Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2019 - 1 StR 656/18

published on 24.07.2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2019 - 1 StR 656/18
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 656/18
vom
24. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen strafbarer Werbung
Einziehungsbeteiligte:
1. A. mbH,
2. A. S. GmbH,
3. H. GmbH,
4. F. ,
ECLI:DE:BGH:2019:240719B1STR656.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 24. Juli 2019 beschlossen :
1. Die Revisionen des Angeklagten sowie der Einziehungsbeteiligten zu 3. und 4. gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 4. Juli 2018 werden als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). 2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen strafbarer Werbung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Es hat ferner die „Einziehung“ (ge- meint ist die Einziehung des Wertes von Taterträgen) folgender Beträge angeordnet :
2
– beim Angeklagten in Höhe von 335.750 €, jeweils gesamtschuldnerisch mit der Einziehungsbeteiligten A. S. GmbH und der Einziehungsbeteiligten A. mbH;
3
– beider Einziehungsbeteiligten A. mbH in Höhe von 1.727.466,90 €, davon in Höhe von 335.750 € gesamtschuld- nerisch mit dem Angeklagten, in Höhe von 402.845,65 € gesamtschuldnerisch mit der Einziehungsbeteiligten H. GmbH (Einziehungsbeteiligten zu 3.) sowie in Höhe von 376.512,80 € gesamtschuldnerisch mit derEinziehungsbe- teiligten F. (Einziehungsbeteiligten zu 4.);
4
– bei derEinziehungsbeteiligten A. S. GmbH in Höhe von 1.042.316,20 €, davon in Höhe von 335.750 € gesamtschuldnerisch mit dem Angeklagten;
5
– bei der Einziehungsbeteiligten H. GmbH in Höhe von 700.564,10 €, davon in Höhe von 402.845,65 € gesamtschuldnerisch mit der Einziehungsbeteiligten A. mbH sowie in Höhe von 376.512,80 € gesamtschuldnerisch mit derEinziehungsbeteiligten F. ;
6
– bei der Einziehungsbeteiligten F. in Höhe von 376.512,80 €, jeweils gesamtschuldnerisch mit den Einziehungsbeteiligten H. GmbH und A. mbH.
7
Hiergegen wenden sich der Angeklagte sowie die Einziehungsbeteiligten zu 3. und 4. mit Verfahrensrügen sowie mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel sind unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen Antragsschriften vom 12. Dezember 2018 bemerkt der Senat Folgendes: I. Revision des Angeklagten
8
1. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge keinen Erfolg.
9
a) Die getroffenen Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen strafbarer Werbung gemäß § 16 Abs. 2 UWG und sind rechtsfehlerfrei getroffen. Insbesondere ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen , dass Verbraucher im Sinne von § 13 BGB, auf den § 2 Abs. 2 UWG verweist , angesprochen worden sind. Insoweit hat das Landgericht zu Recht angenommen , dass für die Beurteilung der Verbrauchereigenschaft im Rahmen des § 16 Abs. 2 UWG nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern maßgeblich auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in welchem der Geworbene erstmals durch das Absatzkonzept des Veranstalters in der Weise angesprochen wird, dass die Werbung unmittelbar in die Abnahme des Produkts einmünden soll (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 – 5 StR 514/09, BGHSt 56, 174 Rn. 25). Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich bei den Geschädigten um Verbraucher , die sich insbesondere noch nicht entschieden hatten, ob sie eine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit im Rahmen des vom Angeklagten entwickelten Modells ausüben wollten.
10
b) Das Landgericht hat zudem rechtsfehlerfrei unter Beachtung des Zweifelssatzes Mindestfeststellungen in Bezug auf die Geschädigtenzahl von mindestens 3.000 Personen und von Verpflichtungen dieser Geschädigten in Höhe von jeweils 2.400 € getroffen. Dieser Wert liegt noch unter dem Betrag, der sich ergibt, wenn man den Mittelwert der Raten von 89 € und 125 € mit der Mindestlaufzeit von 24 Monaten multipliziert. Dies ergibt einen Schadensbetrag von mindestens 7,2 Mio. €.
11
c) Im Rahmen der Feststellung des aus der Tat Erlangten im Sinne von § 73 StGB hat das Landgericht zunächst zutreffend sowohl auf die Lizenzgebühren für das Online-Tool als auch auf die Vermittlungsgebühren für den Abschluss der Fondssparverträge abgestellt, die entsprechenden Einziehungsbeträge korrekt anhand der Kontoumsätze ermittelt und anschließend bei den Ein- ziehungsbeteiligten zu 1. und 2. die ausgezahlten Provisionen abgezogen. Die- se hat es nach Auswertung der Spalte „Z-Prov“ in der Liste „A-Z Kundenauflistung 07.2015“ nachvollziehbar ermittelt und auf den sich so ergebenden Wert nochmals einen Betrag zur Sicherheit aufgeschlagen, wodurch sich gezahlte Provisionen in Höhe von 400 € pro Kunde ergeben