Bundesfinanzhof Beschluss, 20. Okt. 2011 - V B 15/11

bei uns veröffentlicht am20.10.2011

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt die Wiederaufnahme eines vor dem Finanzgericht (FG) unter dem Az. X geführten Klageverfahrens, das mit Urteil vom 27. November 2008 rechtskräftig abgeschlossen wurde. Gegenstand des Verfahrens waren u.a. die im Klageverfahren ergangenen Bescheide des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) über die Umsatzsteuer für die Jahre 2005 und 2006 vom 25. Juni 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. November 2008. Die Zustellung des Urteils erfolgte am 18. Dezember 2008 an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin.

2

Mit der am 3. Februar 2010 beim FG eingegangenen Klageschrift beantragte die Klägerin Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Liquidator der Klägerin erst am 10. März 2009 Kenntnis von dem Urteil erlangt habe. Entscheidungserhebliche Urkunden, die erst am 12. März 2009 vom FA an den Liquidator herausgegeben worden seien, habe die Klägerin irrtümlich im Verfahren Y vorgelegt, in dem sich die Klägerin mit am 11. Dezember 2008 beim FG eingegangener Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 4. November 2008 gewandt habe. Der Irrtum sei erst in der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2010 beseitigt worden.

3

Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin habe die Klagefrist gemäß § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 586 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht eingehalten. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, da die Voraussetzungen nicht vorlägen.

4

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend.

5

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

7

1. Die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) liegt nicht vor.

8

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 2005 II B 37/04, BFH/NV 2005, 1116). Daran fehlt es hier. Die von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene Frage, ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, wenn die Versäumung der Frist des § 134 FGO i.V.m. § 586 Abs. 1 ZPO auf einer Verletzung der Hinweispflicht des FG nach § 76 Abs. 2 FGO beruht, ist bereits nicht klärungsfähig.

9

Eine Rechtsfrage ist nur klärungsfähig, wenn sie nach den für den BFH bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) in dem erstrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre und deshalb in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Mai 2009 VI B 84/08,BFH/NV 2009, 1657, und vom 4. Mai 2011 VI B 152/10, nicht veröffentlicht). Die von der Klägerin gestellte Frage nach einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedoch kann im angestrebten Revisionsverfahren nicht entschieden werden, da es bereits an der geltend gemachten Pflichtverletzung des FG fehlt.

10

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin war es nicht Aufgabe des FG, im Rahmen eines Klageverfahrens nach § 40 FGO auf die Möglichkeit einer Restitutionsklage gemäß § 134 FGO i.V.m. § 580 ZPO hinzuweisen. Zwar hat der Vorsitzende im Rahmen seiner richterlichen Prozessförderungs- und Fürsorgepflichten u.a. darauf hinzuwirken, dass sachdienliche Anträge gestellt werden. Der Erfolg der Klage soll nicht an der Rechtsunerfahrenheit der Kläger, zumal in Formsachen, scheitern (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 76 FGO Rz 97). Das Gericht ist deshalb gehalten, durch Hinweise den Weg zu zeigen, wie das erstrebte Prozessziel am wirksamsten und einfachsten erreicht werden kann. Aufgabe des Gerichts ist es jedoch nicht, Rechtsrat und Rechtsauskunft zu geben und neue, weiter gehende Prozessziele anzuregen (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1991 XI R 13/90, BFH/NV 1992, 609, unter II. 2. a; BFH-Beschluss vom 5. Mai 2000 III B 14/00, BFH/NV 2000, 1349). Die Grenze richterlicher Hilfe verläuft dort, wo der Richter, statt auf die äußere "Fassung" des Antrags hinzuwirken, über das Klagebegehren inhaltlich disponiert (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 76 Rz 56).

