Bundesfinanzhof Beschluss, 25. März 2011 - II B 141/10

bei uns veröffentlicht am25.03.2011

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), die entstandenen Säumniszuschläge zur Erbschaftsteuer über den bereits erfolgten Teilerlass hinaus in vollem Umfang zu erlassen, durch Bescheid vom 9. Juni 2009 ab und wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 14. September 2009 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers, einem Steuerberater, ausweislich des von diesem datierten, unterzeichneten und an das FA zurückgesandten Empfangsbekenntnisses am 15. September 2009 zugestellt.

2

Mit dem an das FA gerichteten Schreiben vom 16. Oktober 2009, das den Eingangsstempel von diesem Tag erhielt, beantragte der Kläger persönlich erneut den Erlass der Säumniszuschläge. Mit ebenfalls an das FA gerichtetem Schreiben vom 13. November 2009 beantragte der Kläger "nunmehr im Klageweg", ihm die Hälfte der seit 9. Juli 2007 aufgelaufenen Säumniszuschläge zu erlassen. Ferner erhob der Kläger Klage wegen Erbschaftsteuer.

3

Das Finanzgericht (FG) wies diese Klagen nach Verfahrensverbindung ab. Die auf Erlass der Säumniszuschläge gerichtete Klage sah das FG wegen Versäumung der Klagefrist von einem Monat als unzulässig an. Die zulässigerweise dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellte Einspruchsentscheidung sei dem Bevollmächtigten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 15. September 2009 zugegangen und gelte gemäß § 122 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) als am 17. September 2009 bekanntgegeben. Die Klagefrist von einem Monat sei daher beim Eingang des Schreibens vom 13. November 2009 bereits abgelaufen gewesen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Das Schreiben vom 16. Oktober 2009 könne nicht als Klage gewertet werden.

4

Der Kläger macht mit der auf die Abweisung der Klage wegen des Erlasses der Säumniszuschläge beschränkten Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision geltend, das FG habe die Klage zu Unrecht als unzulässig angesehen. Das Schreiben vom 16. Oktober 2009 an das FA sei als Klage auszulegen und dem FA innerhalb der Klagefrist zugegangen. Da die Einspruchsentscheidung nach § 122 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 AO erst am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, mithin am 17. September 2009, als dem Kläger zugegangen gelte, sei die Klagefrist erst am 19. Oktober 2009, einem Montag, abgelaufen.

5

Das FA vertritt die Auffassung, die Klagefrist habe mit Ablauf des 15. September 2009 geendet, so dass das Schreiben vom 16. September 2009 nicht innerhalb der Frist eingegangen sei.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

7

Es liegt zwar ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor, wenn das FG zu Unrecht durch Prozess- anstatt durch Sachurteil entschieden und dadurch auch den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. August 2010 X S 20/10 (PKH), BFH/NV 2011, 49, und vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, jeweils m.w.N.).

8

Ein solcher Verfahrensmangel ist im Streitfall aber nicht gegeben. Selbst wenn das Schreiben des Klägers vom 16. Oktober 2009 als gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 FGO beim FA angebrachte Klage zu verstehen sein sollte, wurde die Klagefrist, die gemäß § 47 Abs. 1 FGO einen Monat beträgt und mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beginnt, nicht gewahrt.

9

Die vom FA nach § 122 Abs. 5 Satz 1 AO angeordnete Zustellung der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2009 richtete sich gemäß § 122 Abs. 5 Satz 2 AO nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG). Zum Nachweis der vom FA nach § 2 Abs. 3 Satz 1 VwZG gewählten Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 5 VwZG), genügte gemäß § 5 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 VwZG das vom seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers, einem Steuerberater, mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis. Die Zustellung an den Bevollmächtigten mit Wirkung für den Kläger beruhte auf § 122 Abs. 1 Satz 3 AO i.V.m. § 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 AO und § 7 Abs. 1 Satz 1 VwZG. Die vom FG und vom Kläger angeführte Vorschrift des § 122 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 AO ist bei einer Zustellung durch Empfangsbekenntnis nicht anwendbar; sie betrifft lediglich die Übermittlung schriftlicher Verwaltungsakte durch die Post ohne förmliche Zustellung.