haben. Die Anzahl der Kunden folgt ebenfalls aus der o.g. Liste. Ausweislich der Angaben der Zeugen P. , W. und E. handelte es sich bei den in dieser Liste angegebenen und kontaktierten Kunden grundsätzlich um Jobinteressenten, die meisten davon arbeitslos. Dazu passt, dass die vom Landgericht vernommenen Geschädigten ebenfalls arbeitslos und mithin Verbraucher waren. Dennoch hat das Landgericht von dem sich nach Abzug der Provisionen ergebenden Betrag zusätzlich für die Möglichkeit, dass unter den Kunden Unternehmer waren, einen Sicherheitsabschlag von 15 % vorgenommen. Dieser 15-prozentige Abschlag erscheint auch vor dem Hintergrund, dass vornehmlich Verbraucher angesprochen werden sollten, großzügig bemessen und beschwert den Angeklagten nicht. Den gleichen Sicherheitsabschlag von 15 % hat das Landgericht von den bei den Einziehungsbeteiligten zu 3. und 4. ermittelten Kontoumsätzen abgezogen. Auch dies ist im Hinblick auf die vorherigen Ausführungen rechtsfehlerfrei erfolgt.
12
2. Auch die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.
13
14
Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
15
Bereits am 18. Juni 2018 fand eine Hauptverhandlung statt. In dieser wurde der Angeklagte mittels Verlesung von Aktenvermerken über bisher stattgefundene Verständigungsgespräche unterrichtet. Sodann kam es zu neuerlichen Verständigungsgesprächen, über die umfassend in der Hauptverhandlung informiert wurde. Im Anschluss kündigten die Einziehungsbeteiligten Beweisan- träge an. Das Gericht wies darauf hin, „dass für den Fall, dass wegen gestellter Beweisanträge der Nebenbeteiligten eine längere Hauptverhandlung erforderlich sein würde, gegebenenfalls das Verfahren ausgesetzt werden müsste wegen terminlicher Schwierigkeiten. Sofern das Verfahren mit einer vollen Beweisaufnahme erneut begonnen würde wäre der in der Pause besprochene Verständigungsvorschlag gegenstandslos“. Das Gericht schlug dann die vorbesprochene Verständigung vor, der der Angeklagte nach Belehrung und die Staatsanwaltschaft zustimmten. Der Angeklagte räumte den Sachverhalt schließlich in objektiver und subjektiver Hinsicht ein. Am 19. Juni 2018 wurde die Hauptverhandlung wegen der Erkrankung einer Schöffin ausgesetzt. Sodann wurde am 26. Juni 2018 erneut mit der Hauptverhandlung begonnen. Nach Verlesung der Anklage teilte die Vorsitzende mit, dass Verständigungsgespräche stattgefunden hatten, und informierte durch Verlesung der nämlichen Aktenvermerke wie am 18. Juni 2018 über deren Inhalt. Eine Mitteilung des Inhalts der Verständigungsgespräche vom 18. Juni 2018 erfolgte nicht. Im Anschluss fanden Verständigungsgespräche statt, deren Inhalt umfassend in der Hauptverhandlung mitgeteilt wurde und die in einem Verständigungsvorschlag durch das Gericht mündeten. Dieser entsprach dem Vorschlag aus der Hauptverhandlung vom 18. Juni 2018. Dem stimmten der Angeklagte und die Staatsanwältin zu. Sodann räumte der Angeklagte erneut den Sachverhalt in objektiver und subjektiver Hinsicht ein.
16
aa) Soweit der Beschwerdeführer die Rüge mit der Angriffsrichtung führt, der Mitteilungspflicht sei unzureichend nachgekommen worden, weil in der Sit- zung vom 26. Juni 2018 nicht über die Verständigungsgespräche vom 18. Juni 2018 informiert worden sei, kann der Senat jedenfalls ein Beruhen des Urteils auf einer Verletzung der Mitteilungspflichten ausschließen.
17
Zwar führt ein Verstoß gegen Transparenz- und Dokumentationspflichten grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit einer Verständigung mit der Folge, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Gesetzesverstoß regelmäßig nicht auszuschließen ist (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168 Rn. 80 ff.). Hier kann allerdings ausnahmsweise unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Verstoßes (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14, NJW 2015, 1235 Rn. 29; BGH, Urteil vom 14. April 2015 – 5 StR 20/15 Rn. 14 ff.; Beschluss vom 5. August 2015 – 5 StR 255/15, BGHR StPO § 243 Abs. 4 Mitteilungspflicht 5 Rn. 13) ein Ausschluss des Beruhens angenommen werden. In die wertende Gesamtbetrachtung war insbesondere einzubeziehen, dass der Angeklagte umfassend informiert war, da er in der Hauptverhandlung vom 18. Juni 2018 anwesend, dort über sämtliche außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gespräche unterrichtet worden ist und die Erinnerung an diese Vorgänge in der acht Tage später stattfindenden Hauptverhandlung noch frisch war. Dies gilt zumal da die Gespräche im Wesentlichen den gleichen Inhalt hatten wie die in der neuerlichen Hauptverhandlung. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag in der Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft sind auch die Schöffen im Termin vom 26. Juni 2018 im Rahmen der Verständigungsgespräche durch die Vorsitzende darauf hingewiesen worden, dass vor einer Woche ein Gespräch mit dem Ziel der Herbeiführung einer Verständigung mit demselben Inhalt, wie er auch an diesem Tag besprochen wurde, stattgefunden hatte.
