Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 135/15
vom
26. November 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2015 beschlossen
:
Der Antrag des Verurteilten vom 12. Oktober 2015 wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Der Senat hat ein als Revision ausgelegtes, am 13. Januar 2015 erhobenes Rechtsmittel des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. Juni 2012 mit Beschluss vom 30. April 2015 gemäß § 349 Abs. 1 StPO ebenso als unzulässig verworfen wie einen zugleich gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision. Nach Eingang mehrerer Schreiben des Verurteilten vom 13., 18. und 23. Juni 2015 hat die Rechtspflegerin des Bundesgerichtshofs diesen unter dem Datum vom 30. Juni 2015 darauf hingewiesen, dass das Strafverfahren durch den Verwerfungsbeschluss des Senats rechtskräftig abgeschlossen und eine Beschwerde gegen diesen Beschluss nicht zulässig ist.
2
Ein weiteres Schreiben des Verurteilten vom 31. Juli 2015 hat der Senat als Gegenvorstellung ausgelegt (§ 300 StPO), diesen Rechtsbehelf aber mit Beschluss vom 2. September 2015 zurückgewiesen. Der Verurteilte hat mit Datum vom 12. Oktober 2015 ein Schreiben eingereicht, das mit „Erneute Gegen- vorstellung zum Beschluss vom 02.09.2015“ überschrieben ist. Die Rechtspfle- gerin des Bundesgerichtshofs hat den Verurteilten durch Schreiben vom 3. November 2015 erneut darüber unterrichtet, dass das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist und auch die Gegenvorstellung dem Senat keine Veranlassung gegeben hat, seine Entscheidung vom 30. April 2015 zu ändern.
3
Nachfolgend haben zwei weitere Schreiben des Verurteilten den Bundesgerichtshof erreicht. In dem unter dem Datum vom 3. November 2015 verfassten Schreiben nimmt der Verurteilte Bezug auf mehrere seiner früheren Eingaben aus dem Juni 2015 und führt hinsichtlich des Beschlusses des Senats vom 2. September 2015 aus, er habe bereits gerügt, dass den von ihm gemachten Angaben nicht weiter nachgegangen worden sei. „Diese Textauszüge können sicher als Anträge nach § 356a StPO und auf Wiedereinsetzung ausge- legt werden“.

I.


4
Unter keinem möglichen, der Auslegung gemäß § 300 StPO zugänglichen Aspekt liegt in dem Antrag vom 12. Oktober 2015 ein zulässiger Rechtsbehelf. Er war daher kostenpflichtig (BGH, Beschluss vom 8. Juli 2013 – 1 StR 557/12) zurückzuweisen.
5
1. Soweit der Verurteilte eine Anhörungsrüge nach § 356a StPO gegen den Beschluss des Senats vom 30. April 2015 erheben wollte, wäre diese unzulässig. Der Antrag wahrt weder die Frist aus § 356a Satz 2 StPO noch genügt er § 356a Satz 3 StPO. Sollte der Antrag gemäß § 356a StPO auf die Entscheidung des Senats vom 2. September 2015 über die Gegenvorstellung bezogen sein, wäre er unzulässig, weil das Gesetz die Anhörungsrüge lediglich auf die Entscheidung über die Revision bezieht. Es kommt wegen der Unzulässigkeit beider möglicher Anhörungsrügen daher nicht mehr darauf an, dass der Vorwurf der Gehörsverletzung auch in der Sache unzutreffend ist.
6
2. a) Sollte mit dem Schreiben vom 12. Oktober 2015 eine erneute Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. Juni 2012 begehrt werden, wäre der Antrag ebenfalls unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können die Voraussetzungen des § 44 Satz 1 StPO nicht vorliegen, wenn der die Wiedereinsetzung begehrende Rechtsmittelführer von einem befristeten Rechtsbehelf bewusst keinen Gebrauch macht (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 31. Juli 2012 – 4 StR 238/12, NStZ 2012, 652 und vom 20. August 2013 – 1 StR 305/13, NStZ-RR 2013, 381, 382 mwN); das ist sowohl bei einem bloßen Verstreichenlassen der Rechtsmittelfrist (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2012 – 4 StR 238/12, NStZ 2012, 652) als auch bei einer Rücknahme des Rechtsmittels (BGH, Beschluss vom 20. August 2013 – 1 StR 305/13, NStZ-RR 2013, 381 f.) und bei wirksamem Rechtsmittelverzicht (etwa BGH, Beschluss vom 20. Juni 1997 – 2 StR 275/97, NStZ 1997, 611, 612 mwN) der Fall.
7
Von der Wirksamkeit des am 27. Juni 2012 nach Urteilsverkündung von dem Verurteilten erklärten Rechtsmittelverzichts ist weiterhin auszugehen. Auch aus den dem Senatsbeschluss vom 30. April 2015 nachfolgenden Schreiben des Verurteilten ergibt sich kein ausreichender Anlass dafür, freibeweislich aufzuklären , ob eine Fälschung der Sitzungsniederschrift vorliegt, die allein deren Beweiskraft aus § 274 Satz 1 StPO in Wegfall bringen könnte (§ 274 Satz 2 StPO). Soweit der Verurteilte auf das Schreiben seines früheren Verteidigers vom 16. Juni 2015 abstellt, enthält dieses keine genügenden Anhaltspunkte dafür, um von der Bezeichnung einer konkret behaupteten Fälschung ausgehen zu können. Das Schreiben weist lediglich aus, dass es am 25. Juni 2012 zu einem Verständigungsgespräch zwischen den Verfahrensbeteiligten gekommen sei, bei dem das Gericht „informell“ u.a. für den Fall eines Geständnisses eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und elf Monaten in Aussicht gestellt habe. Dass es nachfolgend entgegen dem Inhalt der Sitzungsniederschrift und des Urteils zu einer informellen Verfahrensabsprache (zur analogen Anwendung von § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO auf informelle Absprachen siehe BGH, Beschluss vom 24. September 2013 – 2 StR 267/13, BGHSt 59, 21, 26 f. Rn. 22 ff.) gekommen sei, behauptet der Verteidiger nicht. Gerade weil das Urteil, soweit es die frühere Mitangeklagte betrifft, auf einer durch Sitzungsniederschrift und Urteil ausgewiesenen formellen Absprache beruht, hätte es der Benennung konkreterer Anhaltspunkte bedurft, um Anlass zu geben, im Wege des Freibeweises der von dem Verurteilten implizit erhobenen Behauptung der Fälschung der Sitzungsniederschrift im Hinblick auf die dortige Beurkundung einer fehlenden Urteilsabsprache bezüglich des Verurteilten nachzugehen.
8
Zusätzliche tatsächliche Anhaltspunkte, die nunmehr eine die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts begründende Verhandlungsunfähigkeit des Verurteilten am 27. Juni 2012 belegen (siehe bereits den Beschluss des Senats vom 30. April 2015 in dieser Sache), enthalten die dem Verwerfungsbeschluss nachfolgenden Schreiben des Verurteilten ebenfalls nicht.
9
b) Soweit das Schreiben vom 12. Oktober 2015 als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist aus § 356a Satz 2 StPO zur Erhebung der Anhörungsrüge gegen den Verwerfungsbeschluss vom 30. April 2015 zu werten wäre (zu dieser Möglichkeit siehe nur BGH, Beschluss vom 13. August 2008 – 1 StR 162/08, wistra 2009, 33, 34 f.; Wohlers in SK-StPO, 4. Aufl., Band VII, § 356a Rn. 9 mwN), wäre er gleichfalls unzulässig. Denn aus ihm ergibt sich die Einhaltung der Anforderungen aus § 45 StPO nicht.
10
Im Hinblick auf das wiederholte Vorbringen des Verurteilten, ein Rechtsbeistand stehe ihm nicht zur Verfügung, weist der Senat darauf hin, dass die Verteidigerbestellung auch für die Durchführung des Anhörungsverfahrens gemäß § 356a StPO fortdauerte (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2005 – 5 StR 269/05, BGHR StPO § 356a Verteidiger 1; Nagel in Radtke/Hohmann, StPO, § 356a Rn. 9).