11

Begehrt der Kläger die Aufhebung bzw. Änderung eines Steuerbescheids und wendet sich nicht gegen ein bereits rechtskräftiges Urteil des FG, so begründet § 76 Abs. 2 FGO nach den Verhältnissen des Streitfalls demnach keine Pflicht des Gerichts, eine Änderung des Klagebegehrens von einer Anfechtungs- bzw. Änderungsklage hin zu einer Restitutionsklage anzuregen. Ein solcher Hinweis müsste zudem vor Ablauf der Notfrist eines Monats gemäß § 586 Abs. 1 ZPO erfolgen. Dies würde insbesondere auch im Hinblick auf den in § 586 Abs. 2 und 3 ZPO geregelten Fristbeginn eine Überspannung der richterlichen Fürsorge- und Hinweispflichten bedeuten.

12

2. Das FG hat bei seiner Entscheidung durch Prozessurteil auch nicht verfahrensfehlerhaft gehandelt.

13

a) Zwar stellt es nach ständiger Rechtsprechung des BFH einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 25. März 2011 II B 141/10, BFH/NV 2011, 1006; vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295; vom 25. August 2010 X S 20/10 (PKH), BFH/NV 2011, 49). Als Verfahrensmangel kann daher auch die fehlerhafte Ablehnung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist gerügt werden (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 78).

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b) Das FG hat jedoch zu Recht entschieden, dass eine Wiedereinsetzung gemäß § 56 FGO in die versäumte Klagefrist nach § 134 FGO i.V.m. § 586 ZPO nicht in Betracht kommt, da die Klägerin nicht ohne Verschulden verhindert war, diese Frist einzuhalten.

15

"Ohne Verschulden" verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist jemand dann, wenn er die für einen gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet hat. Wegen unverschuldeten Rechtsirrtums kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur gewährt werden, wenn sich der Irrtum auf die Frist selbst oder die Form der Fristwahrung bezieht. Irrtümer über das Wesen einer Ausschlussfrist oder über materielles Recht begründen dagegen eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht (BFH-Urteil vom 29. November 2006 VI R 48/05, BFH/NV 2007, 861; BFH-Beschluss vom 12. Juni 2007 VI B 14/07, BFH/NV 2007, 1626). Ebenso wenig rechtfertigen Irrtümer, die sich auf das Verhältnis mehrerer Verfahren zueinander beziehen, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (BFH-Urteil vom 14. März 1989 VIII R 295/84, BFH/NV 1989, 754; BFH-Beschluss vom 8. Mai 1996 X B 166/95, BFH/NV 1996, 771).

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Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

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(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer a

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(1) Die Klagen sind vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben. (2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf

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Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

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Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

(1) Die Klagen sind vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft.

(3) Die Vorschriften des vorstehenden Absatzes sind auf die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder Vertretung nicht anzuwenden; die Frist für die Erhebung der Klage läuft von dem Tag, an dem der Partei und bei mangelnder Prozessfähigkeit ihrem gesetzlichen Vertreter das Urteil zugestellt ist.

(4) Die Vorschrift des Absatzes 2 Satz 2 ist auf die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 nicht anzuwenden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

(1) Die Klagen sind vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft.

(3) Die Vorschriften des vorstehenden Absatzes sind auf die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder Vertretung nicht anzuwenden; die Frist für die Erhebung der Klage läuft von dem Tag, an dem der Partei und bei mangelnder Prozessfähigkeit ihrem gesetzlichen Vertreter das Urteil zugestellt ist.

(4) Die Vorschrift des Absatzes 2 Satz 2 ist auf die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 nicht anzuwenden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind verheiratet und waren im Streitjahr (2005) beide nichtselbständig in A tätig. Anfang September 2005 haben sie einen zuvor bestehenden melderechtlichen Zweitwohnsitz in B in einen Hauptwohnsitz umgemeldet. Dort bewohnen die Kläger am Wochenende und während des Urlaubs eine im Jahr 2001 erworbene Eigentumswohnung. Während der Woche halten sich die Kläger in dem näher an A gelegenen C auf. Dort leben sie in einer 1985 erworbenen Doppelhaushälfte.

