Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 2 StR 50/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:251017B2STR50.17.0
bei uns veröffentlicht am25.10.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 50/17
vom
25. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:251017B2STR50.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. September 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Beschäftigung von Aus- ländern ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel und zu ungünstigen Arbeitsbedingungen in zehn Fällen“ sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt und eine Kompensationsentscheidung getroffen.
2
Die dagegen gerichtete, form- und fristgerecht erhobene und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
3
I. Tatkomplex 1:
4
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Mit-) Geschäftsführer der A. GmbH (künftig: A. GmbH), deren Geschäftsfeld die „Bereitstellung von Reinigungskräften für Hotels“ im gesam- ten Bundesgebiet war. Die A. GmbH litt unter Arbeitskräftemangel. Nachdem die Verhandlungen mit der Arbeitsagentur über die Erteilung von Arbeitserlaubnissen für Reinigungskräfte gescheitert waren, kam der gesondert abgeurteilte Mitgeschäftsführer A. V. auf die Idee, ausländische Reinigungskräfte als (Schein-)Selbstständige zu beschäftigen. Im Zeitraum zwischen Januar 2007 und Dezember 2009 beschäftigte die A. GmbH für jeweils unterschiedliche Zeiträume insgesamt zehn Arbeitnehmerinnen aus Polen, Rumänien und Bulgarien als vermeintlich Selbstständige und meldete diese nicht zur Sozialversicherung an. Weil ihnen dadurch „jeglicher Schutz in der Renten-, Arbeitslosen-, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie arbeitsrechtlicher Schutz betreffend Ansprüche auf gesetzlichen Mindestlohn, Urlaub oder Lohn- fortzahlung im Krankheitsfall“ fehle,ist das Landgericht zu der Auffassung gelangt , dass ihre Arbeitsbedingungen in einem „auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer“ stünden und der Straftatbestand des § 10 Abs. 1 SchwarzArbG erfüllt sei.
5
2. Das Landgericht hat zwar seine Annahme, dass der Angeklagte in den verfahrensgegenständlichen zehn Fällen jeweils Arbeitskräfte aus Polen, Bulgarien und Rumänien angeworben hat und diese ohne die damals noch erforderliche Arbeitsgenehmigung als Arbeitnehmerinnen beschäftigte, tragfähig belegt. Es fehlt jedoch an Feststellungen und Beweiserwägungen dazu, dass der Angeklagte sie in den verfahrensgegenständlichen Fällen zu Arbeitsbedingungen beschäftigte, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen.
6
a) Der Straftatbestand des § 10 Abs. 1 SchwarzArbG erfordert in objektiver Hinsicht, dass der Täter vorsätzlich „eine in § 404 Abs. 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichnete Handlung begeht“ – also einen Ausländer ohne erforderliche Arbeitsgenehmigung beschäftigt, und dass dies zu Arbeitsbedingungen geschieht, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen, welche die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.
7
aa) Ein auffälliges Missverhältnis im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Arbeitsbedingungen des ausländischen Arbeitnehmers oder der ausländischen Arbeitnehmerin so beträchtlich schlechter sind als die Arbeitsbedingungen vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, dass für einen mit den Gepflogenheiten der jeweiligen Branche vertrauten Dritten ein augenfälliger Unterschied besteht. Erforderlich ist danach zunächst, dass die Arbeitsbedingungen des ausländischen Arbeitnehmers „nicht nur unerheblich negativ von denjenigen der Vergleichsgruppe abweichen (Mosbacher, in: Ignor/Mosbacher, Handbuch Arbeitsstrafrecht, 3. Aufl., § 4 Rn. 143). Die bestehende Diskrepanz von Leistung und Gegenleistung hinsichtlich des ausländischen Arbeitnehmers im Vergleich zu dem deutschen Arbeitnehmer muss darüber hinaus auffällig, also offensichtlich sein (vgl. Fuchs/Hinderer, in: Leitner /Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2017, § 10 SchwarzArbG Rn. 10). Die Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses der Arbeitsbedingungen im Sinne des § 10 Abs. 1 SchwarzArbG erfordert in der Regel eine Gesamtschau aller Arbeitsbedingungen wie Lohn, Urlaub, soziale Absicherung, Schutz vor Arbeitsunfällen und Kündigung (vgl. Henzler, in: MüllerGugenberger , Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl., § 37 Rn. 116; Kraft/Adamski NZBau 2011, 321, 323, im Grundsatz auch Ambs in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 217. EL, § 10 SchwarzArbG Rn. 8).
8
bb) Die Feststellung, dass der Arbeitgeber den ausländischen Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung angemeldet hat, genügt für sich genommen nicht, um die Annahme eines auffälligen Missverhältnisses der Arbeitsbedingungen im Sinne der genannten Vorschrift tragfähig zu belegen (vgl. OLG Frankfurt, NStZ-RR 2005, 184; Fuchs/Hinderer, aaO, Rn. 10; Horrer in: Bross, Handbuch Arbeitsstrafrecht, § 10 SchwarzArbG Rn. 50; vgl. auch Mosbacher, in: Ignor/Mosbacher, Handbuch Arbeitsstrafrecht, 3. Aufl. § 4, Rn. 143; ders. in: Achenbach/Ransiek, Handbuch des Wirtschaftsstrafrechts, 2012, S. 1518, 1519; MüKoStGB, 2. Aufl., § 10 SchwarzArbG Rn. 22; ders. in: Graf/Jäger/ Wittig, SchwarzArbG, 2. Aufl., § 15a AÜG Rn. 24). Der Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 1 SchwarzArbG ist eindeutig und spricht dafür, dass die Feststellung des Tatbestandsmerkmals eine Gesamtschau der Arbeitsbedingungen des ausländischen Arbeitnehmers erfordert und diese in Beziehung zu den Arbeitsbedingungen einer Vergleichsgruppe deutscher Arbeitnehmer zu setzen ist (ebenso Mosbacher, in: Ignor/Mosbacher, aaO Rn. 144; Horrer in: Bross, Handbuch Arbeitsstrafrecht 2017, § 10 SchwarzArbG Rn. 50).
9
Für eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals dahin, dass schon die Nichtanmeldung zur Sozialversicherung genügen kann, um ein auffälliges Missverhältnis zu begründen (in diesem Sinne Henzler, in: Müller-Gugenberger Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl. 2015, § 37 Rn. 117; Ambs in: Erbs/Kohlhaas, 217. EL, § 10 SchwarzArbG Rn. 8; Fehn, in: Fehn, Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz , §§ 10, 11 Rn. 4; Gercke, in: Gercke/Kraft/Richter Arbeitsstrafrecht, 2. Aufl., S. 132 Rn. 307; Brenner, Die strafrechtliche Bekämpfung der Schwarzarbeit unter besonderer Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte, 2008, S. 207; Brüssow/Petri Arbeitsstrafrecht, 2. Aufl., IX. Schwarzarbeitsgesetz, Rn. 249) kann angesichts des klaren Gesetzeswortlauts auch nicht der Schutzzweck der Norm angeführt werden. Sie dient mit ihrem doppelten Gewährleistungsgehalt neben dem Schutz des inländischen Arbeitsmarktes vor nachteiligen Auswirkungen durch eine unkontrollierte Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer auch dem Schutz des betroffenen Ausländers, der davor geschützt werden soll, sich zur Wahrung seiner sozialen Rechte nicht an die dafür zuständigen Institutionen und Behörden wenden zu können (vgl. OLG Frankfurt, NStZ-RR 2005, 184, 185).
10
Hinzu tritt, dass trotz Nichtanmeldung des ausländischen Arbeitnehmers zur Sozialversicherung, welche den Tatbestand des § 266a StGB erfüllt, die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung mit der Aufnahme des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses kraft Gesetzes entsteht (vgl. etwa § 5 SGB V i.V.m. § 186 Abs. 1 SGB V). Die infolge der Nichtanmeldung entstehenden Nachteile liegen daher in erster Linie in der Schwierigkeit des Nachweises, dass ein Beschäftigungsverhältnis besteht (vgl. Henzler, aaO; Ambs in: Erbs/Kohlhaas § 10 SchwarzArbG Rn. 8); dieser zweifellos negative Umstand kann jedoch – insbesondere in Fällen kürzerer Beschäftigungszeiten über nur wenigeWo- chen oder Monate – durch andere Faktoren, etwa durch eine höhere Vergütung , ausgeglichen werden.
11
Die Annahme eines auffälligen Missverhältnisses im Sinne der genannten Vorschrift kann sonach regelmäßig nicht ausschließlich unter Verweis auf die – im Übrigen regelmäßig den Tatbestand des § 266a StGB erfüllende – Nichtanmeldung des ausländischen Arbeitnehmers begründet werden; erforderlich ist stets eine Gesamtwürdigung aller Umstände.
12
b) Hieran fehlt es. Feststellungen zu den konkreten Arbeitsbedingungen, insbesondere zur Höhe der Vergütung der zehn Beschäftigten, hat das Landgericht nicht getroffen. Den Urteilsgründen kann lediglich die Dauer der jeweiligen Beschäftigungen entnommen werden, die in den Fällen 3 (Fall 30), 4 (Fall 53), 6 (Fall 111) und 7 (Fall 138) jeweils nur wenige Wochen betrugen. Damit ist der objektive Tatbestand des § 10 Abs. 1 SchwarzArbG nicht tragfähig belegt.
13
II. Tatkomplex 2:
14
Die Schuldsprüche im Tatkomplex 2 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 15 Fällen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen sind sowohl zur Arbeitnehmereigenschaft der zahlreichen Beschäftigten sowie zu den Berechnungsgrundlagen lückenhaft und versetzen das Revisionsgericht nicht in die Lage, den Umfang der bestehenden Beitragspflicht sowie die Berechnung des sozialversicherungspflichtigen Entgelts nachzuvollziehen.
15
1. Dem Tatgericht obliegt es, Feststellungen zur Arbeitgebereigenschaft des Angeklagten zu treffen sowie die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. August 2017 – 1 StR 625/16 mwN).
16
a) Ob eine Person Arbeitgeber im Sinne von § 266a Abs. 1 oder Abs. 2 StGB ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht, das seinerseits an das Arbeitsrecht anknüpft (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 1 StR 185/16, NStZ 2017, 354, 355; Fischer StGB, 65. Aufl., § 266a Rn. 4 mwN). Arbeitgeber ist danach derjenige, demgegenüber der Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet ist und zu dem er in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht (vgl. näher BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 1 StR 185/16, NStZ 2017, 354, 355; Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1StR 76/15, NStZ 2015, 648, 649). Grundsätzlich ist der Wille der Vertragsparteien zwar ausschlaggebend, eine nach den maßgeblichen tatsächlichen Gegebenheiten bestehende Sozialversicherungspflicht können die Beteiligten jedoch nicht durch eine abweichende Vertragsgestaltung umgehen. Maßgeblich ist eine abwägende Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände (BGH, aaO).
17
b) Die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge werden auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosenund Pflegeversicherung berechnet (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden. Die Grundsätze, die in der Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt wurden, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16, NStZ 2017, 352).
18
2. Den sonach bestehenden Darlegungsanforderungen wird das angegriffene Urteil nicht gerecht.
19
a) Zwar wird die Arbeitgebereigenschaft des Angeklagten im Hinblick auf die im Tatkomplex 1 aufgeführten zehn Arbeitnehmerinnen tragfähig belegt. Es fehlt jedoch an Ausführungen dazu, ob dies auch für die im Tatkomplex 2 aufgeführten weiteren Beschäftigten gilt.
20
b) Auch die Höhe der geschuldeten Beiträge ist in den Urteilsgründen nicht nachvollziehbar dargelegt. Zwar ist die Höhe der Beitragssätze der örtlich zuständigen Krankenkasse für die jeweiligen Tatzeiträume festgestellt. Ohne nähere Feststellungen und beweiswürdigende Darlegungen wird jedoch nur behauptet und nicht nachvollziehbar belegt, dass neben den im Tatkomplex 1 aufgeführten zehn Arbeitnehmerinnen „zahlreiche[n] weitere[n]“ Arbeitnehmer[n] – insgesamt möglicherweise 260 Arbeitnehmer – der A. GmbH als angeblich Selbstständige beschäftigt und jeweils monatliche Abrechnungen über die von ihnen erbrachten Dienstleistungen erstellt worden seien. Darüber hinaus ist festgehalten, dass nach der Durchsuchung der Geschäftsräume und Sicherstellung der Geschäftsunterlagen „für 260 Arbeitnehmer Stundenaufzeichnungen und Lohnunterlagen für die Monate September 2005 bis März 2010 festgestellt“ und – darauf gestützt – eine Schadensberechnung vorgenommen worden sei. Hiervon ausgehend hat das Landgericht unter Zugrundelegung der Angaben der zuständigen Zollfahnderin, deren Aussage in den Urteilsgründen nicht – auch nicht gedrängt – wiedergegeben wird, die von dieser ermittelten Zahlungen an die (Schein-)Selbstständigen als Nettolohnzahlungen gewertet und für die Monate Januar 2007 bis April 2007 sowie Dezember 2008 bis Oktober 2009 Arbeitsentgelte für eine nicht exakt bestimmte Zahl von Arbeitnehmern und darauf bezogen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zwischen 4.300 EUR und 16.000 EUR errechnet, ohne dass diese Berechnung für den Senat nachvollziehbar wäre.
21
Darüber hinaus erscheinen die Feststellungen zu den Taten 14 und15 – dieBeitragsmonate September 2009 und Oktober 2009 betreffend – unklar. Denn insoweit ist in den Urteilsgründen festgehalten, dass die A. GmbH nach einer durch das Hauptzollamt D. am 31. August 2009 erfolgten Überprüfung „zahlreiche Arbeitnehmer zur Sozialversicherung gemeldet [habe] und […] befristete Arbeitserlaubnisse erteilt“ worden seien (vgl. UA S. 14). An anderer Stelle ist in den Urteilsgründen festgehalten, dass der A. GmbH von der Arbeitsagentur Arbeitserlaubnisse für die zumeist polnischen Arbeitnehmer erteilt und daraufhin „ab September 2009 fast alle zu diesem Zeitpunkt beschäftigten (Schein)-Selbstständigen zur Sozialversicherung angemeldet worden“ seien (vgl. UA S. 16). Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, ob tatsächlich in den genannten Beitragsmonaten Arbeitnehmer unangemeldet geblieben sind oder nicht.
22
Auf der Grundlage der unzureichenden Feststellungen und lückenhaften Beweiserwägungen vermag der Senat in den Fällen 1 - 13 den Schuldumfang und in den Fällen 14 und 15 nicht zu prüfen, ob der Schuldspruch tragfähig belegt ist. Der Senat hebt die Schuldsprüche im Tatkomplex 2 insgesamt auf, um dem neu zur Entscheidung berufenen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
23
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
24
Der Senat sieht Anlass zu folgendem Hinweis:
25
Sollte der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter den objektiven Tatbestand des § 10 Abs. 1 SchwarzArbG im Tatkomplex 1 als erfüllt ansehen und erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass der Angeklagte im Zeitraum von Mai 2007 bis November 2008 krankheitsbedingt nicht in der Lage war, seine Aufga- ben als Geschäftsführer wahrzunehmen, so wird er sich in den Fällen 5 (Fall 86), 8 (Fall 148), 9 (Fall 166) und 10 (Fall 202), in denen der Beschäftigungsbeginn in den Zeitpunkt der Erkrankung des Angeklagten fiel, eingehender als bisher geschehen mit der subjektiven Tatseite auseinanderzusetzen haben; sie bedarf angesichts dieser Besonderheit und der Vielzahl der von der A. GmbH beschäftigten Personen eingehenderer Prüfung und Darlegung in den Urteilsgründen.
Appl Eschelbach Bartel Wimmer Grube