II.


11
Weitere gleichartige Eingaben des Verurteilten in dieser Sache wird der Senat nicht mehr bescheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2013 – 1 StR 557/13 Rn. 8 mwN).
Graf Jäger Cirener Radtke Bär

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 557/12
vom
8. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
hier: Anhörungsrüge; sofortige Beschwerde
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2013 beschlossen:
Der Antrag des Verurteilten vom 29. Juni 2013 wird als unstatthaft auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Der Senat hat die Revision des Verurteilten durch Beschluss vom 22. Januar 2013 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Seine gegen diesen Beschluss und das Urteil des Landgerichts gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 19. Juni 2013 - 2 BvR 1201/13).
2
Gegen den Senatsbeschluss vom 22. Januar 2013 hatte sich auch eine am 4. März 2013 beim Bundesgerichtshof eingegangene umfangreiche, später noch mehrfach ergänzte Gegenvorstellung des Verurteilten gerichtet, mit der er die Aufhebung dieses Beschlusses und Vollstreckungsaufschub beantragte. Gestützt war dies im Wesentlichen auf die näher ausgeführte Behauptung, das Urteil des Landgerichts und der Beschluss des Senats seien falsch; auch sei Verfahrensrecht in vielfältiger Weise zu seinem Nachteil verletzt worden.
3
Der Senat hat sämtliche Anträge durch Beschluss vom 14. Mai 2013 zurückgewiesen. Dabei hat er u.a. ausgeführt, dass das Vorbringen auch erfolglos bliebe, soweit es - zumindest in Teilen - als Anhörungsrüge (§ 356a StPO) zu werten sei. Abgesehen davon, dass insoweit die entsprechenden formalen Anforderungen (z.B. hinsichtlich der Frist) nicht erfüllt seien, habe der Senat seiner Entscheidung (vom 22. Januar 2013) nichts zu Grunde gelegt, wozu der Angeklagte nicht gehört worden wäre und habe auch sonst rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
4
Nunmehr legt der Verurteilte gegen den Senatsbeschluss vom 14. Mai 2013 „mit einem erneuten Antrag nach § 356aStPO auf Grund mehrerer neuerlichen Gehörsverletzungen sofortige Beschwerde“ ein.
5
Neben teilweiser Wiederholung früheren Vorbringens legt er auch dar, dass und warum dem Beschluss des Senats vom 14. Mai 2013, den er nicht als „Rechtsbescheid“ ansehe, neuerliche Gehörsverletzungen zu Grunde lägen.
6
Ein Antrag, mit dem eine erneute Anhörungsrüge gegen einen Beschluss erhoben wird, durch den eine vorangegangene Anhörungsrüge zurückgewiesen wurde, ist unstatthaft (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 26. April 2011 - 2 BvR 597/11 mwN; BGH, Beschlüsse vom 22. Oktober 2012 - 1 StR 534/11 und vom 5. Dezember 2011 - 1 StR 399/11), ebenso wie (sofortige) Beschwerden gegen Beschlüsse des Bundesgerichtshofs, § 304 Abs. 4 Satz 1 StPO.
7
Schon deshalb bleibt der Antrag erfolglos. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass die Behauptung von Gehörsverletzungen im Zusammenhang mit dem Senatsbeschluss vom 14. Mai 2013 auch sachlich unzutreffend ist.
8
Weitere gleichartige Eingaben des Verurteilten in dieser Sache wird der Senat nicht mehr bescheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2011 - 1 StR 399/11 mwN). Wahl Graf Jäger Cirener Radtke

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 238/12
vom
31. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 31. Juli 2012 gemäß §§ 44, 349
Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 7. März 2012 wird verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier rechtlich zusammentreffender Fälle des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr , jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt, eine Maßregel nach § 69a StGB angeordnet und eine Adhäsionsentscheidung getroffen.
2
Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte durch seine Verteidigerin am 14. März 2012 Revision eingelegt, die er auf die Nichtanordnung seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB beschränkt hat. Am 16. März 2012 hat er – wiederum über seine Verteidigerin – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionseinlegungsfrist beantragt und zugleich erneut Revision, nunmehr beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch insgesamt, eingelegt. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags hat er im Wesentlichen darauf abgestellt, seiner Verteidigerin sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit einer auf die Nichtanordnung einer Maßregel nach § 64 StGB beschränkten Revision nicht bekannt gewesen, was ihm nicht zugerechnet werden könne.
3
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist jedenfalls unbegründet.
4
a) Allerdings hat der Angeklagte innerhalb der Frist des § 341 Abs. 1 StPO keine zulässige Revision eingelegt. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist wirksam, führt aber zu dessen Unzulässigkeit (Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 5, 7; vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 459/10, NStZ-RR 2011, 255), und die Erweiterung einer beschränkt eingelegten Revision ist nur bis zum Ablauf der Revisionseinlegungsfrist wirksam möglich (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1992 – 5 StR 517/92, BGHSt 38, 366).
5
b) Der Angeklagte hatte sich jedoch zunächst – das zeigt auch die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags, mit der er zum Ausdruck bringt, sich letztlich nach wie vor allein gegen die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB zu wenden – bewusst dafür entschieden, den Urteilsspruch im Übrigen von seinem Revisionsangriff auszunehmen; wer aber von einem befristeten Rechtsbehelf bewusst keinen Gebrauch macht, ist nicht im Sinne des § 44 Satz 1 StPO „verhindert, eine Frist einzuhalten“ (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 3 StR 194/12 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn die Verteidigerin wegen Unkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Zulässigkeit und damit die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels falsch eingeschätzt hat; in einer solchen Unkenntnis liegt keine Verhinderung im Sinne des § 44 Satz 1 StPO (BGH, Beschlüsse vom 1. April 2010 – 4 StR 637/09, NStZ-RR 2010, 244; vom 20. September 2005 – 5 StR 354/05, wistra 2006, 28; vom 31. August 2005 – 2 StR 308/05, wistra 2005, 468; vom 10. August2000 – 4 StR 304/00, NStZ 2001, 160).
6
2. Da mithin die Revision nicht zulässig eingelegt wurde, war sie gemäß § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Schmitt Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 305/13
vom
20. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. August 2013 beschlossen
:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Revision
gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom
10. November 1995 und seine Revision gegen dieses Urteil werden
auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

