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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 240/17
vom
12. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
ECLI:DE:BGH:2017:120717B1STR240.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. Juli 2017 gemäß § 44 Satz 1, § 46 Abs. 1, § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 30. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten, einen türkischen Staatsangehörigen , wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und dieses Urteil in der Sitzung vom 30. Januar 2017 in dessen Anwesenheit verkündet. Im Anschluss daran hat es den Verurteilten entsprechend § 35a Satz 1 und 3 StPO belehrt. Die Belehrung wurde ihm in Anwesenheit seines Verteidigers durch eine Dolmetscherin in die türkische Sprache übersetzt.
2
Danach wurde der bis dahin in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte auf freien Fuß gesetzt und er verließ ohne weitere Erklärung das Gerichtsgebäude , um am nächsten Tag in die Türkei zurück zu fliegen. Mit seinem Verteidiger hatte er in der Folge zunächst keinen Kontakt mehr.
3
Erst am 20. Februar 2017 meldete er sich telefonisch bei seinem Verteidiger , fragte, ob das schriftlich abgefasste Urteil bereits vorliege, und teilte mit, dass er beabsichtige, hiergegen Rechtsmittel einzulegen. Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2017 hat sein Verteidiger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist beantragt und gleichzeitig Revision eingelegt.
4
Mit Schreiben vom 6. Juli 2017 hat der Verurteilte sich selbst dahingehend geäußert, dass er die Belehrung des Vorsitzenden bezüglich der einwöchigen Revisionsfrist und deren Übersetzung in die türkische Sprache überhaupt nicht verstanden habe.
5
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision ist unzulässig.
6
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen des Antrags (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 – 1 StR 341/12; vom 7. Juni 2013 – 1 StR 232/13; vom 14. Januar 2015 – 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145 f. und vom 21. November 2016 – 1 StR 526/16 [in NStZ-RR 2017, 48 nur redaktioneller Leitsatz] mwN). Darzulegen und glaubhaft zu machen sind auch diejenigen Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Antragsteller ohne eigenes Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145 f. und vom 21. November 2016 – 1 StR 526/16 [in NStZRR 2017, 48 nur redaktioneller Leitsatz] mwN; vgl. auch BeckOK StPO/ Cirener, 27. Edition, § 45 Rn. 6; Maul in KK-StPO, 7. Aufl., § 45 Rn. 6). Dazu gehört der Vortrag eines Lebenssachverhalts, der das fehlende Verschulden an der Säumnis belegt und Alternativen ausschließt, die der Wiedereinsetzung sonst entgegenstehen (BeckOK StPO/Cirener aaO).
7
Diesen Anforderungen genügt weder das Wiedereinsetzungsgesuch vom 27. Februar 2017 noch der Schriftsatz vom 6. Juli 2017 einschließlich der darin durch den Verteidiger mitgeteilten E-Mail des Angeklagten selbst.
8
a) Der Antrag vom 27. Februar 2017 legt keinen Sachverhalt dar, aus dem sich eine seitens des Angeklagten unverschuldete Säumnis ergibt. Er lässt bereits nicht deutlich erkennen, dass der Angeklagte seinen Verteidiger mit der Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil beauftragt hatte, was aber für eine unverschuldete Säumnis des Angeklagten erforderlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145, 146; BeckOK StPO/Cirener aaO § 44 Rn. 24a mwN). Ausweislich des Wiedereinsetzungsgesuchs hatte der Angeklagte einen solchen Auftrag zwar vor dem letzten Termin zur mündlichen Verhandlung für den Fall einer Verurteilung erteilt. Zeit- lich danach hat der bis dahin bestreitende Angeklagte aber „nach Vorbereitung durch den Unterzeichner“ (seinem Verteidiger) ein Teilgeständnisin dem Termin zur Hauptverhandlung abgelegt, in dem auch das Urteil verkündet worden ist. Angesichts der gegenüber dem Zeitpunkt der behaupteten Beauftragung erheblich veränderten Sachlage war der Angeklagte gehalten, sich zu vergewissern , dass sein Verteidiger den vor dem Teilgeständnis erteilten Rechtsmittelauftrag auch tatsächlich erfüllen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 23. September 2015 – 4 StR 364/15, NStZ 2017, 172 f.). Dazu verhält sich der Antrag nicht. Vielmehr spricht der weitere Vortrag gerade dafür, dass sich der Angeklagte nach der Urteilsverkündung und seiner unmittelbar nachfolgenden Aus- reise in die Türkei jedenfalls bis zum 20. Februar 2017 gar nicht mehr um die Revisionseinlegung gekümmert hat.
9
Auch wenn ein Angeklagter seinen Verteidiger grundsätzlich hinsichtlich der zugesagten Einlegung von Rechtsmitteln und deren Begründung nicht zu überwachen braucht (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2016 – 1 StR 435/15, wistra 2016, 163), bestand wegen der dargelegten Veränderung der Situation hier die Obliegenheit des Angeklagten zu einer Klarstellung gegenüber seinem Verteidiger, gegen das verkündete Urteil Rechtsmittel einzulegen. Dass er dem nachgekommen wäre, ergibt sich aus dem Antrag ebenfalls nicht.
10
b) Soweit sich der Angeklagte selbst in der genannten E-Mail vom 6. Juli 2017 darauf beruft, die Belehrung des Vorsitzenden bezüglich der einwöchigen Frist zur Einlegung der Revision und deren Übersetzung in die türkische Sprache überhaupt nicht verstanden zu haben, zeigt dies abgesehen von der Nichteinhaltung der Wochenfrist aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ebenfalls keinen Sachverhalt auf, aufgrund dessen der Angeklagte unverschuldet an der Einhaltung der Revisionseinlegungsfrist gehindert gewesen wäre. Ohne nähere Darlegungen dazu, warum er die Übersetzung in seine Muttersprache nicht verstanden habe, ist den in § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO geregelten Begründungsanforderungen nicht genügt (dazu OLG Oldenburg, Beschluss vom 18. Januar 2008 – 1 Ws 41/08, NStZ-RR 2008, 150; siehe auch Maul in KK-StPO aaO § 45 Rn. 7).
11
Da der Angeklagte ausweislich der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs vom 27. Februar 2017 bereits ab dem 20. Februar 2017 Kenntnis von der Fristversäumnis hatte, wäre der Schriftsatz vom 6. Juli 2017 auch als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO unzulässig.
12
3. Die Revision des Angeklagten ist ebenfalls unzulässig. Die Frist aus § 341 Abs. 1 StPO ist versäumt. Raum Graf Radtke Bär Hohoff