18
Auch ein Einfluss einer unzureichenden Information der Öffentlichkeit, der die Vorschrift des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO zugleich dient, auf die Ent- scheidungsfindung ist auszuschließen. Dies kann ausnahmsweise dann angenommen werden, wenn der Inhalt der geführten Gespräche – wie hier – zweifelsfrei feststeht und diese nicht auf die Herbeiführung einer gesetzwidrigen Absprache gerichtet waren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14, NJW 2015, 1235 Rn. 29; BGH, Urteil vom 26. April 2017 – 2 StR 506/15 Rn. 13). Denn es soll sichergestellt werden, dass verständigungsbezogene Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und durch die Möglichkeit, Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung zu führen, kein informelles und unkontrolliertes Verfahren betrieben wird (BGH, Beschlüsse vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, BGHR StPO § 243 Abs. 4 Hinweis 4 Rn. 11 mwN und vom 18. Mai 2017 – 3 StR 511/16 Rn. 12). Das ist durch die die vollständige und zutreffende Mitteilung der Inhalte der Vorgespräche vom 18. Juni 2018 in der Hauptverhandlung, die umfassende Protokollierung dieser Mitteilungen und Hinweise und der weiteren Vorgänge im Rahmen der Verständigung gewährleistet. Danach liegt insbesondere offen zu Tage, dass das Gericht mehrmals darauf hingewiesen hat, dass die Einziehungsentscheidung nicht Gegenstand einer Verständigung sein kann.
19
bb) Soweit die Rüge mit der Angriffsrichtung geführt wird, dass Gericht habe den Bestand der Absprache in einen unzulässigen Konnex mit der Einziehungsentscheidung gebracht und den Angeklagten deswegen falsch belehrt, belegt das dargestellte Geschehen einen solchen Rechtsfehler nicht.
20
Die Revision verkürzt den Inhalt des gerichtlichen Hinweises vom 18. Juni 2018, wenn es diesen dahin deutet, dass allein der Umstand der Stellung von Beweisanträgen den Bestand der Verständigung gefährdet hätte. Vielmehr ließ sich dem Hinweis deutlich entnehmen, dass terminliche Schwierigkeiten im Falle von Beweisanträgen zu einer Aussetzung zwingen könnten.
Den Angeklagten daher vor seiner Zustimmung zum Verständigungsvorschlag auf den Terminsaspekt und die Folge, dass damit der Verständigungsvorschlag hinfällig würde, hinzuweisen, ist nicht zu beanstanden. Dass vom Gericht die Stellung von Beweisanträgen der Einziehungsbeteiligten in keinen Konnex zur Verständigung gebracht wurde, wird dadurch belegt, dass die Verständigung wie besprochen getroffen wurde.
21
Inwieweit hierdurch beim Angeklagten ein „falscher rechtlicher Eindruck“ entstanden sein könnte, der mittels einer von der Revision vermissten „Belehrung“ im Termin am 26. Juni 2018 hätte beseitigt werden müssen, erschließt sich nicht, zumal im Wesentlichen gleichlautende Verständigungsgespräche geführt und ein entsprechender Verständigungsvorschlag unterbreitet worden sind wie im Termin vom 18. Juni 2018.
22
b) Die Rüge, das Landgericht habe den Beweisgehalt einer Urkunde nicht ausgeschöpft und mithin § 261 StPO verletzt, hat gleichfalls keinen Erfolg. Die Revision behauptet, dass sich aus den drei vorgetragenen Seiten, die Teil einer Gesamturkunde und als solche Inbegriff der Hauptverhandlung gewesen seien, erhebliche Programmierkosten für das Online-Tool ergeben hätten. Eine Auseinandersetzung mit solchen Ausgaben finde im Urteil nicht statt, vielmehr seien dort nur Zuflüsse betrachtet worden.
23
Die Rüge erweist sich schon als unzulässig, da die Revision den Inhalt der Gesamturkunde nicht vorträgt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 – 5 StR 240/13 Rn. 31). Ob sich tatsächlich die behaupteten Geldabflüsse für das Online-Tool aus dieser Urkunde ergeben, kann der Senat zudem deswegen nicht beurteilen, da sich aus dem dargelegten Teil der Urkunde lediglich Rechnungspositionen, Buchungsdaten und der Name des Empfängers ergeben.
24
Auf der Grundlage des Vortrags wäre die Rüge auch unbegründet, da der gerügte Erörterungsmangel nicht vorliegt. Das Landgericht hat sich auch mit den „Abflüssen“ auseinandergesetzt, diesen lediglich nicht die vom Revisions- führer gewünschten Wirkungen beigemessen.
II. Revisionen der Einziehungsbeteiligten
25
Die Revisionen der Einziehungsbeteiligten zu 3. und 4., die weitgehend wortgleiche Verfahrensrügen erheben, bleiben aus den o.g. Gründen ebenfalls ohne Erfolg.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh
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published on 09.09.2021 17:29