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 2 StR 50/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 2 StR 50/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 2 StR 50/17 zitiert 11 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Abgabenordnung - AO 1977 | § 370 Steuerhinterziehung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,2.die Finanzbehörden pflichtwidrig über steu

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 5 Versicherungspflicht


(1) Versicherungspflichtig sind1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,2.Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht be

Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung


Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung


Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 404 Bußgeldvorschriften


(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Unternehmerin oder Unternehmer Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem sie oder er eine andere Unternehmerin oder einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem sie oder er weiß oder

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 186 Beginn der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger


(1) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter beginnt mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis. (2) Die Mitgliedschaft unständig Beschäftigter (§ 179 Abs. 2) beginnt mit dem Tag der Aufnahme der unständigen Beschäft

Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG 2004 | § 10 Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel und zu ungünstigen Arbeitsbedingungen


(1) Wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichnete Handlung begeht und den Ausländer zu Arbeitsbedingungen beschäftigt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehm

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 2 StR 50/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 2 StR 50/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Aug. 2010 - 1 StR 199/10

bei uns veröffentlicht am 11.08.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 1 StR 199/10 vom 11. August 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a. zu 2.: Betruges u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlungen

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Aug. 2017 - 1 StR 625/16

bei uns veröffentlicht am 24.08.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 625/16 vom 24. August 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a. zu 2.: Betrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2017:240817B1STR625.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2016 - 1 StR 185/16

bei uns veröffentlicht am 07.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 185/16 vom 7. Dezember 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. Nebenbeteiligte: wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a. zu 2.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:071216B1STR185.16.0 Der 1. Strafs

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Apr. 2016 - 1 StR 1/16

bei uns veröffentlicht am 20.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 1/16 vom 20. April 2016 in dem selbständigen Verfallsverfahren gegen wegen Verfalls ECLI:DE:BGH:2016:200416B1STR1.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichnete Handlung begeht und den Ausländer zu Arbeitsbedingungen beschäftigt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen, die die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder aus grobem Eigennutz handelt.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Unternehmerin oder Unternehmer Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem sie oder er eine andere Unternehmerin oder einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem sie oder er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass diese oder dieser zur Erfüllung dieses Auftrags

1.
entgegen § 284 Absatz 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt oder
2.
eine Nachunternehmerin oder einen Nachunternehmer einsetzt oder es zulässt, dass eine Nachunternehmerin oder ein Nachunternehmer tätig wird, die oder der entgegen § 284 Absatz 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 42 Absatz 4 oder § 287 Abs. 3 sich die dort genannte Gebühr oder den genannten Aufwendungsersatz erstatten lässt,
1a.
entgegen § 82 Absatz 6 Satz 3 einen Nachweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erbringt,
2.
entgegen § 165 Absatz 5 einen dort genannten Beschluß nicht oder nicht rechtzeitig bekanntgibt,
3.
entgegen § 284 Abs. 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt,
4.
entgegen § 284 Absatz 1 oder entgegen § 4a Absatz 3 Satz 4 oder Absatz 4, § 6 Absatz 2a, § 7 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 16a Absatz 3 Satz 1, § 16b Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 7 Satz 3, § 16b Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 16c Absatz 2 Satz 3, § 16d Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 3, § 16f Absatz 3 Satz 4, § 17 Absatz 3 Satz 1, § 20 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 24 Absatz 6 Satz 2 erster Halbsatz oder § 25 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz, Absatz 4a Satz 4 erster Halbsatz oder Absatz 4b Satz 4 erster Halbsatz des Aufenthaltsgesetzes eine Beschäftigung ausübt,
5.
entgegen § 39 Absatz 4 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes eine Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erteilt,
6.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 288a Abs. 1 zuwiderhandelt,
7.
entgegen § 288a Abs. 2 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt,
8.
entgegen § 288a Abs. 3 Satz 2 eine Maßnahme nicht duldet,
9.
einer Rechtsverordnung nach § 292 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
10.
(weggefallen)
11.
entgegen § 296 Abs. 2 oder § 296a eine Vergütung oder einen Vorschuss entgegennimmt,
12.
(weggefallen)
13.
entgegen § 298 Abs. 2 Satz 1 eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zurückgibt,
14.
(weggefallen)
15.
(weggefallen)
16.
einer Rechtsverordnung nach § 352 Abs. 2 Nr. 2 oder § 357 Satz 1 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
17. u. 18.
(weggefallen)
19.
entgegen
a)
§ 312 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder Absatz 3 oder § 313 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
b)
§ 312a Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder § 314 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2,
eine dort genannte Tatsache nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig bescheinigt oder eine Bescheinigung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig übermittelt,
20.
entgegen § 313 Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 3, eine Nebeneinkommensbescheinigung nicht oder nicht rechtzeitig verlangt,
21.
entgegen § 313a Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz einen Nachweis nicht oder nicht rechtzeitig zuleitet,
22.
(weggefallen)
23.
entgegen § 315 Abs. 1, 2 Satz 1 oder Abs. 3, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 4, § 315 Absatz 5 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, § 316, § 317 oder als privater Arbeitgeber oder Träger entgegen § 318 Abs. 1 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder entgegen § 318 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 eine Mitteilung an die Agentur für Arbeit nicht oder nicht rechtzeitig erteilt,
24.
entgegen § 319 Abs. 1 Satz 1 Einsicht oder Zutritt nicht gewährt,
25.
entgegen § 320 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 oder 2 oder Abs. 5 einen Nachweis nicht, nicht richtig oder nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erbringt, eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt oder eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet,
26.
entgegen § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches eine Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder
27.
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches eine Änderung in den Verhältnissen, die für einen Anspruch auf eine laufende Leistung erheblich ist, nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1, 5 bis 9 und 11 bis 13 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, 4, 16, 26 und 27 mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro geahndet werden.

(1) Wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichnete Handlung begeht und den Ausländer zu Arbeitsbedingungen beschäftigt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen, die die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder aus grobem Eigennutz handelt.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

(1) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter beginnt mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis.

(2) Die Mitgliedschaft unständig Beschäftigter (§ 179 Abs. 2) beginnt mit dem Tag der Aufnahme der unständigen Beschäftigung, für die die zuständige Krankenkasse erstmalig Versicherungspflicht festgestellt hat, wenn die Feststellung innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung erfolgt, andernfalls mit dem Tag der Feststellung. Die Mitgliedschaft besteht auch an den Tagen fort, an denen der unständig Beschäftigte vorübergehend, längstens für drei Wochen nicht beschäftigt wird.

(2a) Die Mitgliedschaft der Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches und Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem Dritten Buch beginnt mit dem Tag, von dem an die Leistung bezogen wird.

(3) Die Mitgliedschaft der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten beginnt mit dem Tage, an dem die Versicherungspflicht auf Grund der Feststellung der Künstlersozialkasse beginnt. Ist die Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz durch eine unständige Beschäftigung (§ 179 Abs. 2) unterbrochen worden, beginnt die Mitgliedschaft mit dem Tage nach dem Ende der unständigen Beschäftigung. Kann nach § 9 des Künstlersozialversicherungsgesetzes ein Versicherungsvertrag gekündigt werden, beginnt die Mitgliedschaft mit dem auf die Kündigung folgenden Monat, spätestens zwei Monate nach der Feststellung der Versicherungspflicht.

(4) Die Mitgliedschaft von Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden, beginnt mit dem Beginn der Maßnahme.

(5) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beginnt mit dem Beginn der Maßnahme.

(6) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger behinderter Menschen beginnt mit dem Beginn der Tätigkeit in den anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen.

(7) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten beginnt mit dem Semester, frühestens mit dem Tag der Einschreibung oder der Rückmeldung an der Hochschule. Bei Hochschulen, in denen das Studienjahr in Trimester eingeteilt ist, tritt an die Stelle des Semesters das Trimester. Für Hochschulen, die keine Semestereinteilung haben, gelten als Semester im Sinne des Satzes 1 die Zeiten vom 1. April bis 30. September und vom 1. Oktober bis 31. März.

(8) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Praktikanten beginnt mit dem Tag der Aufnahme der berufspraktischen Tätigkeit. Die Mitgliedschaft von zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigten beginnt mit dem Tag des Eintritts in die Beschäftigung.

(9) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Rentner beginnt mit dem Tag der Stellung des Rentenantrags.

(10) Wird die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger zu einer Krankenkasse gekündigt (§ 175), beginnt die Mitgliedschaft bei der neugewählten Krankenkasse abweichend von den Absätzen 1 bis 9 mit dem Tag nach Eintritt der Rechtswirksamkeit der Kündigung.

(11) Die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Versicherungspflichtigen beginnt mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland. Die Mitgliedschaft von Ausländern, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, beginnt mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis. Für Personen, die am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, beginnt die Mitgliedschaft an diesem Tag.