10

Die Klagefrist begann somit mit Ablauf des 15. September 2009, an dem der Bevollmächtigte des Klägers das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hatte (vgl. BFH-Urteil vom 31. Oktober 2000 VIII R 14/00, BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156), und endete nach § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alternative 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des 15. Oktober 2009. Das Schreiben vom 16. Oktober 2009 ist erst danach beim FA eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Klagefrist (§ 56 Abs. 1 FGO) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 56


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 47


(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 187 Veröffentlichung der Benachrichtigung


Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 80 Bevollmächtigte und Beistände


(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt; sie ermächtigt nicht z

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 54


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts oder der Entscheidung oder mit dem Zeitpunkt, an dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 5 Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis; elektronische Zustellung


(1) Bei der Zustellung durch die Behörde händigt der zustellende Bedienstete das Dokument dem Empfänger in einem verschlossenen Umschlag aus. Das Dokument kann auch offen ausgehändigt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Empfängers entgeg

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 7 Zustellung an Bevollmächtigte


(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte best

Zivilprozessordnung - ZPO | § 188 Zeitpunkt der öffentlichen Zustellung


Das Schriftstück gilt als zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist. Das Prozessgericht kann eine längere Frist bestimmen.

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 2 Allgemeines


(1) Zustellung ist die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der in diesem Gesetz bestimmten Form. (2) Die Zustellung wird durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post), einen nach § 17 des De-Mail-Gesetzes akkredi

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit Bescheid vom 9. September 1994 Schenkungsteuer in Höhe von 40.451 DM fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung (AdV), die das FA ablehnte. Die nach einer Teilzahlung verbliebene Schenkungsteuerforderung in Höhe von 29.796 DM wurde zum 4. Juli 1995 mit dem Einkommensteuerguthaben 1993 verrechnet.

2

Am 26. bzw. 30. Oktober 1995 beantragte der Kläger beim Finanzgericht (FG) eine AdV des Schenkungsteuerbescheids. Das FA setzte am 27. März 2001 die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids in Höhe von 29.796 DM vom Fälligkeitstag an aus. Dadurch erledigte sich das beim FG anhängige AdV-Verfahren.

3

Das Einspruchsverfahren wegen Schenkungsteuer endete mit Ergehen des Änderungsbescheids vom 1. Oktober 2004, in dem die Schenkungsteuer auf 10.655 DM herabgesetzt wurde. Das Schenkungsteuerguthaben von 29.796 DM (15.234,46 €) wurde im Oktober 2004 erstattet.

4

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2004, das im Betreff den geänderten Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004 auswies, beantragte der Kläger Prozesszinsen gemäß § 236 der Abgabenordnung (AO) für die Zeit vom 30. Oktober 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Das FA lehnte im Schreiben vom 26. Oktober 2004 den Antrag auf Zinsfestsetzung nach § 236 AO ab. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war nicht beigefügt.

5

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2004 begehrte der Kläger --unter Hinweis auf den Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004, seinen Antrag auf Zinsabrechnung vom 8. Oktober 2004 und das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004-- eine Zinsfestsetzung für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Zur Begründung führte er unter Darstellung des Sachverhalts aus, dass das Einkommensteuerguthaben mit der Schenkungsteuerforderung verrechnet worden sei, obwohl über die Beschwerde gegen die Ablehnung der AdV des Schenkungsteuerbescheids noch nicht entschieden gewesen sei. Das Einkommensteuerguthaben hätte somit erstattet werden müssen. Da eine Erstattung erst im Jahr 2004 erfolgt sei, sei das Einkommensteuerguthaben auch gemäß § 233a AO zu verzinsen. Eine Verzinsung sei jedoch lediglich für die Zeit vom 1. April 1995 bis zum 30. Juni 1995 erfolgt.

6

Das FA lehnte den Antrag auf Zinsfestsetzung vom 23. November 2004 im Schreiben vom 3. Mai 2005 ab. Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

7

Am 28. Juni 2005 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 23. November 2004 und das Schreiben des FA vom 3. Mai 2005 die Verzinsung des Einkommensteuerguthabens 1993 von 15.234,46 € (29.796 DM) für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Mit Bescheid vom 21. Juli 2005 lehnte das FA die Festsetzung von Zinsen mit der Begründung ab, dass Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 1993 nach § 233a AO festgesetzt worden seien und eine weiter gehende Zinsfestsetzung nach den Vorschriften der AO nicht in Betracht komme. Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

8

Mit der am 26. April 2007 beim FG eingegangenen Klage beantragte der Kläger, den Bescheid vom 21. Juli 2005 aufzuheben und das FA zu verpflichten, weitere Zinsen in Höhe von 8.426 € festzusetzen. Hilfsweise stellte er den Antrag festzustellen, dass es sich bei den Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 und vom 3. Mai 2005 nicht um Verwaltungsakte handelt. Die Klage wurde mangels eines Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen. Das FG behandelte das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 als Klagegegenstand und legte dieses als Verwaltungsakt aus. Demgegenüber wurden weder die Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 und vom 28. Juni 2005 noch der Einspruch vom 18. August 2005 als Einsprüche gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2004 verstanden. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage war nach Auffassung des FG ebenfalls unzulässig, weil es insoweit an einem Feststellungsinteresse des Klägers gefehlt habe.