1
Der Angeklagte ist am 10. November 1995 wegen Betruges in 58 Fällen sowie Unterschlagung in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Hiergegen haben der Angeklagte und die Verteidigerin jeweils mit Schreiben vom 13. November 1995, einen Tag später bei Gericht eingegangen, Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 21. November 1995 hat der Angeklagte die Revision zurückgenommen. Die Verteidigerin hat wenige Tage darauf Rücknahme erklärt.
2
Mit Schreiben vom 13. April 2013 hat der Angeklagte erneut Revision gegen das Urteil eingelegt und Wiedereinsetzung beantragt. Zur Begründung trägt er vor, das Urteil beruhe auf einer unzulässigen Absprache. Hierzu zitiert er eine Fundstelle einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. „Man“ habe ihm im Hinblick auf eine versprochene Bewährung ein pauschales Ge- ständnis abgenommen. Der „formlose Deal“ sei „geplatzt“, er habe deswegen Revision eingelegt. Daraufhin sei er damit „bedroht“ worden, bis zur Entschei- dung des Bundesgerichtshofs in Untersuchungshaft bleiben zu müssen, anstatt in den Strafvollzug zu gelangen. Wegen dieser „Drohung“ habe er die Revision zurückgenommen; die Rücknahme sei unwirksam. Die Verteidigerin habe sich damals schon geweigert, die Revision zu begründen.
3
Mit Schreiben vom 12. Juli 2013 hat er weiter ausgeführt, seine Verteidigerin habe ihm immer wieder versichert, wenn er ein pauschales Geständnis ablege, erhalte er eine Bewährungsstrafe. Nach Einlegung der Revision sei er gezielt darüber getäuscht worden, „dass eine Revision erfolgreich ist“. Der Vor- sitzende der Strafkammer und seine Verteidigerin hätten auf ihn eingeredet, es gäbe keinen Ansatz für eine Revisionsbegründung. Die Verteidigerin habe erklärt , das Rechtsmittel nicht begründen zu wollen. Sie habe zudem das Rechtsmittel ohne Vollmacht zurückgenommen. Jahrzehnte später habe er er- fahren, dass sie dafür bekannt sei, Pflichtverteidigungen zu „sammeln“ und nicht zu verteidigen. Mangels qualifizierter Rechtsmittelbelehrung laufe ohnehin keine Frist. Er beantrage daher Wiedereinsetzung hinsichtlich der Revisionsbegründungsfrist.
4
1. Die Revision des Angeklagten ist unzulässig.
5
a) Der Angeklagte hat sein Rechtsmittel wirksam zurückgenommen.
6
Die Zurücknahme der Revision durch den Angeklagten, die sich stets auf das Rechtsmittel des Verteidigers erstreckt - so dass es auf die Frage der ausdrücklichen Ermächtigung zur Rücknahme gemäß § 302 Abs. 2 StPO nicht mehr ankommt (BGH, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 3 StR 562/07 und vom 3. November 2011 - 2 StR 353/11) - ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGH, Beschluss vom 16. März 2010 - 4 StR 572/09).
7
Schwerwiegende Willensmängel, für die die Rechtsprechung Ausnahmen von diesem Grundsatz in besonderen Fällen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1999 - 5 StR 714/98, BGHSt 45, 51, 53; Beschluss vom 20. April 2004 - 5 StR 11/04, NJW 2004, 1885) anerkennt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Tatsachenvortrag des Angeklagten belegt keine Täuschung oder sonst eine Einwirkung des Gerichts mit unlauteren Mitteln auf seine Rücknahmeentscheidung. Der Hinweis des Vorsitzenden auf die bis zur Rechtskraft fortdauernde Untersuchungshaft stellt keine objektiv unrichtige Erklärung dar (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Januar 2001 - 2 StR 500/00, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 22). Da dieser Hinweis zudem schon keine Verknüpfung zwischen einer Haftentlassung und der Rücknahme herstellte , kommt es auf die Frage einer eklatant sachwidrigen Abhängigkeit nicht mehr an (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 20. April 2004 - 5 StR 11/04, NJW 2004,

1885).