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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Bei der Bekanntmachung einer Entscheidung, die durch ein befristetes Rechtsmittel angefochten werden kann, ist der Betroffene über die Möglichkeiten der Anfechtung und die dafür vorgeschriebenen Fristen und Formen zu belehren. Bei der Bekanntmachung eines Urteils ist der Angeklagte auch über die Rechtsfolgen des § 40 Absatz 3 und des § 350 Absatz 2 sowie, wenn gegen das Urteil Berufung zulässig ist, über die Rechtsfolgen der §§ 329 und 330 zu belehren. Ist einem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist der Betroffene auch darüber zu belehren, dass er in jedem Fall frei in seiner Entscheidung ist, ein Rechtsmittel einzulegen.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 341/12
vom
24. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2012 gemäß §§ 46,
349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 25. April 2012 wird als unzulässig verworfen. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig.
2
Der Antragsteller muss darlegen, welche Frist er versäumt und was ihn an der Fristwahrung gehindert hat. Die hierzu erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 2, 6 und 7; BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 1 StR 412/09). Diesen Anforderungen wird der Antrag des Angeklagten nicht gerecht.
3
Zwar trägt er vor, er habe noch am „Tag der Urteilsverkündung“, mithin am 25. April 2012 und damit rechtzeitig, seinen Verteidiger mit einem an die- sem Tag „zur Post in der JVA“ gegebenen Schreiben mit der Einlegung der Re- vision beauftragt. Dieses Schreiben habe den Verteidiger aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen erst am 4. Mai 2012 erreicht. Insoweit versäumt der Angeklagte aber, Zeit und Umstände der Absendung näher zu bezeichnen (vgl. hierzu BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 3 und 8). Da ohne diese Angaben nicht zuverlässig beurteilt werden kann, ob ihn ein Verschulden oder Mitverschulden an der geltend gemachten Verzögerung der Postzustellung trifft, führt bereits dieser Mangel zur Unzulässigkeit des Antrags.
4
Im Übrigen aber ist der Vortrag nicht glaubhaft gemacht. Einziges Mittel zur Glaubhaftmachung ist der erst am 3. Juli 2012 vorgelegte Brief des Angeklagten an seinen Verteidiger. Dem auf den 25. April 2012 datierten Schreiben ist zu entnehmen, der Angeklagte „habe derweil dem Landgericht mitgeteilt … in Revision gehen“ zu möchten. Tatsächlich befindet sich bei den Sachakten die Revisionseinlegung des Angeklagten, die bei dem Landgericht am 4. Mai 2012 eingegangen, indes mit dem Ausstellungsdatum 2. Mai 2012 versehen ist und damit eine Woche nach der behaupteten Beauftragung datiert. Will der Angeklagte die Beauftragung seines Verteidigers mit der Revisionseinlegung aber erst nach der eigenhändigen Revisionseinlegung vorgenommen haben, ist es danach nicht wahrscheinlich, dass das Beauftragungsschreiben schon am 25. April 2012 verfasst und abgesandt worden ist. Mit einer Beauftragung des Verteidigers nach der eigenhändigen Revisionseinlegung am 2. Mai 2012 ließe sich im Übrigen ohne weiteres der behauptete Poststempel des Beauftragungsschreibens vom 3. Mai 2012 in Einklang bringen. Dass der Angeklagte bereits vor dem 2. Mai 2012 dem Gericht in einem weiteren Schreiben seinen Anfechtungswillen mitgeteilt hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
5
Auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Angeklagte am 2. Mai 2012, also noch innerhalb der Frist Revision eingelegt hat, sein Rechtsmittel aber erst am 4. Mai 2012 und damit nicht mehr fristgerecht bei Gericht eingegangen ist, ist ihm keine Wiedereinsetzung zu gewähren. Bei Aufgabe zur Post am letzten Tag der Frist durfte der Angeklagte schon nicht damit rechnen, dass seine Rechtsmittelschrift noch an diesem Tag bei Gericht eingeht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - 2 StR 366/08, bei Cierniak/Zimmermann NStZ-RR 2011, 97, 100 Nr. 13: zur Aufgabe am Tag vor Fristablauf). Zumindest die übliche Postlaufzeit von einem Werktag hätte er einkalkulieren müssen (vgl. hierzu BVerfG NJW 1992, 1952).
6
2. Die Revision des Angeklagten ist als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO), da die Revisionseinlegung nicht innerhalb der Frist des § 341 Abs. 1 StPO und damit verspätet eingelegt worden ist.
7
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Nack Rothfuß Hebenstreit Sander Cirener

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 232/13
vom
7. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juni 2013 beschlossen:
Die Anträge des Angeklagten auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23. Juli 2012 sowie auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung des Antrags auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 2. November 2012 und der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den die Revision verwerfenden Beschluss des Landgerichts München I vom 2. November 2012 werden auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:



I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten durch ein in seiner Anwesenheit verkündetes Urteil vom 23. Juli 2012 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten mit einem am Folgetag eingegangen Schriftsatz Revision eingelegt. Eine Rechtsmittelbegründung enthält dieser Schriftsatz nicht.
2
Dem Angeklagten ist eine Ausfertigung des Urteils durch Postzustellungsurkunde am 4. September 2012 zugestellt worden (Bl. 1504 der Sachakten ). Da innerhalb der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO keine Revisionsbegründung bei dem Landgericht München I eingegangen war, hat dieses mit Beschluss vom 2. November 2012 die Revision des Angeklagten gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.
3
Mit einem am 22. November 2012 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die jetzige Verteidigerin des Angeklagten Wiedereinsetzung in die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist eingelegt sowie „höchstvor- sorglich“ Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Verwerfungsbeschluss beantragt und die Revision mit der allgemeinen Sachrüge begründet (Bl. 1511 und 1512 der Sachakten). Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs wird in dem genannten Schriftsatz ausgeführt, der Angeklagte habe seinen (bisherigen) Verteidiger mit der rechtzeitigen Einlegung und Begründung der Revision beauftragt. Von dem Ausbleiben einer rechtzeitigen Revisionsbegründung habe er erst durch den Verwerfungsbeschluss des Landgerichts erfahren.
4
Durch einen weiteren, am 13. Dezember 2012 eingegangenen Schriftsatz hat die Verteidigerin Wiedereinsetzung in die Frist zur Anbringung des Antrags auf Entscheidung des Revisionsgerichts begehrt (Bl. 1514a der Sachakten ). Insoweit wird ebenfalls geltend gemacht, der Angeklagte habe sich darauf verlassen dürfen, dass der entsprechend mandatierte (bisherige) Verteidiger rechtzeitig auch ein Rechtsmittel gegen den Verwerfungsbeschluss einlegen werde. Der Angeklagte und sie selbst hätten erst durch die Einsichtnahme in die Akten von der Versäumung der Wochenfrist zur Anbringung des Antrags auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO Kenntnis erlangt.

II.


5
Die gestellten Anträge erweisen sich sämtlich als unzulässig.
6
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - hier in die Versäumung der Frist des § 345 Abs. 1 StPO zur Begründung der Revision - ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden gehindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist nach den gesetzlichen Vorgaben binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Er muss daher als Zulässigkeitsvoraussetzung auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses enthalten (BGH, Beschlüsse vom 4. August 2010 - 2 StR 365/10 und vom 5. August 2010 - 3 StR 269/10, NStZ-RR 2010, 378 f.; siehe auch Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, § 45 Rn. 5 mwN).
7
Bereits daran fehlt es in Bezug auf den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist. Der entsprechende Schriftsatz teilt lediglich mit, dass der Angeklagte erst durch den Verwerfungsbeschluss des Landgerichts von der Fristversäumung erfahren habe, enthält aber keine Angaben darüber, wann der Angeklagte Kenntnis von diesem Beschluss erlangt hat.
8
An der Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs ändert der am 6. Juni 2013 bei dem Bundesgerichtshof eingegangene Schriftsatz der Verteidigerin vom 4. Juni 2013, der Gegenstand der Beratung des Senats war, nichts. Zwar enthält dieser die Mitteilung der Kenntniserlangung des Angeklagten von der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist am 13. November 2012 durch Zustellung des landgerichtlichen Verwerfungsbeschlusses. Diese Mitteilung ist jedoch verspätet. Die gesetzlich geforderten Angaben im Wiedereinsetzungsgesuch über die versäumte Frist, den Hinderungsgrund und über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses sind Zulässigkeitsvoraussetzungen, die innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO vorgebracht werden müssen (Meyer-Goßner, aaO, § 45 Rn. 5 mwN). Soweit in dem genannten Schriftsatz ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zu sehen sein sollte (vgl. § 300 StPO), wäre auch ein solcher Antrag unzulässig. Er enthielte wiederum keine Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des entsprechenden Hindernisses.
9
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 7. Mai 2013 zutreffend ausgeführt hat, mangelt es dem Wiedereinsetzungsgesuch hinsichtlich der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist im Übrigen auch an der gesetzlich vorgeschriebenen Glaubhaftmachung (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO) sämtlicher für die Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit des Gesuchs bedeutsamer Tatsachen.
10
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung des Antrags auf Entscheidung des Revisionsgerichts ist ebenfalls unzulässig. Er enthält nicht die gesetzlich geforderte Angabe über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses. Soweit ein Hinweis auf die Kenntniserlangung aufgrund der Einsichtnahme in die Akten erfolgt, wird dieser Zeitpunkt nicht mitgeteilt. Auch der am 6. Juni 2013 eingegangene Schriftsatz enthält entsprechende Angaben nicht. Im Übrigen würde eine Mittei- lung zu diesem Zeitpunkt aus den zu II.1. genannten Gründen an der Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs nichts ändern.
11
3. Der am 22. November 2012 bei dem Landgericht eingegangene Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts ist unzulässig. Er ist nicht innerhalb der Wochenfrist des § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO gestellt worden. Die Frist begann mit der Zustellung des Verwerfungsbeschlusses an den Angeklagten am 13. November 2012 (Bl. 1507 der Sachakten) und endete damit gemäß § 43 Abs. 1 StPO mit Ablauf des 20. November 2012.

III.