2

Die Kläger machten in der Steuererklärung den Abzug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltend. Sie gaben an, dass der Kläger an 158 Tagen sowie die Klägerin an 178 Tagen von C und beide jeweils an 46 Tagen von B zur Arbeit gefahren seien. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erkannte für die Fahrten von B nach A nur die Entfernung von C zu den jeweiligen Arbeitsstätten an. Das FA war der Auffassung, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger in C befunden habe. Sowohl im Einspruchs- als auch im anschließenden Klageverfahren blieben die Kläger erfolglos. Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung damit, dass die Kläger nicht nachgewiesen hätten, dass sich ihr Lebensmittelpunkt in B befunden habe. Daher seien weder Kosten für eine doppelte Haushaltsführung noch Kosten für Fahrten zwischen B und den jeweiligen Arbeitsstätten zu berücksichtigen. Die Revision hat das FG nicht zugelassen. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Beschwerde der Kläger hat --bei Zweifeln an deren Zulässigkeit-- jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) erforderlich.

4

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist (BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 II B 37/04, BFH/NV 2005, 1116). Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es auch, wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist und nicht (erst) in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 6. Mai 2004 V B 101/03, BFHE 205, 416, BStBl II 2004, 748). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, wenn sie nach den für den BFH bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und deshalb in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden könnte (Senatsbeschluss vom 28. Mai 2009 VI B 84/08, BFH/NV 2009, 1657).

5

2. Die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen sind --bei Zweifeln an der ausreichenden Konkretisierung-- jedenfalls in einem späteren Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig bzw. nicht klärungsfähig.

6

a) Die Kläger messen sinngemäß der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei, ob es unter bestimmten Umständen und unter besonderer Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) einen weiteren Mittelpunkt der Lebensinteressen geben könnte. Diese Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, denn sie ist nicht anders zu beantworten, als es das FG konkludent getan hat. Das FG ist davon ausgegangen, dass es nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen geben kann. Dafür spricht bereits der Wortsinn des Begriffs "Mittelpunkt". Auch der BFH ist in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass ein Steuerpflichtiger nur einen Lebensmittelpunkt haben kann, selbst wenn er mehrere Wohnungen innehat (Urteil vom 13. Dezember 1985 VI R 7/83, BFHE 145, 386, BStBl II 1986, 221). Die Kläger haben nicht dargelegt, inwiefern diese Auffassung des BFH in der steuerrechtlichen Literatur oder in der Verwaltung Kritik erfahren haben soll. Die Beschwerdeschrift lässt eine Auseinandersetzung mit der --soweit ersichtlich-- einhelligen Auffassung im Schrifttum vermissen.

7

Auch der Hinweis der Kläger auf den besonderen Schutz der Ehe führt nicht zu einer Klärungsbedürftigkeit. Denn es ist bereits durch den BFH entschieden, dass die familiäre Situation in den Abwägungsprozess der Gesamtwürdigung über den Mittelpunkt der Lebensinteressen als ein Umstand mit einzubeziehen ist. Der Schutz des Art. 6 GG wird jedoch vor allem dann relevant, wenn die Ehegatten unter der Woche in verschiedenen Wohnungen leben. Art. 6 GG soll Benachteiligungen der ehelichen Gemeinschaft verhindern. Wohnen aber beide Ehegatten während der Woche zusammen in einer Wohnung in der Nähe beider Arbeitsstätten, ist der Fall vergleichbar mit einem ledigen Steuerpflichtigen, der zwei Wohnungen innehat. Bei diesem ist aber im Allgemeinen davon auszugehen, dass sein Lebensmittelpunkt in der Wohnung ist, von der er regelmäßig seine Arbeit aufsucht (BFH-Urteil in BFHE 145, 386, BStBl II 1986, 221). Die Übertragung dieser Grundsätze auf Ehegatten, die zwar zwei Wohnungen haben, aber zu jeder Zeit gemeinsam in einer der beiden wohnen, verstößt nicht gegen Art. 6 GG.

8

b) Soweit die Kläger die Anforderungen des FG an die konkrete Beweisführung, insbesondere an die Beweislast, als zu hoch rügen, ist diese Frage in einem späteren Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Die Beweislast und damit zusammenhängend die Anforderungen an den Nachweis bestimmter Tatsachen wären nur klärbar, wenn das FG eine Sachentscheidung nach Beweislastgrundsätzen getroffen hätte (BFH-Beschluss vom 13. Juli 2010 V B 121/09, BFH/NV 2010, 2015). Nur dann beruht das Urteil auf der Frage der Beweislast.