Die Verständigung ist der sog. „Deal“ im Strafprozess. Schon umstritten ist, wie sie strafrechtsdogmatisch überhaupt einzuordnen ist. Die Verständigung ist eine Verfahrensweise, bei der sich das Gericht mit den Verfahrensbe
Author’s summary

Die Verständigung ist der sog. „Deal“ im Strafprozess. Schon umstritten ist, wie sie strafrechtsdogmatisch überhaupt einzuordnen ist. Die Verständigung ist eine Verfahrensweise, bei der sich das Gericht mit den Verfahrensbeteiligten über das Ergebnis des Verfahrens verständigt, § 257 c StPO. Häufigster Anwendungsfall dabei ist die Einigung über das zu erwartende Strafmaß, d. h. die Rechtsfolge, im Falle dass der Angeklagte geständig ist.
 
Primär dient dieses Institut natürlich dazu, Ressourcen zu schonen und damit Verfahren zu kürzen. Da die Ermittlung der „materiellen Wahrheit“, also der Sachverhalt, so wie er sich wirklich abgespielt hat, Ziel eines jeden Strafverfahrens ist, darf die Verständigung die Sachverhaltsaufklärung der Ermittlungsbehörden nicht verkürzen. Hier entsteht ein Dilemna zwischen der praktischen Notwendigkeit eines solchen Instituts und den extremen Bedenken, die gegen ein solches Institut sprechen; die Verfahrensgrundsätze werden durch einen solchen Deal nämlich nicht hinreichend bedacht. Das Verfahren wird hierdurch erheblich verkürzt und Grundsätze wie beispielsweise der Öffentlichkeitsgrundsatz können nicht derartig eingehalten werden, wie unsere Verfassung das von uns eigentlich verlangt. 