12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1, § 473 Abs. 1 StPO.
Wahl Rothfuß Jäger Cirener Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR573/14
vom
14. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2015 beschlossen
:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung
der Revision gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 26. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45
Abs. 1 Satz 1 StPO wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 26. Mai 2014 wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Urteilsverkündung fand in Anwesenheit des Angeklagten statt. Gegen dieses Urteil hat die Pflichtverteidigerin des Angeklagten fristgerecht Revision eingelegt. Das Urteil wurde ihr am 7. Juli 2014 zugestellt. Nachdem bis zum Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO keine Rechtsmittelbegründung eingegangen war, verwarf das Landgericht die Revision durch Beschluss vom 12. August 2014 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Dieser Beschluss wurde der Pflichtverteidigerin am 21. August 2014 zugestellt.
2
Mit Schreiben seines neuen Wahlverteidigers vom 9. September 2014, eingegangen bei dem Landgericht am selben Tag, hat der Angeklagte die Revision begründet und beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung des Antrags auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags sowie bezüglich der Versäumung der Frist zur Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags zu gewähren.
3
Er trägt vor, weder er noch der unterzeichnende Rechtsanwalt hätten Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss gehabt. Der unterzeichnende Rechtsanwalt habe von diesem Beschluss erst durch eine Akteneinsicht in der 36. Kalenderwoche erfahren. In dieser Woche habe auch er selbst den Verwerfungsbeschluss in der Justizvollzugsanstalt erhalten. Da seine Pflichtverteidigerin für ihn bereits Revision eingelegt hatte, habe er davon ausgehen dürfen, dass sie auch einen Revisionsantrag stellt und zumindest die allgemeine Sachrüge erhebt. Das Versäumnis der Pflichtverteidigerin könne ihm nicht zugerechnet werden.
4
Die Vollzugsgeschäftsstelle der Justizvollzugsanstalt München hat auf Anfrage eines Vertreters des Generalbundesanwalts im November 2014 mitgeteilt , dass der Verwerfungsbeschluss dort nicht zur Aushändigung an den Angeklagten eingegangen, diesem also offensichtlich persönlich zugesandt worden sei. Auf Befragen habe der Angeklagte erklärt, er habe den Beschluss am 12. September 2014 oder am 13. September 2014 erhalten.

II.


5
Beide Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind unzulässig.
6
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig.
7
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Die hierzu erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 - 1 StR 341/12; und vom 7. Juni 2013 - 1 StR 232/13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., 2014, § 45 Rn. 5 mwN). Bereits an dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es.
8
Darüber hinaus hat der Angeklagte auch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO).
9
a) Der Antrag enthält keine Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO tatsächlich weggefallen ist. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte und nicht der Verteidiger Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss erlangt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; und vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 412/13). Die Angabe eines längeren Zeitraums, hier sogar von einer Woche, genügt diesem Erfordernis nicht.
10
Zudem ist der Vortrag, wann dem Angeklagten die Versäumung der Rechtsmittelfrist bekannt geworden ist, in sich widersprüchlich.
11
Aus der vom Generalbundesanwalt eingeholten Auskunft der Vollzugsgeschäftsstelle ergibt sich, dass der Angeklagte im November 2014 behauptet hat, den Verwerfungsbeschluss erst am 12. oder 13. September 2014 erhalten zu haben. Über seinen Verteidiger hat er allerdings am 9. September 2014 vortragen lassen, den Beschluss bereits in der 36. Kalenderwoche bekommen zu haben. Die 36. Kalenderwoche ist die Woche von Montag, dem 1. September, bis Sonntag, dem 7. September 2014.
12
Der Vortrag schließt zudem nicht aus, dass der Angeklagte den Beschluss bereits am 1. September 2014 erhalten hat. In diesem Fall hätte das am 9. September 2014 eingegangene Gesuch um Wiedereinsetzung die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO nicht gewahrt. Diese Zweifel an der Fristeinhaltung gehen zu Lasten des Antragstellers (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 45 Rn. 3).
13
b) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bleibt auch deshalb ohne Erfolg, weil der Angeklagte weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO). Sein Vortrag lässt offen, ob er seine Pflichtverteidigerin überhaupt mit der Begründung des Rechtsmittels beauftragt hatte; ein solcher Auftrag ist auch nicht durch anwaltliche Versicherung der Pflichtverteidigerin glaubhaft gemacht. Auch wurde nicht näher dargelegt und ebenfalls nicht anwaltlich versichert, weshalb die Pflichtverteidigerin tatsächlich die Revisionsbegründung trotz eventuellen Auftrags unterlassen hat.
14
c) Soweit der Angeklagte nun mit Schreiben vom 21. Dezember 2014 erstmals vorträgt, er habe seine Pflichtverteidigerin auch mit der Revisionsbegründung beauftragt, ändert dies im Ergebnis an der Unzulässigkeit des Antrags nichts.
15
2. Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO ist unzulässig. Der Umstand, dass der Wahlverteidiger in seinem Gesuch vom 9. September 2014 ausdrücklich auch einen solchen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat, belegt, dass dem Angeklagten die Versäumung der Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags bekannt war; zumindest aber hat er eine solche Fristversäumung bei Antragstellung am 9. September 2014 ernsthaft in Betracht gezogen. Dennoch legt der Antrag keine Umstände dar, aus denen sich ein unverschuldetes Fristversäumnis ergibt.
Rothfuß Cirener Radtke
Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 526/16
vom
21. November 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:211116B1STR526.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. November 2016
beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 11. Dezember 2013 wird als unzulässig verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts München II vom 11. Dezember 2013 wegen verschiedener Straftaten zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden. Mit Schreiben vom 8. August 2016 hat er beantragt, das vorgenannte Urteil „aufzuheben und für null und nichtig zu erklä- ren“. Hilfsweise ist von ihm um „Zurücksetzen in den vorigen Stand“ nachge- sucht worden.
2
1. Der Senat legt das Begehren des Angeklagten gemäß § 300 StPO dahingehend aus, dass er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision (§ 341 Abs. 1 StPO) bean- tragt und mit der Revision das landgerichtliche Urteil angreift. Wiedereinsetzungsantrag und Revision bleiben ohne Erfolg.
3
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist unzulässig.
4
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 - 1 StR 341/12; vom 7. Juni 2013 - 1 StR 232/13 und vom 14. Januar 2015 - 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145 f. mwN). Darzulegen und glaubhaft zu machen sind auch diejenigen Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Antragsteller ohne eigenes Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145 f.; vgl. auch Maul in KK-StPO, 7. Aufl., § 45 Rn. 6).
5
Diesen Anforderungen genügt weder das Antragsschreiben des Angeklagten vom 8. August 2016 noch sein nachgereichtes Schreiben vom 26. Oktober 2016, auf dessen Berücksichtigungsfähigkeit es daher nicht ankommt. Der Angeklagte stützt sein Wiederaufnahmebegehren ausschließlich darauf, dass ihm erst am 5. August 2016 bekannt geworden sei, welche gesetzlichen Anforderungen sich aus § 275 StPO an die Identifizierbarkeit der unterschreibenden Richter anhand der Unterschrift auf der Urteilsurkunde ergeben. Damit wird aber bereits von vornherein keine unverschuldete Versäumung der Revisionseinlegungsfrist dargelegt. Denn die Unkenntnis von gesetzlichen Bestimmungen oder von höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Auslegung des Gesetzes können fehlendes Verschulden nicht begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2010 - 4 StR 637/09, NStZ-RR 2010, 244 f.).
6
In der Sache genügten die Unterschriften der drei Berufsrichter ohnehin den gesetzlichen Anforderungen.
7
3. Die Revision des Angeklagten ist ebenfalls unzulässig. Die Frist aus § 341 Abs. 1 StPO ist versäumt.
Graf Cirener Radtke Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR573/14
vom
14. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2015 beschlossen
:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung
der Revision gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 26. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45
Abs. 1 Satz 1 StPO wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 26. Mai 2014 wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Urteilsverkündung fand in Anwesenheit des Angeklagten statt. Gegen dieses Urteil hat die Pflichtverteidigerin des Angeklagten fristgerecht Revision eingelegt. Das Urteil wurde ihr am 7. Juli 2014 zugestellt. Nachdem bis zum Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO keine Rechtsmittelbegründung eingegangen war, verwarf das Landgericht die Revision durch Beschluss vom 12. August 2014 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Dieser Beschluss wurde der Pflichtverteidigerin am 21. August 2014 zugestellt.
2
Mit Schreiben seines neuen Wahlverteidigers vom 9. September 2014, eingegangen bei dem Landgericht am selben Tag, hat der Angeklagte die Revision begründet und beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung des Antrags auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags sowie bezüglich der Versäumung der Frist zur Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags zu gewähren.
3
Er trägt vor, weder er noch der unterzeichnende Rechtsanwalt hätten Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss gehabt. Der unterzeichnende Rechtsanwalt habe von diesem Beschluss erst durch eine Akteneinsicht in der 36. Kalenderwoche erfahren. In dieser Woche habe auch er selbst den Verwerfungsbeschluss in der Justizvollzugsanstalt erhalten. Da seine Pflichtverteidigerin für ihn bereits Revision eingelegt hatte, habe er davon ausgehen dürfen, dass sie auch einen Revisionsantrag stellt und zumindest die allgemeine Sachrüge erhebt. Das Versäumnis der Pflichtverteidigerin könne ihm nicht zugerechnet werden.
4
Die Vollzugsgeschäftsstelle der Justizvollzugsanstalt München hat auf Anfrage eines Vertreters des Generalbundesanwalts im November 2014 mitgeteilt , dass der Verwerfungsbeschluss dort nicht zur Aushändigung an den Angeklagten eingegangen, diesem also offensichtlich persönlich zugesandt worden sei. Auf Befragen habe der Angeklagte erklärt, er habe den Beschluss am 12. September 2014 oder am 13. September 2014 erhalten.