(1) Wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichnete Handlung begeht und den Ausländer zu Arbeitsbedingungen beschäftigt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen, die die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder aus grobem Eigennutz handelt.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichnete Handlung begeht und den Ausländer zu Arbeitsbedingungen beschäftigt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen, die die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder aus grobem Eigennutz handelt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 625/16
vom
24. August 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240817B1STR625.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 24. August 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 12. Mai 2016 aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte K. in Bezug auf die Taten 1 und 50 der Anklage vom 4. Mai 2015 wegen Bankrotts in Tateinheit mit Betrug in zwei Fällen sowie in Bezug auf die Tat 5 der Anklage vom 10. Juni 2015 wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist,
b) in den Aussprüchen über die den Angeklagten K. betreffenden Einzelstrafen mit den dazugehörigen Feststellungen in Bezug auf die Taten 2 bis 49 der Anklage vom 4. Mai 2015 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (48 Einzeltaten) sowie in Bezug auf die Taten 21 bis 53 der Anklage vom 10. Juni 2015 wegen (Lohn-) Steuerhinterziehung (33 Einzeltaten),
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen.
2. Auf die Revision der Angeklagten B. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es sie betrifft, im Schuld- und Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten K. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 31 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in 25 Fällen unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Stade vom 6. Dezember 2012 in Verbindung mit dem Urteil des Amtsgerichts Stade vom 26. Juli 2011 verhängten Einzelstrafen nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es ihn wegen Bankrotts in Tateinheit mit Betrug in zwei Fällen, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 17 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in 28 Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Die Angeklagte B. hat das Landgericht wegen Beihilfe zum Bankrott in zwei Fällen in Tateinheit mit Betrug in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 16 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
3
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagten mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und sind im Übrigen gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.


4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Der Angeklagte K. betrieb gemeinsam mit dem vormals Mitangeklagten H. ein Taxiunternehmen unter der Firma „N. M. GbR“ (im Folgenden: Taxiunternehmen).
6
Im Zeitraum von Mai 2010 bis April 2014 meldeten der Angeklagte K. und der vormals Mitangeklagte H. – wie bereits in den vorangegangen Jahren – eine zu geringe Anzahl beschäftigter Arbeitnehmer (Fahrer und Funker ) mit einem zu niedrigen Arbeitslohn zur Sozialversicherung an und entrichteten aufgrund dessen im Tatzeitraum insgesamt 1.106.933,07 Euro zu wenig Sozialversicherungsbeiträge (Anklage vom 4. Mai 2015; Taten 2 bis 49 der Urteilsgründe ). Hierbei wurden sie durch die Mitangeklagte B. unterstützt, die im Dezember 2012 zum Schein das Taxiunternehmen übernommen hatte, um dem Angeklagten K. und dem vormals Mitangeklagten H. die Weiterführung des Taxibetriebs in der bisherigen Form zu ermöglichen, nachdem ihnen wegen der seit 14. Dezember 2012 rechtskräftigen Vorverurteilung durch das Amtsgericht Stade der Entzug der Konzession für das Taxiunternehmen drohte. Tatsächlich führte die Angeklagte B. aber zu keinem Zeitpunkt das Taxiunternehmen.
7
Durch ihre formale Stellung als Inhaberin des Taxiunternehmens förderte die Angeklagte B. im Zeitraum von Dezember 2012 bis April 2014 die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 370.000 Euro (Anklage vom 4. Mai 2015; Taten 33 bis 49 der Urteilsgründe).
8
2. Die A. beantragte beim Amtsgericht Cuxhaven mit Schreiben vom 13. Februar 2013 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Taxiunternehmens. Daraufhin behaupteten der Angeklagte K. und der vormals Mitangeklagte H. am 11. März 2013 im Anhörungsbogen zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wahrheitswidrig, dass das einzige Vermögen des Taxiunternehmens ein Kontoguthaben von 35,97 Euro bei der Stadtsparkasse sei. Das Taxiunternehmen verfüge insbesondere über keine Kraftfahrzeuge , immateriellen Vermögensgegenstände und habe keine laufenden Einnahmen. Tatsächlich hatten der Angeklagte K. und der vormals Mitangeklagte H. die Vermögensgegenstände des Unternehmens zur Verhinderung des Entzugs der Konzession zum Schein auf die Mitangeklagte B. übertragen. Das Taxiunternehmen verfügte tatsächlich zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter anderem über sieben Kraftfahrzeuge im Wert von 2.000 Euro bis 12.500 Euro, erzielte laufende Einnahmen, hatte einen ausgeprägten Kundenstamm und eine Forderung in Höhe von 4.531,93 Euro gegen eine Versicherung. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Cuxhaven vom 19. Juli 2013 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt.
9
In einem weiteren Verfahren beim Amtsgericht Cuxhaven stellte der Angeklagte K. mit Schreiben vom 2. Juli 2013 einen Eigeninsolvenzantrag über sein Privatvermögen. Auch hier gab er wahrheitswidrig an, nicht mehr Inhaber des Taxiunternehmens zu sein und nur noch als Taxifahrer bei der Mitangeklagten B. für einen Arbeitslohn von 529 Euro monatlich tätig zu sein. Auch diese Angaben waren falsch, da der Angeklagte K. gemeinsam mit dem vormals Mitangeklagten H. weiterhin Inhaber des Taxiunternehmens war und die Vermögensbestandteile nicht auf die Mitangeklagte B. übertragen worden waren.
10
Die Mitangeklagte B. unterstützte den Angeklagten K. und den früheren Mitangeklagten H. bei diesen Taten, indem sie das Taxigewerbe im Dezember 2012 auf ihren Namen eintragen ließ.

II.


11
Revision des Angeklagten K.
12
1. Den erhobenen Verfahrensrügen bleibt der Erfolg aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Februar 2017 versagt.
13
2. Die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Betrugs in Tateinheit mit Bankrott in zwei Fällen (Tat 1 und 50 der Anklage vom 4. Mai 2015) sowie in einem Fall wegen Steuerhinterziehung (Tat 5 der Anklage vom 10. Juni 2015) hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
14
a) Der Schuldspruch des Angeklagten K. wegen Bankrotts in zwei Fällen weist zwar keinen Rechtsfehler auf, jedoch tragen die Feststellungen des Landgerichts eine hierzu jeweils in Tateinheit stehende Verurteilung wegen Betrugs nicht.
15
aa) Rechtsfehlerfrei geht die Kammer davon aus, dass durch die falschen Angaben des Angeklagten K. gegenüber dem Insolvenzgericht grundsätzlich eine Verurteilung wegen Bankrotts in Tateinheit mit Betrug in Betracht kommt.
16
Tateinheit liegt vor, wenn die tatbestandlichen, mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzenden Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind (BGH, Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317 Rn. 10 mwN; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 20). Der Betrug könnte hier in Form des Prozessbetrugs als Unterfall des Dreiecksbetrugs durch den Angeklagten K. verwirklicht worden sein, wenn das Insolvenzgericht irrtumsbedingt eine Entscheidung getroffen hat, die unmittelbar die Vermögenslage der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt hat. Inso- fern stimmten die Ausführungshandlung des Bankrotts in Form des „Verheimlichens“ und die Täuschung durch die falschen Angaben gegenüberdem Insolvenzgericht überein (zur Tateinheit vgl. RG, Urteil vom 17. März 1932 – III841/31, RGSt 66, 175; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 317; Richter in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl., § 83 Masseschmälerung , Rn. 31; vgl. ähnlich zur Täuschung des Grundbuchrichters, RG, Urteil vom 10. Oktober 1932 – III 553/32, RGSt 66, 371).
17
Der Tatbestand des Bankrotts wird auch nicht durch den Tatbestand des Betrugs verdrängt oder umgekehrt. Das wäre nach der Rechtsprechung des BGH nur dann der Fall, wenn der Unrechtsgehalt einer Handlung durch einen von mehreren, dem Wortlaut nach anwendbaren Straftatbeständen erschöp- fend erfasst wird (BGH, Urteile vom 5. September 1974 – 4 StR 354/74, BGHSt 25, 373 Rn. 8 und vom 10. Mai 1983 – 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380 Rn. 10; Beschluss vom 1. Februar 2007 – 5 StR 467/06, BGHR StGB § 264 Abs. 1 Konkurrenzen 3 Rn. 9). Maßgebend für die Beurteilung sind die Rechtsgüter, gegen die sich der Angriff des Täters richtet und die Tatbestände, die das Gesetz zu ihrem Schutz aufstellt (BGH, Urteil vom 5. September 1974 – 4 StR 354/74, BGHSt 25, 373 Rn. 8). Die Verletzung des durch den einen Straftatbestand geschützten Rechtsguts muss eine – wenn nicht notwendige, so doch regelmäßige – Erscheinungsform des anderen Tatbestandes sein (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 1992 – GSSt 1/92, BGHSt 39, 100 Rn. 31). Während der Tatbestand des Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB die vollständige Erfassung des pfändbaren Schuldnervermögens im Interesse der Gläubiger schützt (BGH, Beschluss vom 21. März 2017 – 1 StR 602/16, wistra 2017, 355 Rn. 21 mwN; MüKoStGB/Radtke/Petermann, 2. Aufl., Rn. 11 vor §§ 283 ff. und 283 Rn. 3; Fischer, StGB, 64. Aufl., Rn. 3 vor § 283; Heine/Schuster in Schönke /Schröder, StGB, 29. Aufl., § 283 Rn. 1), bezweckt § 263 StGB ausschließlich den Vermögensschutz der einzelnen Vermögensinhaber (BGH, Beschluss vom 1. September 1994 – 1 StR 468/94, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 43 Rn. 5; zur Untreue: Urteil vom 4. April 1979 – 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371 Rn. 19; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., Vorbemerkungen vor § 263 Rn. 18).
18
bb) Allerdings werden vom Landgericht keine ausreichenden Feststellungen zum Tatbestand des Betrugs getroffen.
19
Der Betrug setzt voraus, dass der Täter durch Täuschung einen Irrtum erregt und der Getäuschte irrtumsbedingt eine Vermögensverfügung vornimmt (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 3 StR 9/15, wistra 2015, 392 Rn. 4). Im vorliegenden Verfahren liegt ein Prozessbetrug als Unterfall des Dreiecksbetru- ges nahe. In diesen Fällen trifft ein Organ der Rechtspflege irrtumsbedingt eine Entscheidung, die unmittelbar die Vermögenslage der materiell Berechtigten verändert (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl., § 263 Rn. 340).
20
Zwar ist aus den Urteilsgründen noch hinreichend zu entnehmen, dass das Landgericht in der Abgabe des Anhörungsbogens vom 11. März 2013 und dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 2. Juli 2013 gegenüber dem Insolvenzgericht die Täuschungshandlungen des Angeklagten K. sieht. Die Betrugshandlung kann im Prozessverkehr jeder Art begangen werden (Lackner-LK, StGB, 10. Aufl., § 263 Rn. 304), also auch im Eröffnungsverfahren nach § 11 ff. InsO, da der Insolvenzschuldner gegenüber dem Insolvenzgericht zu wahrheitsgemäßen Auskünften und Angaben verpflichtet ist (§ 13 Abs. 1 Satz 7 InsO, § 4 InsO i.V.m. § 138 ZPO). Hiergegen hat der Angeklagte K. ausweislich der Feststellungen bewusst verstoßen. Das Urteil des Landgerichts lässt jedoch sodann weitere zur Tatbestandsverwirklichung notwendige Feststellungen zur Person des Getäuschten, zum Irrtum, zur vermögensmindernden Verfügung und zum Vermögensschaden vermissen.
21
b) Auch der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in Bezug auf Tat 5 der Anklage vom 10. Juni 2015 (Umsatzsteuer Januar 2013) hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
22
Der Generalbundesanwalt weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die getroffenen Feststellungen bisher keine Verurteilung wegen einer vollendeten Steuerhinterziehung rechtfertigen. Die Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2013 weist einen Erstattungsbetrag aus. Bei Steueranmeldungen (§ 150 Abs. 1 Satz 3 AO) – wie hier den Umsatzsteuervoranmeldungen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG) – tritt der Taterfolg der Steuerverkürzung erst dann ein, wenn sie unter den Voraussetzungen des § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen. Bei einer auf Steuervergütung gerichteten Umsatzsteuervoranmeldung ist dies erst dann der Fall, wenn das Finanzamt nach § 168 Satz 2 AO der Anmeldung zustimmt (BGH, Beschluss vom 6. April 2016 – 1StR 431/15, NStZ-RR 2016,172 Rn. 11). Das Landgericht hat keine Feststellung zu einer etwaigen Zustimmung durch die Finanzbehörde getroffen, so dass der Schuldspruch insoweit aufzuheben war.
23
3. Im Strafausspruch erweist sich das Urteil im Hinblick auf die gebildeten Einzelstrafen wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 48 Fällen (Taten 2 bis 49 der Anklage vom 4. Mai 2015) und in 33 Fällen wegen (Lohn-) Steuerhinterziehung (Taten 21 bis 53 der Anklage vom 10. Juni 2015) als rechtsfehlerhaft. Dies führt auch zur Aufhebung der beiden gebildeten Gesamtfreiheitsstrafen.
24
a) Der Strafausspruch hinsichtlich der Taten 2 bis 49 der Anklage vom 4. Mai 2015 hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, da insoweit der Schuldumfang nicht rechtsfehlerfrei bestimmt wurde. Die mitgeteilten Berechnungsgrundlagen des Landgerichts versetzen das Revisionsgericht nicht in die Lage, die Berechnung des sozialversicherungspflichtigen Entgelts nachzuvollziehen.
25
aa) Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94, wistra 1994, 193; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 61). Die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge werden auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Bei- tragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung berechnet (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635; MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 61). Die Grundsätze, die in der Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt wurden, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16, NStZ 2017, 352 Rn. 6 und vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376).
26
bb) Nach diesen Grundsätzen hat die Strafkammer zwar rechtsfehlerfrei die Höhe des Nettolohns der Fahrer und Funker des Taxiunternehmens auf der Basis eines geschätzten Umsatzes pro gefahrenen Kilometer bestimmt.
27
Allerdings ist die Hochrechnung des so ermittelten Nettolohns auf den Bruttolohn für das Revisionsgericht nicht nachvollziehbar (vgl. Tabellen UA S. 107 ff.). Beispielsweise ermittelt die Strafkammer für den Monat Mai 2010 im Weg der Schätzung zwar rechtsfehlerfrei einen Nettolohn für die Fahrer des Taxiunternehmens in Höhe von 10.698,83 Euro. Weiter wird aber für diesen Monat unter Zugrundelegung dieses Nettolohns von einer Lohnsteuer in Höhe von 15.013,33 Euro, Solidaritätszuschlag in Höhe von 825,73 Euro sowie Kirchensteuer in Höhe von 1.351,19 Euro ausgegangen, was in der Summe einen Bruttolohn von 27.889,08 Euro (brutto) ergibt. Die Strafkammer setzt jedoch für die weitere Berechnung einen Bruttolohn in Höhe von 35.069,57 Euro an. Es sind weder der von der Strafkammer angenommene Bruttolohn noch der Umstand , dass die Lohnsteuer den geschätzten Nettolohn um 50 % übersteigt, nachvollziehbar. Dieser Darlegungsmangel setzt sich für die Löhne der Fahrer – sowiein gleicher Weise auch für die Funker – im Hinblick auf den gesamten Tatzeitraum fort. Das Urteil war daher im Strafausspruch hinsichtlich der für den Angeklagten K. für die Taten 2 bis 49 der Anklage vom 4. Mai 2015 gebildeten Einzelstrafen mit den Feststellungen aufzuheben, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie eigene Feststellungen zu ermöglichen.
28
cc) Der Schuldspruch bleibt insoweit bestehen, da der Senat ausschließen kann, dass sich die fehlerhafte Berechnung der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge auf die Verwirklichung des Tatbestandes auswirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 1 StR 505/16, StraFo 2017, 254 Rn. 10; BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 StR 103/12, NZWiSt 2012, 299 Rn. 28).
29
b) Der Senat kann allerdings nicht ausschließen, dass sich bei erneuter Berechnung der für das Taxiunternehmen anzumeldenden Lohnsteuer für den Zeitraum von Januar 2013 bis April 2014 abweichende Beträge ergeben. Insoweit war daher auch der Strafausspruch in Bezug auf die Einzelstrafen der Taten 21 bis 53 der Anklage vom 30. Juni 2015 betreffend den Angeklagten K. ebenfalls mit den Feststellungen aufzuheben.