8
Soweit der Angeklagte in seiner zweiten Eingabe zudem darauf abhebt, er sei über die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels getäuscht worden, behauptet er schon selbst keine Beeinflussung seiner Rücknahmeentscheidung hierdurch. Abweichend vom Schreiben vom 13. April 2013, in dem er die Rücknahme noch als alleinige Folge der Drohung mit der Fortdauer der Untersuchungshaft statt des Strafvollzugs darstellt, behauptet er nunmehr lediglich, seine Entscheidung sei auch durch die Erklärung der Verteidigerin beeinflusst gewesen, sie stehe für eine Revision nicht zur Verfügung.
9
Zwar behauptet der Angeklagte, dem Urteil habe eine unzulässige Absprache zugrunde gelegen. Jedoch liegt schon auf der Grundlage seines Vor- trags ebenfalls keine Beeinflussung der Rechtsmittelrücknahme hierdurch vor. Vielmehr erklärt er, dass er auf das „Platzen des formlosen Deals“ hin über- haupt Revision eingelegt habe. Schon aus diesem Grund geht auch sein Hinweis auf das Fehlen einer qualifizierten Rechtsmittelbelehrung fehl (vgl. zum Erfordernis BGH, Beschluss vom 3. März 2005 - GSSt 1/04, BGHSt 50, 40, 61; zu den Folgen BGH aaO S. 62 und Beschluss vom 1. Juli 2005 - 5 StR 583/03, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 27). Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass der Vortrag des Angeklagten eine unzulässige Absprache nicht trägt. So behauptet er schon nicht, dass ihm das Gericht zu irgendeinem Zeitpunkt eine Strafe bei einem bestimmten Aussageverhalten in Aussicht gestellt habe. Dass seine Verteidigerin in ihm die Erwartung geweckt haben soll, er bekomme eine Bewährungsstrafe, stellt keine Absprache dar. Soweit man seinen Ausführungen noch die Behauptung entnehmen möchte, bei der Haftbefehlsverkündung sei ihm von der Staatsanwältin zugesichert worden , bei einem Geständnis würde er entlassen, so bleibt offen, ob das Tatgericht hierüber Kenntnis hatte. Dies versteht sich nicht von selbst, da dieser Termin noch vor dem als Haftgericht zuständigen Amtsgericht Pforzheim stattfand. Im Übrigen lässt sich den für den Senat im Freibeweis zugänglichen Ak- ten entnehmen, dass der Angeklagte keineswegs ein bloßes „Pauschalgeständnis“ abgelegt hat. Seine geständigen Angaben bei der polizeilichen Ver- nehmung umfassen 32 Seiten. Auch später hat der Angeklagte immer wieder durch umfangreiche schriftliche Eingaben zum Tatvorwurf Stellung genommen. Hierbei hat er sich auch im Rahmen von Haftprüfungsanträgen bzw. - beschwerden zu den Haftverhältnissen erklärt; von der Zusicherung einer Entlassung ist in keinem der zahlreichen Schreiben die Rede.
10
Ein Motivirrtum über die Aussichten des Rechtsmittels ändert an der Unwiderruflichkeit der Rechtsmittelrücknahme nichts (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2004 - 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341).
11
b) Das rechtswirksam zurückgenommene Rechtsmittel kann nicht erneuert werden (BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 1957 - 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; vom 10. September 2009 - 4 StR 120/09, NStZ-RR 2010, 55).
12
2. Auch eine Wiedereinsetzung kommt nach der rechtswirksamen Rücknahme nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2000 - 3 StR 588/99, NStZ-RR 2000, 305 mwN). Eine Frist kann nur derjenige versäumen, der sie einhalten wollte, aber nicht eingehalten hat. Wer von einem befristeten Rechtsbehelf bewusst keinen Gebrauch macht, war nicht im Sinne des § 44 Satz 1 StPO verhindert (BGH, Beschluss vom 10. August 2000 - 4 StR 304/00, NStZ 2001, 160; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 44 Rn. 5).
Raum Graf Cirener
Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 238/12
vom
31. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 31. Juli 2012 gemäß §§ 44, 349
Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 7. März 2012 wird verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier rechtlich zusammentreffender Fälle des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr , jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt, eine Maßregel nach § 69a StGB angeordnet und eine Adhäsionsentscheidung getroffen.
2
Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte durch seine Verteidigerin am 14. März 2012 Revision eingelegt, die er auf die Nichtanordnung seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB beschränkt hat. Am 16. März 2012 hat er – wiederum über seine Verteidigerin – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionseinlegungsfrist beantragt und zugleich erneut Revision, nunmehr beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch insgesamt, eingelegt. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags hat er im Wesentlichen darauf abgestellt, seiner Verteidigerin sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit einer auf die Nichtanordnung einer Maßregel nach § 64 StGB beschränkten Revision nicht bekannt gewesen, was ihm nicht zugerechnet werden könne.
3
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist jedenfalls unbegründet.
4
a) Allerdings hat der Angeklagte innerhalb der Frist des § 341 Abs. 1 StPO keine zulässige Revision eingelegt. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist wirksam, führt aber zu dessen Unzulässigkeit (Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 5, 7; vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 459/10, NStZ-RR 2011, 255), und die Erweiterung einer beschränkt eingelegten Revision ist nur bis zum Ablauf der Revisionseinlegungsfrist wirksam möglich (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1992 – 5 StR 517/92, BGHSt 38, 366).
5
b) Der Angeklagte hatte sich jedoch zunächst – das zeigt auch die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags, mit der er zum Ausdruck bringt, sich letztlich nach wie vor allein gegen die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB zu wenden – bewusst dafür entschieden, den Urteilsspruch im Übrigen von seinem Revisionsangriff auszunehmen; wer aber von einem befristeten Rechtsbehelf bewusst keinen Gebrauch macht, ist nicht im Sinne des § 44 Satz 1 StPO „verhindert, eine Frist einzuhalten“ (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 3 StR 194/12 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn die Verteidigerin wegen Unkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Zulässigkeit und damit die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels falsch eingeschätzt hat; in einer solchen Unkenntnis liegt keine Verhinderung im Sinne des § 44 Satz 1 StPO (BGH, Beschlüsse vom 1. April 2010 – 4 StR 637/09, NStZ-RR 2010, 244; vom 20. September 2005 – 5 StR 354/05, wistra 2006, 28; vom 31. August 2005 – 2 StR 308/05, wistra 2005, 468; vom 10. August2000 – 4 StR 304/00, NStZ 2001, 160).
6
2. Da mithin die Revision nicht zulässig eingelegt wurde, war sie gemäß § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Schmitt Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 305/13
vom
20. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. August 2013 beschlossen
:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Revision
gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom
10. November 1995 und seine Revision gegen dieses Urteil werden
auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