9

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Verfahrensfehler und Divergenz geltend.

10

Das FA beantragt, die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen statt durch Sachurteil zu entscheiden. Hierin liegt ein Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

12

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 2009 VI B 44/09, BFH/NV 2009, 1822). In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt (vgl. BFH-Beschluss vom 23. April 2009 X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443, m.w.N.).

13

2. Im Streitfall hat das FG die Klage rechtsfehlerhaft als unzulässig abgewiesen, weil es das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 unzutreffend nicht als Einspruch gegen das als Ablehnungsbescheid gewertete Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 ausgelegt und deshalb entschieden hat, für die Klage fehle es nach § 44 FGO an einem Vorverfahren.

14

a) Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass Klagegegenstand --abweichend vom ausdrücklich gestellten Antrag des Klägers-- nicht der Bescheid des FA vom 21. Juli 2005 ist, sondern --entsprechend dem auf die Festsetzung von Prozesszinsen (§ 236 AO) gerichteten Klageziel des Klägers-- das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004, das vom FG als verbindliche Ablehnung einer Festsetzung von Prozesszinsen ausgelegt wurde. Soweit der Kläger als Verfahrensfehler rügt, das FG habe den Sachverhalt entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht vollständig berücksichtigt, weil im Bescheid vom 21. Juli 2005 eine "weitergehende" Zinsfestsetzung, also auch eine solche nach § 236 AO abgelehnt worden sei, kann das Urteil nicht darauf beruhen. Denn der gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 eingelegte Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 zurückgewiesen. Die am 26. April 2007 beim FG eingegangene Klage wäre, wenn sie sich gegen diese Einspruchsentscheidung gerichtet hätte, verspätet gewesen (vgl. § 47 Abs. 1 FGO) und damit unzulässig. Mit der Einspruchsentscheidung hat das FA nach § 367 Abs. 1 AO insgesamt über den vom Kläger eingelegten Einspruch vom 18. August 2005 entschieden. Die Möglichkeit, vorab über Teile des Einspruchs zu entscheiden, wurde erst mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 eingeführt (vgl. § 367 Abs. 2a AO i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28). Ein noch offener Einspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 wäre deshalb zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr beim FA anhängig gewesen.

15

Aus diesem Grund ist es nicht zu beanstanden, dass das FG als Klagegegenstand den Bescheid vom 26. Oktober 2004 angesehen hat.

16

b) Dem FG ist auch darin zu folgen, dass das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 als verbindliche Ablehnung einer Festsetzung von Prozesszinsen auszulegen war.

17

Die Auslegung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung einer Behörde bestimmt sich maßgeblich danach, wie der Adressat nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2008 IX R 64/06, BFH/NV 2008, 1676). Maßgebend ist ein "objektiver Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96). Dies gilt auch für die Frage, ob einer Erklärung Regelungscharakter zukommt. Nicht entscheidend ist, was die Finanzbehörde mit ihrer Entscheidung gewollt hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96, m.w.N.).

18

Nach dem objektiven Erklärungsinhalt konnte der Kläger das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 dahin verstehen, dass damit sein Antrag auf Festsetzung von Prozesszinsen rechtsverbindlich abgelehnt wird. Dies ergibt sich daraus, dass ausdrücklich dem Antrag auf Zinsabrechnung nicht entsprochen und hierfür eine ausführliche Begründung gegeben wurde. Anhaltspunkte dafür, dass das Schreiben vom 26. Oktober 2004 eine lediglich unverbindliche Stellungnahme des FA sein könnte, sind nicht ersichtlich. Dem Schreiben war zwar keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung führt aber nur dazu, dass sich die Einspruchsfrist nach § 356 Abs. 2 AO verlängert.

19

c) Entgegen der Auffassung des FG ist jedoch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 als Einspruch gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2004 auszulegen.

20

Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Dies gilt auch für Erklärungen rechtskundiger Personen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 23/04, BFH/NV 2005, 325). Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1676). Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 325).