Zum Zwecke der Transparenz wurden entsprechende Protokollierungspflichten in unserer Strafprozessordnung normiert, um die Absprache mit den Verfahrensgrundsätzen in Einklang zu bringen. Die Einführung der Norm des § 257 c StPO am 4. 08 2009 stellte damit eigentlich einen Fortschritt dar – vorher entsprach es der Regel, dass Gerichte eine sog. informelle Absprache durchführten, d. h. illegale Absprachen außerhalb der Hauptverhandlung ohne jegliche Dokumentation. Problem hierbei ist, dass sich die Praxis seit Einführung des § 257 c StPO nicht an die ihr auferlegten Dokumentationspflichten hielt – das nennt das Bundesverfassungsgericht Vollzugsdefizit. Dies könnte dazu führen, dass die Norm in ihrer Gesamtheit früher oder später nicht mehr verfassungsgemäß ist:
 
Im Frühjahr 2013 entschied das Bundesverfassungsgericht nämlich, dass die Regelung zur Verständigung im Strafprozess – trotz eines erheblichen Vollzugsdefizits – derzeit „noch nicht“ verfassungswidrig seien. Was das genau bedeuten soll, ist unklar. In diesem Aufsatz möchte ich mich mit diesem Urteil auseinandersetzen. Es gilt als eines der wichtigsten Urteile des 21. Jahrhunderts zum Thema Strafprozessrecht.

2 BvR 2628/10 – Ein Überblick
Wie schon soeben erwähnt, setzte sich das Bundesverfassungsgericht im vorliegenden Verfahren damit auseinander, ob das Verständigungsgesetz in seiner Fassung mit der deutschen Verfassung in Einklang steht. Dies bejahte das höchstrichterliche Gericht, verwies aber auf den Vollzugsdefizit und legte demnach dem Gesetzgeber die Pflicht auf, die Schutzmechanismen (damit ist die Transparenz richterlichen Handelns und die Protokollierungspflichten im Rahmen einer Verständigung gemeint) immer wieder auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen sowie bei Gelegenheit nachzubessern.

Wie steht es mit den Verfahrensgrundsätzen?
Das Bundesverfassungsgericht geht in seinem Urteil der Reihe nach auf die wichtigen Verfahrensprinzipien ein, die im Rahmen einer Verständigung unbedingt Beachtung finden müssen:
Es beginnt mit dem Schuldgrundsatz, der sich aus der Menschenwürde (Art. 1 GG und Art. 2 I GG) und aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) ableitet. Trotz einer Einigung über das Strafmaß im Rahmen einer Verständigung bleibt es immer noch Ziel des Strafverfahrens den wahren Sachverhalt zu ermitteln. Ohne einen solchen lässt sich das materielle Schuldprinzip gar nicht realisieren – Die Strafe die der Verurteilte erhält ist nämlich die Antwort auf seine persönliche Schuld! Auch das Institut der Verständigung kann einen solch wichtigen Verfahrensgrundsatz nicht lahmlegen.
Eine Verständigung kann damit niemals alleinige Urteilsgrundlage bilden, sondern das Gericht – muss wie sonst auch immer – hiervon überzeugt sein, § 261 StPO. Vielmehr müssen verständigungsbasierte Geständnisse auf ihre Richtigkeit überprüft werden (Verlinkung!).
 
Das Gericht weist auch darauf hin, dass der Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren durch die Verständigung nach § 257 c StPO nicht verletzt wird. Ein solcher gewährleistet das Recht eines jeden Beschuldigten, prozessuale Rechte wahrzunehmen sowie Übergriffe des Staates in einer angemessenen Art und Weise abwehren zu können. Wie dieses Verfahrensrecht ausgestaltet wird, liegt grundsätzlich in der Kompetenz des Gesetzgebers.
Darüber schreibt das Gericht in seinem Urteil über die Relevanz des Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit und der Unschuldsvermutung, die im Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 III GGverankert sind. Der Beschuldigte muss stets frei von jeglichem Zwang und eigenverantwortlich entscheiden können, ob und wie er im Strafprozess gegen sich selbst mitwirken möchte. Er muss also nicht an seiner eigenen Überführung mitwirken.
 