1
Der Angeklagte ist am 10. November 1995 wegen Betruges in 58 Fällen sowie Unterschlagung in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Hiergegen haben der Angeklagte und die Verteidigerin jeweils mit Schreiben vom 13. November 1995, einen Tag später bei Gericht eingegangen, Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 21. November 1995 hat der Angeklagte die Revision zurückgenommen. Die Verteidigerin hat wenige Tage darauf Rücknahme erklärt.
2
Mit Schreiben vom 13. April 2013 hat der Angeklagte erneut Revision gegen das Urteil eingelegt und Wiedereinsetzung beantragt. Zur Begründung trägt er vor, das Urteil beruhe auf einer unzulässigen Absprache. Hierzu zitiert er eine Fundstelle einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. „Man“ habe ihm im Hinblick auf eine versprochene Bewährung ein pauschales Ge- ständnis abgenommen. Der „formlose Deal“ sei „geplatzt“, er habe deswegen Revision eingelegt. Daraufhin sei er damit „bedroht“ worden, bis zur Entschei- dung des Bundesgerichtshofs in Untersuchungshaft bleiben zu müssen, anstatt in den Strafvollzug zu gelangen. Wegen dieser „Drohung“ habe er die Revision zurückgenommen; die Rücknahme sei unwirksam. Die Verteidigerin habe sich damals schon geweigert, die Revision zu begründen.
3
Mit Schreiben vom 12. Juli 2013 hat er weiter ausgeführt, seine Verteidigerin habe ihm immer wieder versichert, wenn er ein pauschales Geständnis ablege, erhalte er eine Bewährungsstrafe. Nach Einlegung der Revision sei er gezielt darüber getäuscht worden, „dass eine Revision erfolgreich ist“. Der Vor- sitzende der Strafkammer und seine Verteidigerin hätten auf ihn eingeredet, es gäbe keinen Ansatz für eine Revisionsbegründung. Die Verteidigerin habe erklärt , das Rechtsmittel nicht begründen zu wollen. Sie habe zudem das Rechtsmittel ohne Vollmacht zurückgenommen. Jahrzehnte später habe er er- fahren, dass sie dafür bekannt sei, Pflichtverteidigungen zu „sammeln“ und nicht zu verteidigen. Mangels qualifizierter Rechtsmittelbelehrung laufe ohnehin keine Frist. Er beantrage daher Wiedereinsetzung hinsichtlich der Revisionsbegründungsfrist.
4
1. Die Revision des Angeklagten ist unzulässig.
5
a) Der Angeklagte hat sein Rechtsmittel wirksam zurückgenommen.
6
Die Zurücknahme der Revision durch den Angeklagten, die sich stets auf das Rechtsmittel des Verteidigers erstreckt - so dass es auf die Frage der ausdrücklichen Ermächtigung zur Rücknahme gemäß § 302 Abs. 2 StPO nicht mehr ankommt (BGH, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 3 StR 562/07 und vom 3. November 2011 - 2 StR 353/11) - ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGH, Beschluss vom 16. März 2010 - 4 StR 572/09).
7
Schwerwiegende Willensmängel, für die die Rechtsprechung Ausnahmen von diesem Grundsatz in besonderen Fällen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1999 - 5 StR 714/98, BGHSt 45, 51, 53; Beschluss vom 20. April 2004 - 5 StR 11/04, NJW 2004, 1885) anerkennt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Tatsachenvortrag des Angeklagten belegt keine Täuschung oder sonst eine Einwirkung des Gerichts mit unlauteren Mitteln auf seine Rücknahmeentscheidung. Der Hinweis des Vorsitzenden auf die bis zur Rechtskraft fortdauernde Untersuchungshaft stellt keine objektiv unrichtige Erklärung dar (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Januar 2001 - 2 StR 500/00, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 22). Da dieser Hinweis zudem schon keine Verknüpfung zwischen einer Haftentlassung und der Rücknahme herstellte , kommt es auf die Frage einer eklatant sachwidrigen Abhängigkeit nicht mehr an (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 20. April 2004 - 5 StR 11/04, NJW 2004,

1885).


8
Soweit der Angeklagte in seiner zweiten Eingabe zudem darauf abhebt, er sei über die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels getäuscht worden, behauptet er schon selbst keine Beeinflussung seiner Rücknahmeentscheidung hierdurch. Abweichend vom Schreiben vom 13. April 2013, in dem er die Rücknahme noch als alleinige Folge der Drohung mit der Fortdauer der Untersuchungshaft statt des Strafvollzugs darstellt, behauptet er nunmehr lediglich, seine Entscheidung sei auch durch die Erklärung der Verteidigerin beeinflusst gewesen, sie stehe für eine Revision nicht zur Verfügung.
9
Zwar behauptet der Angeklagte, dem Urteil habe eine unzulässige Absprache zugrunde gelegen. Jedoch liegt schon auf der Grundlage seines Vor- trags ebenfalls keine Beeinflussung der Rechtsmittelrücknahme hierdurch vor. Vielmehr erklärt er, dass er auf das „Platzen des formlosen Deals“ hin über- haupt Revision eingelegt habe. Schon aus diesem Grund geht auch sein Hinweis auf das Fehlen einer qualifizierten Rechtsmittelbelehrung fehl (vgl. zum Erfordernis BGH, Beschluss vom 3. März 2005 - GSSt 1/04, BGHSt 50, 40, 61; zu den Folgen BGH aaO S. 62 und Beschluss vom 1. Juli 2005 - 5 StR 583/03, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 27). Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass der Vortrag des Angeklagten eine unzulässige Absprache nicht trägt. So behauptet er schon nicht, dass ihm das Gericht zu irgendeinem Zeitpunkt eine Strafe bei einem bestimmten Aussageverhalten in Aussicht gestellt habe. Dass seine Verteidigerin in ihm die Erwartung geweckt haben soll, er bekomme eine Bewährungsstrafe, stellt keine Absprache dar. Soweit man seinen Ausführungen noch die Behauptung entnehmen möchte, bei der Haftbefehlsverkündung sei ihm von der Staatsanwältin zugesichert worden , bei einem Geständnis würde er entlassen, so bleibt offen, ob das Tatgericht hierüber Kenntnis hatte. Dies versteht sich nicht von selbst, da dieser Termin noch vor dem als Haftgericht zuständigen Amtsgericht Pforzheim stattfand. Im Übrigen lässt sich den für den Senat im Freibeweis zugänglichen Ak- ten entnehmen, dass der Angeklagte keineswegs ein bloßes „Pauschalgeständnis“ abgelegt hat. Seine geständigen Angaben bei der polizeilichen Ver- nehmung umfassen 32 Seiten. Auch später hat der Angeklagte immer wieder durch umfangreiche schriftliche Eingaben zum Tatvorwurf Stellung genommen. Hierbei hat er sich auch im Rahmen von Haftprüfungsanträgen bzw. - beschwerden zu den Haftverhältnissen erklärt; von der Zusicherung einer Entlassung ist in keinem der zahlreichen Schreiben die Rede.
10
Ein Motivirrtum über die Aussichten des Rechtsmittels ändert an der Unwiderruflichkeit der Rechtsmittelrücknahme nichts (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2004 - 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341).
11
b) Das rechtswirksam zurückgenommene Rechtsmittel kann nicht erneuert werden (BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 1957 - 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; vom 10. September 2009 - 4 StR 120/09, NStZ-RR 2010, 55).
12
2. Auch eine Wiedereinsetzung kommt nach der rechtswirksamen Rücknahme nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2000 - 3 StR 588/99, NStZ-RR 2000, 305 mwN). Eine Frist kann nur derjenige versäumen, der sie einhalten wollte, aber nicht eingehalten hat. Wer von einem befristeten Rechtsbehelf bewusst keinen Gebrauch macht, war nicht im Sinne des § 44 Satz 1 StPO verhindert (BGH, Beschluss vom 10. August 2000 - 4 StR 304/00, NStZ 2001, 160; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 44 Rn. 5).
Raum Graf Cirener
Radtke Mosbacher

Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

22
Nach dem Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl. 2009 I, S. 2353) ist für informelle Absprachen über das Prozessergebnis kein Raum. Nach dem Zweck des gesetzlichen Ausschlusses eines Rechtsmittelverzichts gemäß § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO muss diese Regelung für informelle Absprachen erst recht gelten (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 27. September 2011 - 1 Ws 381/11, StV 2012, 141, 142 mit Anm. Meyer-Goßner; OLG München, Beschluss vom 17. Mai 2013 - 2 Ws 1149, 1150/12, StV 2013, 495, 499 f. mit Anm. Meyer-Goßner, StV 2013, 614; SK/Frisch, StPO, 4. Aufl., § 302 Rn. 32d; vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 offen gelassen von BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2010 - 5 StR 419/10, NStZ 2011, 473; a.A. Niemöller NStZ 2013, 19, 22).

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 162/08
vom
13. August 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. August 2008 beschlossen
:
Der Antrag des Verurteilten, das Verfahren wegen Verletzung seines
Anspruchs auf rechtliches Gehör in die Lage vor Erlass der
Senatsentscheidung vom 17. Juni 2008 zurückzuversetzen, wird
als unzulässig, sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2
StPO wird als unbegründet, jeweils auf seine Kosten, zurückgewiesen.

Gründe:


I.


1
Zum Verfahrensgang:
2
Mit Beschluss vom 17. Juni 2008 verwarf der Senat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 23. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. Diese Entscheidung ging den Verteidigern des Angeklagten, den Rechtsanwälten Dr. B. - Fachanwalt für Strafrecht - und Mag. W. , am 23. Juni 2008 zu. Wann der Verurteilte vom Verwerfungsbeschluss des Senats Kenntnis erlangt hat, wird nicht mitgeteilt. Dies war jedenfalls vor dem 23. Juli 2008. Denn an diesem Tag legten die Verteidiger namens des Verurteilten beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts München II und den Senatsbeschluss vom 17. Juni 2008 ein. Beanstandet wurde „die Verletzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3, 103 Abs. 1 GG“. Mit Schreiben an Rechtsanwalt W. vom 31. August 2008, das den Verteidigern am 4. August 2008 zuging, teilte der Präsidialrat des Bundesverfassungsgerichts folgendes mit: „Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt, im Hinblick auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde wird Ihnen bezüglich der Frage einer vorherigen Erhebung einer Anhörungsrüge (§ 356a StPO) beim letztinstanzlichen Fachgericht Gelegenheit zur Stellungsnahme gegeben. Auf den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 - (NJW 2005, S. 3059 - veröffentlicht auch unter www.bundesverfassungsgericht.de) wird hingewiesen. Daher ist von einer förmlichen Behandlung der Verfassungsbeschwerde abgesehen worden. Es wird gebeten, die Rechtslage zu überprüfen und gegebenenfalls mitzuteilen, ob die Verfassungsbeschwerde gleichwohl aufrechterhalten wird. Sollte Ihrerseits binnen zwei Monaten keine anderslautende Mitteilung erfolgen, wird hier davon ausgegangen, dass dieses Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht fortgesetzt werden soll. Mit freundlichen Grüßen“
3
Mit Schriftsatz vom 11. August 2008, der am selben Tag beim Bundesgerichtshof einging, beantragten die Verteidiger hinsichtlich des Beschlusses des Senats vom 17. Juni 2008, das Verfahren gemäß § 356a StPO durch Beschluss in die Lage vor der Revisionsentscheidung zurückzuversetzen, da das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt habe.

4
Zur Frage der Einhaltung der Wochenfrist des § 356a S. 2 StPO wird auf das oben zitierte Schreiben des Präsidialrats des Bundesverfassungsgerichts verwiesen und dazu dann ausgeführt: „Der Präsidialrat des Bundesverfassungsgerichts hält die Frage der Verletzung rechtlichen Gehörs durch das letztinstanzliche Fachgericht im Rahmen des Anhörungsverfahrens gemäß § 356a StPO überprüfenswert. Es ist die Verletzung rechtlichen Gehörs möglich. Mit Eingang des Schreibens des Bundesverfassungsgerichts - Präsidialrat - am 04. August 2008 hat der Unterfertigende hiervon Kenntnis erlangt. Zur Glaubhaftmachung wird auf den Eingangsstempel verwiesen, nämlich 04. Aug. 2008. Der Antrag ist somit fristgerecht binnen Wochenfrist gestellt (§ 356a Satz 2 StPO).“
5
Hilfsweise beantragten die Verteidiger in ihrem Schriftsatz vom 11. August 2008 „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 44, 45 StPO, d.h. in die Antragsfrist des § 356a Satz 2 StPO“. Zur Begründung wird vorgetragen: „Sollte das Gericht den Beginn der Wochenfrist nach § 356a Satz 2 StPO entgegen der Rechtsmeinung der anwaltschaftlichen Vertreter des Beschwerdeführers zu einem früheren Zeitpunkt als der Mitteilung des Schreibens des Präsidialrates des Bundesverfassungsgerichts ansetzen, wird vorsorglich anwaltschaftlich versichert, daß weder Rechtsanwalt Dr. B. noch Rechtsanwalt Mag. rer. publ. W. über ein derartiges Wissen resp. Verständnis verfügten , was dem Beschwerdeführer nicht als Verschulden angerechnet werden kann.“

II.


6
Der Antrag auf Zurückversetzung des Verfahrens in die Lage vor der Senatsentscheidung vom 17. Juni 2008 gemäß § 356a Satz 1 StPO ist unzulässig, da verspätet.
7
Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntniserlangung von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu stellen. Dabei geht es nur um die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Verstoß ergibt (BGH, Beschl. vom 9. März 2005 - 2 StR 444/04; 7. März 2006 - 5 StR 362/05 - Rdn. 3; 16. Mai 2006 - 4 StR 110/05 - Rdn. 3). Dies ist hier der Senatsbeschluss vom 17. Juni 2008, der den Verteidigern am 23. Juni 2008 zuging und von dem auch der Verurteilte jedenfalls vor dem 23. Juli 2008 Kenntnis erlangte.
8
Auf das Wissen um die Bedeutung der Einlegung der Gehörsrüge gemäß § 356a StPO als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf das Erfordernis der Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) kommt es nicht an. Das Schreiben des Präsidialrats des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 2008 ist deshalb insoweit ohne Belang.
9
Da die Gehörsrüge nicht innerhalb der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO erhoben wurde, sondern erst am 11. August 2008, ist sie unzulässig.