III.

30
Revision der Angeklagten B.
31
1. Die erhobenen Verfahrensrügen greifen aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Februar 2017 nicht durch.
32
2. Die auf die Sachrüge veranlasste materiell-rechtliche Prüfung des Urteils hat zum Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Verurteilung auch wegen Beihilfe zum Betrug hält indes der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand, weil das Urteil – wie oben unter II. 2. bereits näher ausgeführt – keine ausreichenden Feststellungen zur zugehörigen Haupttat des Angeklagten K. getroffen hat.
33
3. Der aufgezeigte Mangel zwingt zur Aufhebung auch der für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott in zwei Fällen und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 16 Fällen. Wegen der tateinheitlichen Verurteilung auf Grund einer einheitlichen Beihilfehandlung kann ein isolierter Schuldspruch insoweit nicht in Rechtskraft erwachsen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2016 – 1 StR 245/16).
34
Die getroffenen Feststellungen werden mitaufgenommen (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

IV.

35
Für die neue tatgerichtliche Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
36
1. Sollte das neue Tatgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Entscheidungen des Insolvenzgerichts – nämlich die Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Tat 1) bzw. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Tat 50) – die Vermögensverfügung darstellen, wird es bei seiner Entscheidung zu bedenken haben, dass nach der Abweisung der Insolvenzeröffnung mangels Masse die Einzelzwangsvollstreckung der Insolvenzschuldner weiterhin möglich ist (Schilken in Jaeger, Insolvenzordnung, § 26 Rn. 6) und jedenfalls hinsichtlich Tat 1 die Schadensermittlung nach den Grundsätzen der Vermögensgefährdung zu erfolgen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 2 StR 497/15, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 91; vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09, BVerfGE 130, 1 - 51, Rn. 174; Tiedemann-LK, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 234; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 263 Rn. 159 mwN). Zudem wird es in den Blick zu nehmen haben, ob die Tat sich noch im Stadium des versuchten Betrugs befand (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1971 – 2 StR 238/71, BGHSt 24, 257; Tiedemann -LK, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 236).
37
2. Bei der gemäß § 283 Abs. 1 und 2 StGB für die täterschaftliche Begehung erforderlichen Pflichtenstellung als Schuldner handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115-118 und vom 22. Januar 2013 – 1 StR 233/12; MüKoStGB/Radtke/Petermann, 2. Aufl., § 283 Rn. 80). Das neue Tatgericht wird daher, sofern es erneut zu einer Verurteilung der Angeklagten B. wegen Beihilfe zum Bankrott gelangt, die in § 28 Abs. 1 StGB vorgesehene Strafrahmenverschiebung in den Blick zu nehmen haben.
38
3. Eine neue nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Stade vom 26. Juli 2011 (31 Ls ) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Stade vom 6. Dezember 2012 (10 Ns ), welches seit dem 14. Dezember 2012 rechtskräftig ist, kommt nur dann in Betracht, wenn die zugrundeliegenden Taten vor der früheren Verurteilung begangen worden sind. Für die Frage, ob dies der Fall ist, kommt es auf die Beendigung der Tat an (BGH, Beschluss vom 18. August 2015 – 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305; LK-Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 9). Das Vergehen des Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen der Beiträge zur Sozialversicherung ist aber erst beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners. Feststellungen hierzu fehlen bisher (BGH, Beschlüsse vom 27. September 1991 – 2 StR 315/91, wistra 1992, 23 und vom 28. Oktober 2008 – 5 StR 166/08, BGHSt 53, 24 Rn. 41). Raum Jäger Cirener Bär Hohoff

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 185/16
vom
7. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
Nebenbeteiligte:
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:071216B1STR185.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 7. Dezember 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO und entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen :
Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13. August 2015 werden verworfen, die Revision des Angeklagten S. mit der Maßgabe, dass dieser Angeklagte wegen einer Tat der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr – unter Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung – verurteilt ist. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und den Angeklagten S. wegen „Beihilfe zur Beitragsvorenthaltung“ und Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, jeweils unter Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Strafen zur Bewährung. Gegen die Nebenbeteiligte hat das Landgericht wegen zweier Pflichtverletzungen durch das Handeln eines vertretungsberechtigten Organs zwei Geldbußen in Höhe von 400.000 und 450.000 Euro verhängt. Die jeweils mit Verfahrensbeanstandungen und der ausgeführten Sachrüge geführten Revisionen führen lediglich beim Angeklagten S. zu einer Änderung der Konkurrenzen (§ 349 Abs. 4 StPO) und sind im Übrigen im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet. Über die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen Antragsschriften hinaus bedarf Folgendes näherer Erörterung:

I.

2
Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
3
1. Die Vorwürfe sind nicht verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist für Vergehen nach § 370 Abs. 1 AO und § 266a StGB (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, auch i.V.m. § 369 Abs. 2 AO) bezüglich der verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeiträume Januar 2005 bis Ende August 2009 wurde bezüglich des Angeklagten S. durch die erste Beschuldigtenvernehmung am 7. Oktober 2009 sowie den ihn betreffenden Durchsuchungsbeschluss vom 11. November 2009 und bezüglich des Angeklagten W. durch den Durchsuchungsbeschluss vom 28. September 2009 wirksam unterbrochen (vgl. § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 StGB). Dies führt auch zur Unterbrechung der Verjährung gegenüber der Nebenbeteiligten, denn verjährungsunterbrechende Handlungen gegen ein Organ im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG wirken auch gegenüber der vom Organ vertretenen juristischen Person (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 – KRB 2/05, NJW 2006, 163, 164).
4
Die im Herbst 2009 neu beginnende Verjährungsfrist (§ 78c Abs. 3 Satz 1 StGB) ruhte sodann gemäß § 78b Abs. 4 StGB ab der Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht durch Beschluss vom 23. Juni 2014. Hierfür kommt es lediglich darauf an, ob das Gesetz – wie hier (§ 266a Abs. 4 StGB, § 370 Abs. 3 AO) – einen besonders schweren Fall mit einer Strafdrohung von über fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsieht (Senat, Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 StR 490/10, BGHSt 56, 146).
5
Auch wenn man den rechtlichen Ansatz des Landgerichts, bei dem Angeklagten W. alle Steuerstraftaten zu einer Tat im Rechtssinne zusammenzufassen – was aufgrund des Gesamthinterziehungsbetrages und des späten Beendigungszeitpunkts zur Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO führen würde – nicht teilt (vgl. unten II. 4.), ist keine Steuerstraftat verjährt. Eine einschränkende Auslegung des § 78b Abs. 4 StGB dahingehend , dass er gegen seinen Wortlaut wegen der Änderung von § 376 AO auf Fälle der einfachen Steuerhinterziehung keine Anwendung mehr finden soll (vgl. Baumhöfener/Madauß, NZWiSt 2017, 27, 28), hält der Senat nicht für geboten (ebenso Bülte in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand November 2013, § 376 AO Rn. 198; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 376 AO Rn. 98; Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, Stand Juni 2009, § 376 AO Rn. 174; vgl. auch Senat, Urteil vom 26. Oktober 2016 – 1 StR 172/16, NZWiSt 2017, 68; anders für die von § 376 Abs. 1 AO erfassten Fälle Mitsch, NZWiSt 2015, 8, 12; Mosbacher, Steueranwalt 2009/2010, S. 131,

146).

6
2. Die Verfahrensweise hinsichtlich der Beteiligung der Nebenbeteiligten begründet ebenfalls kein Verfahrenshindernis ihr gegenüber.
7
Die Beteiligung der Nebenbeteiligten nach § 444 Abs. 1 StPO wurde jedenfalls konkludent durch den Eröffnungsbeschluss vom 23. Juni 2014 angeordnet. Dieser macht unmissverständlich klar, dass das Strafverfahren – gemäß dem Antrag der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift vom 5. März 2013 – auch gegen die Nebenbeteiligte geführt werden soll. Entsprechend ist im Folgenden auch verfahren worden. Die Nebenbeteiligte wurde zur Hauptverhandlung geladen und war dort durch einen Rechtsanwalt vertreten. All dies reicht für eine Beteiligungsanordnung aus (vgl. zur konkludenten Beteiligungsanordnung auch OLG Hamm, Beschluss vom 27. April 1973 – 5 Ss OWi 19/73, NJW 1973, 1851, 1853; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. November 1986 – 1 Ss 169/86, NStZ 1987, 79; Gössel in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 444 Rn. 15 mwN).

II.

