Strafrechtsreformgesetz vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717) keine Einschränkung der bis dahin zu § 3 Abs. 3 StGB aF herrschenden Auffassung zum Begehungsort abstrakter Gefährdungsdelikte habe erreichen wollen (so LK/Werle/Jeßberger, StGB, 12. Aufl., § 9 Rn. 33 mwN), steht dieser etwaige Gesetzgeberwille im diametralen Widerspruch zu der mit der Neufassung eingefügten Voraussetzung, dass der Erfolg zum Tatbestand der Strafnorm gehören muss (ebenso Satzger aaO, S. 115 f.).
9
b) Der Angeklagte hat auch allein im Ausland gehandelt (§ 9 Abs. 1 Var. 1 StGB). Der Handlungsort wird bei aktivem Tun durch den Aufenthaltsort des Täters bestimmt (MüKoStGB/Ambos, 2. Aufl., § 9 Rn. 8 mwN). Schon deshalb vermag die Ansicht nicht zu überzeugen, nach der ein Handlungsort auch dort gegeben sein soll, wo die durch mediale Übertragung transportierte Handlung ihre Wirkung entfaltet (so aber KG, Urteil vom 16. März 1999 - 1 Ss 7/98, NJW 1999, 3500, 3502; zustimmend S/S-Eser aaO, § 9 Rn. 4). Der Radius der Wahrnehmbarkeit einer Handlung ist nicht Teil ihrer selbst (ebenso Heinrich, NStZ 2000, 533, 534; ablehnend auch MüKoStGB/Steinmetz aaO, § 86 Rn. 8 f.). Aus denselben Erwägungen kommt es auch nicht in Betracht, den Standort des vom Täter angewählten Servers für ausschlaggebend zu erachten (so aber S/S-Eser aaO, § 9 Rn. 7b).
10
Ebenfalls eine Frage der Wirkung der tatbestandlichen Handlung wäre es, wenn man in dem Abruf der vom Angeklagten bereitgestellten Inhalte von Deutschland aus den Abschluss des Verwendens durch Verbreiten von Schriften sehen würde. Denn anders als bei der Beförderung durch andere Personen fehlt es bei der rein technischen Übertragung im Internet an der Möglichkeit, Handeln Dritter und damit deren Handlungsort selbst dem Täter gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 bzw. § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen (vgl. hierzu MüKoStGB/Steinmetz aaO, § 86 Rn. 7). Der Senat kann daher offenlassen, ob der zu der Vorgängerregelung des heutigen § 176a Abs. 3 StGB ergangenen Entscheidung (BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 - 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55, 58 ff.), die sich für das Internet von dem herkömmlichen Verständnis des Verbreitens von Schriften als einem Akt deren körperlicher Übergabe löst und die gespeicherten Daten mit dem Datenspeicher gleichsetzt (kritisch hierzu Kudlich, JZ 2002, 310, 311; SK-StGB/Rudolphi/Stein, 40. Lfg., § 11 Rn. 61 f.), zu folgen wäre, zumal angesichts der weiteren Tathandlungsvariante des öffentlichen Verwendens im Rahmen des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB hierzu ein Bedürfnis nicht besteht.
11
c) Der Angeklagte hat sich dadurch, dass er als Betreiber der Plattform es im Inland unterlassen hat, die von ihm eingestellten Kennzeichen wieder zu entfernen, auch nicht gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 1, § 13 StGB strafbar gemacht. Unabhängig von den Fragen, ob § 13 StGB überhaupt auf abstrakte Gefährdungsdelikte Anwendung findet und ob eine Pflicht zur Abwehr von Gefahren bestehen kann, die durch eigenes vorsätzliches Verhalten hervorgerufen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1995 - 1 StR 465/95, NStZ-RR 1996, 131), fehlt es angesichts der bereits objektiven Tatbestandslosigkeit des Vorverhaltens jedenfalls an der eine Garantenstellung begründenden Pflichtwidrigkeit.