9

Dies ist vorliegend indes nicht geschehen. Denn das FG hat nicht wegen der Unbeweisbarkeit der Verlegung des Lebensmittelpunktes nach B eine Entscheidung getroffen, sondern eine Gesamtwürdigung anhand sämtlicher vorhandener Indizien vorgenommen. Anders als die Kläger meinen, ist es nicht von Anfang an unmöglich, den ersten Anschein, dass der Lebensmittelpunkt in der näher zur Arbeitsstätte gelegenen Wohnung ist, zu widerlegen. Allerdings obliegt es den Steuerpflichtigen, das FG als Tatsacheninstanz davon zu überzeugen, dass wegen der persönlichen Bindungen und anderer besonderer Umstände eine weiter entfernt liegende Wohnung der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist.

10

c) Letztlich wehren sich die Kläger gegen das Ergebnis der Beweiswürdigung des FG. Die Beweiswürdigung gehört jedoch zum materiellen Recht. Allein wegen einer --vermeintlichen-- Verletzung des materiellen Rechts kann jedoch eine Zulassung der Revision nicht erreicht werden.

11

3. Die Revision ist aus demselben Grund auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen. Als spezieller Tatbestand der Grundsatzrevision erfordert dieser Zulassungsgrund ebenfalls, dass die aufgeworfene Rechtsfrage im Streitfall klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (BFH-Beschlüsse vom 27. September 2010 II B 164/09, BFH/NV 2011, 193; vom 15. Dezember 2004 X B 48/04, BFH/NV 2005, 698).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Die Klagen sind vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft.

(3) Die Vorschriften des vorstehenden Absatzes sind auf die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder Vertretung nicht anzuwenden; die Frist für die Erhebung der Klage läuft von dem Tag, an dem der Partei und bei mangelnder Prozessfähigkeit ihrem gesetzlichen Vertreter das Urteil zugestellt ist.

(4) Die Vorschrift des Absatzes 2 Satz 2 ist auf die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 nicht anzuwenden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), die entstandenen Säumniszuschläge zur Erbschaftsteuer über den bereits erfolgten Teilerlass hinaus in vollem Umfang zu erlassen, durch Bescheid vom 9. Juni 2009 ab und wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 14. September 2009 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers, einem Steuerberater, ausweislich des von diesem datierten, unterzeichneten und an das FA zurückgesandten Empfangsbekenntnisses am 15. September 2009 zugestellt.

2

Mit dem an das FA gerichteten Schreiben vom 16. Oktober 2009, das den Eingangsstempel von diesem Tag erhielt, beantragte der Kläger persönlich erneut den Erlass der Säumniszuschläge. Mit ebenfalls an das FA gerichtetem Schreiben vom 13. November 2009 beantragte der Kläger "nunmehr im Klageweg", ihm die Hälfte der seit 9. Juli 2007 aufgelaufenen Säumniszuschläge zu erlassen. Ferner erhob der Kläger Klage wegen Erbschaftsteuer.

3

Das Finanzgericht (FG) wies diese Klagen nach Verfahrensverbindung ab. Die auf Erlass der Säumniszuschläge gerichtete Klage sah das FG wegen Versäumung der Klagefrist von einem Monat als unzulässig an. Die zulässigerweise dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellte Einspruchsentscheidung sei dem Bevollmächtigten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 15. September 2009 zugegangen und gelte gemäß § 122 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) als am 17. September 2009 bekanntgegeben. Die Klagefrist von einem Monat sei daher beim Eingang des Schreibens vom 13. November 2009 bereits abgelaufen gewesen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Das Schreiben vom 16. Oktober 2009 könne nicht als Klage gewertet werden.