21

Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 als Einspruch auszulegen. Aus der Bezugnahme auf den Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004, den Antrag auf Zinsabrechnung vom 8. Oktober 2004 und das Schreiben vom 26. Oktober 2004 sowie aus dem Inhalt des Schreibens vom 23. November 2004 wird hinreichend deutlich, dass der Kläger weiterhin Zinsen für die verspätete Auszahlung des Guthabens von 15.234,46 € (29.796 DM) begehrt. Dem Schreiben kann nicht entnommen werden, dass ausschließlich eine Verzinsung gemäß § 233a AO beansprucht werden soll. Der Kläger verlangt vielmehr "auch" eine Verzinsung nach § 233a AO. Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Zinszeitraumes (ab 1. Juli 1995) können die Ausführungen im Schreiben vom 23. November 2004 dahin verstanden werden, dass nach Auffassung des Klägers mehrere Rechtsgrundlagen für den geltend gemachten Zinsanspruch in Frage kommen. Die Auslegung des Schreibens als Einspruch entspricht daher dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9. November 2005 I R 10/05, BFH/NV 2006, 750, m.w.N.).

22

Da das FA über diesen Einspruch ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht in angemessener Frist entschieden hat, war die Klage gemäß § 46 Abs. 1 FGO abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig.

23

3. Der Senat hält es für angebracht, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Damit erhält das FG die Gelegenheit, bezüglich der streitigen Zinsen eine Sachentscheidung zu treffen.

(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Dies gilt für die Verpflichtungsklage sinngemäß, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(2) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder den Beteiligten bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist, innerhalb der Frist angebracht oder zu Protokoll gegeben wird. Die Behörde hat die Klageschrift in diesem Fall unverzüglich dem Gericht zu übermitteln.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß bei einer Klage, die sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, wenn sie bei der Stelle angebracht wird, die zur Erteilung des Steuerbescheids zuständig ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Zustellung ist die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der in diesem Gesetz bestimmten Form.

(2) Die Zustellung wird durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post), einen nach § 17 des De-Mail-Gesetzes akkreditierten Diensteanbieter oder durch die Behörde ausgeführt. Daneben gelten die in den §§ 9 und 10 geregelten Sonderarten der Zustellung.

(3) Die Behörde hat die Wahl zwischen den einzelnen Zustellungsarten. § 5 Absatz 5 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Bei der Zustellung durch die Behörde händigt der zustellende Bedienstete das Dokument dem Empfänger in einem verschlossenen Umschlag aus. Das Dokument kann auch offen ausgehändigt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Empfängers entgegenstehen. Der Empfänger hat ein mit dem Datum der Aushändigung versehenes Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Der Bedienstete vermerkt das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des auszuhändigenden Dokuments oder bei offener Aushändigung auf dem Dokument selbst.

(2) Die §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung sind anzuwenden. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken:

1.
im Fall der Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen nach § 178 der Zivilprozessordnung der Grund, der diese Art der Zustellung rechtfertigt,
2.
im Fall der Zustellung bei verweigerter Annahme nach § 179 der Zivilprozessordnung, wer die Annahme verweigert hat und dass das Dokument am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde sowie der Zeitpunkt und der Ort der verweigerten Annahme,
3.
in den Fällen der Ersatzzustellung nach den §§ 180 und 181 der Zivilprozessordnung der Grund der Ersatzzustellung sowie wann und wo das Dokument in einen Briefkasten eingelegt oder sonst niedergelegt und in welcher Weise die Niederlegung schriftlich mitgeteilt wurde.
Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, niedergelegt werden, wenn diese Behörde ihren Sitz am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts hat, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt.

(3) Zur Nachtzeit, an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen darf nach den Absätzen 1 und 2 im Inland nur mit schriftlicher oder elektronischer Erlaubnis des Behördenleiters zugestellt werden. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr. Die Erlaubnis ist bei der Zustellung abschriftlich mitzuteilen. Eine Zustellung, bei der diese Vorschriften nicht beachtet sind, ist wirksam, wenn die Annahme nicht verweigert wird.

(4) Das Dokument kann an Behörden, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, an Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Berufsausübungsgesellschaften im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und des Steuerberatungsgesetzes, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften auch auf andere Weise, auch elektronisch, gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.

(5) Ein elektronisches Dokument kann im Übrigen unbeschadet des Absatzes 4 elektronisch zugestellt werden, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Es ist elektronisch zuzustellen, wenn auf Grund einer Rechtsvorschrift ein Verfahren auf Verlangen des Empfängers in elektronischer Form abgewickelt wird. Für die Übermittlung ist das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen und gegen unbefugte Kenntnisnahme Dritter zu schützen.

(6) Bei der elektronischen Zustellung ist die Übermittlung mit dem Hinweis „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ einzuleiten. Die Übermittlung muss die absendende Behörde, den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten sowie den Namen des Bediensteten erkennen lassen, der das Dokument zur Übermittlung aufgegeben hat.