12
d) Da die diesem Fall zugrundeliegenden Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen wurden und weitere Feststellungen, die eine Verurteilung des Angeklagten rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, spricht der Senat den Angeklagten insoweit frei (§ 354 Abs. 1 StPO). Er verkennt nicht, dass seine Auffassung dazu führen kann, dass Personen - wie vorliegend der Angeklagte - gezielt die Grenze überqueren werden, um Kennzeichen in das Internet einzustellen , deren Verwendung im Inland mit Strafe bedroht wäre. Es ist jedoch Aufgabe des Gesetzgebers, diese Strafbarkeitslücke zu schließen, falls er dies für erforderlich erachtet.
13
2. Nicht bestehen bleiben kann auch die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen B. IV. 1. bis 4., 6., 8. und 9. der Urteilsgründe. Das Landgericht hat für seine Überzeugung von der Täterschaft des insoweit nicht geständigen Angeklagten neben dem Fund roter und schwarzer Farbe in einer vom Angeklagten genutzten Garage im Wesentlichen auf inhaltliche und gestalterische Übereinstimmungen abgestellt, insbesondere den Umstand, dass das mehrfach verwendete und einmal als von ihm stammend eingeräumte Kürzel "KC" Ausdruck der Fantasie des Angeklagten von einem tatsächlich nicht existierenden Zusammenschluss nationalsozialistischer Kräfte in K. sei. Dass Dritte dieselben Kürzel und Parolen verwendet haben könnten, erschiene lebensfremd. Diese für sich betrachtet nicht zu beanstandende Würdigung steht jedoch in einem unauflösbaren Widerspruch zu der Begründung des Freispruchs von weiteren zur selben Zeit in Kronach verübten Schmierereien. Diese geht dahin, dass die insoweit verwendete blaue Farbe in der Garage nicht aufgefunden worden sei. Da aber auch in diesen Fällen die Kürzel "NS" und "KC" angebracht wurden, hat es das Landgericht offenbar doch für möglich und demnach nicht für lebensfremd gehalten, dass im selben Zeitraum andere Täter dieselben Kürzel verwendet haben. Danach hat es seine eigene Überzeugungsbildung zu den abgeurteilten Fällen in Zweifel gezogen und damit entkräftet. Denn allein auf den verbleibenden Umstand des Fundes roter und schwarzer, nicht aber blauer Farbe hat das Landgericht seine Überzeugung gerade nicht gestützt. Auf diesem Fehler beruht das Urteil.
14
III. Im Übrigen hat die Überprüfung des Schuldspruchs aufgrund der Sachrüge keinen Rechtsfehler ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
15
1. Die Verurteilung nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB im Fall B. I. der Urteilsgründe ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die vom Angeklagten genutzte Fahne und deren Unterschiede zu dem Banner der unanfechtbar verbotenen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2001 - 6 A 1/01, NVwZ 2002, 80) Organisation "White Youth" präzise genug beschrieben, um dem Senat - auch ohne die an sich sachgerechte ergänzende Bezugnahme auf Lichtbilder gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO - die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Annahme zutrifft, das vom Angeklagten verwendete Kennzeichen sei dem der "White Youth" zum Verwechseln ähnlich (§ 86a Abs. 2 Satz 2 StGB). Diese Überprüfung ergibt, dass die Auffassung des Landgerichts rechtlich nicht zu beanstanden ist. Dem Schuldspruch steht insoweit auch nicht entgegen, dass das fragliche Kennzeichen der "White Youth" in der Öffentlichkeit mög- licherweise nicht weiter bekannt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2002 - 3 StR 495/01, BGHSt 47, 354; aA Reuter, Verbotene Symbole, 2005, 127 ff.).