8
Die auf rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Schuldsprüche.
9
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erbrachte die Nebenbeteiligte in den Jahren 2005 bis 2009 mit ca. 250 bis 500 fest angestellten Mitarbeitern Bewachungs- und Sicherheitsleistungen am Flughafen M. . Der Angeklagte W. war in diesem Zeitraum Geschäftsführer der Nebenbeteiligten, der Angeklagte S. nach einer Tätigkeit als Betriebsleiter Berater im Bereich Personalwesen.
10
Ein Großteil der Mitarbeiter der Nebenbeteiligten war im genannten Zeitraum zusätzlich bei einer anderen Firma (H. GmbH oder Se. GmbH) als geringfügig Beschäftigte gemeldet. Dies diente indes lediglich der gesplitteten Abrechnung von Mehrarbeit der Beschäftigten. Auf diese Weise konnten die Nebenbeteiligte und die bei ihr angestellten Arbeitnehmer Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für Mehrarbeit einsparen , weshalb alle Beteiligten ein erhebliches Interesse an der Fortführung die- ses schon seit den frühen 1990er Jahren betriebenen „Lohnmodells“ hatten.
11
Mit der H. GmbH oder der Se. GmbH schlossen die betroffenen Angestellten der Nebenbeteiligten unter deren Vermittlung „formal“ schriftliche Arbeitsverträge über eine geringfügige Beschäf- tigung, die auch entsprechend gemeldet wurde. Tatsächlich kannten die vor- geblichen Arbeitnehmer keine Ansprechpartner bei diesen „Arbeitgebern“. Sie stellten sich dort nicht zur Einstellung vor, wurden von niemandem aus diesen Firmen angewiesen, erhielten von dort weder Kleidung noch sonstige Arbeitsutensilien , stellten dort keine Urlaubsanträge, meldeten sich dort weder zum Dienstantritt noch krank und hatten überhaupt keinen direkten Kontakt zu ihren angeblichen Arbeitgebern. Vielmehr leisteten sie ausschließlich unter Kontrolle und auf Anweisung der Nebenbeteiligten ihre Arbeitsstunden in der Dienstkleidung und mit den Sicherheitsausweisen, die sie von der Nebenbeteiligten erhalten hatten. Der später formal für die H. GmbH tätige Angeklagte S. trat den Arbeitnehmern gegenüber weiterhin als der Nebenbeteiligten zugehörig auf. Lediglich wenn Mehrarbeit anfiel, wurde diese über die beiden genannten Firmen abgerechnet, wobei auch nachträglich Stunden umgeschrieben wurden, wenn dies besser in den vorteilhaften Abrechnungsmodus passte. Die H. GmbH und die Se. GmbH fungierten auf diese Weise lediglich als „Zahlstellen“ der Nebenbeteiligten. Die Aufgaben beider Firmen beschränkten sich darauf, ihre angeblich geringfügig Beschäftigten anzumelden, nach detaillierten Vorgaben der Nebenbeteiligten Lohnabrechnungen zu fertigen und Löhne für die angeblich bei ihnen geringfügig Beschäftigten auszuzahlen. Unabhängig von jeder tatsächlichen Beschäftigung wurde pro Monat mindestens eine Stunde über die Drittfirmen abgerechnet, damit es zu keiner Abmeldung bei der Knappschaft kam.
12
Im Zusammenhang mit einer geplanten Zusammenarbeit mit der C. GmbH, die nach dem beschriebenen Modell als „Subunternehmerin“ der Nebenbeteiligten fungieren sollte, wurde den Angeklagten schon im Sommer 1999 bekannt, dass es erhebliche rechtliche Bedenken gegen diese Form der gesplitteten Mitarbeiterbezahlung gibt. Soweit sie bei Rechtsanwälten und Behörden rechtlichen Rat einholten und zur Antwort bekamen, das angefragte Modell sei unbedenklich, beruhte dies auf der unzutreffenden Angabe, die Arbeitnehmer wären tatsächlich bei zwei verschiedenen Arbeitgebern tätig.
13
2. Das Landgericht ist auf der Grundlage dieser Feststellungen zutreffend davon ausgegangen, dass die Nebenbeteiligte bezüglich der gesamten Tätigkeit der bei ihr angestellten Arbeitnehmer (Haupt- und „Nebenbeschäfti- gung“) als Arbeitgeber im Sinne von § 266a StGB anzusehen ist und sich des- halb die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuern aus dem von den Arbeitnehmern erzielten Gesamtlohn berechnen.
14
a) Grundlage der Beitragsbemessung ist das gesamte Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Tätigkeit. Hierzu zählen alle Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (vgl. Senat, Urteil vom 16. April 2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977). Sämtliche bei einem Arbeitgeber vorgenommenen Tätigkeiten sind – ohne Rücksicht auf ihre arbeitsvertragliche Gestaltung – als ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis anzusehen. Eine neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübte geringfügige Beschäftigung ist deshalb nur dann versicherungsfrei, wenn sie nicht bei demselben Arbeitgeber ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 16. Februar 1983 – 12 RK 26/81, BSGE 55, 1).
15
Der Begriff des Arbeitgebers ist im Rahmen von § 266a StGB sozialrechtlich zu bestimmen (vgl. hierzu umfassend Radtke in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 12 ff.; Brettschneider in Ignor/Mosbacher [Hrsg.], Handbuch Arbeitsstrafrecht , 3. Aufl., § 2 Rn. 27 ff., jeweils mwN). Arbeitgeber in diesem Sinne ist derjenige, demgegenüber der Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleitungen verpflichtet ist und zu dem er in einem persönlichen Abhängigkeits- verhältnis steht, das sich vor allem durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers äußert (Radtke aaO Rn. 12 mwN).
16
b) Arbeitgeberin der „geringfügig Beschäftigten“ war nach diesen Maß- stäben jeweils nur die Nebenbeteiligte. Die Arbeitnehmer waren lediglich in ihren Betrieb eingegliedert und erhielten lediglich von dort Weisungen. Sie waren nach der von allen Parteien so gewollten Vereinbarung nicht den Drittfirmen gegenüber zur Dienstleistung verpflichtet, sondern nur der Nebenbeteiligten gegenüber. Dies zeigt sich – worauf das Landgericht zutreffend abgestellt hat – schon daran, dass die Drittfirmen als angebliche Arbeitgeber weder über Dienstantritt noch Krankheit oder Urlaub „ihrer Arbeitnehmer“ informiert waren, sondern sich ihre Tätigkeit lediglich auf die Auszahlung von Arbeitslohn nach detaillierten Vorgaben der Nebenbeteiligten beschränkte. Die Arbeitnehmer erbrachten ihre Tätigkeit nur für die Nebenbeteiligte, nicht für die Drittfirmen, bei denen sie ohnehin niemanden kannten.
17
c) Auf der Grundlage der Feststellungen erweisen sich die von den Arbeitnehmern der Nebenbeteiligten mit der H. GmbH oder der Se. GmbH geschlossenen „Arbeitsverträge“ über eine geringfügige Beschäftigung letztlich als bloße Scheingeschäfte im Sinne von § 117 BGB. Tatsächlich sollte durch diese Verträge keine der Parteien wirksam im Sinne von § 611 BGB verpflichtet werden.
18
d) Die Einwände der Revisionen, es habe sich bei der arbeitsvertraglichen Gestaltung um Leiharbeit gehandelt, gehen deshalb an den Feststellungen des Urteils vorbei. Dies würde voraussetzen, dass die jeweiligen Arbeit- nehmer im Rahmen ihrer „geringfügigen Tätigkeit“ jedenfalls eine wirksame ar- beitsvertragliche Verpflichtung mit den Drittfirmen H. GmbH oder Se. GmbH eingegangen wären. Daran mangelt es nach den Feststellungen aber gerade. Kommt schon überhaupt kein Arbeitsvertrag mit einem anderen Arbeitgeber zustande, sondern wird dieser Vertrag – wiehier – nur formal „zum Schein“ geschlossen, ohne dass damit nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien arbeitsvertragliche Pflichten begründet werden sollen, gibt es schon keine zwei Arbeitgeber, wie dies die Rechtsausführungen der Revisionen voraussetzen.
19
3. Auch die Bestimmung des Schadensumfangs der Beitragshinterziehung hält letztlich revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
20
a) Zu Recht ist das Landgericht hinsichtlich des nicht gemeldeten Lohnteils nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV von einem Nettoarbeitsentgelt ausgegangen und hat dies zur Beitragsberechnung im Sinne von § 266a Abs. 1 und 2 StGB auf einen fiktiven Bruttolohn hochgerechnet.
21
aa) Die Fiktion einer Nettolohnvereinbarung gilt auch, wenn die Schwarzlohnzahlung – wie hier – nur einzelne Lohnteile erfasst (Senat, Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 – 1 StR 320/09, wistra 2010, 29 und vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, wistra 2010, 148).
22
bb) Aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt sich auch, dass diese Teilschwarzlohnzahlungen mit mindestens bedingtem Vorsatz erfolgt sind, was Voraussetzung der Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254; Senat, Urteil vom 16. April 2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977). Entgegen der Auffassung der Revisionen wird insoweit nicht mehr verlangt als für die – hierfestgestellte – bedingt vorsätzliche Erfüllung des Straftatbestandes des § 266a StGB; vielmehr gilt ein Gleichlauf der subjektiven Voraussetzungen (vgl. BSG aaO Rn. 28).
23
b) Die Hochrechnung der einzelnen Schwarzlohnanteile auf einen fiktiven Bruttolohn als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der hinterzogenen Sozialversicherungsbeiträge ist allerdings fehlerhaft.
24
aa) Einerseits hat das Landgericht bei der Hochrechnung zu Lasten der Angeklagten jeweils zu Unrecht die Lohnsteuerklasse VI angesetzt, obwohl für sämtliche Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarten vorlagen (vgl. § 39c EStG) und die individuellen Lohnsteuermerkmale im Rahmen der Lohnsteuerberechnung festgestellt wurden (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 79).
25
bb) Andererseits hat die Strafkammer zu Gunsten der Angeklagten rechtsfehlerhaft lediglich den Schwarzlohnanteil isoliert auf einen Bruttolohn hochgerechnet und aus dieser Summe die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge bestimmt. Zwar ist die Hochrechnung der Schwarzlohnsumme auf eine Bruttolohnsumme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nur auf den Schwarzlohnanteil zu beziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, wistra 2010, 148). Aber dieser muss für eine auch die Progression beinhaltende zutreffende Beitragsberechnung dem gemeldeten Teil der Lohnsumme hinzugerechnet werden, damit anschließend von dem insgesamt ermittelten Bruttolohn der gemeldete Bruttolohn wieder abgezogen werden kann (vgl. Senat aaO).
26
cc) Letztlich wirken sich beide gegenläufigen Fehler unter Berücksichtigung des vom Landgericht stets vorgenommenen Sicherheitsabschlags in Höhe von 5 % jedenfalls im Ergebnis nicht zu Lasten der Angeklagten oder der Nebenbeteiligten aus.
27
4. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung des Landgerichts hält nur eingeschränkt rechtlicher Überprüfung stand.
28
a) Soweit das Landgericht bei dem Angeklagten W. jeweils nur eine Tat des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und der Steuerhinterziehung angenommen hat, ist dies angesichts seiner tatsächlichen Einbindung zwar nicht unbedenklich (vgl. zu den Konkurrenzen bei § 266a StGB nur Radtke in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 99; Pananis in Ignor/Mosbacher [Hrsg.], Handbuch Arbeitsstrafrecht, 3. Aufl., § 6 Rn. 45; zu den Konkurrenzen bei Lohnsteuerhinterziehung nach § 370 AO vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 2011 – 1 StR 90/11, NStZ 2011, 645, jeweils mwN). Da das Landgericht trotz der Schadenshöhe mangels Handeln aus grobem Eigennutz keinen besonders schweren Fall von Steuer- oder Beitragshinterziehung nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO aF und § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB angenommen hat, schließt der Senat aber aus, dass eine etwa fehlerhafte Konkurrenzbeurteilung den Angeklagten beschwert. Ohnehin beeinflusst die unzutreffende Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat insgesamt nicht (Senat, Beschluss vom 21. April 2016 – 1 StR 122/16, NStZRR 2016, 244, 245 mwN).
29
b) Gleiches wie für den Angeklagten W. gilt für die nach § 30 OWiG akzessorisch haftende Nebenbeteiligte.
30
c) Die Revision des Angeklagten S. führt zu einer Änderung der Konkurrenzen bei seiner Verurteilung. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat, dienten die Beihilfehandlungen dieses Angeklagten gleichermaßen der Ermöglichung von Beitrags- wie Steuerhinterziehung. Unterstützt der Teilnehmer durch eine Handlung mehrere Haupttaten, liegt nur eine Beihilfe vor (vgl. Jäger, in Klein, AO, 13. Aufl., § 370 Rn. 251 mwN).
31
Der Senat ändert in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich und setzt die bisherige Gesamtfreiheitsstrafe als Einzelstrafe fest (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 – 5 StR 44/14; BVerfG – Kammer –, Nichtannahmebeschluss vom 27. September 2006 – 2 BvR 1603/06). § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte insoweit nicht erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können. Lediglich zur Klarstellung hat der Senat ausgesprochen , dass die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt bleibt. Eines neuerlichen Beschlusses nach § 268a StPO bedarf es nicht.

III.