4

Der Kläger macht mit der auf die Abweisung der Klage wegen des Erlasses der Säumniszuschläge beschränkten Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision geltend, das FG habe die Klage zu Unrecht als unzulässig angesehen. Das Schreiben vom 16. Oktober 2009 an das FA sei als Klage auszulegen und dem FA innerhalb der Klagefrist zugegangen. Da die Einspruchsentscheidung nach § 122 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 AO erst am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, mithin am 17. September 2009, als dem Kläger zugegangen gelte, sei die Klagefrist erst am 19. Oktober 2009, einem Montag, abgelaufen.

5

Das FA vertritt die Auffassung, die Klagefrist habe mit Ablauf des 15. September 2009 geendet, so dass das Schreiben vom 16. September 2009 nicht innerhalb der Frist eingegangen sei.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

7

Es liegt zwar ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor, wenn das FG zu Unrecht durch Prozess- anstatt durch Sachurteil entschieden und dadurch auch den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. August 2010 X S 20/10 (PKH), BFH/NV 2011, 49, und vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, jeweils m.w.N.).

8

Ein solcher Verfahrensmangel ist im Streitfall aber nicht gegeben. Selbst wenn das Schreiben des Klägers vom 16. Oktober 2009 als gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 FGO beim FA angebrachte Klage zu verstehen sein sollte, wurde die Klagefrist, die gemäß § 47 Abs. 1 FGO einen Monat beträgt und mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beginnt, nicht gewahrt.

9

Die vom FA nach § 122 Abs. 5 Satz 1 AO angeordnete Zustellung der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2009 richtete sich gemäß § 122 Abs. 5 Satz 2 AO nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG). Zum Nachweis der vom FA nach § 2 Abs. 3 Satz 1 VwZG gewählten Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 5 VwZG), genügte gemäß § 5 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 VwZG das vom seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers, einem Steuerberater, mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis. Die Zustellung an den Bevollmächtigten mit Wirkung für den Kläger beruhte auf § 122 Abs. 1 Satz 3 AO i.V.m. § 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 AO und § 7 Abs. 1 Satz 1 VwZG. Die vom FG und vom Kläger angeführte Vorschrift des § 122 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 AO ist bei einer Zustellung durch Empfangsbekenntnis nicht anwendbar; sie betrifft lediglich die Übermittlung schriftlicher Verwaltungsakte durch die Post ohne förmliche Zustellung.

10

Die Klagefrist begann somit mit Ablauf des 15. September 2009, an dem der Bevollmächtigte des Klägers das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hatte (vgl. BFH-Urteil vom 31. Oktober 2000 VIII R 14/00, BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156), und endete nach § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alternative 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des 15. Oktober 2009. Das Schreiben vom 16. Oktober 2009 ist erst danach beim FA eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Klagefrist (§ 56 Abs. 1 FGO) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit Bescheid vom 9. September 1994 Schenkungsteuer in Höhe von 40.451 DM fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung (AdV), die das FA ablehnte. Die nach einer Teilzahlung verbliebene Schenkungsteuerforderung in Höhe von 29.796 DM wurde zum 4. Juli 1995 mit dem Einkommensteuerguthaben 1993 verrechnet.

2

Am 26. bzw. 30. Oktober 1995 beantragte der Kläger beim Finanzgericht (FG) eine AdV des Schenkungsteuerbescheids. Das FA setzte am 27. März 2001 die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids in Höhe von 29.796 DM vom Fälligkeitstag an aus. Dadurch erledigte sich das beim FG anhängige AdV-Verfahren.

3

Das Einspruchsverfahren wegen Schenkungsteuer endete mit Ergehen des Änderungsbescheids vom 1. Oktober 2004, in dem die Schenkungsteuer auf 10.655 DM herabgesetzt wurde. Das Schenkungsteuerguthaben von 29.796 DM (15.234,46 €) wurde im Oktober 2004 erstattet.

4

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2004, das im Betreff den geänderten Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004 auswies, beantragte der Kläger Prozesszinsen gemäß § 236 der Abgabenordnung (AO) für die Zeit vom 30. Oktober 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Das FA lehnte im Schreiben vom 26. Oktober 2004 den Antrag auf Zinsfestsetzung nach § 236 AO ab. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war nicht beigefügt.