(7) Zum Nachweis der Zustellung nach den Absätzen 4 und 5 genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an die Behörde durch die Post oder elektronisch zurückzusenden ist. Ein elektronisches Dokument gilt in den Fällen des Absatzes 5 Satz 2 am dritten Tag nach der Absendung an den vom Empfänger hierfür eröffneten Zugang als zugestellt, wenn der Behörde nicht spätestens an diesem Tag ein Empfangsbekenntnis nach Satz 1 zugeht. Satz 2 gilt nicht, wenn der Empfänger nachweist, dass das Dokument nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Der Empfänger ist in den Fällen des Absatzes 5 Satz 2 vor der Übermittlung über die Rechtsfolgen nach den Sätzen 2 und 3 zu belehren. Zum Nachweis der Zustellung ist von der absendenden Behörde in den Akten zu vermerken, zu welchem Zeitpunkt und an welchen Zugang das Dokument gesendet wurde. Der Empfänger ist über den Eintritt der Zustellungsfiktion nach Satz 2 zu benachrichtigen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt; sie ermächtigt nicht zum Empfang von Steuererstattungen und Steuervergütungen. Ein Widerruf der Vollmacht wird der Finanzbehörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht; Gleiches gilt für eine Veränderung der Vollmacht.

(2) Bei Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3 und 4 Nummer 11 des Steuerberatungsgesetzes, die für den Steuerpflichtigen handeln, wird eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet. Für den Abruf von bei den Landesfinanzbehörden zum Vollmachtgeber gespeicherten Daten wird eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung nur nach Maßgabe des § 80a Absatz 2 und 3 vermutet.

(3) Die Finanzbehörde kann auch ohne Anlass den Nachweis der Vollmacht verlangen.

(4) Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung in seiner Handlungsfähigkeit oder durch eine Veränderung seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben. Der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er für den Rechtsnachfolger im Verwaltungsverfahren auftritt, dessen Vollmacht auf Verlangen nachzuweisen.

(5) Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt, so soll sich die Finanzbehörde an ihn wenden. Sie kann sich an den Beteiligten selbst wenden, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Wendet sich die Finanzbehörde an den Beteiligten, so soll der Bevollmächtigte verständigt werden. Für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten an einen Bevollmächtigten gilt § 122 Absatz 1 Satz 3 und 4.

(6) Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.

(7) Soweit ein Bevollmächtigter geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet, ohne dazu befugt zu sein, ist er mit Wirkung für alle anhängigen und künftigen Verwaltungsverfahren des Vollmachtgebers im Zuständigkeitsbereich der Finanzbehörde zurückzuweisen. Die Zurückweisung ist dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten bekannt zu geben. Die Finanzbehörde ist befugt, andere Finanzbehörden über die Zurückweisung des Bevollmächtigten zu unterrichten.

(8) Ein Bevollmächtigter kann von einem schriftlichen, elektronischen oder mündlichen Vortrag zurückgewiesen werden, soweit er hierzu ungeeignet ist. Dies gilt nicht für die in § 3 Nummer 1, § 4 Nummer 1 und 2 und § 23 Absatz 3 des Steuerberatungsgesetzes bezeichneten natürlichen Personen sowie natürliche Personen, die für eine Landwirtschaftliche Buchstelle tätig und nach § 44 des Steuerberatungsgesetzes berechtigt sind, die Berufsbezeichnung „Landwirtschaftliche Buchstelle“ zu führen. Die Zurückweisung ist dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten bekannt zu geben.

(9) Soweit ein Beistand geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet, ohne dazu befugt zu sein, ist er mit Wirkung für alle anhängigen und künftigen Verwaltungsverfahren des Steuerpflichtigen im Zuständigkeitsbereich der Finanzbehörde zurückzuweisen; Absatz 7 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Ferner kann er vom schriftlichen, elektronischen oder mündlichen Vortrag zurückgewiesen werden, falls er zu einem sachgemäßen Vortrag nicht fähig oder willens ist; Absatz 8 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(10) Verfahrenshandlungen, die ein Bevollmächtigter oder ein Beistand vornimmt, nachdem ihm die Zurückweisung bekannt gegeben worden ist, sind unwirksam.

(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn für alle Beteiligten.

(2) Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind.

(3) Auf § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung beruhende Regelungen und § 183 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts oder der Entscheidung oder mit dem Zeitpunkt, an dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozessordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

Das Schriftstück gilt als zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist. Das Prozessgericht kann eine längere Frist bestimmen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.