32
Zu den Verfahrensrügen ist ergänzend zu bemerken:
33
1. Bezüglich der Verfahrensbeanstandungen, die eine unrichtige Be- handlung von Beweisanträgen zur „formal-rechtlichen“ Betrachtung der Arbeit- geberstellung im Tatzeitraum sowie entsprechenden Auskünften von Sozialversicherungsträgern hierzu geltend machen, kann der Senat aufgrund des unter II. Ausgeführten – unabhängig von der Frage einer Einschränkung des Beweisantragsrechts der Nebenbeteiligten nach § 436 Abs. 2 i.V.m. § 444 Abs. 2 Satz 2 StPO und unabhängig von der Rügeberechtigung derjenigen Revisionsführer, die lediglich die Ablehnung von anderen Verfahrensbeteiligten gestellten Beweisanträgen beanstanden (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 4. September 2014 – 1StR 75/14, StraFo 2015, 70 mwN) – jeweils ausschließen, dass dasUrteil auf einer etwa unrichtigen Rechtsanwendung im Sinne von § 337 Abs. 1 StPO beruht.
34
a) In allen ablehnenden Beschlüssen nach § 244 Abs. 3 und 6 StPO hat die Strafkammer ihren auch im Urteil fortgesetzten Rechtsstandpunkt deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht die H. GmbH und die Se. GmbH (sowie früher eingebundene Drittfirmen) nur angeblich, nicht aber wirklich zusätzliche Arbeitgeber der jeweiligen Arbeitnehmer der Nebenbeteiligten waren. Sämtliche unter Beweis gestellten Tatsachen erwiesen sich deshalb für die Entscheidung der Strafkammer, worauf sie in ihren ablehnenden Beschlüssen jeweils hingewiesen hat, als aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung. Hierüber konnte deshalb, trotz im Einzelnen teils etwas knapper Begründung, für die Revisionsführer zu keinem Zeitpunkt Unklarheit bestehen.
35
b) Der Senat kann offenlassen, ob sich die Ablehnung der beantragten Verlesung der den Beweisanträgen beigefügten Urkundenkopien nach § 244 Abs. 3 StPO oder – als präsente Beweismittel – nach § 245 Abs. 2 StPO richtet (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 – 3 StR 646/93, NStZ 1994, 593; Urteil vom 6. September 2011 – 1 StR 633/10, wistra 2012, 29, 33; Beschluss vom 22. September 2015 – 4 StR 355/15, StV 2016, 343). Auch in diesen Fällen kann der Senat aufgrund des eben Ausgeführten ausschließen, dass die jeweils unterlassenen Beweiserhebungen die Entscheidung des Landgerichts beeinflusst haben könnten (vgl. zum Maßstab der Beruhensprüfung bei Verstößen gegen § 245 StPO: BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 – 2 StR 596/95, NStZ 1996, 400).
36
2. Die Revision der Nebenbeteiligten kann auch nicht mit ihrer Rüge durchdringen, Ladung und tatsächliche Beteiligung der Nebenbeteiligten seien unzureichend gewesen.
37

a) Zwar lag der Ladung der Nebenbeteiligten zur Hauptverhandlung keine Zustellungsanordnung des Vorsitzenden zu Grunde, sondern die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat ohne entsprechende Anordnung die förmliche Zustellung der Ladung verfügt (vgl. hierzu nur Mosbacher/Claus in SSW-StPO, 2. Aufl., § 36 StPO Rn. 3 und 9 mwN). Dieser Mangel hat sich aber nicht zu Lasten der Nebenbeteiligten ausgewirkt (vgl. zum Prüfungsmaßstab MeyerGoßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 216 Rn. 8 mwN), denn sie ist tatsächlich zuverlässig von den Hauptverhandlungsterminen unterrichtet worden und konnte deshalb ihr Beteiligungsrecht wahrnehmen.
38
Ein Antrag nach § 217 Abs. 2 StPO ist nicht fristgerecht gestellt worden. Eine etwaige Nichteinhaltung der Ladungsfrist aufgrund des vorgenannten Fehlers im Zustellungsverfahren würde im vorliegenden Fall auch nicht von den Rechtsfolgen des § 444 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 StPO entbinden; die Fristeinhaltung ist in solchen Fällen keine Voraussetzung für Maßnahmen, die das Gesetz an das Ausbleiben der Nebenbeteiligten knüpft (vgl. zu ähnlichen Konstellationen Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 217 Rn. 11 mwN).
39
b) Die Nebenbeteiligte war in der Hauptverhandlung auch ordnungsgemäß vertreten. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend im Einzelnen ausgeführt hat, war der Angeklagte W. zwar wegen Interessenkonflikts als Geschäftsführer der Nebenbeteiligten von der Vertretung im Verfahren ausgeschlossen. Da nach der Satzung der Nebenbeteiligten deren Vertretung aber sowohl durch einen wie durch mehrere Geschäftsführer möglich ist und neben dem Angeklagten W. jeweils noch ein anderer Geschäftsführer bestellt war, erstarkte die Gesamtvertretungsmacht des verbliebenen Geschäftsführers zur Alleinvertretungsmacht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2007 – II ZR 330/05, NJW-RR 2007, 1260).
40
Die Beauftragung der anwaltlichen Vertreter der Nebenbeteiligten, die jeweils ausdrücklich auch zu deren Vertretung bevollmächtigt waren, ist aus demselben Grund als wirksam anzusehen. Ohnehin oblag es der Nebenbeteiligten nach Anordnung der Beteiligung und Ladung selbst, sich um ihre Vertretung in der Hauptverhandlung zu kümmern (vgl. § 444 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 StPO).

IV.

41
Der geringfügige Teilerfolg der Revision des Angeklagten S. rechtfertigt es nicht, diesen Angeklagten ganz oder teilweise von den entstandenen Kosten oder Auslagen zu entlasten (vgl. § 473 Abs. 1 und 4 StPO). Raum Jäger Cirener Mosbacher Bär

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
1 StR 199/10
vom
11. August 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlungen
vom 10. und 11. August 2010, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte ,
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Verteidiger des Angeklagten A. C. ,
die Angeklagte ,
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Verteidiger der Angeklagten E. C. ,
Herr
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Dolmetscher für Türkisch,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten A. C. wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 30. November 2009, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte
a) im Fall II. 8 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und
b) im Fall II. 83 der Urteilsgründe wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. C. und die Revision der Angeklagten E. C. werden verworfen. 3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. C. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 55 Fällen, wegen Betruges in zehn Fällen , davon in sieben Fällen in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen, wegen versuchter Steuerhinterziehung in drei Fällen und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagte E. C. hat es wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in zwölf Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf Sachrügen gestützten Revisionen. Die Revision des Angeklagten A. C. hat zum Schuldspruch den aus dem Tenor ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet.

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte A. C. - ein in der Türkei ausgebildeter Steuerberater - betrieb im Zeitraum von 1998 bis 2008 - zum Teil zeitlich überlappend - mehrere Unternehmen im Baugewerbe, deren Gewinne er mit illegalen Mitteln maximieren wollte. Außer bei seiner Einzelfirma verschleierte er bei den Firmen jeweils seine beherrschende Stellung als tatsächlicher Inhaber und faktischer Geschäftsführer, indem er jeweils andere Personen als Inhaber bzw. als Geschäftsführer auftreten ließ. Bei der Firma C. Bau trat seine Ehefrau, die An- geklagte E. C. , nach außen als Firmeninhaberin auf. Daneben betrieb der Angeklagte eine Tabledance-Bar, in der er mindestens zwei weibliche Arbeitnehmer beschäftigte, die ein monatliches Gehalt von jeweils mindestens 140 Euro erhielten.
5
Um seinen Gewinn zu erhöhen, kam der Angeklagte A. C. bei diesen Unternehmen den ihm obliegenden steuerlichen Erklärungspflichten nicht nach und meldete auch den ganz überwiegenden Teil der bei den Firmen beschäftigten Arbeitnehmer nicht den Einzugsstellen der Sozialversicherungsträger. Bei der C. Bau handelte er dabei im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der Angeklagten E. C. .
6
Indem er für die von ihm beherrschten Firmen in den Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 trotz getätigter Umsätze keine Umsatzsteuererklärungen abgab, verkürzte der Angeklagte A. C. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt mehr als 47.000 Euro. Daneben verkürzte er zugunsten der Es. GmbH, für die er im Veranlagungszeitraum 2004 weder eine Körperschaftsteuer - noch eine Gewerbesteuererklärung abgab, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von insgesamt mehr als 19.000 Euro. Ebenfalls für den Veranlagungszeitraum 2004 gab der Angeklagte A. C. keine Einkommensteuererklärung ab und verkürzte dadurch Einkommensteuer in Höhe von 3.642 Euro. Indem er die in den von ihm beherrschten Baufirmen beschäftigen Arbeitnehmer bei den zuständigen Stellen nicht anmeldete, bewirkte er, dass mehr als 238.000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen vorenthalten und Lohnsteuer in Höhe von 19.130 Euro verkürzt wurden.
7
2. Darüber hinaus veranlasste der Angeklagte A. C. , indem er in entsprechenden Anträgen bewusst wahrheitswidrige Angaben über seine Be- schäftigungs- und Vermögensverhältnisse machte, zum einen die Bundesagentur für Arbeit zur ungerechtfertigten Bewilligung und Zahlung von Arbeitslosengeld I in Höhe von mehr als 9.000 Euro und zum anderen - gemeinschaftlich mit der Angeklagten E. C. handelnd - die L. GmbH zur Bewilligung und Zahlung von Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II in Höhe von insgesamt mehr als 31.000 Euro, auf die er ebenfalls keinen Anspruch hatte. Gegenüber der Landesbrandversicherungsanstalt, bei der er eine Wohngebäudeversicherung unterhielt, meldete der Angeklagte wahrheitswidrig einen Sturmschaden und veranlasste dadurch die Versicherung zur Zahlung einer nicht gerechtfertigten Versicherungsleistung in Höhe von mehr als 2.300 Euro.
8
3. Schließlich besaß der Angeklagte A. C. im Jahr 2008 eine Pistole Kaliber 7,65 mm und insgesamt 13 Patronen Munition, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen.

II.