II.


5
Beide Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind unzulässig.
6
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig.
7
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Die hierzu erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 - 1 StR 341/12; und vom 7. Juni 2013 - 1 StR 232/13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., 2014, § 45 Rn. 5 mwN). Bereits an dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es.
8
Darüber hinaus hat der Angeklagte auch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO).
9
a) Der Antrag enthält keine Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO tatsächlich weggefallen ist. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte und nicht der Verteidiger Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss erlangt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; und vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 412/13). Die Angabe eines längeren Zeitraums, hier sogar von einer Woche, genügt diesem Erfordernis nicht.
10
Zudem ist der Vortrag, wann dem Angeklagten die Versäumung der Rechtsmittelfrist bekannt geworden ist, in sich widersprüchlich.
11
Aus der vom Generalbundesanwalt eingeholten Auskunft der Vollzugsgeschäftsstelle ergibt sich, dass der Angeklagte im November 2014 behauptet hat, den Verwerfungsbeschluss erst am 12. oder 13. September 2014 erhalten zu haben. Über seinen Verteidiger hat er allerdings am 9. September 2014 vortragen lassen, den Beschluss bereits in der 36. Kalenderwoche bekommen zu haben. Die 36. Kalenderwoche ist die Woche von Montag, dem 1. September, bis Sonntag, dem 7. September 2014.
12
Der Vortrag schließt zudem nicht aus, dass der Angeklagte den Beschluss bereits am 1. September 2014 erhalten hat. In diesem Fall hätte das am 9. September 2014 eingegangene Gesuch um Wiedereinsetzung die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO nicht gewahrt. Diese Zweifel an der Fristeinhaltung gehen zu Lasten des Antragstellers (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 45 Rn. 3).
13
b) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bleibt auch deshalb ohne Erfolg, weil der Angeklagte weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO). Sein Vortrag lässt offen, ob er seine Pflichtverteidigerin überhaupt mit der Begründung des Rechtsmittels beauftragt hatte; ein solcher Auftrag ist auch nicht durch anwaltliche Versicherung der Pflichtverteidigerin glaubhaft gemacht. Auch wurde nicht näher dargelegt und ebenfalls nicht anwaltlich versichert, weshalb die Pflichtverteidigerin tatsächlich die Revisionsbegründung trotz eventuellen Auftrags unterlassen hat.
14
c) Soweit der Angeklagte nun mit Schreiben vom 21. Dezember 2014 erstmals vorträgt, er habe seine Pflichtverteidigerin auch mit der Revisionsbegründung beauftragt, ändert dies im Ergebnis an der Unzulässigkeit des Antrags nichts.
15
2. Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO ist unzulässig. Der Umstand, dass der Wahlverteidiger in seinem Gesuch vom 9. September 2014 ausdrücklich auch einen solchen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat, belegt, dass dem Angeklagten die Versäumung der Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags bekannt war; zumindest aber hat er eine solche Fristversäumung bei Antragstellung am 9. September 2014 ernsthaft in Betracht gezogen. Dennoch legt der Antrag keine Umstände dar, aus denen sich ein unverschuldetes Fristversäumnis ergibt.
Rothfuß Cirener Radtke
Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 526/16
vom
21. November 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:211116B1STR526.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. November 2016
beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 11. Dezember 2013 wird als unzulässig verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts München II vom 11. Dezember 2013 wegen verschiedener Straftaten zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden. Mit Schreiben vom 8. August 2016 hat er beantragt, das vorgenannte Urteil „aufzuheben und für null und nichtig zu erklä- ren“. Hilfsweise ist von ihm um „Zurücksetzen in den vorigen Stand“ nachge- sucht worden.
2
1. Der Senat legt das Begehren des Angeklagten gemäß § 300 StPO dahingehend aus, dass er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision (§ 341 Abs. 1 StPO) bean- tragt und mit der Revision das landgerichtliche Urteil angreift. Wiedereinsetzungsantrag und Revision bleiben ohne Erfolg.
3
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist unzulässig.
4
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 - 1 StR 341/12; vom 7. Juni 2013 - 1 StR 232/13 und vom 14. Januar 2015 - 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145 f. mwN). Darzulegen und glaubhaft zu machen sind auch diejenigen Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Antragsteller ohne eigenes Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145 f.; vgl. auch Maul in KK-StPO, 7. Aufl., § 45 Rn. 6).
5
Diesen Anforderungen genügt weder das Antragsschreiben des Angeklagten vom 8. August 2016 noch sein nachgereichtes Schreiben vom 26. Oktober 2016, auf dessen Berücksichtigungsfähigkeit es daher nicht ankommt. Der Angeklagte stützt sein Wiederaufnahmebegehren ausschließlich darauf, dass ihm erst am 5. August 2016 bekannt geworden sei, welche gesetzlichen Anforderungen sich aus § 275 StPO an die Identifizierbarkeit der unterschreibenden Richter anhand der Unterschrift auf der Urteilsurkunde ergeben. Damit wird aber bereits von vornherein keine unverschuldete Versäumung der Revisionseinlegungsfrist dargelegt. Denn die Unkenntnis von gesetzlichen Bestimmungen oder von höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Auslegung des Gesetzes können fehlendes Verschulden nicht begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2010 - 4 StR 637/09, NStZ-RR 2010, 244 f.).
6
In der Sache genügten die Unterschriften der drei Berufsrichter ohnehin den gesetzlichen Anforderungen.
7
3. Die Revision des Angeklagten ist ebenfalls unzulässig. Die Frist aus § 341 Abs. 1 StPO ist versäumt.
Graf Cirener Radtke Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR573/14
vom
14. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2015 beschlossen
:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung
der Revision gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 26. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45
Abs. 1 Satz 1 StPO wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 26. Mai 2014 wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Urteilsverkündung fand in Anwesenheit des Angeklagten statt. Gegen dieses Urteil hat die Pflichtverteidigerin des Angeklagten fristgerecht Revision eingelegt. Das Urteil wurde ihr am 7. Juli 2014 zugestellt. Nachdem bis zum Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO keine Rechtsmittelbegründung eingegangen war, verwarf das Landgericht die Revision durch Beschluss vom 12. August 2014 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Dieser Beschluss wurde der Pflichtverteidigerin am 21. August 2014 zugestellt.
2
Mit Schreiben seines neuen Wahlverteidigers vom 9. September 2014, eingegangen bei dem Landgericht am selben Tag, hat der Angeklagte die Revision begründet und beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung des Antrags auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags sowie bezüglich der Versäumung der Frist zur Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags zu gewähren.
3
Er trägt vor, weder er noch der unterzeichnende Rechtsanwalt hätten Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss gehabt. Der unterzeichnende Rechtsanwalt habe von diesem Beschluss erst durch eine Akteneinsicht in der 36. Kalenderwoche erfahren. In dieser Woche habe auch er selbst den Verwerfungsbeschluss in der Justizvollzugsanstalt erhalten. Da seine Pflichtverteidigerin für ihn bereits Revision eingelegt hatte, habe er davon ausgehen dürfen, dass sie auch einen Revisionsantrag stellt und zumindest die allgemeine Sachrüge erhebt. Das Versäumnis der Pflichtverteidigerin könne ihm nicht zugerechnet werden.
4
Die Vollzugsgeschäftsstelle der Justizvollzugsanstalt München hat auf Anfrage eines Vertreters des Generalbundesanwalts im November 2014 mitgeteilt , dass der Verwerfungsbeschluss dort nicht zur Aushändigung an den Angeklagten eingegangen, diesem also offensichtlich persönlich zugesandt worden sei. Auf Befragen habe der Angeklagte erklärt, er habe den Beschluss am 12. September 2014 oder am 13. September 2014 erhalten.

II.