5

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2004 begehrte der Kläger --unter Hinweis auf den Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004, seinen Antrag auf Zinsabrechnung vom 8. Oktober 2004 und das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004-- eine Zinsfestsetzung für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Zur Begründung führte er unter Darstellung des Sachverhalts aus, dass das Einkommensteuerguthaben mit der Schenkungsteuerforderung verrechnet worden sei, obwohl über die Beschwerde gegen die Ablehnung der AdV des Schenkungsteuerbescheids noch nicht entschieden gewesen sei. Das Einkommensteuerguthaben hätte somit erstattet werden müssen. Da eine Erstattung erst im Jahr 2004 erfolgt sei, sei das Einkommensteuerguthaben auch gemäß § 233a AO zu verzinsen. Eine Verzinsung sei jedoch lediglich für die Zeit vom 1. April 1995 bis zum 30. Juni 1995 erfolgt.

6

Das FA lehnte den Antrag auf Zinsfestsetzung vom 23. November 2004 im Schreiben vom 3. Mai 2005 ab. Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

7

Am 28. Juni 2005 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 23. November 2004 und das Schreiben des FA vom 3. Mai 2005 die Verzinsung des Einkommensteuerguthabens 1993 von 15.234,46 € (29.796 DM) für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Mit Bescheid vom 21. Juli 2005 lehnte das FA die Festsetzung von Zinsen mit der Begründung ab, dass Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 1993 nach § 233a AO festgesetzt worden seien und eine weiter gehende Zinsfestsetzung nach den Vorschriften der AO nicht in Betracht komme. Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

8

Mit der am 26. April 2007 beim FG eingegangenen Klage beantragte der Kläger, den Bescheid vom 21. Juli 2005 aufzuheben und das FA zu verpflichten, weitere Zinsen in Höhe von 8.426 € festzusetzen. Hilfsweise stellte er den Antrag festzustellen, dass es sich bei den Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 und vom 3. Mai 2005 nicht um Verwaltungsakte handelt. Die Klage wurde mangels eines Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen. Das FG behandelte das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 als Klagegegenstand und legte dieses als Verwaltungsakt aus. Demgegenüber wurden weder die Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 und vom 28. Juni 2005 noch der Einspruch vom 18. August 2005 als Einsprüche gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2004 verstanden. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage war nach Auffassung des FG ebenfalls unzulässig, weil es insoweit an einem Feststellungsinteresse des Klägers gefehlt habe.

9

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Verfahrensfehler und Divergenz geltend.

10

Das FA beantragt, die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen statt durch Sachurteil zu entscheiden. Hierin liegt ein Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

12

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 2009 VI B 44/09, BFH/NV 2009, 1822). In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt (vgl. BFH-Beschluss vom 23. April 2009 X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443, m.w.N.).

13

2. Im Streitfall hat das FG die Klage rechtsfehlerhaft als unzulässig abgewiesen, weil es das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 unzutreffend nicht als Einspruch gegen das als Ablehnungsbescheid gewertete Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 ausgelegt und deshalb entschieden hat, für die Klage fehle es nach § 44 FGO an einem Vorverfahren.

14

a) Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass Klagegegenstand --abweichend vom ausdrücklich gestellten Antrag des Klägers-- nicht der Bescheid des FA vom 21. Juli 2005 ist, sondern --entsprechend dem auf die Festsetzung von Prozesszinsen (§ 236 AO) gerichteten Klageziel des Klägers-- das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004, das vom FG als verbindliche Ablehnung einer Festsetzung von Prozesszinsen ausgelegt wurde. Soweit der Kläger als Verfahrensfehler rügt, das FG habe den Sachverhalt entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht vollständig berücksichtigt, weil im Bescheid vom 21. Juli 2005 eine "weitergehende" Zinsfestsetzung, also auch eine solche nach § 236 AO abgelehnt worden sei, kann das Urteil nicht darauf beruhen. Denn der gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 eingelegte Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 zurückgewiesen. Die am 26. April 2007 beim FG eingegangene Klage wäre, wenn sie sich gegen diese Einspruchsentscheidung gerichtet hätte, verspätet gewesen (vgl. § 47 Abs. 1 FGO) und damit unzulässig. Mit der Einspruchsentscheidung hat das FA nach § 367 Abs. 1 AO insgesamt über den vom Kläger eingelegten Einspruch vom 18. August 2005 entschieden. Die Möglichkeit, vorab über Teile des Einspruchs zu entscheiden, wurde erst mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 eingeführt (vgl. § 367 Abs. 2a AO i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28). Ein noch offener Einspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 wäre deshalb zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr beim FA anhängig gewesen.