III.


10
Der - hilfsweise gestellte - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist des § 356a Satz 2 StPO ist unbegründet.
11
Bei der Gehörsrüge handelt es sich um einen außerordentlichen Rechtsbehelf nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens. Im Interesse der Rechtssicherheit muss eine die Rechtskraft durchbrechende Entscheidung gemäß § 356a Satz 1 StPO möglichst bald erfolgen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist des § 356a Satz 2 StPO ist zwar im Grundsatz nicht ausgeschlossen. An die Voraussetzungen fehlenden Verschuldens (§ 44 Satz 1 StPO) an der verspäteten Einlegung des Rechtsbehelfs sind aber hohe Anforderungen zu stellen (zu den strengen Anforderungen bei einer Verfassungsbeschwerde vgl. BVerfG, Beschl. vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 756/07).
12
Im vorliegenden Fall ist die Versäumung der Frist des § 356a StPO Satz 2 nicht unverschuldet.
13
Die Verteidiger tragen nicht vor, dass ihnen oder dem Verurteilten der Rechtsbehelf des mit dem Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3220 ff.) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 in die StPO eingefügten § 356a StPO unbekannt gewesen wäre (anders als in dem dem Beschluss des BGH vom 10. August 2005 - 2 StR 544/04 - zugrunde liegenden Fall). Bei erfahrenen Strafverteidigern ist dies nunmehr (dreieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der Vorschrift) auch kaum noch vorstellbar, wie auch nicht, dass sie die Möglichkeit , diesen Rechtsbehelf einzulegen, nicht mit ihrem Mandanten bespro- chen haben. Dies wird auch nicht behauptet. Die Verteidiger versichern lediglich im Hinblick auf den Hinweis im Schreiben des Präsidialrats des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 2008 zur Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, sie verfügten nicht über ein „derartiges Wissen resp. Verständnis“.
14
Der Verurteilte und seine Verteidiger haben also bewusst auf die - rechtzeitige - Einlegung der Gehörsrüge verzichtet. Dass dies in Unkenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen (Erschöpfung des Rechtswegs) für eine auf die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG gestützte Verfassungsbeschwerde (BVerfG, Beschl. vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05; entsprechend früher schon zu § 33a StPO vgl. Sperlich in Umbach/Clemens/Dollinger BVerfGG 2. Aufl. § 90 Rdn. 115 m.w.N.) geschah, stellt keine Verhinderung im Sinne des § 44 Satz 1 StPO dar (zur entsprechenden Situation bei einer Rechtsprechungsänderung vgl. BGH, Beschl. vom 19. April 2005 - 5 StR 586/04; Graalmann-Scheerer in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 44 Rdn. 53 m.w.N.).
15
Ergänzend bemerkt der Senat:
16
Zwar sind im Strafverfahren schwerwiegende Verteidigerfehler, wie etwa die Unkenntnis von der Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels, die zur Fristversäumung führen, dem Beschuldigten in aller Regel nicht zuzurechnen, denn er ist meist nicht in der Lage, die Rechtskenntnisse des Verteidigers einzuschätzen (vgl. BGH, Beschl. vom 13. Januar 1997 - 4 StR 612/96 - [= BGHSt 42, 365]; vom 26. Juli 1994 - 1 StR 338/94; vom 31. Oktober 1995 - 3 StR 456/95 - [= BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 9]). Dies gilt jedoch nach Auffassung des Senats bei der Frage, ob die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO unverschuldet war, entsprechend § 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG nicht.
17
§ 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG bestimmt hinsichtlich der Versäumung der Monatsfrist gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zur Einlegung und Begründung einer Verfassungsbeschwerde: „Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich“. „Das bedeutet, worauf in BTDrucks. 12/3628 S. 13 ausdrücklich hingewiesen wird, dass eine Verschuldenszurechnung im Verfassungsbeschwerdeverfahren auch für Beschwerdeführer erfolgt, die sich gegen einen strafrechtlichen Schuldvorwurf im Ausgangsverfahren wenden, in welchem nach der Rechtsprechung der Strafgerichte das Verteidigerverschulden nicht zugerechnet wird“ (Schmidt-Bleibtreu in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG § 93 Rdn. 41a).
18
Bei der Gehörsrüge handelt es sich um einen außerordentlichen Rechtsbehelf nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens. Sie ist zwar noch Teil des fachgerichtlichen Verfahrens, da sie zur Entlastung des Bundesverfassungsgerichts den Revisionsgerichten trotz Rechtskraft Gelegenheit geben soll, bei zutreffend vorgetragenen Verstößen gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs selbst Abhilfe zu schaffen (vgl. BVerfG, Beschl. vom 8. Februar 2007 - 2 BvR 2578/06). Weitergehende Überprüfungsmöglichkeiten eröffnet die Gehörsrüge nicht. Befangenheitsanträge sind unstatthaft (vgl. BGH, Beschl. vom 22. November 2006 - 1 StR 180/06 - [= BGHR StPO § 25 Abs. 2 Nach dem letzten Wort 1]; vom 7. August 2007 - 4 StR 142/07). Die ablehnende Entscheidung des Fachgerichts über eine Gehörsrüge kann mangels eigenständiger Beschwer nicht mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden (BVerfG aaO; sowie Beschl. vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07). Die Gehörsrüge stellt sich letztlich als Vorstufe der Verfassungsbeschwerde gegen die Revi- sionsentscheidung auf fachgerichtlicher Ebene dar. Hinsichtlich der Zurechnung eines Verschuldens des Verteidigers kann dann aber nichts anderes gelten als bei der Verfassungsbeschwerde selbst.

IV.


19
Im Übrigen wäre die Gehörsrüge auch unbegründet.
20
Der Senat hat weder Tatsachen noch sonstige Umstände verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen. Der Senat hat das Revisionsvorbringen des Angeklagten in vollem Umfang gewürdigt, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Der Beschwerdeführer wurde gehört, aber nicht erhört. Dass dies in dem Beschluss, mit dem er die Revision des Angeklagten verworfen hat, nicht näher begründet wurde, liegt in der Natur des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 und 3 StPO und gibt daher keinen Hinweis auf die Nichtbeachtung des Sachvortrags des Revisionsführers (BVerfG, Beschl. vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07). Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07 - m.w.N.), auch nicht deswegen, weil der Beschwerdeführer auf den Antrag des Generalbundesanwalts erwidert hatte (BGH, Beschl. vom 22. August 2007 - 1 StR 233/07). Nack Kolz Hebenstreit Elf Sander

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

5 StR 269/05

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 24. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2005

beschlossen:
1. Das Ablehnungsgesuch des Verurteilten gegen die Richter B , H , Dr. R , Dr. B und Sch wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Verurteilten, das Verfahren wegen Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör in die Lage vor Erlass der Senatsentscheidung vom 23. August 2005 zurückzuversetzen, wird zurückgewiesen.
G r ü n d e

I.