5
Beide Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind unzulässig.
6
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig.
7
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Die hierzu erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 - 1 StR 341/12; und vom 7. Juni 2013 - 1 StR 232/13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., 2014, § 45 Rn. 5 mwN). Bereits an dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es.
8
Darüber hinaus hat der Angeklagte auch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO).
9
a) Der Antrag enthält keine Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO tatsächlich weggefallen ist. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte und nicht der Verteidiger Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss erlangt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; und vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 412/13). Die Angabe eines längeren Zeitraums, hier sogar von einer Woche, genügt diesem Erfordernis nicht.
10
Zudem ist der Vortrag, wann dem Angeklagten die Versäumung der Rechtsmittelfrist bekannt geworden ist, in sich widersprüchlich.
11
Aus der vom Generalbundesanwalt eingeholten Auskunft der Vollzugsgeschäftsstelle ergibt sich, dass der Angeklagte im November 2014 behauptet hat, den Verwerfungsbeschluss erst am 12. oder 13. September 2014 erhalten zu haben. Über seinen Verteidiger hat er allerdings am 9. September 2014 vortragen lassen, den Beschluss bereits in der 36. Kalenderwoche bekommen zu haben. Die 36. Kalenderwoche ist die Woche von Montag, dem 1. September, bis Sonntag, dem 7. September 2014.
12
Der Vortrag schließt zudem nicht aus, dass der Angeklagte den Beschluss bereits am 1. September 2014 erhalten hat. In diesem Fall hätte das am 9. September 2014 eingegangene Gesuch um Wiedereinsetzung die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO nicht gewahrt. Diese Zweifel an der Fristeinhaltung gehen zu Lasten des Antragstellers (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 45 Rn. 3).
13
b) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bleibt auch deshalb ohne Erfolg, weil der Angeklagte weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO). Sein Vortrag lässt offen, ob er seine Pflichtverteidigerin überhaupt mit der Begründung des Rechtsmittels beauftragt hatte; ein solcher Auftrag ist auch nicht durch anwaltliche Versicherung der Pflichtverteidigerin glaubhaft gemacht. Auch wurde nicht näher dargelegt und ebenfalls nicht anwaltlich versichert, weshalb die Pflichtverteidigerin tatsächlich die Revisionsbegründung trotz eventuellen Auftrags unterlassen hat.
14
c) Soweit der Angeklagte nun mit Schreiben vom 21. Dezember 2014 erstmals vorträgt, er habe seine Pflichtverteidigerin auch mit der Revisionsbegründung beauftragt, ändert dies im Ergebnis an der Unzulässigkeit des Antrags nichts.
15
2. Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO ist unzulässig. Der Umstand, dass der Wahlverteidiger in seinem Gesuch vom 9. September 2014 ausdrücklich auch einen solchen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat, belegt, dass dem Angeklagten die Versäumung der Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags bekannt war; zumindest aber hat er eine solche Fristversäumung bei Antragstellung am 9. September 2014 ernsthaft in Betracht gezogen. Dennoch legt der Antrag keine Umstände dar, aus denen sich ein unverschuldetes Fristversäumnis ergibt.
Rothfuß Cirener Radtke
Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR364/15
vom
23. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 23. September 2015 beschlossen:
1. Der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 6. März 2015 wird zurückgewiesen. 2. Die Revision der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Die Angeklagte wurde am 6. März 2015 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Sie und ihr Verteidiger verzichteten ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nach Verkündung des Urteils auf eine Rechtsmittelbelehrung.
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1. Die Revision der Angeklagten gegen dieses Urteil ist unzulässig, weil sie erst am 23. März 2015 und damit verspätet eingelegt wurde (§ 341 Abs. 1, § 349 Abs. 1 StPO).
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2. Ihr – rechtzeitiges – Wiedereinsetzungsgesuch hat keinen Erfolg, weil die Angeklagte nicht ohne eigenes Verschulden an der Fristwahrung gehindert war (§ 44 StPO).
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a) Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Angeklagte in einer „Eidesstattlichen Versicherung“ vorgetragen, sie habe ihren Pflichtver- teidiger in Anwesenheit der Dolmetscherin mündlich unmittelbar nach Urteils- verkündung „angewiesen“, ein Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil ein- zulegen; ihr Verteidiger habe diese eindeutige Weisung missachtet. Abgesehen davon, dass, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hervorhebt, die eigene eidesstattliche Versicherung eines Angeklagten kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung ist (SSW-StPO/Tsambikakis, § 45 Rn. 17 mwN), ist die in dieser Erklärung enthaltene Behauptung, auf die zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags Bezug genommen wird, schon nach dem Inhalt der weiteren Unterlagen, die zur Glaubhaftmachung vorgelegt werden, als widerlegt anzusehen. Ausweislich der Erklärung der bei dem Gespräch zwischen der Angeklagten und ihrem Verteidiger anwesenden Dolmetscherin hat die Angeklagte diesem lediglich mitgeteilt, sie wolle „Berufung“ einlegen und einen „neuen Versuch starten“. Daraufhin habe ihr Verteidiger darauf hingewie- sen, man habe für die Entscheidung über die Einlegung der Revision noch ein paar Tage Zeit, sie könne es sich – auch vor dem Hintergrund der am selben Tag eingegangenen Nachricht vom Tode ihres Bruders – daher in Ruhe überlegen und ihn dann anrufen, um ihm ihre endgültige Entscheidung mitzuteilen. Die Angeklagte habe dies bestätigt und ergänzend um einen Rückruf des Verteidigers gebeten, sollte sie sich selbst – möglicherweise wegen der Notwendigkeit , sich wegen des Todesfalles vorrangig um ihre familiären Angelegenheiten zu kümmern – nicht am letzten oder vorletzten Tag der Einlegungsfrist bei ihm gemeldet haben. Bestätigt wird die sachliche Richtigkeit dieser Erklärung, die auch von der Angeklagten nicht in Frage gestellt wird, durch den Inhalt des ebenfalls vorgelegten Schreibens des Verteidigers an die Postanschrift der Angeklagten am Tag vor Fristablauf, in dem er u.a. darlegt, er habe mehrfach, letztmalig am selben Tage, vergeblich versucht, diese telefonisch zu erreichen, um – absprachegemäß – ihre Entscheidung über die Rechtsmitteleinlegung zu erfahren.
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Danach kann keine Rede davon sein, dass die Frage der Einlegung eines Rechtsmittels unmittelbar nach der Urteilsverkündung verbindlich durch eine dahingehende Weisung der Angeklagten entschieden worden und ihr Pflichtverteidiger in der Folgezeit dieser Weisung abredewidrig nicht nachgekommen wäre. Vielmehr war die endgültige Entscheidung noch von einer entsprechenden Willensäußerung der Angeklagten abhängig.
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b) Im Übrigen bewertet auch die neue Wahlverteidigerin der Angeklagten in ihrer Stellungnahme zu dem Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts das Ergebnis des Gesprächs unmittelbar nach Urteilsverkündung dahin, der Pflichtverteidiger habe auf den Wunsch der Angeklagten nach Einlegung der Revision „ausweichend“ geantwortet. Ein Angeklagter, der die definitive Zusage seines Verteidigers, ein Rechtsmittel einzulegen, noch nicht erhalten hat, kann aber während des Laufs der Einlegungsfrist nicht darauf vertrauen, dass dies gleichwohl geschieht (BGH, Beschluss vom 6. August 2009 – 3 StR 319/08, NStZ-RR 2009, 375; Tsambikakis aaO, § 44 Rn. 41).
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c) Vor diesem Hintergrund geht auch die Auffassung der neuen Wahlverteidigerin der Angeklagten fehl, ihr damaliger Pflichtverteidiger hätte rein vorsorglich Revision einlegen müssen, da mangels telefonischer Erreichbarkeit der Angeklagten eine definitive Klärung über die Rechtsmitteleinlegung innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht erfolgen konnte. Gerade weil die Frage der Revisionseinlegung noch offen war, war es Sache der Angeklagten, dafür Sorge zu tragen, dass ihr Verteidiger sie für eine Rücksprache erreichen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 1996 – 2 StR 426/96, NStZ 1997, 95). Dass die Angeklagte, der die Wochenfrist zur Einlegung der Revision ausweislich ihrer eigenen Erklärung bekannt war, angenommen haben könnte, diese Frist sei eine reine Bedenkzeit und umfasse nicht zugleich die für den rein technischen Vorgang der Einlegung des Rechtsmittels erforderliche Zeitspanne, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Zwar war die Absendung des unter dem 12. März 2015 abgefassten, an die Postanschrift der Angeklagten in den Niederlanden gerichteten Schreibens ihres Pflichtverteidigers mit der Aufforderung, sich zur Frage der Einlegung der Revision nunmehr zu erklären, im Hinblick auf die am nächsten Tag ablaufende Frist ersichtlich verspätet und deshalb wenig sachdienlich. Das eigene Verschulden der Angeklagten wird dadurch aber nicht beseitigt (vgl. Senatsbeschluss vom 22. August 2012 – 4 StR 299/12).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 435/15
vom
11. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
hier: Wiedereinsetzungsgesuch
ECLI:DE:BGH:2016:110116B1STR435.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 44 Satz 1, § 46 Abs. 1 StPO am 11. Januar 2016 beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18. Mai 2015 auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. 2. Der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 30. Juli 2015, mit dem es die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen hat, ist gegenstandslos.