15

Aus diesem Grund ist es nicht zu beanstanden, dass das FG als Klagegegenstand den Bescheid vom 26. Oktober 2004 angesehen hat.

16

b) Dem FG ist auch darin zu folgen, dass das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 als verbindliche Ablehnung einer Festsetzung von Prozesszinsen auszulegen war.

17

Die Auslegung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung einer Behörde bestimmt sich maßgeblich danach, wie der Adressat nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2008 IX R 64/06, BFH/NV 2008, 1676). Maßgebend ist ein "objektiver Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96). Dies gilt auch für die Frage, ob einer Erklärung Regelungscharakter zukommt. Nicht entscheidend ist, was die Finanzbehörde mit ihrer Entscheidung gewollt hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96, m.w.N.).

18

Nach dem objektiven Erklärungsinhalt konnte der Kläger das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 dahin verstehen, dass damit sein Antrag auf Festsetzung von Prozesszinsen rechtsverbindlich abgelehnt wird. Dies ergibt sich daraus, dass ausdrücklich dem Antrag auf Zinsabrechnung nicht entsprochen und hierfür eine ausführliche Begründung gegeben wurde. Anhaltspunkte dafür, dass das Schreiben vom 26. Oktober 2004 eine lediglich unverbindliche Stellungnahme des FA sein könnte, sind nicht ersichtlich. Dem Schreiben war zwar keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung führt aber nur dazu, dass sich die Einspruchsfrist nach § 356 Abs. 2 AO verlängert.

19

c) Entgegen der Auffassung des FG ist jedoch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 als Einspruch gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2004 auszulegen.

20

Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Dies gilt auch für Erklärungen rechtskundiger Personen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 23/04, BFH/NV 2005, 325). Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1676). Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 325).

21

Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 als Einspruch auszulegen. Aus der Bezugnahme auf den Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004, den Antrag auf Zinsabrechnung vom 8. Oktober 2004 und das Schreiben vom 26. Oktober 2004 sowie aus dem Inhalt des Schreibens vom 23. November 2004 wird hinreichend deutlich, dass der Kläger weiterhin Zinsen für die verspätete Auszahlung des Guthabens von 15.234,46 € (29.796 DM) begehrt. Dem Schreiben kann nicht entnommen werden, dass ausschließlich eine Verzinsung gemäß § 233a AO beansprucht werden soll. Der Kläger verlangt vielmehr "auch" eine Verzinsung nach § 233a AO. Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Zinszeitraumes (ab 1. Juli 1995) können die Ausführungen im Schreiben vom 23. November 2004 dahin verstanden werden, dass nach Auffassung des Klägers mehrere Rechtsgrundlagen für den geltend gemachten Zinsanspruch in Frage kommen. Die Auslegung des Schreibens als Einspruch entspricht daher dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9. November 2005 I R 10/05, BFH/NV 2006, 750, m.w.N.).

22

Da das FA über diesen Einspruch ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht in angemessener Frist entschieden hat, war die Klage gemäß § 46 Abs. 1 FGO abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig.

23

3. Der Senat hält es für angebracht, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Damit erhält das FG die Gelegenheit, bezüglich der streitigen Zinsen eine Sachentscheidung zu treffen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

(1) Die Klagen sind vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft.

(3) Die Vorschriften des vorstehenden Absatzes sind auf die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder Vertretung nicht anzuwenden; die Frist für die Erhebung der Klage läuft von dem Tag, an dem der Partei und bei mangelnder Prozessfähigkeit ihrem gesetzlichen Vertreter das Urteil zugestellt ist.

(4) Die Vorschrift des Absatzes 2 Satz 2 ist auf die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 nicht anzuwenden.