Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 24. Okt. 2017 - 3 Ss OWi 1254/17

published on 24/10/2017 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 24. Okt. 2017 - 3 Ss OWi 1254/17
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Tatbestand

D.as AG hat den von der Erscheinenspflicht in der Hauptverhandlung gemäß § 73 I OWiG entbundenen, dort jedoch durch einen unterbevollmächtigten Verteidiger vertretenen Betr. am 30.05.2017 wegen einer als Führer eines Pkw fahrlässig innerorts begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 80 Euro verurteilt. Mit Telefax vom 21.06.2017 legte der Wahlverteidiger des Betr. „gegen das Urteil des AG vom 10.05.2017“ Zulassungsrechtsbeschwerde ein mit dem Zusatz, dass „bis dato […] die Urteilsgründe nicht“ vorlägen, „so dass […] bei Übermittlung des Urteils um Beifügung des Sitzungsprotokolls nebst Beweisantrag“ gebeten werde. Mit weiterem per Telefax am selben Tag der StA übermittelten Schreiben vom 06.07.2017 dankte der Wahlverteidiger „für die Übermittlung des Urteils mit Rechtskraftvermerk“, wobei „allerdings mitzuteilen“ sei, dass ihm kein Urteil zugestellt worden sei und er „im Übrigen am 21.06.2017 sicherheitshalber […] Zulassungsrechtsbeschwerde eingelegt habe“ und er nicht feststellen könne, wie es zu einem Rechtskrafteintritt habe kommen können. Es werde deshalb „höchst vorsorglich“ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine etwaige Versäumung der Rechtsmittelfrist beantragt. Mit am 06.07.2017 beim AG eingegangenem Telefax-Schreiben beantragte der Wahlverteidiger Akteneinsicht, da ihm zwischenzeitlich ein für ihn nicht nachvollziehbarer Rechtskraftvermerk zugestellt worden sei; er „habe keine Urteilsgründe erhalten, bereits Zulassungsrechtsbeschwerde eingelegt und beantrage jetzt Wiedereinsetzung unter Übermittlung der Akte“.

Das OLG hat Wiedereinsetzungsgesuch und Zulassungsrechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.

Gründe

Der Antrag des Betr. auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist ebenso wie die Zulassungsrechtsbeschwerde selbst als unzulässig zu verwerfen.

1. Nachdem das Urteil vom 30.05.2017 zwar in (erlaubter) Abwesenheit des Betr., jedoch in Anwesenheit des wirksam unterbevollmächtigten Verteidigers des Betr. verkündet wurde, endete die Wochenfrist des § 341 I StPO zur Einlegung der Zulassungsrechtsbeschwerde hier gemäß §§ 73 III, 79 IV [letzter Halbs.] i.V.m. § 80 III Satz 1 OWiG ohne weiteres bereits mit Ablauf des 06.06.2017 (vgl. schon OLG Bamberg, Beschluss vom 29.05.2006 – 3 Ss OWi 430/06 = NStZ 2007, 180; ferner u.a. Göhler-Seitz/Bauer OWiG 17. Aufl. § 73 Rn. 26 f. u. § 79, Rn. 30a, jeweils m.w.N.), so dass die Einlegung der Rechtsbeschwerde erst am 21.06.2017 verspätet erfolgte. Dies verkennt die Verteidigung, wenn sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen und noch nach Gewährung von Akteneinsicht durch den Senat irrig von einem mit ihrem Rechtsmittel angefochtenen „Abwesenheitsurteil“ auszugehen scheint.

2. Eine Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die voraussetzt, dass der Betroffene ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO), kommt nicht in Betracht, weil das Gesuch bereits unzulässig ist.

a) Der Antrags auf Wiedereinsetzung ist nicht nur binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 I Satz 1 StPO), vielmehr handelt es sich bei den für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlichen Angaben ebenso wie hinsichtlich ihrer Glaubhaftmachung um Zulässigkeitsvoraussetzungen des Antrags (vgl. zuletzt nur BGH, Beschluss vom 12.07.2017 - 1 StR 240/17 [bei juris] m.w.N.). Darzulegen und glaubhaft zu machen sind folglich auch diejenigen Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Antragsteller ohne eigenes Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten. Dazu gehört der Vortrag eines Lebenssachverhalts, der das fehlende Verschulden an der Säumnis belegt und Alternativen ausschließt, die der Wiedereinsetzung sonst entgegenstehen (BGH a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 60. Aufl. § 45 Rn. 5, jeweils m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen genügt das Wiedereinsetzungsgesuch allerdings schon deshalb nicht, weil die Ausführungen der Verteidigung nicht erkennen lassen, dass der Betroffene sie überhaupt mit der Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil des AG vom 30.05.2017 beauftragt und die Verteidigung dem Betr. gegenüber dies auch zugesagt hatte, was aber für eine unverschuldete Säumnis des Betr. erste und unabdingbare Voraussetzung wäre (st.Rspr.; vgl. neben BGH a.a.O u.a. BGH, Beschluss vom 14.01.2015 - 1 StR 573/14 = NStZ-RR 2015, 145, 146; BGH, Beschluss vom 23.09.2015 – 4 StR 364/15 = NStZ 2017, 172 = AnwBl 2016, 73 und schon BGH, Beschluss vom 05.08.2008 – 5 StR 319/08 = NStZ-RR 2009, 375 = StraFo 2008, 431; siehe zuletzt auch schon OLG Bamberg, Beschluss vom 23.03.2017 – 3 Ss OWi 330/17 [bei juris] und BGH, Beschluss vom 13.07.2017 – 1 StR 283/17 = StraFo 2017, 418; BeckOK/Cirener StPO [27. Edit.] § 44 Rn. 24a m.w.N.).

3. Da Wiedereinsetzung nicht gewährt werden kann, ist die erst am 21.06.2017 und damit nach Ablauf der Wochenfrist eingegangene Zulassungsrechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. […]

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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1
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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.