Gründe:

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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt.
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Gegen dieses Urteil hat er Revision eingelegt und begehrt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Begründung der Revision. Auf seinen Antrag hin war ihm gemäß § 44 Satz 1 StPO Wiedereinsetzung zu gewähren.
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1. Dem Wiedereinsetzungsantrag liegt folgendes Geschehen zugrunde:
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Der Angeklagte hatte durch seinen Verteidiger form- und fristgerecht Revision gegen das Urteil des Landgerichts vom 18. Mai 2015 eingelegt. Dieses wurde dem Verteidiger am 26. Juni 2015 zugestellt. Nachdem bis zum Fristablauf am Montag, den 27. Juli 2015 keine Rechtsmittelbegründung bei dem Landgericht eingegangen war, verwarf dieses die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO mit Beschluss vom 30. Juli 2015.
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Die Zustellung dieses Beschlusses an den Verteidiger erfolgte am 6. August 2015. Mit Schriftsatz vom selben Tage beantragte dieser für den Angeklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete zugleich die Revision mit der Verletzung materiellen Rechts. In diesem Schriftsatz legte der Verteidiger u.a. dar, dass er am 13. Juli 2015, also noch während des Laufs der Rechtsmittelbegründungsfrist, den Angeklagten darüber unterrichtet hatte, keine Verfahrensbeanstandungen gefunden zu haben und der Bundesgerichtshof nunmehr aufgrund der materiell-rechtlichen Rüge das Urteil überprüfen müsse. Dabei habe er, der Verteidiger, übersehen, entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten und wie es seinem Antrag entsprochen hätte, das Rechtsmittel nicht sogleich mit der Einlegung mit der Verletzung materiellen Rechts begründet zu haben. Sein Fehler sei ihm erst durch die Zustellung des Verwerfungsbeschlusses aufgefallen. Den Angeklagten habe er noch am selben Tage davon unterrichtet. Dieser habe ihn mit dem Wiedereinsetzungsgesuch beauftragt.
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2. Die Wiedereinsetzung war auf den zulässig erhobenen Antrag (§ 45 StPO) zu gewähren, weil der Angeklagte nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen ohne sein Verschulden (§ 44 Satz 1 StPO) daran gehindert war, die Revision innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO zu begründen.
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Das Verschulden seines Verteidigers an der Fristversäumnis ist dem Angeklagten nicht zuzurechnen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 44 Rn. 18 mwN). Nachdem der mit der Begründung des Rechtsmittels beauftragte Verteidiger den Angeklagten unterrichtet hatte, der Bundesgerichtshof habe auf die (vermeintlich) bereits erhobene Sachrüge das Urteil in materiell-rechtlicher Hinsicht zu überprüfen, durfte er auf das Vorliegen einer fristgemäß erfolgten Rechtsmittelbegründung durch seinen Verteidiger vertrauen. Zu einer Überwachung seines Verteidigers ist ein Angeklagter grundsätzlich nicht verpflichtet (BGH, Beschluss vom 23. Februar 1989 – 4 StR 67/89, BGHR StPO § 44 Satz 1 Verhinderung 6). Anhaltspunkte dafür, dass er sich auf die weitere ordnungsgemäße Behandlung des Rechtsmittels durch seinen Verteidiger nicht hätte verlassen dürfen, sind nicht ersichtlich.
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3. Durch die Wiedereinsetzung ist der gemäß § 346 Abs. 1 StPO erfolgte Verwerfungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 30. Juli 2015 gegenstandslos.
Raum Graf Cirener Radtke Bär

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.