Die genannten Verfahrensgrundsätze lassen natürlich Zweifel aufkommen, inwieweit das Institut der Verständigung denn überhaupt mit diesen Verfahrensgrundsätzen in Einklang zu bringen ist. Außer Acht gelassen darf hierbei aber nicht, dass das Verständigungsgesetz vielmehr ein Versuch war, ein solches Institut mit der Verfassung in Einklang zu bringen, gerade weil es vorher der Praxis entsprach, eine solche ohne jegliche gesetzlich normierten Transparenzpflichten durchzuführen. Es entsprach also der Praxis einen solchen „Deal“ abzuschließen – und dies ohne Rücksicht darauf, dass ein solches Handeln unsere Verfassung und vielmehr die prozessualen Rechte eines jeden Beschuldigten mit Füßen trat.

Das Gericht schreibt in seinem Urteil, dass das Verständigungsgesetz das Risiko aufweisen würde, dass die Vorgaben, die uns die Verfassung an ein solches Institut vorschreibt, nur geringfügige Beachtung findet. Dies habe aber nicht zur Folge, dass es dem Gesetzgeber deshalb schlechthin verwehrt sei, eine solche Verfahrensvereinfachung dennoch grundsätzlich für zulässig zu erklären. Indem der Gesetzgeber an das Institut der Verständigung gewisse gesetzliche Vorgaben schuf, hat er damit kein „konsensuales Verfahrensmodell“ zwischen Beschuldigtem und Gericht geschaffen, sondern vielmehr die Verständigung als eine Art „Fremdkörper“ in unsere geltende Strafprozessordnung integriert.

Wieso sind Transparenz und Dokumentation von solchen Verständigungen so wichtig? 
Solche Pflichten, die der Gesetzgeber der Praxis mit seinem § 257 c StPO aufgebürdet hat sind deshalb bedeutsam, da sie eine effektive Kontrolle durch Öffentlichkeit, Staatsanwaltschaft und durch das Rechtsmittelgericht gewährt. Dadurch, dass die mit einer Verständigung verbundenen Handlungen umfassend in die öffentliche Hauptverhandlung einbezogen werden müssen, wird betont, dass sich auch bei dem Institut der Verständigung die richterliche Überzeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung ergeben muss. Der Staatsanwaltschaft wird hier eine herausragende Rolle zugeschrieben, denn ihr kommt eine Kontrollfunktion zu. Sie ist dazu verpflichtet, ihre Zustimmung zu einer gesetzeswidrigen Verständigung zu verweigern und muss vielmehr Rechtsmittel gegen Urteil einlegen, die auf einer solchen Verständigung beruhen.

Bundesverfassungsgericht versetzt sich in die Lage des BGH und nennt Revisionsgründe
Interessant ist auch, dass das Bundesverfassungsgericht darlegt, dass ein Verstoß gegen die Transparenz-und Dokumentationspflichten die Rechtswidrigkeit der Verständigung zur Folge hat. Behält das Gericht die Verständigung dennoch bei, so stelle dies ein Revisionsgrund dar – ein Beruhen ließe sich also regelmäßig nicht ausschließen.
 
Dasselbe gelte dann, wenn der Angeklagte nicht über die Voraussetzungen und mit welchen Folgen das Gericht von dem in Aussicht gestellten Ergebnis abweichen kann belehrt wird. Eine solche Belehrung soll nämlich den Angeklagten in seiner Entscheidungsfreiheit hinsichtlich über seine Mitwirkung an der Verständigung schützen.
 
Diese Passagen des Urteils lassen seine Leser freilich etwas grübeln – denn solche Vorgaben, die das höchstrichterliche Gericht hier tätigt, sind eigentlich solche, die allein der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz der Justiz auferlegen sollte; nicht hingegen das Bundesverfassungsgericht. Es überschritt hier mithin seine Kompetenzen.

Über den Vollzugsdefizit
Nun zum Knackpunkt der Entscheidung:
Das Verständigungsgesetz sichere die verfassungsrechtlichen Vorgaben in hinreichender Weise; der in erheblichen Maße defizitäre Vollzug des Verständigungsgesetzes führe derzeit noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung.
 
