Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2013 - 2 StR 459/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) soweit er in den Fällen II.24, 25, 28, 30, 31 der Urteilsgründe verurteilt wurde,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe zu Fall II.29,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und
d) im Ausspruch über den Adhäsionsantrag. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere für Jugendschutzsachen zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs einer
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- Schutzbefohlenen in 35 Fällen, davon in 32 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes, in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes, in vier Fällen in (weiterer) Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines (anderen) Kindes, und wegen „Herstel- lens/Besitzes kinderpornographischer Schriften“ in zwei Fällen zu einer Ge- samtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Auf den Adhäsionsantrag der Nebenklägerin S. hat es den Angeklagten verurteilt, an diese 10.000 Euro Schmerzensgeld nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Annahme des Tatgerichts, der Angeklagte habe in den Fällen II.28,
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- 30, 31 neben anderen Tatbeständen tateinheitlich auch denjenigen des sexuellen Missbrauchs eines (weiteren) Kindes gemäß § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB erfüllt, wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach kam in diesen Fällen das Kind W. hinzu, als
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- der Angeklagte bereits sexuelle Handlungen zum Nachteil des Kindes S. vornahm oder an sich vornehmen ließ. Er erkannte, dass das weitere Kind das Geschehen beobachtete, setzte aber seine Handlungen dennoch fort. Das reicht zum Beleg des subjektiven Tatbestands nicht aus. Seit der Neufassung der Vorschrift durch das 6. Gesetz zur Reform des
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- Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) setzt das Vergehen der Vor- nahme sexueller Handlungen vor einem Kind zwar nicht mehr voraus, dass der Täter dabei in der Absicht handelt, sich, das Kind oder einen anderen sexuell zu erregen. Um eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Ausdehnung der Strafbarkeit zu vermeiden, hat der Bundesgerichtshof die Regelung der § 176 Abs. 4 Nr. 1, § 184g Nr. 2 StGB aber insoweit einengend ausgelegt, als für die Annahme einer sexuellen Handlung vor einem Kind über deren Wahrnehmung durch das Tatopfer hinaus erforderlich ist, dass der Täter das Kind so in das sexuelle Geschehen einbezieht, dass für ihn die Wahrnehmung der sexuellen Handlung durch das Tatopfer von handlungsleitender Bedeutung ist (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2004 - 4 StR 255/04, BGHSt 49, 376, 381; Urteil vom 12. Mai 2011 - 4 StR 699/10, NStZ 2011, 633; offen gelassen von BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 370/12, NStZ 2013, 278). Dafür fehlen entsprechende Feststellungen des Landgerichts. 2. In den Fällen II.24 und 25 ist die Eigenschaft der vom Angeklagten ange5 fertigten Fotographien, die „den nackten Genitalbereich des Kindes“ betrafen, als pornographische Schriften durch die Feststellungen nicht belegt. Nicht jede Aufnahme des nackten Körpers oder eines Geschlechtsteils ist
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- Pornographie im Sinne des § 184b Abs. 1 StGB. Tatobjekte sind nur pornographische Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben. Zu den dargestellten sexuellen „Handlungen“ gehört zwar nach der Neufassung des Gesetzes durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie vom 31. Oktober 2008 (BGBl. I 2008, 2149) nach herrschender Auffassung auch ein Posieren in sexualbetonter Körperhaltung (vgl. Röder NStZ 2010, 113 ff. mwN; anders zur früheren Gesetzesfassung BGH, Beschluss vom 2. Februar 2006 - 4 StR 570/05, BGHSt 50, 370, 371). Auch dies ist den knapp gehaltenen Urteilsfeststellungen jedoch nicht zu entnehmen. Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls auch die genaue Bezeichnung der
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- Tathandlung im Sinne von § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB klarzustellen haben. 3. Die Strafzumessung ist rechtsfehlerhaft, soweit das Landgericht auch zu
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- Fall II.29 der Urteilsgründe („in den Fällen 28- 31“) als strafschärfend gewertet hat, dass der Angeklagte „zwei kindliche Opfer“ geschädigt habe. Eshat deshalb insoweit dieselbe Einzelstrafe verhängt wie in den Fällen II.28 und 30 - 32. Die Tat im Fall II.29 ist aber nur als versuchter schwerer sexueller Missbrauch zum Nachteil des Kindes S. bewertet worden. Das Kind W. war davon nach den Feststellungen nicht betroffen. Dies zwingt zur Aufhebung der Einzelstrafe zu Fall II.29. 4. Die Aufhebung der Verurteilung in den genannten Fällen führt auch zur
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- Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. 5. Der Ausspruch über den Adhäsionsantrag ist nicht ausreichend begrün10 det worden. Die Urteilsgründe erschöpfen sich in der Bemerkung: „Den zuerkannten Schmerzensgeldbetrag erachtet die Kammer angesichts der festgestellten Tatumstände als angemessen, um einerseits einen Ausgleich zu schaffen und zum anderen der mit dem Schmerzensgeld bezweckten Genugtuung gerecht zu werden“. Anhand dieser formelhaften Begründung kann nicht geprüft werden, ob die Strafkammer alle relevanten Aspekte in die notwendige Gesamtschau einbezogen hat. So ist u.a. nicht ersichtlich, ob die Strafkammer die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und der Nebenklägerin berücksichtigt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Februar 2013 - 2 StR 206/12). Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
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sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
Wer der Prostitution
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in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder - 2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat: - a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind), - b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder - c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
- 2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen, - 3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder - 4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.
(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.
(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:
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staatlichen Aufgaben, - 2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder - 3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.
(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn
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die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und - 2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.