9
Die Revision des Angeklagten A. C. bleibt, abgesehen von einer Schuldspruchberichtigung in den Fällen II. 8 und II. 83 der Urteilsgründe, im Ergebnis ohne Erfolg. Zwar sind die Feststellungen zum Teil sehr knapp und teilweise sogar lückenhaft. Der Senat kann jedoch sowohl zum Schuldspruch als auch zum Strafausspruch ausschließen, dass dies den Angeklagten beschwert.
10
1. Die Verurteilung des Angeklagten A. C. in den Fällen II. 1, 14, 15 und 18 der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung bzw. versuchter Steuerhinterziehung und in den Fällen II. 9 bis 13 sowie 31 bis 80 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt hält rechtlicher Nachprüfung noch stand. Soweit das Landgericht der Strafzumessung einen geringfügig zu großen Schuldumfang zu Grunde gelegt hat, kann der Senat ausschließen, dass sich dies auf den Strafausspruch ausgewirkt hat.
11
a) Bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) sind in den Urteilsgründen diejenigen Parameter festzustellen, die die Grundlage für die Steuerberechnung bilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NStZ 2009, 639, 640). Liegt dem Angeklagten demgegenüber - wie hier - eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zur Last, sind zunächst die Umstände festzustellen, aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte zur Abgabe der fraglichen Steuererklärungen verpflichtet war. Sodann sind in den Urteilsgründen die Tatsachen mitzuteilen, aus denen sich die Höhe der durch die pflichtwidrige Nichtabgabe der Erklärungen hinterzogenen Steuer ergibt.
12
Bei einem geständigen Angeklagten ist auch in den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hinsichtlich des Umfangs der Sachdarstellung zwischen der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und der Beweiswürdigung zu unterscheiden. Während die Darstellung der steuerlich erheblichen Tatsachen regelmäßig nicht verkürzt erfolgen kann, weil die Subsumtion sonst nicht mehr nachprüfbar ist, bedarf es bei einem geständigen Angeklagten zumeist keiner ausführlichen Würdigung der Beweise, die diesen Feststellungen zugrunde liegen. Räumt der Angeklagte die Besteuerungsgrundlagen ein und hat sich der Tatrichter von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt, dann genügt eine knappe Würdigung der so gefundenen Überzeugung. Jedenfalls, soweit es um das „reine Zahlenwerk” - etwa den Umsatz, die Betriebseinnahmen oder die Betriebsausgaben - geht, wird regelmäßig davon ausgegangen werden können, dass selbst ein steuerrechtlich nicht versierter Angeklagter diese Parameter aus eigener Kenntnis bekunden kann. Der Tatrichter kann seine Überzeugung insoweit auch auf verlässliche Wahrnehmungen von Beamten der Finanzverwaltung zu den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen stützen. Angaben von Finanzbeamten zu tatsächlichen Gegebenheiten können - wie bei sonstigen Zeugen auch - taugliche Grundlage der Überzeugung des Tatrichters sein.
13
b) Dieselben Grundsätze gelten für die Straftaten des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Hier sind zunächst diejenigen Feststellungen zu treffen, aus denen sich die Arbeitgeberstellung des Täters und - daraus folgend - die diesem obliegenden Meldepflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern ergeben. Festzustellen sind weiter die im jeweiligen Beitragsmonat gezahlten Löhne oder Gehälter. Bei der Feststellung der monatlichen Beiträge ist für jeden Fälligkeitszeitpunkt die Anzahl der Arbeitnehmer und die Höhe des Beitragssatzes der jeweils zuständigen Krankenkasse anzugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 5 StR 544/06, wistra 2007, 220 mwN), weil sich die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkasse sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung errechnet. Nur so wird dem Revisionsgericht die Nachprüfung der Höhe der den Sozialversicherungsträgern vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ermöglicht.
14
Auch bei einem geständigen Angeklagten ist die Nennung der Höhe der gezahlten Löhne und Gehälter sowie der Beitragssätze der zuständigen Krankenkasse regelmäßig unverzichtbar. Demgegenüber kann die Beweiswürdigung hierzu bei Vorliegen eines glaubhaften Geständnisses knapp gehalten werden, denn diese Umstände können Gegenstand eines Geständnisses sein. Im Rah- men seiner Überzeugungsbildung zu den Bemessungsgrundlagen kann sich der Tatrichter auch auf verlässliche Wahrnehmungen von Ermittlungsbeamten stützen.
15
Liegen - z.B. wegen unvollständiger oder fehlender Buchhaltung des Arbeitgebers - keine tragfähigen Erkenntnisse über die tatsächlich gezahlten Löhne und Gehälter vor, steht aber nach der Überzeugung des Tatrichters ein strafbares Verhalten des Angeklagten fest, kann - wie auch sonst bei Vermögensdelikten - die Bestimmung des Schuldumfangs im Wege der Schätzung erfolgen. Ein solches Verfahren ist stets zulässig, wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen. Die Schätzung ist sogar unumgänglich, wenn keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden sind. In Fällen dieser Art hat der Tatrichter einen als erwiesen angesehenen Schuldumfang festzustellen. Dabei hat er auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisse die Höhe der Löhne und Gehälter zu schätzen und daraus den Umfang der jeweils vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen. Die Schätzung kann - wie hier - auch aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, etwa dann, wenn eine genaue Ermittlung der Sozialversicherungsbeiträge einen erheblichen Aufklärungsaufwand erfordern würde, sie aber gegenüber der Schätzung voraussichtlich nur zu nicht erheblich abweichenden Werten führen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148 mwN).
16
c) Gemessen an diesen Grundsätzen halten Schuldspruch und Strafausspruch in den vorgenannten Fällen rechtlicher Nachprüfung stand.
17
aa) Die Verurteilung des Angeklagten A. C. in den Fällen II. 1, 14 und 18 der Urteilsgründe wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat die in den jeweiligen Besteuerungszeiträumen erzielten Umsätze mitgeteilt und sodann unter Anwendung des sich aus dem Gesetz ergebenden Umsatzsteuersatzes die verkürzte Umsatzsteuer zutreffend berechnet. Der Angeklagte hat - was ihm möglich war, weil er die Umsätze kannte - die Höhe der verkürzten Umsatzsteuern auch eingeräumt. Dieses Geständnis hat das Landgericht unter Heranziehung des übrigen Ermittlungsergebnisses rechtsfehlerfrei als glaubhaft angesehen.
18
bb) Demgegenüber sind die Urteilsfeststellungen lückenhaft, soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen II. 9 bis 13 und 31 bis 80 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und im Fall II. 15 der Urteilsgründe wegen versuchter Steuerhinterziehung verurteilt hat. In den Fällen II. 9 bis 13 und 31 bis 80 der Urteilsgründe hat das Landgericht nicht festgestellt, welche Beitragssätze der Krankenkassen es der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu Grunde gelegt hat. Im Fall II. 15 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 2004) hat das Landgericht nicht alle Besteuerungsgrundlagen, die für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens bedeutsam sind, mitgeteilt. Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen jedoch sicher ausschließen , dass sich diese Darstellungsmängel auf den Schuldspruch und den Strafausspruch ausgewirkt haben.
19
(1) Im Fall II. 15 der Urteilsgründe (Einkommensteuerhinterziehung für das Jahr 2004) hat das Landgericht zwar nicht alle zur Berechnung der verkürzten Steuer erforderlichen Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich aber, dass weitere als die vom Landgericht berücksichtigten Faktoren, die sich einkommensteuerrechtlich zugunsten des Angeklagten auswirken könnten, nicht vorhanden waren. Solche hat der steuerlich vorgebildete und kaufmännisch versierte, zudem anwaltlich verteidigte Angeklagte auch nicht geltend gemacht. Vielmehr hat er ein vollumfängliches Geständnis abgelegt, das sich auch auf die festgestellten Umsätze und Gewinne bezogen hat und für das er ersichtlich auch eine ausreichende Sachkunde besaß. Angesichts der festgestellten Höhe des von dem Angeklagten nicht erklärten Arbeitslohnes und der von ihm vereinnahmten verdeckten Gewinnausschüttung aus der Es. GmbH schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei vollständiger Darstellung der maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen zu einem Hinterziehungsumfang gelangt wäre, bei dem es eine noch mildere Strafe als die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe von 90 Tagessätzen festgesetzt hätte. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass sich ausgehend von den vom Landgericht mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen ein geringfügig niedrigerer Verkürzungsumfang als vom Landgericht angenommen ergibt.
20
(2) In den Fällen II. 9 bis 13, 31 bis 38 und 40 bis 50 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) kann der Senat trotz der vorhandenen Darstellungsmängel zu den sozialversicherungsrechtlichen Bemessungsgrundlagen sicher ausschließen, dass das Landgericht bei der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zum Nachteil des Angeklagten einen zu großen Schuldumfang angenommen hat. Denn das Landgericht hat in den Urteilsgründen die der Beitragsberechnung zu Grunde liegenden Schwarzlohnsummen mitgeteilt. Ausgehend von diesen Beträgen kann der Senat die nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 9 ff.) gebotene Hochrechnung der ausgezahlten Löhne auf ein fiktives Bruttoarbeitsentgelt selbst vornehmen und davon ausgehend den Beitragsschaden auch selbst berechnen.
21
(3) Demgegenüber hat das Landgericht in den Fällen II. 39 sowie 51 bis 80 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) der Strafzumessung einen zu großen Schuldumfang zu Grunde gelegt. Der Senat kann jedoch ausschließen , dass das Landgericht niedrigere als die verhängten Einzelstrafen festgesetzt hätte, wenn es in diesen Fällen von einem zutreffenden Schuldumfang ausgegangen wäre.
22
(a) Bei Fall II. 39 der Urteilsgründe (Straftat gemäß § 266a StGB) hat das Landgericht - was grundsätzlich zulässig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148 Rn. 21) - die Schwarzlohnsumme auf zwei Drittel der Nettoumsätze geschätzt. Allerdings lässt sich hier die festgestellte Schwarzlohnsumme mit den festgestellten Nettoumsätzen nicht in Einklang bringen, weshalb auch die weiteren Berechnungen fehlerhaft sind. Angesichts einer Abweichung von etwa 2.000 Euro gegenüber der zutreffenden Schadenssumme kann der Senat im Hinblick auf die seitens der Strafkammer vorgenommene, an der Schadenshöhe ausgerichtete Staffelung der verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass das Landgericht bei fehlerfreier Berechnung für diese Tat eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte.
23
(b) In den Fällen II. 51 bis 80 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) hat das Landgericht die Zahlungen an die weiblichen Beschäftigten der Tabledance-Bar in Höhe von jeweils 140 Euro pro Monat als Nettolöhne gewertet und diese nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein fiktives Bruttogehalt hochgerechnet. Dieses Bruttogehalt wurde der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zu Grunde gelegt; dabei wurden die regelmäßigen Beitragssätze http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_V&p=249b [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_VI&p=172 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_VI&p=172&x=3 - 13 - angewendet, wie sie für ein in vollem Umfang sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gelten.
24
Dieses Vorgehen erweist sich als rechtsfehlerhaft. Denn die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV findet in Fällen der vorliegenden Art - jedenfalls für die Bestimmung des strafrechtlich relevanten Beitragsschadens - keine Anwendung , weil es sich bei den fraglichen Arbeitsverhältnissen nach den Feststellungen um geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV handelte. Einer Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein Bruttoarbeitsentgelt steht insoweit sowohl der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, auf den § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verweist, als auch der Zweck, den der Gesetzgeber bei Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verfolgte (vgl. insoweit BT-Drucks. 14/8221 S. 14), entgegen. Die Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist in diesen Fällen insbesondere nicht zur Verhinderung und Beseitigung von Wettbewerbsvorteilen geboten. Denn auch bei rechtmäßigem Verhalten müsste der Arbeitgeber nicht mehr als die Pauschalbeiträge und -steuern tragen. Eine Vereinbarung, nach der dem Arbeitnehmer das tatsächlich ausgezahlte Entgelt verbleibt, ohne dass hierfür Sozialversicherungsbeiträge aus einem Bruttoentgelt ermittelt werden müssten, kann somit rechtmäßig getroffen werden (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 14). Hierin liegt der Unterschied zu sonstigen Fällen illegaler Beschäftigung.
25
Die im Tatzeitraum i.S.v. § 266a Abs. 2 StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge betrugen daher auf Grundlage der getroffenen Feststellungen zu den ausgezahlten Löhnen nach Maßgabe von § 249b Satz 1 SGB V (Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 13 % bzw. bis 30. Juni 2006 11 % des Arbeitsentgelts) und § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI (Pauschalbei- trag zur Rentenversicherung in Höhe von 15 % bzw. bis 30. Juni 2006 12 %) bis einschließlich Juni 2006 lediglich 64,40 Euro und ab Juli 2006 78,40 Euro pro Monat. Auch insoweit kann der Senat im Hinblick auf vom Landgericht vorgenommene , an der Schadenshöhe ausgerichtete Staffelung der verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Berechnung in diesen Fällen noch niedrigere Einzelstrafen festgesetzt hätte.
26
2. In den Fällen II. 19 bis 30 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Lohnsteuer) wird der vom Landgericht angenommene tatbestandliche Schuldumfang von den Feststellungen getragen. Die der Berechnung der Lohnsteuer zu Grunde liegenden Schwarzlohnzahlungen hat das Landgericht im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in den Fällen II. 2 bis 13 der Urteilsgründe festgestellt. Ausgehend von diesen rechtsfehlerfrei festgestellten Lohnsummen, die nicht auf ein Bruttoentgelt nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV hochzurechnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 16), hat das Landgericht die hinterzogene Lohnsteuer zutreffend berechnet.
27
3. In den Fällen II. 16 und 17 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer betreffend die Es. GmbH im Veranlagungszeitraum 2004) hat das Landgericht bei der Berechnung der verkürzten Steuern zwar die in diesem Veranlagungszeitraum noch vorzunehmende Gewerbesteuerrückstellung nicht berücksichtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2004 - 5 StR 547/07, wistra 2008, 310, 313 sowie § 4 Abs. 5b i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG). Wegen der lediglich geringfügigen Abweichungen zum tatsächlichen Verkürzungsumfang ist der Angeklagte aber nicht beschwert.
28
4. In den übrigen Fällen enthält das Urteil - abgesehen von den aus der Urteilsformel ersichtlichen Schuldspruchberichtigungen - keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten A. C. .
29
a) In den Fällen II. 2 bis 7 der Urteilsgründe (Straftaten zum Nachteil von Sozialversicherungsträgern) betreffend die Beitragsmonate November und Dezember 2003 sowie März bis Juni 2004 tragen die Feststellungen des Landgerichts die Verurteilung wegen Betruges gemäß § 263 StGB. Der Angeklagte hat in diesen Fällen die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht den zuständigen Sozialversicherungsträgern gemeldet, obwohl er hierzu gemäß § 28a SGB IV verpflichtet war. Infolgedessen haben diese von der Beitreibung der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge abgesehen. Die auch bei Betrug durch Unterlassen erforderliche Täuschung mit Irrtumserregung beim Getäuschten (hier: Einzugsstelle) hat das Landgericht vorliegend ausdrücklich festgestellt.
30
Von einer Schuldspruchberichtigung in diesen Fällen im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten gemäß § 266a StGB hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 5 StR 165/02, NJW 2003, 1821, 1823; Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 StR 173/06, NStZ-RR 2006, 308) sieht der Senat ab. Bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise bei Anwendung des § 2 Abs. 3 StGB im Hinblick auf die Änderung des § 266a StGB mit Wirkung vom 1. August 2004 (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2007 - 1 StR 639/06, NStZ 2007, 527; Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 5 StR 482/07, wistra 2008, 180, 181) kann ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte insoweit beschwert ist.
31
b) Im Fall II. 8 der Urteilsgründe betreffend den Beitragsmonat Juli 2004 verdrängt der am 1. August 2004 in Kraft getretene § 266a Abs. 2 StGB den Betrugstatbestand des § 263 Abs. 1 StGB (BGH, Beschluss vom 24. April 2007 - 1 StR 639/06, NStZ 2007, 527). Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch insoweit auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB ab.
32
c) Im Fall II. 83 der Urteilsgründe rechtfertigen die Urteilsfeststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffenG. Da das Landgericht in den Tenor lediglich einen „Verstoß gegen das Waffengesetz“ aufgenommen hat, berichtigt der Senat die Urteilsformel zur Klarstellung entsprechend.