Was das Bundesverfassungsgericht kritisiert ist gar nicht das Gesetz in seiner jetzigen Fassung vom 4.08.2009 selbst; es ist vielmehr die Praxis, die sich nicht an die ihr auferlegten Transparenz und Protokollierungspflichten hält. Verfassungswidrig wäre der Gesetzestext allein dann, wenn die Schutzmechanismen in einer Art und Weise lückenhaft wären und damit (selbst gegen die Verfassung verstoßende) informelle Absprachen fördern würden – die Norm soll solche illegalen Absprachen aber gerade verhindern indem sie strenge Anforderungen an ein solches Institut aufstellt.  Problem ist hier also vielmehr die Praxis, die das Gesetz nicht oder nicht richtig anwendet.
Als Hauptgrund für den defizitären Vollzug wird in der im Gutachten genannten empirischen Studie nicht der strukturelle Mängel des gesetzlichen Regelungskonzeptes, sondern vielmehr eine „fehlende Praxisuntauglichkeit“ genannt.

Was folgt?
Was schlussfolgert das Bundesverfassungsgericht aus seinen Erwägungen? Was soll das überhaupt bedeuten, das Gesetz ist „noch“ verfassungskonform, „Schuld“ sei vielmehr die Praxis? Das höchstrichterliche Gericht meint in seinen Ausführungen, der Gesetzgeber müsse die weitere Entwicklung sorgfältig im Auge behalten. Sollte sich die gerichtliche Praxis weiterhin in derartiger Weise über die normierten Regelungen hinwegsetzen, so sei es als Aufgabe des Gesetzgebers anzusehen, diese Fehlentwicklung durch Maßnahmen entgegenzutreten. Wenn dies unterbleibt, so träte „ein verfassungswidriger Zustand“ ein.
 
Diese Begründung durch das Bundesverfassungsgericht wurde zu Recht in vielfacher Weise von der Literatur angegriffen. Und das aus vielerlei Gründen. Wieso? Der Senat legt dem Gesetzgeber die Pflicht auf, die Entwicklung sorgfältig zu beobachten. Zwingend ist diese „Verschiebung“ aber nicht. Vielmehr hätte sich der Senat einer endgültigen Entscheidung nicht entziehen dürfen – je nachdem wie er den defizitären Vollzug des Verständigungsgesetzes einschätzt (unabhängig davon, dass ein solcher nicht aus einer Schutzlücke des Gesetzes entspringt) hätte er sich somit für eine Verfassungsmäßigkeit oder eben Verfassungswidrigkeit entscheiden können. Die Frage, wieso der Senat warten möchte, und vielmehr eine „vorübergehende Lösung“ der „Noch-Verfassungsmäßigkeit“ einer endgültigen Entscheidung vorzieht, erschließt sich mir nicht.
 
Eine Frage habe ich mir außerdem noch gestellt: Was genau muss der Gesetzgeber jetzt tun? Schließlich ist es und bleibt es die Aufgabe des Gesetzgebers, Gesetze zu erlassen. Wenn das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber allerdings vorgibt, dass das Verständigungsgesetz den verfassungsmäßigen Anforderungen entspricht, so bleibt für den Gesetzgeber unklar, wann und wie er zu handeln hat, wenn das Vollzugsdefizit in der Praxis keine Besserung erfährt.

Dieses Urteil ist v. a. für die Gerichte relevant. Es bringt zum Ausdruck, dass sie sich an die Formvorschriften der Strafprozessordnung halten müssen. Tun sie dies nicht, so trete ein rechtswidriger Zustand ein, der zeitgleich einen Revisionsgrund ablichtet. Ein solches hat natürlich auch eine erhebliche Relevanz für den Beschuldigten - er ist als Subjekt des Strafprozesses besonders schützenswert. Die Verfahrensgrundsätze unserer Strafprozessordnung müssen zu seinem Schutze Anwendung finden. 

published on 24.02.2011 00:00

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja UWG § 16 Abs. 2, § 2 Abs. 2 BGB § 13 Verbraucherbegriff bei progressiver Kundenwerbung. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 – 5 StR 514/09 LG Leipzig – BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom
published on 18.05.2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 511/16 vom 18. Mai 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen versuchter Anstiftung zum Mord ECLI:DE:BGH:2017:180517B3STR511.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
published on 26.04.2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 506/15 vom 26. April 2017 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2017:260417U2STR506.15.0 Der 2. Strafsenat des Bund
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.