16
Danach ist es für den Schuldspruch ohne Belang, dass die Ansicht des Landgerichts nicht zutrifft, die Fahne des Angeklagten sei auch der Hakenkreuzfahne der Nationalsozialisten zum Verwechseln ähnlich gewesen. Von einer derartigen Ähnlichkeit ist nicht schon dann auszugehen, wenn das verwendete Kennzeichen lediglich Assoziationen zu dem Kennzeichen einer in § 86 Nr. 1, 2 oder 4 StGB genannten Organisation erweckt. Erforderlich ist vielmehr, dass aus der Sicht eines nicht besonders sachkundigen und nicht genau prüfenden Betrachters das verwendete Kennzeichen die typischen Merkmale aufweist, welche das äußere Erscheinungsbild des Originals prägen, und dadurch dessen Symbolgehalt vermittelt (BGH aaO, BGHSt 47, 354, 357). Normativer Maßstab ist dabei die Übereinstimmung in den wesentlichen wahrnehmbaren Merkmalen. Entscheidend ist, ob trotz der Änderungen das Originalkennzeichen und dessen Symbolgehalt hervortreten, mithin Aussage und Erscheinungsbild prägen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09, BGHSt 54, 61, 63 f.; MüKoStGB/Steinmetz, 2. Aufl., § 86a Rn. 17 f.). Hiervon kann bei der Gestaltung mit drei anstelle von vier Haken, deren Zusammenspiel ein völlig anderes geometrisches Gebilde schaffen, nicht mehr ausgegangen werden. Allein die Übereinstimmung in der farblichen Gestaltung genügt insoweit nicht.
17
2. Auch die Verurteilung im Fall B. II. 1. der Urteilsgründe hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Die Fahne sowie das Kennzeichen des Hitlergrußes (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1972 - 3 StR 1/71, BGHSt 25, 30) verwendete der Angeklagte öffentlich, indem er das ihn und S. in entsprechender Pose zeigende Foto in ihre Facebook-Profile einstellte. Unter Verwenden ist jeder Gebrauch zu verstehen, der das Kennzeichen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht (BGH, Urteil vom 29. Mai 1970 - 3 StR 2/70, BGHSt 23, 267, 268 f.). Dies geschieht öffentlich, wenn das Kennzeichen durch die Art seiner Verwendung für einen größeren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrnehmbar ist (OLG Celle, Urteil vom 10. Mai 1994 - 1 Ss 71/94, NStZ 1994, 440; MüKoStGB/Steinmetz aaO, Rn. 26). Zwar besteht zwischen den als "Freunden" gespeicherten Nutzern und dem Inhaber eines Facebook-Profils jeweils eine Beziehung derart, dass die entsprechende Anfrage des einen zur Aufnahme in den Kreis der "Freunde" durch den anderen bestätigt werden muss, die Verlinkung mithin auf einer kongruenten Willensbildung beruht. Damit ist über die persönliche Ebene dieser Beziehung jedoch noch nichts Hinreichendes ausgesagt. Das Landgericht hat keine weiteren Feststellungen dazu getroffen, welcher Art die Beziehungen des Angeklagten bzw. des S. zu den mit ihnen verlinkten Personen war. Dies gefährdet den Schuldspruch hier indessen nicht, denn bei 844 sogenannten Freunden des S. kann der Senat ausschließen, dass zu mehr als einem Bruchteil von diesen eine Verbindung bestand, die über eine zufällige, mitunter sogar nur virtuelle Bekanntschaft hinausging.
18
IV. Der Wegfall eines Teils des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass bei Einbeziehung eines früheren Urteils in die neue Verurteilung (§ 105 Abs. 1, § 31 Abs. 2 JGG) die in dem ersten Erkenntnis festgesetzten Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB aufrechtzuerhalten, sondern deren Voraussetzungen vielmehr erneut zu prüfen und sie gegebenenfalls neu anzuordnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1993 - 3 StR 432/93, juris Rn. 3 f.; Beschluss vom 17. März 2011 - 4 StR 49/11, StraFo 2011, 240). Die nunmehr zur Entscheidung berufene Kammer wird auch die versehentlich unterbliebene Tenorierung des Teilfreispruchs hinsichtlich der weiteren Graffiti-Fälle (G. der Urteilsgründe) nachzuholen haben.
Becker Hubert Schäfer RiBGH Mayer befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3)

1.
die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder
2.
die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.