III.


33
Die Revision der Angeklagten E. C. bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Wie bereits hinsichtlich des Angeklagten A. C. ausgeführt, kann der Senat bezüglich der Fälle II. 40 bis 50 der Urteilsgründe - in Mittäterschaft begangene Taten der Angeklagten A. und E. C. - trotz der vorhandenen Darstellungsmängel ausschließen, dass das Landgericht der Strafzumessung einen zu großen Schuldspruch zugrunde gelegt hat. Im Fall II. 39 der Urteilsgründe schließt der Senat - ebenfalls wie beim Angeklagten A. C. - angesichts der an der Schadenshöhe ausgerichteten Staffelung der verhängten Einzelstrafen aus, dass das Landgericht bei fehlerfreier Berechnung für diese Tat eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte. Auch im Übrigen ist die Revision der Angeklagten E. C. unbegründet.
Nack Wahl Hebenstreit
Graf Jäger

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 1/16
vom
20. April 2016
in dem selbständigen Verfallsverfahren
gegen
wegen Verfalls
ECLI:DE:BGH:2016:200416B1STR1.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Verfallsbeteiligten wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. September 2015 mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat in dem selbständigen Verfallsverfahren festgestellt, dass die Verfallsbeteiligte durch Taten des Angeklagten B. Vermögenswerte im Gesamtwert von 458.407,34 € erlangt hat und der Verfall von Wertersatz nicht angeordnet werden kann, weil Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die Revision der Verfallsbeteiligten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Sie hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde die Verfallsbeteiligte – eine türkische Gesellschaft mit beschränkter Haftung und selbständiger Zweigniederlassung in G. – am 21. Februar 1997 von dem Angeklagten B. gegründet, der 95 % der Gesellschaftsanteile hielt. Das Verfahren wurde zunächst gegen den Angeklagten B. betrieben, wobei die Nebenbeteiligung der Verfallsbeteiligten angeordnet war. Infolge unbekannten Aufenthalts wurde das Verfahren vom Landgericht gegen den Angeklagten B. gemäß § 205 StPO vorläufig eingestellt und gegen die Verfallsbeteiligte im selbständigen Verfallsverfahren fortgesetzt. Der Angeklagte B. war zumindest bis Mitte 2008 alleiniger faktischer Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten und formal als Einzelprokurist der selbständigen Zweigniederlassung der Verfallsbeteiligten im Handelsregister eingetragen. Die Verfallsbeteiligte beschäftigte von April 2003 bis Mai 2008 insgesamt 98 türkische Arbeitnehmer im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auf verschiedenen Baustellen in Deutschland und führte mit diesen insgesamt 36 Werkverträge über Rohbauarbeiten aus. Den vorgenannten türkischen Arbeitnehmern standen im Tatzeitraum nach dem jeweils gültigen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für das Bauhauptgewerbe Mindeststundenlöhne (brutto) in Höhe von 10,12 € bis 10,40 € zu. Ihre regelmäßige monatliche Arbeitszeit belief sich auf 200 bis 220 Arbeitsstunden. Sämtliche türkische Arbeitnehmer wurden für die Verfallsbeteiligte in der Türkei ausschließlich für eine Tätigkeit auf deutschen Baustellen angeworben und waren weder vor noch nach dieser Beschäftigung für die Verfallsbeteiligte in der Türkei tätig. Gegenüber den türkischen und deutschen Behörden wurde die Tätigkeit aller 98 türkischen Arbeitnehmer mit Wissen und Wollen des Angeklagten B. als sog. „Entsendefall“ dargestellt; d.h. als ein Sachverhalt, bei welchem ein Arbeitneh- mer eines Unternehmens mit Sitz in der Türkei vorübergehend zur Arbeitsleis- tung in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland entsandt wird, um dort eine Arbeit für Rechnung dieses Unternehmens auszuführen. Die türkischen Behörden stellten den türkischen Arbeitnehmern auf Antrag der Verfallsbeteiligten bzw. der jeweiligen Arbeitnehmer sog. A/T 1 oder A/T 11-Entsendebescheinigungen aus. Der Angeklagte B. wusste, dass es bei keinem der türkischen Arbeitnehmer eine Vorbeschäftigung oder eine von vornherein vorgesehene Anschlussbeschäftigung bei der Verfallsbeteiligten in der Türkei gab. Er unterließ die Anmeldung der türkischen Arbeitnehmer zur deutschen Sozialversicherung unter Berufung auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über soziale Sicherheit vom 30. April 1964 (BGBl. 1965 II, S. 1170), zuletzt ergänzt durch Zusatzabkommen vom 2. November 1984 (BGBl. 1984 II, S. 1040) und entrichtete für die 98 türkischen Arbeitnehmer in der Türkei Sozialversicherungsbeiträge für die Dauer der „Entsendezeit“ nach Deutschland. Der alleinige faktische Geschäftsführer der Ver- fallsbeteiligten, der Angeklagte B. , war jedoch tatsächlich verpflichtet, die türkischen Arbeitnehmer bei der zuständigen Einzugsstelle – der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) – als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer anzumelden und der genannten Einzugsstelle gemäß § 28a SGB IV monatlich für jeden in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bzw. nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten Meldung zu erstatten. Darüber hinaus war er verpflichtet, die Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit entsprechend diesen Meldungen bei Fälligkeit monatlich an die genannte Einzugsstelle abzuführen. Diesen Verpflichtungen kam der Angeklagte B. im Zeitraum April 2003 bis Mai 2008 nicht nach, wodurch er der Verfallsbeteiligten die Abführung entsprechender Sozialversicherungsbeiträge ersparte.
3
Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge legte das Landgericht den tariflichen Mindestbruttolohn und die von den türkischen Arbeitnehmern für die Verfallsbeteiligte geleisteten Arbeitsstunden zugrunde. Die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit der türkischen Arbeitnehmer ermittelte das Landgericht im Wege der Schätzung unter Hinzuziehung der vom Zoll aufgefundenen Arbeitsstundenaufzeichnungen und entsprechenden zeugenschaftlichen Bekundungen türkischer Arbeitnehmer zu ihren Arbeitszeiten. Die danach festgestellten vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge führte das Landgericht für die einzelnen Monate – getrennt nach Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil – tabellarisch auf, ohne allerdings die Berechnung im Einzelnen darzulegen und die maßgeblichen Beitragssätze der örtlich zuständigen Krankenkasse sowie die gesetzlichen Beitragssätze der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung anzuführen. Ausweislich der tatrichterlichen Feststellungen beläuft sich der Gesamtbetrag nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge auf 801.030,57 €, wobei sich ein Arbeitgeberanteil in Höhe von 323.997,47 € und ein Arbeitnehmeranteil in Höhe von 477.033,10 € ergibt. Von dieser Summe hat das Landgericht – ohne konkrete Anhaltspunkte – einen Sicherheitsabschlag in Höhe von 20 % vorgenommen, um auszugleichen , dass einzelne Arbeitnehmer weniger gearbeitet haben könnten, so dass sich ein Gesamtbetrag nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 640.824,45 € ergibt. Letztlich wurde der vom Landgericht als erlangt festgestellte Betrag auf 458.407,34 € beschränkt, weil in dieser Höhe Vermögenswerte der Verfallsbeteiligten gesichert worden waren.
4
Im Rahmen der Beweiswürdigung hat sich das Landgericht im Hinblick auf die Feststellungen zu den vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum April 2003 bis Mai 2008 auf die Bekundungen des ZeugenM. gestützt, der bei der Deutschen Rentenversicherung für die Berechnung der Beitragsforderungen zuständig ist und dem Landgericht im Rahmen der Beweisaufnahme den Berechnungsvorgang erläuterte. Der Zeuge M. habe die monatliche Bruttolohnsumme errechnet, indem er die vom Zoll ermittelten Ar- beitsstunden der türkischen Arbeitnehmer mit den jeweils gültigen Mindestlöhnen der niedrigsten Lohngruppe (Lohngruppe I) des gültigen allgemeinverbindlichen Tarifvertrags für das Bauhauptgewerbe multipliziert habe. Sodann habe er „unter Anwendung der jeweiligen im Urteil nicht näher genannten Arbeitge- ber- und Arbeitnehmerbeitragssätze zur Sozialversicherung“ die offenen Sozialversicherungsbeiträge – gegliedert nach Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil – für jeden der 62 verfahrensgegenständlichen Monate errechnet. Dieser Berechnungsmethode ist das Landgericht gefolgt, wobei es zum einen davon abgesehen hat, für die Monate April 2003 bis Juli 2004 Arbeitgeberanteile als vorenthalten zu berücksichtigen, und zum anderen – ohne konkrete Anhaltspunkte – den bereits erwähnten Sicherheitsabschlag von 20 % vorgenommen hat.

II.

5
Das Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht vollumfänglich stand.
6
Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl , Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93 und vom 22. März 1994 - 1 StR 31/94; Urteil vom 20. März 1996 - 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 61, 133), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 136). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Dementsprechend genügt es gerade nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2002 - 5 StR 16/02, BGHSt 47, 318). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 133).
7
Den vorgenannten Anforderungen trägt das Urteil nicht ausreichend Rechnung. Zwar bestehen gegen die Schätzung des Landgerichts hinsichtlich der durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit der türkischen Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der aufgefundenen Arbeitsstundenaufzeichnungen und der zeugenschaftlichen Bekundungen türkischer Arbeitnehmer zu ihren Arbeitszeiten keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allerdings stützt das Landgericht seine Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge allein auf die Bekundungen und Berechnung des Zeugen M. von der Deutschen Rentenversicherung, ohne die Berechnung für das Revisionsgericht im Einzelnen nachvollziehbar darzulegen. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Landgericht lediglich ausgeführt, dass die vorenthaltenen Sozialversiche- rungsbeiträge anhand der ermittelten Bruttolohnsumme „unter Anwendung der jeweiligen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitragssätze zur Sozialversicherung“ errechnet worden seien. Welche Beitragssätze letztlich der Berechnung zugrunde liegen, führt das Urteil nicht aus, weshalb eine Berechnung der vorent- haltenen Sozialversicherungsbeiträge nicht möglich ist und diese unzureichenden Feststellungen damit einer vollumfänglichen revisionsgerichtlichen Nachprüfung entgegenstehen.
8
Auch ist es im vorliegenden Fall nicht ausnahmsweise ausreichend, lediglich die Höhe der vorenthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die darin enthaltenen Arbeitnehmeranteile, die geschädigten Krankenkassen und die betroffenen Beitragsmonate festzustellen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 1 StR 424/10, NStZ 2011, 161), weil es sich gerade nicht um einen Fall des schlichten Nichtzahlens ordnungsgemäß angemeldeter Beiträge handelt, bei welchem der vom Arbeitgeber eingereichte Beitragsnachweis gemäß § 28f Abs. 3 S. 3 SGB IV die geschuldeten und in der Regel vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge belegt.
9
Der Senat kann infolge der fehlenden revisionsgerichtlichen Nachprüfbarkeit – auch in Anbetracht des großzügigen Sicherheitsabschlags in Höhe von 20 % und der wenig nachvollziehbaren Beschränkung auf den Betrag, in dessen Höhe Vermögenswerte der Verfallsbeteiligten gesichert werden konnten – nicht ausschließen, dass das angefochtene Urteil auf dem vorgenannten Mangel beruht und möglicherweise bei richtiger Anwendung des Gesetzes anders ausgefallen wäre.
10
Das neue Tatgericht wird dementsprechend unter Beachtung obiger Ausführungen neue Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu treffen haben. Die übrigen Feststellungen des Landgerichts sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben insoweit bestehen.
11
Da das Urteil im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist, war die weitergehende Revision der Verfallsbeteiligten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen. Raum Graf Jäger Cirener RinBGH Dr. Fischer ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum

(1) Wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichnete Handlung begeht und den Ausländer zu Arbeitsbedingungen beschäftigt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen, die die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder aus grobem Eigennutz handelt.