Das Landgericht Leipzig hat gegen den Verurteilten wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt. Mit Beschluss vom 23. August 2005 hat der Senat die hiergegen eingelegte Revision des Verurteilten nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Gegen diesen Beschluss hat der Verurteilte mit einem am 12. September 2005 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben seines Verteidigers gemäß § 356a StPO die "Gehörsrüge" erhoben. Gleichzeitig hat er die Richter, die an dem Verwerfungsbeschluss beteiligt waren, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

II.


1. Der Befangenheitsantrag ist unzulässig. Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob nach der Einführung des § 356a StPO durch das
Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 3220) an der Rechtsprechung festgehalten werden kann, nach der Ablehnungsgesuche, die nach Erlass eines Verwerfungsbeschlusses nach § 349 Abs. 2 StPO im Verfahren über eine Gegenvorstellung gestellt werden, als verspätet und damit als unzulässig nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO anzusehen sind, wenn ein (behaupteter ) Gehörsverstoß im Sinne des § 33a StPO (a.F.) nicht festgestellt werden kann (ebenso BGH, NStZ-RR 2005, 173, 174). Der Ablehnungsantrag des Verurteilten ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil in ihm entgegen § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO kein Grund zur Ablehnung angegeben ist. Eine völlig ungeeignete Begründung steht dabei rechtlich einer fehlenden Begründung gleich (BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 2, 7; BGH NStZ 1999, 311; BGH, Beschl. vom 10. Mai 2001 – 1 StR 410/00; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 6. April 1999 – 2 BvR 532/99). So verhält es sich hier: Der Befangenheitsantrag wird zum einen darauf gestützt, dass der Senat die zulässig erhobene und begründete Angeklagtenrevision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen habe, obwohl der Angeklagte die Durchführung einer Revisionshauptverhandlung beantragt hatte. Weil wegen der Antragspraxis des Generalbundesanwalts über Revisionen der Staatsanwaltschaft stets aufgrund einer Revisionshauptverhandlung entschieden werde, sei zu besorgen , „den Richtern sei das Schicksal des Angeklagten gleichgültig.“ Zum anderen wird eine Voreingenommenheit der abgelehnten Richter daraus hergeleitet , dass der Senat entgegen dem letzten Satz in dem genannten Schriftsatz ("Mit Mitteilung der zur Entscheidung berufenen Richter des Senats wird gebeten") es unterlassen habe, vor seiner Entscheidung die Gerichtsbesetzung mitzuteilen. Dieses Vorbringen ist zur Begründung eines Ablehnungsgesuchs ersichtlich völlig ungeeignet. Weder deutet die bei § 349 Abs. 2 StPO übliche Verfahrensweise auf eine Voreingenommenheit gegenüber dem Verurteilten hin, noch ist nachvollziehbar, warum die unterlassene Mitteilung der Senatsbesetzung auf eine Voreingenommenheit der zur Entscheidung berufenen Richter schließen lassen könnte, zumal für das entsprechende Begehren ein – wie auch immer gearteter – sachlicher Grund zu keinem Zeitpunkt erkennbar war und zudem die interne Geschäftsverteilung
des Senats jederzeit bei der Präsidialgeschäftsstelle des Bundesgerichtshofes eingesehen werden kann.
2. Der Antrag nach § 356a StPO ist unbegründet, da der Senat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen hat. Sämtliche Schriftsätze des Verteidigers des Verurteilten lagen dem Senat bei der Beschlussfassung am 23. August 2005 vor. Gegenteiliges wird vom Antragsteller auch nicht behauptet. Dieser meint vielmehr aus dem Umstand, dass der Senat eine Revisionshauptverhandlung nicht durchgeführt und seine Revision verworfen hat und damit seiner Rechtsauffassung nicht gefolgt ist, herleiten zu können, dass der Senat sein Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen haben kann. Hierzu bedarf es keiner weiteren Ausführungen. Der Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO bedurfte keiner weiteren Begründung (vgl. BVerfG – Kammer – NStZ 2002, 487, 488; BGHR StPO § 349 Abs. 2 StPO Verwerfung 7; BGH NStZ 2004, 511). Danach ist die vom Verteidiger des Verurteilten beantragte Fristgewährung gegenstandslos , da die Anträge zu Ziffern 1 und 2 erfolglos bleiben. Ebenso ist der Antrag des Verurteilten auf Aufhebung, hilfsweise Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegenstandslos, da das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 26. Januar 2004 mit Erlass des Senatsbeschlusses vom 23. August 2005 in Rechtskraft erwachsen und damit die Untersuchungshaft ohne weiteres in Strafhaft übergegangen ist (vgl. Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 120 Rdn. 15).
3. Der Senat ist an einer abschließenden Beschlussfassung nicht dadurch gehindert, dass die Vorsitzende den Antrag, Rechtsanwalt M dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beizuordnen, abgelehnt hat. Diese Entscheidung war zutreffend. Dem Angeklagten war bereits im Strafverfahren Rechtsanwältin L als Verteidigerin beigeordnet. Die Rechtswirkung der Verteidigerbestellung dauert für Nachtragsentscheidungen fort (vgl. BGHR StPO § 357 Entscheidung 2; Laufhütte in KK 5. Aufl.
§ 141 StPO Rdn. 10), so auch für das Verfahren nach § 356a StPO. Neben der bereits bestellten Verteidigerin dem Angeklagten einen weiteren Verteidiger zu bestellen, war hier nicht geboten.
Schließlich bestand auch kein Anlass, dem Verlangen des Verurteilten zu entsprechen, ihm nach § 24 Abs. 3 Satz 2 StPO die zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen. Sinn und Zweck der Norm ist es, nach Geltendmachung zulässiger Ablehnungsgründe diese gegebenenfalls auch auf denjenigen Richter erstrecken zu können, der nach § 27 StPO berufen ist, über eine nicht als unzulässig verworfene Richterablehnung ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden. Eine Mitteilungspflicht besteht danach nicht, wenn die Ablehnung bereits – wie hier – nach § 26a StPO ohne Ausscheiden der abgelehnten Richter (§ 26a Abs. 2 Satz 1 StPO) als unzulässig verworfen wird.
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Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.